Harry Potter und die Leib-Seele-Problematik-unipub UB Graz
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Harry Potter und die Leib-Seele-Problematik – Fachdidaktische Vorschläge für den Philosophieunterricht Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie an der Karl-Franzens-Universität Graz vorgelegt von Sarah Maria PUTZER, BA am Institut für Philosophie Begutachterin: Mag.a Dr.in phil. Barbara Reiter Graz, 2021
Danksagung Allen voran geht mein Dank an meine Betreuerin Mag.a Dr.in phil. Barbara Reiter: Ich danke Ihnen für Ihre kompetente Unterstützung und Ihre wertvollen Anregungen, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Danke, dass Sie mich auf diesem Weg begleitet haben! Ebenso gilt mein Dank Priv.-Doz. Mag. Dr. phil. Franz Zeder: Ich danke Ihnen für Ihr inspirierendes Seminar ‚Philosophie via Literatur‘, das mir den Anstoß zu dieser Diplomarbeit gegeben hat. Vielen lieben Dank dafür! Ich bedanke mich auch herzlich bei meiner Praktikumsbetreuerin Mag.a Cornelia Ziegler: Ich hatte das Glück, trotz engem Zeitplan mein Unterrichtskonzept in die Praxis umsetzen zu dürfen, was für mich alles andere als selbstverständlich war. Danke für diese Möglichkeit! Mein Dank geht auch an die Klassen von Frau Ziegler: Es war mir eine Freude, mit euch arbeiten und euren Diskussionen beiwohnen zu dürfen – ihr wart eine Herausforderung und einfach groß- artig! Ein besonderer Dank geht an Thomas: Du warst mir während meines Studiums eine große Stütze, sei es durch deinen Zuspruch oder deine Kritik – beides hat mich weiter voran gebracht. Danke, dass du immer das bist, was ich gerade brauche! Mein tiefster Dank geht an meine Mutter: Mama, es lässt sich nicht in Worte fassen wie dankbar ich dir für all das bin, was du für mich getan hast. Du hast an mich geglaubt und mich immer unterstützt. Ohne dich wäre all das nicht möglich gewesen! Das hier ist für dich!
Inhaltsverzeichnis VORWORT......................................................................................................................8 ZITIERWEISE.................................................................................................................9 ABKÜRZUNGEN...........................................................................................................10 1 EINLEITUNG............................................................................................................11 2 DIE LEIB-SEELE-PROBLEMATIK............................................................................13 2.1 Leib oder Körper, Seele oder Geist?.......................................................................................13 2.2 (Problematische) Definitionen................................................................................................15 2.2.1 Das Physische, der Körper..............................................................................................15 2.2.2 Das Mentale....................................................................................................................15 2.2.3 Die philosophische und didaktische Problematik...........................................................17 2.3 Zugänge zur Leib-Seele-Problematik.....................................................................................18 2.4 Der interaktionistische Substanzdualismus............................................................................20 2.4.1 Das metaphysische Argument.........................................................................................21 2.4.2 Das naturphilosophische Argument................................................................................23 2.4.3 Die Wechselwirkung der Substanzen und ihre Probleme...............................................24 2.5 Zusammenfassung..................................................................................................................27 3 HARRY POTTER UND DIE PHILOSOPHIE................................................................28 3.1 Harry Potter für Muggel – die Geschichte.............................................................................28 3.2 Das philosophische Potential von Harry Potter.....................................................................29 3.3 Harry Potter und die Leib-Seele-Problematik – philosophische Ansatzpunkte......................32 3.3.1 Der Tod............................................................................................................................32 3.3.2 Der Seelenbegriff – ein erster Zugang............................................................................33 3.3.2.1 Hermine Grangers Definition..................................................................................33 3.3.2.2 Dementoren und die Eigenschaften der Seele.........................................................35 3.3.3 Körper-Seele- und Seele-Körper-Beeinflussung.............................................................36 3.3.3.1 Geister.....................................................................................................................36 3.3.3.2 Horkruxe..................................................................................................................38 3.3.3.3 Animagi...................................................................................................................40 3.3.3.4 Patroni.....................................................................................................................41 3.3.3.5 Der Problemfall Peeves oder: Wo Fiktion als Beispiel an ihre Grenzen stößt........42 3.4 Zusammenfassung..................................................................................................................43 4 UNTERRICHTSSEQUENZ..........................................................................................44 4.1 Planung...................................................................................................................................44 4.1.1 Lehrplanbezug.................................................................................................................44 4.1.2 Schulbuchanalyse............................................................................................................46
