Hochwasser - Staatsfeind Nr.

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Hochwasser - Staatsfeind Nr.
Uwe Ehret
     András Bárdossy

     Hochwasser
     – Staatsfeind Nr. 1

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Die Überschrift klingt zugegebenermaßen reißerisch. Tatsache ist jedoch, dass kein
anderes Naturphänomen weltweit so häufig auftritt und in der Summe so hohe Schä-
den verursacht wie die verschiedenen Arten von Überschwemmungen (/1/). Traurige
Aktualität gewinnt die Hochwasserproblematik durch die Flutkatastrophe in Ost-
deutschland, Österreich und Tschechien, die zu bislang unerreichten Pegelständen
in Dresden (Abb. 1) und allein in Deutschland zu Schäden in Milliardenhöhe geführt
hat.

                                            Extreme Hochwasser wie dieses sind
                                            kein Einzelfall, und praktisch kein Ort auf
                                            der Erde ist sicher vor der zerstörerischen
                                            Kraft des Wassers. Ein weiteres, in Aus-
                                            maß und Dauer schwer vorstellbares Hoch-
                                            wasser ereignete sich am Mississippi im
                                            Jahre 1993 (/2/), durch das weite Teile           Abb. 2: Der Zusammenfluss des Illinois, Mississippi
                                            des US-Bundesstaates Illinois mehrere             und Missouri aus dem Weltraum. Oben im Normalzu-
                                                                                              stand, unten während des Hochwassers 1993.
                                            Monate überschwemmt wurden. 16.000
                                            Menschen verloren ihre Heimat, Schäden
                                                                                                 In diesem Beitrag wird zusammen mit
                                            in Höhe von mehreren Milliarden US-
                                                                                              einer Erläuterung der Entstehung und der
                                            Dollar waren zu beklagen. Die Ausdeh-
                                                                                              verschiedenen Arten von Hochwasser ein
                                            nung der Überschwemmungsgebiete
                                                                                              kurzer Überblick über die Arten des Hoch-
                                            war zeitweise so groß, dass sie selbst aus
                                                                                              wasserschutzes und der Hochwasservor-
                                            dem Weltraum deutlich zu sehen waren
                                                                                              hersage gegeben. Während sich die
                                            (Abb. 2).
                                                                                              staatlichen Vorhersageinstitutionen mo-
                                               Wie entstehen Hochwasser, wie kann             mentan hauptsächlich auf große Flüsse
                                            man ihr Auftreten vorhersagen und ihre            wie Donau, Rhein und Neckar konzentrie-
                                            Schäden bergrenzen? Diese Frage be-               ren, wurde im Rahmen eines Forschungs-
                                            schäftigt die Menschheit schon seit vie-          projekts am Institut für Wasserbau (IWS)
                                            len Jahrhunderten, da viele Siedlungen            ein Vorhersage- und Warnsystem für ein
                                            an Flüssen als natürliche Verkehrswege            kleines Flusseinzugsgebiet, den Golders-
                                            entstanden und daher das Wohl und                 bach bei Tübingen, entwickelt.
                                            Wehe der Bewohner eng mit dem Fluss
                                            verknüpft war und ist.                                              Uwe Ehret / András Bárdossy       y

                                                                                                                    Hochwasser – Staatsfeind Nr. 1 y

                                            Abb. 1: Das Augusthochwasser 2002 setzt Dresden
                                            tagelang unter Wasser.

                                                                                                                                               53
WechselWirkungen   y
                                                  ebenso schnell wieder ab. Eine Vorwar-       trieben. Dabei ist nicht nur die akute Ge-
                               Jahrbuch 2002 y    nung für diese Art von Hochwasser ist        fahr von Verschmutzungen und Infektio-
                                                  wegen der oft sehr kurzen Zeitspanne         nen durch das Hochwasser und zurück-
                                                  zwischen Niederschlagsbeginn und             bleibende Schlammansammlungen, son-
                                                  Hochwasserscheitel nur schwer möglich        dern auch die Gefahr langfristiger Verun-
                                                  und bedarf, um ausreichende Vorwarn-         reinigungen des Grundwassers zu be-
                                                  zeiten zu erreichen, zusätzlich einer Nie-   fürchten.
                                                  derschlagsvorhersage.
                                                     Fließendes Wasser hat eine zerstöreri-    Hochwasserschutz
                                                  sche Kraft. Insbesondere bei Sturzfluten
                                                  bewegt es sich mit beträchtlicher Ge-        Die Maßnahmen, welche der Mensch
Entstehung und Arten von                          schwindigkeit und erodiert den Unter-        zum Schutz gegen Hochwasser ent-
Hochwasser                                        grund, Gebäude usw. Neben den Schä-          wickelt hat, können grob in vier Teilberei-
                                                  den durch Erosion sorgt aber auch der        che unterteilt werden: Raumordnerische
Einführend sei kurz darauf hingewiesen,           gegenteilige Effekt, Sedimentation (die      Maßnahmen, baulicher Hochwasser-
dass der Begriff ,Hochwasser’ hier immer          Ablagerung von im Wasser mitgeführten        schutz, organisatorische Maßnahmen
ein Flusshochwasser bezeichnet, Über-             Stoffen an Stellen verminderter Fließge-     und Risikovorsorge.
schwemmungen und Hochwasser durch                 schwindigkeit) und Anlagerung von
das Meer sind nicht berücksichtigt. Ganz          Treibgut, für große Schäden: Bäume,
allgemein entstehen Hochwasser durch              Bauteile oder Autos verkeilen sich an        Raumordnerische Maßnahmen
lang anhaltenden oder sehr intensiven             Brückendurchlässen und erzeugen einen
Niederschlag auf ein großes Gebiet oder                                                        Raumordnerische Maßnahmen sind ein
                                                  Rückstau, der auch bei einem kleinen
mitunter auch durch Schneeschmelze. Im                                                         sehr altes und gleichzeitig wieder sehr
                                                  Hochwasser schon sehr hohe Wasser-
Gewässersystem baut sich eine Flutwelle                                                        aktuelles Mittel, der Hochwassergefahr zu
                                                  stände zur Folge haben kann. Weiterhin
auf, die sich flussabwärts bewegt. Wenn                                                        begegnen. Hochwasser ist ja nicht per se
                                                  können insbesondere bei Starknieder-
die Abflusskapazität an einer Gewässer-                                                        ein Unglück, es wird erst dazu, wenn
                                                  schlägen Muren und Hangrutschungen
stelle überschritten wird, kommt es zur                                                        menschliche Besitztümer und Hochwas-
                                                  ausgelöst werden. Muren sind ein Ge-
Ausuferung. Ob ein Niederschlagsereig-                                                         ser zusammentreffen. Um dies zu vermei-
                                                  misch von Wasser und Geschiebe, das
nis ein Hochwasser nach sich zieht, hängt                                                      den, existieren zwei Möglichkeiten: Zum
                                                  sich mit Geschwindigkeiten von 50 Kilo-
wesentlich auch von den Vorbedingun-                                                           einen kann der Mensch dem Hochwasser
                                                  metern pro Stunde und mehr vorwärts
gen im betreffenden Gebiet ab: durch-                                                          aus dem Weg gehen. Dies ist der Ansatz
                                                  bewegt und alles mit sich reißt. Hangrut-
feuchtete oder gefrorene Böden begüns-                                                         der raumordnerischen Maßnahmen: Ge-
                                                  schungen entstehen, wenn starke Nieder-
tigen ein Hochwasser, trockene Böden                                                           biete wie beispielsweise Flussauen, die
                                                  schläge den Boden aufgesättigt haben.
mit hohem Wasserspeicherungsvermö-                                                             potentiell überflutungsgefährdet sind,
                                                  Durch das Füllen der Bodenporen mit
gen halten Niederschlagswasser zurück                                                          werden von Bebauungen freigehalten
                                                  Wasser steigt das Gewicht des Bodens,
und geben es, über lange Zeiträume ver-                                                        (Abb. 4). Weiterhin kann das Volumen
                                                  gleichzeitig sinkt dessen Scherfestigkeit.
teilt, in unschädlichen Mengen an den                                                          eines Hochwassers durch Freihalten von
                                                  Wird ein kritisches Maß überschritten,
Fluss ab. Hochwasser in großen Flussein-                                                       Versickerungsflächen sowohl in ländlichen
                                                  können ganze Hangflanken abrutschen
zugsgebieten dauern in der Regel mehre-                                                        als auch urbanen Gebieten herabgesetzt
                                                  (Abb. 3).
re Tage bis Wochen; Vorhersage und Vor-                                                        werden. Zum anderen kann man das
warnung sind meist möglich.                          Eine weitere, ernst zu nehmende Ge-       Hochwasser zwingen, dem Menschen
                                                  fahr sind Kontaminationen aller Art. Diese   aus dem Weg zu gehen. Dies wird mit
   Im Gegensatz dazu entstehen Sturzflu-          entstehen hauptsächlich durch die Über-      dem baulichen Hochwasserschutz be-
ten nach lokalen Starkniederschlägen mit          flutung von Kläranlagen oder Industriebe-    zweckt.
hoher Intensität, oft in Verbindung mit ei-
nem Gewitter. Sie sind weitgehend unab-
hängig vom aktuellen Gebietszustand, er-
reichen in Minuten bis wenigen Stunden
ihren Abflussscheitel und klingen meist

