(STIKO) Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission

 
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I M P F E M P F E H L U N G E N

                Impfempfehlungen
          der Ständigen Impfkommission
                     (STIKO)
              am Robert Koch-Institut
                                                Stand: Januar 2000

Die neugefassten Impfempfehlungen der STIKO wurden 2000 als bestätigt. – Sie ersetzen die im Epidemiolo-
auf der 40. Sitzung am 28. Oktober 1999 verabschiedet gischen Bulletin des RKI (Epid. Bull.) 15/98 veröffent-
und gelten nach Eingang der Stellungnahmen ab Januar lichten Impfempfehlungen der STIKO/Stand: März 1998

Vorbemerkungen                             gabe des Arztes. Dies bedeutet, die         ✑ Empfehlungen über Verhal-
                                           Grundimmunisierung bei Säuglingen       tensmaßnahmen im Anschluss an die
     Impfungen gehören zu den wirk-        und Kleinkindern frühzeitig zu begin-   Impfung,
samsten präventiven Maßnahmen der          nen, ohne unnötige Verzögerungen            ✑ Aufklärung über Beginn und
Medizin. Moderne Impfstoffe sind gut       durchzuführen und zeitgerecht abzu-     Dauer der Schutzwirkung,
verträglich; bleibende unerwünschte        schließen. Nach der Grundimmuni-            ✑ Hinweise zu Auffrischimp-
gravierende Arzneimittelwirkungen          sierung ist bis zum Lebensende durch    fungen,
werden nur in ganz seltenen Fällen         regelmäßige Auffrischimpfungen si-          ✑ Dokumentation der Impfung
beobachtet. Unmittelbares Ziel der         cherzustellen, dass der notwendige      im Impfausweis bzw. Ausstellen einer
Impfung ist es, den Geimpften vor ei-      Impfschutz erhalten bleibt und –        Impfbescheinigung.
ner ansteckenden Krankheit zu schüt-       wenn indiziert – ein Impfschutz gegen
zen. Bei Erreichen hoher Durchimp-         weitere Infektionskrankheiten aufge-
fungsraten ist es möglich, einzelne        baut wird.                              Impfkalender für Säuglinge,
Krankheitserreger regional zu elimi-            Arztbesuche von Kindern, Ju-       Kinder und Jugendliche
nieren und schließlich weltweit auszu-     gendlichen und Erwachsenen sollten
rotten. Die Eliminierung der Masern        auch dazu genutzt werden, die Impf-          Der Impfkalender für Säuglinge,
und der Poliomyelitis ist erklärtes und    dokumentation zu überprüfen und im      Kinder und Jugendliche (Abbil-
erreichbares Ziel nationaler und in-       gegebenen Fall den Impfschutz zu        dung 1) umfasst Impfungen zum
ternationaler Gesundheitspolitik.          vervollständigen.                       Schutz vor Diphtherie (D/d), Per-
     In der Bundesrepublik Deutsch-                                                tussis (aP), Tetanus (T), Haemophilus
land besteht keine Impfpflicht. Imp-            Die Impfleistung des Arztes um-    influenzae Typ b (Hib), Hepatitis B
fungen von besonderer Bedeutung            fasst neben der Impfung:                (HB), Poliomyelitis (IPV) sowie ge-
für die Gesundheit der Bevölkerung              ✑ Informationen über den Nut-      gen Masern, Mumps und Röteln
können entsprechend § 14 Abs. 3 des        zen der Impfung und über die zu ver-    (MMR).
Bundes-Seuchengesetzes „öffentlich         hütende Krankheit,                           In Abbildung 1 sind den empfoh-
empfohlen“ werden. Diese Empfeh-                ✑ Hinweise auf mögliche Ne-        lenen Impfungen die Impftermine zu-
lungen werden von den obersten Ge-         benwirkungen und Komplikationen,        geordnet. Abweichungen vom emp-
sundheitsbehörden der Länder ausge-             ✑ Erhebung der Anamnese und        fohlenen Impfalter sind möglich und
sprochen. Versorgung bei Impfschä-         der Impfanamnese, einschließlich der    unter Umständen notwendig. Die an-
den durch „öffentlich empfohlene“          Befragung über das Vorliegen mög-       gegebenen Impftermine berücksichti-
Impfungen leisten die Bundesländer.        licher Kontraindikationen,              gen die für den Aufbau eines Impf-
     Für einen ausreichenden Impf-              ✑ Feststellen der aktuellen Be-    schutzes notwendigen Zeitabstände
schutz der von ihm betreuten Perso-        findlichkeit zum Ausschluss akuter      zwischen den Impfungen. Die Früh-
nen zu sorgen ist eine wichtige Auf-       Erkrankungen,                           erkennungsuntersuchungen für Säug-

