Nachhaltige Stadt Zürich - auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft

 
WEITER LESEN
Klimawandel und Raumentwicklung                                                                      205
SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

                                               Nachhaltige Stadt Zürich –
                                               auf dem Weg zur 2000-Watt-
                                               Gesellschaft
                                               Sustainable City Zurich –
                                               on the way to a 2000-Watt-Society                                                                DI (FH)
                                                                                                                                      Toni W. Püntener
                                                                                                                                                  Stadt Zürich
                                                                                                                             Umwelt- und Gesundheitsschutz
                                                                                                                              Stv. Abteilungsleiter, Abteilung
                                               ZUSAMMENFASSUNG                                                                    Energie und Nachhaltigkeit
                                                                                                                                              Walchestraße 3
                                               Höchstens eine Tonne CO2-Emissionen pro Person bis 2050, maximal 2000                         CH-8021 Zürich
                                                                                                                                                       E-Mail:
                                               Watt Primärenergieverbrauch pro Kopf, keine Beteiligungen der Stadt                toni.puentener@zuerich.ch
                                               Zürich an Projekten für neue Atomkraftwerke: Diesem Programm haben
                                                                                                                                           Foto: David Adair
                                               76,4 % der Stimmberechtigten der Stadt Zürich am 30. November 2008
                                               zugestimmt. Sie wollen somit, dass sich die Stadt Zürich auf einen energie-
                                               und klimaschutzpolitischen Marathon begibt und dabei ambitionierte Zie-
                                               le verwirklicht [1].

                                               ABSTRACT
                                               Not more than one ton of CO2-Emissions per person until the year 2050, a
                                               maximum of 2000 Watt primary energy consumption per head, no invol-
                                               vement for the city Zurich in projects for new nuclear power stations: this
                                               program has been approved by the citizens of Zurich with a 74,6 % voting
                                               power on November the 30th 2008. This shows the will of the population
                                               of Zurich for an energy and climate change related policy and by following
                                               this path they want to achieve ambitions targets [1].
Klimawandel und Raumentwicklung                                     SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

206                                                                                                          PÜNTENER

      Handlungsbereitschaft                                   Mögliche Handlungsfelder der städtischen Ener-
                                                              gie- und Klimaschutzpolitik sind (nicht abschlie-
      Die Informationen und Diskussionen über den             ßend):
      menschgemachten Klimawandel, die Endlichkeit
      der fossilen Energieträger und die wenig nachvoll-      • Die stadteigenen Immobilien: Die Stadt Zürich
      ziehbaren Preisentwicklungen beispielsweise von           besitzt eine große Zahl von Immobilien. Das
      Erdöl lassen bei den Bewohnerinnen und Bewoh-             Verwaltungsvermögen umfasst rund 1.900
      nern einer Stadt wie Zürich die Einsicht wachsen,         Bauten mit einem Versicherungswert von
      dass es mutige und engagierte Schritte auf neuen          5,7 Mia. Franken in den acht Portfolios Schul-,
      Wegen braucht, um relevante Beiträge zur Begren-          Gesundheits-, Werk-, Sozial-, Verwaltungs-,
      zung des menschlichen Einflusses auf dem Plane-           Kultur-, Sport- und Kleinbauten [2]. Das Fi-
      ten Erde zu leisten. Auch wenn die Gegner dieser          nanzvermögen mit einem Anlagewert von
      Volksabstimmungs-Vorlage 2008 die vermuteten              3,35 Mia. Franken machen 52 Wohnsiedlungen
      Auswirkungen der Umsetzung der herausfordern-             mit über 6.300 Wohnungen, weitere 2.600 Woh-
      den Ziele mit düsteren Farben malten, will eine           nungen in Einzelobjekten und rund 1.000 Ge-
      deutliche Mehrheit der Stimmberechtigten der              schäftsräume aus; dazu gehören auch 62 (ver-
      Stadt Zürich nun einen weitgehenden Versuch               pachtete) Restaurants und 10 Parkhäuser [3].
      wagen – einerseits ein Zeichen des Vertrauens in          Bau, Unterhalt, Erneuerung und Betrieb dieser
      Stadtregierung und Verwaltung, dass mit der Wei-          Immobilien bieten sehr gute Möglichkeiten zur
      terführung und Verstärkung der bisherigen Ener-           Realisierung weitergehender energetischer und
      gie- und Klimaschutzpolitik die Grundlagen für ei-        ökologischer Anforderungen. Städtische Objek-
      ne zukunftsgerichtete Umsetzung möglich scheint,          te eignen sich ideal als Leuchttürme und Pra-
      andererseits aber auch als Hinweis, dass die Stadt-       xislabor.
      bewohner bereit sind, in ihrer Zuständigkeit die
      erforderlichen Beiträge der Einzelnen zu erbrin-        • Der stadteigene Haushalt: Die Stadt Zürich be-
      gen.                                                      schafft jährlich Güter im Wert von 400 bis
                                                                500 Mio. Franken. Die Beschaffungsstrategie
                                                                nennt Nachhaltigkeit auf der gleichen Ebene
                                                                wie die günstigen Einkaufspreise [4]. Selbst als
      DAS ENERGIEPOLITISCHE UMFELD
                                                                größte Schweizer Stadt ist der Einfluss aller-
                                                                dings eher klein: Von den weltweit jährlich et-
      Die Stadt Zürich ist seit langer Zeit in der Energie-     wa 300 Mio. hergestellten Computern beschafft
      politik engagiert. Ging es im 19. und 20. Jahrhun-        die Stadt Zürich rund 3.500 Stück! Hier zeigt
      dert vorerst um Energieversorgungspolitik – das           sich die Bedeutung der Zusammenarbeit von
      Elektrizitätswerk der Stadt Zürich als städtische         Kommunen.
      Dienstabteilung hat dazu einige Wasserkraftwerke
      in den Alpen und an der Limmat gebaut oder sich         • Die Energieversorgung der Privathaushalte
      an solchen beteiligt, die spätere Erdgasversorgung        und der Wirtschaft: Das Elektrizitätswerk
      und die Wärmeverteilung aus der Kehrichtver-              (ewz) [5] versorgt derzeit rund 200.000 Haus-
      brennung sind weitere Tätigkeitsfelder – rückten          halte und 340.000 Arbeitsplätze mit Strom in
      mit den Erdöl-Preiskrisen in den 70er- und 80er-          wählbarer ökologischer Qualität [6]; ebenso
      Jahren des 20. Jahrhunderts und dem Reaktor-              bietet das ewz aktiv Energiedienstleistungen an
      unfall in Tschernobyl die umweltverträgliche              [7]. Die im Wesentlichen der Stadt Zürich
      Energieversorgung und die Steigerung der Ener-            gehörende Erdgas Zürich AG [8] versorgt die
      gieeffizienz in den Fokus der städtischen Ener-           Stadt Zürich außerhalb des Fernwärmegebietes
      giepolitik. Stromsparfonds, Solarstrombörse, Effi-        flächendeckend mit Erdgas; seit der Abstim-
      zienzbonus-Tarif des Elektrizitätswerkes, sieben          mung über die 2000-Watt-Gesellschaft hat Erd-
      Meilenschritte zum umwelt- und energiegerechten           gas Zürich AG die Angebotspalette um erneu-
      Bauen als Vorgabe für die Baupraxis bei Neubau-           erbare Energien (z. B. Biogas mit wählbarem
      ten und Erneuerungen sind einige wenige Stich-            Anteil) und Energie-Contracting erweitert. Et-
      worte zu konkreten Umsetzungsaktivitäten der              wa zehn Prozent der auf Stadtgebiet benötigten
      letzten Jahre.                                            Wärmeenergie werden durch das Fernwärme-
                                                                system der Stadt bereitgestellt, welche rund 55
                                                                Prozent des Energieabsatzes aus Kehrichtab-
                                                                wärme bezieht [9]. Zukünftig wird die Er-
SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010                                     Klimawandel und Raumentwicklung
NACHHALTIGE STADT ZÜRICH – AUF DEM WEG ZUR 2000-WATT-GESELLSCHAFT
                                                                                                                   207
   schließung des Potentials standortgebundener                 Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu gehört auch
   erneuerbarer Umwelt-Energien sowohl für die                  das Abwägen der öffentlichen Interessen Denk-
   Wärmeversorgung als auch die Stromprodukti-                  malschutz und Energieeffizienz und Einsatz er-
   on verstärkt genutzt werden müssen.                          neuerbarer Energien.

