Holprige Erholung Die deutsche Konjunktur 2022 - Roland ...
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2 Die deutsche Konjunktur 2022
Virusmutante macht Sorge und Hoffnung zugleich Wirtschaftswachstum bleibt hinter den Erwartungen Fachkräftemangel rückt in den Fokus Deutsche Industrie hat volle Auftragsbücher Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe weiter gestiegen Geschäftserwartungen wieder zurückhaltender Leichte Entspannung bei der Materialknappheit Explodierende Energiekosten treiben die Erzeugerpreise Deutsche Unternehmen erwarten weiter steigende Preise Verbraucherpreise steigen so stark wie seit fast 30 Jahren nicht mehr Inflationsentwicklung setzt Notenbanken unter Druck Konsumenten blicken eher negativ ins neue Jahr Die Erholung der Wirtschaft könnte holprig Coverphoto MirageC/Getty Images bleiben Wirtschaftliche Unsicherheit bleibt bestehen Die deutsche Konjunktur 2022 3
Virusmutante macht Sorge und Hoffnung zugleich Neue Omikron-Variante könnte Covid-19 endemisch werden lassen Die Corona-Pandemie hat 2020 den stärksten Wirtschaftseinbruch der jüngeren Geschichte ausgelöst. Aufgrund neuer Virusvarianten konnte die Hoffnung auf eine rasche wirtschaftliche Erholung 2021 nur teilweise erfüllt werden. Doch das neue Jahr bietet Anlass für vorsichtigen Opti- mismus: Die mittlerweile vorherrschende Omikron-Variante des Virus ist aktuellen Untersuchungen zur Folge zwar deutlich ansteckender als die zuvor dominierende Delta-Variante, jedoch sind die Krankheitsverläufe meist milder. Dies zeigt sich in bislang niedrigeren Zahlen hinsichtlich der Kran- kenhauseinweisungen und der mit dem Virus in Verbindung stehenden Todesfälle. Mittelfristig könnte das Coronavirus durch die schnelle Aus- breitung endemisch werden und starke staatliche Einschränkungen zum Schutz der Gesundheit überflüssig machen. Fallzahlen, Hospitalisierungen, Intensivpatienten und Todesfälle durch Covid-19 Pro 1 Mio. Einwohner, Stand: 14.02.2022 140 2500 120 2000 100 1500 80 60 1000 40 500 20 0 0 01/2021 03/2021 05/2021 07/2021 09/2021 11/2021 01/2022 03/2022 Fälle [rechte Skala] Todesfälle Intensivpatienten Hospitalisierungen Quelle: Johns Hopkins University, Roland Berger 4 Die deutsche Konjunktur 2022
Wirtschaftswachstum bleibt hinter den Erwartungen Die deutsche Wirtschaft erholte sich 2021 langsamer als erwartet Das Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2021 um 2,8% gestiegen. Damit ist das Wachstum der deutschen Wirtschaft deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben: Für 2021 hatte die Bundesregierung im letzten Frühjahr ein Wachstum von 3,5% prognostiziert. Analysten führender Institutio- nen waren zu Jahresbeginn 2021 im Mittel sogar von einem Wachstum von 3,7% ausgegangen. Entscheidend für das unerwartet niedrige Wachs- tum waren globale Lieferengpässe sowie die anhaltenden Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Zum Ende des Jahres bremsten außerdem Inflationssorgen die wirtschaftliche Entwicklung. Im vierten Quartal 2021 ist das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,7% gesun- ken. Während die staatlichen Konsumausgaben zuletzt zwar zunahmen, verringerten sich sowohl privater Konsum als auch Bauinvestitionen verglichen zum Vorquartal. Zudem war das BIP im letzten Quartal immer noch um 1,5% niedriger als Ende 2019. Die deutsche Wirtschaft konnte also auch 2021 noch nicht zum Vorkrisenniveau zurückkehren. Wachstum Wachstum Bruttoinlandsprodukt 2015-2021 20211: Kalender, saison- und preisbereinigt [in %] 2,8% 12 Veränderung zum Vorquartal 10,8 Veränderung zum Vorjahresquartal 10 9,0 8 6 4 2 1,4 0 -0,7 -2 -4 -6 -8 -10 -10,0 -12 -11,3 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 1 Vorläufige Daten, kalender-, saison- und preisbereinigte Veränderung ggü. Vorjahr Quelle: Statistisches Bundesamt Die deutsche Konjunktur 2022 5