                                                              Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000        3
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linge und Kinder, die Schuleingangs-            stellung und Schließung von Impf-            wann immer ein Kind dem Arzt vor-
untersuchung, die Jugendgesundheits-            lücken, z. B. bei der Schuleingangs-         gestellt wird, die Impfdokumentation
untersuchungen sowie die Untersu-               untersuchung, verfügen unzureichend          überprüft und fehlende Impfungen
chungen nach dem Jugendarbeits-                 geimpfte Kinder nur über einen man-          nachgeholt werden.
schutzgesetz können für die Impfpro-            gelhaften Impfschutz. Wegen der be-
phylaxe genutzt werden.                         sonderen Gefährdung in der frühen
     Um die Zahl der Injektionen                Kindheit muss es daher das Ziel sein,
möglichst gering zu halten, sollten             unter Beachtung der Mindestabstän-           Anmerkungen zu den
nach Möglichkeit Kombinationsimpf-              de zwischen den Impfungen möglichst          im Impfkalender aufgeführten
stoffe verwendet werden. Ein voll-              frühzeitig, d. h. bis zum Ende des           Impfungen
ständiger Impfschutz ist nur dann ge-           15. Lebensmonats, die empfohlenen
währleistet, wenn die vom Hersteller            Impfungen durchzuführen. Noch vor                 Diphtherie: Ab 6. bzw. 7. Lebens-
angegebene Zahl von Einzeldosen                 Schuleintritt ist für einen vollständi-      jahr (nach Angaben des Herstellers)
verabreicht wurde (Beipackzettel/               gen Impfschutz Sorge zu tragen und           wird bei Auffrischimpfungen und zur
Fachinformationen beachten).                    spätestens bis zum vollendeten 18. Le-       Grundimmunisierung ein Impfstoff
     Die Erfahrung zeigt, dass Imp-             bensjahr (d. h. bis zum Tag vor dem          mit reduziertem Diphtherietoxoid-
fungen, die später als empfohlen be-            18. Geburtstag) sind bei Jugendlichen        Gehalt (d) verwendet, in der Regel
gonnen oder für längere Zeit unter-             versäumte Impfungen nachzuholen.             kombiniert mit Tetanustoxoid oder
brochen wurden, häufig nicht zeitge-                 Unabhängig von den in Abbil-            weiteren Antigenen.
recht fortgesetzt werden. Bis zur Fest-         dung 1 genannten Terminen sollten,
                                                                                                  Haemophilus influenzae Typ b
    Abbildung 1                                                                              (Hib): Nach dem 12. bzw. 15. Lebens-
    Impfkalender für Säuglinge, Kinder und Jugendliche. Empfohlenes Impfalter und Mindest-   monat (Beipackzettel beachten) ist ei-
    abstände zwischen den Impfungen                                                          ne einmalige Hib-Impfung ausrei-
                                                                                             chend. Ab dem 6. Lebensjahr ist eine
    Impfstoff /Antigen-                Lebensmonat                          Lebensjahr       Hib-Impfung nur in Ausnahmefällen
    kombinationen       Geburt 2       3     4         5       12–15      5–6    11–18       indiziert (z. B. funktionelle oder ana-
                                                                                             tomische Asplenie).
    DTaP *                             1.      2.      3.      4.                                 Für die einzelnen Impfungen der
      aP                                                                          A          Grundimmunisierung sollte – wenn
    Hib                                1.      siehe1 2.       3.                            möglich – ein Impfstoff mit gleichem
                                                                                             Trägerprotein verwendet werden.
    IPV **                             1.      siehe1 2.       3.                 A
                                                                                             Wenn jedoch nicht bekannt ist, mit
    HB                 siehe2          1.             2.       3.                 G          welchem Impfstoff zuvor geimpft
    MMR ***                                                    1.         2.      G          worden ist, weil der Handelsname
    DT/Td ****                                                            A       A          nicht – wie erforderlich – dokumen-
                                                                                             tiert wurde, dann muss die Grundim-
    Um die Zahl der Injektionen möglichst gering zu halten, sollten vorzugsweise Kombi-      munisierung nicht erneut begonnen
    nationsimpfstoffe verwendet werden. Impfstoffe mit unterschiedlichen Antigenkom-         werden, sondern kann mit jedem Hib-
    binationen von D/d, T, aP, HB, Hib, IPV sind bereits verfügbar oder in Vorbereitung.     Impfstoff fortgesetzt werden.
    Bei Verwendung von Kombinationsimpfstoffen sind die Angaben des Herstellers zu                Bei Kombinationsimpfstoffen,
    den Impfabständen zu beachten.
                                                                                             die außer der Hib-Komponente auch
    1     Antigenkombinationen, die eine Pertussiskomponente enthalten, werden nach          Pertussis-Antigene enthalten, sind für
          dem für DTaP angegebenen Schema benutzt.                                           die Grundimmunisierung vier Imp-
    2     Impfschema: 0, 1, 6 Monate; siehe auch Anmerkungen „Postexpositionelle             fungen vorgeschrieben.
          Hepatitis-B-Immunprophylaxe bei Neugeborenen“ (S. 6).
    A     Auffrischimpfung: Erfolgte die letzte Impfung mit entsprechenden Antigenen              Hepatitis B (HB): Die WHO hat
          vor weniger als 12 Monaten, kann der Termin entfallen.                             1992 empfohlen, dass bis 1997 in allen
    G     Grundimmunisierung für alle Kinder und Jugendlichen, die bisher nicht geimpft      Ländern die HB-Impfung Bestandteil
          wurden, bzw. Komplettierung eines unvollständigen Impfschutzes.                    des Impfprogramms wird. Entspre-
    *     Abstände zwischen erster und zweiter sowie zweiter und dritter Impfung min-        chend diesem Vorschlag wurde 1995
          destens 4 Wochen; Abstand zwischen dritter und vierter Impfung mindestens          die HB-Impfung der Säuglinge, Kin-
          6 Monate.                                                                          der und Jugendlichen in den Kalender
    **    Bei Verwendung von IPV-Virelon® nur zweimalige Impfung. Siehe Beipack-             der empfohlenen Impfungen aufge-
          zettel.                                                                            nommen. Damit folgte Deutschland
    *** Die zweite MMR-Impfung kann bereits 4 Wochen nach der ersten MMR-                    dem Beispiel der USA, Kanadas und
        Impfung erfolgen.                                                                    Frankreichs, die eine mit Deutschland
    **** Ab 6. bzw. 7. Lebensjahr wird zur Auffrischimpfung ein Impfstoff mit redu-          vergleichbare epidemiologische Aus-
         ziertem Diphtherietoxoid-Gehalt (d) verwendet.                                      gangslage haben. Serologische Vor-
                                                                                             bzw. Nachtestungen zur Kontrolle des