4.1.3 Merkmale guten Unterrichts...........................................................................................47 4.1.4 Ansätze und Modelle, Methoden und Sozialformen.......................................................50 4.1.4.1 Der problem- und kompetenzorientierte Ansatz.....................................................50 4.1.4.2 Das Bonbonmodell..................................................................................................53 4.1.4.3 Das Philosophieren und die philosophische Diskussion.........................................54 4.1.4.4 Das Gedankenexperiment........................................................................................55 4.1.4.5 Philosophische Texte philosophisch lesen – die PLATO-Methode.........................56 4.1.4.6 (Jugend-)Literatur im Philosophieunterricht...........................................................57 4.1.4.7 Filme im Philosophieunterricht...............................................................................58 4.1.4.8 Frontalunterricht......................................................................................................59 4.1.5 Rahmenbedingungen.......................................................................................................60 4.1.5.1 Bedingungen in den Klassen...................................................................................60 4.1.5.2 Kennen SchülerInnen heute noch Harry Potter?....................................................61 4.1.6 Erwartungen und Ziele....................................................................................................61 4.1.7 Tabellarische Übersicht der Unterrichtssequenz.............................................................63 4.1.8 Geplanter Verlauf mit didaktischem Kommentar...........................................................64 4.2 Verlauf der Unterrichtseinheiten.............................................................................................69 4.2.1 Klasse A..........................................................................................................................69 4.2.2 Klasse B..........................................................................................................................69 4.3 Auswertung.............................................................................................................................71 4.3.1 Selbstbeobachtung..........................................................................................................71 4.3.2 SchülerInnen-Feedback...................................................................................................74 4.3.3 Interview mit der Praktikumsmentorin...........................................................................76 4.3.4 Fazit der Auswertung – Was nehme ich daraus mit?......................................................77 4.4 Überarbeitung der Unterrichtssequenz...................................................................................78 4.5 Ausblick zum Begriff der Seele..............................................................................................79 5 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK.....................................................................80 LEIB-SEELE-PROBLEMATIK-GLOSSAR......................................................................82 HARRY-POTTER-GLOSSAR.........................................................................................85 QUELLENVERZEICHNIS...............................................................................................87 ANHANG......................................................................................................................93 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Kompetenz- und Teilbereiche im Philosophieunterricht nach Rösch................................52 Tabelle 2: Planungsübersicht..............................................................................................................61
Vorwort Vorwort J. K. Rowling hat meine Kindheit geprägt. Ihr Werk war der erste Jugendroman, den ich mit Freude verschlungen habe. Ich war im gleichen Alter wie Harry, Hermine und Ron als ich mit ihnen zum ersten Mal über die Schwelle von Hogwarts getreten bin und viele Abenteuer voller Magie und Freundschaft erlebt habe. Doch auch als die letzte Schlacht um Hogwarts geschlagen war, kehrte ich als Erwachsene zurück – es war ein Nach-Hause-Kommen, aber Harry Potter hatte nun noch mehr zu bieten. Durch neue Sichtweisen und philosophisches Interesse entdeckte ich immer wieder Neues in der Lektüre und genoss die Verbindung von Literatur und Philosophie. Eben diese Verbindung soll Thema dieser Arbeit sein, in die auch Ergebnisse aus der von mir verfassten Seminararbeit Die Krux mit dem Horkrux – Harry Potter und die Seele eingeflossen sind, die im Zuge des Seminars ‚Philosophie via Literatur‘ am Institut für Philosophie der Karl-Franzens-Universität Graz entstanden ist. Gepaart mit einer didaktischen Aufbereitung soll etwas von der Magie und der Freude am spielerischen Nachdenken an SchülerInnen weitergegeben werden. Ich möchte zeigen, dass sich durch die Komplexität der von J. K. Rowling erdachten Welt ein Ausflug nach Hogwarts auch philosophisch lohnt. „The stories we love best do live in us forever. So, whether you come back by page or by the big screen, Hogwarts will always be there to welcome you home.“ – J. K. Rowling bei der Filmpremiere in London von Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2. 8
Zitierweise Zitierweise René Descartes' Werke Meditationen über die Erste Philosophie, Bericht über die Methode und Die Passionen der Seele sowie sein Briefwechsel mit Elisabeth von der Pfalz werden nach der Ausgabe von Charles Adam und Paul Tannery (Œuvres de Descartes, 1897-1913) zitiert. Die Angabe ‚AT VII, 2‘ bezieht sich dabei auf die zweite Seite des siebten Bandes. Die deutschen Übersetzungen werden herangezogen aus: • Sabrina Ebbersmeyer (Hrsg.): Der Briefwechsel zwischen Elisabeth von der Pfalz und René Descartes. Paderborn: Fink 2015. (= Humanistische Bibliothek. Texte und Ab- handlungen. Reihe II. Bd. 39.) Im Folgenden zitiert als: Descartes, Briefe. [AT III.] • René Descartes: Discours de la Méthode pour bien conduire sa raison et chercher la vérité dans les sciences. Bericht über die Methode, die Vernunft richtig zu führen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu erforschen. Französisch/Deutsch. Übers. u. hrsg. v. Holger Ostwald. 2., bibl. erg. Aufl. Stuttgart: Reclam 2019. (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 18100.) Im Folgenden zitiert als: Descartes, Disc. [AT VI.] • René Descartes: Meditationes de Prima Philosophia. Meditationen über die Erste Philosophie. Lateinisch/Deutsch. Übers. u. hrsg. v. Gerhart Schmidt. Stuttgart: Reclam 1986. (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 2888.) Im Folgenden zitiert als: Descartes, Med. [AT VII.] • René Descartes: Die Passionen der Seele. Übers. u. hrsg. v. Christian Wohlers. Hamburg: Meiner 2014. (= Philosophische Bibliothek. Bd. 663.) Im Folgenden zitiert als: Descartes, Pass. [AT XI.] 9
