Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation

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Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation
Heft 1, 2013
WSL Berichte
ISSN 2296-3456

Hochwasserschutz
in der Stadt Zürich:
Eine empirische Studie zur Risikokommunikation

Elisabeth Maidl
Matthias Buchecker

           Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
           CH-8903 Birmensdorf
Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation
Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation
Heft 1, 2013
WSL Berichte
ISSN 2296-3456

Hochwasserschutz
in der Stadt Zürich:
Eine empirische Studie zur Risikokommunikation

Elisabeth Maidl
Matthias Buchecker

Herausgeber
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
CH-8903 Birmensdorf
Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation
Verantwortlich für die Herausgabe der Schriftenreihe
Prof. Dr. Konrad Steffen, Direktor WSL

Verantwortlich für dieses Heft
PD Dr. Irmi Seidl, Leiterin Forschungseinheit Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Schriftleitung: Sandra Gurzeler, WSL
Layout: Sandra Gurzeler, WSL

Zitiervorschlag
Maidl, E.; Buchecker, M., 2012: Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische
Studie zur Risikokommunikation. WSL Ber. 1: 88 S.

ISSN 2296-3448

Projektbearbeitung
Elisabeth Maidl, WSL (Projektbearbeitung)
Dr. Matthias Buchecker, WSL (Projektleiter)

Kontakt
Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
CH-8903 Birmensdorf
E-Mail: matthias.buchecker@wsl.ch
Tel. 044 739 25 63
E-Mail: elisabeth.maidl@wsl.ch
Tel. 044 739 24 97

Dank
Ganz herzlich danken möchten wir allen an diesem Projekt beteiligten Personen, Herrn
Kuhn und Frau Hensel vom Tiefbauamt der Stadt Zürich dafür, die Adressdaten zur
Verfügung zu stellen und für die freundliche Kooperation, Frau Aller von der Gebäu-
deversicherung Zürich, sowie allen, die einen Fragebogen ausgefüllt haben und zu ei-
nem Interview bereit waren.

Fotos Umschlag: Hochwasser 2005, © Stadt Zürich Tiefbauamt, Hochwasser 2012,
© Eike van Lindern, WSL

© Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
  Birmensdorf, Schweiz, 2013
Hochwasserschutz in der Stadt Zürich: Eine empirische Studie zur Risikokommunikation
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                       3

Inhaltsverzeichnis

Vorwort			                                                                   5
Abstract			                                                                  6
Zusammenfassung		                                                            7

1 Rahmen der Studie und zentrale Fragestellungen                             9
  1.1 Umsetzung der Gefahrenkarte Hochwasser in Zürich                       9
  1.2 Zentrale Fragestellung der Studie                                     10

2 Beschreibung der Erhebungs- und Analysemethode                            11
  2.1 Auswahl der Stichprobe und Rücklaufquote                              11
		    2.1.1 Welche Personen haben den Fragebogen ausgefüllt?                12
  2.2 Aufbau des Fragebogens                                                13
  2.3 Interviewgespräche mit Betroffenen                                    17
  2.4 Analysemethoden                                                       17

3 Charakteristische Merkmale der Befragten                                  18
  3.1 Soziodemographische Merkmale                                          18
  3.2 Nutzungsstruktur der Objekte                                          20
  3.3 Struktur des Grundeigentums im Kanton Zürich                          21

4 Welche Resultate konnte die Informationskampagne erzielen?                22
  4.1 Die Ausgangslage: Erfahrungen, Vorwissen und Stellenwert
		    des Themas		                                                          22
		    4.1.1 Erfahrung mit Hochwasser                                        23
		    4.1.2 Vorwissen: Wissensstand vor der Kampagne                        23
  4.2 Das Informationsverhalten der Grundeigentümerinnen
		    und -eigentümer                                                       24
		    4.2.1 Wurden die Infomaterialen genutzt?                              25
		    4.2.2 Wissensgewinn durch die Kampagne                                26
		    4.2.3 Einflussfaktoren auf das Informationsverhalten                  28
		    4.2.4 Bewertung der Infomaterialien                                   29
			         4.2.4.1 Schriftliches Material
			         4.2.4.2 Gefahrenkarte
			         4.2.4.3 Unterschiede in der Qualitätsbewertung
			         4.2.4.4 Welche Befragten bewerteten die Materialien positiv?
		    4.2.5 Welche Informationsmittel werden bevorzugt?                     32
  4.3 Die Wirkung der Kampagne                                              34
		    4.3.1 Relevanz und Risikobewusstsein                                  34
			         4.3.1.1 Wie relevant ist das Thema Hochwasser
				                und wie werden Risiken wahrgenommen?
			         4.3.1.2 Welche Einflussfaktoren wirkten auf Relevanz
				                und Bewusstsein?
			         4.3.1.3 Kennen die Befragten ihren Gefahrenbereich?
			         4.3.1.4 Einfluss persönlicher Erfahrung auf Risikobewusstsein
				                und Informationsverhalten

WSL Berichte, Heft 1, 2013
4                                             Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

		    4.3.2 Wie stehen die Befragten zu Risiken?                               44
			         4.3.2.1 Akzeptanz von Restrisiken
			         4.3.2.2 Allgemeine Risikobereitschaft
			         4.3.2.2 Einflussfaktoren auf die Risikoakzeptanz
			         4.3.2.2 Der Wert der Sicherheit: Prioritäten in Bezug
				                auf den Hochwasserschutz
			         4.3.2.3 Kontrollierbarkeit von Hochwasserschäden
		    4.3.3 Wahrgenommene Kompetenzen und Verantwortung
			         der Behörden                                                       49
			         4.3.3.1 Hohes Vertrauen in die Behörden?
			         4.3.3.2 Wahrnehmung der Verantwortlichkeit
		    4.3.4 Die Bereitschaft Massnahmen umzusetzen                             53
			         4.3.4.1 Wie hoch ist die Bereitschaft Massnahmen umzusetzen?
			         4.3.4.2 Einflussfaktoren auf die Handlungsbereitschaft
			         4.3.4.3 Ursachen für fehlende Handlungsbereitschaft
  4.4 Einfluss sozio-demographischer Variablen                                 62
		    4.4.1 Der Einfluss des Alters                                            62
		    4.4.2 Geschlechtsbezogene Unterschiede                                   63
		    4.4.3 Unterschiede nach Bildungsniveau                                   64
		 4.4.4 Einkommensunterschiede                                                65

5 Zusammenfassung der Ergebnisse                                               65
  5.1 Einflüsse der Kampagne auf die Handlungsbereitschaft                     65
  5.2 Wie kann Risikokommunikation im Hochwasserschutz verbessert
		 werden?		                                                                   67
		    5.2.1 Schlussfolgerungen aus früheren Studien                            67
  5.2 Empfehlungen für die Praxis                                              68

6 Literatur			                                                                 70

7 Anhang			                                                                    73

                                                        WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                               5

Vorwort

2009 wurde durch den Kanton Zürich die Gefahrenkarte für das Gebiet der Stadt Zü-
rich erstellt. Eine der zentralen Aufgaben bei der Umsetzung der damit verbundenen
Massnahmen ist die adäquate Information der direkt betroffenen Grundeigentümer-
schaften. Nachdem die wichtigsten Grundlagen zum städtischen Hochwasserschutz er-
arbeitet waren, konnten wir im Herbst 2011 die erste Informationsrunde starten.
   Ein Brief begleitet von einem Informationsblatt zur spezifischen Situation der Hoch-
wassergefährdung in der Stadt Zürich sowie Informationsbroschüren zu Teilthemen
bildeten den Inhalt des ersten Infoversandes, der an rund 10 000 Grundeigentümer-
schaften im Stadtgebiet versandt wurde.
   Die Informationspflicht der Gemeinde war somit erfüllt, doch stellten sich uns Fra-
gen wie: Sind die Informationen angekommen? Wurden sie verstanden? Bewirken sie
etwas?
   Dass in dieser Zeit die Eidg. Forschungsanstalt WSL mit dem Angebot an uns her-
antrat, unsere Kommunikationstätigkeit zur Hochwassergefährdung in der Stadt Zü-
rich im Rahmen eines europäischen Forschungsprogrammes zu überprüfen, war ein
Glücksfall. So gewannen wir durch die repräsentative Umfrage Antworten zur Wirk-
samkeit unserer Kommunikation. Für die weitere Information der Betroffenen können
wir nun durch die vorliegenden Resultate enorm profitieren.
   Ich hoffe, dass auch andere Kommunen und Institutionen aus den hier festgehalte-
nen Erkenntnissen Rückschlüsse für ihre Arbeit ziehen können.