4           Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
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Impferfolges sind bei der Regelimp-      holt werden, da im 1. Lebensjahr noch    len; bei der Jugendgesundheitsunter-
fung im Kindesalter nicht erforder-      persistierende maternale Antikörper      suchung ist sicherzustellen, dass alle
lich.                                    die Impfviren neutralisieren können.     Mädchen zwei MMR-Impfungen er-
      Postexpositionelle Hepatitis-B-         Die Eliminierung der Masern ist     halten haben.
Prophylaxe bei Neugeborenen von          ein erklärtes Ziel der deutschen Ge-
HBsAg-positiven Müttern bzw. von         sundheitspolitik. Masern können eli-          Pertussis: In Anbetracht der Per-
Müttern mit unbekanntem HBsAg-           miniert werden, wenn die Durchimp-       tussis-Situation in Deutschland und
Status: Entsprechend den Mutter-         fungsrate gegen Masern bei Kindern       der Schwere des klinischen Verlaufs
schafts-Richtlinien ist bei allen        mehr als 95 Prozent erreicht. Diesem     einer Pertussis im Säuglingsalter ist es
Schwangeren nach der 32. Schwan-         Ziel sind bisher die Länder nahe ge-     dringend geboten, die Grundimmuni-
gerschaftswoche, möglichst nahe am       kommen, die eine zweimalige Imp-         sierung der Säuglinge und Kleinkin-
Geburtstermin, das Serum auf HBsAg       fung im Kindesalter empfehlen und        der zum frühestmöglichen Zeitpunkt,
zu untersuchen. Ist das Ergebnis po-     durchführen, wie die skandinavischen     d. h. unmittelbar nach Vollendung des
sitiv, dann ist bei dem Neugeborenen     Länder, Großbritannien, die Nieder-      2. Lebensmonats, zu beginnen und
unmittelbar post partum, d. h. in-       lande und die USA. Die STIKO emp-        zeitgerecht fortzuführen.
nerhalb von 12 Stunden, mit der Im-      fiehlt eine zweite MMR-Impfung seit           Empfohlen werden je eine Imp-
munisierung gegen Hepatitis B zu be-     1991. Mit der zweiten MMR-Impfung        fung mit einem Impfstoff, der Pertus-
ginnen. Dabei werden simultan die        sollen Immunitätslücken geschlossen      sis-Antigene enthält, ab Beginn des 3.,
erste Dosis HB-Impfstoff und HB-         werden. Die zweite MMR-Impfung           4. und 5. Lebensmonats und eine wei-
Immunglobulin verabreicht. Die be-       kann bereits vier Wochen nach der er-    tere Impfung ab Beginn des 12. Le-
gonnene HB-Grundimmunisierung            sten MMR-Impfung erfolgen. Aus           bensmonats, möglichst jedoch bis zum
wird einen Monat nach der 1. Imp-        praktischen Gründen ist die Schulein-    15. Lebensmonat. Das Nachholen
fung durch eine 2. und sechs Monate      gangsuntersuchung ein geeigneter         oder die Vervollständigung der Per-
nach der 1. Impfung durch eine 3.        Zeitpunkt, die zweite MMR-Impfung        tussis-Immunisierung wird im Kindes-
Impfung vervollständigt.                 zu veranlassen. Es ist dafür Sorge zu    und Jugendalter mit einem azel-
      Bei Neugeborenen von Müttern,      tragen, dass die zweite MMR-Imp-         lulären Pertussis-Impfstoff empfohlen
deren HBsAg-Status nicht bekannt ist     fung so früh wie möglich, spätestens     (Fachinformation beachten). Für be-
und bei denen noch vor bzw. sofort       jedoch bis zum vollendeten 18. Le-       reits 4-mal gegen Pertussis geimpfte
nach der Geburt die serologische         bensjahr nachgeholt wird; bei Mäd-       Kinder bzw. Jugendliche wird zwi-