• Der Vollzug der energierechtlichen Bestim-                • Information und Motivation der Energie-
  mungen im Gebäudebereich (Wärme und                         konsumentInnen: Sowohl am Arbeitsplatz, am
  Elektrizität): Für das Erlassen der Vorschriften            Wohnort als auch bei energierelevanten Ent-
  ist mit Unterstützung des Bundes hauptsäch-                 scheiden im eigenen Verantwortungsbereich
  lich der Kanton Zürich zuständig. Die Stadt ist             sind sehr häufig bewusste Aktivitäten vieler
  für den Vollzug dieser Bestimmungen bei kon-                einzelner Menschen erforderlich. Informations-
  kreten Bauvorhaben verantwortlich; die mit                  vermittlung und Motivationsförderung zur
  der Umsetzung der Vorschriften verbundene                   Unterstützung des eigenverantwortlichen Han-
  Beratung kann dazu genutzt werden, Bauherr-                 delns können durch Beiträge der Stadt geför-
  schaften und Planende zu weitergehenden frei-               dert werden.
  willigen Maßnahmen zu motivieren [10]. Da-
  raus ergeben sich immer wieder Vorschläge
  für eine zweckmäßige Weiterentwicklung der
                                                            MASTERPLAN ENERGIE
  Vorschriften, welche von den maßgeblichen
  Stellen in unterschiedlichem Maß übernommen
  werden. Weitere Möglichkeiten bestehen beim               Im Jahr 2002 hat der Stadtrat (Exekutive) den Mas-
  Elektrizitätswerk, wo die Vertragsbestimmun-              terplan Energie [12] beschlossen, welcher, ange-
  gen für die Energielieferung mit dem Einbezug             lehnt an das Prinzip eines Umweltmanagement-
  energiepolitisch relevanter Aspekte ergänzt               systems, die quantitativen und qualitativen
  werden können.                                            Zielvorgaben für die Energie- und Klimaschutz-
                                                            politik festsetzt und einen kontinuierlichen
• Die Verkehrspolitik: Die Stadt Zürich mit ihrer           Verbesserungsprozess als Umsetzungsinstrument
  reizvollen Lage an Zürichsee und Limmat, ein-             vorgibt (Abb. 1). Pro Jahr werden in 17 der 60 städ-
  gebettet in die Hügel von Uetli-, Adlis- und Kä-          tischen Dienstabteilungen Maßnahmenpläne er-
  ferberg, bietet eher knappe Platzverhältnisse             stellt und realisiert; insgesamt werden so jährlich
  für Verkehrszwecke. Die Förderung des öffent-             rund 350 Aufgabenfelder abgedeckt, von Dauer-
  lichen Verkehrs – neben dem städtischen Tram-             aufträgen wie beispielsweise dem konsequenten
  und Busnetz auch das S-Bahnsystem mit dem                 Vollzug der energierechtlichen Bestimmungen bis
  Knoten Hauptbahnhof Zürich – gehört zu den                zu Einmalaktionen, im Jahr 2008 etwa eine Eis-
  Kernaktivitäten der Verkehrspolitik. Die städti-          blockwette mit Begleitveranstaltungen; regel-
  sche Mobilitätsstrate-
  gie [11] mit 19 Teil-
  strategien zeigt die
  Vielzahl der Einfluss-
  möglichkeiten.