Fachkräftemangel rückt in den Fokus Bestand an offenen Arbeitsstellen auf höchstem Stand seit 20 Jahren In Folge des Wirtschaftseinbruchs 2020 stieg die Arbeitslosigkeit, viele Beschäftigte konnten ihre Stellen nur dank Kurzarbeit behalten. Mittler- weile hat sich der Arbeitsmarkt jedoch erholt und der Fachkräfteman- gel rückt wieder in den Fokus. Die Zahl der gemeldeten offenen Stellen liegt aktuell mehr als 15% über dem Vorkrisenniveau. Die am meisten gesuchten Berufe finden sich in der Altenpflege und im Handwerk – die Vakanzzeit, also die Zeit zwischen Ausschreibung und Besetzung einer Stelle, betrug im Jahr 2021 in der Altenpflege 228 Tage und lag damit deutlich über dem Durchschnitt aller Berufsgruppen (119 Tage). Auch bei Bodenverlegern und Sanitärfachkräften dauert es im Schnitt länger als 210 Tage, bis eine offene Stelle besetzt werden kann. Doch nicht nur in der Pflege und im Handwerk wird ein Mangel an Arbeitskräften beklagt: Neben den Handwerkskammern hat auch nahezu jeder bedeutende Industrieverband in diesem Jahr vor den bedrohlichen Folgen einer sich verschärfenden Situation am Arbeitsmarkt gewarnt. Bestand an gemeldeten offenen Arbeitsstellen Saisonbereinigt ['000] 900 808 817 800 700 600 499 500 559 424 400 300 281 200 100 0 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 Quelle: Bundesagentur für Arbeit 6 Die deutsche Konjunktur 2022
Deutsche Industrie hat volle Auftragsbücher Auslandsnachfrage steigt, Inlandsnachfrage gibt deutlich nach Nachdem sich die Auftragseingänge nach dem "Lockdown-Schock" im März 2020 erstaunlich schnell wieder erholt hatten, ist seit August 2021 ein deutlicher Rückgang der Auftragseingänge zu verzeichnen. Während die Lage bei den Aufträgen aus dem Ausland volatil ist, sich in den letz- ten Monaten aber wieder positiv entwickelt hat, kühlte sich die Lage bei den inländischen Aufträgen deutlich ab. Allerdings haben die Unterneh- men des verarbeitenden Gewerbes Probleme, ihre vollen Auftragsbücher abzuarbeiten. Seit Juni 2020 wurden stets mehr neue Aufträge eingeholt als abgearbeitet. Grund hierfür sind vor allem Lieferengpässe bei Vor- leistungsgütern und Rohstoffen. Der Index des Auftragsbestands liegt mittlerweile auf dem höchsten Stand seit Einführung dieser Statistik. Auftragseingänge und -bestand im verarbeitenden Gewerbe Index, kalender- und saisonbereinigt [in %] 150 Auftragsbestand 147 Auftragseingang 140 130 121 120 120 112 109 109 110 100 90 80 70 60 63 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: Statistisches Bundesamt Die deutsche Konjunktur 2022 7
Kapazitätsauslastung im verarbei- tenden Gewerbe weiter gestiegen Chemische Industrie leidet jedoch unter hohen Energiepreisen Nicht zuletzt aufgrund der guten Auftragslage im verarbeitenden Gewerbe konnte sich die Kapazitätsauslastung gegenüber dem Jahresanfang 2021 deutlich erholen und lag mit durchschnittlich 86% im Januar 2022 über dem Vorkrisenniveau. Besonders im Maschinenbau und in der Elek- troindustrie konnten zuletzt starke Zuwächse bei der Auslastung verzeich- net werden. Trotz der aktuell guten Lage warnt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA vor einem Abflauen der Auftragsein- gänge im Jahr 2022. Die Auslastung im Automobilsektor hingegen verharrt auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr, da die Industrie weiterhin stark von den Lieferengpässen bei Halbleitern betroffen ist. Einzig in der Chemie- industrie ist die Kapazitätsauslastung gegenüber dem Vorjahresmonat um 3 Prozentpunkte zurückgegangen. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) führt dies auf die zuletzt stark gestiegenen Energiepreise zurück, auf die Chemieunternehmen mit einer Drosselung ihrer Produktion reagiert haben. Kapazitätsauslastung im verarbeitenden Gewerbe Auslastung im Januar 2022 [%] (Kreise) und Veränderung ggü. Vorjahresmonat in Prozentpunkten 85,6 89,5 84,1 87,9 83,7 82,3 9,4 5,5 4,5 3,8 2,8 1,7 0,9 0,2 -1,4 -3,0 -4,1 -3,8 Verarbeitendes Maschinen- Automobil- Elektro- Metall- Chemie- Gewerbe bau industrie industrie industrie industrie 01/2021 01/2022 Quelle: Ifo Institut 8 Die deutsche Konjunktur 2022