Kontrolle nicht möglich ist, wird        chen wird damit auch der unverzicht-     schen dem 11. und 18. Lebensjahr eine
ebenfalls unmittelbar post partum die    bare Schutz vor einer Rötelnembryo-      weitere Dosis (aP) empfohlen.
Grundimmunisierung mit HB-Impf-          pathie gesichert. Auch bei anamne-
stoff begonnen. Bei nachträglicher       stisch angegebener Masern-, Mumps-            Poliomyelitis: Der Polio-Lebend-
Feststellung einer HBsAg-Positivität     oder Rötelnerkrankung sollte die         impfstoff, orale Polio-Vakzine (OPV),
der Mutter kann beim Neugeborenen        zweite MMR-Impfung durchgeführt          wird wegen des – wenn auch sehr
innerhalb von 7 Tagen postnatal die      werden. Anamnestische Angaben            geringen – Risikos einer vakzineasso-
passive Immunisierung nachgeholt         über eine Masern- oder Rötelner-         ziierten paralytischen Poliomyelitis
werden.                                  krankung sind ohne mikrobiologisch-      (VAPP) nicht mehr empfohlen. Zum
      Nach Abschluss der Grundim-        serologische Dokumentation der Er-       Schutz vor der Poliomyelitis wird ein
munisierung von Neugeborenen ist ei-     krankungen unzuverlässig und nicht       zu injizierender Impfstoff, inaktivier-
ne serologische Kontrolle erforder-      verwertbar. Es gibt in der Fachlitera-   te Polio-Vakzine (IPV), mit gleicher
lich.                                    tur keine Hinweise auf Nebenwirkun-      Wirksamkeit empfohlen. Ab Beginn
                                         gen nach mehrmaligen Masern-,            des 11. Lebensjahres wird für Jugend-
     Masern, Mumps, Röteln (MMR):        Mumps- oder Rötelnimpfungen. Eine        liche (bis zum vollendeten 18. Lebens-
Die Impfung gegen Masern, Mumps          Altersbegrenzung für die MMR-Imp-        jahr) eine Auffrischung mit einem
und Röteln sollte mit einem Kombi-       fung besteht nicht. Sie kann in jedem    Impfstoff, der IPV enthält, empfoh-
nationsimpfstoff (MMR-Impfstoff)         Alter erfolgen. Empfehlenswert ist       len. Eine mit OPV begonnene Grund-
durchgeführt werden, in der Regel        z. B. die MMR-Impfung für alle un-       immunisierung wird mit IPV kom-
zwischen dem 12. und 15. Lebens-         geimpften Personen in Einrichtungen      plettiert.
monat, möglichst bis zum Ende des        mit erhöhter Infektionsgefahr, wie
2. Lebensjahres, um den frühestmög-      z. B. der Pädiatrie, in Kindergärten,
lichen Impfschutz zu erreichen. Steht    Kinderheimen u. ä. (siehe Tabelle 1).
bei einem Kind die Aufnahme in eine           Eine zusätzliche monovalente        Indikations- und
Kindereinrichtung an, kann die           Röteln-Impfung für Mädchen ist nicht     Auffrischimpfungen
MMR-Impfung auch vor dem 12. Le-         erforderlich, wenn bereits zwei Imp-
bensmonat, jedoch nicht vor dem          fungen mit MMR-Impfstoff doku-                In Weiterführung des Impfplanes
9. Lebensmonat erfolgen. Sofern die      mentiert sind. Wenn nur eine MMR-        für Säuglinge, Kinder und Jugendliche
Erstimpfung vor dem 12. Lebens-          Impfung vorausgegangen ist, dann ist     sollte der Impfschutz gegen bestimmte
monat erfolgte, sollte die MMR-Imp-      die zweite MMR-Impfung bei allen         Infektionskrankheiten in späteren Le-
fung bereits im 2. Lebensjahr wieder-    Kindern und Jugendlichen nachzuho-       bensjahren aufgefrischt (z. B. Diphthe-