• Der raumplanerische
  Bereich: Sowohl im
  Bezug auf die bau-
  rechtlichen Aspekte
  bei Einzelvorhaben
  als auch bei der Nut-
  zungsplanung (z. B.
  publikumsintensive
  Nutzungen nur an
  Standorten mit be-
  reits guter Erschließ-
  ung durch den öf-
  fentlichen Verkehr)
  hat die Stadt weitere       Abb. 1: Stadt Zürich – Masterplan Energie
Klimawandel und Raumentwicklung                                    SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

208                                                                                                         PÜNTENER

      mäßig ist das Energiethema auch an den jährlichen          Förderbeiträge für die energieeffizientesten
      Zürcher Umwelttagen präsent [13].                          Kühlgeräte verpufft wegen der Einführung der
                                                                 Set-Top-Boxen für den Empfang des Digital-
                                                                 fernsehens mit den technisch nicht begrün-
                                                                 deten sehr hohen Standby-Verbrauchswerten.
      STADT ZÜRICH –
                                                                 Der vermehrte Einsatz von elektrisch ange-
      EUROPEAN ENERGY AWARD GOLD
                                                                 triebenen Wärmepumpen ist auf statistischer
                                                                 Ebene noch nicht sichtbar; solche Anlagen wer-
      Seit 2000 trägt die Stadt Zürich das Energiestadt-         den auf Stadtgebiet außchließlich mit Strom aus
      Label, seit 2004 als European Energy Award Gold            erneuerbaren Quellen betrieben. Auf Stufe En-
      [14]. Die energiepolitischen Aktivitäten auf kom-          denergie nicht sichtbar wird die Ökologisie-
      munaler Ebene dürfen daher durchaus als füh-               rung des auf Stadtgebiet verbrauchten Stroms.
      rend bezeichnet werden. Allerdings gibt es für eine
      „Energiestadt Gold“ noch erheblichen Handlungs-        • Der Treibstoffverbrauch ist leicht gesunken.
      bedarf: Auch die Stadt Zürich hat noch einen wei-        Da das Mengenwachstum anders als auf natio-
      ten Weg vor sich zur 2000-Watt-Gesellschaft!             nalem Niveau geringer ausfällt, zeigt sich auf
                                                               Stadtgebiet die Wirkung des geringfügig redu-
                                                               zierten spezifischen Energieverbrauchs pro Ki-
                                                               lometer Fahrleistung.
      DIE ERGEBNISSE DER LANGJÄHRIGEN
      ENERGIEPOLITISCHEN AKTIVITÄTEN

      Maß für die Beurteilung der Wir-
      kung der stadträtlichen Energiepo-
      litik ist letztlich die Energiebilanz
      [15]. Auch wenn es sich bei den
      Heizöldaten und den Angaben
      zum Energieverbrauch des Ver-
      kehrs um Abschätzungen handelt,
      lassen sich auf der Stufe der End-
      energiebilanz für die Jahre seit
      1990 einige Schlussfolgerungen
      ziehen (Abb. 2):