                                                  Abb. 4: Hochwasser an
                                                  der Jagst. Der ursprüng-
                                                  lich mäandrierende Fluss,
                                                  markiert durch Baumrei-
                                                  hen, hat die gesamte Brei-
                                                  te der Flussauen überflu-
                                                  tet. Dieser Bereich muss
                                                  als Überschwemmungs-
Abb. 3: Augusthochwasser 2002, Hangrutschungen    fläche frei gehalten wer-
an Straßen in Österreich.                         den.

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Baulicher Hochwasserschutz                    sungsgrundlage, das heißt der Extrapola-
                                              tion von beobachteten Beziehungen von
Baulicher Hochwasserschutz zielt darauf       Hochwasserhäufigkeit und –größe über
ab, Teile einer Hochwasserwelle zurück-       die Dauer des Messzeitraumes hinaus.
zuhalten und zeitlich verzögert abzuge-       Dabei geht man von einer über die Zeit
ben oder eine ablaufende Flutwelle inner-     gleichbleibenden, stationären Beziehung
halb des Flussbettes oder außerhalb           dieser Größen aus. Diese Annahme er-
schützenswerter Objekte zu halten. Der        scheint jedoch seit einigen Jahren zuneh-
Rückhalt wird durch Hochwasserrückhal-        mend fragwürdig, zumindest in Südwest-
tebecken oder speziell für den Hochwas-       deutschland. Untersuchungen an 13 Pe-
serschutz freigehaltenem Speichervolu-        geln in Baden-Württemberg (/3/) erga-
men in Talsperren erreicht. Die Lenkung       ben ein seit den siebziger Jahren ange-
der Wassermassen kann durch Deiche            stiegenes Hochwasserrisiko an zehn die-
längs des Gewässerlaufes, Gewässeraus-        ser Stationen. Dies führt zu einer teilweise
bau wie beispielsweise Gerinneverbreite-      dramatischen Verschiebung der Hoch-
rung oder mobile Schutzwände (Abb. 5)         wasser-Bemessungswerte. War in den
erreicht werden.                              Jahren 1932 – 1976 das hundertjährige
   Alle diese Maßnahmen müssen im             Hochwasser am Enzpegel in Pforzheim
Spannungsfeld zwischen größtmögli-            noch 368 Kubikmeter pro Sekunde, so
chem Hochwasserschutz (maximaler              sank die Wiederkehrwahrscheinlichkeit
Ausbau), Ökonomie (minimaler Ausbau)          desselben Abflusses, gerechnet im Zeit-
und Ökologie (möglichst naturbelassener       raum 1932 – 1999, auf nur 25 Jahre!
Gewässerzustand) geplant werden. Übli-        Ähnliche Tendenzen konnten auch an an-
cherweise werden bauliche Maßnahmen           deren Pegeln beobachtet (/4/) und ein
so dimensioniert, dass sie ein im statisti-   Zusammenhang zwischen dem vermehr-
schen Mittel einmal in hundert Jahren         ten Auftreten der Großwetterlage ,West
auftretendes Hochwasser schadlos spei-        zyklonal’ im Winter und dem angestiege-
chern beziehungsweise abführen können.        nen Hochwasserrisiko identifiziert wer-
Darin liegen jedoch zwei Probleme. Einer-     den (/5/). Offensichtlich muss die Be-
seits wird den Menschen durch verbes-         messung von Hochwasserbauwerken,
serte Schutzmaßnahmen, die Über-              basierend auf extremwertstatistischen
schwemmungsereignisse seltener ma-            Methoden, bei weiteren Indizien insta-
chen, ein – oft falsches – Gefühl der Si-     tionärer Niederschlags- und Abflussbedin-
cherheit vermittelt, was die Situation im     gungen kritisch hinterfragt und gegebe-
Katastrophenfall zusätzlich verschlimmert.    nenfalls geändert werden.
Daher sind an vielen großen Flüssen der
Welt im Schatten der Hochwasserdeiche
mittlerweile riesige Schadenspotentiale       Organisatorische Maßnahmen
entstanden, die bei einem Deichbruch
                                              Um im Ernstfall, wenn das Zusammen-
(Abb. 6) schlagartig aktiviert werden.
                                              treffen von Mensch und Hochwasser
  Andererseits ergeben sich Probleme          nicht durch vorbeugende Maßnahmen
durch die extremwertstatistische Bemes-       verhindert werden konnte, die Gefahr für

                                                                                             Abb. 6: Ein Deich bricht. Nach tagelangem Hochwas-
                                                                                             ser ist der Damm vollständig durchfeuchtet. Es kommt
                                                                                             zum plötzlichen Abrutschen von Teilen des Deichkör-
                                                                                             pers. Innerhalb von Minuten hat das Wasser eine brei-
                                                                                             te Schneise in die Dammkrone gegraben, eine Was-
                                                                                             serflut ergießt sich in das tieferliegende Umland. Am
                                                                                             Ende klafft im Deich eine mehrere hundert Meter
                                                                                             breite Lücke (Hochwasser an der Tisza, Ungarn, April
 Abb. 5: Aufbau mobiler                                                                      2000).
 Hochwasser-Schutzwän-
 de in Untermberg an der
 Enz.