Abkürzungen Abkürzungen AHS Allgemeinbildende höhere Schule AK Argumentationskompetenz B Beamer DIS Diskussion DK Diskurskompetenz EA Einzelarbeit EK Empathie(-kompetenz) FK Fachkompetenz FU Frontalunterricht HK Handlungskompetenz HO Handout HP Harry Potter IK Interdisziplinäre Kompetenz KK Konfliktlösungskompetenz LP Lehrperson L-S-P Leib-Seele-Problematik MK Methodenkompetenz OK Orientierungskompetenz PA PartnerInnen-Arbeit PK Personalkompetenz PÜK Perspektivenübernahme(-kompetenz) RK Reflexionskompetenz S Stimme SK Sozialkompetenz SPK Sprachkompetenz SuS Schülerinnen und Schüler T Tafel Tt Text TK Textkompetenz UG Unterrichtsgespräch WK Wahrnehmungskompetenz 10
Einleitung 1 Einleitung Harry Potter ist eines der wichtigsten Werke der Populärkultur: Es unterhält, entführt in an- dere Welten und ist heutzutage für viele ein nicht unbedeutender Teil ihrer Kindheitserin- nerungen. Es findet aber auch seinen Weg in die Philosophie(-didaktik), da es eben mehr als Unterhaltung und Eskapismus zu bieten hat: Der Titel eines Beitrags von Böhnert und Reszke bringt es auf den Punkt: Nicht-triviale Trivialitäten1 – auf den ersten, oberflächlichen Blick erscheint es zwar so, aber bei näherem Hinsehen eröffnet sich ungeahntes philosophisches Potential, das eben alles andere als trivial ist. In dieser Arbeit soll durch die Verbindung des populärkulturellen Klassikers Harry Potter mit dem philosophischen Klassiker der Leib-Seele-Problematik aufgezeigt werden, wie Populärkultur als Ressource für den Philosophieunterricht herangezogen und nutzbar ge- macht werden kann, um zu einer sogenannten ‚consummatory experience‘2, also einer erfül- lenden Erfahrung, zu führen. Von dieser Verbindung profitieren die beiden unterschiedlichen Klassiker: Die Leib- Seele-Problematik stellt zwar eine der zentralen Frage- beziehungsweise Problemstellungen der Philosophie dar, die nach wie vor in der Forschung behandelt wird, doch in den Philo- sophieunterricht findet sie trotz vieler Erkenntnismöglichkeiten kaum noch Einzug, was ihrer Komplexität und Abstraktheit geschuldet ist. Durch die Verbindung mit Harry Potter wird aber anhand dieses konkreten Beispiels ein leichterer und niederschwelliger Zugang zur Pro- blematik ermöglicht. Umgekehrt wird durch die Verbindung zur Leib-Seele-Problematik die Kindheitserinnerung an Harry Potter ins Erwachsenenleben übertragen und um einen philo- sophischen Gehalt bereichert. Da die Leib-Seele-Problematik aber ein so komplexes Thema darstellt, ist für diese Arbeit eine Schwerpunktsetzung notwendig, die auf den interaktionistisch-substanzdualis- tischen Zugang gelegt wird. Ziel dieser Arbeit ist es, ausgearbeitete Vorschläge darzulegen, wie das philosophische Potential von Harry Potter in Form eines Gedankenexperiments didaktisch genutzt werden 1 Martin Böhnert/Paul Reszke (Hrsg.): Nicht-triviale Trivialitäten. Popkulturelle Sekundärwelten als Gedankenexperimente und ihr erkenntnistheoretischer Nutzen. In: Vom Binge Watching zum Binge Thinking. Untersuchungen im Wechselspiel zwischen Wissenschaften und Popkultur. Bielefeld: Transcript 2019. (= Edition Kulturwissenschaft. Bd. 197.), S. 11-50. Im Folgenden zitiert als: Böhnert/Reszke, Nicht- triviale Trivialitäten. 2 Vgl. Barbara Reiter: Vorlesung ‚Grundfragen der Fachdidaktik Ethikunterricht‘. LV.-Nr.: 501.201. Karl- Franzens-Universität Graz: Sommersemester 2021. Folie 10. 11
Einleitung kann, um die wichtigsten Aspekte des substanzdualistischen Zugangs zur Leib-Seele-Proble- matik sinnvoll erarbeiten zu können. Im ersten Teil, dem theoretischen Teil, werden in Kapitel 2 die zentralen Begriffe der Leib- Seele-Problematik beschrieben, bevor der Kern der Problematik, die mentale Verursachung, anhand des Bieri-Trilemmas dargestellt wird. Der Fokus liegt dabei, wie bereits erwähnt, auf den Argumenten von René Descartes für den interaktionistisch-substanzdualistischen Zugang. Ebenso werden die sich daraus ergebenden Probleme der psychophysischen Wechselwirkung besprochen. Kapitel 3 widmet sich anschließend voll und ganz Harry Potter. Um den Einstieg zu erleichtern, wird zunächst der Inhalt zusammengefasst, bevor die Eignung von Harry Potter für die Philosophie und den Philosophieunterricht besprochen wird. Anschließend wird eine Sammlung von Text- und Filmausschnitten vorgeschlagen und durch philosophische Über- legungen ergänzt, mit denen ein Zugang zur Leib-Seele-Problematik sichtbar gemacht und in Form eines Gedankenexperiments sinnvoll diskutiert werden kann. Kapitel 4 umfasst den praktischen und größten Teil der Arbeit. In diesem wird auf der Grundlage der theoretischen Ausführungen eine Unterrichtssequenz konzipiert. Hierzu wird zunächst ausführlich auf die Planungsschritte – vom Lehrplanbezug bis hin zu den Zielen – eingegangen und ein prototypischer Verlauf beschrieben. Dieser wird dann um den tatsäch- lichen Verlauf ergänzt. Danach erfolgt eine Auswertung und eine Überarbeitung der Sequenz. Abschließend werden die wichtigsten Punkte und Ergebnisse dieser Arbeit zusammengefasst und es wird ein Ausblick für eine weitere Verwendung von Harry Potter im Philosophie- unterricht gegeben. 12
Die Leib-Seele-Problematik 2 Die Leib-Seele-Problematik Die Leib-Seele-Problematik3 „[…] ist eine der zentralen und hartnäckigsten Fragestellungen der Philosophie.“4 Warum ist sie aber so hartnäckig? Auf die Kernfrage, in welchem Zusam- menhang mentale und physische Phänomene zueinander stehen, gibt es zwar viele zum Teil widersprüchliche Erklärungsversuche, doch diese werfen mehr Fragen auf, als sie beantwor- ten. Was mit den Ausführungen in Platons Phaidon begonnen und durch René Descartes neuen Aufschwung erhalten hat, wird noch bis heute rege diskutiert. Neue Erkenntnisse und Errungenschaften der Einzelwissenschaften haben zwar weitere Zugänge zur Problemstellung ermöglicht, doch sie haben das Feld um die Leib-Seele-Problematik eher erweitert, als der Kernfrage dabei näher zu kommen – eben diese zahlreichen und unterschiedlichen Blickwin- kel mit ihren Vor- und Nachteilen machen den Reiz der Leib-Seele-Problematik aus. Zusätzlich zu den verschiedenen Zugängen mit ihren eigenen Grundannahmen wird die Beschäftigung mit der Leib-Seele-Problematik auch noch dadurch erschwert, dass es nach wie vor keine eindeutige Charakterisierung des Mentalen gibt. Um sich der Leib-Seele-Problematik nun annähern zu können, soll zunächst eine Definition der einzelnen Begriffe erfolgen, aus denen sich der Ausdruck ‚Leib-Seele-Problematik‘ zu- sammensetzt. Anschließend wird die Problematik anhand des Bieri-Trilemmas umrissen und ein kurzer Überblick über mögliche Zugänge gegeben, bevor abschließend der Fokus auf den interaktionistischen Substanzdualismus von René Descartes gelegt wird. 2.1 Leib oder Körper, Seele oder Geist? Bevor die zentralen Begriffe definiert werden können, muss zunächst geklärt werden, um welche Begriffe es sich dabei handelt, da diese auch in der Fachliteratur nicht einheitlich verwendet werden. Dies zeigt sich schon bei ihrer allgemeinen Bezeichnung: Neben der klassischen Bezeichnung ‚Leib-Seele-Problematik‘ wird sie in neueren Ausführungen oftmals auch ‚Körper-Geist-Problematik‘ genannt, da die Begriffe ‚Leib‘ und ‚Seele‘ in die Irre führen können. Nach Beckermann könne die Verwendung von ‚Leib‘ beispielsweise durch 3 Die wichtigsten Begriffe der Leib-Seele-Problematik werden im Glossar ab S. 82 beschrieben. 4 Godehard Brüntrup: Das Leib-Seele-Problem. Eine Einführung. Stuttgart/Berlin/Köln: Kohlhammer 1996, S. 7. Im Folgenden zitiert als: Brüntrup, Leib-Seele-Problem. 13