      • Deutlich erkennbar ist der
        Wechsel von Heizöl zu Erdgas:
        Die Hauseigentümerschaften
        vieler kleinerer und größerer
        Liegenschaften haben sich für
        Erdgas als Energieträger für die
        Wärmeversorgung entschieden.
                                              Abb. 2: Energiebilanz Stadt Zürich 1990–2006 – Endenergie
      • Obwohl in den letzten Jahren
        viele Neubauten erstellt wurden, ist der             In der Summe ergibt sich ein im Wesentlichen kon-
        Energieverbrauch für die Wärmeversorgung             stanter Energieverbrauch mit Verschiebungen
        gesunken. Die kantonalen Vorschriften und            zwischen den Energieträgern. Es muss also deut-
        der freiwillige Energie- und Gebäudestandard         lich mehr als bis anhin getan werden, um die für
        MINERGIE® [16] zeigen deutliche Wirkung.             die 2000-Watt-Gesellschaft erforderliche Abnahme
                                                             des Primärenergieverbrauchs zu erreichen.
      • Der Stromverbrauch ist leicht angestiegen, al-
        lerdings weniger ausgeprägt als in der Schweiz       Im Energiestrukturbericht vom Sommer 2008 [17]
        insgesamt. Viele zusätzliche Nutzungen kom-          hat der Energiebeauftragte der Stadt Zürich ermit-
        pensieren die Effizienzbemühungen des Strom-         telt, dass auf Stadtgebiet rund eine Mia. Franken
        sparfonds respektive des Elektrizitätswerkes –       jährlich für die Energiekosten aufgewendet wird;
        die Wirkung beispielsweise der finanziellen          auch wenn Schätzungen des lokalen Bruttoinland-
SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010                                     Klimawandel und Raumentwicklung
NACHHALTIGE STADT ZÜRICH – AUF DEM WEG ZUR 2000-WATT-GESELLSCHAFT
                                                                                                                   209
produktes schwierig sind, dürfte der Energieanteil          Die Zeitachse ist zwar ebenfalls vorgegeben, we-
etwa zwei Prozent des BIP ausmachen. Ein erhebli-           sentlich dabei ist die Erkenntnis, dass der größte
cher Teil davon geht ins Ausland, teilweise in Ge-          Teil dieser Veränderungen in den nächsten 40 bis
genden, die aus geopolitischer Sicht als Krisen-            50 Jahren zu erfolgen hat. Für die unmittelbare Ge-
regionen zu bezeichnen sind. Der Energieträger-             genwart und Zukunft bedeutet dies, dass so rasch
markt bietet einerseits durch die Reduktion                 als möglich deutlich mehr Maßnahmen
insgesamt als auch durch die Steigerung der re-
gionalen Wertschöpfung ein beachtliches volks-              • zur Verminderung des Energieverbrauchs,
wirtschaftliches Potential.                                 • zur vermehrten Berücksichtigung ökologischer
                                                              Aspekte bei der Energieträgerwahl und
                                                            • zur Reduktion des Ausstoßes von Treibhaus-
                                                              gasen als bisher umzusetzen sind!
2000-WATT-GESELLSCHAFT:                                     • Nicht zu vergessen ist dabei, dass eine einiger-
                                                              maßen exakte Bilanzierung auf kommunaler
WAS HEISST DAS GENAU?
                                                              Ebene für den Endenergieanteil möglich ist,
                                                              nicht aber für den Anteil an grauer Energie in
Die physikalische Leistungseinheit „Watt“ als Ziel-           Gütern und Dienstleistungen; die Schweiz als
größe für den Energieverbrauch? Dies ist die meist            traditionell intensiv mit der Weltwirtschaft ver-
gestellte Frage zur Definition der 2000-Watt-Ge-              bundener Markt schleppt zusätzlich zum Ener-
sellschaft. 2000 Watt steht für die mittlere Dauer-           gieverbrauch einen erheblichen Rucksack an im
leistung der eingesetzten Primärenergien, die im              Ausland verbrauchten Energien mit.
globalen Mittel für jeden Menschen maximal zur
Verfügung steht, um eine nachhaltige Entwicklung            Wo steht die Stadt Zürich heute? Die nachfolgen-
aus dieser Sicht zu ermöglichen, aber auch für den          de Grafik stellt sowohl für die Primärenergie als
maximalen Ausstoß von Treibhausgasen. Prof.                 auch die Treibhausgasemissionen die Ausgangs-
Hans-Peter Dürr, Träger des Alternativen Nobel-             werte für das Jahr 2005 und die Zielwerte dar
preises, hat bereits Mitte der 90er-Jahre des letzten       (Abb. 3):
Jahrhunderts die Forderung nach einer 1,5-Kilo-
watt-Gesellschaft erhoben; bald darauf wurde im             • Für den Ausstoß an Treibhausgasen ist der
Rahmen der Nachhaltigkeit im ETH-Bereich [18]                 Zielwert gemäß Gemeindeordnung bis 2050 zu
die Vision der 2000-Watt-Gesellschaft entwickelt.             erreichen; für den Zielwert 2000 Watt Primär-
                                                              energie pro Person ist kein exakter Zeitpunkt
Als sich der Stadtrat von Zürich 2006 für sein Le-            festgesetzt.
gislaturprogramm 2006 bis 2010 [19] von dieser Vi-
sion überzeugen ließ, zeigte sich bald, dass beim           • Ohne den Rucksack an grauer Energie und
Herunterbrechen dieser globalen Sichtweise auf                Treibhausgasemissionen aus dem Import und
den Rahmen einer Stadt noch einige wesentliche                Export von Gütern und Dienstleistungen bean-
methodische Fragen zu klären sind; seit Mai 2009              spruchte jede Person auf Stadtgebiet im Jahr
steht nach mehrjähriger Projektarbeit mit einer               2005 eine mittlere Primärenergie-Dauerleis-
großen Zahl von Beteiligten das Ergebnis in Form              tung von rund 5000 Watt; damit verbunden
eines grundlegenden Methodik-Papiers zur Ver-                 war ein Ausstoß von treibhausgasrelevanten
fügung [20].                                                  Gasen von gerundet 5,5 Tonnen CO2-Äquiva-
                                                              lenten.
Selbst wenn eine relativ exakte physikalische Defi-
nition des Begriffes der „2000-Watt-Gesellschaft“           • Trotz der großen Zahl von Arbeitsplätzen ha-
möglich ist, steht der Begriff auch als Metapher für          ben die Bewohnenden der Stadt Zürich eine
eine energie- und klimaschutzpolitische Haltung:              bessere Primärenergiebilanz und einen gerin-
                                                              geren Ausstoß von Treibhausgasen als im
• Der Primärenergieverbrauch pro Person ist ge-               Durchschnitt der Schweiz (6300 Watt mittlere
  genüber heute um etwa den Faktor Drei zu                    Primärenergie-Dauerleistung pro Person, 8,5
  vermindern,                                                 Tonnen CO2-Äquivalente pro Person und Jahr).
• der Ausstoß von Treibhausgasen, ausgedrückt
  als CO2-Aequivalente, ist auf eine Tonne pro              • Der Erdgas-Anteil am Wärmemarkt ist in
  Person zu reduzieren.                                       Zürich deutlich höher, ebenso der Anteil des öf-
                                                              fentlichen Verkehrs an der Verkehrsleistung.
Klimawandel und Raumentwicklung                                    SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