                                                                       November 2012

                                         Bernhard Kuhn, Leiter Strassen, Stadt Zürich

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6                                                      Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

Abstract

Flood protection in Zurich: an empirical study on communicating risk
During the last decade, most European countries have produced risk maps of natural
hazards, but little is known so far about how to communicate these maps most effi-
ciently to the public.
   In October 2011, Zurich’s local authorities sent official letters to the owners of buil-
dings located in the urban flood hazard area, containing information on potential flood
damage, the probability of flood events, constructional safety measures, and guidelines
for taking appropriate action should flooding occur. Owners were also encouraged in
the covering letter to identify the location of their property within the hazard area using
a GIS-based online risk map. The campaign was based on the assumptions that infor-
ming citizens increases their risk awareness and that citizens who are aware of risks are
more likely to undertake actions to protect themselves and their property. There is,
however, little empirical evidence about the effects of such a one-way communication
strategy.
   This study is intended as a contribution to understanding the factors influencing flood
risk preparedness better, with a special focus on the effects of risk communication. We
conducted a standardized mail survey in collaboration with the city authorities, and sent
questionnaires to 1500 owners of buildings in the hazard zones in Zurich. The addressees
represent a sample of 14% of all the people who had previously received information
from the city authorities. The questionnaire comprised items measuring respondents’
risk awareness, flood experience, information behaviour and knowledge, evaluation of
the information material, risk acceptance, preparedness to implement particular mea-
sures, kind of property, attachment to the property, trust in local authorities, and socio-
demographic items.
   Multivariate data analysis revealed that the average level of risk awareness and pre-
paredness was low, but our results confirmed that the campaign had a statistically signi-
ficant effect on the level of preparedness. The main influencing factors were the extent
to which respondents evaluated the information material and weighed up the costs and
benefits, as well as their risk awareness.
   Our results also provide detailed insights into the underlying factors that influenced
the respondents’ preparedness. For instance, respondents who reported having a high
level of trust in the local authorities evaluated the campaign more positively and were
more likely to consider implementing the recommended safety measures. Overall, most
respondents said that they had read the information letter, but that they had only spent
a little time studying the material. Moreover, those respondents who had never taken
any interest in floods previously were less likely to read the material. For future cam-
paigns, we therefore recommend tailoring information according to the information
needs and preferences of the target population.

Keywords: flood risk, risk communication, risk awareness, risk preparedness, risk per-
ception, hazard risk map

                                                                  WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                              7

Zusammenfassung

Risikokommunikation im Hochwasserschutz ist bisher wenig untersucht, obwohl die
zentrale Bedeutung der Kommunikation im Risikomanagement anerkannt ist. Es gibt
kaum Erkenntnisse über die Effekte angewandter Kommunikationsformen. Frühere
Studien lassen keine eindeutigen Schlüsse zu, wie die Kommunikation zu Hochwasser-
risiken das Risikobewusstsein oder die Bereitschaft für Schutzvorkehrungen beeinflus-
sen.
   In der Stadt Zürich wurde im Oktober 2011 eine Informationskampagne durchge-
führt, bei der Grundeigentümerinnen und -eigentümer in den Gefahrenbereichen der
Stadt Zürich über Hochwasserrisiken sowie Schutzmassnahmen aufgeklärt wurden.
Um die Wirkung der schriftlichen Informationskampagne zu untersuchen, führte die
Eidg. Forschungsanstalt WSL eine Befragung unter den Adressaten der Informations-
briefe durch.
   Im vorliegenden Bericht werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt sowie für die
Praxis Schlussfolgerungen zur Risikokommunikation gezogen. Die Resultate zeigen,
dass Informationskampagnen das Risikobewusstsein sowie die Bereitschaft zu Schutz-
massnahmen erhöhen können. Allerdings gab es Unterschiede zwischen verschiedenen
Gruppen von Befragten. Die Informationskampagne motivierte insbesondere Grund-
eigentümerinnen und -eigentümer mit grossen Vertrauen in die Behörden zum Han-
deln. Diese nahmen die Informationen positiver auf als solche mit wenig Vertrauen in
die Behörden. Daneben erwies sich ein hohes Bewusstsein für Hochwasserrisiken als
wichtiger Einflussfaktor auf die Handlungsbereitschaft. Das Risikobewusstsein konnte
durch die Kampagne beeinflusst werden. Je intensiver die Befragten sich mit den Infor-
mationen befasst hatten, umso eher waren ihnen diese Risiken auch bewusst.
   Angesichts der potentiellen Schäden im Hochwasserfall war allerdings sowohl das
Risikobewusstsein als auch die Handlungsbereitschaft nur schwach ausgeprägt: Die
Mehrheit der Befragten schätzte das Hochwasserrisiko im Bereich des eigenen Grund-
stücks als gering ein und zog keine Massnahmen in Betracht. Hochwassergefahren wa-
ren im öffentlichen Bewusstsein kaum verankert und das Interesse am Thema sowie
das bereits vor der Kampagne vorhandene Wissen gering. Dies begrenzte die Wirkung
der Informationskampagne: Informationsmaterialien wurden vornehmlich von bereits
für das Thema sensibilisierten Personen gelesen. Vorhandenes Wissen über Hochwas-
serrisiken erhöhte zudem die Empfänglichkeit für die bereitgestellten Informationen.
   Die Resultate zeigen, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht. Um die Grundeigen-
tümerinnen und -eigentümer zur Umsetzung von Massnahmen zu motivieren, sind sie
regelmässig und leicht zugänglich über Hochwasserrisiken zu informieren. Das Einho-
len spezifischer Informationen ist zu erleichtern. Der Inhalt sowie die Wahl der Kom-
munikationsmedien sind den Bedürfnissen anzupassen: Die Bürgerinnen und Bürger
sind auf verschiedenen Kanälen und unter Berücksichtigung ihrer Interessen anzuspre-
chen, um ein breiteres Bewusstsein für Hochwasserrisiken zu schaffen und so die Be-
reitschaft zur eigenverantwortlichen Vorsorge zu verbessern.

WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                9

1        Rahmen der Studie und zentrale Fragestellungen
1.1      Umsetzung der Gefahrenkarte Hochwasser in Zürich

Die Bundesgesetze über die Raumplanung, den Wasserbau und den Wald (WBG 1991)
verpflichten die Kantone, Gefahrenkarten zu erstellen. Im Kanton Zürich erfolgte der
Erlass der Gefahrenkarte mit der Verfügung der Baudirektion vom 13. Februar 2009.
Daraus leitet sich für die Gemeinden der Auftrag ab, unter anderem die Gefahren-
bereiche bei planungs- und baurechtlichen Festlegungen zu berücksichtigen sowie die
Grundeigentümerinnen und -eigentümer in den betroffenen Bereichen über potentiel-
le Hochwassergefahren zu informieren. Zu diesem Zweck wurde in der Stadt Zürich
eine Koordinationsstelle eingerichtet, die entsprechende Informationsmaterialien aus-
gearbeitet hat. Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte dieser Materialien er-
läutert. Ergänzende Angaben sind dem «Leitfaden zur Umsetzung der Gefahrenkarte
Hochwasser» (AWEL, GVZ 2003) entnommen.
   Aus der Lage in den Gefahrenbereichen ergeben sich unterschiedliche Konsequen-
zen für die Eigentümerinnen und Eigentümer. Die Abstufung in verschiedene Gefah-
renbereiche basiert auf der Intensität der Einwirkung (Wasserhöhe und -geschwindig-
keit) sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Hochwasserereignisses.