Die Leib-Seele-Problematik den religiösen Leibesbegriff zu Missverständnissen führen, der sowohl den Leib als auch die Seele umfasse. Deshalb stelle ‚Körper‘ einen eindeutigeren Begriff dar. Auch die Verwen- dung von ‚Seele‘ sei problematisch, da im Deutschen oftmals zwischen ‚Seele‘ und ‚Geist‘ unterschieden wird, wobei ersteres den emotionalen und letzteres den rationalen Teil be- schreibe. Ebenso wird mit ‚Seele‘ oftmals ein unsterblicher Teil des Menschen assoziiert. Es müsse eigentlich ein eindeutiger Begriff herangezogen werden, der beide Teilbereiche um- fasse. Da es aber in der deutschen Sprache an einem solchen fehle, stelle ‚Geist‘ trotzdem die bessere Lösung dar, da dies am ehesten dem englischen ‚mind‘ – von ‚Mind-Body Problem‘, entsprechen würde.5 Newen indessen rät wiederum von den Begriffen ‚Geist‘ und ‚geistige Phänomene‘ ab, um hier keinerlei Bezug zu Geistern im Sinne von übernatürlichen Wesen zuzulassen. Er empfiehlt den Begriff ‚mentale Phänomene‘.6 In dieser Arbeit wird der klassische Ausdruck ‚Leib-Seele-Problematik‘ beibehalten, doch auf den Einzelausdruck ‚Leib‘ wird verzichtet. Zu ‚Körper‘ werden die Begriffe ,Physisches‘ und ‚physische Phänomene‘ synonym verwendet. Unter ‚Seele‘ soll der rationale und emotionale Bereich verstanden werden. Er wird zum einen bei der Rezeption aus der Fachliteratur übernommen und zum anderen bei der Verbindung mit Harry Potter verwendet. Ansonsten wird Newens Vorschlag berücksichtigt, die Begriffe ‚Mentales‘ und ‚mentale Phänomene‘ zu verwenden. 5 Vgl. Ansgar Beckermann: Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes. 3., aktual. u. erw. Aufl. Berlin/New York: De Gruyter 2008, S. 4. Im Folgenden zitiert als: Beckermann, Analytische Einführung. 6 Vgl. Albert Newen: Philosophie des Geistes. Eine Einführung. München: Beck 2013, S. 14. Im Folgenden zitiert als: Newen, Philosophie des Geistes. 14
(Problematische) Definitionen 2.2 (Problematische) Definitionen 2.2.1 Das Physische, der Körper Im Fokus der Leib-Seele-Problematik steht zwar das Mentale, aber zur Vollständigkeit soll auch das Physische kurz definiert werden, was sich auch recht einfach gestaltet: Es zeichnet sich durch seine Funktionen aus, wie beispielsweise durch Atmung, Verdauung oder Fort- pflanzung. Als ‚Physisches‘, ‚physisches Phänomen‘ und ‚Körper‘ soll im Folgenden alles bezeichnet werden, auf das sich die Physik, die Chemie und die Biologie beziehen7. 2.2.2 Das Mentale Wirft man einen Blick auf Gefühle, Wünsche, Hoffnungen oder Gedanken, so unterscheiden sie sich von physischen Phänomenen wie Atmung oder Verdauung. Die Beantwortung der Frage, wodurch sich all diese mentalen Phänomene auszeichnen und sich klar von den phy- sischen abgrenzen, gestaltet sich aber als schwierig. Es wurden zwar viele Versuche unter- nommen, ein übergreifendes Merkmal für alle mentalen Phänomene zu finden, doch gelun- gen ist es bisher nicht, da keine Eigenschaft allen gerecht werden konnte. Mögliche Kandidaten dafür sind beispielsweise die Bewusstheit, die Unkorrigierbarkeit, die Intenti- onalität, die Nicht-Räumlichkeit und die Privatheit. Zur Veranschaulichung wird anhand die- ser gezeigt, weshalb sie zwar Merkmale des Mentalen darstellen, sich aber nicht als über- greifendes eignen:8 Mentale Zustände sind bewusst – man weiß, in welchem mentalen Zustand man gerade ist. Bei vielen mentalen Zuständen kann man klar erkennen, das man sich auch in diesem befindet: Man ist sich zum Beispiel bewusst, traurig zu sein und trifft deshalb die bewusste Entscheidung, etwas dagegen zu tun. Es kann aber auch sein, dass sich die Beweggründe, zu handeln, aus unterbewussten Zuständen ergeben, die nicht direkt einsehbar sind – daher eignet sich die Bewusstheit nicht als übergreifendes Merkmal. Das Mentale ist unkorrigierbar – man kann sich nicht darin irren, in welchem mentalen Zustand man sich gerade befindet. 7 Vgl. Franz von Kutschera: Philosophie des Geistes. Paderborn: Mentis 2009, S. 15. Im Folgenden zitiert als: Kutschera, Philosophie des Geistes. 8 Vgl. Beckermann, Analytische Einführung, S. 9ff. Und Newen, Philosophie des Geistes, S. 11ff. 15
Die Leib-Seele-Problematik Ein unkorrigierbarer Zustand des Mentalen stellt beispielsweise Schmerz dar – man ist sich über das eigene Schmerzempfinden gewiss und niemand kann einen darin korrigieren9. Die Unkorrigierbarkeit setzt aber die zuvor beschriebene Bewusstheit mentaler Zu- stände voraus. Da es aber eben auch unbewusste Zustände des Mentalen gibt, besteht hier die Möglichkeit, sich über diese zu irren und daher handelt es sich dabei um korrigierbare Zustände. Deshalb stellt die Unkorrigierbarkeit ebenso wie die Bewusstheit kein allgemeines Merkmal für Mentales dar. Mentale Zustände sind intentional – jeder mentale Zustand hat einen Bezugspunkt. Das Merkmal der Intentionalität trifft auf viele mentale Zustände zu, wie beispielsweise auf Schmerz, der sich auf eine Wunde bezieht, oder Liebe, die auf eine Person gerichtet ist. Der mentale Zustand der Langeweile hat aber beispielsweise keinen Bezugspunkt. Man könnte sogar sagen, dass Langeweile eine explizite Nicht-Gerichtetheit darstellt – sie hat zwar eine Ursache aber eben keinen Referenzpunkt, weshalb sich die Intentionalität auch nicht als Kernmerkmal für das Mentale eignet. Mentale Phänomene sind nicht-räumlich – sie nehmen keinen Platz im Raum ein. Wenn das Mentale als Gegensatz zu Physischem verstanden und dem Physischen eine Aus- dehnung im Raum zugesprochen wird, dann erscheint es naheliegend, dass dies auf das Mentale nicht zutrifft. Ein Arm ist ausgedehnt, ein Gedanke nicht. Das Kriterium der Nicht-Räumlichkeit wäre nur sinnvoll, wenn es sich bei Mentalem um einen Bereich von Gegenständen handeln würde. Da es sich dabei aber um Zustände handelt, ist ein Vergleich mit Gegenständen sinnlos – ebenso wie einem Zustand räumliche Ausdehnung zusprechen zu wollen. Daher ist die Nicht-Räumlichkeit als allgemeines men- tales Merkmal ebenfalls ungeeignet.10 Mentale Zustände sind privat – sie sind nur einem selbst zugänglich. Versteht man unter der Privatheit des Mentalen einen besonderen Zugang, der sich nur einem selbst erschließt, kann man beispielsweise behaupten: Mir allein ist mein Schmerz bewusst; niemand sonst kann meinen mentalen Zustand des Schmerzes einsehen. Andere können zwar den gleichen Schmerz fühlen, aber nicht denselben. 9 Vgl. Brüntrup, Leib-Seele-Problem, S. 15. 10 Kutschera, Philosophie des Geistes, S. 205f. 16
