Holprige Erholung Die deutsche Konjunktur 2022 - Roland ...

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Holprige Erholung Die deutsche Konjunktur 2022 - Roland ...
Holprige
Erholung
Die deutsche
Konjunktur
2022
2   Die deutsche Konjunktur 2022
   Virusmutante macht Sorge und Hoffnung
                                       zugleich

                                     Wirtschaftswachstum bleibt hinter
                                      
                                      den Erwartungen

                                     Fachkräftemangel rückt in den Fokus

                                     Deutsche Industrie hat volle Auftragsbücher

                                     Kapazitätsauslastung im verarbeitenden
                                      
                                      Gewerbe weiter gestiegen

                                     Geschäftserwartungen wieder zurückhaltender

                                     Leichte Entspannung bei der Materialknappheit

                                     Explodierende Energiekosten treiben
                                      
                                      die Erzeugerpreise

                                     Deutsche Unternehmen erwarten weiter
                                      
                                      steigende Preise

                                     Verbraucherpreise steigen so stark wie
                                      
                                      seit fast 30 Jahren nicht mehr

                                     Inflationsentwicklung setzt Notenbanken
                                      
                                      unter Druck

                                     Konsumenten blicken eher negativ ins neue Jahr

                                     Die Erholung der Wirtschaft könnte holprig
                                      
Coverphoto MirageC/Getty Images

                                      bleiben

                                     Wirtschaftliche Unsicherheit bleibt bestehen

                                                               Die deutsche Konjunktur 2022   3
Virusmutante macht Sorge
und Hoffnung zugleich
Neue Omikron-Variante könnte Covid-19 endemisch
werden lassen

Die Corona-Pandemie hat 2020 den stärksten Wirtschaftseinbruch der
jüngeren Geschichte ausgelöst. Aufgrund neuer Virusvarianten konnte
die Hoffnung auf eine rasche wirtschaftliche Erholung 2021 nur teilweise
erfüllt werden. Doch das neue Jahr bietet Anlass für vorsichtigen Opti-
mismus: Die mittlerweile vorherrschende Omikron-Variante des Virus ist
aktuellen Untersuchungen zur Folge zwar deutlich ansteckender als die
zuvor dominierende Delta-Variante, jedoch sind die Krankheitsverläufe meist
milder. Dies zeigt sich in bislang niedrigeren Zahlen hinsichtlich der Kran-
kenhauseinweisungen und der mit dem Virus in Verbindung stehenden
Todesfälle. Mittelfristig könnte das Coronavirus durch die schnelle Aus-
breitung endemisch werden und starke staatliche Einschränkungen zum
Schutz der Gesundheit überflüssig machen.

Fallzahlen, Hospitalisierungen, Intensivpatienten und Todesfälle durch Covid-19
Pro 1 Mio. Einwohner, Stand: 14.02.2022

140                                                                                            2500

120
                                                                                               2000

100

                                                                                               1500
 80

 60
                                                                                               1000

 40

                                                                                               500
 20

  0                                                                                            0

 01/2021       03/2021       05/2021    07/2021   09/2021       11/2021   01/2022      03/2022

      Fälle [rechte Skala]       Todesfälle       Intensivpatienten       Hospitalisierungen
Quelle: Johns Hopkins University, Roland Berger

4 Die deutsche Konjunktur 2022
Wirtschaftswachstum bleibt
hinter den Erwartungen
Die deutsche Wirtschaft erholte sich 2021 langsamer
als erwartet

Das Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2021 um 2,8% gestiegen. Damit ist
das Wachstum der deutschen Wirtschaft deutlich hinter den Erwartungen
zurückgeblieben: Für 2021 hatte die Bundesregierung im letzten Frühjahr
ein Wachstum von 3,5% prognostiziert. Analysten führender Institutio-
nen waren zu Jahresbeginn 2021 im Mittel sogar von einem Wachstum
von 3,7% ausgegangen. Entscheidend für das unerwartet niedrige Wachs-
tum waren globale Lieferengpässe sowie die anhaltenden Maßnahmen
zur Pandemiebekämpfung. Zum Ende des Jahres bremsten außerdem
Inflationssorgen die wirtschaftliche Entwicklung. Im vierten Quartal 2021
ist das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,7% gesun-
ken. Während die staatlichen Konsumausgaben zuletzt zwar zunahmen,
verringerten sich sowohl privater Konsum als auch Bauinvestitionen
verglichen zum Vorquartal. Zudem war das BIP im letzten Quartal immer
noch um 1,5% niedriger als Ende 2019. Die deutsche Wirtschaft konnte
also auch 2021 noch nicht zum Vorkrisenniveau zurückkehren.
                                                                                                Wachstum
Wachstum Bruttoinlandsprodukt 2015-2021                                                          20211:
Kalender, saison- und preisbereinigt [in %]                                                     2,8%
    12             Veränderung zum Vorquartal
                                                                                                 10,8
                   Veränderung zum Vorjahresquartal
10                                                                                      9,0
    8
    6
    4
    2                                                                                                    1,4