1. Roter Bereich (erhebliche Gefährdung):
   Hier besteht die höchste Gefahrenstufe. Sie umfasst Bereiche, in welchen mit der
   Gefährdung von Menschenleben sowie gravierenden Gebäude- und Sachschäden im
   Hochwasserfall bis hin zur Zerstörung zu rechnen ist. Hier werden keine Bewilligun-
   gen für die Errichtung neuer Gebäude oder Anlagen erteilt. Der Umbau bestehen-
   der Gebäude ist nur unter Auflagen möglich. Grundbesitzende in diesem Bereich
   sind zu selten (weniger als 1 %), um in dieser Studie Berücksichtigung zu finden.

2. Blauer Bereich (mittlere Gefährdung):
   Im Hochwasserfall sind Schäden an Gebäuden und der Inneneinrichtung möglich.
   Personengefährdung besteht insbesondere ausserhalb von Gebäuden, bei starker
   Personenbelegung in den Untergeschossen auch innerhalb von Gebäuden. Für neue
   Bauprojekte müssen Auflagen des Amts für Baubewilligungen eingehalten werden.
   17 % des gefährdeten Grundeigentums gehört zu diesem Bereich.

3. Gelber Bereich (geringe Gefährdung):
   Im gelben Bereich werden die potentiellen Gefahren im Hochwasserfall etwas ge-
   ringer als im blauen Bereich eingestuft. Bauliche Massnahmen sind je nach örtlichen
   Bedingungen sinnvoll und nur in Spezialfällen obligatorisch. Bei Bauprojekten im
   gelben oder gelb-weissen Gefährdungsbereich muss dem Baugesuch eine so genann-
   te Selbstdeklaration beiliegen. Damit wird erklärt, ob beziehungsweise mit welchen
   Massnahmen der Gefährdung begegnet werden soll. In diesen Bereich fallen 60 %
   des gesamten Grundeigentums in den gefährdeten Bereichen.

4. Gelb-weisser Bereich (Restgefährdung):
   Die Situation ist ähnlich wie im gelben Bereich. Die Intensität eines Ereignisses ist
   hier genauso hoch wie im gelben Bereich, nur die Eintretenswahrscheinlichkeit ist
   geringer. 23 % der Grundbesitzenden verfügen über Wohngebäude in diesem Be-
   reich.

Die Koordinationsstelle hat im Oktober 2011 Broschüren und Merkblätter an alle
10 500 Grundeigentümerinnen und -eigentümer in der Stadt Zürich versandt, deren Ei-
gentum sich im Hochwassergefahrenbereich befindet. Welchem Gefahrenbereich ihre

WSL Berichte, Heft 1, 2013
10                                                    Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

Liegenschaft zugehört, wurde den Empfängerinnen und Empfängern im Informations-
schreiben nicht mitgeteilt. Stattdessen wurden sie dazu angeregt, die Gefahrenkarte im
Internet zu nutzen, wo sie per Adresseingabe die Lage im Gefahrenbereich einsehen
konnten. Das Schreiben umfasste vier Dokumente mit folgenden Inhalten:

1. Ein Begleitschreiben, worin die Empfängerinnen und Empfänger für die Gefahren-
   situation sensibilisiert wurden. Der Brief enthielt in knapper Form auch die wichtigs-
   ten Verhaltenshinweise im Hochwasserfall. Weiterhin wurden die Grundeigentüme-
   rinnen und -eigentümer darauf hingewiesen, dass sie den beiliegenden Materialien
   Informationen über Auflagen bei allfälligen Bauvorhaben an ihrer Liegenschaft ent-
   nehmen können. Darüber hinaus wurden weitere Informationen zum langfristigen
   Hochwasserschutz angekündigt und auf die Möglichkeit hingewiesen, im Internet
   detaillierte Informationen abzurufen.

2. Die Broschüre «Hochwasser: Vorbeugen, Schützen, Schäden vermeiden» klärte all-
   gemein über die Gefährdungen an verschiedenen Standorten wie zum Beispiel bei
   Hanglage oder Nähe zu Wildbächen auf. Sie enthielt auch Erklärungen zur Gefah-
   renkarte und den einzelnen Gefahrenbereichen. Im Weiteren wurde darüber infor-
   miert, welche Verantwortung sich für private Eigentümer ergeben und welche Auf-
   gaben die Gemeinden sowie die Gebäudeversicherung übernehmen. Zudem wurden
   einzelne Schutzmassnahmen für Gebäude erläutert und eine Anleitung zum Verhal-
   ten im Fall eines Hochwassers erteilt.

3. Das «Informationsblatt zum Hochwasserschutz» enthielt spezifische Informationen
   zur Gefahrenlage in Zürich. Mit dem Verweis auf vergangene Hochwasserereignisse
   und das Schadenspotential wurden die Empfänger unter Verwendung von Bildern
   für das Thema sensibilisiert. Das Blatt umfasste auch den Hinweis auf die Kataster-
   auskunft der Stadt Zürich, wo mittels Adresseingabe die Gefährdung der eigenen
   Parzelle eingesehen werden kann. Weiterhin wurde erklärt, welche Bedeutung die
   Lage im Gefahrenbereich für die Eigentümerinnen und Eigentümer hat (Notfall-
   planung, Bauen im Hochwassergefahrenbereich unter Auflagen sowie Objektschutz
   bestehender Gebäude).

4. Das «Merkblatt Bauen im Hochwassergefahrenbereich» informierte über rechtliche
   Grundlagen und verwies auf weitere Informationsquellen sowie die Kontaktstelle
   für Beratung bei Bauvorhaben. Zudem wurde erklärt, in welchen Gefährdungslagen
   Auflagen beziehungsweise die Selbstdeklaration gelten.

Die Eigentümerinnen und Eigentümer wurden zudem darauf hingewiesen, dass sie in
der zweiten Jahreshälfte 2012 über Auflagen bezüglich Massnahmen an bereits beste-
henden Gebäuden informiert würden.

1.2      Zentrale Fragestellung der Studie

Der Informationskampagne lag die Überzeugung zu Grunde, dass Kommunikation
eine wichtige Aufgabe im Hochwasserrisiko-Management ist. Dahinter stand die An-
nahme, dass Bürgerinnen und Bürger, denen klar ist, welchen potentiellen Gefahren
sie im Fall eines Hochwassers ausgesetzt sind, sich besser auf eine solche Situation vor-
bereiten können (Kopf 2012). Auch die Autoren früherer Studien zur Ausprägung des
Risikobewusstseins von Grundbesitzenden empfehlen adäquate Risikokommunikati-
on als Mittel, um das Schutzniveau zu verbessern (z. B. Bichard und Kazmierczak
2011), beziehungsweise die soziale Kapazität von Betroffenen zu erhöhen (Kuhlicke

                                                                WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                 11

et al. 2011). Es gibt aber kaum empirische Evidenz, welche Effekte solche Kampagnen
tatsächlich auf die Bereitschaft zur Umsetzung von Sicherheitsvorkehrungen haben be-
ziehungsweise wie sie das Risikobewusstsein der Leute beeinflussen und welche weite-
ren Einflüsse wirken (Höppner et al. 2010).
   In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob und in welcher Weise sich die Ad-
ressaten der Kampagne mit den Informationen befasst haben, wie sie diese beurteilten
und welche Wirkungen festgestellt werden konnten. Daraus wurden Schlussfolgerung
für die Optimierung zukünftiger Informationskampagnen gezogen.

Die Studie zielte auf die folgenden Hauptfragen:
– Wie intensiv haben sich die Befragten mit den Informationsmaterialen befasst?
– Welche Einflussfaktoren wirken auf das Informationsverhalten?
– Welche Wirkung haben die Informationen auf die Bereitschaft, Schutzmassnahmen
  umzusetzen?
– Welche weiteren Einflussfaktoren wirken auf die Handlungsbereitschaft?

Um diese Fragen ausreichend klären zu können, wurden die Effekte auf die folgenden
erwarteten Einflussgrössen untersucht:
– Risikobewusstsein und Relevanz des Themas Hochwasser
– Eigenverantwortung in Bezug auf Hochwasserschutz
– Vertrauen in Behörden (bezüglich Hochwasserschutz)
– Akzeptanz von Restrisiken
– Demographische Faktoren wie Alter, Geschlecht und Bildung

Mit dem Bezug zu den Resultaten der Studie wurden schliesslich Empfehlungen für die
Praxis formuliert.

