Hospitalisierung und Intensivtherapie am Lebensende

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MEDIZIN

                        Originalarbeit

                       Hospitalisierung und Intensivtherapie
                       am Lebensende
                        Eine nationale Analyse der DRG-Statistik zwischen 2007 und 2015

                        Carolin Fleischmann-Struzek*, Anna Mikolajetz*, Konrad Reinhart, J. Randall Curtis, Ulrike Haase,
                        Daniel Thomas-Rüddel, Ulf Dennler, Christiane S. Hartog

                        Zusammenfassung
                        Hintergrund: In Deutschland gibt es pro Kopf mehr Intensivbetten als in den USA, aber es ist unbekannt, wie diese Ressource
                        am Lebensende von Patienten genutzt wird.

                        Methode: In einer retrospektiven Beobachtungsstudie wurde die deutschlandweite fallpauschalenbezogene Krankenhaus-
                        statistik (DRG-Statistik; DRG, „diagnosis related groups“) zwischen 2007 und 2015 ausgewertet. Wir untersuchten Hospitali-
                        sierungen, Anzahl der Todesfälle und die Inanspruchnahme einer Intensivtherapie. Die jährlichen bevölkerungsbasierten
                        Inzidenzen wurden auf die Alters- und Geschlechtsverteilung der deutschen Bevölkerung standardisiert.

                        Ergebnisse: Die standardisierten Krankenhausbehandlungsraten stiegen jährlich um 0,8 % (von 201,9 auf 214,6 pro 1 000
                        Einwohner), während die Krankenhausbehandlungssraten mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie jährlich um 3,0 %
                        (von 6,5 auf 8,2 pro 1 000 Einwohner) stiegen. Unter allen Todesfällen in der deutschen Bevölkerung nahm der Anteil der
                        Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie jährlich um 2,3 % zu (von 9,8 auf 11,8 %). Unter den
                        Krankenhaustodesfällen erhöhte sich der Anteil der Patienten, die eine Intensivtherapie erhielten, jährlich um 2,8 % von
                        20,6 % (2007) auf 25,6 % (2015). In der Altersgruppe ab 65 Jahre stieg die Zahl der im Krankenhaus Verstorbenen, die eine
                        Intensivtherapie erhielten, dreimal so schnell wie die der Krankenhaustodesfälle.

                        Schlussfolgerung: Die Inanspruchnahme einer Intensivtherapie bei Krankenhausaufenthalten am Lebensende nimmt
                        in Deutschland in allen Altersgruppen und insbesondere bei älteren Menschen zu. Ein vermehrter Versorgungsbedarf am
                        Lebensende (End-of-life Care) auf der Intensivstation erfordert entsprechende Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbil-
                        dung, in der Gesundheitspolitik und bei der Kostenerstattung. Es ist unklar, ob diese Intensität der Versorgung angemessen
                        und den Patientenwünschen entsprechend ist.

                        Zitierweise
                        Fleischmann-Struzek C, Mikolajetz A, Reinhart K, Curtis JR, Haase U, Thomas-Rüddel D, Dennler U,
                        Hartog CS: Hospitalization and intensive therapy at the end of life—a national analysis of DRG statistics from 2007–2015.
                        Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 653–60. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0653

                                                                                                       D
                        *Die beiden Autorinnen teilen sich die Erstautorenschaft.                             ie Gesundheitssysteme in Ländern mit hohem Ein-
                        Center for Sepsis Control and Care, Universitätsklinikum Jena: Dr .med.               kommen sind mit einer wachsenden Zahl von älte-
                        Carolin Fleischmann-Struzek, Prof. Dr. med. Konrad Reinhart, Dr. med. Da-             ren Patienten mit zunehmenden Komorbiditäten
                        niel Thomas-Rüddel
                                                                                                       und der steigenden Nachfrage nach technologisch fort-
                        Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena:
                        Dr. phil. Anna Mikolajetz, Prof. Dr. med. Konrad Reinhart, Dr. med. Daniel     schrittlicher Versorgung konfrontiert. Diese Entwicklung
                        Thomas-Rüddel                                                                  wirft die Frage nach einer angemessenen Inanspruchnah-
                        BIH Gastprofessur/Charité-Stiftung, Klinik für Anästhesiologie und Intensiv-   me einer Intensivtherapie am Lebensende auf.
                        medizin, Charité Universitätsmedizin Berlin: Prof. Dr. med. Konrad Reinhart
                                                                                                          Die meisten Menschen wünschen sich, im Falle einer
                        Division of Pulmonary, Critical Care, and Sleep Medicine, University of Wa-
                        shington, Seattle, WA, USA: Prof. J. Randall Curtis MD
                                                                                                       schweren Krankheit zu Hause zu sterben (1). Im Vergleich
                                                                                                       dazu ist eine stationäre Intensivtherapie einerseits eine der
                        Cambia Palliative Care Center of Excellence, University of Washington, Se-
                        attle, WA, USA: Prof. J. Randall Curtis MD                                     aggressivsten Formen der Versorgung, die den Sterbepro-
                        Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Charité Universitätsmedizin    zess für Patienten und Angehörige verschlimmern kann
                        Berlin: Dr. med. Ulrike Haase, PD Dr. med. Christiane S. Hartog                und zu Burnout sowie einer Belastung des Intensivperso-
                        Geschäftsbereich Medizincontrolling, München Klinik: Dr. med. Ulf Dennler      nals beiträgt (2, 3). Andererseits kann die Intensivtherapie
                        KLINIK BAVARIA Kreischa: PD Dr. med. Christiane S. Hartog                      eine akut lebensbedrohliche Situation stabilisieren und im

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019                                                                                                  653
MEDIZIN