6       Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
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Tabelle 1
Tabelle 1: Indikations- und Auffrischimpfungen
Impfung        Kate-    Indikation bzw. Reiseziel                                       Anwendungshinweise
gegen          gorie                                                                    (Beipackzettel/Fachinformationen beachten)

Cholera         R       Auf Verlangen des Ziel- oder Transitlandes; nur noch            Nach Angaben des Herstellers
                        im Ausnahmefall; eine WHO-Empfehlung besteht nicht.

Diphtherie      A       Alle Personen ohne ausreichenden Impfschutz                     Die Impfung gegen Diphtherie sollte in der Regel in
                                                                                        Kombination mit der gegen Tetanus durchgeführt
                                                                                        werden.
                        ✑ bei fehlender oder unvollständiger Grundimmunisierung         Nichtgeimpfte oder Personen mit fehlendem Impf-
                        ✑ wenn die letzte Impfung der Grundimmunisierung oder           nachweis sollten 2 Impfungen im Abstand von
                          die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt   4–8 Wochen und eine 3. Impfung 6–12 Monate nach
                                                                                        der 2. Impfung erhalten.
                                                                                        Eine Reise in ein Infektionsgebiet sollte frühestens
                                                                                        nach der 2. Impfung angetreten werden.
                I       Bei Diphtherie-Risiko (Gefahr der Einschleppung, Reisen in      Eine begonnene Grundimmunisierung wird
                        Infektionsgebiete) Überprüfung der Impfdokumentation; bei       vervollständigt, Auffrischimpfung in 10-jährigen
                        fehlendem Impfschutz ist die Impfung besonders angezeigt für    Intervallen.
                        ✑ medizinisches Personal, das engen Kontakt zu                  Bei bestehender Diphtherie-Impfindikation und
                           Erkrankten haben kann                                        ausreichendem Tetanus-Impfschutz sollte
                        ✑ Personal in Laboratorien mit Diphtherie-Risiko                monovalent gegen Diphtherie geimpft werden.
                        ✑ Personal in Einrichtungen mit umfangreichem
                           Publikumsverkehr
                        ✑ Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber aus Gebieten mit
                           Diphtherie-Risiko, die in Gemeinschaftsunterkünften leben,
                           sowie für das Personal dieser Einrichtungen
                           (siehe entsprechende Impfempfehlungen)
                        ✑ Bedienstete des Bundesgrenzschutzes und der
                           Zollverwaltung
                        ✑ Reisende in Regionen mit Diphtherie-Risiko
                A       Bei Epidemien oder regional erhöhter Morbidität                 Entsprechend den Empfehlungen der
                                                                                        Gesundheitsbehörden

