IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt

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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
IHK-Handlungsprogramm 2016 – 2020

          Industrie- und Handelskammer
          Erfurt
IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
Inhalt

Verantwortung für Wirtschaft und Region................................................................................. 6

Das Leitbild der IHK Erfurt.............................................................................................................10

Die Kernthemen

    Ansehen des Unternehmertums stärken..............................................................................12

    Wirtschafts- und Regionalpolitik für Nord- und Mittelthüringen.............................. 14

    Ausbildung und Fachkräftesicherung...................................................................................20

    Zukunftssicherung durch Internationalisierung und Digitalisierung.......................... 26

    Moderne Verwaltung und nachhaltige Haushaltspolitik................................................ 32

    Mittelstandsfreundliche regionale Energie- und Klimapolitik......................................36

    Existenzgründung und Mittelstand.......................................................................................44

Mitglieder der Vollversammlung der IHK Erfurt......................................................................48

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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
Verantwortung für
Wirtschaft und Region

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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
78 Unternehmer aus Mittel- und Nordthüringen wurden für die Legislaturperiode 2016 –
2020 in die Vollversammlung der IHK Erfurt gewählt. Sie übernehmen mit ihrem Mandat Ver-
antwortung für den Wirtschaftsstandort und haben entschieden, sich aktiv einzubringen und
Stellung zu beziehen.
Für diese Positionierung der IHK gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit ist ein
Handlungsprogramm unverzichtbar.
Welche wirtschaftspolitischen Schwerpunkte werden gesetzt? Welche Themen sind von be-
sonderem Interesse? Worauf konzentrieren wir die haupt- und ehrenamtlichen Kapazitäten?
Mit dem vorliegenden IHK-Handlungsprogramm werden die Leitplanken des ehrenamtlichen
Engagements der Vollversammlung für die Jahre 2016 – 2020 fixiert. Zahlreiche Ideen und
Anregungen aus den ehrenamtlichen Gremien sind darin eingeflossen. Das Handlungspro-
gramm umfasst die Kernthemen, die für die Region und die Arbeit der IHK als zentral iden-
tifiziert wurden. Für jedes Kernthema sind die wesentlichsten Herausforderungen und Ziel-
stellungen beschrieben.
Durch Beschluss der Vollversammlung der IHK Erfurt ist das Handlungsprogramm das Fun-
dament der Kammerarbeit bis 2020.

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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
Inhalt

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Inhalt

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IHK-Handlungsprogramm 2016 2020 - IHK Erfurt
Das Leitbild der IHK Erfurt

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Inhalt

In der Industrie- und Handelskammer Erfurt sind ca. 65.000 Mitgliedsunternehmen aus den
Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen organisiert.

Als Selbstverwaltungsorganisation vertritt die IHK Erfurt das Gesamtinteresse ihrer Mitglieds-
unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit und setzt sich für die Schaf-
fung mittelstandsfreundlicher Rahmenbedingungen ein. Sie ist kritischer Partner der Politik
und Sprachrohr der Wirtschaft in der Region Nord- und Mittelthüringen. Durch die gesetzliche
Mitgliedschaft wird die politische Neutralität gesichert und Unabhängigkeit garantiert.

Als Körperschaft des öffentlichen Rechts übernimmt die Kammer vom Gesetzgeber übertragene
hoheitliche Aufgaben, zum Beispiel in der dualen Berufsausbildung, bei der Exportförderung
oder der Sachverständigenbestellung.

Als kundenorientierter Dienstleister bietet die IHK ihren Mitgliedern ein umfangreiches Service-
angebot, unterstützt die Unternehmen bei der Erschließung neuer Märkte im In- und Ausland,
berät Existenzgründer und hilft bei der Bestandssicherung und Neuansiedlung.

Die Arbeit der rund 100 hauptamtlich Beschäftigten wird durch mehr als 3.000 Ehrenamtliche
aus den Mitgliedsunternehmen unterstützt, die die IHK-Arbeit in zahlreichen Gremien ge-
stalten. Mit ihrer Erfahrung und Expertise tragen sie wesentlich dazu bei, dass unternehme-
rischer Sachverstand die Grundlage des Handelns ist.

Die IHK Erfurt ist seit dem Jahr 2002 nach der Qualitätsnorm ISO 9001 und der Umweltnorm
ISO 14001 zertifiziert und stellt in diesem Zusammenhang die selbst erhobenen Ansprüche
ständig auf den Prüfstand, um mit der Umsetzung und Weiterentwicklung nach innen und
außen eine hohe Kundenzufriedenheit bei den Mitgliedsunternehmen zu erreichen.

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Die Kernthemen

Ansehen des Unternehmertums stärken
Unternehmen bilden die wirtschaftliche Basis unserer Gesellschaft. Thüringen ist geprägt von
einem starken aber zumeist sehr kleinteiligen inhabergeführten Mittelstand. Dieser sichert
traditionell eine starke Bindung zwischen Unternehmer und Mitarbeitern und übernimmt
Verantwortung für die Region. Dennoch ist das Bild des Unternehmers in der Öffentlichkeit
bzw. den Medien nicht nur positiv besetzt. Die Vermittlung von wirtschaftsnahem Wissen in
den Schulen / Hochschulen ist unzureichend und nicht zeitgemäß. Das Leitbild des ehrbaren
Kaufmanns prägt die Grundausrichtung und die Arbeit der IHK-Organisation. Nicht zuletzt
das ehrenamtliche Engagement von über 3.000 Unternehmensvertreterinnen und -vertretern
in der Kammerarbeit ist Beleg hierfür.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Das Ansehen der Unternehmer in der öffentlichen Wahrnehmung muss gestärkt werden.
Die Unternehmer erwarten die Wertschätzung ihrer Arbeit, ihres Engagements, aber auch
der Verantwortung, die sie für sich und ihre Mitarbeiter übernehmen. Sie wünschen sich
mehr Verständnis für die Herausforderungen, vor denen sie in der globalisierten und
flexiblen Welt tagtäglich stehen. Sie wollen stärker eigenverantwortlich agieren, statt ent-
mündigt zu werden.

„Selbstständigkeit“ und „Wirtschaft“ gehören bundesweit in die Lehrpläne. Know-how und
Interesse am Unternehmertum erhöhen Gründungschancen, sichern Fachkräftenachwuchs,
sind Basis für Gründungen mit Innovationspotenzial und legen den Grundstein für Betriebs-
nachfolgen.

Benötigt wird ein stärkerer Dialog zwischen Unternehmern einerseits und gesellschaftlichen
Akteuren wie Schulen, Hochschulen und Politik andererseits, um das Verständnis für unter-
nehmerisches Handeln zu verbessern.

WAS WIR TUN:

Die IHK Erfurt wirkt an der Stärkung des Unternehmertums in Thüringen mit, indem sie Un-
ternehmen von der Gründungsphase an begleitet, ihnen ein breites Dienstleistungsangebot
zur Verfügung stellt und ihre Interessen vertritt.

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Inhalt

Durch die Mitarbeit in regionalen und überregionalen Netzwerken wird für die positive Wahr-
nehmung des Unternehmertums geworben, das einen großen Teil des Wohlstandes unserer
Region erwirtschaftet.

Die Kammer gibt Impulse für gesellschaftliches Engagement, indem sie den Austausch guter
Beispiele innerhalb der Unternehmen fördert.