  GRAFIK 1                                                                             den die Bevölkerungs- und Sterbestatistik des Statisti-
                                                                                       schen Bundesamtes sowie Daten zu Krankenhaus-/In-
      alle Krankenhausaufenthalte in 2015                                              tensivbetten aus der Gesundheitsberichterstattung des
                (n = 18 665 238)                                                       Bundes verwendet. Wir identifizierten Patienten aller
                                                     Fälle mit unbekanntem Alter und   Altersgruppen zwischen 2007–2015 und schlossen Fäl-
                                                           Geschlecht (n = 361)        le mit unbekanntem Alter und Geschlecht aus (Grafik
                                                                                       1). Wir wählten einen konservativen Ansatz, um die
         Anzahl der analysierten Fälle
              (n =18 664 877)
                                                                                       Behandlung auf der Intensivstation anhand von OPS-
                                                                                       Codes (OPS, Operationen- und Prozedurenschlüssel)
                                                                                       zu identifizieren (OPS-Codes 8–980, 8–98c, 8–98d,
        Krankenhaustodesfälle in 2015                                                  8–98f = intensivmedizinische Komplexbehandlung).
               (n = 425 073)
                                                                                       Die Inanspruchnahme einer Intensivtherapie bei Kran-
                                                                                       kenhausaufenthalten am Lebensende wurde bestimmt
          Krankenhaustodesfälle mit                                                    durch die Anzahl der Patienten, die im Krankenhaus
    Inanspruchnahme von Intensivtherapie                                               starben und während ihres Krankenhausaufenthalts zu
             2015 (n = 108 866)                                                        irgendeiner Zeit eine Intensivtherapie erhielten. Die
                                                                                       jährlichen bevölkerungsbasierten Inzidenzen berechne-
Fallidentifikation und absolute Fälle im Jahr 2015                                     ten wir anhand der Bevölkerungsstatistiken des Statisti-
                                                                                       schen Bundesamtes für 2007–2015 und standardisier-
                                                                                       ten diese nach Alter und Geschlechtsverteilung auf die
                                                                                       Bevölkerungsstruktur am Stichtag 31. 12. 2007.
                        Krisenfall können einige intensivmedizinische palliative
                        Behandlungen besser auf einer Intensivstation vorgenom-        Ergebnisse
                        men werden. Für eine qualitativ hochwertige Versorgung         Entwicklung der Intensivbettenzahl
                        am Lebensende (End-of-Life Care) sind Kompetenz in             In den Jahren 2007 bis 2015 stieg die Zahl der Intensiv-
                        der Entscheidungsfindung („skills in decision-making“),        betten um durchschnittlich 2,06 % pro Jahr (von 23 357
                        kommunikative Fähigkeiten sowie die Zusammenarbeit             auf 27 489). Dagegen ging die Zahl der Krankenhäuser
                        eines gut funktionierenden interdisziplinären Teams erfor-     und Krankenhausbetten um durchschnittlich 0,81 %
                        derlich (2).                                                   beziehungsweise 1,1 % pro Jahr zurück (eTabelle 1).
                           Modelle sagen voraus, dass die Zahl der Todesfälle in-
                        nerhalb der deutschen Bevölkerung von 2009 bis 2050            Trends bei Krankenhausaufnahmen insgesamt und
                        um 26,0 % steigen wird (4). Etwa 50 % der Deutschen            mit Beteiligung von Intensivtherapie 2007–2015
                        sterben im Krankenhaus (5). In den Jahren 2004–2005            Wir analysierten insgesamt 16,6 Millionen Kranken-
                        war die Rate an Intensivstationsaufnahmen/100 000 Ein-         hausaufenthalte im Jahr 2007 und 18,7 Millionen im
                        wohner in Deutschland höher als in den USA und es gab          Jahr 2015 (Grafik 1). Die standardisierten Kranken-
                        hierzulande sechs- bis zehnmal mehr Intensivstationsauf-       hauseinweisungen stiegen zwischen 2007 und 2015 nur
                        nahmen als in Kanada, den Niederlanden oder Großbri-           leicht um durchschnittlich 0,8 % pro Jahr. Im Gegen-
                        tannien (6). US-amerikanische Daten deuten auf eine Zu-        satz dazu nahm die Zahl der Krankenhauseinweisungen
                        nahme der Intensivtherapie am Lebensende hin: Zwi-             mit Intensivtherapie pro Jahr um 3,0 % zu und war da-
                        schen 2000 und 2009 stieg der Anteil der Patienten ≥ 66        mit dreimal so hoch (Tabelle 1).
                        Jahre mit Intensivtherapie im letzten Lebensmonat von             Bei den Intensivpatienten stieg das Durchschnittsal-
                        24,3 auf 29,2 % (7). Es gibt auch einige Hinweise darauf,      ter von 69 Jahren (Interquartilsabstand [IQR] 57–77)
                        dass die Inanspruchnahme einer Intensivtherapie am Le-         auf 71 (58–79) Jahre (eTabelle 2). Die Krankenhaus-
                        bensende in dieser Altersgruppe direkt mit der Anzahl von      verweildauer sank von im Median 14 (8–24) auf 13
                        Intensivstationsbetten verknüpft ist (8).                      (7–22) Tage. Der Anteil der Patienten mit mechanischer
                           Über den Einsatz der Intensivtherapie am Lebensende         Beatmung nahm von 25,0 auf 30,5 % zu, und der An-
                        in Deutschland ist bisher wenig bekannt. Ziel dieser Stu-      teil von Patienten mit einer Beatmungsdauer > 4 Tage
                        die ist es, die Entwicklung der Häufigkeit von Todesfällen     stieg von 15,6 auf 16,2 %. Der Anteil der Patienten mit
                        im Krankenhaus und der Inanspruchnahme einer Inten-            Multimorbidität (≥ 2 Komorbiditäten) stieg von
                        sivtherapie am Lebensende zu untersuchen. Die Ergebnis-        55,2 auf 57,5 %. Während Herzinsuffizienzen, Nieren-
                        se zum Umfang und Trend der Intensivtherapie am Le-            erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen und
                        bensende sind für gesundheitspolitische Entscheidungs-         periphere Gefäßerkrankungen zunahmen, gingen die
                        träger, Kliniker, Patienten und Angehörige relevant.           Zahlen an Myokardinfarkten und Tumorerkrankungen
                                                                                       zurück (eGrafiken 1 und 2). Eine Palliativversorgung
                        Methoden                                                       erfolgte selten, ihr Einsatz stieg aber von 0,1 auf 0,7 %
                        Einzelheiten zur Methode finden sich im eMethoden-             (eTabelle 2). Die Dokumentation von Intensivtherapie-
                        teil. Wir werteten die Fallpauschalenbezogene Kran-            fällen mit erhöhter Komplexität nahm rasch zu, nach-
                        kenhausstatistik (DRG-Statistik; DRG, „diagnostic re-          dem 2013 der strengere OPS-Code 8–98f eingeführt
                        lated groups“) aus, um Krankenhausaufenthalte mit              wurde, um Fälle mit stärkerer Komplexität und erhöh-
                        und ohne Intensivtherapie zu analysieren. Zudem wur-           ten Kosten zu beschreiben (eGrafik 3a).

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TABELLE 1

                                                                   Krankenhausaufenthalte und Inanspruchnahme einer Intensivtherapie von 2007 bis 2015

                                                                     Krankenhausaufenthalte*1                                                                           2007             2008             2009             2010              2011              2012             2013             2014             2015
                                                                                                                                                                                                                                                       3
                                                                     Gesamtbevölkerung, n                                                                           82 217 837       82 002 356       81 802 257        81 751 602       80 327 900*       80 523 746       80 767 463        81 197 537       82 175 684
                                                                     alle Krankenhausaufenthalte, n                                                                 16 599 512       16 923 506       17 190 595        17 433 846       17 708 555        17 974 993       18 133 338        18 531 489       18 664 877
                                                                     rohe Rate pro 1 000 Einwohner                                                                     201,9            206,4             210,1            213,3             220,5            223,2             224,5            228,2            227,1
                                                                                                                    2
                                                                     standardisierte Rate pro 1 000 Einwohner*                                                         201,9            204,7             206,8            208,3             213,8            214,7             214,6            216,3            214,6
                                                                     Krankenhausaufenthalte mit Inanspruchnahme von Intensivtherapie, n                                 538 309          579 959          616 453          646 048           667 448           687 271          706 076        727 062            736 444
                                                                     % aller Krankenhausaufenthalte                                                                       3,2              3,4              3,6               3,7              3,8               3,8              3,9             3,9                3,9
                                                                     rohe Rate pro 1 000 Einwohner                                                                        6,5              7,1              7,5               7,9              8,3               8,5              8,7             9,0                9,0
                                                                                                                    2
                                                                     standardisierte Rate pro 1 000 Einwohner*                                                            6,5              7,0              7,3               7,6              7,9               8,0              8,1             8,2                8,2
                                                                     Todesfälle                                                                                         2007             2008             2009             2010              2011              2012             2013             2014             2015

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019
                                                                     alle Todesfälle in der deutschen Bevölkerung, n                                                    827 155          844 439          854 544          858 768           852 328           869 582          893 825        868 356            925 200
                                                                     Krankenhaustodesfälle, n                                                                           393 388          398 942          406 470          405 490           400 002           404 073          415 190        401 156            425 073
                                                                     % aller Todesfälle                                                                                  47,6             47,2             47,6             47,2              46,9              46,6             46,5            46,2              45,9
                                                                     rohe Rate pro 1 000 Einwohner                                                                        4,8              4,9              5,0               5,0              5,0               5,0              5,1             4,9                5,2
                                                                                                                    2
                                                                     standardisierte Rate pro 1 000 Einwohner*                                                            4,8              4,8              4,7               4,6              4,6               4,5              4,5             4,3                4,4
                                                                     Krankenhaussterblichkeit (%)                                                                         2,4              2,4              2,4               2,3              2,3               2,2              2,3             2,2                2,3
                                                                     Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme von Intensivtherapie, n                              80 978           85 765            90 818           93 940            96 146           97 924           103 322        103 030            108 866
                                                                     % aller Todesfälle                                                                                   9,8             10,2             10,6             10,9              11,3              11,3             11,6             11,9             11,8
                                                                     % aller Todesfälle im Krankenhaus                                                                  20,6              21,5             22,3             23,2              24,0              24,2             24,9            25,7              25,6
                                                                     rohe Rate pro 1 000 Einwohner                                                                        1,0              1,0              1,1               1,1              1,2               1,2              1,3             1,3                1,3
                                                                     standardisierte Rate pro 1 000 Einwohner*2                                                           1,0              1,0              1,1               1,1              1,1               1,1              1,1             1,1                1,2
                                                                     Sterblichkeit auf der Intensivstation (ITS) (%)                                                     15,0             14,8             14,7             14,5              14,4              14,2             14,6            14,2              14,8