FSME          I         Personen, die sich in FSME-Risikogebieten aufhalten oder        Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen nach
(Frühsommer-            Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind               Angaben des Herstellers
meningo-                (z. B. Forstarbeiter)
enzephalitis)
                        Risikogebiete in Deutschland sind zurzeit insbesondere:         Entsprechend den Empfehlungen der
                        Bayern: südlicher Bayerischer Wald, Niederbayern entlang der    Gesundheitsbehörden;
                        Donau ab Regensburg (besonders Region Passau) sowie entlang     die Hinweise zu FSME-Risikogebieten –
                        der Flüsse Paar, Isar (ab Landshut), Rott, Inn, Vilz, Altmühl   veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin
                        Baden-Württemberg: gesamter Schwarzwald (Gebiet zwischen        des RKI (letzte Fassung:
                        Pforzheim, Offenburg, Freiburg, Villingen, Tübingen, Sindel-    Ausgabe 16/99: 1215) – sind zu beachten.
                        fingen); Gebiete entlang der Flüsse Enz, Nagold und Neckar
                        sowie entlang dem Ober-/Hochrhein, oberhalb Kehls bis zum
                        westlichen Bodensee (Konstanz, Singen, Stockach)
                        Hessen: Odenwald
                        (Saisonalität beachten: April–November)
                R       Aufenthalte in FSME-Risikogebieten außerhalb Deutschlands

Gelbfieber      R       Entsprechend den Impfanforderungen der Ziel- oder               Einmalige Impfung in den von den
                        Transitländer (tropisches Afrika u. Südamerika mit              Gesundheitsbehörden zugelassenen
                        endemischem Gelbfieber), ferner sind die Hinweise der WHO       Gelbfieber-Impfstellen;
                        zu Gelbfieber-Infektionsgebieten zu beachten.                   Auffrischimpfung in 10-jährigen Intervallen

                                                                       Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000                        7
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    Impfung       Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                             Anwendungshinweise
    gegen         gorie                                                                         (Beipackzettel/Fachinformationen beachten)

    Hepatitis A    I       1. HA-gefährdetes Personal* medizinischer Einrichtungen,             Grundimmunisierung und Auffrischimpfung
    (HA)                      z. B. Pädiatrie und Infektionsmedizin                             nach Angaben des Herstellers
                           2. HA-gefährdetes Personal* von Laboratorien
                              (z. B. für Stuhluntersuchungen)
                           3. Personal* in Kindertagesstätten, Kinderheimen u. ä.               Eine Vortestung auf HA-Antikörper ist bei vor 1950
                           4. Personal* in psychiatrischen Einrichtungen oder                   Geborenen sinnvoll sowie bei Personen, die in der
                              vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für                          Anamnese eine mögliche HA aufweisen bzw.
                              Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte                       längere Zeit in Endemiegebieten gelebt haben.
                           5. Kanalisations- und Klärwerksarbeiter
                           6. Homosexuell aktive Männer
                           7. Personen mit substitutionspflichtiger Hämophilie
                           8. Kontaktpersonen zu an Hepatitis A Erkrankten                      Bei einer aktuellen Exposition von Personen, für
                              (Riegelungsimpfung)                                               die eine Hepatitis A ein besonderes Risiko darstellt,
                           9. Personen in psychiatrischen Einrichtungen oder                    kann zeitgleich mit der ersten Impfung ein
                              vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für                          Immunglobulin-Präparat gegeben werden.
                              Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte
                          10. Personen, die an einer chronischen Lebererkrankung
                              leiden und keine HAV-Antikörper besitzen

                          * Unter „Personal“ sind hier medizinisches und anderes
                            Fach- und Pflegepersonal sowie Küchen- und
                            Reinigungskräfte zu verstehen.