                                                                                                                           WechselWirkungen      y

                                                                                                                                Jahrbuch 2002 y

                                                                                                                                              55
WechselWirkungen   y
                                                                                                         Dass dies kein exotischer Einzelfall ist,
                             Jahrbuch 2002 y                                                          sondern sich derartige Ereignisse auch in
                                                                                                      unseren Breiten ereignen können, muss-
                                                                                                      ten die Anwohner von Tübingen-Lustnau
                                                                                                      zuletzt im Juli 1987 erfahren. Obwohl
                                                                                                      das Einzugsgebiet des Goldersbaches mit
                                                                                                      nur 75 Quadratkilometern relativ klein
                                                                                                      und zudem fast vollständig bewaldet ist,
                                                                                                      erzeugte ein dreistündiger Starkregen auf
                                                                                                      das durch Regen vom Vortag gesättigte
                                                                                                      Gebiet eine Hochwasserwelle. Innerhalb
                                                                                                      von nur eineinhalb Stunden erreichte sie
Menschenleben und Eigentum zu mini-                                                                   eine erste Spitze, nach drei Stunden
mieren, sind staatlich oder kommunal ge-                                                              ihren Scheitelwert. Das Goldersbachtal
lenkte, organisatorische Maßnahmen vor                                                                (Abb. 8) und erhebliche Teile von Lust-
und während eines Hochwassers not-                                                                    nau (Abb. 9) wurden überflutet, was zu
wendig. Dies umfasst die Organisation                                                                 Schäden in Millionenhöhe führte.
des Katastrophenschutzes einschließlich
von Alarm- und Rettungsplänen sowie                                                                      Während die Hochwassergefahr in
der Katastrophenabwehr wie beispiels-                                                                 großen Flusssystemen durch Pegelmes-
weise Deichverteidigung. Weiterhin ist es                                                             sungen und Niederschlags-Abfluss-Vor-
notwendig, Mess-, Vorhersage- und               Abb. 7: Die Sturzflut in Algier, November 2001.       hersage relativ zuverlässig angekündigt
Warneinrichtungen zu installieren und zu                                                              werden kann, lassen sich Hochwasser in
betreiben. In Baden-Württemberg wird                                                                  solch kleinen Gebieten nur sehr schwer
diese Aufgabe von der Hochwasservor-                                                                  vorhersagen. Eine Abflussprognose durch
hersagezentrale (HVZ) in Karlsruhe wahr-                                                              die Beobachtung flussaufwärts liegender
genommen. Mit einem flächendecken-                                                                    Pegel ist wegen der begrenzten Länge
den Pegel- und Niederschlagsmessnetz                                                                  der Flussläufe kaum möglich; die Nut-
ist sie nicht nur in der Lage, jederzeit ak-                                                          zung von Niederschlagsmessungen in
tuelle Wasserstände und Niederschlags-                                                                Niederschlags-Abfluss-Modellen bietet
summen abzurufen, über die mathemati-                                                                 nur eine begrenzte Vorwarnzeit. Die einzi-
sche Modellierung des Niederschlags-                                                                  gen Möglichkeiten, diese Zeitspanne zu
Abfluss-Prozesses können auch Wasser-                                                                 verlängern, besteht im Auffangen der ge-
standsprognosen für ausgewählte Pegel                                                                 samten oder von Teilen der Hochwasser-
abgegeben werden.                                                                                     welle in Rückhaltebecken oder durch Nie-
                                                Abb. 8: Der Goldersbach überflutet die gesamte Tal-
                                                breite, Hochwasser Juli 1987.                         derschlagsvorhersage. Während die Wet-
                                                                                                      tervorhersagen des Deutschen Wetter-
Risikovorsorge                                                                                        dienstes momentan räumlich und zeitlich
                                                                                                      nicht ausreichend detailliert für diesen
Für den Fall eines Hochwasserschadens                                                                 Zweck sind, bieten die Fortschritte in der
muss von staatlicher Seite durch Rah-                                                                 Nutzung von Wetterradar eine Möglich-
menbedingungen im Planungs-, Bau- und                                                                 keit, lokale Niederschlagsprognosen für
Versicherungsrecht, von privater Seite                                                                einen Zeithorizont von wenigen Stunden
durch den Abschluss von Versicherungen                                                                erstellen zu können.
und die Bildung von Rücklagen ein Ruin
von Hochwasseropfern verhindert wer-
den.                                                                                                  Das Goldersbach Projekt
                                                Abb. 9: Das Goldersbachhochwasser in Tübingen-        Nachdem Tübingen-Lustnau bereits
                                                Lustnau, Juli 1987.
Hochwasser in kleinen Einzugs-                                                                        mehrfach durch Hochwasser des Gol-
gebieten                                                                                              dersbaches überflutet worden war, zu-
                                                                                                      letzt in den Jahren 1978 und 1987,
Während man beim Begriff ,Hochwasser’           che Gefahr und führen in der Summe zu                 wurden verschiedene, „konventionelle“
meist an die Überschwemmungen                   großen Schäden. So kostete die Sturzflut              Abhilfemaßnahmen untersucht. Leider
großer Flüsse denkt, wird die Gefahr            in Algier im November 2001 über 700                   mussten nach eingehender Prüfung alle
durch lokal begrenzte Hochwasser oder           Menschenleben! Nach extremen Nieder-                  abgelehnt werden: Die Ausweisung von
Sturzfluten, aufgrund ihrer kürzeren Dauer,     schlägen wurde die Bevölkerung ohne                   Überflutungsflächen war aus Platzgrün-
geringerer Abflussvolumen und einer klei-       Vorwarnung von Überflutungen, Muren                   den nicht möglich, ein Entlastungskanal
neren Zahl direkt Betroffener, eher unter-      und Hangrutschungen überrascht.                       um Lustnau herum war zu kostspielig, ein
schätzt. Durch ihr äußerst schnelles Auf-       24 000 Menschen mussten evakuiert                     System kleiner, über das Einzugsgebiet
treten, das wenig Zeit für Vorwarnung           werden, der Gesamtschaden wurde auf                   verteilter Rückhaltebecken erbrachte
lässt, bilden jedoch auch sie eine erhebli-     300 Mio. US-Dollar geschätzt (Abb. 7).                nicht das erforderliche Speichervolumen,