Die Unternehmen werden bei der Umsetzung einer betrieblichen CSR-Strategie in Form von
Beratungen, Seminaren und Lehrgängen unterstützt.

Corporate Social Responsibility (CSR) ist Thema in den IHK-eigenen Gremien und regionalen
und überregionalen Netzwerken.

Die IHK Erfurt geht mit gutem Beispiel voran und führt eine Compliance-Richtlinie ein.

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Die Kernthemen

Wirtschafts- und Regionalpolitik für Nord- und Mittelthüringen
Infrastruktur und Mobilität, inkl. Breitband

Eine gut ausgebaute und funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für den
wirtschaftlichen Erfolg des Kammerbezirkes Erfurt im Herzen Europas. Seine zentrale Lage und
die damit verbundene hervorragende Erreichbarkeit, eine hohe Qualität der Verkehrswege und
eine effiziente Vernetzung der Verkehrssysteme haben die Entwicklung zu einem der größten
europäischen Logistikdrehkreuze ermöglicht. In Folge steigender Verkehrsmengen verschärfen
sich bestehende Infrastrukturengpässe weiter. Staus und stockender Verkehr lassen sich nur
vermeiden, wenn Lückenschlüsse und intelligente Netzergänzungen vorgenommen werden.
Eine Priorisierung der Projekte, wie sie zum Beispiel im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung
erfolgt, ist aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten notwendig und sinnvoll.
Neben der Verkehrsinfrastruktur rückt für die Gewerbetreibenden die Breitbandversorgung mehr
und mehr in den Fokus. Übertragungsgeschwindigkeiten größer als 50 MBit/s sind inzwischen
vielfach erforderlich, um große Datenmengen im Geschäftsverkehr zu transportieren. Zahlreiche
Unternehmen und Haushalte sind zwar inzwischen mit mindestens 30 MBit/s versorgt, aber
manche Kommunen verfügen immer noch über keinen Zugang zum schnellen Netz.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK Erfurt setzt sich für die Bereitstellung der notwendigen Mittel für die Infrastruk-
turinstandhaltung und deren gezielten Ausbau ein. Das politische und öffentliche Bewusstsein
für die Bedeutung von Mobilität und Verkehr ist durch eine breite Beteiligungskultur nach-
haltig zu verbessern.

Zudem müssen die Planungs- und Genehmigungszeiträume deutlich verkürzt und ausreichende
Kapazitäten für die Projektplanung und -realisierung bereitgestellt werden.

Unnötige Einschränkungen der Mobilitätsbedürfnisse der Unternehmen sind zu vermeiden.
Bei der Einführung umweltpolitischer Maßnahmen fordert die IHK Erfurt mehr Rationalität;
die Geeignetheit, Erforderlichkeit sowie Verhältnismäßigkeit konkreter Maßnahmen müssen
zwingende Voraussetzungen hierfür sein.

Für eine prosperierende Entwicklung des Logistikstandortes ist es wichtig, dass in ausreichen-
dem Maße Flächen auch für Logistik bereitgestellt werden. Der Ausbau und die Sicherung

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Inhalt

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Die Kernthemen

des schnellen Internets in allen Landesteilen als Grundlage für mobile Angebote im gewerb-
lichen Bereich (E-Government), im Gesundheitswesen (Telemedizin, mobile Sprechstunde),
im Handel (Bestellungen), im Nahverkehr (Rufbus) und bei öffentlichen Diensten (Online-
Amt) müssen gewährleistet sein.

Um die Kosten der Netze zu reduzieren, ist mehr Koordination und Kooperation der beteiligten
Akteure notwendig. Genehmigungsverfahren sind zu verschlanken.

WAS WIR TUN:

Zum Bundesverkehrswegeplan 2030 hat die IHK Erfurt gegenüber dem Bundesverkehrsminis-
terium Forderungen bezüglich der Übernahme von Projekten des weiteren Bedarfes in den
vordringlichen Bedarf aufgemacht. Das betrifft insbesondere Ortsumfahrungen und die Er-
tüchtigung von Brückenbauwerken, so z. B. im Zuge der Bundesstraße 4 die Ortsumfahrung
Straußfurt und den Abschnitt der Sundhäuser Berge sowie im Raum Eisenach die Ortsum-
fahrung Etterwinden und den Abschnitt Wilhelmsthal – Eisenach (beide B 19).

Auf Landesebene artikuliert die Kammer die Notwendigkeit, dass die Unternehmen beim
Breitbandausbau stärker in den Fokus rücken müssen. Die Breitbandinfrastruktur ist langfristig
und zukunftsorientiert zu planen. Dafür haben insbesondere die Kommunen ihre zentrale
Planungs- und Koordinierungsfunktion aktiv wahrzunehmen.

Entwicklung der Städte und Gemeinden

Die Bevölkerung des Freistaats Thüringen schrumpft und wird gleichzeitig immer älter. Die
ländlichen Räume dünnen merkbar aus. In diesem Zusammenhang richtet sich der Fokus
immer stärker auf die zentralen Orte, vor allem die Mittelzentren. Dort sind zahlreiche Un-
ternehmen angesiedelt, die Arbeitsplätze in nahezu allen Branchen bieten. Sie sind über ent-
sprechende Straßen- und Schieneninfrastrukturen an die überregionalen Netze angebunden.
Der Einzelhandel zieht sich spürbar aus den kleinen Orten zurück und verstärkt sein Netz
dort, wo die Kaufkraft höher ist und mehr Menschen leben. Gleiches trifft für das Dienstleis-
tungsgewerbe zu. Medizinische, soziale und Bildungseinrichtungen aller Art konzentrieren
sich in den Mittelzentren, eine Entwicklungseinrichtung, die für Kultur-, Sport- und Freizeit-
angebote ebenfalls zu verzeichnen ist. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren
keinesfalls umkehren, sondern fortsetzen.

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Inhalt

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die Industrie- und Handelskammer Erfurt setzt sich für funktionsfähige, belebte (Innen-)
Städte und deren Urbanität und Attraktivität ein.

Unternehmen benötigen dynamische Lebensräume, um damit qualifizierte Arbeitskräfte und
deren Familien von außen für Thüringen anzuwerben. Im Zuge der fortschreitenden Globali-
sierung wird dies ein immer wichtigerer Standortfaktor im Wettbewerb um die Ansiedlung
bzw. Bindung von Unternehmen.

Es muss gelingen, in den zentralen Orten die Infrastruktur entsprechend zu bündeln und
diese als Ankerpunkte für die umgebenden ländlichen Räume zu entwickeln.

In kleineren Gemeinden ist eine entsprechende Daseinsvorsorge zu gewährleisten, dafür
sollten innovative Konzepte entwickelt werden.

WAS WIR TUN:

Die IHK Erfurt hat eine Netzwerkinitiative „Innenstädte erfolgreich machen“, gestartet, die pi-
lothaft in den Städten Apolda, Eisenach, Sömmerda und Sondershausen neue Ansätze zur Stär-
kung der Innenstädte entwickelt. Diese soll auf weitere Mittelzentren übertragen werden.

Zudem beschäftigt sich die Kammer mit der Nahversorgung im ländlichen Raum und berät
Gewerbetreibende und kommunale Akteure. Grundlage ist eine mit der Fachhochschule
Erfurt erarbeitete Studie.