                                                                *1 beinhaltet Mehrfachaufnahmen für einige Patienten
                                                                *2 direkt standardisiert auf die deutsche alters- und geschlechtsspezifische Bevölkerungsstruktur zum 31. Dezember 2007 auf der Grundlage bundesweiter Bevölkerungsdaten des Statistischen Bundesamtes für 2007–2015
                                                                *3 Die Bevölkerungsschätzungen wurden nach einer bundesweiten Volkszählung im Jahr 2011 angepasst, was zu einem Rückgang der Zahlen zur Gesamtbevölkerung in Deutschland im Vergleich zu 2010 und früher führte.
                                                                Mittlere jährliche Veränderung standardisierter Raten: Gesamtzahl der Krankenhausaufenthalte +0,8 %; Krankenhausaufenthalte mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie +3,0 %,Gesamtzahl der Krankenhaustodesfälle –1,1 %; Krankenhaustodesfälle mit
                                                                Inanspruchnahme einer Intensivtherapie +2,3 %
                                                                Durchschnittliche jährliche Veränderung des prozentualen Anteils der Todesfälle im Krankenhaus unter allen Todesfällen in Deutschland: −0,4 %; Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie unter allen Todesfällen in Deutschland +2,3 %
                                                                und Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie unter allen Todesfällen im Krankenhaus: +2,8 %

655
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    MEDIZIN
MEDIZIN

          Trends bei der Entlassung von Patienten                    im Krankenhaus und 25 % der Todesfälle ereigneten
          nach Intensivtherapie                                      sich während oder nach einer Intensivtherapie. Im Ver-
          Tabelle 2 zeigt die Entlassarten von Patienten nach In-    gleich zu 2007 ging die Zahl der Krankenhaustodesfäl-
          tensivtherapie. Die meisten Patienten wurden nach          le in 2015 zurück, während die Anwendung einer Inten-
          Hause oder in andere Krankenhäuser entlassen. Die          sivtherapie bei Krankenhausaufenthalten von Patienten
          Zahl der Entlassungen in Pflegeheime nahm um durch-        am Lebensende zunahm. Im Jahr 2007 war eine Inten-
          schnittlich 8,0 % pro Jahr zu, während die Entlassungen    sivtherapie bei jedem fünften Patienten, der im Kran-
          in Rehabilitationseinrichtungen um durchschnittlich        kenhaus verstarb, durchgeführt worden; 2015 ist dieser
          3,5 % pro Jahr zurückgingen. Nur wenige Patienten          Anteil auf ein Viertel angestiegen. Bei Patienten ab 65
          wurden in ein Hospiz entlassen. In eTabelle 3 werden       Jahren erhöhte sich die Anzahl der Todesfälle mit vor-
          die Entlassarten erläutert.                                heriger Inanspruchnahme einer Intensivtherapie drei-
                                                                     mal schneller als die Anzahl der Krankenhaustodesfälle
          Trends bei Krankenhaustodesfällen insgesamt und            insgesamt. Bei Patienten ab 85 Jahren war der Anstieg
          mit Beteiligung von Intensivtherapie von 2007 –2015        etwa doppelt so groß.
          Zwischen 2007 und 2015 sank die Zahl der Kranken-             Diese Ergebnisse werfen die Frage auf, wie die
          haustodesfälle von 4,8/1 000 auf 4,4/1 000 Einwohner       wachsende Inanspruchnahme einer Intensivtherapie am
          (durchschnittlich −1,1 % pro Jahr) und der Anteil der      Lebensende zu erklären ist. Die demografische Ent-
          Krankenhaustodesfälle an allen Sterbefällen ging von       wicklung ist vermutlich kein Hauptgrund, da auch die
          47,6 auf 45,9 % zurück (durchschnittlich −0,4 % pro        alters- und geschlechtsstandardisierten Inzidenzraten
          Jahr). Demgegenüber stieg die Zahl der Krankenhaus-        zugenommen haben. Eine weitere Erklärung könnte die
          todesfälle mit Inanspruchnahme von Intensivtherapie        zunehmende Morbidität und Schwere der Erkrankung
          von 1,0/1 000 auf 1,2/1 000 Einwohner (durchschnitt-       der Patienten sein: Intensivpatienten werden zuneh-
          lich + 2,3 % pro Jahr (Tabelle 1, Grafik 2). 2007 wurde    mend kränker und älter (9), was zu einer steigenden
          jeder fünfte Patient, der im Krankenhaus verstarb, in-     Nachfrage nach einer Intensivtherapie in Krankenhäu-
          tensivmedizinisch behandelt; 2015 war dies bei jedem       sern führen kann (10). Darüber hinaus könnten wirt-
          vierten Patienten der Fall (+ 2,8 % pro Jahr). Die Kran-   schaftliche Anreize eine Rolle spielen. Im DRG-System
          kenhaus- und Intensivstationssterblichkeit waren im        (DRG, „diagnosis related groups“) steigen die Gewinne
          Wesentlichen unverändert (2,4–2,3 % beziehungsweise        der Krankenhäuser exponenziell mit der Anzahl der Ta-
          15,0–14,8 %). Gegenüber allen Intensivpatienten hat-       ge, an denen eine mechanische Beatmung eingesetzt
          ten die Intensivpatienten, die im Krankenhaus verstar-     wird, und wenn ein niedriger Personalschlüssel besteht
          ben, im Verlauf häufiger eine Herzinsuffizienz, Nieren-    (11). Dieser wirtschaftliche Anreiz könnte auch erklä-
          erkrankungen, chronische Lungenerkrankungen oder           ren, warum die Zahl und Belegungsraten von Intensiv-
          zerebrovaskuläre Erkrankungen (eGrafiken 1 und 2).         betten in Krankenhäusern aller Größen stetig ansteigen
                                                                     (12), obwohl die Zahl der Krankenhausbetten insgesamt
          Trends bei Krankenhaustodesfällen insgesamt und            zurückgeht (13). Dieser Anreiz könnte auch den Anstieg
          mit Intensivtherapie von 2007–2015 stratifiziert nach      der Fälle mit komplexer Intensivtherapie beschleunigt
          Altersgruppen                                              haben, den wir nach der Einführung der strengeren, aber
          Grafik 3, eTabelle 4 und eGrafik 4 zeigen Kranken-         besser finanzierten OPS-Codes 8–98f fanden.
          haustodesfälle insgesamt und Todesfälle mit Inan-             2012 betrug die Zahl der Intensivbetten in Deutsch-
          spruchnahme einer Intensivtherapie in verschiedenen        land 31,8/100 000 (14); sie war damit höher als in den
          Altersgruppen. Die Zunahme von Todesfällen unter In-       USA und doppelt so hoch wie im europäischen Durch-
          anspruchnahme einer Intensivtherapie war in der Al-        schnitt (15). Bemerkenswerterweise geht diese Ent-
          tersgruppe ab 65 Jahren am deutlichsten; sie war drei-     wicklung mit einem Pflegeschlüssel einher, der zu den
          mal so hoch wie der Zuwachs der Krankenhaustodes-          niedrigsten innerhalb Europas gehört (16). In England,
          fälle insgesamt in dieser Altersgruppe. Bei Patienten ab   wo finanzielle Anreize und gesellschaftliche Perspekti-
          85 Jahren stieg die Zahl der Todesfälle mit Inanspruch-    ven anders sind, ergab die Analyse der Krankenhaus-
          nahme einer Intensivtherapie um durchschnittlich           entlassdaten, dass nur 5,1 % der Todesfälle nach Inan-
          7,0 % pro Jahr und damit um das Zweifache schneller        spruchnahme einer Intensivtherapie erfolgten und bei
          als die Krankenhaussterblichkeit in dieser Altersgruppe    Patienten ab 85 Jahren fast keine Intensivtherapie ein-
          (eTabelle 4). Die Einführung neuer OPS-Codes im Jahr       gesetzt wurde (17).
          2010 für die Intensivtherapie bei Kindern und Jugendli-       Obwohl die absolute Zahl der Fälle mit Palliativbe-
          chen führte zu einer vorübergehenden Reduzierung der       handlung von 541 auf 5 084 um das Zehnfache gestie-
          codierten intensivmedizinische Behandlungen für diese      gen ist, war die Inanspruchnahme insgesamt im Ver-
          Altersgruppe (Grafik 3, eGrafik 3b).                       gleich zu anderen Ländern deutlich seltener. Der Man-
                                                                     gel an palliativer Versorgung kann auch eine Rolle bei
          Diskussion                                                 der steigenden Nutzung der Intensivtherapie am Ende
          Unsere Studie untersuchte Trends bei Todesfällen im        des Lebens spielen. Weniger aggressive und teure Al-
          Krankenhaus insgesamt und Todesfällen mit Inan-            ternativen wie die Unterbringung in Hospizen oder eine
          spruchnahme einer Intensivtherapie zwischen 2007 und       ambulante palliative Versorgung haben dazu beigetra-
          2015. Im Jahr 2015 starben etwa 50 % der Deutschen         gen, den Trend der Krankenhausaufenthalte am Le-