(Problematische) Definitionen Dagegen spricht aber die Fähigkeit der Empathie, sich also bis zu einem gewissen Grad in eine andere Person und beispielsweise deren Schmerz hineinversetzen zu können. Empathie kann quasi als „Ausdehnung der Innenperspektive auf Fremdseelisches“ 11 gesehen werden, wodurch das erlebte und das beobachtete mentale Phänomen in einigen Fällen näher zusammenrücken. Dadurch kann gegen die durchgängige Privatheit des Mentalen argumen- tiert werden. Diese Auswahl der Möglichkeiten ist nur exemplarisch12, reicht aber dennoch aus, um zu verdeutlichen, dass es zahlreiche Merkmale gibt, die auf viele mentale Zustände zutreffen, aber eben nicht auf alle. Sie helfen aber alle dabei, den Begriff des Mentalen zu umreißen. Ein allgemeines Merkmal, das nicht kritisiert werden kann, kann also nicht aufgezeigt werden, weshalb hier auf die Grobeinteilung nach Newen in Wahrnehmen, Fühlen und Den- ken als Grundannahme für das Mentale zurückgegriffen wird13. 2.2.3 Die philosophische und didaktische Problematik Ein Problem beziehungsweise eine Problematik beschreibt allgemein „eine wissenschaftliche Frage, deren Beantwortung Schwierigkeiten bereitet.“ 14 Im Unterricht empfiehlt es sich aber, diesen Begriff schärfer von herkömmlichen Fragestellungen abzugrenzen: Nach Engels wä- ren somit nur solche Fragen auch ein Problem, bei denen sich eine überschaubare Menge an Zugängen oder Lösungen mit gegensätzlichem Inhalt gegenüberstehen. Diese Eingrenzung lenke die Aufmerksamkeit auf die gegensätzlichen Thesen und ihr Verhältnis.15 11 Ebda, S. 33. 12 Auch Emotionen stellen ein mögliches Merkmal des Mentales dar, die Darstellung würde aber aber über dieser Arbeit hinausgehen. 13 Vgl. Newen, Philosophie des Geistes, S. 9f. 14 Arnim Regenbogen/Uwe Meyer (Hrsg.): Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Begr. v. Friedrich Kirchner u. Carl Michaёlis. Fortges. v. Johannes Hoffmeister. Hamburg: Meiner 2013. (= Philosophische Bibliothek. Bd. 500.), S. 526. Im Folgenden zitiert als: Regenbogen/Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe. 15 Vgl. Helmut Engels: Vorschlag, den Problembegriff einzugrenzen. In: Zeitschrift für Didaktik der Philosophie (ZDP). Heft 3/1990. Hannover: Schroedel 1990, S. 126-134: 127. 17
Die Leib-Seele-Problematik 2.3 Zugänge zur Leib-Seele-Problematik Den Kern der Leib-Seele-Problematik bildet die Frage, in welchem Verhältnis mentale und physische Phänomene zueinander stehen. Hier gibt es eine Vielzahl an möglichen und auch widersprüchlichen Zugängen, die sich anhand des Bieri-Trilemmas anschaulich darstellen lassen. Den Ausgangspunkt bilden die folgenden Behauptungen: (1) Mentale Phänomene sind nicht-physische Phänomene. (2) Mentale Phänomene sind im Bereich physischer Phänomene kausal wirksam. (3) Der Bereich physischer Phänomene ist kausal [und lückenlos] geschlossen.16 Behauptung (1) ist die These des Dualismus, die besagt, dass das Mentale von völlig anderer Art ist als das Physische, woraus sich zwei Bereiche des Seienden ergeben. Die These der mentalen Verursachung – Behauptung (2) – drückt aus, dass mentale Phänomene eine Wir- kung auf physische Phänomene haben können. Behauptung (3), die These der Geschlossen- heit, sagt aus, dass sich physische Phänomene ausschließlich aus anderen physischen Phäno- menen ergeben.17 Für sich gelesen, erscheint jede Behauptung nachvollziehbar, doch zusammengenommen ergeben sie einen logischen Widerspruch. Daher muss man, wie bei einem Trilemma üblich, durch die Annahme von zwei Überzeugungen die dritte logisch ausschließen. Je nachdem, welche These negiert wird, lässt sich ein anderer Zugang zur Leib- Seele-Problematik darstellen18: Negation von Behauptung (1): Sind mentale Phänomene in einer kausalen und lückenlosen Welt (3) wirksam (2), kann die Behauptung, dass es sich dabei um nicht-physikalische Phänomene handelt (1), nicht mehr aufrecht erhalten werden. Diese Auffassung wird von MaterialistInnen vertreten: Alle Phänomene sind physischer Natur. Die Existenz von Men- talem wird zwar nicht geleugnet, aber sie ist entweder auf etwas Physisches zurückzuführen oder stellt sich schlussendlich doch als etwas Physisches heraus. Der Materialismus gilt heute als plausibelster Zugang zur Leib-Seele-Problematik, was er sicherlich auch seiner einheit- lichen Darstellung der Wirklichkeit durch die Physik zu verdanken hat.19 16 Peter Bieri (Hrsg.): Analytische Philosophie des Geistes. 4., neu ausgest. Aufl. Weinheim/Basel: Beltz 2007, S. 5. Im Folgenden zitiert als: Bieri, Analytische Philosophie des Geistes. 17 Vgl. Newen, Philosophie des Geistes, S. 14f. 18 Vgl. Bieri, Analytische Philosophie des Geistes, S. 7ff. 19 Vgl. Kutschera, Philosophie des Geistes, S. 137. 18
Zugänge zur Leib-Seele-Problematik Negation von Behauptung (2): Nimmt man an, dass die physikalische Welt kausal und lückenlos geschlossen ist (3) und es sich bei mentalen Phänomenen um nicht-physische Phä- nomene handelt (1), so können diese in der physischen Welt nicht wirksam sein (2). Diese Auffassung wird in den Theorien des Epiphänomenalismus und des Parallelismus vertreten. EpiphänomenalistInnen gehen davon aus, dass das Mentale lediglich ein beobacht- bares Randphänomen darstellt, das aber keinerlei Wirkung auf die physische Welt hat. Um sich dies besser vorstellen zu können, wird das Mentale gerne mit dem Pfeifen einer Loko- motive verglichen: Das Pfeifen ergibt sich aus den mechanischen/physikalischen Vorgängen der Lok, hat aber im Umkehrschluss keinen Einfluss auf die Lok. Besteht aber dennoch ein Einfluss, muss dieser auch auf etwas Physisches zurückzuführen sein – die Begründung dafür wurde bisher nur noch nicht gefunden. Wenn das Mentale aber keinerlei Einfluss auf das Physische hat, würde dies bedeuten, dass das Physische auch ohne das Mentale in der glei- chen Form existiert, was aber paradox erscheint. ParallelistInnen nehmen, wie der Name schon vermuten lässt, an, dass mentale und physische Phänomene parallel ablaufen, es aber keine kausale Verbindung zwischen den bei- den Bereichen gibt. Das Mentale und das Physische kann mit zwei Uhren verglichen werden: In der „mentalen Uhr“ herrschen kausale Beziehungen zwischen den mentalen Phänomenen und in der „physischen Uhr“ zwischen den physischen. Da beide Uhren synchron laufen, hat es den Anschein, dass auch zwischen den beiden eine solche kausale Beziehung besteht – es handelt sich aber lediglich um einen zufälligen Zusammenhang. Hieran wäre zu kritisieren, dass nicht alle mentalen Phänomene ausschließlich durch andere mentale Phänomene verur- sacht werden: Die Absicht, wegen Schmerzen zum Arzt zu gehen, lässt sich nicht allein durch mentale Phänomene erklären, da dabei auf physischen Schmerz Bezug genommen wird. Negation von Behauptung (3): Verneint man die kausal und lückenlos geschlossene Welt (3), so können mentale Phänomene als nicht-physische Phänomene (1) auf die physische Welt kausal wirken (2). Diese Sichtweise wird durch den interaktionistischen Substanzdualismus vertreten, auf den im nächsten Abschnitt ausführlich eingegangen wird. 19