Arbeitsmarktpolitik

Die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes und die damit einhergehende niedrige Arbeits-
losenzahl erfordern ein Umdenken bei Thüringer Unternehmen und den Arbeitsmarktakteuren.
Die IHK Erfurt erarbeitet mit letzteren gemeinsam Strategien, um die Potenziale der ver-
schiedenen Arbeitsmarktgruppen zu heben und damit einen drohenden Fachkräftemangel
abzuwenden.

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Die Kernthemen

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Inhalt

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Um die Erwerbstätigenquote weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten, bedarf es ziel-
gruppenorientierter Maßnahmen, z. B. für Ältere, Frauen, Rückkehrer, Ausländer, Behinderte
oder Berufseinsteiger.

Schon seit langem fordert die IHK Erfurt eine bundesweit einheitliche und wirtschafts-
freundliche Anwendung der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des Arbeitszeitgesetzes
(ArbZG) zur Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen.

Die IHK Erfurt erachtet die soziale und berufliche Integration von Langzeitarbeitslosen als
beschäftigungspolitisch sinnvoll. Die zugehörigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sollen
vorrangig der Rückführung betroffener Personen in den ersten Arbeitsmarkt dienen. Jedoch
ist aus Sicht der Wirtschaft darauf zu achten, dass bei der konkreten Umsetzung der zu-
gehörigen Tätigkeiten die Gemeinnützigkeit und Zusätzlichkeit im Vordergrund stehen.

WAS WIR TUN:

Die Kammer unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen bei der Umsetzung einer modernen Per-
sonalpolitik, welche die Besonderheiten vorgenannter Personenkreise berücksichtigen sollte.
Damit ermöglicht sie die erfolgreiche Umsetzung eines Diversitymanagements und trägt zur
Verbesserung des Arbeitgeberimages bei.

Bereits im Gesetzgebungsverfahren nimmt die IHK Erfurt Stellung zu arbeitsmarktpolitischen
Themen auf Bundes- und Landesebene und bringt schon im Abstimmungsprozess neuer Ge-
setzesvorhaben die Forderungen aus Sicht der Wirtschaft ein.

Im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen für Sonn- und Feiertagsarbeit werden antragstel-
lende Firmen mit der Beibringung von Informationen zu ausländischen Arbeits- und Energie-
bestimmungen sowie mithilfe von Stellungnahmen unterstützt.

Die IHK Erfurt prüft Beschäftigungsmöglichkeiten des zweiten Arbeitsmarktes nach den Vor-
gaben des „Kriterienkataloges der Thüringer Industrie- und Handelskammern“ im Rahmen
der Bewilligungsverfahren. Im Rahmen von zugehörigen Votierungs- und Bewertungsverfahren
wird gewährleistet, dass es durch öffentlich geförderte Beschäftigung nicht zu Benachteiligung
regionaler Arbeitgeber kommt.

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Die Kernthemen

Ausbildung und Fachkräftesicherung

Berufsorientierung

Das Leistungsniveau der in der Wirtschaft zur Verfügung stehenden Fachkräfte kann nur so
gut sein, wie das Bildungssystem, das sie zu durchlaufen haben. Jugendliche optimal auf die
Anforderungen in den Unternehmen vorzubereiten, ist die wesentliche Aufgabe der Berufs-
orientierung.
Ein großer Anteil der Jugendlichen strebt eine weiterführende Schulform nach der Realschule
an. Die dabei erzielten Abschlüsse stärken zusätzlich das Potenzial der Studienbewerber oder
sind in der Wirtschaft nicht verwertbar.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Alle Schulabgänger ab der siebenten Klasse sollen eine optimale und praxisnahe Berufsvorberei-
tung erhalten. Dabei sind die Vorstellungen der Schüler über den Berufsalltag zu schärfen und
elementare Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge und Abläufe zu vermitteln.

Die duale Erstausbildung ist noch stärker zu bewerben, um den Jugendlichen und Eltern die
Vorteile eines sofortigen Ausbildungsbeginns nach der allgemeinbildenden Schule zu vermitteln.

Die Zahl der vollzeitschulischen Maßnahmen ist weiter einzugrenzen und neue Angebote
sind zu verhindern, sofern kein adäquater dualer Ausbildungsberuf existiert.

Pädagogen aus allgemeinbildenden Schulen müssen einen Einblick in die wirtschaftliche
Wirklichkeit erhalten, beispielsweise über Betriebsbesichtigungen und Expertengespräche zu
aktuellen beruflichen Inhalten und betrieblichen Anforderungen.

WAS WIR TUN:

Das Angebot an Praktikastellen über die zentrale Lehrstellenbörse entwickelt die IHK-Orga-
nisation permanent weiter.

In Kooperation mit den Agenturen für Arbeit sollen möglichst viele EQ-Praktikanten in eine
duale Ausbildung überführt werden.

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Inhalt

Die IHK Erfurt verstärkt über Aktionen und Initiativen, wie z. B. „Bosse in Schulen“, „Azubis
als Lehrer“ oder „Leistung lohnt!“ die Ansprache potentieller Bewerber.

Auf zentralen und regionalen Berufsorientierungsmessen präsentiert die Kammer die Vorteile
einer dualen Ausbildung und mögliche Karrierewege gegenüber Schülern und Jugendlichen.
Berufseinsteigern soll klar kommuniziert werden, dass ein Berufsabschluss der wichtigste
Baustein in der persönlichen Karriereplanung ist.

Aus- und Weiterbildung

Eine leistungsstarke duale Ausbildung ist die Grundsäule der Fachkräftegewinnung in den
Unternehmen. Die demografischen Veränderungen sind in Thüringen wesentliche Ursache
dafür, dass zunehmend Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Mit steigenden Altersabgängen
in den Unternehmen und der ungebrochenen Orientierung vieler junger Menschen zu einem
Studium wird es für die Unternehmen immer schwieriger, Nachwuchs zu finden.

Innerhalb des Arbeitsprozesses hat sich das lebenslange Lernen zu einem der Schlüsselfelder
in der Wissens- und Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts entwickelt. Berufskarrieren
werden länger und vielfältiger, Fort- und Weiterbildung in verschiedenen Lebensphasen
immer notwendiger und selbstverständlicher. Unternehmen müssen noch stärker lern- und
veränderungswillige Mitarbeiter entwickeln und fördern.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Das umfangreiche Angebot an Ergänzungslehrgängen und Zusatzqualifikationen, welches
eine hohe Ausbildungsqualität ermöglicht, muss zeitnah an betriebliche Entwicklungen an-
gepasst werden.

In den Berufsschulen sind qualitativ hochwertige Bildungsangebote vorzuhalten. Das betrifft
die Ausbildung und Qualifikation der Lehrkräfte ebenso, wie die Ausstattung der Schulen.

Die Vermittlung der Kenntnisse in den berufsbildenden Schulen als dualer Partner muss ab-
gestimmt mit dem Trainingsprozess der Fertigkeiten erfolgen. Hierzu ist ein langfristig gesi-
chertes Berufsschulnetz erforderlich. Auch unter dem Nachteil möglicher weiter Schulwege
liegt die Priorität auf einem nachhaltigen Angebot.