    0
                                                                                                        -0,7
    -2
    -4
    -6
    -8
-10                                                                                     -10,0

-12                                                                               -11,3
            2015          2016           2017          2018           2019          2020          2021

1
    Vorläufige Daten, kalender-, saison- und preisbereinigte Veränderung ggü. Vorjahr

Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                                   Die deutsche Konjunktur 2022           5
Fachkräftemangel rückt
in den Fokus
Bestand an offenen Arbeitsstellen auf höchstem Stand
seit 20 Jahren

In Folge des Wirtschaftseinbruchs 2020 stieg die Arbeitslosigkeit, viele
Beschäftigte konnten ihre Stellen nur dank Kurzarbeit behalten. Mittler-
weile hat sich der Arbeitsmarkt jedoch erholt und der Fachkräfteman-
gel rückt wieder in den Fokus. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen
liegt aktuell mehr als 15% über dem Vorkrisenniveau. Die am meisten
gesuchten Berufe finden sich in der Altenpflege und im Handwerk – die
Vakanzzeit, also die Zeit zwischen Ausschreibung und Besetzung einer
Stelle, betrug im Jahr 2021 in der Altenpflege 228 Tage und lag damit
deutlich über dem Durchschnitt aller Berufsgruppen (119 Tage). Auch bei
Bodenverlegern und Sanitärfachkräften dauert es im Schnitt länger als
210 Tage, bis eine offene Stelle besetzt werden kann. Doch nicht nur in
der Pflege und im Handwerk wird ein Mangel an Arbeitskräften beklagt:
Neben den Handwerkskammern hat auch nahezu jeder bedeutende
Industrieverband in diesem Jahr vor den bedrohlichen Folgen einer sich
verschärfenden Situation am Arbeitsmarkt gewarnt.

Bestand an gemeldeten offenen Arbeitsstellen
Saisonbereinigt ['000]

900
                                                                 808           817
800

700

600
                                   499
500                                                                      559
       424
400

300
                    281
200

100

   0
    01/        01/          01/       01/    01/    01/    01/          01/     01/
   2006       2008         2010      2012   2014   2016   2018         2020    2022

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

6 Die deutsche Konjunktur 2022
Deutsche Industrie hat
volle Auftragsbücher
Auslandsnachfrage steigt, Inlandsnachfrage
gibt deutlich nach

Nachdem sich die Auftragseingänge nach dem "Lockdown-Schock" im
März 2020 erstaunlich schnell wieder erholt hatten, ist seit August 2021
ein deutlicher Rückgang der Auftragseingänge zu verzeichnen. Während
die Lage bei den Aufträgen aus dem Ausland volatil ist, sich in den letz-
ten Monaten aber wieder positiv entwickelt hat, kühlte sich die Lage bei
den inländischen Aufträgen deutlich ab. Allerdings haben die Unterneh-
men des verarbeitenden Gewerbes Probleme, ihre vollen Auftragsbücher
abzuarbeiten. Seit Juni 2020 wurden stets mehr neue Aufträge eingeholt
als abgearbeitet. Grund hierfür sind vor allem Lieferengpässe bei Vor-
leistungsgütern und Rohstoffen. Der Index des Auftragsbestands liegt
mittlerweile auf dem höchsten Stand seit Einführung dieser Statistik.