56
einen Großdamm vor dem Ortseingang                      Das IWS wurde daher im Juli 1999           b   Identifikation unterschiedlicher Nieder-
mit einer Kronenhöhe von 14 Metern,                  mit der Entwicklung und Realisierung ei-          schlagstypen anhand von Radarbil-
groß genug, um ein hundertjährliches                 nes Niederschlags- und Abflussvorhersa-           dern. Da diese teilweise sehr unter-
Hochwasser aufzunehmen, wurde aus                    gesystems für den Goldersbach beauf-              schiedliche Eigenarten bezüglich Le-
Gründen der Ökologie und des Land-                   tragt. Um Zivil- und Objektschutzmaßnah-          benszyklus und Niederschlagsintensitä-
schaftsschutzes nicht realisiert.                    men wirkungsvoll durchführen zu können,           ten aufweisen, ist diese Information so-
                                                     lag von Seiten der Stadt der gewünschte           wohl bei der räumlichen Nieder-
   Schließlich wurde ein neuer Ansatz,
                                                     Vorhersagehorizont bei sechs Stunden.             schlagsschätzung als auch bei der Vor-
bestehend aus drei Bausteinen, ent-
                                                     Nach ersten Analysen war klar, dass diese         hersage eine wertvolle Hilfe.
wickelt: Auf Basis einer präzisen Kurzzeit-
                                                     Zeitspanne nur durch eine Kombination         b   Bewertung bestehender und/oder Ent-
Niederschlags- und Abflussvorhersage
                                                     von Niederschlags- und Abflussvorhersage          wicklung neuer Methoden zur kombi-
wird ein kleineres Rückhaltebecken, be-
                                                     sowie der teilweisen Speicherung der              nierten Schätzung des räumlichen Nie-
messen für ein Hochwasser mit einer
                                                     Flutwelle in einem Rückhaltebecken er-            derschlages aus Wetterradar und Bo-
Wiederkehrzeit von ungefähr 25 Jahren,
                                                     reicht werden kann. Die maximale Dauer            denstationsdaten.
gesteuert. Die Steuerung ist notwendig,
                                                     der Niederschlagsvorhersage kann, je          b   Entwicklung einer räumlich und zeit-
da eine Straße das Rückhaltebecken und
                                                     nach Niederschlagstyp variierend, mit un-         lich hochauflösenden Niederschlags-
den Damm schneidet und im Ernstfall
                                                     gefähr zwei Stunden angesetzt werden.             vorhersagetechnik mit Hilfe von Wet-
durch bewegliche Verschlüsse versperrt
                                                     Der Zeitgewinn durch Niederschlags-Ab-            terradardaten. Um der teilweise chaoti-
werden muss. Neben der Hochwasservor-
                                                     fluss Modellierung beträgt1.5 Stunden,            schen, nicht vorhersagbaren Natur des
hersage und dem teilweisen Hochwas-
                                                     die Befüllung der Rückhalteräume er-              Niederschlagsgeschehens zu entspre-
serrückhalt soll durch einen Alarmplan
                                                     reicht, gerechnet für den Fall des Extrem-        chen, sollte die Vorhersage als Ensem-
und Objektschutzmaßnahmen an bedroh-
                                                     hochwasssers 1987, weitere 2.5 Stunden.           ble möglicher Entwicklungen, nicht als
ten Gebäuden das Gefahren- und Scha-
                                                        Die Aufgabenstellung an das IWS                Einzelvorhersage, entwickelt werden.
denspotential in Lustnau minimiert wer-
                                                     konnte daher in folgende Teilaufgaben         b   Anpassung und Vergleich zweier Nie-
den.
                                                     untergliedert werden:                             derschlags-Abfluss Modelle an das Gol-
    Dieser Ansatz stellt einen gewissen                                                                dersbachgebiet. Dies ist zum einen das
Paradigmenwechsel dar, als er von der                b   Einrichtung eines in Echtzeit abrufba-        FGMOD/LARSIM Modell (/6/), das
Zielvorgabe hundertjährigen (in der Öf-                  ren Niederschlags- und Abflussmess-           auch bei der HVZ in operationellem Be-
fentlichkeit oft verwechselt mit hundert-                systems im Goldersbachgebiet und der          trieb ist, als auch das am IWS im Einsatz
prozentigem) Hochwasserschutzes ab-                      notwendigen Kommunikationsstruktu-            befindliche HBV-IWS Modell. Mit den
rückt und sich in Richtung Risikomana-                   ren für die Datenübertragung.                 Szenarien vorhergesagter Niederschlags-
gement entwickelt. Der Vorteil besteht               b   Entwicklung eines Datenbanksystems            entwicklungen als Input sollen die Ab-
dabei darin, dass sich sowohl Behörden                   für effiziente Datenhaltung und schnel-       flussvorhersagen ebenfalls als Ensem-
als auch die Öffentlichkeit mit der stets                len Datenzugriff.                             ble gerechnet werden, so dass obere
präsenten Hochwassergefahr auseinan-                 b   Entwicklung von Methoden zur Schät-           und untere Grenzen der weiteren Ent-
dersetzen müssen und dadurch im Ernst-                   zung der aktuellen Windverhältnisse in        wicklung angegeben werden können.
fall besser reagieren können. Ein weite-                 einem Radarbild. Diese Information ist
rer Vorteil ist die Vermeidung großer                    vor allem bei schnell ziehenden Nie-        Auf jeden der genannten Punkte, gra-
Eingriffe in den natürlichen Wasserhaus-                 derschlagsfeldern wichtig für die Vor-    phisch dargestellt in Abbildung 10, soll
halt.                                                    hersage.                                  im Folgenden kurz eingegangen werden.

                                                                                                                             WechselWirkungen   y

Abb. 10: Schema des Mess- und Vorhersagesystems für den Goldersbach.                                                             Jahrbuch 2002 y

                                                                                                                                            57
WechselWirkungen   y

                            Jahrbuch 2002 y

Messnetz und Datenbank-
system
Im Goldersbachgebiet wurde zunächst
ein Netz aus Niederschlagsstationen und
Pegeln aufgebaut (Abb. 11). Während
die Niederschlagsmesser neu installiert
werden mussten, konnte bei dem Pegel
auf bereits existierende Pegel des landes-
eigenen Messnetzes zurückgegriffen wer-
den. Diese mussten lediglich mit Zusatz-
einrichtungen zur Datenkommunikation
ausgerüstet werden. Alle Stationen kön-
                                               Abb. 11: Das Einzugsgebiet des Goldersbaches mit Pegeln und Niederschlagsmessstationen (,N-Stationen’).
nen im Zehnminutentakt über das Mobil-
                                               Alle Messdaten werden in Datenbanken abgelegt, um mit einem Minimum an Speicherplatz ein Maximum an
netz abgerufen werden. Um die Nieder-          Zugriffsgeschwindigkeit zu erreichen.
schlagsmessung weiter zu verbessern,
wurden weitere fünf Niederschlagsstatio-
nen des Online-Messnetzes von Land
und Deutschem Wetterdienst in das Sys-
tem integriert. Die wichtigste Datenquel-
le für die Gewinnung flächendeckender
Niederschlagsinformationen und für die
Niederschlagsprognose aber ist das
Doppler-Wetterradar des Forschungszen-
trums Karlsruhe, dessen Daten ebenfalls
im Zehnminutenabstand, mit einem Ras-
ter von 500 x 500 Metern Südwest-
Baden- Württemberg abdeckend, genutzt
werden.