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Die Kernthemen

Es sind Verfahren einzuführen und zu forcieren, die eine bessere und schnellere Kommunika-
tion zwischen Unternehmen, Auszubildenden, Prüfungsteilnehmern und der IHK ermöglichen.
Dies gilt auch im Prüfungsprozess und betrifft hauptsächlich die Be- und Verarbeitung von
Prüfungsanmeldungen und die Bekanntgabe von Prüfungsergebnissen. Darüber hinaus sind
bestehende Verfahren im Bereich der Online-Prüfungen permanent weiterzuentwickeln.

Ausbildungsverträge sollen gemäß den Regelungen des Berufsbildungsgesetzes zukünftig
online bearbeitet werden. Dies ermöglicht den Betrieben dauerhaft ein effizientes, rechtssi-
cheres und zeitgemäßes Ausbildungsmanagement.

Das System der Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung ist anhand betrieblicher Erfordernisse
permanent weiterzuentwickeln. Firmennähe, effektive Angebote und eine sinnvolle zeitliche
Durchführung sind an den betrieblichen Arbeitsablauf anzupassen. Ebenso spielt die Verzah-
nung von Aus- und Weiterbildung eine immer größere Rolle zur Personalgewinnung.

WAS WIR TUN:

Neben leistungsstarken und ausbildungswilligen Bewerbern werden auch vermehrt Jugend-
liche mit Vermittlungshemmnissen, Menschen mit Behinderungen, Studienaussteiger und
ausländische Fachkräfte in den Fokus genommen, um die Lücken zu schließen.

Auch in der praktischen Ausbildung in den Unternehmen muss die Qualität und die Vollstän-
digkeit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten höchste Priorität haben, um die Wettbe-
werbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern.

Im Berufsbildungsausschuss soll ein regelmäßiger Austausch zu qualitätssichernden Maß-
nahmen erfolgen. Ausbilder und Prüfer werden regelmäßig geschult.

Der von der IHK Erfurt entwickelte Azubi-Ausweis hat sich als wichtiges Instrument für die
Qualitätssicherung erwiesen, da damit jeder Jugendliche direkt Kontakt zu „seinem“ IHK-Bil-
dungsberater aufnehmen kann. Er soll beibehalten und weiterentwickelt werden.

Die IHK Erfurt bietet den Unternehmen zur kurz- und langfristigen Personalentwicklung pass-
fähige Seminare, optimierte Lehrgänge in Vorbereitung auf Fachwirt-, Meister- und Be-
triebswirteprüfungen sowie modernste Bildungsangebote an.

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Inhalt

Vereinbarkeit von Beruf und Familie / Unternehmenskultur

Eine familienfreundliche Unternehmenskultur ist für die Betriebe ein entscheidender Faktor
um Arbeitskräfte zu binden und zu finden. Firmen können mithilfe einer lebensphasenorien-
tierten Personalpolitik auf die familiären Verpflichtungen ihrer Beschäftigten eingehen und
diese weitestgehend in Einklang mit den betrieblichen Erfordernissen bringen. Dabei geht es
nicht nur um unterstützende Maßnahmen für Eltern, sondern auch um Beschäftigte, die An-
gehörige betreuen oder pflegen. Dies steigert intern die Arbeitgeberattraktivität und extern
die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen und somit den Wirtschaftsstandort Thüringen.

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Die Kernthemen

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK Erfurt setzt sich gemeinsam mit Partnern aus Politik und Wirtschaft dafür ein, die
Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf weiterhin zu fördern. Dabei gilt es, die Rahmen-
bedingungen der Kinderbetreuung (inkl. Schulkinder) und Betreuung hilfebedürftiger Familien-
angehöriger stetig zu verbessern.

Die Betriebe werden bezüglich einer modernen Unternehmenskultur sensibilisiert. Diese be-
inhaltet neben einer familienfreundlichen Personalpolitik Handlungsfelder wie Betriebliches
Gesundheitsmanagement, wertebasierte Führungskultur, Diversity-Management oder Corpo-
rate Social Responsibility.

WAS WIR TUN:

Den Mitgliedsunternehmen werden weitreichende Informationen zu allen Aspekten ihrer Un-
ternehmens- und Führungskultur sowie individuelle Beratung im Unternehmen zu Instru-
menten praktischer Personalarbeit angeboten.

Im IHK.Netzwerk Personal erfolgt ein regelmäßiger Fachinput und -austausch für Personaler
aus der Region.

Die IHK Erfurt hat die Firmendatenbank um das Modul „Attraktive Arbeitgeber“ ergänzt, so
dass Betriebe ihre Maßnahmen wertschätzender Personalführung vorstellen können.

Flüchtlinge

Für die Eingliederung von Flüchtlingen in Deutschland sind eine erfolgreiche berufliche Qua-
lifizierung und die Integration in den Arbeitsmarkt von grundlegender Bedeutung. Angesichts
der hohen Zugangszahlen von Asylsuchenden stellen sich die Anforderungen, die damit für
alle Beteiligten verbunden sind, mit besonderer Dringlichkeit. Mit Blick auf die Berufsbildung
geht es insbesondere um Fragen wie den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse, die Feststellung
beruflicher Kompetenzen sowie um Beratungs- und Begleitungsangebote, um den Zugang zu
Ausbildung und/oder zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Mittel- und langfristiges Ziel ist die
dauerhafte gesellschaftliche Integration ausländischer Mitbürger in die deutsche Gesellschaft.
Ein durch fehlende Perspektiven misslungener Einstieg junger Menschen in die Arbeitswelt

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Inhalt

birgt die Gefahr von Orientierungslosigkeit, von gesellschaftlicher Isolation und damit erfolg-
loser Integration.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Obwohl ein hoher Prozentsatz der Asylbewerber im erwerbsfähigen Alter ist und diese nicht
unerhebliche Qualifikationen mitbringen, liegen Fähigkeiten, Motivation und Bereitschaft oft
monatelang ungenutzt. Daher müssen alle Reserven für eine individuelle Qualifizierungs-
und Berufswegeplanung sowie Begleitung genutzt werden.

Der Personenkreis der Geflüchteten muss strukturiert und permanent auf erreichte Leis-
tungsstufen, insbesondere der Sprachkompetenz, überprüft werden, um Teilnehmer zeitnah
in den Vermittlungsprozess einzubinden. Die Kombination von anfänglicher Begleitung und
passgenauen Qualifizierungsangeboten ist Voraussetzung für den Berufseinstieg in Unter-
nehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung.

Es ist der Aufbau einer einheitlichen Regionalstruktur thüringenweit erforderlich. Hierdurch
wird eine Ausbildungsplatzbesetzung nach einheitlichen Standards zur Verbesserung der be-
ruflichen Integration von Flüchtlingen und im Freistaat lebender ausländischer Mitbürger
gesichert.

WAS WIR TUN:

Mit dem Projekt zur Förderung der beruflichen Integration von Flüchtlingen (FIF) kümmert
sich die IHK Erfurt darum, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Neben der Beratung
zur Berufsanerkennung und einer persönlichen Berufsorientierung werden Ausbildungsun-
ternehmen und Flüchtlinge zusammengebracht und der Berufseinstieg begleitet. Die Kammer
nimmt Einfluss auf bestmögliche Angebote zur Sprachqualifikation von Flüchtlingen, um
eine dauerhafte Integration zu sichern.

Zudem unterstützt die Kammer die Unternehmen bei der Durchführung eigener Projekte zur
Integration von Flüchtlingen und sorgt für eine Nachhaltigkeit bei der Sicherung und dem
Transfer von Erfahrungen und Erfolgsrezepten.