210                                                                                                         PÜNTENER

      • Zudem weist der Liefermix des ewz kräftige              braucht es somit darüber hinausgehende Moti-
        Unterschiede zum üblichen Strommarkt aus;               vationen.
        2008 lag der Primärenergiefaktor des durch-
        schnittlich an die ewz-KundInnen gelieferten      • Wichtiges Element ist der Informationsstand
        Stroms rund 40 % unter dem entsprechenden           aller Beteiligten. In diversen Studien auch der
        Wert des kantonalen Stromversorgers EKZ.            Stadt Zürich wurde nach den Barrieren und
                                                            Hindernissen zur breiten Realisierung mus-
                                                                                       tergültiger Vorhaben
                                                                                       gesucht. Stellvertre-
                                                                                       tend für diese Unter-
                                                                                       suchungen sei hier
                                                                                       aus der Studie „Pra-
                                                                                       xistest Minergie-Mo-
                                                                                       dernisierung“ [22] zi-
                                                                                       tiert: „Architekten und
                                                                                       Unternehmer raten nur
                                                                                       zögerlich zu Minergie-
                                                                                       Modernisierungen, da
                                                                                       für sie damit ein höhe-
                                                                                       rer Aufwand verbun-
                                                                                       den ist, der nicht in je-
                                                                                       dem Falle auch ent-
                                                                                       sprechend honoriert
                                                                                       wird. Fehlende Erfah-
                                                                                       rung mit Minergie-
                                                                                       Modernisierungen füh-
      Abb. 3: Stadt Zürich: Ausgangspunkt 2005 und Ziele 2000-Watt-Gesellschaft        ren auch dazu, dass von
                                                                                       Minergie-Modernisie-
                                                                                       rungen abgeraten wird.
                                                            Dieses Hemmnis ist erheblich, da insbesondere Ar-
                                                            chitekten die Vertrauenspersonen der Bauherren
      DIE ERSTEN ETAPPEN AUF DEM WEG                        sind.“
      ZUR „2000-WATT-GESELLSCHAFT“
                                                             • Es ist davon auszugehen, dass die bestehenden
                                                               erheblichen Informationsdefizite selbst durch
      • Eine zentrale Rolle kommt der Vorbildwir-              großzügige finanzielle Förderbeiträge nicht
        kung der öffentlichen Hand zu. Mit Leucht-             kompensiert werden können! Es braucht also
        türmen, in der Stadt Zürich etwa dem Neubau            einen breiten Wirkungsmix von Informations-,
        des Bettenhochhauses des Stadtspitals Triemli          finanziellen und anderen Fördermaßnahmen
        nach dem Minergie-P-Eco-Standard – den zur             und umfassenden gesetzlichen Bestimmungen.
        Zeit weitestgehenden energetischen und ökolo-
        gischen Anforderungen für Neubauten – lassen         • Umsetzungen haben ebenfalls in die Tiefe zu
        sich die Möglichkeiten aufzeigen [21].                 wirken. Instrumente wie der ECO-Private-
                                                               Rechner [23] oder das daraus abgeleitete Ener-
      • Die Umsetzungsmaßnahmen haben in die Brei-             giespiel [24] zeigen auf, dass in nahezu sämtli-
        te zu wirken. Es ist davon auszugehen, dass in         chen Lebensbereichen direkte Anknüpfungs-
        den letzten Jahren vor allem jene vorbildliche         punkte zur 2000-Watt-Gesellschaft bestehen.
        Maßnahmen realisiert haben, die aus eigener            Die Kenntnis über die persönliche Energie-
        Überzeugung und Motivation handeln. Die                und CO2-Bilanz ist der zentrale Ausgangs-
        Untersuchungen zu den sogenannten Sinius-              punkt zur Einsicht, dass dringlich und umfas-
        Milieus zeigen auf, dass nicht einmal die Hälfte       send weitreichende Maßnahmen umgesetzt
        der AkteurInnen aufgrund ökologischer oder             werden müssen, auch in Bereichen, in denen
        Nachhaltigkeits-Argumentationen handeln.               liebgewordene Gewohnheiten in Frage gestellt
        Auf dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft                 werden müssen.
SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010                                      Klimawandel und Raumentwicklung
NACHHALTIGE STADT ZÜRICH – AUF DEM WEG ZUR 2000-WATT-GESELLSCHAFT
                                                                                                                      211
• Es reicht beispielsweise nicht aus, bei einem             • LOVOS (Lifestyle of Voluntary Simplicity) gilt
  Bauvorhaben einige wenige Aspekte unter                     als ein möglicher Trend für einen Lebensstil
  energetischen und ökologischen Aspekten zu                  bewussten und gezielten Konsumierens. Bis
  berücksichtigen. Es zeigt sich sehr häufig, dass            anhin wurden Verzichtsthemen vor allem aus
  bei komplexen Bauten die beliebte 80/20-Regel,              ökologischer Sicht betrachtet; die weltweite
  auch als Pareto-Prinzip bezeichnet (20 % des                Krise der Finanzwirtschaft und deren Folgen
  Aufwandes für 80 % des Erfolges) nicht zutrifft             auf die Gesamtwirtschaft führt dazu, das sich
  – es ist letztlich eine Vielzahl von Details, die           unterdessen auch ÖkonomInnen dazu Gedan-
  zu einem guten Gesamtergebnis führen!                       ken machen.

• Es überrascht immer wieder auch in der Stadt              • Klaus Wellershoff, früherer Chefökonom der
  Zürich, die seit Jahrzehnten eine aktive Ener-              UBS etwa sagt: „Es müsste die Einsicht reifen, dass
  giepolitik verfolgt, dass sowohl externe Auf-               wir über unsere Verhältnisse gelebt haben. Und
  tragnehmende wie städtische Mitarbeitende                   eben nicht nur in den USA, sondern auch in Groß-
  daran zweifeln, dass die Forderung nach ener-               britannien, in Spanien und Irland sowie in einer
  getischer Vorbildwirkung auch für ihren Ar-                 Reihe weiterer Länder in Europa und Asien. Wir
  beitsbereich gilt. Offenbar ist es erforderlich,            sollten uns gewöhnen an eine Welt, die vielleicht auf
  dass jede und jeder Einzelne immer wieder ar-               einem tieferen Wohlstandsniveau lebt und auch
  gumentativ und per Handschlag in die Heraus-                langsamer wächst.“ [25]
  forderungen der energie- und klimaschutzpoli-
  tischen Umsetzung eingebunden wird.                       • Dies weist darauf hin, dass Energieeffizienz
                                                              und der Einsatz erneuerbarer Energien zwar
• Es wird erforderlich sein, dass bei sehr vielen             wichtige Elemente der 2000-Watt-Gesellschaft
  Produkten und Komponenten darauf hinge-                     sind, dass es aber sinnvoll ist, auch das Verhal-
  wiesen wird, ob die Aspekte der 2000-Watt-Ge-               ten und die individuellen Ansprüche gesell-
  sellschaft in Entwicklung, Produktion und An-               schaftspolitisch breit zu diskutieren – oder an-
  wendungsmöglichkeiten ausreichend einbezo-                  ders: Auch die 2000-Watt-Gesellschaft muss im
  gen sind.                                                   Kopf beginnen!

• Es ist immer wieder festzustellen, dass Interes-          • An einem Beispiel: Eine sehr gute energetische
  sierte sehr gerne die maximal 10 Tipps zur Er-              Qualität von Neubauten und Ersatzneubauten,
  reichung der 2000-Watt-Gesellschaft kennen                  z. B. Minergie-P, ist zwingend erforderlich auf
  möchten. Demgegenüber ist davon auszuge-                    dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft. Ebenso
  hen, dass die 2000-Watt-Gesellschaft ein umfas-             wichtig ist aber, dass die pro Person bean-
  sendes und lang dauerndes Programm dar-                     spruchte Wohnfläche nicht mehr zunimmt, bes-
  stellt, welches nicht mit maximal 10 Tipps von              ser sogar abnimmt. Nach wie vor gilt allerdings
  der Art „Ein Grad weniger Raumtemperatur                    Wohnraum als Konsumgut, welcher einkom-
  spart ungefähr sechs Prozent Heizenergie“ um-               mensabhängig beansprucht werden kann. [26]
  gesetzt werden kann. Die Umsetzung der 2000-
  Watt-Gesellschaft ist auch kommunikativ eine
  große Herausforderung: Ist es möglich, große
                                                            EINIGE BEISPIELE VON ENERGIE- UND
  Teile der Bevölkerung während längerer Zeit
                                                            KLIMASCHUTZPOLITISCHEN AKTIVITÄTEN
  dazu zu ermuntern, Beiträge zur Erreichung
  der Ziele zu leisten, im Wissen darum, dass es
                                                            DER STADT ZÜRICH
  eine große Zahl solcher kleiner Erfolgserlebnis-
  se braucht?                                               Stromtarife des ewz