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  TABELLE 2

  Entlassart von Überlebenden nach einer Krankenhausbehandlung mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie

                                                            2007      2008      2009      2010      2011       2012         2013           2014      2015
          alle Überlebenden, n                            457 331    494 194   525 635   552 108   571 302    589 347     602 754         624 032   627 578
          Entlassart, n (%)
          Behandlung regulär beendet                      310 216    338 868   359 343   375 840   386 163    401 129     412 519         429 968   431 608
                                                           (67,8)     (68,6)    (68,4)    (68,1)    (67,6)     (68,1)      (68,4)          (68,9)    (68,8)
          Verlegung in ein anderes                         73 334    77 324    81 081    84 770    87 073      91 498      93 131         98 426    101 726
          Krankenhaus                                      (16,0)    (15,6)    (15,4)    (15,4)    (15,2)      (15,5)      (15,5)         (15,8)     (16,2)
          Verlegung ins Hospiz                            446 (0,1) 520 (0,1) 574 (0,1) 622 (0,1) 637 (0,1) 691 (0,1) 777 (0,1) 934 (0,1) 922 (0,1)
          Entlassung in Rehabilitations-                   55 290     56 473    60 311    63 659    66 713     64 447      63 109          59 076    56 913
          einrichtung                                      (12,1)     (11,4)    (11,5)    (11,5)    (11,7)     (10,9)      (10,5)          (9,5)     (9,1)
          Entlassung ins Pflegeheim                          9 052    11 306    13 917    15 708    17 517     19 000       20 352         22 032    22 894
                                                            (2,0)     (2,3)     (2,6)     (2,8)     (3,1)      (3,2)        (3,4)          (3,5)     (3,6)
          andere                                             8 993     9 703    10 409    11 509    13 199     12 582       12 866         13 596    13 515
                                                            (2,0)     (2,0)     (2,0)     (2,1)     (2,3)      (2,1)        (2,1)          (2,2)     (2,2)

  GRAFIK 2

                                     12

                                                                                                        alle Todesfälle, rohe Raten
                                     10
    Todesfälle pro 1 000 Einwohner

                                                                                                        alle Todesfälle, standardisiert
                                      8

                                                                                                        Todesfälle im Krankenhaus, roohe Raten
                                      6

                                                                                                        Todesfälle im Krankenhaus, sttandardisiert
                                      4

                                                                                                        Todesfälle im Krankenhaus miit Inanspruchnahme
                                      2                                                                 einer Intensivtherapie, rohe Raaten

                                      0                                                                 Todesfälle im Krankenhaus miit Inanspruchnahme
                                          2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015                  einer Intensivtherapie, standarrdisiert
                                                              Jahr

Rohe und standardisierte Raten von Todesfällen

bensende im Großbritannien umzukehren (18). Eine                                          ge der von uns analysierten Routinedaten beantwortet
palliative Versorgung im Krankenhaus kann den Bedarf                                      werden. Unsere Daten beschreiben jedoch wichtige
an einer Intensivtherapie am Lebensende reduzieren                                        Trends mit Auswirkung für künftige Patienten, Angehöri-
(19). Unsere Studie zeigte, dass nur 0,1 % der Intensiv-                                  ge, Ärzte und Pflegekräfte sowie politische Entschei-
patienten in ein Hospiz entlassen wurden, verglichen                                      dungsträger. Weitere prospektive Studien sind erforder-
mit 5,9 % der Patienten mit Sepsis in den USA (20). In                                    lich, um den Nutzen und Schaden der Inanspruchnahme
Kanada erhielten fast die Hälfte aller Patienten, die im                                  einer Intensivtherapie am Lebensende zu bewerten.
Krankenhaus verstarben, auch eine palliative Versor-                                         Blickt man auf andere Länder, zeigt sich, dass bei-
gung (21). In den Niederlanden ist die Rate der statio-                                   spielsweise in den USA die Zahl der Inanspruchnahme
nären Palliativversorgung (1,27/100 000 Einwohner)                                        einer mechanischen Beatmung bei Pflegeheimbewoh-
doppelt so hoch wie in Deutschland (0,73) (22).                                           nern mit fortgeschrittener Demenz von 2000 bis 2013
   Die Frage, inwieweit die Versorgung mit einer Inten-                                   um das Doppelte angestiegen ist, ohne dass sich die
sivtherapie am Lebensende dem Patientenwillen ent-                                        Sterberate verbessert hat (8). Auf der Ebene der Kran-
spricht oder zur Übertherapie beiträgt – was wiederum                                     kenhäuser war die Zunahme der Intensivbetten über die
die Behandlungsteams stärker belastet und die Kosten im                                   Zeit mit dem zunehmenden Einsatz der mechanischen
Gesundheitssystem erhöht –, kann nicht auf der Grundla-                                   Beatmung bei diesen Patienten verbunden (8).

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019                                                                                                     657
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            GRAFIK 3

                                                 a) Krankenhaustodesfälle mit Intensivtherapie, Anzahl der Fälle

                                                 90 k
                                                 80 k
                                                 70 k
               Anzahl der Todesfälle

                                                 60 k
                                                 50 k
                                                 40 k
                                                 30 k
                                                 20 k
                                                 10 k
                                                   0
                                                                       < 18                   18–44                   45–64                      > 64
                                                                                                       Altersgruppe

                                                 b) Krankenhaustodesfälle mit Intensivtherapie, Anteil an allen Sterbefällen in Deutschland
               % Anteil an allen Sterbefällen

                                                20%

                                                15%

                                                10%

                                                  5%

                                                  0%
                                                                       < 18                   18–44                   45–64                      > 64
                                                                                                       Altersgruppe

                                                Jahr       2007        2008         2009        2010        2011          2012         2013         2014         2015

          Trends der Todesfälle im Krankenhaus mit Inanspruchnahme von Intensivtherapie in Deutschland von 2007 bis 2015. Die Zahl der Todesfälle
          wird in Tausend (k) dargestellt.