2          Beschreibung der Erhebungs- und Analysemethode
2.1        Auswahl der Stichprobe und Rücklaufquote

Von den 10 500 Grundeigentümerinnen und -eigentümen in gefährdeten Bereichen
wurde eine nach Gefahrenbereich geschichtete Zufallsstichprobe von 1500 Personen1
getroffen, an die per Post ein standardisierter Fragebogen versandt wurde.
   Die Rücklaufquote betrug insgesamt 34,4 %. Im Erstversand Ende Februar 2012 ha-
ben 301 Befragte den Fragebogen ausgefüllt und zurückgesandt, beim Zweitversand im
April 2012 weitere 159 Befragte. 55 % der Befragten wünschte über die Ergebnisse der
Studie informiert zu werden.
   Die eine Hälfte der Adressaten verfügte über Eigentum im blauen Bereich, die an-
dere im gelben und gelb-weissen Bereich. Personen, deren Besitz sich in stärker gefähr-
deten Bereichen befand, wurden übergewichtet, da diese besonders stark gefährdete
Zielgruppe von besonderem Interesse für die Untersuchung war. Um einen aussage-
kräftigen Vergleich zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern in den drei Ge-
fahrenbereichen zu ermöglichen, sollte auch im Falle einer niedrigen Rücklaufquote
sichergestellt werden, dass die Stichprobe eine ausreichende Fallzahl in jeder Gruppe
enthielt.

1
    Im Vorfeld der Hauptbefragung wurde ein Pretest mit 100 Personen durchgeführt. Da die Fragestel-
    lung einiger Items in der Hauptbefragung vom Pretest abwich, flossen die Ergebnisse des Pretests
    nicht in die vorliegende Studie ein.

WSL Berichte, Heft 1, 2013
12                                                                  Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

  Die Rücklaufquote in den stärker gefährdeten Bereichen war höher als im gelb-weis-
sen Bereich2. Die folgende Darstellung veranschaulicht den Grad der Übereinstim-
mung zwischen der geplanten und der realisierten Stichprobe nach Gefahrenbereich.

        60                    52,6
                     48,5
        50
        40                                          34,5     33,7
%       30
                                                                                    17,0
        20                                                                                  13,7
        10
         0
                 angestrebt / realisiert        angestrebt / realisiert        angestrebt / realisiert
Abb. 1. Angestrebte (N=1338) und realisierte Stichprobe (N=460) nach blauem, gelben und gelb-weissen
Gefahrenbereich (relative Häufigkeit).

Die Bereitschaft, den Fragebogen auszufüllen war also unabhängig von der objekti-
ven Gefahrenlage. Somit kann eine Verzerrung der Resultate durch die Auswahl der
Stichprobe nach Gefahrenbereich-Zugehörigkeit ausgeschlossen werden. Mögliche
Verzerrungen der Daten, die sich aus der unterschiedlichen Bereitschaft ergeben, den
Fragebogen zu bearbeiten, werden im folgenden Abschnitt erläutert.

2.1.1        Welche Personen haben den Fragebogen ausgefüllt?

Wenn sich die Antworten der Teilnehmenden einer Befragung von den Personen, die
einen Fragebogen nicht ausgefüllt haben, systematisch unterscheiden, so kann dies zu
einer Abweichung der Daten von der Grundgesamtheit führen. Warum sich manche
Personen nicht an einer Befragung beteiligen, kann verschiedene Gründe haben, zum
Beispiel Krankheit, Zeitmangel oder eine generelle Ablehnung, an Umfragen teilzu-
nehmen (Schneekloth und Leven 2003). Bereits die Erreichbarkeit der Adressaten
ist eine mögliche Ursache für Antwortausfälle. In dieser Studie haben 6 % von den
1400 für die Hauptbefragung kontaktierten Personen den Fragebogen auf Grund von
Adressänderungen nicht erhalten. Insgesamt konnten 1338 Personen erreicht werden.
Es gibt Verfahren, die Rückschlüsse darauf erlauben, welche Personen eher bereit sind,
sich an einer Befragung zu beteiligen als andere (Armstrong und Overton 1977).
Dazu zählt ein Vergleich der angestrebten und realisierten Stichprobe. Aus Abbildung 1
ist ersichtlich, dass hierbei nur geringe Unterschiede zu verzeichnen waren. Eine weite-
re Methode ist der Vergleich zwischen Merkmalen der Teilnehmenden mit Merkmalen
der Grundgesamtheit, die aus statistischen Quellen wie zum Beispiel Volkszählungen
gewonnen werden (siehe Kap. 3.3).
   In dieser Untersuchung lieferten manche Adressaten selbst Erklärungen, weshalb
sie sich nicht beteiligt haben. Insgesamt haben 24 Personen den Fragebogen unaus-
gefüllt zurückgesandt, 19 davon unter Angaben von Gründen. Diese sind nicht reprä-
sentativ für alle Nicht-Teilnehmenden, liefern aber Hinweise auf Gründe, die zu der
Entscheidung führten, den Fragebogen nicht auszufüllen. Dazu zählen hohes Alter, Tod
des Adressaten, Verkauf des Grundstücks, Zeitmangel, Komplexität der Fragestellung,

2
     Rücklaufquote in den drei Gefahrenbereichen: gelb-weiss: 27,8 %; gelb: 33,6 %; blau: 37,3 %

                                                                              WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                 13

Skepsis gegenüber Forschung sowie eine allgemeine Ablehnung, sich an Umfragen zu
beteiligen. Auch durch die Befragung wachgerufene Erinnerungen an ein gravierendes
Hochwasserereignis wurde in einem Fall als Grund genannt, den Fragebogen nicht aus-
zufüllen.
   Ein Indiz dafür, dass vor allem Personen den Fragebogen bearbeitet haben, die sich
besonders für das Thema interessieren, war, dass Befragte, für die das Thema beson-
ders relevant war, den Fragebogen bereits im Zuge des Erstversands bearbeitet haben3.
Interesse am Thema Hochwasser war aber nicht der einzige Grund, den Fragebogen
auszufüllen, da dies auch Personen getan haben, die sich nach eigenen Angaben nicht
für das Thema interessierten.
   Auch fehlende Antworten bei einzelnen Fragen treten mitunter systematisch auf.
Daher wurde für alle Variablen in den Regressionsmodellen überprüft, ob fehlende
Werte nach einem bestimmten Muster auftraten beziehungsweise zufällig waren. So-
fern signifikante Unterschiede im Antwortverhalten identifiziert wurden, ist dies in den
entsprechenden thematischen Abschnitten dargestellt.

2.2        Aufbau des Fragebogens

Der Fragebogen wurde möglichst kurz gehalten, um die Bereitschaft zum Ausfüllen
nicht zu reduzieren. Insgesamt umfasste der Bogen 34 Fragen auf acht Seiten. Der Fo-
kus lag dabei auf Themen, die sich im Zusammenhang mit der Bereitschaft Schutzmass-
nahmen umzusetzen in früheren Studien als relevant erwiesen haben. Daher folgt an
dieser Stelle ein kurzer Überblick über die Forschungsliteratur.
   Die Ergebnisse früherer Studien sind nur bedingt auf den Kontext und die Fragestel-
lung dieser Untersuchung übertragbar, lieferten aber wertvolle Informationen darüber,
welche Themen und Aspekte im Fragebogen enthalten sein sollen, um die relevanten
Einflussfaktoren abdecken zu können. In den letzten Jahren wurden verschiedene Stu-
dien zum Risikobewusstsein durchgeführt4, aber nur wenige zur Wirkung von Risiko-
kommunikation in Bezug auf Hochwasser (Basic 2009; Griffin et al. 2008; Keller
et. al. 2006; Terpstra et al. 2009). Die letztgenannten Untersuchungen, die sich auf
die Effekte der Risikokommunikation bezogen, fanden in verschiedenen Kontexten
statt. Sie bezogen sich auf unterschiedliche Arten des Hochwasserrisikos in ländlichen
oder urbanen Gebieten, in Küstennähe oder im Binnenland, und unterschiedliche kul-
turelle und politische Kontexte. Auch die Informationsmedien sowie die Adressaten
der Informationen unterschieden sich, zum Beispiel wurden generell Haushalte in Ge-
fahrenbereichen oder speziell Grundeigentümerinnen und -eigentümer befragt. Das
Erkenntnisinteresse richtete sich auf so verschiedene Aspekte wie das Informations-
verhalten von Betroffenen nach einem Ereignis (Griffin et al. 2008), den Einfluss der
Risikokommunikation auf die Bewusstsein (Terpstra et al. 2009), die Erfahrung mit
einem geographischen Tool zur Visualisierung von Hochwasserrisiken (Basic 2009),
oder den Effekt emotionaler Betroffenheit in der Risikokommunikation (Keller et
al. 2006). Daher ist es nicht erstaunlich, dass diese Untersuchungen zu divergenten Er-
gebnisse führten, die keine allgemeinen Rückschlüsse auf die Wirkung der Risikokom-
munikation erlauben. In der Schweiz stellten Sigrist und Gutscher (2006) regionale