                                                            Die Stromtarife des ewz [27] werden auf Antrag
                                                            des Stadtrates durch die Legislative (den Gemein-
UND WIE IST ES MIT DER SUFFIZIENZ
                                                            derat) verabschiedet. Dieses demokratische Ver-
(MÄSSIGUNG/VERZICHT)?
                                                            fahren führt zu einer breit abgestützten Tarifstruk-
Der bewusste Umgang mit den individuellen                   tur, welche verschiedene Interessen einbezieht. Die
Ansprüchen ist ein Aspekt der Nachhaltigkeits-              Kundinnen und Kunden des ewz können aus einer
diskussion, welche etwa vom Wuppertal-Institut              breiten Palette von Stromprodukten mit unter-
mit sehr viel Sorgfalt aufgearbeitet wurde.                 schiedlichem ökologischem Wert auswählen.
Klimawandel und Raumentwicklung                                   SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

212                                                                                                        PÜNTENER

      HaushaltkundInnen werden standardmäßig mit            Jahren; als ein Teil des Weges zur 2000-Watt-Ge-
      Strom aus erneuerbaren Energieträgern beliefert,      sellschaft haben die Stimmberechtigten der Stadt
      können sich aber für eine Auf- oder Abwertung         Zürich zudem entschieden, auf neue Kernkraft-
      der ökologischen Qualität entscheiden. Unterneh-      werke zu verzichten. Tendenziell nimmt der An-
      men und die Verwaltung können ihren Strombe-          teil des Stroms am Gesamtenergiebedarf der Stadt
      zug nach ökologischen Kriterien ausgestalten.         Zürich zu, zum Beispiel für den Betrieb von Wär-
      Mittlere und größere Betriebe können zudem über       mepumpen-Anlagen oder die Elektro-Mobilität.
      Abschluss und nachweislicher Einhaltung einer         Eine Stromversorgung ausschließlich aus erneu-
      Energieeffizienz-Vereinbarung von einem Bonus         erbaren Quellen ist aufgrund der Ergebnisse des
      mit 10 Prozent günstigeren Tarifen profitieren.       Projektes „Stromzukunft Stadt Zürich“ möglich;
                                                            das ewz geht davon aus, dass dazu in den nächsten
      Eine immer größere Anzahl von Solarstromanla-         50 Jahren jährlich etwa 100 Mio. Franken in neue
      gen produziert Strom für die Solarstrombörse des      Anlagen investiert werden müssen. [31]
      ewz [28], beispielsweise eine Anlage auf dem Dach
      des Stadions Letzigrund, in welchem drei Spiele
      der Fußball-EURO 08 stattfanden. KundInnen kön-       Sieben Meilenschritte für umwelt- und energie-
      nen auf Wunsch Solarstrom in ihre Strombestel-        gerechtes Bauen – Gebäudestandard
      lung aufnehmen. Diese Form der Solarstrom-
      förderung führt erfahrungsgemäß zu besseren           Seit 2001 bestehen Vorgaben für die energetische
      Wirkungen als etwa Einspeisevergütungen.              und ökologische Qualität städtischer Bauvorha-
                                                            ben, die sogenannten „Sieben Meilenschritte“ [32].
      Darüber hinaus engagiert sich das ewz bei der Be-     Diese Vorgaben, im Jahr 2008 durch den Stadtrat in
      schaffung von Strom aus Windkraftanlagen. Die         angepasster Formulierung bestätigt, haben sich be-
      Stimmberechtigten haben am 17. Mai 2009 mit ei-       währt und unterstützen die Umsetzung der städti-
      nem Ja-Stimmenanteil von knapp über 80 Prozent        schen Energiepolitik wirksam.
      einem Rahmenkredit von 200 Mio. Franken zur
      Realisierung von Windenergieanlagen zuge-             Aufgrund der guten Erfahrungen hat sich Ener-
      stimmt. In regelmäßigen Abständen kann ewz            gieSchweiz für Gemeinden, die Agentur des Bun-
      über Vertragsabschlüsse mit Windparkgesellschaf-      des für die Unterstützung der Energiestadt-Akti-
      ten berichten. [29]                                   vitäten, dazu entschlossen, diese Vorgaben als
                                                            „Gebäudestandard 2008“ [33] zu veröffentlichen;
      Begleitend zum Energiedienstleistungsangebot hat      den Energiestädten wurde empfohlen, den Gebäu-
      es das ewz übernommen, die Eignung des städti-        destandard als verbindlichen Bestandteil ihrer En-
      schen Untergrunds für tiefe Geothermie [30] ab-       ergiepolitik festzusetzen. Bereits 40 Schweizerische
      zuklären; das Stadtparlament bewilligte eine Er-      Gemeinden und Städte sind dieser Empfehlung
      kundungsbohrung, welche von November 2009             nachgekommen. Eine aktualisierte Fassung des
      bis Februar 2010 durchgeführt wurde und welche        Gebäudestandards ist in Vorbereitung.
      auf 2708 Meter Bohrtiefe im Kristallin endete. Lei-
      der gibt es entgegen den Prognosen an diesem          Im November 2009 hat das Hochbaudepartment
      Standort keine stark wasserführenden Schichten,       der Stadt Zürich den „Stand der Dinge“ beim Pla-
      weshalb der von den Stimmberechtigten mit einem       nen und Bauen für die 2000-Watt-Gesellschaft in
      Ja-Stimmenanteil von fast 80 Prozent bewilligte       einer großen Ausstellung, einer Fachveranstaltung
      Kredit für eine zweite Bohrung nur teilweise bean-    und mehreren begleitenden Veranstaltungen dar-
      sprucht werden muss. Derzeit wird geprüft, ob ei-     gestellt [34].
      ne energetische Nutzung der abgeteuften Bohrung
      möglich ist und welche Chancen für erfolgreiche       Energie-Coaching und Oeko-Kompass
      Bohrungen auf dem übrigen Stadtgebiet bestehen.
                                                            Bauherrschaften, Planende und die Verantwortli-
                                                            chen von kleinen und mittleren Unternehmen be-
      Stromzukunft Stadt Zürich                             treten häufig Neuland, wenn sie vorbildliche ener-
                                                            getische und ökologische Lösungen realisieren
      Die eigenständige Stromversorgung der Stadt           wollen. Zur Vermeidung der damit verbundenen
      Zürich erfordert eine weit vorausschauende Pla-       Unsicherheiten lässt die Stadt Zürich die Ver-
      nung; Wasserrechtskonzessionen und Kraftwerks-        wirklichung solcher Vorhaben durch ausgewählte
      anlagen haben eine Nutzungsdauer von 50 bis 80        FachexpertInnen begleiten. Das Stadtparlament
SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010                                         Klimawandel und Raumentwicklung
NACHHALTIGE STADT ZÜRICH – AUF DEM WEG ZUR 2000-WATT-GESELLSCHAFT
                                                                                                                       213
hat die erforderlichen Finanzmittel mit großer              Verkehrliche Anforderungen an 2000-Watt-
Mehrheit beschlossen. Mit zwei Pilotprojekten               kompatible Bauprojekte
soll bis 2012 die Zweckmäßigkeit dieser Angebote
abgeklärt werden. Beim Energie-Coaching [35] ste-           Mit der Nutzung von Gebäuden sind Mobilitätsan-
hen ausgewiesene private Energie-Experten so-               forderungen verbunden. Das Tiefbauamt der Stadt
wohl für Bauherrschaften wie für Planende als               Zürich hat Schlüsselfaktoren bei Bauprojekten er-
Fachbegleitung sowohl in der Planungs- als auch             mittelt, die einen Einfluss auf die Energieeffizienz
Realisierungsphase von Neu- und Umbauvorha-                 der Mobilität haben. Für die Nutzungen Wohnen
ben zur Verfügung. Der Oeko-Kompass [36] bietet             und Büro wurden Instrumente erarbeitet, die einen
eine Umweltberatung für kleine und mittlere Un-             Abgleich eines Projektes mit den Zielvorgaben der
ternehmen mit dem Motto „Gut für die Umwelt –               2000-Watt-Gesellschaft ermöglichen: ein Mobility-
gut fürs Geschäft“.                                         Rating und ein Rechenschema zur Ermittlung des
                                                            spezifischen Energieverbrauchs für die induzierte
                                                            Mobilität ermöglichen sowohl eine qualitative wie
Behördliche Sanierungsaufforderungen und                    quantitative Beurteilung der Mobilitätsaspekte ei-
Energieinformation                                          nes Bauvorhabens [39].