Windverhältnisse
Unter Ausnutzung des Doppler-Effekts           Abb. 12: Schätzung der Verschiebung von Niederschlagsfeldern – Vergleich des Dopplerverfahrens und der
(bekannt vom Phänomen, dass die Sirene         Kovarianz-Maximierung anhand summierter Verschiebungen.
eines vorbeifahrenden Krankenwagens je
nach Position in unterschiedlicher Tonla-
gen zu hören ist) war man mit dem Wet-         Um bei Feldgrößen von 350 x 350 Pi-                       In Abbildung 12 sind die über einen
terradar in der glücklichen Lage, nicht        xeln nicht eine riesige Zahl möglicher                Tag aufsummierten Verschiebungsvekto-
nur über hochaufgelöste Niederschlagsin-       Vektoren testen zu müssen, wurde der                  ren beider Verfahren dargestellt. Bildlich
formationen, sondern auch über eine            iterative ,Simulated Annealing’ Optimie-              kann man sich die Kurven als Zugbahn
gute Schätzung der aktuellen Zugrich-          rungsalgorithmus verwendet. Dieser er-                eines Ballons vorstellen. Beide Verfahren
tung und –geschwindigkeit der Nieder-          laubt zu Anfang der Suche große ,Sprün-               liefern ähnliche Ergebnisse. Einzig in den
schlagsfelder zu verfügen. Da diese Infor-     ge’ auf der Suche nach dem optimalen                  Fällen, wenn ein größeres Niederschlags-
mation jedoch nicht immer errechnet            Vektor, mit zunehmender Suchdauer,                    gebiet den Bereich der Radarbilder betritt
werden konnte, wurde aus Gründen der           wenn man dem Optimum nähergekom-                      oder verlässt, es also nicht auf zwei zeit-
Redundanz eine weitere Methode ent-            men ist, werden immer kleinere Sprung-                lich benachbarten Bildern zu sehen ist,
wickelt, bei der die zwischen zwei Radar-      weiten erlaubt.                                       irrt sich das Kovarianzverfahren. Im Bild
bildern stattgefundene Verschiebung der                                                              ist dies zweimal als unrealistischer
Niederschlagsfelder durch Maximierung                                                                ,Sprung’ des Ballons nach Norden zu se-
der Kovarianz zwischen den Bildern be-                                                               hen. Sobald das Niederschlagsfeld jedoch
stimmt wird. Man nimmt dabei einen             mit:                                                  dauerhaft im Radarbild zu sehen ist, stabi-
möglichen Verschiebungsvektor an und           COV        Kovarianz zwischen zwei Fel-               lisiert sich die Windschätzung wieder.
errechnet damit die Kovarianz zwischen         dern
den Bildern, die, je besser der angenom-       U, V       Größe eines Feldes
mene mit dem tatsächlichen Verschie-           M, N       Felder
bungsvektor übereinstimmt, zunimmt.            M, N       Mittelwert des Feldes M bzw N

58
Für die Niederschlagsvorhersage spielt                Tabelle 1: Überdeckungsgrade [%] von Radarbildern verschiedener Niederschlagstypen und ihre Darstellung
                                                         als Fuzzymengen
die Windschätzung eine wichtige Rolle.
Mit den beiden Verfahren war nun sicher-
gestellt, dass auch beim Ausfall eines der
beiden immer noch ein Schätzwert vor-
liegt.

Niederschlagstypen
Niederschlag ist nicht einfach gleich Nie-
derschlag, er kann, hauptsächlich auf-
grund seiner Entstehungsgeschichte, in
Typen unterteilt werden. Diese können
sich, was ihre Dauer, räumliche Er-
streckung und ihre typischen Intensitäten
angeht, deutlich voneinander unterschei-
den. In Abbildung 13 ist exemplarisch
die Niederschlagsüberdeckung, also der
Prozentsatz eines Radarbildes, der Nieder-
schlag aufweist, verschiedener Typen ge-
zeigt. Während konvektive Zellen, die oft
mit Gewittern einhergehen, nur selten
mehr als zehn Prozent des Bildes über-
decken, können Warmfrontniederschläge
durchaus das gesamte Bild ausfüllen.
   Für die Vorhersage ist die Kenntnis ty-
pischer weiterer Entwicklungen von Nie-
derschlagsfeldern sehr hilfreich, daher
wurde anhand der aus Radarbildern ex-
trahierten Informationen Überdeckungs-
grad, mittlere Niederschlagsintensität
und Anteil hoher Niederschlagsintensitä-
ten versucht, die einzelnen Typen mög-
                                                         Objekt entweder ganz oder gar nicht zu                    kann ein 39-Jähriger zu 0.52 zur Menge
lichst präzise zu identifizieren. Da sich de-
                                                         einer Menge gehört, erlaubt Fuzzy oder                    ,Jung’ gehören und zu 0.48 zur Menge
ren Eigenschaften teilweise überschnit-
                                                         ,unscharfe’ Logik teilweise Zugehörigkei-                 ,Alt’. Allmähliche Übergänge, die dem
ten, bot sich eine Klassifizierung auf Basis
                                                         ten. Ein Beispiel: Wenn die Grenze zwi-                   menschlichen Denken besser entspre-
von Fuzzy Logik an.
                                                         schen ,Alt’ und ,Jung’ bei vierzig Jahren                 chen, sind also möglich und erleichtern
   Fuzzy Logik wurde erstmals 1965                       gezogen wird, dann ist nach binärer Lo-                   die Integration von Expertenwissen in Re-
(/7/) als Erweiterung der konventionel-                  gik ein 39-Jähriger jung, ein 41-Jähriger                 gel- und Entscheidunsgsysteme.
len (binären) Logik vorgeschlagen. Im Ge-                alt, offensichtlich eine zu scharfe Grenz-
gensatz zur normalen Logik, in der ein                   ziehung. Nach einer Fuzzy Einteilung                         Für das Goldersbach Projekt wurde un-
                                                                                                                   ter Mithilfe von Wissenschaftlern des For-
                                                                                                                   schugszentrums Karlsruhe ein Fuzzy Re-
                                                                                                                   gelsystem für die automatische Klassifika-
                                                                                                                   tion von Radarbildern entwickelt. Als
                                                                                                                   Input wurden die drei oben erwähnten,
                                                                                                                   schnell aus einem Radarbild bestimmba-
                                                                                                                   ren Parameter verwendet. Exemplarisch
                                                                                                                   sind in Tabelle 1 für den Parameter Über-
                                                                                                                   deckungsgrad die aus Expertenwissen
                                                                                                                   abgeleiteten Minimal- und Maximalwerte
                                                                                                                   dargestellt. Die zugehörige Fuzzymenge
                                                                                                                   beschreibt für jeden Überdeckungsgrad
                                                                                                                   dessen Grad der Zugehörigkeit zu einem
                                                                                                                   bestimmten Niederschlagstyp.