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Die Kernthemen

Zukunftssicherung durch Internationalisierung und Digitalisierung
Außenwirtschaft: Trends, Entwicklungen, Globalisierung, Europäische Union

Mit der Steigerung des Außenhandels in den letzten Jahren ist die Internationalisierung in
Thüringen weiter fortgeschritten. Deutlichen Nachholbedarf hat die Industrie noch beim Aus-
landsumsatz. Die Exportquote des Verarbeitenden Gewerbes lag in Thüringen 2015 bei etwa 33
Prozent und damit deutlich unter dem Bundesschnitt von rund 49 Prozent. Eine Ursache dafür
sind die regelmäßig hohen Aufwendungen zur Entwicklung und Umsetzung einer betrieblichen
Auslandsstrategie; dies übersteigt häufig die Möglichkeiten der kleineren Thüringer Unterneh-
men. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen sich viele Unternehmen gerade
im Mittelstand stärker international ausrichten. Zur weiteren Förderung des Interesses für
(außen-)wirtschaftliche Betätigungen, gerade auch des unternehmerischen Nachwuchses,
bedarf es zugleich auch der politischen Unterstützung und gesellschaftlichen Verankerung.

Die zunehmende globale Vernetzung und weitere internationale Handelserleichterungen ver-
sprechen neue Chancen auf den Weltmärkten, gebieten aber zugleich planvolles Vorgehen.
Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) gestalten sich die wachsenden büro-
kratischen Anforderungen im Außenwirtschaftsrecht, z. B. Exportkontrollerfordernis, zuneh-
mend schwierig. Sowohl für internationale und europäische Waren- und Dienstleistungsge-
schäfte als auch bei grenzüberschreitender Kooperation in Forschung und Entwicklung
benötigen Unternehmen verlässliche Markt- und Rechtsinformationen. Insbesondere für
kleine und mittelständische Unternehmen sind zuverlässige Geschäftspartner im Ausland un-
abdingbar für ihren internationalen Erfolg.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Kleine und mittelständische Unternehmen in Nord- und Mittelthüringen gilt es, in ihren
außenwirtschaftlichen Aktivitäten weiterhin zu stärken.

Gezielte, bedarfsgerecht zugeschnittene Dienstleistungen und Fördermöglichkeiten unter-
stützen die Unternehmen auf ihrem Weg ins Auslandsgeschäft. Dabei engagiert sich die IHK
Erfurt für eine Steigerung der internationalen Ausrichtung der Unternehmen sowie eine Ent-
bürokratisierung des Außenwirtschaftsrechts. Der weiteren Stärkung des europäischen Bin-
nenmarktes gilt dabei besonderes Augenmerk.

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Inhalt

WAS WIR TUN:

Als kompetenter Dienstleister unterstützt die Kammer insbesondere KMU bei der Durchführung
von Geschäften, der Geschäftsanbahnung und -erweitung auf ausländischen Märkten.

Mit laufenden Veranstaltungen zu Ländern und Fachthemen sowie zum Zoll- und Außen-
wirtschaftsrecht werden aktuelle Informationen zu zukunftsträchtigen Auslandsmärkten, zu
praktischen Durchführungsfragen im Exportgeschäft sowie zu EU-, Bundes- und Landesför-
derprogrammen zur Verfügung gestellt.

Bei den Angeboten kooperiert die IHK Erfurt insbesondere mit dem weltweiten Netz der Aus-
landshandelskammern (AHK) an 130 Standorten in 90 Ländern und nutzt die Synergien aus
dem Enterprise Europe Network (EEN) mit seinen 600 Partnern in 63 Ländern.

Durch individuelle Beratungen und Informationsveranstaltungen unterstützt die IHK Erfurt
die Unternehmen in Nord- und Mittelthüringen, bei den wachsenden Anforderungen im
Außenwirtschaftsverkehr rechtssicher zu agieren. Durch Digitalisierung auch und gerade im
Bescheinigungswesen soll dem steigenden Bürokratieaufwand begegnet und den Unternehmen
das Auslandsgeschäft erleichtert werden.

Außenwirtschaft: Abbau von Handelshemmnissen und -beschränkungen, z. B. TTIP

Eine Belastung für international aktive Unternehmen sind zunehmende Handelshemmnisse. Un-
terschiedliche Standards, lokale Zertifizierungs- oder Sicherheitsanforderungen, Zölle, der Zwang
zur Produktion vor Ort, ein erschwerter Zugang zu öffentlichen Aufträgen, Vorgaben zum Tech-
nologietransfer oder andere Regelungen erschweren ein erfolgreiches Export- und Importgeschäft
und beeinträchtigen die Wettbewerbsposition der Unternehmen auf den internationalen Märkten.
Dabei besteht ein gesamtwirtschaftliches Interesse an offenen Märkten und freiem Kapital-
verkehr – denn diese generieren Wachstum und Wohlstand. Durch Bürokratieabbau und Kos-
tenreduktion in der Produktion profitieren sowohl Unternehmen als auch Verbraucher.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Um den internationalen Handels- und Dienstleistungsverkehr weiter zu erleichtern, setzt sich
die IHK Erfurt für den Abbau von Handelshemmnissen ein.

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Die Kernthemen

Multilaterale Vereinbarungen bleiben der Königsweg zur Liberalisierung. Der Trend zu Regio-
nalabkommen, beispielsweise der Transpazifischen Partnerschaft, erhöht die Handlungsnot-
wendigkeit der EU weiter, im weltwirtschaftlichen Getriebe nicht ins Hintertreffen zu gera-
ten, internationale Wirtschaftsbeziehungen weiterhin zu gestalten und für die Sicherung
ihres Wohlstandes zu sorgen. Bilaterale Freihandelsabkommen, wie die geplante Transpazifi-
sche Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit den USA, sind Schritte in die richtige
Richtung und setzen Liberalisierungsimpulse gegen protektionistische Tendenzen.

WAS WIR TUN:

Die Kammer fordert, den globalen Handel mittelstandsfreundlicher zu gestalten. Ein mittel-
standsfreundliches TTIP gewährleistet u.a. eine effiziente, transparente und unbürokratische
Zollabwicklung mit einfachen Ursprungsregeln, Erleichterungen bei der Visaerteilung für Ge-
schäftsabwicklungen und den Anforderungen für die Doppelzertifizierung bei gleichem Si-
cherheitsniveau.

Wissenstransfer und Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft

Die Kooperation über formelle und informelle Netzwerke ist einer der Schlüssel der wirt-
schaftlichen und wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit Thüringens. Dem Transfer technischen
Wissens von den Hochschulen und Forschungsinstituten in die Industrieunternehmen ist eine
sehr hohe Bedeutung beizumessen. Generiert wird Wissen an zahlreichen Hochschulen; ge-
braucht wird es in den Unternehmen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen ohne
eigene Forschungsabteilung können in besonderem Maße von externer Forschung profitieren,
vor allem wenn sie marktorientiert erfolgt.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die Leistungsangebote der Unternehmen und der Hochschulen sind transparenter zu gestalten
und Unternehmen und Wissenschaft zu vernetzen, sei es z. B. durch Informationsveranstal-
tungen, Netzwerktreffen oder persönliche Beratung.