3
    Personen, die den Fragebogen beim Erst-oder Zweitversand bearbeitet haben, unterschieden sich in
    Bezug auf die Relevanz des Themas: F(1, 460)=4.919, p
14                                                              Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

Unterschiede fest, ob Hochwasserrisiken eher unter- oder überschätzt wurden. Insbe-
sondere im urbanen Kontext der Deutschschweiz war das Risikobewusstsein auch bei
objektiver Gefahrenlage nur schwach ausgeprägt. Im gesamtschweizerischen Kontext
konnten sie aber feststellen, dass Personen in stark gefährdeten Bereichen höheres Ri-
sikobewusstsein aufwiesen als Personen in wenig gefährdeten Bereichen.
   Ein wichtiges Fazit der genannten Studien ist, dass die nach unterschiedlichen Ge-
sichtspunkten differenzierte Ausprägung von Risikobewusstsein und Handlungsinten-
tion bereits in der Forschungsplanung zur Untersuchung der Wirkungen von Risiko-
kommunikation zu berücksichtigen ist. Die bisher durchgeführten empirischen Studien
basierten auf Fragebögen und Items die spezifisch für das jeweilige Erkenntnisinteresse
formuliert wurden. Zu Themen, die auch in anderen Befragungen zum Thema Hoch-
wasserschutz enthalten waren, gehören Risikobewusstsein, emotionale Betroffenheit,
Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit, Einschätzung möglicher Schäden und
das Wissen über Überschwemmungen (Kellens et al. 2013). Auch in dieser Studie
wurden diese Konzepte verwendet und in der Frageformulierung an den gegebenen
Kontext in Zürich angepasst. Dazu wurden zwei Erhebungsinstrumente herangezogen,
und zwar aus dem Projekt «Integriertes Hochwasserrisikomanagement in einer indi-
vidualisierten Gesellschaft (INNIG)» (Martens et al. 2008) sowie dem Risikosurvey
Baden-Württemberg 2001 (Zwick und Renn 2002). Der Inhalt der folgenden Fragen
orientiert sich an diesen Instrumenten (Tab. 1):

Tab. 1. Orientierung der Frageformulierung an erprobten Erhebungsinstrumenten.

Nr. und thematischer Inhalt der  Nr. und thematischer Inhalt der          Nr. und thematischer Inhalt
Fragenblöcke im Erhebungsinstru- Frage im Erhebungsinstrument             der Frage im Erhebungsin-
ment dieser Studie               der INNIG-Studie (Martens et al.         strument des Risikosurveys
                                 2008)                                    (Zwick und Renn 2002)
Nr. 3 (Erfahrung mit Hochwasser) Nr. 3 (Erfahrung mit Hochwasser)
Nr. 5 (Akzeptanz von Restrisiken) Nr. 6 und 10 (Betroffenheit durch       Nr. 23 (Akzeptanz)
                                  Schäden und deren Bewertung)
Nr. 4 (Risikobewusstsein)           Nr. 8 (Aussagen zum Thema Hoch-
                                    wasser)
Nr. 4 (Risikobewusstsein)           Nr. 9 (Einschätzung des Risikos
                                    einer Hochwasserkatastrophe)
Nr. 4 (Risikobewusstsein)           Nr. 21 (Informiertheit)
Nr. 6 (Kontrollierbarkeit und                                             Nr. 30 (Kontrollierbarkeit)
Vorsorgebereitschaft)
Nr. 17 (Priorität von Informations- Nr. 15 (Priorität von Informations-
medien)                             medien)
Nr. 18 (Verantwortung)              Nr. 11 (Verantwortung)                Nr. 49 (Verantwortung)
Nr. 19 (Gerechtigkeit der Vertei-   Nr. 12 (Gerechtigkeit der Vertei-
lung der Verantwortung)             lung der Verantwortung)
Nr. 20 (Allgemeine Risikobereit-    Nr. 34 (Allgemeine Risikobereit-      Nr. 3 (Allgemeine Risikobe-
schaft)                             schaft)                               reitschaft)
Nr. 27 (Beruf im Bereich Naturge-                                         Frage «S4» (Berufsfeld)
fahren)
Nr. 28 (Diskursbewertung Hoch-      Nr. 2 (Vergleich des Hochwasserri-
wasser in Vergleich zu anderen      sikos mit anderen Risiken)
Risiken)

Viele Fragen im Erhebungsinstrument dienten der Erfassung einzelner Aspekte des-
selben Themas. Wie relevant das Thema Hochwasser für die Befragten war, wurde zum

                                                                             WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                      15

Beispiel mit vier Einzelfragen erfasst. Der Wortlaut ist dem Fragebogen im Anhang
zu entnehmen. Sofern mit den Einzelfragen tatsächlich dieselbe inhaltliche Dimension
gemessen wurde, konnten diese zu Skalen zusammengefasst werden5. Bei ausreichen-
der interner Konsistenz wurden diese für die weiteren Berechnungen verwendet. Zur
Skalenbildung wurde eine Hauptkomponenten-Faktorenanalyse vorgenommen. Die
folgende Tabelle zeigt die Masszahl (Cronbach’s Alpha) für die Reliabilität der jewei-
ligen Skalen.

Tab. 2. Übersicht Skalen6

Bezeichnung                                        Cronbach’s Alpha        Anzahl Items             N
Risikobewusstsein                                  .836                    8                        445
    Subskala 1 des Risikobewusstseins:             .803                    4                        448
    Relevanz
    Subskala 2 des Risikobewusstseins:             .748                    4                        454
    Risikowahrnehmung
Bewertung des Risikodiskurses bzgl. verschiede- .775                       3                        415
ner Risiken
Risikoakzeptanz                                    .919                    11                       419
    Subskala 1 der Risikoakzeptanz:                .841                    5                        431
    Zürich
    Subskala 2 der Risikoakzeptanz                 .912                    6                        437
    Grundstück
Handlungsbereitschaft6                             .877                    5                        170*
Gesamtbewertung                                    .887                    9                        328
    Subskala 1: Bewertung der                      .753                    3                        336
    Broschüren
    Subskala 2: Bewertung der                      .863                    6                        346
    Gefahrenkarte
Vertrauen in die Behörden                          .929                    6                        392
    Subskala 1:                                    .889                    3                        402
    Kanton Zürich
    Subskala 2: Stadt                              .883                    3                        412
Objektbindung                                      .701                    3                        425
Legende: α > .70 < .80: akzeptabel / α >.80 < 90: sehr gut /
16                                                          Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

aggregiert, so bildet sich zum Beispiel die Variable «Verantwortung privat» aus dem
Mittel der wahrgenommenen Verantwortung von privaten Grundeigentümerinnen und
-eigentümern sowie den Bürgerinnen und Bürgern. Die Verantwortung, die der Versi-
cherung zugeschrieben wurde, bildete eine eigene Dimension.
   Abbildung 2 illustriert die thematischen Variablengruppen. Im Zentrum steht die
Handlungsbereitschaft, deren Beziehung zu den anderen Variablen untersucht wurde.
Auch diese stehen in Beziehung zueinander, was durch die Überlappung der Kreise
ausgedrückt wird.