             In einer deutschen Single-Center-Befragung unter                                                Zusammengenommen zeigen unsere Daten die
          Angehörigen von Sepsis-Patienten gaben 23 % an,                                                 wachsende Nachfrage nach einer Versorgung am Le-
          dass die Intensität der Therapie nicht den Wünschen                                             bensende auf der Intensivstation (End-of-life Care)
          der Patienten entsprochen habe (23). Allerdings liegt                                           und damit die Chance, die palliativmedizinische Ver-
          die Prävalenz von Patientenverfügungen bei Patienten,                                           sorgung im Krankenhaus und insbesondere auf der In-
          die auf der Intensivstation (ITS) verstarben, nur zwi-                                          tensivstation umzusetzen und zu stärken (2). Ange-
          schen 9 und 13 % (24, 25). Obwohl Patientenverfü-                                               sichts der Tatsache, dass die meisten kritisch kranken
          gungen selten spezifisch genug sind, um definitive                                              Patienten ihre Entscheidungsfähigkeit verloren ha-
          Entscheidungen über die Intensität der Behandlung am                                            ben, liegen Entscheidungen zur Therapiezieländerung
          Ende des Lebens zu treffen (26) und möglicherweise                                              oder zur Nicht-Aufnahme von Patienten mit schlech-
          wenig oder gar keine Auswirkungen auf die Intensität                                            ter Prognose in den Händen von Ärzten und Angehö-
          der durchgeführten Therapie haben (25, 27), deutet die                                          rigen. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, palliati-
          geringe Prävalenz darauf hin, dass das Bewusstsein für                                          ve Behandlungen besser auf einer Intensivstation und
          die Bedeutung von Vorausverfügungen in der Bevölke-                                             von ausgebildetem und erfahrenem Intensivstations-
          rung gering ist. Dies könnte auch zur wachsenden                                                personal durchführen zu lassen. Jedoch erfordert die
          Inanspruchnahme von Intensivtherapien am Lebens-                                                Versorgung am Lebensende (End-of-life Care) eine
          ende beitragen. In den USA rechnet man damit, dass                                              interdisziplinäre Zusammenarbeit, Entscheidungsfin-
          sich die steigende Nachfrage nach einer Intensivthera-                                          dung und Kommunikation mit Angehörigen. Um die
          pie bei einem unveränderten Umfang von Personal und                                             entsprechenden Kompetenzen zu erwerben und um-
          Ressourcen negativ für alle Patienten auf der Intensiv-                                         zusetzen, bedarf es einer zusätzlichen Aus- und Wei-
          station auswirkt und die Anforderungen an das Perso-                                            terbildung, einer besseren Vergütung und mehr Perso-
          nal noch verschärft werden (28).                                                                nal (11).

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MEDIZIN

Stärken und Schwächen
Die Stärke dieser Studie liegt in ihrer Repräsentativität       Kernaussagen
aufgrund der Verwendung von deutschlandweiten Rou-
tinedaten. Darüber hinaus haben wir einen konservati-           ● Eine Auswertung der DRG-Statistik (DRG, „diagnosis related groups“) zeigt, dass in
ven Ansatz gewählt, um die Inanspruchnahme von In-                 Deutschland weniger Menschen im Krankenhaus sterben, jedoch mehr Menschen
tensivtherapien zu identifizieren. Die Codierung wird              am Lebensende im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden.
streng von staatlichen Stellen überwacht und routine-           ● Etwa 25 % der im Krankenhaus Verstorbenen erhielten 2015 eine Intensivtherapie
mäßig von ausgebildeten Ärzten des Medizinischen                   während des Krankenhausaufenthaltes.
Dienstes der Krankenkassen (MDK) überprüft.
                                                                ● In der Altersgruppe ab 65 Jahren stieg die Zahl der im Krankenhaus Verstorbenen,
   Diese Studie hat auch wichtige Einschränkungen:
                                                                   die eine Intensivtherapie erhalten hatten, zwischen 2007 und 2015 von 63 235 auf
Wir können keine Informationen über die Schwere der
                                                                   85 904 und damit dreimal so schnell wie die Zahl der Krankenhaustodesfälle, die
kritischen Krankheit, die klinische Entscheidungsfin-
                                                                   sich von 322 911 auf 354 910 erhöhte.
dung oder den vermutlichen oder tatsächlichen Patien-
tenwillen liefern. Daher können wir nicht beurteilen, ob        ● Diese Ergebnisse erfordern verstärkte Anstrengungen zur Umsetzung und Stärkung
die Nutzung der Intensivtherapie am Lebensende ange-               der palliativmedizinischen Versorgung auf der Intensivstation.
messen ist und den Präferenzen der Patienten ent-
spricht. Dennoch ist die Tatsache wichtig, dass die Ver-
sorgung am Lebensende auf der Intensivstation (End-
of-life Care) bei älteren Patienten zunimmt.                    Resümee
   Wir können nicht unterscheiden, ob ein stationärer           Vor dem Hintergrund der wachsenden Verfügbarkeit
Patient während oder nach der Behandlung auf der In-            von Intensivbetten in Deutschland haben wir einen An-
tensivstation verstarb. Obwohl unser Ansatz Daten zur           stieg der Krankenhaussterblichkeit bei Patienten, die
Nutzung einer Intensivtherapie während eines Kran-              eine Intensivtherapie in Anspruch nehmen, in allen Er-
kenhausaufenthalts liefert, erlaubt er es nicht, den An-        wachsenengruppen und insbesondere bei älteren Men-
teil der Patienten zu identifizieren, die auf der Intensiv-     schen von 2007–2015 festgestellt. Die zunehmende In-
station sterben. Wir können weder Transfers zwischen            anspruchnahme der Versorgung am Lebensende auf der
der Intensiv- und der Normalstation nachvollziehen              Intensivstation (End-of-Life Care) erfordert verstärkte
noch die zugrunde liegenden medizinischen und ethi-             Anstrengungen, um Patientenpräferenzen zu ermitteln
schen Entscheidungen abbilden.                                  und umzusetzen sowie Maßnahmen und Kostenerstat-
   Wir können keine Patienten identifizieren, die zur           tungsstrategien zu entwickeln, damit die Qualität der
palliativen Versorgung an anderer Stelle von der Inten-         Versorgung dieser Patienten am Lebensende verbessert
sivstation entlassen wurden. Aufgrund der geringen              werden kann.
Codierung von palliativer Versorgung oder Verlegung
ins Hospiz ist es jedoch unwahrscheinlich, dass dies für        Danksagung
                                                                Wir danken Dr. Hannah Wunsch für ihre hilfreichen Kommentare bei der
viele Patienten gilt.                                           Erstellung des Manuskripts.
   Ein Sektionsbias kann durch Patienten bestehen, die
innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme auf die              Datenquelle
                                                                Forschungsdatenzentrum des Statistischen Bundesamtes und Statistische
Intensivstation versterben und von den entsprechenden           Ämter der Länder (DRG-Statistik 2007–2015)
OPS-Codes nicht erfasst werden. Dies führt möglicher-
weise zu einer Unterschätzung der Anzahl von Todes-             Förderung
                                                                Für diese Studie wurden Fördermittel des Bundesministeriums für Bildung
fällen nach Inanspruchnahme einer Intensivtherapie.             und Forschung (BMBF) über das Center for Sepsis Control and Care
   Da die Patienten anonymisiert sind, werden wieder-           (CSCC; FKZ: 01EO1002 und 01EO1502) via InfectControl2020 (FKZ:
holte Krankenhauseinweisungen für einzelne Patienten            03ZZ0819B) zur Verfügung gestellt.
und Verlegungen zwischen Krankenhäusern nicht be-
                                                                Interessenkonflikt
rücksichtigt. Dies schränkt unsere Untersuchung von             Prof. Reinhart ist Gesellschafter von Inflarx Jena und Berater von Adreno-
Krankenhausaufenthalten am Ende des Lebens nicht                med Henningsdorf/Berlin.
ein, sondern limitiert die Möglichkeit, wiederholte             Dr. Dennler erhielt Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung der
                                                                Aesculap Akademie.
Krankenhauseinweisungen und -transfers zu untersu-
chen.                                                           Die übrigen Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
   Schließlich kann die Codierung von Erkrankungen
                                                                Manuskriptdaten
und Prozeduren ungenau sein, durch Codierungsanrei-             eingereicht: 29. 1. 2019, revidierte Fassung angenommen: 8. 7. 2019
ze beeinflusst werden und sich im Laufe der Zeit geän-
dert haben. Diese Anreize können insgesamt zu einer             Literatur
vermehrten Codierung von Intensivtherapie mit hoher              1. Gomes B, Calanzani N, Gysels M, Hall S, Higginson IJ: Heterogeneity
                                                                    and changes in preferences for dying at home: a systematic review.
Erlösrelevanz führen. Daher ist die Auslegung von                   BMC Palliat Care 2013; 12: 7.
Trends, die auf der DRG-Statistik basieren, vorläufig            2. Curtis JR, Vincent JL: Ethics and end-of-life care for adults in the in-
aussagekräftig. Weitere prospektive Daten sind nötig,               tensive care unit. Lancet 2010; 376: 1347–53.
um die zugrunde liegenden Mechanismen der beobach-               3. Hartog CS, Hoffmann F, Mikolajetz A, et al.: Nicht-nutzbringende The-
                                                                    rapie und emotionale Erschöpfung in der Lebenszeitpflege : Ergebnis-
teten Zunahme von Intensivtherapien im Krankenhaus                  se einer Umfrage unter Intensivstation Personal. Anästhesist 2018;
am Lebensende von Patienten zu verstehen.                           67: 850–8.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019                                                                                      659
MEDIZIN