Die Leib-Seele-Problematik 2.4 Der interaktionistische Substanzdualismus Die grundlegende Auffassung des interaktionistischen Substanzdualismus ist, dass Mentales und Physisches grundverschieden sind und unabhängig voneinander existieren können. Den- noch können sie sich gegenseitig beeinflussen. Beckermann formuliert folgende Thesen, die für die substanzdualistische Sicht charakteris- tisch sind: (I) Der Mensch besteht nicht nur aus einem Körper, sondern einem Körper und einer Seele. (II) Die Seele macht das eigentliche Selbst eines Menschen aus. Sie (und damit der Mensch) ist für ihre Existenz auf keinen Körper angewiesen. (III) Körper und Seele des Menschen sind nur während seines Erdenlebens zusammengespannt; beim Tode löst sich die Seele vom Körper. (IV) Während der Körper vergänglich ist, ist die Seele unsterblich.20 Interaktionistische SubstanzdualistInnen vertreten zudem folgende These: (V) Zwischen den Substanzen kommt es zu einer Interaktion, der sogenannten psychophysischen Wechselwirkung. Der wichtigste Vertreter des interaktionistischen Substanzdualismus ist René Descartes. Er geht davon aus, dass eine Person, ein Ich, aus zwei Substanzen besteht: der Seele und dem Körper. Die Seele ist die res cogitans, das denkende Ding, und der Körper die res extensa, das ausgedehnte Ding. Unter einer Substanz ist etwas unabhängig Existierendes zu verstehen, das gewisse Eigenschaften aufweist, selbst aber keine Eigenschaft ist.21 Nachdem Descartes in seiner ersten Meditation alles anzweifelt, was bis dahin als gewiss erschien, ist er in der 20 Beckermann, Analytische Einführung, S. 20. 21 Vgl. Kutschera, Philosophie des Geistes, S. 16. 20
Der interaktionistische Substanzdualismus zweiten Meditation auf der Suche nach etwas Nicht-Anzweifelbarem, das dem von ihm formulierten Traum- und Böser-Dämon-Argument22 standhalten kann.23 Descartes versucht die unbezweifelbare Existenz des Ichs, des denkenden Dings, anhand des Existo-Arguments zu beweisen. Er zeigt auf, dass die Aussage ‚Ich existiere‘ als epistemische Notwendigkeit, also ausschließlich auf der Grundlage der Erkenntnis einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt, die Existenz des Ichs auch ohne Prämissen beweise, allein dadurch, dass die Aussage gedacht werde. Dabei handelt es sich um eine sogenannte wahrheitsauto- nome Aussage, die sich auf nichts außerhalb des eigenen Ichs bezieht und allein durch die Tatsache, dass sie eben gedacht wird, auch wahr sein muss24: Zweifellos bin also auch Ich, wenn er [der sehr schlauer Betrüger/Dämon] mich täuscht; mag er mich nun täuschen, soviel er kann, so wird er doch nie bewirken können, daß [sic!] ich nicht sei, solange ich denke, ich sei etwas. Nachdem ich so alles genug und übergenug erwogen habe, muß [sic!] ich schließlich festhalten, daß [sic!] der Satz »Ich bin, Ich existiere«, sooft ich ihn ausspreche oder im Geiste auffasse, notwendig wahr sei.25 Descartes' Feststellung, dass er als denkendes Ich existiert, bildet den Ausgangspunkt für sein weiteres Vorhaben, die vom Körper unabhängige Existenz dieses Ichs zu beweisen. Diesen Beweis erbringt er im metaphysischen und naturphilosophischen Argument. 2.4.1 Das metaphysische Argument Descartes weiß nun, dass er als ein denkendes Ich existiert, aber über die Natur dieses den- kenden Dings, geschweige denn, ob dazu auch körperliche Eigenschaften zählen, weiß er nichts. Dies ändert er in der sechsten Meditation: Er zeigt anhand des sogenannten meta- physischen Arguments auf, dass das denkende Ich keine körperlichen Eigenschaften aufweist und daher auch unabhängig vom Physischen existieren kann.26 22 Das Argument der Sinnestäuschung wird hier nicht weiter beachtet, da es sich um ein klassisches Beispiel für eine falsche Folgerung aus wahren Prämissen handelt: Wenn die Sinne manchmal täuschen, täuschen sie uns immer. Descartes schränkt sein Argument auch selbst wieder ein und bezieht sich dabei nur auf kleine und weit entfernte Dinge. 23 Vgl. Gregor Betz: Descartes' »Meditationen über die Grundlagen der Philosophie«. Ein systematischer Kommentar. Stuttgart: Reclam 2011. (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 18828.), S. 57. 24 Vgl. Andreas Kemmerling: Die erste moderne Konzeption mentaler Repräsentation. In: Seele, Denken, Bewusstsein. Zur Geschichte der Philosophie des Geistes. Hrsg. v. Uwe Meixner u. Albert Newen. Berlin/New York: De Gruyter 2003, S. 153-196: 155ff. Im Folgenden zitiert als: Kemmerling, Konzeption mentaler Repräsentation. 25 Descartes, Med. II, 3. [AT VII, 25.] 26 Vgl. Kemmerling, Konzeption mentaler Repräsentation, S. 157ff. 21
Die Leib-Seele-Problematik Descartes formuliert dies so: Erstens weiß ich, daß [sic!] alles, was ich klar und deutlich einsehe, von Gott so geschaffen sein könnte, wie es sich mir darstellt; wenn ich daher ein Ding klar und deutlich ohne ein anderes zu erkennen ver - mag, so genügt dies, um mich zu vergewissern, daß [sic!] die beiden wirklich verschieden sind, da sie wenigstens jedes für sich von Gott gesetzt werden können. Es kommt nicht darauf an, wodurch die Un - terscheidung möglich wird. Ich weiß von meiner Existenz und schreibe gar nichts anderes meiner Natur oder meinem Wesen zu, als daß [sic!] ich ein denkendes Ding sei; daraus schließe ich mit Recht, daß [sic!] mein Wesen allein darin besteht, ein denkendes Ding zu sein. Zwar habe ich vielleicht (bald werde ich sagen können: gewiß [sic!]) einen Körper, mit dem ich aufs innigste verbunden bin. Denn einerseits habe ich doch eine klare und deutliche Vorstellung meiner selbst, sofern ich lediglich denkendes, nicht ausgedehntes Ding bin; andererseits habe ich eine deutliche Vorstellung vom Körper, sofern er lediglich ausgedehntes, nicht denkendes Ding ist. Somit ist sicher, daß [sic!] ich