                                              Erfahrung
                              Verant-                      Informations-
                              wortung                        verhalten
                 Art und                                                 Bewertung
               Nutzung des                                                  der
                Eigentums                                              Informations-
                                                                        materialien

        Objekt-                                                                Allgemeine
        bindung                                                                  Risiko-
                                                                               bereitschaft

     Soziodemo-                          Handlungs-
                                                                                    Risiko-
      graphisch
      Merkmale
                                         bereitschaft                             bewusstsein

       Priorität von
        Sicherheit                                                               Akzeptanz
        gegenüber                                                                   von
         anderen                                                                Restrisiken
          Werten
                   Gründe,                                               Wissens-
                Massnahmen                                               stand und
                    nicht                                              Informations-
                 umzusetzen                                                bedarf
                            Kontrollier-
                            barkeit von                    Relevanz des
                           Hochwasser-      Vertrauen in     Themas
                              risiken        Behörden

Abb. 2. Graphische Darstellung des Forschungsdesigns.

Besonders wichtig zum Verständnis der nachfolgenden Analysen ist die Konstruktion
der Skala zur Messung des Risikobewusstseins. Im Fragebogen waren sieben Fragen
enthalten, die inhaltlich dem Bewusstsein von Hochwasserrisiken zugeordnet werden
konnten. Dazu gehörten zwei Fragen zur Einschätzung des Hochwasserrisikos in der
Stadt Zürich sowie im Bereich des eigenen Grundstücks (Fragenblock Nr. 2 im Fragebo-
gen). Weiterhin wurden die Grundeigentümerinnen und -eigentümer dazu befragt, wie
gut sie über die Risiken in Zürich informiert waren, ob sie es als wahrscheinlich emp-
fanden, selbst ein schweres Hochwasser in Zürich zu erleben, ob sie sich Sorgen mach-

                                                                       WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                 17

ten, ob sie Hochwasserprognosen für zuverlässig hielten, und ob sie annahmen, dass
in Zukunft vermehrt Schäden auftreten würden (Fragenblock Nr. 4 im Fragebogen).
Eine Hauptkomponenten-Faktorenanalyse ergab, dass die Einschätzung des Risikos in
der Stadt sowie am Grundstück zusammen mit der Einschätzung der Wahrscheinlich-
keit eines schweren Hochwasserereignisses sowie der Frage, ob sich die Befragten Sor-
gen machen, eine Dimension bildeten. Das Konzept des Risikobewusstseins in dieser
Studie umfasst also einerseits die subjektive Einschätzung des Ausmasses der Risiken,
aber auch eine emotionale Komponente (Sorgen). Weiterhin bezieht sie die individuel-
le Einschätzung ein, ob die Befragten selbst ein schweres Hochwasserereignis erleben
werden7. Der Grad, wie gut sich die Befragten informiert fühlten, wie sie die Verände-
rung des Risikos in Zukunft einschätzen, sowie die Verlässlichkeit von Hochwasserpro-
gnosen in der Stadt konnten dieser inhaltlichen Dimension nicht zugeordnet werden.
   Ein weiteres zentrales Konzept ist das Informationsverhalten. Dieses umfasst, ob sich
die Befragten mit den Informationen befasst haben, wie viel Zeit sie dafür aufgewendet
haben, und wie intensiv sie sich damit befasst haben. Diese Variablen wurden nicht zu
einer Skala zusammengefasst, sondern separat analysiert. Die Messung der Handlungs-
bereitschaft orientiert sich an der Bereitschaft, die Massnahmen umzusetzen, die im
Informationsmaterial genannt wurden (siehe Kap. 4.3.4).

2.3        Interviewgespräche mit Betroffenen

Um die Ergebnisse der quantitativen Erhebung zu vertiefen, wurden zusätzlich Inter-
views mit ausgewählten Teilnehmenden der Befragung geführt. Die Auswahl der Per-
sonen erfolgte nach spezifischen thematischen Gesichtspunkten, die auf Grund der
Resultate der Befragung keine klare Interpretation zuliessen. Dazu zählten die Rolle
der persönlichen Erfahrung sowie Veränderungen des Bewusstseins und des Vorwis-
sens über Hochwasserrisiken in Folge der Informationskampagne. Demzufolge wurden
Personen ausgewählt, die im Fragebogen angegeben hatten, über mehrfache persönli-
che Erfahrung mit Hochwasser zu verfügen sowie Personen, die nie von Hochwasser
betroffen waren, um die unterschiedliche Ausprägung des Risikobewusstseins und der
Handlungsbereitschaft bei unterschiedlicher Erfahrungslage besser interpretieren zu
können. Weiterer Klärungsbedarf bestand zu den Themen Verantwortung und Vertrau-
en. Daher wurde in der Auswahl der Interviewpartner berücksichtigt, ob eine Person
hohes oder niedriges Vertrauen beziehungsweise hohes oder niedriges Verantwor-
tungsbewusstsein aufwies. Eines der Interviews wurde auch mit einer Person aus dem
blauen Bereich geführt, die den Fragebogen nicht ausgefüllt hatte. Insgesamt wurden
sechs Interviews geführt und gemäss der qualitativen Inhaltsanalyse in einem deduk-
tiven Verfahren ausgewertet (Mayring 2000). Der Interview-Leitfaden kann im An-
hang eingesehen werden.

2.4        Analysemethoden

Für die Analyse der Daten wurden verschiedene Verfahren herangezogen. Zu den de-
skriptiven Verfahren gehören Häufigkeitsauswertungen unter Angabe der Mittelwer-
te und Standardabweichungen. Die Ergebnisse wurden teilweise in graphischer Form
dargestellt und im Text erläutert. Weiterhin wurden Varianzanalysen (ANOVA) vorge-
nommen, um statistisch signifikante Unterschiede zwischen bestimmten Gruppen iden-

7
    Die Spezifikation eines Hochwasserereignisses als «schwer» ist wichtig, da frühere Forschungen, insbe-
    sondere von Slovic, darauf hinweisen, dass die Schrecklichkeit von Risiken eine wichtige Determinan-
    te des Risikobewusstseins ist (u.a. Slovic 2010).

WSL Berichte, Heft 1, 2013
18                                                               Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

tifizieren zu können. Die Kennwerte können jeweils den Fussnoten entnommen wer-
den. Dabei ist besonders der F-Wert, der die Stärke des Unterschieds angibt, sowie das
Signifikanzniveau (p-Wert) zu beachten. Um die Beziehung zwischen einzelnen Vari-
ablen zu beschreiben, wurden bivariate Korrelationen herangezogen. Die Kennzahlen
sind ebenfalls den Fussnoten an den entsprechenden Stellen zu entnehmen. Die Wahl
des Koeffizienten erfolgte in Abhängigkeit des Skaleniveaus: für Zusammenhänge zwi-
schen ordinalskalierten Variablen wurde Spearmans Rangkorrelationskoeffizient ver-
wenden, bei intervallskalierten Variablen Pearsons Korrelationskoeffizient.
    Zur Dimensionsreduktion und Skalenkonstruktion wurden Faktorenanalysen vorge-
nommen, wie bereits dem vorangegangenen Kapitel zu entnehmen ist. Die detaillierten
Kennzahlen zu den Skalen sind im Anhang zu finden.
    Als Methode zur Identifizierung von Einflussfaktoren auf zentrale Variablen wurden
jeweils lineare multivariate Regressionsanalysen durchgeführt. Zur Variablenselektion
wurden sowohl theoretische Kriterien als auch Kriterien der Datenqualität herange-
zogen. Regressionsanalysen beruhen auf einer Reihe von Voraussetzungen, auf deren
Berücksichtigung die Verlässlichkeit und Aussagekraft der Ergebnisse beruht. Dazu
gehören Normalverteilung, Linearität, Homoskedastizität und Unabhängigkeit der er-
klärenden Variablen (Field 2011), über die auf Anfrage Auskunft erteilt werden kann.

3           Charakteristische Merkmale der Befragten
Die Befragten bilden eine spezielle Gruppe der Bevölkerung, die sich in verschiedener
Hinsicht von der Grundgesamtheit aller Grundeigentümerinnen und -eigentümern in
den Gefahrenbereichen unterscheiden könnte. Wie bereits erwähnt, konnte eine gute
Übereinstimmung zwischen der Stichprobe und dem realisierten Sample erreicht wer-
den. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist es aber wichtig, im Auge zu behalten, dass
diejenigen Personen, die bereit waren, den Fragebogen auszufüllen, vermutlich stärker
an der Thematik interessiert waren als Personen, die sich nicht an der Befragung betei-
ligt haben. In diesem Kapitel werden die soziodemographischen Merkmale der Befrag-
ten beschrieben und mit offiziellen Daten verglichen.