Ältere Feuerungsanlagen, die die Vorgaben der
eidgenössischen Luftreinhalteverordnung nicht
                                                            SCHLUSSBEMERKUNG
mehr erfüllen, müssen erneuert werden. Die Ei-
gentümerschaften erhalten eine behördliche Sanie-           Die Umsetzung des Auftrags der Stimmberechtig-
rungsaufforderung. Versuchsweise wurden diese               ten „Nachhaltige Stadt Zürich – auf dem Weg zur
formellen Briefe ergänzt mit einem Informations-            2000-Watt-Gesellschaft“ bietet die Gelegenheit,
schreiben, welches die grundstücksgenauen Ener-             den städtischen Daueraufgaben in der Energie-
gieträgermöglichkeiten und mögliche Effizienz-              und Klimaschutzpolitik mit innovativen und her-
maßnahmen am Gebäude aufzeigte. [37] Die                    ausfordernden Zielsetzungen neue Anreize und
ersten Erfahrungen und die erhaltenen Rück-                 Impulse zu vermitteln. Die Vision der 2000-Watt-
meldungen sind positiv; eine Weiterführung wird             Gesellschaft ist sowohl für die Öffentlichkeit, die
deshalb vorbereitet.                                        Wirtschaft, die politischen Gremien als auch die
                                                            Umsetzungsverantwortlichen auf kommunaler
                                                            Ebene eine geeignete gemeinsame Basis für eine
Sonnenenergieanlagen im Spannungsfeld                       langfristige Optik in der Energie- und Klima-
zwischen Nutzung erneuerbarer Energien und                  schutzpolitik.
Stadtbild

Die Bundesverfassung und die kantonale Verfas-
                                                            LITERATUR- UND LINKVERZEICHNIS
sung bezeichnen sowohl die Nutzung erneuerba-
rer Energien als auch den Schutz von „wertvollen
Ortsbildern, Gebäudegruppen und Einzelbauten“               1   Abstimmungszeitung Stadt Zürich für die Volksabstim-
als gleich gewichtete öffentliche Aufgaben. Bei wi-             mung vom 30. November 2008, www.stadt-zuerich.ch/
dersprüchlichen Beurteilungen erfolgt der Interes-              content/dam/stzh/portal/Deutsch/Abstimmungen%
sensausgleich am Einzelobjekt – für Planende und                20%26%20Wahlen/081130/Abstimmungszeitung_4_08
Bauherrschaften keine einfache Sache. Innerhalb                 _Internet.pdf
der Stadtverwaltung wurde ein „Leitfaden Dach-              2   Immobilienbewirtschaftung der Stadt Zürich,
landschaften“ [38] erarbeitet; neben Solaranlagen               www.stadt-zuerich.ch/immo
werden auch Themen wie Dacheinschnitte und                  3   Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich,
Dachflächenfenster dargestellt. Die aktuelle Fas-               www.stadt-zuerich.ch/lvz
sung stellt einen ersten Schritt dar; die Empfehlun-        4   Beschaffungskoordination der Stadt Zürich,
gen werden aufgrund der gemachten Erfahrungen                   www.stadt-zuerich.ch/beschaffung
regelmäßig in Überarbeitungen des Leitfadens ein-           5   Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, www.ewz.ch
fließen.                                                    6   Stromprodukte ewz,
                                                                www.stadt-zuerich.ch/content/ewz/de/index/energie/
                                                                stromprodukte_zuerich.html
                                                            7   ewz Energiedienstleistungen,
                                                                www.energiedienstleistungen.ch
Klimawandel und Raumentwicklung                                              SIR-Mitteilungen und Berichte 34/2009 – 2010