                                                                                                                                             WechselWirkungen      y

Abb. 13: Typische Zeitreihen der Niederschlagsüberdeckung eines Radarbildes für verschiedene Niederschlagstypen.                                  Jahrbuch 2002 y

                                                                                                                                                               59
WechselWirkungen     y
                                                       schlagsstationen waren, konnte man ihr                   nen Stationsniederschlägen eine räum-
                                  Jahrbuch 2002 y      nur unzureichend gerecht werden. Ob-                     liche Information zu gewinnen, werden
                                                       wohl die Kenntnis von Niederschlagspro-                  sie mit einem geeigneten Verfahren,
                                                       zessen mit dem Wetterradar einen Quan-                   hier Kriging, interpoliert. An den Statio-
                                                       tensprung erlebte, hat dieser auch seine                 nen und im räumlichen Mittel sind die
                                                       Tücken. Da er Niederschlag nur indirekt                  Werte zwar korrekt, das Bild zeigt aber
                                                       in Form reflektierter elektromagnetischer                eine unrealistische, ,glatte’ Struktur.
                                                       Wellen misst, und das üblicherweise                    c) Nun wird mit den Beobachtungen des
                                                       auch noch in beträchtlicher Höhe über                     Radars direkt an den Stationskoordina-
   Aus den aufgestellten Fuzzymengen
                                                       dem Boden, treten bisweilen Messfehler                    ten und demselben Interpolationsver-
kann über ein Fuzzy Regelsystem die Zu-
                                                       in der Größenordnung von 100 Prozent                      fahren ein ähnlich glattes Nieder-
gehörigkeit eines Radarbildes zu jedem
                                                       auf.                                                      schlagsfeld erzeugt. Im gezeigten Bei-
der Niederschlagstypen errechnet und
damit das Bild klassifiziert werden. In                   Es liegt daher nahe, die Vorteile der                  spiel hat der Radar die Bodenmessun-
Testläufen wurde mit diesem System ei-                 beiden Messmethoden, die Genauigkeit                      gen unterschätzt, das interpolierte Feld
ne Trefferquote von 63 Prozent erreicht,               der Stationsmessungen und die räumli-                     zeigt weniger intensive Niederschläge
wobei Fehlklassifikationen vor allem zwi-              che Information der Radardaten, zu kom-                   als das aus b).
schen Kaltfront- und Schauerwetter auf-                binieren. Während schon seit einigen                   d) Zuletzt zieht man vom ursprünglichen
traten.                                                Jahren multiplikative Korrekturverfahren                  Radarbild das interpolierte ab und ad-
                                                       existieren, wurde für das Goldersbach                     diert die Interpolation aus den Stations-
                                                       Projekt ein neues Verfahren entwickelt.                   messungen dazu. Damit hat man an
Räumliche Niederschlags-                               Die einzelnen Schritte des Verfahrens                     den Koordinaten der Stationen die Bo-
schätzung                                              können anhand Abbildung 14 verdeut-                       denmesswerte, im Mittelwert das inter-
                                                       licht werden:                                             polierte Stationsfeld, aber in der räum-
Niederschlag ist ein zeitlich und räumlich             a) Zunächst ist im Original-Radarbild ein                 lichen Struktur das Radarbild weitge-
höchst variabler Prozess. Das ist eine Bin-               Starkniederschlagsfeld zu sehen. Die                   hend erhalten. Im Bild ist wieder die
senweisheit, vor dem Einsatz von Wetter-                  Struktur ist gut zu erkennen, die Abso-                Form des Niederschlagsfeldes zu er-
radar mit seiner hohen räumlichen Auflö-                  lutwerte weichen jedoch von den Sta-                   kennen, die Werte sind allerdings auf
sung jedoch, als die einzige Informations-                tionsmessungen ab.                                     das Niveau der Bodenmessungen an-
quelle die Aufzeichnungen von Nieder-                  b) Um aus den nur an Punkten gemesse-                     gehoben worden.

     a) Radarbild                                                                     b) Interpolation aus Stationsdaten

     c) Interpoliertes Radarbild                                                      d) Kombination aus Radar und Stationsdaten

Abb. 14: Kombination von interpolierten Stationsdaten und Radardaten zu einem räumlichen Niederschlagsbild.