Die Forschungsaktivitäten an den Thüringer Hochschulen sollen sich noch stärker an dem Be-
darf der Thüringer Wirtschaft ausrichten, damit eine Kooperation auch mit kleinen Unter-
nehmen erleichtert wird.

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Inhalt

WAS WIR TUN:

Neben dem Dachverband der Thüringer industrienahen Forschungseinrichtungen, dem For-
schungs- und Technologieverbund Thüringen e.V., kooperiert die IHK Erfurt mit den in Thü-
ringen ansässigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Zukünftig soll die Zusammenführung der spezifisch wirtschaftlichen Fragestellungen mit den
Fachkompetenzen der relevanten Wissenschaftseinrichtungen weiter ausgebaut werden. Da-
zu strebt die IHK Kooperationen, beispielsweise solche mit dem Staatswissenschaftlichen
Forum e.V. der Universität Erfurt, an.

Zudem wird die Einrichtung von Fachbeiräten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik (z. B.
Fachbeirat Wirtschaft 4.0) initiiert und die Einbindung in entsprechenden Dialogforen und
Plattformen gesichert.

Technologieförderung

Sowohl die Investitions- als auch die Innovationsförderung müssen wichtige Säulen der
Wirtschaftsförderung bleiben. Der Fokus auf Qualität der Arbeitsplätze und Produktivitäts-
erhöhung wird begrüßt, ebenso die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten
einzelner Unternehmen sowie im Verbund zwischen Unternehmen und Wissenschaft. Große
Herausforderungen für nahezu alle Unternehmen stellt die Digitalisierung dar.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die Technologieförderung sollte unternehmensnah und möglichst unbürokratisch erfolgen;
die Förderung der Einstellung von innovativem Personal gilt hier als Musterbeispiel.

Das Thema Digitalisierung muss breit kommuniziert werden. Neben der Information und Sen-
sibilisierung durch das Kammerprojekt „Thüringer Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0“ ist
ebenfalls eine gezielte Förderung von Umsetzungsprojekten in Unternehmen anzustreben.

WAS WIR TUN:

Die IHK Erfurt berät die Mitgliedsunternehmen transparent und praxisnah zum Bereich

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Die Kernthemen

Förderung. Unternehmerische Bedarfe werden aufgenommen und an die Fördermittelgeber
kommuniziert.

In die Ausgestaltung der Phase für Thüringen nach der EU-Förderperiode 2014-2020 bringt
sich die Kammer aktiv ein.

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Inhalt

Wirtschaft 4.0

 „Wirtschaft 4.0“ steht für die Digitalisierung und Vernetzung von Produkten und Dienstleis-
tungen sowie den zugrundeliegenden Geschäftsprozessen. Die Wertschöpfung der Unterneh-
men und die damit verbundene Erfüllung von Kundenanforderungen werden immer stärker
auf die Digitalisierung ausgerichtet. Die digitale Transformation ist für die momentane und
zukünftige Wertschöpfung unerlässlich und erfasst sämtliche Bereiche des betrieblichen All-
tags. Die Thüringer Unternehmenslandschaft besteht zu etwa 97 Prozent aus Klein- und
Kleinstunternehmen. Dort ist Unterstützung zur Optimierung ihrer Geschäftsprozesse durch
Digitalisierung von besonderem Bedarf.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK Erfurt engagiert sich, um die Digitalisierungsprozesse in der Thüringer Wirtschaft
voranzutreiben. Bereits in Thüringen bestehende Umsetzungsbeispiele in Unternehmen oder
auch Institutionen sollen sichtbar gemacht und damit der Erfahrungsaustausch der Unter-
nehmen branchenübergreifend angeregt werden.

Gegenüber der Politik fordern wir das Schaffen der entsprechenden Rahmenbedingungen ein,
wie der unbedingt erforderliche, weitere regionale Breitbandausbau.

WAS WIR TUN:

Dem von der IHK Erfurt als Konsortialführerin eingerichteten „Thüringer Kompetenzzentrum
Wirtschaft 4.0“ kommt eine zentrale Aufgabe zu, Unternehmen branchenunabhängig für den
Prozess Wirtschaft 4.0 zu sensibilisieren und bedarfsgerecht zu informieren. Dabei besteht
eine Kooperation insbesondere mit dem Handwerk und dem Ingenieurwesen.

Mit Hilfe von Beratungsgesprächen, Veranstaltungen, Vernetzungsangeboten und Publikatio-
nen werden die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Wertschöpfung durch Digitalisierung zu
verbessern. Wesentliche thematische Schwerpunkte bilden das digitale Büro, die digitale
Produktion, der digitale Vertrieb und digitale Geschäftsprozesse.

Dabei werden lokale und regionale Wirtschaft 4.0-Initiativen begleitet und in Zusammenarbeit
mit Experten, Unternehmen und Wissenschaftlern eine Multiplikatorenrolle durch Know-how-
Transfer und Netzwerkbildung übernommen.

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Die Kernthemen

Moderne Verwaltung und nachhaltige Haushaltspolitik

Bürokratieabbau

Die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes ist heute mehr denn je von einer modernen, leis-
tungsfähigen Verwaltung abhängig. Orts- und Sachnähe bei gleichzeitig straffer Verwal-
tungsstruktur, die Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen und die Dauer von Genehmigungen
sind wichtige Rahmenbedingungen für unternehmerisches Wirken. Zudem haben die Verwal-
tungsstrukturen in ihrer Organisation aber auch in ihrer kostenseitigen Belastung unmittelbare
Auswirkungen auf die Wirtschaft.
Thüringens Klein- und Mittelständler stehen immer neuen bürokratischen Hürden gegenüber.
Sie werden täglich mit einer Fülle von Vorgaben, Auflagen sowie Dokumentations- und Mel-
depflichten konfrontiert. Jede überflüssige Regelung, jedes zu komplizierte Verfahren verur-
sacht unnötige Zeitaufwände und Kosten für die Wirtschaft. Der spürbare Abbau von Büro-
kratie muss daher ein wichtiges Element wirtschaftsfreundlicher Politik sein. Vor allem
könnte dies ohne finanzielle Belastung verwirklicht werden und gleicht damit einem kosten-
losen Konjunkturprogramm, das der Wirtschaft neue Impulse verleiht.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK Erfurt fordert Anpassungen in den Verwaltungen aller Ebenen mit dem Ziel effizienter
und bezahlbarer Strukturen. Einer Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform steht die
Kammer aufgeschlossen gegenüber.

Neue Regeln und Vorgaben von Land, Bund und EU sind auf ihren Bürokratieaufwand für
kleine und mittlere Unternehmen zu überprüfen (KMU-Test).

Fachleute aus der Wirtschaft sind stärker als bisher in die Gesetzgebungsverfahren einzubin-
den. Die Gesetze müssen sich besser an der Unternehmenspraxis orientieren, damit ein
Gleichgewicht zwischen den politischen Absichten und den Folgen für die Wirtschaft
gefunden werden kann.

Das Thema Bürokratieabbau ist auf Landesebene mit höchster Priorität ressortübergreifend
zu bearbeiten.

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Inhalt

WAS WIR TUN:

Die Vollversammlung der IHK Erfurt hat ein Positionspapier zur Funktional-, Verwaltungs-
und Gebietsreform beschlossen und wird den Prozess entsprechend begleiten.

Mit dem gemeinsamen Gutachten der Thüringer IHKs zur „Reduzierung des Landeshaushalts-
volumens durch den Abbau von kommunalen Standards“ wurden der Landesregierung zahl-
reiche Wege aufgezeigt, Kosten zu senken und Bürokratie abzubauen.