Auftragseingänge und -bestand im verarbeitenden Gewerbe
Index, kalender- und saisonbereinigt [in %]

150            Auftragsbestand                                                    147
               Auftragseingang

140

130
                                             121                            120
120
                                                               112
                                            109                                   109
110

100

 90

 80

 70

 60                                                            63
    01/          01/           01/    01/    01/         01/          01/      01/
   2015         2016          2017   2018   2019        2020         2021     2022

Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                   Die deutsche Konjunktur 2022         7
Kapazitätsauslastung im verarbei-
tenden Gewerbe weiter gestiegen
Chemische Industrie leidet jedoch unter hohen Energiepreisen

Nicht zuletzt aufgrund der guten Auftragslage im verarbeitenden Gewerbe
konnte sich die Kapazitätsauslastung gegenüber dem Jahresanfang
2021 deutlich erholen und lag mit durchschnittlich 86% im Januar 2022
über dem Vorkrisenniveau. Besonders im Maschinenbau und in der Elek-
troindustrie konnten zuletzt starke Zuwächse bei der Auslastung verzeich-
net werden. Trotz der aktuell guten Lage warnt der Verband Deutscher
Maschinen- und Anlagenbau VDMA vor einem Abflauen der Auftragsein-
gänge im Jahr 2022. Die Auslastung im Automobilsektor hingegen verharrt
auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr, da die Industrie weiterhin stark
von den Lieferengpässen bei Halbleitern betroffen ist. Einzig in der Chemie­-
industrie ist die Kapazitätsauslastung gegenüber dem Vorjahresmonat um
3 Prozentpunkte zurückgegangen. Der Verband der Chemischen Industrie
(VCI) führt dies auf die zuletzt stark gestiegenen Energiepreise zurück, auf die
Chemieunternehmen mit einer Drosselung ihrer Produktion reagiert haben.

Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe
Auslastung im Januar 2022 [%] (Kreise) und Veränderung ggü. Vorjahresmonat
in Prozentpunkten

     85,6                 89,5       84,1        87,9         83,7       82,3

                             9,4

                                                       5,5
                                                                   4,5
         3,8
                                                                          2,8
                                                 1,7
                                                             0,9
                                       0,2

     -1,4

                                                                            -3,0
                          -4,1      -3,8

Verarbeitendes Maschinen-          Automobil-    Elektro-     Metall-    Chemie-
   Gewerbe        bau               industrie   industrie    industrie   industrie
   01/2021             01/2022
Quelle: Ifo Institut

8 Die deutsche Konjunktur 2022
Geschäftserwartungen wieder
zurückhaltender
Nach starkem Anstieg kühlen sich die Erwartungen wieder ab

Die zwischenzeitlich positiven Geschäftserwartungen der deutschen Un-
ternehmen zu Mitte des vergangenen Jahres haben sich nicht gehalten.
Nachdem die Geschäftserwartungen im Sommer 2021 optimistischer
als in den Jahren zuvor ausgefallen waren, sanken sie ab Herbst letzten
Jahres deutlich ab, bleiben bislang aber über Vorkrisenniveau. Zuletzt sind
die Geschäftserwartungen wieder leicht gestiegen – im Dienstleistungs-
sektor schaut man hoffnungsvoll auf den Sommer und im verarbeiten-
den Gewerbe rechnen die Unternehmen mit einer Entspannung bei den
Lieferengpässen. Die deutschen Unternehmen beginnen das Jahr 2022
also mit mehr Hoffnung, als sie das alte beendet haben.

Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen
Salden, saisonbereinigt

 30

 20

  10

   0

 -10

-20

-30

-40

-50
                  Gesamtwirtschaft
                  Verarbeitendes Gewerbe
-60               Dienstleistungen

     01/            01/        01/          01/    01/         01/        01/       01/
    2015           2016       2017         2018   2019        2020       2021      2022

Quelle: Ifo Institut

                                                         Die deutsche Konjunktur 2022   9
Leichte Entspannung bei der
Materialknappheit
Dennoch sind viele Unternehmen noch von
Lieferengpässen betroffen

Obwohl noch immer die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen
über Lieferengpässe klagt, hat sich die Lage zuletzt ein wenig entspannt.
Meldeten im Dezember 2021 in der Spitze noch mehr als 80% der
Unternehmen Lieferengpässe, waren es im Januar 2022 67%. Beson-
ders betroffen sind zum aktuellen Zeitpunkt noch die Elektroindustrie, der
Maschinenbau sowie der Automobilsektor. Die leichte Entschärfung der
Situation bei den Vorprodukten gibt den Unternehmen die Möglichkeit, die
Produktion zu steigern und ihre hohen Auftragsbestände abzuarbeiten.
Ob sich allerdings eine Trendwende anbahnt, bleibt abzuwarten. Insbeson-
dere die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante, die mittlerweile auch
in China angekommen ist, kann weiterhin zu Schließungen von wichtigen
Frachtterminals führen und so für anhaltende Lieferschwierigkeiten bei
kritischen Gütern sorgen.