60
Mit diesem Verfahren kann zwar die        φ   k     autoregressiver Parameter für      digkeit der Niederschlagsfelder verscho-
Niederschlagsvorhersage, die ausschließ-               Zeitabstand k                      ben.
lich auf Radardaten beruht, nicht verbes-    X         Mittelwert der Serie x                Wie man an dem Vergleich in Abbil-
sert werden, aber die bis zum Beginn der     ε   t+1   Zufallsanteil                      dung 15 erkennen kann, wird die Ent-
Vorhersage gemessenen Niederschlags-
                                                                                          wicklung gemessener Niederschlagsfel-
werte. Da die Niederschlags-Abfluss-Mo-         Auf der Skala der Rasterzellen be-        der durch die Vorhersage zufriedenstel-
dellierung stets auf gemessenen und vor-     schreibt eine Markov-Kette die weitere       lend reproduziert. Allerdings wird an dem
hergesagten Niederschlägen beruht, wird      Entwicklung. Dazu muss es möglich sein,      sich von Nordwesten her in die Vorhersa-
damit letztlich auch die Abflussvorhersage   alle Zustände, in denen sich ein betrach-    gebilder bewegenden Streifen ohne Vor-
verbessert.                                  tetes System (hier eine Rasterzelle des      hersage auch ein Limit der Vorhersage-
                                             Radarbildes) befinden kann, zu definie-      dauer erkennbar: Bei Niederschlagsereig-
                                             ren. Hier wurde der Zustand einer Raster-    nissen mit hoher Zuggeschwindigkeit
Niederschlagsvorhersage                      zelle durch ihre aktuelle Niederschlagsin-   vergrößert sich durch die Verschiebung
                                             tensität, den aktuellen Niederschlagstyp     mit jedem Zeitschritt im Bild der Bereich,
Da die Niederschlagsvorhersage in Form       und die Niederschlagsentwicklung der         der nicht vorhersagbar ist, da wegen der
von Szenarien gerechnet werden soll,         letzten 30 Minuten innerhalb der Zelle       begrenzten Größe des Radarbildes Aus-
muss in den Vorhersageprozess eine Zu-       beschrieben. Aus beobachteten Zeitrei-       gangsmessungen fehlen.
fallskomponente integriert werden, die bei   hen konnte nun über einfaches Abzählen
wiederholten Berechnungen, selbst bei        die Wahrscheinlichkeit bestimmt werden,
gleichen Anfangsbedingungen, unter-          dass das System von einem definierten
schiedliche Vorhersagen zur Folge hat. Im
                                                                                          Abflussvorhersage
                                             Zustand in einen anderen übergeht. Die-
Gegensatz zu diesem stochastischen Mo-       se Übergangswahrscheinlichkeiten kön-        Mit den gemessenen und vorhergesag-
dellierungsansatz versucht die determinis-   nen als Matrix dargestellt werden, in der    ten Niederschlägen als Input war nun
tische Modellierung, durch die möglichst     alle möglichen Übergänge enthalten sind.     noch die Modellierung des Nieder-
präzise Beschreibung aller relevanten phy-
                                                                                          schlags-Abfluss-Prozesses, also die Trans-
sikalischen Prozesse eine eindeutige Prog-
                                                                                          formation des Wassers von Niederschlag
nose der zukünftigen Entwicklung zu er-
                                                                                          zu Abfluss, durch das Einzugsgebiet not-
möglichen. Für die lokale Kurzzeit-Nieder-
                                                                                          wendig. Die dazu entwickelten, so ge-
schlagsvorhersage hat sich jedoch bisher
                                                                                          nannten Niederschlags-Abfluss Modelle
der erste Ansatz besser bewährt.
                                                                                          lassen sich nach ihrem Abstraktionsgrad
   Für das Tübinger Vorhersagemodell                                                      generell in drei Gruppen einteilen: Die Re-
wurde ein hierarchisches Vorhersagekon-      wobei:                                       produktion aller beteiligten physikali-
zept, angelehnt an das ,String of Beads’     P         Übergangsmatrix                    schen Prozesse bei der physikalischen
Modell (/8/), entwickelt: Zuerst wird für    p1,2      Übergangswahrscheinlichkeit        Modellierung ist zwar der theoretisch
das gesamte Radarbild die Entwicklung                  von Systemzustand 1 zu             beste Ansatz, in der Praxis setzt jedoch
der Überdeckung und der mittleren Nie-                 Systemzustand 2                    die große, nicht messbare Heterogenität
derschlagsintensität gerechnet, dann die     n         Anzahl möglicher Systemzustände    wichtiger Parameter wie beispielsweise
Entwicklung jeder einzelnen Rasterzelle                                                   das Speicherverhalten des Bodens der
im Bild. Die Rastervorhersage wird an die       Von jedem beliebigen Anfangszustand       Qualität der Ergebnisse Grenzen. Bei den
Bildvorhersage angepasst und schließlich     eines Systems kann nun mit Hilfe einer       so genannten Blockmodellen wird des-
das vorhergesagte Radarbild mit der aktu-    Zufallszahl der Übergang zu einem neuen      halb die für die physikalische Modellie-
ellen Zugrichtung und –geschwindigkeit       Zustand simuliert werden. Dabei kom-         rung notwendige, hohe räumliche Auflö-
der Niederschlagsfelder verschoben.          men Übergänge mit hohen Wahrschein-          sung aufgegeben und das Einzugsgebiet
                                             lichkeiten entsprechend häufiger vor als     nur noch in charakteristische Gebiete un-
   Auf der Bildskale wird die Entwicklung
                                             solche mit geringen. Auf diese Weise         terteilt. Diese werden dann mit verein-
durch einen autoregressiven Prozess be-
                                             kann eine beliebig lange Sequenz von         fachten, physikalisch basierten Ansätzen
schrieben, das heißt die Vorhersage für
                                             Systemzuständen, verkettet durch die         beschrieben. Der maximale Abstraktions-
den nächsten Zeitpunkt ist die gewichte-
                                             Übergangsmatrix, erzeugt werden: die         grad wird bei den ,Black Box’ Modellen
te Summe der zuvor gemessenen Werte,
                                             Niederschlagsvorhersage für die Raster-      erreicht, bei denen, ohne direkte Berück-
wobei die Gewichte für jeden Zeitschritt
                                             zelle.                                       sichtigung der zugrundeliegenden Physik,
über die Autokorrelationsanalyse beob-
                                                Da es wahrscheinlich ist, dass sich na-   ein direkter Zusammenhang zwischen
achteter Zeitreihen bestimmt werden kön-
                                             he beieinanderliegende Rasterzellen ähn-     Input (zum Beispiel Niederschlag) und
nen. Dazu kommt noch der Zufallsanteil.
                                             lich entwickeln, wird die Vorhersage         Output (beispielsweise Abfluss) eines
                                             nicht für jede Zelle völlig unabhängig       Systems hergestellt wird.
                                             durchgeführt, sondern durch nachträgli-
                                             ches Aufprägen einer räumlichen Struk-
mit:                                         tur eine gewisse Einheitlichkeit der Ent-
k        Ordnung des autoregressiven         wicklung erreicht. Am Ende der Vorhersa-
         Prozesses                           geprozedur wird das vorhergesagte Radar-
xt+1     Vorhersage von x zum                bild in seiner Gesamtheit mit der vorher-                            WechselWirkungen   y

         Zeitschritt t+1                     gesagten Zugrichtung und –geschwin-                                      Jahrbuch 2002 y

                                                                                                                                  61
WechselWirkungen   y
                                                      Beide im Goldersbachprojekt ange-                 Verdunstung usw. kontinuierlich model-
                                Jahrbuch 2002 y     wandten Modelle, FGMOD/LARSIM und                   liert, eine ereignisabhängige Anpassung
                                                    HBV-IWS, sind Blockmodelle. Während                 ist nicht notwendig (Abb.16).
                                                    FGMOD/LARSIM ein ereignisbasiertes
                                                    Modell ist, also eine (automatische) Para-             Gefördert durch das Land Baden-Würt-
                                                    meteroptimierung für jedes Niederschlag-            temberg wurde das bei der HVZ im Ein-
                                                    Abfluss-Ereignis durchgeführt wird, ist             satz befindliche FGMOD/LARSIM an das
                                                    HBV-IWS, ein Wasserhaushaltsmodell.                 Goldersbachgebiet angepasst, zu Ver-
                                                    Dabei werden alle Wasserhaushaltskom-               gleichszwecken auch HBV-IWS. Wie sich
                                                    ponenten wie Abfluss, Bodenfeuchte,                 zeigte, waren beide ähnlich gut für die

     a) Beobachtung 23:00                                                        d) 10-Minuten Vorhersage 23:00

     b) Beobachtung 23:10                                                        e) 20-Minuten Vorhersage 23:10

     c) Beobachtung 23:20                                                        e) 30-Minuten Vorhersage 23:20

Abb. 15: Beobachteter und vorhergesagter Niederschlag über Südwest-Baden-Württemberg, 20 März 2001, 23:00 – 23:20 Uhr.

62
Abb. 17: Abflussbeobachtung, Simulation und Vorhersage 8. Juli 1996 am Pegel Bebenhausen/Goldersbach.
                                                          Die Vorhersage ist als oberes und unteres Limit der Vorhersageszenarien sowie als Mittelwert aller Szenarien
Abb. 16: Die Struktur des HBV Niederschlags-Abfluss-      dargestellt.
Modells: Unterteilung in Teileinzugsgebiete, Höhen- und
Vegetationszonen, gesättigte und ungesättigte Boden-
zone, Konzentration und Ablauf des Wassers im Ge-
wässernetz.