Geschäftserwartungen wieder zurückhaltender Nach starkem Anstieg kühlen sich die Erwartungen wieder ab Die zwischenzeitlich positiven Geschäftserwartungen der deutschen Un- ternehmen zu Mitte des vergangenen Jahres haben sich nicht gehalten. Nachdem die Geschäftserwartungen im Sommer 2021 optimistischer als in den Jahren zuvor ausgefallen waren, sanken sie ab Herbst letzten Jahres deutlich ab, bleiben bislang aber über Vorkrisenniveau. Zuletzt sind die Geschäftserwartungen wieder leicht gestiegen – im Dienstleistungs- sektor schaut man hoffnungsvoll auf den Sommer und im verarbeiten- den Gewerbe rechnen die Unternehmen mit einer Entspannung bei den Lieferengpässen. Die deutschen Unternehmen beginnen das Jahr 2022 also mit mehr Hoffnung, als sie das alte beendet haben. Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen Salden, saisonbereinigt 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 Gesamtwirtschaft Verarbeitendes Gewerbe -60 Dienstleistungen 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: Ifo Institut Die deutsche Konjunktur 2022 9
Leichte Entspannung bei der Materialknappheit Dennoch sind viele Unternehmen noch von Lieferengpässen betroffen Obwohl noch immer die Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen über Lieferengpässe klagt, hat sich die Lage zuletzt ein wenig entspannt. Meldeten im Dezember 2021 in der Spitze noch mehr als 80% der Unternehmen Lieferengpässe, waren es im Januar 2022 67%. Beson- ders betroffen sind zum aktuellen Zeitpunkt noch die Elektroindustrie, der Maschinenbau sowie der Automobilsektor. Die leichte Entschärfung der Situation bei den Vorprodukten gibt den Unternehmen die Möglichkeit, die Produktion zu steigern und ihre hohen Auftragsbestände abzuarbeiten. Ob sich allerdings eine Trendwende anbahnt, bleibt abzuwarten. Insbeson- dere die rasche Ausbreitung der Omikron-Variante, die mittlerweile auch in China angekommen ist, kann weiterhin zu Schließungen von wichtigen Frachtterminals führen und so für anhaltende Lieferschwierigkeiten bei kritischen Gütern sorgen. Anteil der Unternehmen, die von Knappheit an Vorprodukten betroffenen sind [%] 90 Elektroindustrie 94 81 Maschinenbau 91 Automobil- 78 industrie 83 Gummi- und 70 Kunststoffwaren 82 Verarbeitendes 67 Gewerbe 82 Chemische 54 Industrie 73 Getränke- 12 herstellung 45 01/2022 12/2021 Quelle: ifo Institut 10 Die deutsche Konjunktur 2022
Explodierende Energiekosten treiben die Erzeugerpreise Ökonomen erwarten aufgrund steigender Erzeugerpreise auch weiterhin hohe Inflation Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte waren im Dezember 2021 um 24,2% höher als im Dezember 2020 – was dem stärkstem Anstieg der Erzeugerpreise seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 entspricht. Entscheidende Ursache für die stark gestiegenen Erzeugerpreise sind die Energiekosten, die im Dezember um 69% über dem Vorjahresmonat lagen. Der Anstieg der Energiepreise wiederum ist hauptsächlich auf zwei Gründe zurückzuführen: Zum einen traf ein konjunkturbedingter Nachfra- geanstieg nach Brennstoffen auf ein knappes, vergleichsweise unelasti- sches Angebot. Zum anderen haben sich die Preise für Emissionszertifikate im vergangenen Jahr vervielfältigt und lagen zuletzt bei knapp 90 Euro pro Tonne CO2. Neben den Energiepreisen sorgen auch die wegen Liefer- problemen steigenden Kosten für Vorleistungsgüter für einen Anstieg der Erzeugerpreise. Erzeugerpreise deutscher Unternehmen Index, 2015 = 100 180 Erzeugnisse des verarbeitenden Gewerbes Vorleistungsgüter 173 Energie 170 160 150 140 130 130 120 125 110 100 90 01/ 07/ 01/ 07/ 01/ 07/ 01/ 2019 2019 2020 2020 2021 2021 2022 Quelle: Statistisches Bundesamt Die deutsche Konjunktur 2022 11