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    sivmed Notfmed 2015; 110: 264–71.                                                         Anschrift für die Verfasser
14. Bittner MI, Donnelly M, van Zanten AR, et al.: Wie wird die Intensivpflege erstattet?     PD Dr. med. Christiane S. Hartog
    Ein Überblick über acht europäische Länder. Ann Intensivmedizin 2013; 3: 37.              Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
15. Rhodes A, Ferdinande P, Flaatten H, et al.: Die Variabilität der Bettenzahlen in der      Charité Universitätsmedizin Berlin
    kritischen Pflege in Europa. Intensivmedizin Med 2012; 38: 1647–53.                       Charitéplatz 1, 10117 Berlin
16. Aiken LH, Sloane DM, Bruyneel L, et al.: Nurses‘ reports of working conditions and        Christiane.hartog@mailbox.org
    hospital quality of care in 12 countries in Europe. Int J Nurs Gestüt 2013; 50: 143–53.
                                                                                              Zitierweise
17. Wunsch H, Linde-Zwirble WT, Harrison DA, et al.: Use of intensive care services
                                                                                              Fleischmann-Struzek C, Mikolajetz A, Reinhart K, Curtis JR, Haase U,
    during terminal hospitalizations in England and the United States. Am J Respir Crit
                                                                                              Thomas-Rüddel D, Dennler U, Hartog CS: Hospitalization and intensive therapy at the
    Care Med 2009; 180: 875–80.
                                                                                              end of life—a national analysis of DRG statistics from 2007–2015. Dtsch Arztebl Int
18. Gomes B, Calanzani N, Higginson IJ: Umkehrung der britischen Trends anstelle              2019; 116: 653–60. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0653
    des Todes: Zeitreihenanalyse 2004–2010. Palliat Med 2012; 26: 102–7.
19. Khandelwal N, Kross EK, Engelberg RA, Coe NB, Long AC, Curtis JR: Estimating              ►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter:
    the effect of palliative care interventions and advance care planning on ICU utiliza-      www.aerzteblatt-international.de
    tion: a systematic review. Crit Care Med 2015; 43: 1102–11.
20. Rhee C, Dantes R, Epstein L, et al.: Incidence and trends of sepsis in US hospitals         Zusatzmaterial
    using clinical vs claims data, 2009–2014. JAMA 2017; 318: 1241–9.                           Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
                                                                                                www.aerzteblatt.de/lit3919 oder über QR-Code
21. Qureshi D, Tanuseputro P, Perez R, et al.: Place of care trajectories in the last two
    weeks of life: a population-based cohort study of ontario decedents. J Palliat Med          eMethodenteil, eTabellen und eGrafiken:
    2018; 21: 1588–95.                                                                          www.aerzteblatt.de/19m0653 oder über QR-Code

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MEDIZIN

Zusatzmaterial zu:

Hospitalisierung und Intensivtherapie am Lebensende
Eine nationale Analyse der DRG-Statistik zwischen 2007 und 2015
Carolin Fleischmann-Struzek, Anna Mikolajetz, Konrad Reinhart, J. Randall Curtis, Ulrike Haase,
Daniel Thomas-Rüddel, Ulf Dennler, Christiane S. Hartog
Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 653–60. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0653

   eTABELLE 1

   Entwicklung von Intensivbetten

                      Gesamtzahl der                Krankenhäuser mit              Krankenhausbetten                  Intensivbetten              Belegung/Abrechnungstage
                      Krankenhäuser                   Intensivbetten                                                                                auf der Intensivstation
       2015                1 956                           1 177                         499 351                          27 489                            8 050 451
       2014                1 980                           1 191                         500 680                          27 018                            7 919 139
       2013                1 996                           1 198                         500 671                          26 579                            7 756 268
       2012                2 017                           1 213                         501 475                          26 162                            7 657 365
       2011                2 045                           1 245                         502 029                          25 519                            7 517 367
       2010                2 064                           1 260                         502 749                          24 974                            7 413 503
       2009                2 084                           1 283                         503 341                          24 553                            7 306 278
       2008                2 083                           1 281                         503 360                          23 890                            7 042 898
       2007                2 087                           1 286                         506 954                          23 357                            6 944 587

Daten über die Anzahl der Krankenhausbetten, Betten für die Intensivstation und Belegungstage auf der Intensivstation wurden von der Website der Gesundheitsberichterstattung des Bundes
(GBE) www.gbe-bund.de abgerufen.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial                                                                                                             I
MEDIZIN

     eTABELLE 2

     Demografie, Komorbiditäten und Ressourcennutzung für Krankenhauspatienten mit Intensivbehandlung

                                                                          2007, N = 538 309                     2011, N = 667 448                  2015, N = 736 444
      Alter in Jahren, Median (IQR)                                             69 (57; 77)                          70 (57; 78)                        71 (58; 79)
      weibliches Geschlecht, %                                                         42,0                                 42,1                               41,7
      Charlson-Komorbiditätsindex, Median (IQR)                                    2 (1; 4)*                             2 (1; 4)                           2 (1; 4)
      Komorbiditäten nach Charlson, %
           0                                                                          18,4*                                 18,6                               17,1
           1                                                                          26,3*                                 26,2                               25,3
           2–4                                                                        50,5*                                 50,5                               52,3
           >4                                                                           4,7*                                 4,8                                5,2
      Krankenhausaufenthaltsdauer, Tage, Median (IQR)                             14 (8; 24)                          13 (8; 23)                         13 (7; 22)
      chirurgische Behandlung, n (%)                                        325 767 (60,5)                       382 391 (57,3)                     414 058 (56,2)
      Nierenersatzbehandlung, n (%)                                          40 976 (7,6)                         54 252 (8,1)                        58 502 (7,9)
      mechanische Beatmung, n (%)                                           135 688 (25,0)                       181 705 (27,2)                     224 852 (30,5)
           mehr als 4 Tage, n (%)                                            83 833 (15,6)                       104 620 (15,7)                     119 655 (16,2)
      Tracheostomie                                                          35 673 (6,6)                         42 331 (6,3)                        42 650 (5,8)
           temporär, n (%)                                                    28 111 (5,2)                        32 898 (4,9)                        32 048 (4,4)
           dauerhaft, n (%)                                                    8 620 (1,6)                        10 539 (1,6)                        11 723 (1,6)
      Palliativmedizin, n (%)                                                    541 (0,1)                          2 133 (0,3)                        5 084 (0,7)