Anteil der Unternehmen, die von Knappheit an Vorprodukten
betroffenen sind [%]

                                                                                90
Elektroindustrie
                                                                                     94

                                                                       81
Maschinenbau
                                                                                91

Automobil-                                                            78
industrie                                                                  83

Gummi- und                                                   70
Kunststoffwaren                                                            82

Verarbeitendes                                              67
Gewerbe                                                                    82

Chemische                                        54
Industrie                                                        73

Getränke-                        12
herstellung                                 45

   01/2022             12/2021
Quelle: ifo Institut

10 Die deutsche Konjunktur 2022
Explodierende Energiekosten
treiben die Erzeugerpreise
Ökonomen erwarten aufgrund steigender Erzeugerpreise
auch weiterhin hohe Inflation

Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte waren im Dezember 2021
um 24,2% höher als im Dezember 2020 – was dem stärkstem Anstieg
der Erzeugerpreise seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 entspricht.
Entscheidende Ursache für die stark gestiegenen Erzeugerpreise sind die
Energiekosten, die im Dezember um 69% über dem Vorjahresmonat
lagen. Der Anstieg der Energiepreise wiederum ist hauptsächlich auf zwei
Gründe zurückzuführen: Zum einen traf ein konjunkturbedingter Nachfra-
geanstieg nach Brennstoffen auf ein knappes, vergleichsweise unelasti-
sches Angebot. Zum anderen haben sich die Preise für Emissionszertifikate
im vergangenen Jahr vervielfältigt und lagen zuletzt bei knapp 90 Euro
pro Tonne CO2. Neben den Energiepreisen sorgen auch die wegen Liefer-
problemen steigenden Kosten für Vorleistungsgüter für einen Anstieg der
Erzeugerpreise.

Erzeugerpreise deutscher Unternehmen
Index, 2015 = 100

180            Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes
               Vorleistungsgüter                                                   173
               Energie
170

160

150

140

                                                                                   130
130

120                                                                                125

110

100

 90
    01/            07/             01/          07/         01/         07/         01/
   2019           2019            2020         2020        2021        2021        2022

Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                         Die deutsche Konjunktur 2022 11
Deutsche Unternehmen erwarten
weiter steigende Preise
Insbesondere Nahrungsmittel und Energie dürften
teurer werden

Die steigenden Erzeugerpreise spiegeln sich mittlerweile auch in der
Erwartungshaltung der deutschen Unternehmen wider. Eine überwiegende
Mehrheit der Handelsunternehmen geht dem ifo Institut zur Folge von
höheren Preisen in ihrem Sektor im Jahresverlauf aus. Es liegt nahe, dass
sie sich bei ihrer eigenen Preissetzung an den Erwartungen ihrer Bran-
che orientieren und ihre eigenen Preise entsprechend anheben. Die Preis-
erwartungen sind daher ein starkes Signal dafür, dass es im laufenden
Jahr zu Preiserhöhungen kommen und der Inflationsdruck zunächst hoch
bleiben dürfte.

Preiserwartungen deutscher Handelsunternehmen
Salden

 80               Handel gesamt
                  Nahrungsmittel
                  Buch, Sport- und Spielwaren                                        71
 70               Internet- und Versandhandel
                                                                                     69
                                                                                     64
 60                                                                                  59

 50

 40

 30

 20

  10

   0

 -10
     10/        01/       04/       07/          10/    01/   04/     07/    10/    01/
    2019       2020      2020      2020         2020   2021   2021   2021   2021   2022

Quelle: Ifo Institut

12 Die deutsche Konjunktur 2022
Verbraucherpreise steigen so stark
wie seit fast 30 Jahren nicht mehr
Inflationsrate stieg 2021 um 3,1% verglichen zum Vorjahr –
Anstieg nur teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen

Die Inflation ist 2021 auf den höchsten Stand seit 30 Jahren gestiegen.
Im Jahresdurchschnitt betrug der Anstieg der Verbraucherpreise 3,1%,
wobei die Teuerungsrate im Dezember sogar rund 5,3% verglichen zum
Vorjahresmonat betrug. Neben temporären Basiseffekten aufgrund
niedrigerer Preise im Jahr 2020 (geringere Nachfrage, Mehrwertsteuerab-
senkung) wirkten sich auch Lieferengpässe sowie die enorm gestiegenen
Energiekosten preissteigernd aus. Der Inflationsdruck dürfte insbeson-
dere zu Beginn dieses Jahres weiterhin hoch bleiben. Zwar fällt ab Januar
2022 der auf die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer zurückzu-
führende Sondereffekt weg, das Preisniveau liegt aufgrund der Dyna-
mik des vergangenen Halbjahres allerdings deutlich höher als noch vor
einem Jahr. Außerdem werden die mit den Lieferengpässen einher-
gehenden Kostensteigerungen und verzögerte Anpassungen an gestiegene
Energie- und Rohstoffpreise 2022 voraussichtlich zu weiterhin hohen
Teuerungsraten führen.

Entwicklung der Verbraucherpreise 2019-2021
[%]                                                                  Inflation
                                                                      20211:
                                                                    +3,1%
 6             Veränderung zum Vormonat
               Veränderung zum Vorjahresmonat                                      5,3
 5

 4                                                                        3,8

 3
                                                                    2,5
            2,0
 2                                   1,7
      1,4
            1,0                                               0,8         0,9
  1                                             0,6                                0,5

 0
                                                         -0,3                    -0,2
 -1                           -0,8                     -0,8

-2

                  2019                          2020                   2021

Quelle: Statistisches Bundesamt

                                                       Die deutsche Konjunktur 2022 13
Inflationsentwicklung setzt
Notenbanken unter Druck
Noch ist keine Zinswende der EZB in Sicht

Die in vielen Teilen der Welt stark angestiegene Inflation setzt die Zentral-
banken unter Druck. Dabei gibt es allerdings deutliche Unterschiede in
ihren Handlungen. Anders als die US-Notenbank Fed plant die EZB noch
kein Ende der ultralockeren Geldpolitik. Zwar soll das pandemiebedingte
Notfallprogramm PEPP ab März eingestellt werden, gleichzeitig wird aber
anderes Anleihekaufprogramm weiter aufgestockt. Auch Zinsschritte
plant die EZB im Gegensatz zur Fed und zu anderen wichtigen Notenban-
ken frühestens ab 2023. Eine Leitzinserhöhung verteuert die Kreditver-
gabe an Unternehmen und Konsumenten und kann damit die Konjunktur
bremsen. Ein gutes Argument, mit einer Leitzinserhöhung vorsichtig zu
sein. Andererseits wird ein höherer Leitzins benötigt, um die Inflation zu
bekämpfen – denn "billiges" Geld kann zu einer hohen Teuerungsrate
beitragen. Und eine hohe Inflation belastet ihrerseits Konsument wie auch
Wirtschaft und kann am Ende zu einer Stagflation, einer wirtschaftlichen
Stagnation bei gleichzeitig hoher Inflation, führen. Zudem ist Planungs-
sicherheit für Unternehmen essentziell.

Leitzinsen in den USA und im Euroraum
[%]
7
                    Fed
6                   EZB

5

4

3

2
                                                                           1,55

1

0                                                                          0,00
 Q1/                  Q1/          Q1/           Q1/            Q1/    Q2/2023
2000                 2005         2010          2015           2020

Quelle: Bloomberg                                                     Prognose

14 Die deutsche Konjunktur 2022
Konsumenten blicken eher
negativ ins neue Jahr
Omikron-Welle und steigende Preise beeinträchtigen
Konsumentenvertrauen

Die Stimmung der Konsumenten hat sich angesichts der schlechten
Nachrichten mit Blick auf die sich rasant ausbreitende Omikron-Variante
und die hohen Inflationsraten wieder deutlich eingetrübt. Sowohl die
Konjunktur- als auch die Einkommenserwartungen sind laut GfK deut-
lich schlechter. Als Grund hierfür nennen die Wirtschaftsforscher der
GfK neben den Ende 2021 abgesagten Weihnachtsmärkten auch die 2G-
Regelungen im Einzelhandel, die die Stimmung der Verbraucher trüben.
Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung des Konsumklimas wird
der Pandemieverlauf sein. Sollte es im Frühjahr zu einer Beruhigung des
Infektionsgeschehens kommen und Beschränkungen aufgehoben werden,
wird sich voraussichtlich auch die Binnenkonjunktur erholen.