Deutsche Unternehmen erwarten weiter steigende Preise Insbesondere Nahrungsmittel und Energie dürften teurer werden Die steigenden Erzeugerpreise spiegeln sich mittlerweile auch in der Erwartungshaltung der deutschen Unternehmen wider. Eine überwiegende Mehrheit der Handelsunternehmen geht dem ifo Institut zur Folge von höheren Preisen in ihrem Sektor im Jahresverlauf aus. Es liegt nahe, dass sie sich bei ihrer eigenen Preissetzung an den Erwartungen ihrer Bran- che orientieren und ihre eigenen Preise entsprechend anheben. Die Preis- erwartungen sind daher ein starkes Signal dafür, dass es im laufenden Jahr zu Preiserhöhungen kommen und der Inflationsdruck zunächst hoch bleiben dürfte. Preiserwartungen deutscher Handelsunternehmen Salden 80 Handel gesamt Nahrungsmittel Buch, Sport- und Spielwaren 71 70 Internet- und Versandhandel 69 64 60 59 50 40 30 20 10 0 -10 10/ 01/ 04/ 07/ 10/ 01/ 04/ 07/ 10/ 01/ 2019 2020 2020 2020 2020 2021 2021 2021 2021 2022 Quelle: Ifo Institut 12 Die deutsche Konjunktur 2022
Verbraucherpreise steigen so stark wie seit fast 30 Jahren nicht mehr Inflationsrate stieg 2021 um 3,1% verglichen zum Vorjahr – Anstieg nur teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen Die Inflation ist 2021 auf den höchsten Stand seit 30 Jahren gestiegen. Im Jahresdurchschnitt betrug der Anstieg der Verbraucherpreise 3,1%, wobei die Teuerungsrate im Dezember sogar rund 5,3% verglichen zum Vorjahresmonat betrug. Neben temporären Basiseffekten aufgrund niedrigerer Preise im Jahr 2020 (geringere Nachfrage, Mehrwertsteuerab- senkung) wirkten sich auch Lieferengpässe sowie die enorm gestiegenen Energiekosten preissteigernd aus. Der Inflationsdruck dürfte insbeson- dere zu Beginn dieses Jahres weiterhin hoch bleiben. Zwar fällt ab Januar 2022 der auf die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer zurückzu- führende Sondereffekt weg, das Preisniveau liegt aufgrund der Dyna- mik des vergangenen Halbjahres allerdings deutlich höher als noch vor einem Jahr. Außerdem werden die mit den Lieferengpässen einher- gehenden Kostensteigerungen und verzögerte Anpassungen an gestiegene Energie- und Rohstoffpreise 2022 voraussichtlich zu weiterhin hohen Teuerungsraten führen. Entwicklung der Verbraucherpreise 2019-2021 [%] Inflation 20211: +3,1% 6 Veränderung zum Vormonat Veränderung zum Vorjahresmonat 5,3 5 4 3,8 3 2,5 2,0 2 1,7 1,4 1,0 0,8 0,9 1 0,6 0,5 0 -0,3 -0,2 -1 -0,8 -0,8 -2 2019 2020 2021 Quelle: Statistisches Bundesamt Die deutsche Konjunktur 2022 13
Inflationsentwicklung setzt Notenbanken unter Druck Noch ist keine Zinswende der EZB in Sicht Die in vielen Teilen der Welt stark angestiegene Inflation setzt die Zentral- banken unter Druck. Dabei gibt es allerdings deutliche Unterschiede in ihren Handlungen. Anders als die US-Notenbank Fed plant die EZB noch kein Ende der ultralockeren Geldpolitik. Zwar soll das pandemiebedingte Notfallprogramm PEPP ab März eingestellt werden, gleichzeitig wird aber anderes Anleihekaufprogramm weiter aufgestockt. Auch Zinsschritte plant die EZB im Gegensatz zur Fed und zu anderen wichtigen Notenban- ken frühestens ab 2023. Eine Leitzinserhöhung verteuert die Kreditver- gabe an Unternehmen und Konsumenten und kann damit die Konjunktur bremsen. Ein gutes Argument, mit einer Leitzinserhöhung vorsichtig zu sein. Andererseits wird ein höherer Leitzins benötigt, um die Inflation zu bekämpfen – denn "billiges" Geld kann zu einer hohen Teuerungsrate beitragen. Und eine hohe Inflation belastet ihrerseits Konsument wie auch Wirtschaft und kann am Ende zu einer Stagflation, einer wirtschaftlichen Stagnation bei gleichzeitig hoher Inflation, führen. Zudem ist Planungs- sicherheit für Unternehmen essentziell. Leitzinsen in den USA und im Euroraum [%] 7 Fed 6 EZB 5 4 3 2 1,55 1 0 0,00 Q1/ Q1/ Q1/ Q1/ Q1/ Q2/2023 2000 2005 2010 2015 2020 Quelle: Bloomberg Prognose 14 Die deutsche Konjunktur 2022