3.1         Soziodemographische Merkmale

Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 62 Jahren (Abb. 3). Wie in Kapitel 3.3
dargestellt wird, entspricht dieses hohe Durchschnittsalter der Grundgesamtheit von
Grundeigentümerinnen und -eigentümer in Zürich. Auch in Studien aus anderen Län-
dern konnte ein hohes Durchschnittsalter festgestellt werden8 (Bichard und Kas-
mierczak 2011). Die Altersstruktur kann in verschiedenen regionalen Kontexten un-
terschiedlich sein und sollte als regionaler Kontextfaktor in der Kommunikation von
Risiken Berücksichtigung erfahren (siehe Kap. 4.2 und 5).

8
     Die Hälfte der befragten Grundeigentümerinnen und -eigentümer in England und Wales waren älter
     als 60 Jahre. Dies stimmte mit offiziellen Statistiken zur Altersverteilung von Grundbesitzendenin
     Grossbritannien überein.

                                                                             WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                    19

      25
                                                             20,7
      20
                                                 17,4
                                                                        16,3

      15                              13,3
%
      10
                                                                                     5,9
        5                    3,9

               0,9
        0
             jünger 31 bis 40 41 bis 50 51 bis 60 61 bis 70 71 bis 80 81 bis 90                   älter
              als 30                                                                             als 90
Abb. 3. Alterskategorien (N=362, M=62, SD=13,50)

Die Eigentümerinnen und Eigentümer von Häusern und Wohnungen in Zürich, welche
sich an der Befragung beteiligten, wiesen ein hohes Bildungsniveau auf: 32 % der Be-
fragten verfügten über einen Universitätsabschluss (Abb. 4). Dies sind fast doppelt so
viele wie im Durschnitt der gesamtschweizerischen Bevölkerung in der Altersgruppe
der 55 bis 64-jährigen (17,8 %) und auch deutlich mehr als im Durchschnitt aller Al-
tersgruppen von 24,6 % (Bundesamt für Statistik 2004). Nur 2 % der Befragten haben
ausschliesslich die obligatorische Grundbildung absolviert. Es befanden sich auch mehr
Männer (64 %) als Frauen (34 %) im Sample9.

      50                                                                       Befragte
                                          42,3                                 Bundesamt für Statistik
      40
               31,7
      30                           27,6
                      24,6
%                                                   20,0
      20
                                                                                                 14,6
                                                           9,5         8,5 8,1
      10
                                                                                           2,2
        0
              Universität        Berufsbildung       Höhere           Matura       Obligatorische
                               (Sekundarstufe II) Berufsbildung (Allgemeinbildung Schulbildung
                                                  (Tertiärstufe) Sekundarstufe II)

Abb. 4. Bildungsniveau der Befragten (relative Häufigkeit gültiger Werte) im Vergleich mit der Gesamt-
bevölkerung

Von den Teilnehmenden an der Befragung verfügten 11 % über einen professionellen
Hintergrund im Bereich Naturgefahren. Die meisten waren oder sind bei der Feuer-
wehr aktiv, weitere bei Militär und Zivilschutz. Einzelne Befragte waren Experten in
den Bereichen Forstwirtschaft, Versicherung oder Krisenplanung.

9
    2 % der Befragten machten keine Angaben zum Geschlecht.

WSL Berichte, Heft 1, 2013
20                                                               Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

  Bei einem Grossteil von 90 % der Befragten handelte es sich um Privatpersonen. Ein
Zehntel der Befragten waren Angehörige von Organisationen wie Vereinen, religiösen
Gruppen oder Firmen, die Liegenschaften im Gefahrenbereich besitzen. Zwei Drittel
der Befragten hatten Kinder, die meisten (48 %) lebten in Zweipersonen-Haushalten.

3.2         Nutzungsstruktur der Objekte

Etwa ein Drittel der Befragten besass nur ein Objekt, typischer Weise ein Haus, das sie
selbst bewohnten. Die meisten verfügten aber über mehr als ein Objekt. Bei Privaten
waren dies im Durchschnitt vier Wohnungen und/oder zwei Häuser. Kumulierte Be-
sitzstrukturen waren dagegen eher typisch für Nicht-Privateigentümer. Sie verfügten
durchschnittlich über 28 Wohnungen und/oder vier Häuser10. Bei neun von zehn Be-
fragten handelte es sich um Privatpersonen. Dies steht in Einklang mit offiziellen Sta-
tistiken, nach denen ebenfalls etwa 90 % der Hauseigentümerinnen und -eigentümer in
der Schweiz Privatpersonen sind (Bundesamt für Statistik 2010).
   Die meisten Personen nutzten ihr Haus beziehungsweise ihre Wohnung selbst als
Wohnraum. Bei Mehrfacheigentum wurden weitere Objekte vermietet oder geschäft-
lich genutzt.

       70             65,2
       60
       50                                    42,6
%      40
       30
       20
                                                                    9,3
       10                                                                                  2,2
        0
                   Wohnen                 Vermieten            Geschäftliche         Andere Nutzung
                   (N=460)                 (N=460)               Nutzung                (N=460)
                                                                 (N=460)
Abb. 5. Objektnutzung (relative Häufigkeit).

Die Art der Nutzung wirkte sich auf das Verhältnis zum Objekt aus. Befragte, die ihr
Eigentum selbst bewohnten, hatten eine intensivere Objektbindung als Vermieter und
Personen, die ihre Räume geschäftlich nutzten11. Die Objektbindung war ausserdem
bei älteren Personen stärker ausgeprägt als bei jüngeren12.
   Die Objektbindung war insgesamt eher hoch (M=3,28, Skalierung siehe Abb. 6). Die
Items «Grossteil des Lebens dort verbracht», «emotionale Verbundenheit» sowie «Ge-
fühl zur Stadt zu gehören» bildeen zusammen eine inhaltliche Dimension und konnten
zu einer Skala zusammengefasst werden. Als bedeutend erwies sich vor allem, wie lan-
ge eine Person bereits auf dem Grundstück gelebt hat.

10
     Die hohe Zahl von Wohnungen erklärt sich daraus, dass sich unter den nicht privaten Besitzern auch
     Baugenossenschaften befinden.
11
     Die Varianzanalyse ergab signifikante Unterschiede zwischen Wohnnutzung und anderweitiger
     Nutzung in Bezug auf die Objektbindung: F(1,460)=79.334, p=.000. Da die Voraussetzung der Varianz-
     homogenität verletzt wurde (Levene’s Test signifikant) wurde der Brown-Forsythe-Test verwendet.
12
     Es gab signifikante Unterschiede zwischen den Alterskategorien in Bezug auf die Objektbindung.:
     F(7, 347)= 2.341, p=.024

                                                                             WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                                         21

                 5
                                             4,14
                                                                                   3,81               3,75
                 4
Mittelwert

                 3                                              2,69

                           2,03
                 2

                 1
                     Ich könnte mir     Ich fühle mich     Ich habe einen     Ich fühle mich     Ich habe das
                     nicht vorstellen   dem Erhalt des     Grossteil meines   mit dem            Gefühl, zur Stadt
                     die Liegenschaft   Grundstücks        Lebens auf         Grundstück         Zürich zu
                     zu verkaufen.      verpflichtet.      diesem             emotional          gehören.
                     (N=426, SD=1.28)   (N=428, SD=1,21)   Grundstück         verbunden.         (N=434, SD=1,36)
                                                           verbracht.         (N=439, SD=1,39)
                                                           (N=429, SD=1,67)

Abb. 6. Objektbindung (Mittelwerte, Skalierung: 1= trifft nicht zu; 2= trifft eher nicht zu; 3= teils/teils;
4= trifft eher zu; 5=trifft zu)