wirklich vom Körper verschieden bin und ohne ihn existieren kann.27 Komprimiert lassen sich Descartes' Argumentationsschritte so darstellen28: (A) Alles, was man einsehen kann, kann von Gott so gemacht worden sein. Also: (B) Das, was eingesehen werden kann, ist auch möglich. (C) Es kann eingesehen werden, dass das Ich unabhängig vom Körper existiert. (D) Es kann eingesehen werden, dass der Körper mit der Eigenschaft ‚ausgedehnt‘ ohne die Eigenschaft ‚denkend‘ des Ichs existieren kann. Daher ergibt sich durch (B): (E) Das Ich kann ohne den Körper existieren. (F) Der Körper kann mit der Eigenschaft ‚ausgedehnt‘ ohne die Eigenschaft ‚denkend‘ des Ichs existieren. Also: (G) Das Ich ist von anderer Natur als der Körper und kann ohne diesen existieren. Alles Einsehbare kann von Gott so geschaffen sein (A), weshalb alles Einsehbare auch mög- lich ist (B). Ebenso kann man einsehen, dass das denkende Ich unabhängig vom Körper exis- tieren kann (C) und auch, dass der ausgedehnte Körper ohne das denkende Ich existiert (D). Aus (B), dass alles, was einsehbar ist, auch möglich ist, ergibt sich somit, dass das Ich ohne 27 Descartes, Med. VI, 9. [AT VII, 78.] 28 Vgl. Beckermann, Analytische Einführung, S. 31. 22
Der interaktionistische Substanzdualismus Körper existiert (E) und der Körper ohne das Ich (F). Daraus folgt, dass das denkende Ich und der ausgedehnte Körper völlig verschieden sind (G). Somit ist für Descartes erwiesen, dass das Ich als eigenständiges, denkendes Ding existiert. Es gibt aber noch ein weiteres Argument, das sogenannte naturphilosophische Argument, das ebenso für die unabhängige Existenz der Seele spricht. 2.4.2 Das naturphilosophische Argument Im Bericht über die Methode beweist Descartes die vom Körper unabhängige Seele, indem er den Menschen bestimmte mentale Eigenschaften zuschreibt, die Tiere und Maschinen nicht besitzen können. Er schreibt: […] wenn es solche Maschinen gäbe, die die Organe und die äußere Gestalt eines Affen oder irgend - eines anderen vernunftlosen Tieres hätten, wir kein Mittel besäßen, um zu erkennen, dass sie nicht im allem die gleiche Natur wie die Tiere aufwiesen. Wenn es dagegen welche gäbe, die unseren Körpern ähnelten und unsere Handlungen, soweit dies für die Maschine praktisch möglich ist, imitierten, so hätten wir immer noch zwei sehr sichere Mittel, um zu erkennen, dass sie deswegen noch keine wirk - lichen Menschen sind: Erstens könnten sie niemals Worte oder andere Zeichen zusammensetzen, um sie zu benutzen, wie wir es tun, um anderen unsere Gedanken darzulegen. […] [Man kann sich nicht vor- stellen], dass sie [die Maschine] die Worte verschiedenartig zusammenfügt, um auf die Bedeutung all dessen zu antworten, was in ihrer Gegenwart gesagt werden mag, wie es die stumpfsinnigsten Menschen machen können. Zweitens werden sie, obwohl sie manche Dinge ebenso gut oder vielleicht besser als irgendeiner von uns verrichten, unzweifelhaft in manchen anderen versagen, durch die man entdecken würde, dass sie nicht durch Erkenntnis handelten, sondern nur gemäß der Disposition [Einrichtung] ihrer Organe. Denn im Gegensatz zur Vernunft, die ein universales Instrument ist und bei allen Arten von Fällen dienlich sein kann, brauchen diese Organe irgendeine besondere Disposition [Einrichtung] für eine besondere Handlung, weshalb es praktisch unmöglich ist, dass es hiervon genügend verschiedene in einer Maschine gibt, um sie in allen Lebenslagen auf die gleiche Weise handeln zu lassen, wie die Vernunft uns [Menschen] handeln lässt.29 Bei diesem Argument sind Descartes' Argumentationsschritte nicht mehr so eindeutig und leicht erkennbar wie beim metaphysischen Argument, weshalb Beckermann die allgemeine Richtung der Argumentation folgendermaßen rekonstruiert30: 29 Descartes, Disc. 5,10. [AT VI, 56f.] 30 Vgl. Beckermann, Analytische Einführung, S. 32 u. 35f. 23
Die Leib-Seele-Problematik (a) Menschen können sprechen und intelligent handeln. (b) Eine Maschine [oder ein Tier] verfügt nicht über Sprache (b1) und intelligentes Handeln (b2), wenn sich ihr Verhalten allein aus den Naturgesetzen ihrer Teile ergibt. Also: (c) Die Seele ist dafür verantwortlich, dass Menschen sprechen und intelligent handeln können. Diese Seele kann nichts Physisches sein. Bei diesem Argument müssen zunächst die Fähigkeiten näher betrachtet werden, die Descartes ausschließlich dem Menschen zuschreibt: Er kann sprechen und intelligent handeln (a). ‚Sprechen‘ meint aber nicht die Artikulation und Wiederholung von Worten, sondern vielmehr ihre Rekombination, um sich anderen bewusst mitzuteilen. Zwar können auch Ma- schinen oder Tiere Sprache verwenden, aber nur, um eine Reaktion des Gegenübers zu erwirken (b1), was aber nicht mit dem Mitteilen von Gedanken verwechselt werden darf. Zum anderen sind nur Menschen in der Lage, intelligent zu handeln: Zwar ist es durchaus möglich, dass eine Maschine eine ihr gestellte Einzelaufgabe besser lösen kann als ein Mensch, doch sie kann nur diese oder Aufgaben derselben Art lösen (b2), während der Mensch sich durch seine Intelligenz grundsätzlich an jeder Aufgabe zumindest versuchen kann. Da diese beiden Fähigkeiten nicht auf Physisches zurückzuführen sind, müssen sie Teil der Seele sein, die eben nur ein Mensch besitzen kann (c). Descartes bestärkt durch dieses zweite Argument seine Position und zieht nun auch eine klare Grenze zwischen Mensch und Tier/Maschine. Doch Descartes' Argumentation wirft im wei- teren Verlauf auch Probleme auf, wie das der psychophysischen Wechselwirkung – dem zen- tralen Kritikpunkt am interaktionistischen Substanzdualismus. 2.4.3 Die Wechselwirkung der Substanzen und ihre Probleme Wer behauptet, dass das Mentale und das Physische zwei unterschiedliche aber sich gegen- seitig beeinflussende Substanzen darstellen, muss sich auch den Fragen der psychophy- sischen Wechselwirkung stellen: Wie ist eine kausale Wechselwirkung zwischen dem Men- talen und Physischen möglich? Wie kann es sein, dass ein rein denkendes aber nicht ausge- dehntes Ich einen rein ausgedehnten aber nicht denkenden Körper beeinflusst und umge- 24