* Beschreibende Statistiken beziehen sich auf früheste verfügbare Daten aus dem Jahr 2010, N = 646 048
IQR, Interquartilsabstand

II                                                                                                 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial
MEDIZIN

   eTABELLE 3

   Entlassarten nach der DRG-Statistik

     Entlassart                        Erklärung
     regulär                           Behandlung regulär beendet
                                       Behandlung regulär beendet, nachstationäre Behandlung vorgesehen
     anderes Krankenhaus               Verlegung in ein anderes Krankenhaus
                                       Verlegung in ein anderes Krankenhaus im Rahmen einer Zusammenarbeit; externe Verlegung zur psychiatrischen Behandlung
     Hospiz                            Entlassung in ein Hospiz
     Rehabilitationseinrichtung        Entlassung in eine Rehabilitationseinrichtung
     Pflegeheim                        Entlassung in eine Pflegeeinrichtung
     andere                            Behandlung aus sonstigen Gründen beendet
                                       Behandlung aus sonstigen Gründen beendet, nachstationäre Behandlung vorgesehen
                                       Behandlung gegen ärztlichen Rat beendet
                                       Behandlung gegen ärztlichen Rat beendet, nachstationäre Behandlung vorgesehen
                                       Zuständigkeitswechsel des Kostenträgers
                                       interne Verlegung mit Wechsel zwischen den Entgeltbereichen der DRG-Fallpauschalen, nach der BPflV oder für besondere
                                       Einrichtungen nach § 17b Abs.1 Satz 15 KHG
                                       Fallabschluss (interne Verlegung) bei Wechsel zwischen voll- und teilstationärer Behandlung
                                       Entlassung zum Jahresende bei Aufnahme im Vorjahr (für Zwecke der Abrechnung, § 4 PEPPV)

BPflV, Bundespflegesatzverordnung; DRG, „diagnosis related groups“; KHG, Krankenhausfinanzierungsgesetz; PEPPV, Vereinbarung zum pauschalierenden Entgeltsystem für psychiatrische
und psychosomatische Einrichtungen

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial                                                                                                       III
MEDIZIN

     eTABELLE 4

     Krankenhaustodesfälle und Krankenhaustodesfälle mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie in verschiedenen Altersgruppen in den Jahren
     2007–2015*

      alle Altersgruppen                                               2007         2008         2009            2010       2011        2012        2013       2014        2015
      jünger als       alle Todesfälle, n                              4 543        4 272        4 142           3 982      4 026       3 723       3 756      3 681       3 926
      18 Jahre
                       Krankenhaustodesfälle, n (%)                    3 238        3 046        2 845           2 875      2 878       2 757       2 749      2 701       2 914
                                                                       (71,3)       (71,3)       (68,7)          (72,2)     (71,5)      (74,1)      (73,2)     (73,4)      (74,2)
                       Krankenhaustodesfälle mit Inanspruch-           104          415          494             404        421         422         439        426         444
                       nahme einer Intensivtherapie, n (%)             (2,3)        (9,7)        (11,9)          (10,1)     (10,5)      (11,3)      (11,7)     (11,6)      (11,3)
      18–44 Jahre      alle Todesfälle, n                              22 430       21 422       20 628          19 907     18 661      17 381      16 877     16 079      16 589
                       Krankenhaustodesfälle, n (%)                    9 062        8 519        8 106           7 904      7 489       6 992       6 819      6 510       6 725
                                                                       (40,4)       (39,8)       (39,3)          (39,7)     (40,1)      (40,2)      (40,4)     (40,5)      (40,5)
                       Krankenhaustodesfälle mit Inanspruch-           2 894        2 913        2 805           2 748      2 843       2 585       2 638      2 603       2 666
                       nahme einer Intensivtherapie, n (%)             (12,9)       (13,6)       (13,6)          (13,8)     (15,2)      (14,9)      (15,6)     (16,2)      (16,1)
      45–64 Jahre      alle Todesfälle, n                              111 854      112 402      112 273         113 542    115 732     115 970     118 883    116 800     120 320
                       Krankenhaustodesfälle, n (%)                    58 177       58 127       58 119          58 657     59 840      59 172      60 622     58 924      60 524
                                                                       (52,0)       (51,7)       (51,8)          (51,7)     (51,7)      (51,0)      (51,0)     (50,4)      (50,3)
                       Krankenhaustodesfälle mit Inanspruch-           14 745       15 485       15 935          16 727     17 692      17 798      18 958     19 010      19 852
                       nahme einer Intensivtherapie, n (%)             (13,2)       (13,8)       (14,2)          (14,7)     (15,3)      (15,3)      (15,9)     (16,3)      (16,5)
      65 Jahre         alle Todesfälle, n                              688 328      706 342      717 501         721 337    713 909     732 508     754 309    731 796     784 365
      und älter
                       Krankenhaustodesfälle, n (%)                    322 911      329 250      337 400         336 054    329 795     335 152     345 000    333 021     354 910
                                                                       (46,9)       (46,6)       (47,0)          (46,6)     (46,2)      (45,8)      (45,7)     (45,5)      (45,2)
                       Krankenhaustodesfälle mit Inanspruch-           63 235       66 952       71 584          74 061     75 190      77 119      81 287     80 991      85 904
                       nahme einer Intensivtherapie, n (%)             (9,2)        (9,5)        (10,0)          (10,3)     (10,5)      (10,5)      (10,8)     (11,1)      (11,0)
      Untergruppe                                                      2007         2008         2009            2010       2011        2012        2013       2014        2015
      85 Jahre         alle Todesfälle, n                              258 291      272 476      279 990         285 965    289 344     304 338     319 369    313 421     343 908
      und älter
                       Krankenhaustodesfälle, n (%)                    94 880       100 209      103 973         105 317    105 416     110 906     116 948    115 071     125 628
                                                                       (36,7)       (36,8)       (37,1)          (36,8)     (36,4)      (36,4)      (36,6)     (36,7)      (36,5)
                       Krankenhaustodesfälle mit Inanspruch-           11 182       12 544       13 757          14 616     15 245      16 367      17 461     17 931      19 205
                       nahme einer Intensivtherapie, n (%)             (4,3)        (4,6)        (4,9)           (5,1)      (5,3)       (5,4)       (5,5)      (5,7)       (5,6)

* dargestellt werden absolute Zahlen (n) und Anteile an den Todesfällen der jeweiligen Altersgruppe (%)

IV                                                                                                        Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial
MEDIZIN

  eGRAFIK 1

                                                0%        4%         8%           12 %      16 %      20 %    24 %          26 %     32 %

                             Herzinsuffizienz
                        Nierenerkrankungen
               Diabetes ohne Folgeschäden
              chronische Lungenerkrankung
                                  Herzinfarkt
                           Tumorerkrankung
              periphere Gefäßerkrankungen
             zerebrovaskuläre Erkrankungen
                      Hemi- oder Paraplegie
                 Diabetes mit Folgeschäden
          metastasierende Tumorerkrankung
                                    Demenz
              leichtgradige Lebererkrankung
                              Ulkuskrankheit
  mittel- bis schwergradige Lebererkrankung
                   rheumatische Erkrankung
                                   AIDS/HIV

Veränderungen der Komorbiditäten für alle Krankenhausentlassungen mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie von 2010 (graue Kreise) bis
2015 (schwarze Kreise)

  eGRAFIK 2

                                                0              8%     12 %       16 %    20 %   24%   26 %   32 %    36 %     40 %   44 %

                             Herzinsuffizienz
                        Nierenerkrankungen
               Diabetes ohne Folgeschäden
              chronische Lungenerkrankung
             zerebrovaskuläre Erkrankungen
                           Tumorerkrankung
              periphere Gefäßerkrankungen
                                  Herzinfarkt
                      Hemi- oder Paraplegie
                 Diabetes mit Folgeschäden
                                    Demenz
              leichtgradige Lebererkrankung
          metastasierende Tumorerkrankung
  mittel- bis schwergradige Lebererkrankung
                              Ulkuskrankheit
                   rheumatische Erkrankung
                                   AIDS/HIV