3.3                  Struktur des Grundeigentums im Kanton Zürich

Im Rahmen der eidgenössischen Volkszählung wurde von 1960 bis 2000 eine gesamt-
schweizerische Erhebung der Gebäude und Wohnungen durchgeführt. Den Daten des
Jahres 2000 zu Folge betrug der Bestand an Wohngebäuden im Kanton Zürich 186 851
Gebäude in denen 553 003 Wohnungen untergebracht waren13. Die gesamtschweizeri-
sche Wohneigentumsquote war mit 34,6 % im internationalen Vergleich gering, nimmt
aber tendenziell zu. Im Jahr 1990 lag sie noch bei 31,3 %. Der Anstieg der Eigentums-
wohnungen geht vor allem auf die steigende Anzahl des Stockwerkeigentums zurück14.
Deren Zahl hat sich in der Schweiz zwischen 1990 und 2000 nahezu verdoppelt. Im
Kanton Zürich betrug der Anteil am Stockwerkeigentum 9,5 % (17 812) aller Wohn-
gebäude (186 851). Dennoch wurde in der Schweiz der grösste Teil der Eigentumswoh-
nungen (77 %) von Eigentümerinnen und Eigentümern bewohnt. In urbanen Räumen
war die Wohneigentumsquote im Jahr 2000 niedriger als auf dem Land. Im Kanton
Zürich betrug sie 24,8 %. Bei einem Anteil von etwa 90 % handelte es sich um Privat-
eigentum. Weitere Eigentümertypen waren zum Beispiel Wohnungsgenossenschaften,
Versicherungen, Vereine, Stiftungen und andere Gesellschaften. Die Altersverteilung
der Wohneigentümerinnen und -eigentümern zeigte, dass eher ältere Menschen Woh-
nungen und Häuser im Kanton Zürich besassen (Abb. 7).
   Die Daten der Volkszählung wiesen ebenfalls darauf hin, dass die Stichprobe der
vorliegenden Studie in Bezug auf die Struktur des Wohneigentums in der Grundge-
samtheit repräsentativ war. Sowohl der Anteil privater Eigentümerinnen und Eigentü-
mern, die das Objekt selbst bewohnten als auch der Anteil des Stockwerkeigentums (in
der Stichprobe haben dies 13,5 % angegeben), sowie die Altersverteilung entsprachen
den Trends und Mustern, die auch der Volkszählung zu entnehmen waren.

13
             19,65 % der Eigentümerinnen und Eigentümer (das sind 108 674 Personen) im Kanton waren nicht
             Schweizer Staatsbürgerinnen.
14
             Als «Stockwerkeigentum» werden die von Eigentümerinnen und Eigentümern selbst bewohnten
             Wohnungen bezeichnet.

WSL Berichte, Heft 1, 2013
22                                                          Hochwasserschutz in der Stadt Zürich

      45                                                                 41,4
      40                                                   37,8

      35                                                                                31,4
      30                                    27,5

      25
%
      20

      15
                              9,3
      10
                3,3
       5

       0
           jünger als 24   25 bis 34      35 bis 44      45 bis 54     55 bis 64     älter als 65

Abb. 7. Wohneigentumsquote im Kanton Zürich im Jahr 2000 nach Altersklassen (N=186 851, relative
Häufigkeit). Quelle: Eidgenössische Volkszählung 2000 – Gebäude, Wohnungen und Wohnverhältnisse.

4          Welche Resultate konnte die Informationskampagne
           erzielen?
Im ersten Teil dieses Kapitels wird zunächst die Ausgangssituation vor der Kampagne
dargestellt, d.h. Erfahrungen mit Hochwasser sowie weitere Merkmale der Befragten,
die deren Einstellungen zum Thema Hochwasser betreffen. Im Kapitel 4.2 wird darauf-
hin untersucht, in welcher Weise sich die Befragten mit dem Informationsmaterial aus-
einandergesetzt haben, wie sie dieses beurteilten und welche Unterschiede zwischen
einzelnen Personengruppen bezüglich des Informationsverhaltens bestanden. Das drit-
te Unterkapitel enthält detaillierte Erläuterungen dazu, in welcher Weise die Kampag-
ne auf das Risikobewusstsein und die Handlungsbereitschaft der Grundeigentümerin-
nen und -eigentümer gewirkt hat und welche weiteren Einflussfaktoren von Bedeutung
waren. Im Anschluss daran werden in Kapitel 4.4 Einflüsse untersucht, die auf Alter,
Geschlecht und Bildungsgrad der Befragten zurückzuführen sind.

4.1        Die Ausgangslage: Erfahrungen, Vorwissen und Stellenwert
           des Themas

Dieses Kapitel gibt Aufschluss darüber, auf welchen «Boden» an Erfahrungen und Vor-
wissen die Informationskampagne getroffen ist. Ob dies ein fruchtbarer Boden war,
d.h. ob die gewünschten Effekte bezüglich des Informationsverhaltens eingetreten sind,
wird davon separat in den folgenden Kapiteln untersucht. Zu berücksichtigen ist, dass
die Befragung nach dem Versand der Informationsbriefe erfolgte. Die Angaben der
Befragten geben deren Wahrnehmung der Situation vor der Kampagne wieder. Weitere
Fragen beziehen sich auf die Situation nach der Kampagne.

                                                                       WSL Berichte, Heft 1, 2013
Elisabeth Maidl und Matthias Buchecker                                                           23

4.1.1        Erfahrung mit Hochwasser

Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass die Rolle persönlicher Erfahrung einen
entscheidenden Einfluss darauf hat, ob sich Menschen auf potentielle Gefahren in der
Zukunft vorbereiten (u.a. Slovic und Peters 2006; Terpstra 2011; Burningham
et al. 2008). Es wird daher angenommen, dass auch diejenigen Eigentümerinnen und
Eigentümer in Zürich, die bereits von Hochwasser betroffen waren, sich bezüglich ih-
rer Risikobewusstsein und ihrer Handlungsbereitschaft von Personen unterscheiden,
die keine derartigen Erfahrungen hatten. In dieser Studie war nur ein Anteil von 19 %
(88 Personen) jemals von Hochwasser betroffen, davon 13 % nur einmal. Auch im Be-
kanntenkreis der Befragten war Hochwassererfahrung eher selten. Eine Mehrheit der
Befragten kannte Hochwasserereignisse nur aus der medialen Berichterstattung. Hier
zeigt sich Potential, Personen ohne persönliche Erfahrung auf das Thema aufmerksam
zu machen: 82 % der Personen, die den Fragebogen bearbeitet haben, waren mehrmals
von Berichten in den Medien bewegt.

        90          80,5                                                                  81,9
        80                                          73,5
        70
        60
%       50
        40
        30
        20                  13,1                           14,1   12,5        9,6   8,5
                                    6,4
        10
         0
                Persönlich betroffen               Bekannte betroffen   durch Medienberichte bewegt
             (N=452; M=0,26; SD=0,57)          (N=441; M=0,39; SD=0,70)       (N=457; M=2,32;
                                                                                SD=1,26)
              nie          einmal         mehrmals
Abb. 8. Erfahrung mit Hochwasser (relative Häufigkeit gültiger Werte).

4.1.2        Vorwissen: Wissensstand vor der Kampagne

Das Wissen über Hochwasser wurde als subjektiv wahrgenommenes Wissen erhoben15.
Ergebnisse von Studien zum Thema Risikobewusstsein (z. B. Botzen et al. 2009) lassen
vermuten, dass Wissen über Hochwasser einen Einfluss auf das Risikobewusstsein hat.
Inwiefern dies in der vorliegenden Studie bestätigt werden konnte, ist in Kapitel 4.3.4
nachzulesen. Die Befragten schätzten ihr Wissen vor der Kampagne auf einer Skala von
eins bis fünf insgesamt nicht als hoch ein (Abb. 9).
   Das niedrige Vorwissen spiegelt sich auch darin wider, dass sich eine Mehrheit der
Befragten vorher kaum mit dem Thema Hochwasser auseinandergesetzt hatte (siehe
Kap. 4.3.1). Abbildung 10 illustriert aber auch, dass regelmässige und intensive Ausei-
nandersetzung mit dem Thema in einem positiven Zusammenhang mit dem Wissens-
niveau steht. Personen, die Informationsangebote mit Interesse verfolgen, schätzen ihr
bisheriges Wissen über das Thema höher ein als Personen, die solche Angebote nicht

15
     Im Gegensatz zu objektivem Wissen über Entstehung von Überschwemmungen oder hydrologische
     Abläufe.

WSL Berichte, Heft 1, 2013
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