Konsumenten blicken eher negativ ins neue Jahr Omikron-Welle und steigende Preise beeinträchtigen Konsumentenvertrauen Die Stimmung der Konsumenten hat sich angesichts der schlechten Nachrichten mit Blick auf die sich rasant ausbreitende Omikron-Variante und die hohen Inflationsraten wieder deutlich eingetrübt. Sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartungen sind laut GfK deut- lich schlechter. Als Grund hierfür nennen die Wirtschaftsforscher der GfK neben den Ende 2021 abgesagten Weihnachtsmärkten auch die 2G- Regelungen im Einzelhandel, die die Stimmung der Verbraucher trüben. Von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung des Konsumklimas wird der Pandemieverlauf sein. Sollte es im Frühjahr zu einer Beruhigung des Infektionsgeschehens kommen und Beschränkungen aufgehoben werden, wird sich voraussichtlich auch die Binnenkonjunktur erholen. GfK-Konsumklima-Index 15 9,1 10 5 1,0 0 -5 -6,7 -10 -15 -20 -23,1 -25 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 01/ 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 Quelle: GfK Die deutsche Konjunktur 2022 15
Die Erholung der Wirtschaft könnte holprig bleiben Wichtige Chancen und Risiken in Deutschland – ein Überblick Wirtschaft Vorsichtige Entspannung bei Lieferengpässen in Sicht Gute Auftragslage bei gleichzeitig wieder anziehender Auslandsnachfrage Lockerung der Pandemiebeschränkungen mit Perspektive auf mögliches Abklingen der Pandemie Weiterhin hohe Liquidität im Markt, keine Kreditklemme zu befürchten Inflation sorgt für Unsicherheit sowohl bei Erzeugern als auch bei Verbrauchern Mögliche Zinserhöhung könnte die Finanzierungssituation anspannen Mögliche Versorgungsengpässe bei Energie setzen Unternehmen unter Druck Neue Virusvarianten sind nicht ausgeschlossen und können weiter belasten Politik Politische Stabilität durch neu gewählte Regierung in Deutschland und Kontinuität der Regierung in Italien Neue Bundesregierung als Treiber anstehender Transformationsprojekte Geopolitische Unsicherheit im Spannungsfeld EU, USA, Russland, China Chinesische Zero-Covid-Strategie kann zu erneuten Lieferproblemen führen Zunehmende Destabilisierung durch gesellschaftliche Polarisierung Politische Unsicherheit aufgrund anstehender Wahlen in Frankreich Quelle: Roland Berger 16 Die deutsche Konjunktur 2022
Wirtschaftliche Unsicherheit bleibt bestehen Omikron und Lieferengpässe bremsen Erholung In den kommenden Monaten dürfte das Wirtschaftswachstum in Deutschland eher verhalten ausfallen. Obwohl eine leichte Entspannung bei Lieferengpässen in Sicht ist, sind noch immer viele Unternehmen davon betroffen. Ein Ende dieser Engpässe wird noch auf sich warten lassen. Auch die Preise werden zumindest im ersten Halbjahr weiter steigen. Selbst wenn die EZB die Zinswende bereits vor 2023 einleiten würde, wird es voraussichtlich mehrere Monate dauern, bis sich diese auf die Inflationsrate auswirkt. Hoffnung machen die ersten Daten zur Omikron-Welle, die auf mildere Krankheitsverläufe hinweisen. Sollten sich diese ersten Trends bestätigen und Beschränkungen zum Gesundheitsschutz aufgehoben werden, ist mit einer Besserung der Konsumentenstimmung zu rechnen. Insbesondere der Handel und die Dienstleister blicken hoffnungsvoll auf den Sommer. Kommt es zur besagten Erholung, dürfte das Wirtschaftswachstum im Jahr 2022 höher ausfallen als im Vorjahr. Im Mittel erwarten führende Analysten ein Wachstum von 3,5% in diesem und 2,7% im kommenden Jahr. Die Spannweite der Einschätzungen ist allerdings sehr breit: So schätzt die Ratingagentur Moodys, dass die deutsche Wirtschaft in die- sem Jahr um 2,8% wächst, während die UBS von 4,3% ausgeht. Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft Prognose BIP-Wachstum für die Jahre 2022 und 2023 Moodys DZ Bank Consensus LBBW UBS 2022 2,8 3,2 3,5 4,0 4,3 2023 3,5 2,9 2,7 3,2 2,3 Quelle: Consensus Economics Die deutsche Konjunktur 2022 17
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