Der interaktionistische Substanzdualismus kehrt? Und vor allem, an welcher Stelle im Körper berühren sich die Substanzen, sodass es zu einer Beeinflussung kommen kann? Aus der interaktionistischen Sicht verursachen mentale Phänomene wie Wünsche und Über- zeugungen eine willentliche Handlung des Körpers, wobei es sich aber um keine direkte Verursachung handelt, d.h. das Mentale bewegt nicht direkt einen Arm oder ein Bein. Viel- mehr wird die Wechselwirkung in einem bestimmten Areal im Gehirn vermutet. Auch Descartes argumentiert für eine gegenseitige Verursachung im Gehirn. Während er in den Meditationen noch keine Antwort auf die Frage nach der Wechselwirkung gibt und lediglich die Vermutung aufstellt, „daß [sic!] der Geist nicht von allen Teilen des Körpers unmittelbar Eindrücke empfängt, sondern nur vom Gehirn, vielleicht sogar nur von einem ganz kleinen Teil desselben, nämlich von dem, welcher Sitz des Gemeinsinns sein soll.“ 31, holt er dies in Die Passionen der Seele nach. Er verortet die Wechselwirkung in der Zirbel- drüse: Es gibt im Gehirn eine kleine Drüse, in der die Seele ihre Funktionen ganz besonders ausübt, mehr als in den anderen Teilen Es ist nötig zu wissen, daß [sic!] es im Körper, auch wenn die Seele mit dem gesamten Körper verbun- den ist, gleichwohl einen Teil gibt, in dem sie ganz besonders ihre Funktionen mehr als in allen anderen ausübt. […] [Es ist] allein der innerste Teil des Gehirns, nämlich eine gewisse sehr kleine, in der Mitte seiner Substanz gelegene Drüse, die solcherart oberhalb der Leitung aufgehängt ist, durch die die Spiri- tus [animales] seiner vorderen Hohlräume Kommunikation mit denen der hinteren haben, daß [sic!] die geringsten Bewegungen in dieser Drüse viel ausrichten können, um den Lauf dieser Spiritus [animales] zu verändern, und umgekehrt die geringsten Veränderungen, die im Lauf der Spiritus [animales] gesche- hen, viel ausrichten können, um die Bewegungen dieser Drüse zu verändern.32 Die Zirbeldrüse bildet Descartes' Auffassung nach das Zentrum des menschlichen Nerven- systems. Dieses stellt er sich wie ein kleines Röhrensystem vor, durch das sich der sogenannte spiritus animales, der Lebensgeist33, bewegt und in der Zirbeldrüse mit kleinstem Kraftauf- wand Einfluss auf den Körper nehmen kann. Durch das physikalische Energieerhaltungs- prinzip kann diese These aber nicht aufrecht erhalten werden. Dies besagt, dass Energie nicht zerstört und auch nicht erschaffen werden kann. Daher kann der minimale Impuls des Men- talen als Aktion nicht zu einer größeren/stärkeren Reaktion des Körpers führen. Descartes ist 31 Descartes, Med. VI, 20. [AT VII, 86.] 32 Descartes, Pass. 31. [AT XI, 351f.] 33 Vgl. Regenbogen/Meyer, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, S. 623. 25
Die Leib-Seele-Problematik sich dieses Problems zum Teil bewusst und versucht es aufzulösen, in dem er angibt, dass das Mentale nur die Richtung und nicht die Geschwindigkeit der physischen Handlung vorgebe. Dies löst das Problem aber auch nicht, da die Richtungsänderung eines Impulses das Gesetz des Energieerhalts ebenfalls verletzt.34 Zudem wurde später widerlegt, dass die Zirbeldrüse der Ort der Beeinflussung ist. Das schwerwiegendste Problem der psychophysischen Wechselwirkung stellt der Zusammen- hang der Substanzen dar, die in ihrem Wesen verschieden sind. Descartes ist selbst auch der Meinung, dass die „Ursache ihre Wirkung in gewisser Weise in sich enthalten muss.“35 Also kann keine Sache auf eine andere Sache wirken, mit der sie sich im Wesen nichts teilt 36. Dies würde also bedeuten, dass das Mentale, um auf das Physische wirken zu können, selbst etwas Physisches enthalten müsse, was aber der Wesensverschiedenheit widersprechen würde, für die Descartes so eindringlich argumentiert. Er gibt in einem Brief an Elisabeth von der Pfalz auch an, dass sich die Wechselwirkung in der Theorie nicht beschreiben ließe: […] [D]ie Dinge, die der Vereinigung der Seele und des Körpers zugehören, […] durch den Verstand allein nur dunkel erkannt, selbst durch den von der Vorstellungskraft unterstützten Verstand; sie werden jedoch sehr klar durch die Sinne erkannt. Daher kommt es, dass diejenigen, die niemals philosophieren und die sich nur ihrer Sinne bedienen, gar nicht daran zweifeln, dass die Seele den Körper bewegt und dass der Körper auf die Seele einwirkt, sondern sie halten das eine wie das andere für eine einzige Sache, das heißt sie begreifen ihre Vereinigung; denn die Vereinigung zu begreifen, die zwischen zwei Dingen besteht, heißt, diese wie ein einziges zu begreifen. Die metaphysischen Gedanken, die den rei- nen Verstand üben, dienen dazu, uns den Begriff der Seele vertraut zu machen. Das Studium der Ma - thematik, das hauptsächlich die Vorstellungskraft durch das Bedenken von Gestalten und Bewegungen übt, gewöhnt uns daran, sehr deutliche Begriffe vom Körper zu bilden. Und indem man schließlich nur das Leben lebt und gewöhnliche Gespräche führt und davon absieht, Dinge zu bedenken und zu studieren, welche die Vorstellungskraft überschreiten, lernt man, die Vereinigung der Seele und des Körpers zu begreifen.37 34 Vgl. Beckermann, Analytische Einführung, S. 49ff. 35 Ebda, S. 52f. 36 Vgl. Kutschera, Philosophie des Geistes, S. 219. 37 Descartes, Briefe 4. [AT III, 691f.] 26
Der interaktionistische Substanzdualismus Descartes führt also an, dass die Wechselwirkung zwischen Mentalem und Physischem beim Erleben im Alltag zweifelsfrei nachvollziehbar sei – erst in der Theorie ergebe sich die Schwierigkeit, die Wechselwirkung erfassen und beschreiben zu können.38 2.5 Zusammenfassung Die Frage, in welchem Verhältnis das Mentale und das Physische zueinander stehen und wie sie sich gegenseitig beeinflussen, steht im Mittelpunkt der Leib-Seele-Problematik und stellt im wahrsten Sinne ein Problem dar, da sie sich hartnäckig einer Beantwortung entzieht. Dass sich dies so problematisch gestaltet, hat verschiedene Gründe: Zum einen muss man, um Mentales und Physisches in Verhältnis zueinander setzen zu können, wissen, was darunter zu verstehen ist, doch gerade dies erweist sich beim Mentalen bisher als nicht möglich. Es gibt zwar Merkmale, die auf viele mentale Zustände zutreffen, aber keines eignet sich als Universalmerkmal. Deshalb muss man sich hier mit einer Annä- herung an das Mentale, wie beispielsweise mit Wahrnehmen, Fühlen und Denken, begnügen. Zum anderen steht sich eine Vielzahl an Zugängen zur Problematik gegenüber, die sich nicht nur durch ihre Grundannahmen in die Positionen des Monismus und des Dualis- mus einteilen, sondern sich auch innerhalb von diesen in verschiedene Sichtweisen unter- gliedern lassen – jede mit ihren eigenen Stärken und Schwächen. Die interaktionistisch-substanzdualistische Sichtweise, begründet durch René Descartes, sieht im Mentalen und im Physischen zwei unabhängig existierende und wesensverschiedene Substanzen, die in Wechselwirkung zueinander stehen. Doch eben diese Wechselwirkung stellt die größte Schwachstelle dar, da bisher weder der Ort noch die Art und Weise dieser Wechselwirkung bestimmt werden konnte. Nichtsdestotrotz bietet der interaktionistische Substanzdualismus plausible und interessante Erklärungsversuche zu Leib-Seele-Problematik. 38 Vgl. Beckermann, Analytische Einführung, S. 52ff. 27
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