Die IHK Erfurt hat ein Konzept für ein Thüringer Bürokratieentlastungsgesetz vorgeschlagen,
das den Rahmen für zwei Richtlinien – die Thüringer Richtlinie zur Einrichtung einer Clea-
ringstelle Mittelstand sowie die Thüringer Richtlinie zur Standardprüfung – bildet.

Das Projekt „Wirtschaftsfreundliche Verwaltung Nord- und Mittelthüringen“ mit dem Ziel,
die teilnehmenden Behörden auf dem Weg zum RAL-Gütezeichen „Mittelstandsorientierte
Kommunalverwaltung“ zu begleiten, wird fortgeführt.

Im Rahmen unserer Stellungnahmen zu Gesetzen und Verordnungen des Landes fordert die
Kammer permanent Verschlankungen, Vereinfachungen und eine Senkung der Bürokratielast,
insbesondere für den Mittelstand ein.

Landeshaushalt

Eine solide Haushaltspolitik ist wichtige Voraussetzung für die stabile wirtschaftliche Ent-
wicklung des Freistaats. Thüringen hat zwischenzeitlich rund 15 Milliarden Euro Schulden
angehäuft. Damit verbunden ist eine hohe Zinslast, die die politischen Handlungsmöglichkeiten
dauerhaft einengen und die Mittel zur Finanzierung wichtiger Zukunftsinvestitionen be-
schränken. Öffentliche Investitionen in den Ausbau und Erhaltung von Infrastruktur sind je-
doch die Basis für die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Thüringen.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK begrüßt den Ansatz der Schuldenbremse ausdrücklich, denn eine solide Haushalts-
politik ist wichtige Voraussetzung für die stabile wirtschaftliche Entwicklung des Freistaats.
Darüber hinaus fordert sie eine strikte konsolidierende Sparpolitik. Gerade in wirtschaftlich

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Die Kernthemen

starken Jahren muss auf den Aufbau neuer Schulden verzichtet und vielmehr der Abbau
struktureller Defizite angegangen werden.

WAS WIR TUN:

Die IHK steht im Dialog mit der Politik und unterbreitet Vorschläge, wo aus wirtschaftlicher
Sicht Einsparpotentiale bestehen (Gutachten zu Einsparpotentialen im Thüringer Landes-
haushalt).

Kommunalhaushalte und Gewerbesteuerhebesätze

Vor dem Hintergrund schwieriger Haushaltslagen vieler Thüringer Kommunen sehen sich die
Unternehmen massiven Gewerbesteuererhöhungen gegenüber. Diese gehen aber zu Lasten
der Liquidität der Betriebe und schlagen negativ auf ihre Investitionen sowie Innovationen
durch. Letztlich werden so Arbeits- und Ausbildungsplätze gefährdet. Zudem ist es ein Trug-
schluss, mit höheren Hebesätzen ein langfristig größeres kommunales Steueraufkommen zu
erzielen. Die betroffenen Gemeinden werden dadurch unattraktiver und geraten im Stand-
ortwettbewerb weiter ins Hintertreffen. Viele Unternehmen sind bei der Wahl ihres Stand-
ortes flexibler als früher und eher bereit, ihren bisherigen Sitz aufzugeben, um Kosten zu
sparen.
Die Entwicklung der Hebesätze für die Gewerbesteuer macht deutlich, wie sehr die Sanierung
der Kommunen auf die Steuerpolitik durchschlägt. Von vielen Gemeinden werden nicht not-
wendige Einsparungen, sondern Einnahmeerhöhungen als probates Mittel favorisiert – wenn
auch nicht immer freiwillig. In Thüringen sind die Hebesatzsteigerungen auch unmittelbares
Ergebnis kommunaler Haushaltssanierungsprogramme und damit verbundener Auflagen des
Landes, wie z. B. vorgeschriebene Erhöhungen der Hebesätze auf den Landesdurchschnitt.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Die IHK Erfurt spricht sich bei der Gestaltung der Hebesätze für Augenmaß aus: Zu hohe
Steuern werfen die Unternehmen im Wettbewerb zurück. Das wirkt sich letztlich auch auf
den Standort aus.

Ziel muss es sein, Haushaltskonsolidierungen ohne Erhöhungen der Gewerbesteuerhebesätze
zu erreichen. Die strukturellen Unterfinanzierungen der kommunalen Haushalte können nur

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Inhalt

durch rigide und umfassende Kontroll- und Sparmaßnahmen abgebaut werden. Dadurch ist
– zusammen mit einer klugen Wirtschaftspolitik – ein Anreiz für mehr Investitionen und
Neuansiedlungen gegeben.

WAS WIR TUN:

Die IHK Erfurt beobachtet die kommunale Haushalts- und Steuerpolitik intensiv und erarbeitet
Vorschläge, Anregungen und Handlungsmöglichkeiten für eine unternehmensfreundliche
Hebesatzpolitik.

Dabei wirkt die Kammer auch weiterhin darauf hin, dass die Besteuerung von Kosten –
konkret die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen – gestrichen und die Gewerbesteuer
durch ein Steuersystem abgelöst wird, das den Kommunen verlässlich Einnahmen sichert.

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Die Kernthemen

Mittelstandsfreundliche regionale Energie- und Klimapolitik

Reform Netznutzungsentgelte

Die Belastung der Thüringer Wirtschaft durch sehr hohe Strompreise stellt einen klaren
Wettbewerbsnachteil dar. So liegen die Entgelte in Thüringen etwa um 30 Prozent höher als
beispielsweise in Nordrhein-Westfalen. Mit einer Steigerung von etwa 18 Prozent gegenüber
2009 und einem Anteil von 21 Prozent am Gesamtstrompreis sind die Netzentgelte wesent-
liche Ursache für diese Preisentwicklung. Im Gegensatz zu anderen Strompreiskomponenten
wie der Stromsteuer, der EEG-Umlage oder der Mehrwertsteuer, belasten die Netzentgelte
Stromverbraucher regional sehr unterschiedlich. Abhängig von Investitionen in den Ausbau
der Verteilungs- und Übertragungsnetze sowie als Folge gesetzlicher Regelungen werden die
Netzentgelte gebietsspezifisch von den Netzbetreibern erhoben und führen zu regional un-
terschiedlichen Stromkosten, unter der besonders Thüringer Stromabnehmer leiden.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Eine gerechte Verteilung der Netznutzungsentgelte (mindestens derjenigen der Übertra-
gungsnetze) auf alle Bundesländer sowie Erzeuger und Verbraucher muss ein zentrales
Thema bei der weiteren Gestaltung der Energiewende sein.

Die Regelung der „vermiedenen Netznutzungsentgelte“ bei volatilen Einspeisern (Wind,
Sonne) ist abzuschaffen (Regelung, dass EE-Anlagenbetreiber eine Auszahlung für die Ein-
speisung in das Nieder- und Mittelspannungsnetz erhalten).

WAS WIR TUN:

Im Rahmen von Stellungnahmen, Beiratssitzungen oder Gesprächen mit Ministerien und dem
Parlament macht sich die IHK Erfurt für eine entsprechende Reform der Netznutzungsentgelte
stark.

Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Information weist die Kammer auf die unausgewo-
gene Rechtslage hin und tritt auch gemeinsam mit anderen IHKs auf Landes- und Bundese-
bene sowie über den DIHK für interessengerechtere Lösungen ein.

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Inhalt

Netzausbau

Die Achillesferse der Energiewende ist der weiterhin schleppende Netzausbau. Aufgrund der
schwankenden und meist nicht am Ort des Verbrauchs erzeugten Wind- und Solarenergie
sind mehr und intelligent verzahnte Übertragungs- und Verteilnetze sowie neue, flexibel re-
gelbare Kraftwerke und Speicher notwendig. Nur so kann Versorgungssicherheit für die re-
gionale Wirtschaft gewährleistet werden. Der (Aus-)Bau der Netzinfrastruktur ist damit eines
der zentralen Themen der Energiewende.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Ein weiterer Ausbau der Übertragungsnetze hat so schnell wie möglich zu erfolgen, um die
Kosten durch sog. Redispatchmaßnahmen aufgrund überlasteter Netze zu reduzieren. Die
steigende Menge an abgeregeltem Strom sollte genutzt werden. Eine sinnvolle Einbindung
von zuschaltbaren Lasten in den Energiemarkt könnte dabei helfen, die Netzschwankungen
zu reduzieren.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss vermehrt netzdienlich erfolgen, um eine konti-
nuierliche Netzauslastung zu erreichen. Dafür müssen Anreize geschaffen werden, Erneuer-
bare-Energie-Anlagen zuerst in Gebieten mit guter Netzstruktur anzusiedeln und technische
Möglichkeiten zur Reduzierung der schwankenden Lasten zu entwickeln und weiterzuent-
wickeln (z. B. Schwachwindturbinen, virtuelle Kraftwerke, Kurzspeicher, Wetterprognosen).

Zudem ist der Digitalisierungsgrad in der Energiewirtschaft weiter zu erhöhen. Durch eine
sinnvolle Vernetzung von kleinen und mittleren Energieerzeugungsanlagen sowie zwischen Er-
zeugern und Verbrauchern lassen sich Schwankungen im Stromnetz reduzieren und die Grund-
versorgung sicherstellen. Zusätzlich eröffnen sich durch die Möglichkeiten der Digitalisierung
neue Geschäftsmodelle im Bereich der Energieversorgung auch für branchenfremde Unternehmen.

WAS WIR TUN:

Gegenüber Politik, Umweltverbänden und Interessengruppen artikuliert die IHK Erfurt, dass
Versorgungssicherheit für die Unternehmen in Nord- und Mittelthüringen von oberer Priorität
ist. Die Energiewende kann nur mit einer Netzinfrastruktur bewerkstelligt werden, die den zu
übertragenen Strommengen gewachsen ist.

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Die Kernthemen

Mit dem „Thüringer Kompetenzzentrum Wirtschaft 4.0“ bietet die IHK Erfurt fachbereichsü-
bergreifend kompetente Beratung zu Digitalisierungsfragen und unterstützt die Mitgliedsun-
ternehmen bei der Umsetzung von Projekten, beispielsweise zur digitalen Energiewende.

Begleitung der Energiewende

Der Umbau der Energielandschaft im Zuge der Energiewende hat in Thüringen in den letzten
Jahren zu einem starken Strukturwandel geführt. Es erfolgte eine Neuausrichtung im
Strommix hin zu einem wachsenden Anteil regenerativer Energien; im Kammerbezirk der IHK
Erfurt betrug dieser Anteil im Jahr 2015 bereits 60 Prozent. Die regionale Wirtschaft schätzt
allerdings die Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit im Bundesver-
gleich besonders negativ ein. Der stetige Anstieg staatlicher und regional erhobener Strom-
preisbestandteile erhöht die Kosten und stellt einen wachsenden Standortnachteil im natio-
nalen und internationalen Vergleich dar.

Die Vielzahl regulatorischer Eingriffe in Markt und Wettbewerb sowie unzählige Richtlinien,
Gesetze und Verordnungen im Energiesektor erfordern darüber hinaus einen verstärkten
bürokratischen Aufwand und leisten Rechtsunsicherheit Vorschub.

WOFÜR WIR UNS EINSETZEN:

Es gilt, die Energiewende durch eine stärkere Marktorientierung bei größtmöglicher Versor-
gungssicherheit kostengünstig zu gestalten und den regulatorischen Rahmen im Energierecht
zu verschlanken.

Die staatlich induzierten Belastungen des Strompreises sind maßgeblich zu reduzieren, um
die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.

Die Weiterentwicklung des Strommarktes und die Schaffung eines europäischen Binnen-
strommarktes sind weitere Schritte, die Energieversorgung nach marktwirtschaftlichen Ge-
sichtspunkten zu gestalten und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Die Nutzung von Energiedienstleistungen und -managementsystemen sollte für Unternehmen
spürbar erleichtert werden. Effizienzpotenziale in Industrie und Gewerbe sowie im Gebäude-
bereich können marktorientiert am besten gehoben werden.

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Inhalt

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Die Kernthemen

Die Versorgungssicherheit und Netzstabilität ist beim Ausbau und der Integration regenerativer
Energien nicht zu gefährden.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit transpa-
rent und unter Beteiligung aller relevanten Interessenvertreter weiterzuentwickeln. Das En-
ergierecht ist zu vereinfachen und die zugrundeliegenden Gesetze, Verordnungen und Richt-
linien zu reduzieren. Ziel muss es sein, den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen
deutlich zu verringern.

Die Bestrebungen der Wirtschaft, Energie effizient einzusetzen und regenerative Energien zu
nutzen, müssen weiterhin unterstützt werden Die aktuell kaum überschaubare Fülle der För-
derprogramme (61!) sollte gebündelt und nutzerfreundlicher ausgestaltet werden. Die zur
Verfügung stehenden Mittel sind zweckdienlich und marktorientiert einzusetzen.

WAS WIR TUN:

Gegenüber Landes- und Bundespolitik setzt sich die IHK Erfurt dafür ein, dass die regionalen
Nachteile aufgrund der Energiewende ausgeglichen und unsere genannten Forderungen Ein-
gang in die Gesetzgebungsverfahren finden. Dies erfolgt im Rahmen von Stellungnahmen, in
Beiratssitzungen der betreffenden Ministerien, in relevanten Gremien auf Regional-, Landes-
und Bundesebene sowie über die Ausschüsse und Arbeitskreise der IHK-Dachorganisation
DIHK.

Abfallbehandlung

Trotz wachsender Produktion sinken die Belastungen für die Umwelt, erkennbar beispielsweise
am Rückgang der Luftverschmutzung und der Verbesserung der Gewässerqualität. Innovative
Technologien, steigende Ressourceneffizienz und gesellschaftliche Verantwortung tragen
dazu bei.
Insbesondere in der Abfallentsorgung sind zunehmend Tendenzen zu einer Ausweitung der
Betätigung der Kommunen in Nord- und Mittelthüringen erkennbar, die in Konkurrenz zu
den hier tätigen Privatunternehmen stehen. Kommunalwirtschaftliche Betätigung kann zu
Wettbewerbsverzerrungen und zu einer Existenzgefährdung mittelständischer Unternehmen
führen. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz verfestigt kommunale Monopole auch bei gewerblichen
Sammlungen, denn private Unternehmen müssen höhere Bedingungen erfüllen als Kommunen.

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