Veränderungen der Komorbiditäten bei allen Krankenhaustodesfälle mit Inanspruchnahme einer Intensivtherapie von 2010 (graue Kreise) bis
2015 (schwarze Kreise)

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial                                                                    V
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            eGRAFIK 3

                             a) intensivmedizinische OPS-Codes für Erwachsene
                             800 000
                                           8–980         8–98f
                             700 000
                             600 000
                   d Fälle
                     Fäll

                             500 000
            A hl der

                             400 000
            Anzahl

                             300 000
                             200 000
                             100 000
                                   0
                                       2007   2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
                                                                  Jahr

                             b) intensivmedizinische OPS-Codes für Kinder und Jugendliche
                              18 000
                                           8–98c          8–98d
                              16 000
                              14 000
                   d Fälle
                     Fäll

                              12 000
            A hl der

                              10 000
            Anzahl

                               8 000
                               6 000
                               4 000
                               2 000
                                   0
                                       2007   2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
                                                                  Jahr

          Anzahl der Intensivstationsbehandlungen von 2007 bis 2015 nach unterschiedlichen Codes
          für die Klassifizierung von Operationen und Verfahren (OPS-Codes):
          a) OPS-Codes für intensivmedizinische Komplexbehandlung 8–980 und kostenaufwändige
             intensivmedizinische Komplexbehandlung 8–98f;
          b) OPS Codes für intensivmedizinische Komplexbehandlung für Kinder und Jugendliche,
             8–98c und 8–98d

VI                                                                              Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial
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                           eGRAFIK 4

                                                                a) Krankenhaustodesfälle, Anzahl der Fälle

                                                               400 k
                                                               350 k
                              Anzahl der Todesfälle
                                                               300 k
                                                               250 k
                                                               200 k
                                                               150 k
                                                               100 k
                                                                50 k
                                                                  0
                                                                                     < 18                    18–44                 45–64                    > 64
                                                                                                                 Altersgruppe (Jahre)

                                                                b) Krankenhaustodesfälle, prozentualer Anteil an allen Sterbefällen in Deutschland
                              % Anteil an allen Sterbefällen

                                                               80%

                                                               60%

                                                               40%

                                                               20%

                                                                 0%
                                                                                     < 18                    18–44                 45–64                    > 64
                                                                                                                 Altersgruppe (Jahre)

                                                               Jahr       2007        2008        2009         2010        2011        2012          2013      2014   2015

                        Krankenhaustodesfälle pro Jahr nach Altersgruppen stratifiziert; Säulen bilden die Jahre von 2007 bis 2015 ab. Die Zahl der Todesfälle wird in
                        Tausend (k) dargestellt.

Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial                                                                                               VII
MEDIZIN

eMETHODENTEIL

Ergänzung zur Methode
Datenquellen
Für die Analyse von Krankenhausaufenthalten mit und ohne Intensivtherapie haben wir die Fallpau-
schalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik; DRG, „diagnosis related groups“) verwendet.
Die DRG-Statistik ist eine bundesweite Statistik mit vollständigen stationären Daten aller Akutkran-
kenhäuser in Deutschland, ausgenommen Militär- oder Gefängniskliniken. Diese Daten sind über den
Weg der Ferndatenverarbeitung durch das Statistische Bundesamt zugänglich. Jeder Krankenhausauf-
enthalt wird als Einzeleintrag behandelt und enthält eine Hauptdiagnose aus der ICD-10 German Mo-
dification (ICD-10-GM), bis zu 89 sekundäre ICD-10-GM-Diagnosen, bis zu 100 OPS-Codes (Klas-
sifizierung von Operationen und Verfahren) sowie Daten über die Krankenhausaufenthaltsdauer, die
Art der Aufnahme und Entlassung sowie demografische Angaben der Patienten. Darüber hinaus wur-
den die Bevölkerungs- und Sterbestatistik des Statistischen Bundesamtes verwendet, die online zu-
gänglich sind (www-genesis.destatis.de/genesis/online). Die Daten über die Anzahl der Kranken-
haus- und Intensivstationsbetten und die Tage der Belegung auf der Intensivstation wurden von der
Website der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE ) (www.gbe-bund.de) abgerufen.

Beschreibung der Patienten
Wir identifizierten stationäre Patienten jeden Alters zwischen 2007 und 2015 und schlossen Fälle mit
unbekanntem Alter und Geschlecht aus. Um Patienten ausfindig zu machen, die auf der Intensivstati-
on behandelt wurden, wurde ein konservativer Ansatz gewählt und es wurden entsprechende Codes
für die Klassifizierung von Operationen und Verfahren verwendet (OPS-Codes 8–980, 8–98c, 8–98d,
8–98f). Diese Codes wurden eingeführt, um die sogenannte intensivmedizinische Komplexbehand-
lung zu spezifizieren. Um eine Übercodierung zu verhindern, ist die Verwendung dieser Codes an
strenge Voraussetzungen gebunden, einschließlich der ständigen Anwesenheit eines Arztes, eines
Teams von spezialisierten Krankenschwestern und Ärzten sowie eines Aufenthalts von mindestens 24
Stunden. Eine Überwachung ohne Behandlung eines Organversagens und eine kurzfristige Stabilisie-
rung nach chirurgischer Behandlung können nicht mit diesen Codes verschlüsselt werden. Die Inan-
spruchnahme von Intensivtherapieleistungen bei terminalen Krankenhausaufenthalten wurde durch
die Anzahl der Patienten bestimmt, die im Krankenhaus starben und während ihres Krankenhausauf-
enthalts zu irgendeiner Zeit auf der Intensivstation behandelt worden waren.
   Wir werteten zudem folgende demografische Angaben aus:
   ● Alter
   ● Geschlecht
   ● bestehende Komorbidität unter Verwendung des Charlson Comorbidity Index, der durch primäre
     und sekundäre ICD-Entlassungsdiagnosen (CCI) (9) identifiziert wird
   ● Ressourcennutzung einschließlich Krankenhausaufenthaltsdauer (LOS)
   ● chirurgische Behandlung (jeder OPS-Code für chirurgische Erkrankungen, OPS 5–01–5–99)
   ● Nierenersatztherapie (OPS-Codes 8–853, 8–854, 8–855)
   ● mechanische Beatmung (OPS-Codes 8–70, 8–71)
   ● Tracheostomie (OPS-Codes 5–311 für temporäre und 5–312 für permanente Tracheostomie)
   ● palliativmedizinische Komplexbehandlung, die in spezialisierten Palliativstationen (8–98e) oder
     von Palliativmedizinern und multidisziplinären Teams auf jeder Krankenhausstation einschließ-
     lich Intensivstationen (8–982) erbracht werden kann
   ● Entlassarten
   ● Krankenhaussterblichkeit.

Statistische Analysen
Die Daten wurden mit SAS (Version 9.4; SAS Institute, Cary, NC, USA) und R (Version 3.4.0; R
Core Team, Wien, Österreich) analysiert und als Prozentsätze, Zahlen, Mediane und Interquartilsab-
stand (IQRs) oder Mittelwerte und Standardabweichungen (SD) dargestellt.
   Wir haben die jährlichen bevölkerungsbasierten Inzidenzen berechnet. Diese haben wir nach Alter-
und Geschlechtsverteilung zum 31. Dezember 2007 auf Basis bundesweiter Bevölkerungsdaten des
Statistischen Bundesamtes für die Jahre 2007–2015 entsprechend der deutschen Bevölkerungsstruk-
tur standardisiert. Angesichts der Größe des Datensatzes haben wir keine inferenziellen Statistiken
durchgeführt, da anzunehmen ist, dass alle Vergleiche statistisch unterschiedlich sind.

VIII                                                                  Deutsches Ärzteblatt | Jg. 116 | Heft 39 | 27. September 2019 | Zusatzmaterial
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