GfK-Konsumklima-Index

  15

                                              9,1
 10

   5

                                                                   1,0
   0

  -5

                                                                     -6,7
-10

 -15

-20

                                                    -23,1
-25

    01/        01/       01/        01/       01/            01/      01/
   2016       2017      2018       2019      2020           2021     2022

Quelle: GfK

                                           Die deutsche Konjunktur 2022 15
Die Erholung der Wirtschaft
könnte holprig bleiben
Wichtige Chancen und Risiken in Deutschland – ein Überblick

                                                          Wirtschaft
          Vorsichtige Entspannung bei Lieferengpässen in Sicht

          Gute Auftragslage bei gleichzeitig wieder anziehender
          Auslandsnachfrage

          Lockerung der Pandemiebeschränkungen mit Perspektive
          auf mögliches Abklingen der Pandemie

          Weiterhin hohe Liquidität im Markt, keine Kreditklemme
          zu befürchten

          Inflation sorgt für Unsicherheit sowohl bei Erzeugern
          als auch bei Verbrauchern

          Mögliche Zinserhöhung könnte die Finanzierungssituation
          anspannen

          Mögliche Versorgungsengpässe bei Energie setzen Unternehmen
          unter Druck

          Neue Virusvarianten sind nicht ausgeschlossen und können
          weiter belasten

                                                                  Politik
          Politische Stabilität durch neu gewählte Regierung in Deutschland
          und Kontinuität der Regierung in Italien

          Neue Bundesregierung als Treiber anstehender
          Transformationsprojekte

          Geopolitische Unsicherheit im Spannungsfeld EU, USA,
          Russland, China

          Chinesische Zero-Covid-Strategie kann zu erneuten
          Lieferproblemen führen

          Zunehmende Destabilisierung durch gesellschaftliche Polarisierung

          Politische Unsicherheit aufgrund anstehender Wahlen
          in Frankreich
Quelle: Roland Berger

16 Die deutsche Konjunktur 2022
Wirtschaftliche Unsicherheit
bleibt bestehen
Omikron und Lieferengpässe bremsen Erholung

In den kommenden Monaten dürfte das Wirtschaftswachstum in
Deutschland eher verhalten ausfallen. Obwohl eine leichte Entspannung
bei Lieferengpässen in Sicht ist, sind noch immer viele Unternehmen
davon betroffen. Ein Ende dieser Engpässe wird noch auf sich warten
lassen. Auch die Preise werden zumindest im ersten Halbjahr weiter
steigen. Selbst wenn die EZB die Zinswende bereits vor 2023 einleiten
würde, wird es voraussichtlich mehrere Monate dauern, bis
sich diese auf die Inflationsrate auswirkt.

Hoffnung machen die ersten Daten zur Omikron-Welle, die auf mildere
Krankheitsverläufe hinweisen. Sollten sich diese ersten Trends bestätigen
und Beschränkungen zum Gesundheitsschutz aufgehoben werden, ist mit
einer Besserung der Konsumentenstimmung zu rechnen. Insbesondere
der Handel und die Dienstleister blicken hoffnungsvoll auf den Sommer.

Kommt es zur besagten Erholung, dürfte das Wirtschaftswachstum im
Jahr 2022 höher ausfallen als im Vorjahr. Im Mittel erwarten führende
Analysten ein Wachstum von 3,5% in diesem und 2,7% im kommenden
Jahr. Die Spannweite der Einschätzungen ist allerdings sehr breit: So
schätzt die Ratingagentur Moodys, dass die deutsche Wirtschaft in die-
sem Jahr um 2,8% wächst, während die UBS von 4,3% ausgeht.

Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft
Prognose BIP-Wachstum für die Jahre 2022 und 2023

              Moodys          DZ Bank   Consensus      LBBW            UBS

2022            2,8            3,2        3,5           4,0           4,3

2023            3,5            2,9        2,7           3,2           2,3

Quelle: Consensus Economics

                                                Die deutsche Konjunktur 2022 17
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18 Die deutsche Konjunktur 2022
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und Partner, sind wir mit 50 Büros in allen wichtigen Märkten
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empathischer Einstellung aus. Angetrieben von unseren Werten
Unternehmergeist, Exzellenz und Empathie sind wir überzeugt
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im Blick hat. Nur so können wir die tiefgreifenden Herausforde-
rungen unserer Zeit heute und morgen erfolgreich meistern.

                                       Die deutsche Konjunktur 2022 19
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