Hochwasservorhersage im Goldersbach-                      beschritten. Während das geplante Rück-                 Literatur
gebiet geeignet. In Abbildung 17 ist eine                 haltebecken momentan noch durch die
mit HBV-IWS gerechnete Hochwasservor-                     Umweltverträglichkeitsprüfung geneh-                    [1] Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft
                                                                                                                  (2000): CD-ROM, ,Welt der Naturgefahren’, München
hersage zu sehen. Bis zum Vorhersage-                     migt werden muss, wird das Mess- und
                                                                                                                  [2] Bhowmik, N.G., et al. (1993): The 1993 Flood on
zeitpunkt konnten gemessene, eindeutige                   Vorhersagesystem im Herbst 2002 in                      the Mississippi River in Illinois. Illinois State Water Sur-
Niederschlagsdaten verwendet werden,                      Betrieb gehen. Obwohl dessen Funk-                      vey, Champaign, Miscellaneous Publication 151
daher ist bis zu diesem Zeitpunkt auch                    tionsfähigkeit wichtig ist, muss man es                 [3] Bárdossy, A. (1995): Untersuchung zur Stationa-
                                                                                                                  rität der Extremabflüsse an ausgewählten Pegeln in
die Abflusssimulation eindeutig. Jenseits                 im größeren Zusammenhang nur als ein                    Baden-Württemberg. Technischer Bericht 95/18,
des Vorhersagezeitpunkts werden die                       Glied in einer Alarmkette ansehen. Für                  Landesanstalt für Umweltschutz, Karlsruhe
Werte der Niederschlagsszenarien ge-                      effektives Hochwassermanagement ist                     [4] Caspary, H. (2001): Zusammenhang zwischen der
nutzt (im Bild nicht gezeigt), die Abfluss-               neben der Vorhersage mindestens eben-                   Verschärfung des Hochwasserrisikos in Südwest-
                                                                                                                  deutschland seit Mitte der siebziger Jahre und einem
vorhersage spaltet sich in eine Vielzahl                  so wichtig, dass mit allen im Ernstfall                 veränderten Winterklima. GAIA – Ecological Perspec-
einzelner Kurven auf. Während die maxi-                   Beteiligten wie Polizei, Feuerwehr, Ord-                tives in Science, Humanities, and Economics 10, No. 4,
male und die minimale Abflussprognose                     nungsamt und Anwohnern eine lücken-                     pp. 286 – 293
durch die maximale beziehungsweise mi-                    und reibungslose Zusammenarbeit be-                     [5] Caspary, H., Bárdossy, A. (1995): Markieren die
                                                                                                                  Winterhochwasser 1990 und 1993 das Ende der
nimale Niederschlagsprognose entsteht                     steht.                                                  Stationarität in der Hochwasserhydrologie infolge von
und die Bandbreite möglicher, weiterer                                                                            Klimaänderungen? Wasser & Boden, 47. Jg., 3/1195,
                                                             Und letzten Endes sollte man sich im-                pp. 18-24
Entwicklungen anzeigt, stimmt das aus
                                                          mer bewusst sein, dass, auch wenn man                   [6] Homagk, P., Ludwig, K. (1998): Operationeller Ein-
allen Vorhersagen gemittelte Szenario
                                                          mit höherem Risikobewusstsein und bes-                  satz von Flussgebietsmodellen bei der Hochwasser-
mit dem tatsächlich gemessenen Verlauf                                                                            Vorhersage-Zentrale Baden-Württemberg. Wasserwirt-
                                                          seren Vorhersagen Schäden minimieren
relativ gut überein. Mit Hilfe dieser Ab-                                                                         schaft 88, pp. 160 - 167
                                                          kann, Hochwasser Naturereignisse sind,
flussprognosen kann der Einsatzleiter in                                                                          [7] Zadeh, L. (1965): Fuzzy Sets. Information and
                                                          die nie vollständig vorhersagbar oder be-               Control, 8, pp. 338-353
Tübingen mit einem zeitlichen Vorlauf
                                                          herrschbar sein werden (Abb. 18).                       [8] Pegram, G., Clothier, A. (2001): High-resolution
von ungefähr 3.5 Stunden (ohne den
                                                                                                                  Space-Time Modelling of Rainfall: The „String of Be-
Betrieb des Rückhaltebeckens) Entschei-                                                                           ads" model. J. Hydrology. Vol. 241, pp. 26-41
dungen über einzuleitende Maßnahmen
für den Hochwasserschutz von Lustnau
treffen.

Ausblick
Mit dem Tübinger 3-Säulen-Modell aus
Hochwasservorhersage, teilweisem
Hochwasserrückhalt und Objektschutz-
maßnahmen wurden im Hochwasser-                           Abb. 18: Hochwasser macht auch vor der Polizei                                            WechselWirkungen         y

schutz kleiner Einzugsgebiete neue Wege                   nicht Halt.                                                                                     Jahrbuch 2002 y

                                                                                                                                                                          63
WechselWirkungen   y

        Jahrbuch 2002 y

                            Dr.-Ing. Uwe Ehret                   Prof. Dr. rer. nat. Dr.-Ing.
                                                                 András Bárdossy
                            studierte von 1992 bis 1996
                            Bauingenieurwesen mit der Ver-       wurde am 18. November 1954
                            tiefungsrichtung Allgemeiner In-     in Budapest/Ungarn geboren. Er
                            genieurbau an der Fachhoch-          studierte Mathematik an der Uni-
                            schule für Technik Stuttgart und     versität Eötvös Lóránd, Buda-
                            schloss mit seiner Diplomarbeit      pest, und promovierte 1980 über
                            über „Raum-Zeit Niederschlags-       „Banach-Räume Stetiger Funk-
                            modellierung im Einzugsgebiet        tionen“ zum Dr. rer. nat. Nach
                            der Aller unter besonderer           seiner zweiten Promotion mit
                            Berücksichtigung globaler Kli-       dem Thema „Stochastische Mo-
                            maänderungen“ zum Diplomin-          delle zur Beschreibung der raum-
                            genieur (FH) ab. Anschließend        zeitlichen Variabilität des Nieder-
                            begann der am 22. April 1971 in      schlags“ zum Dr.-Ing. habilitierte
                            Stuttgart geborene Uwe Ehret         sich András Bárdossy 1994 an
                            das Studium des Bauingenieur-        der Universität Karlsruhe für das
                            wesens mit den Vertiefungs-          Fach „Hydrologie“. Nach Tätig-
                            fächern Wassermengenwirt-            keiten in der Industrie, am For-
                            schaft und Hydromechanik an          schungsinstitut für Bergbau,
                            der Universität Stuttgart, schrieb   Budapest, an der Universität für
                            1998 seine Diplomarbeit und          Bodenkultur in Wien und an der
                            promovierte im Oktober 2002          Universität Karlsruhe übernahm
                            zum Thema „Rainfall and Flood        Prof. Bárdossy am 1. Januar
                            Nowcasting in Small Catchments       1995 den Lehrstuhl für Wasser-
                            Using Weather Radar“. Uwe Eh-        mengenwirtschaft am Institut
                            ret ist seit Juni 1998 Wissen-       für Wasserbau. Seine For-
                            schaftlicher Mitarbeiter am Insti-   schungsschwerpunkte sind un-
                            tut für Wasserbau, Lehrstuhl für     ter anderem Regionalisierung hy-
                            Wasserbau und Wasserwirt-            drologischer und hydrogeologi-
                            schaft. Arbeitsschwerpunkte          scher Parameter sowie Auswir-
                            sind unter anderem „Hochwas-         kungen von Klimaänderungen
                            servorhersage für Tübingen-Lust-     auf den Wasserhaushalt.
                            nau: Entwicklung eines Systems
                            zur operationellen Hochwasser-
                            vorhersage“, „Untersuchungen
                            zu Hochwasserereignissen im
                            oberen und mittleren Donau-
                            becken“ im Rahmen der wissen-
                            schaftlich-technischen Zusam-
                            menarbeit mit Ungarn bezie-
                            hungsweise „Rainfall-Runoff Mo-
                            delling for Reservoir Manage-
                            ment with Account for Uncertain-
                            ties“ gemeinsam mit Tunesien.

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