214                                                                                                                   PÜNTENER

      8   Erdgas Zürich AG, www.erdgaszuerich.ch                   29 Norwegischer Windstrom für Zürich, ewz, Medienmit-
      9   Entsorgung + Recycling Zürich, Fernwärme,                   teilung 12. Mai 2010, www.stadt-zuerich.ch/ewz/de/
          www.stadt-zuerich.ch/fernwaerme                             index/ewz/medien/2010/allgemein/hog_jaeren.html
      10 Umwelt- und Gesundheitsschutz Zürich (UGZ),               30 Geothermie-Bohrung Zürich-Triemli,
          Energietechnik und Bauhygiene,                              www.stadt-zuerich.ch/ewz/de/index/ewz/strategie_
          www.stadt-zuerich.ch/content/gud/de/index/umwelt/           politik/geothermie.html
          bauen/ugz_baubewilligungen/energetische_massnahmen       31 Stromzukunft der Stadt Zürich, Elektrizitätswerk der
          .html                                                       Stadt Zürich ewz,
      11 Mobilitätsstrategie der Stadt Zürich,                        www.stadtzuerich.ch/content/dam/stzh/ewz/Deutsch
          www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/mobil_in_zuerich/         /Ueber%20ewz/Publikationen%20und%20Broschueren/
          mobilitaetsstrategie.html                                   Stromzukunft_der_Stadt_Zuerich.pdf
      12 Masterplan Energie der Stadt Zürich,                      32 Sieben Meilenschritte zum umwelt- und energiegerech-
          www.stadt-zuerich.ch/content/gud/de/index/umwelt/           tes Bauen,
          energie/energiepolitik/masterplan_energie.html              www.stadtzuerich.ch/content/dam/stzh/hbd/Deutsch
      13 Umwelttage, www.stadt-zuerich.ch/umwelttage                  /Hochbau/Weitere%20Dokumente/Nachhaltiges_
      14 Zürich, Energiestadt Gold,                                   Bauen/4_Vorgaben/1%20Grundsaetze/Richtlinie_7-
          www.stadt-zuerich.ch/energiestadt                           Meilenschritte.pdf
      15 Energiebilanz der Stadt Zürich, 1990–2006,                33 Gebäudestandard 2008, EnergieSchweiz für Gemeinden,
          www.stadt-zuerich.ch/content/gud/de/index/umwelt/           www.energiestadt.ch//d/gebaeudestandard.php
          energie/energiekennzahlen/energiebilanz.html             34 Bauen für die 2000-Watt-Gesellschaft – Der Stand der
      16 Minergie, Qualitätslabel für neue und sanierte Gebäude,      Dinge, www.stadt-zuerich.ch/standderdinge
          www.minergie.ch                                          35 Pilotprojekt Energie-Coaching der Stadt Zürich,
      17 Wirkungsanalyse der Energiepolitik der Stadt Zürich          www.stadt-zuerich.ch/energie-coaching
          2008, Energiebeauftragter, Juli 2008,                    36 Pilotprojekt Oeko-Kompass der Stadt Zürich,
          www.stadtzuerich.ch/content/dam/stzh/dib/Deutsch            www.stadt-zuerich.ch/oeko-kompass
          /Energieversorgung/Publikationen%20und%20                37 Energieträger-Informationen,
          Broschueren/Wirkungsanalyse_Energiepolitik_2008.pdf         www.stadt-zuerich.ch/enermaps
      18 Nachhaltigkeit im ETH-Bereich, Novatlantis,               38 Leitfaden Dachlandschaften,
          www.novatlantis.ch                                          www.stadt-zuerich.ch/hbd/de/index/bewilligungen_
      19 Legislaturschwerpunkt „Nachhaltige Stadt Zürich – auf        und_beratung/beratung/dachlandschaften.html
          dem Weg zur 2000-Watt-Gesellschaft“,                     39 Energieeffizienz in der Mobilität, Schlüsselfaktoren bei
          www.stadt-zuerich.ch/2000-watt-gesellschaft                 Bauprojekten, Tiefbauamt der Stadt Zürich, 2008,
      20 Grundlagen für ein Umsetzungskonzept der 2000-Watt-
          Gesellschaft, Stadt Zürich, EnergieSchweiz für Gemein-   Links am 4. Juni 2010 geprüft
          den, Bundesamt für Energie BFE, Novatlantis, 2009,
          www.stadtzuerich.ch/content/dam/stzh/dib/Deutsch
          /Energieversorgung/Publikationen%20und%20
          Broschueren/PRZH_2kW_Methodikpapier_2009-05-28.pdf
      21 Amt für Hochbauten, Fachstelle nachhaltiges Bauen,
          www.stadt-zuerich.ch/nachhaltiges-bauen
      22 Praxistext Minergie-Modernisierung, Bundesamt für
          Energie BFE, November 2008,
          www.bfe.admin.ch/php/modules/enet/streamfile.php
          ?file=000000009904.pdf
      23 ECOPrivate-Rechner, Ecospeed SA,
          eco5.ecospeed.ch/privat/index.html?us=0&ln=0
      24 Energiespiel, Gesundheits- und Umweltdepartment der
          Stadt Zürich, www.stadt-zuerich.ch/energiespiel
      25 Tages-Anzeiger, 25. Januar 2009
      26 Wohnen – Bedarf oder Konsum?, Neue Zürcher Zeitung,
          4. Juni 2010
      27 ewz-Stromprodukte,
          www.stadt-zuerich.ch/content/ewz/de/index/energie/
          stromproduktion.html
      28 ewz-Solarstrombörse, www.solarstromboerse.ch
Sie können auch lesen