                   R      Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz

    Hepatitis B           Präexpositionell:
    (HB)           I      1. HB-gefährdetes medizinisches und zahnmedizinisches                 Hepatitis-B-Impfung nach den Angaben des
                             Personal; Personal in psychiatrischen Einrichtungen oder           Herstellers; im Allgemeinen nach serologischer
                             vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für Zerebral-                 Vortestung bei den Indikationen 1. bis 6.;
                             geschädigte oder Verhaltensgestörte; andere Personen, die          Kontrolle des Impferfolges ist für die Indikationen
                             durch Blutkontakte mit möglicherweise infizierten Personen         unter 1. bis 4. erforderlich.
                             gefährdet sind, wie z. B. Ersthelfer, Polizisten, Sozialarbeiter   Auffrischimpfung entsprechend dem nach Abschluss
                             und Gefängnispersonal mit Kontakt zu Drogenabhängigen              der Grundimmunisierung erreichten Antikörperwert
                          2. Dialysepatienten, Patienten mit häufiger Übertragung von (Kontrolle 1–2 Monate nach 3. Dosis):
                             Blut oder Blutbestandteilen (z. B. Hämophile), Patienten ✑ bei anti-HBs-Werten < 100 IE/l umgehend
                             vor ausgedehnten chirurgischen Eingriffen (z. B. vor       erneute Impfung (1 Dosis) und erneute Kontrolle
                             Operationen unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine) ✑ bei anti-HBs-Werten ✞ 100 IE/l
                          3. Patienten mit chronischen Lebererkrankungen, die                     Auffrischimpfung (1 Dosis) nach 10 Jahren
                             HBsAg-negativ sind                                                 (Bei Immundefizienz regelmäßige Kontrollen etwa
                          4. Durch Kontakt mit HBsAg-Trägern in Familie und                     alle 3–6 Monate)
                             Gemeinschaft (Kindergärten, Kinderheime, Pflegestätten,
                             Schulklassen, Spielgemeinschaften) gefährdete Personen             Bei Fortbestehen des Infektionsrisikos
                          5. Patienten in psychiatrischen Einrichtungen oder                    Auffrischimpfungen in 10-jährigen Intervallen
                             vergleichbaren Fürsorgeeinrichtungen für
                             Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte
                          6. Besondere Risikogruppen,
                             wie z. B. homosexuell aktive Männer, Drogenabhängige,
                             Prostituierte, länger einsitzende Strafgefangene

                   R      Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-B-Prävalenz
                          bei längerem Aufenthalt oder bei zu erwartenden
                          engen Kontakten zur einheimischen Bevölkerung
                   I      Postexpositionell:
                          ✑ medizinisches Personal bei Verletzungen mit möglicherweise Siehe Immunprophylaxe bei Exposition – S. 18
                            erregerhaltigen Gegenständen, z. B. Nadelstichexposition
                          ✑ Neugeborene HBsAg-positiver Mütter                                  Siehe Anmerkungen zum Impfkalender – S. 4

8          Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
I M P F E M P F E H L U N G E N

 Impfung         Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                      Anwendungshinweise
 gegen           gorie                                                                  (Beipackzettel/Fachinformationen beachten)

 Influenza        I      ✑ Personen über 60 Jahre                                       Jährliche Impfung, vorzugsweise im Herbst
                         ✑ Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter              (September–November) mit einem Impfstoff
                           gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens,      mit aktueller, von der WHO empfohlener
                           wie z. B. chronische Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und    Antigenkombination
                           Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechsel-
                           krankheiten, Immundefizienz, HIV-Infektion
                         ✑ Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B.
                           medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen
                           mit umfangreichem Publikumsverkehr

                  A      Wenn Epidemien auftreten oder aufgrund                         Entsprechend den Empfehlungen der
                         epidemiologischer Beobachtungen befürchtet werden              Gesundheitsbehörden

 Masern           I      Alle ungeimpften Personen in Einrichtungen der                 Einmalige Impfung, vorzugsweise mit
                         Pädiatrie, in Kindertagesstätten, Kinderheimen u. ä.           MMR-Impfstoff

 Meningo-                Gefährdete Personen                                            Nach Angaben des Herstellers
 kokken-                 ✑ z. B. Entwicklungshelfer vor Aufenthalten im
 Infektionen             Meningitisgürtel Afrikas oder in anderen Gebieten mit
 (Gruppen A,             Meningitis-Risiko gemäß den Empfehlungen der WHO
 C, W135, Y)      I
                         ✑ in Deutschland auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden

 Mumps            I      Alle ungeimpften Personen in Einrichtungen der Pädiatrie,      Einmalige Impfung, vorzugsweise mit
                         in Kindertagesstätten, Kinderheimen u. ä.                      MMR-Impfstoff

 Pneumo-          I      ✑ Personen über 60 Jahre                                       Nach Angaben des Herstellers
 kokken-
 Infektionen             ✑ Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter           Auffrischimpfung frühestens 6 Jahre nach erster
                           gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens,   Impfung; Kinder unter 10 Jahren frühestens 3 Jahre
                           wie z. B. chronische Lungen-, Herz-Kreislauf-, Leber- und nach erster Impfung
                           Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechsel-
                           krankheiten, Immundefizienz, HIV-Infektion, Erkrankungen
                           der blutbildenden Organe, funktionelle oder anatomische
                           Asplenie, vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie,
                           vor Organtransplantation

 Polio-           A      Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger               Personen mit drei dokumentierten Impfungen
 myelitis                Grundimmunisierung                                             gelten als vollständig immunisiert. Ungeimpfte
                                                                                        Personen erhalten IPV entsprechend den Angaben
                                                                                        des Herstellers. Ausstehende Impfungen der
                                                                                        Grundimmunisierung werden mit IPV nachgeholt.

                  I      Bei Poliomyelitis-Risiko Überprüfung der Impfdokumentation;    Eine routinemäßige Auffrischimpfung wird nach
                         bei fehlendem Impfschutz ist die Impfung besonders             dem vollendeten 18. Lebensjahr nicht empfohlen.
                         angezeigt für
                         ✑ medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten      Impfung mit IPV, wenn die Impfungen der Grund-
                            haben kann                                                  immunisierung nicht vollständig dokumentiert sind
                         ✑ Personal in Laboratorien mit Poliomyelitis-Risiko            oder die letzte Impfung der Grundimmunisierung
                         ✑ Personen mit engem Kontakt zu Erkrankten                     bzw. die letzte Auffrischimpfung länger als
                         ✑ Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko                    10 Jahre zurückliegt.
                            (die aktuelle epidemische Situation ist zu beachten,
                            insbesondere die Meldungen der WHO)
                         ✑ Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber aus Gebieten
                            mit Polio-Risiko, die in Gemeinschaftsunterkünften leben,
                            sowie das Personal dieser Einrichtungen
                            (siehe entsprechende Impfempfehlungen)

                  A      Bei einem Polio-Ausbruch                                       Riegelungsimpfung mit OPV entsprechend den
                                                                                        Anordnungen der Gesundheitsbehörden

10          Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
I M P F E M P F E H L U N G E N

 Impfung        Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                     Anwendungshinweise
 gegen          gorie                                                                 (Beipackzettel/Fachinformationen beachten)

 Röteln          I      ✑ Alle ungeimpften Personen in Einrichtungen                  Einmalige Impfung, vorzugsweise mit
                          der Geburtshilfe sowie der Kinder- und Säuglingspflege      MMR-Impfstoff
                        ✑ Seronegative Frauen mit Kinderwunsch                        Einmalige Impfung mit Röteln-Impfstoff
                                                                                      mit nachfolgender Kontrolle des Impferfolgs

 Tetanus         A      Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger              Die Impfung gegen Tetanus sollte in der Regel
                        Grundimmunisierung, wenn die letzte Impfung                   in Kombination mit der gegen Diphtherie
                        der Grundimmunisierung oder die letzte                        durchgeführt werden.
                        Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt
                                                                                      Eine begonnene Grundimmunisierung wird
                                                                                      vervollständigt, Auffrischimpfung in 10-jährigen
                                                                                      Intervallen

                 I      Postexpositionell                                             Siehe Tabelle 3

 Tollwut         I      Präexpositionell:                                             Dosierungsschema nach Angaben des Herstellers
                        ✑ Tierärzte, Jäger, Forstpersonal u. a. Personen
                          bei Umgang mit Tieren in Gebieten mit Wildtiertollwut       Personen mit weiter bestehendem Expositionsrisiko
                          sowie ähnliche Risikogruppen                                sollten regelmäßig eine Auffrischimpfung
                                                                                      entsprechend den Angaben des Herstellers erhalten.
                        ✑ Personal in Laboratorien mit Tollwutrisiko                  Mit Tollwutvirus arbeitendes Laborpersonal sollte
                                                                                      halbjährlich auf neutralisierende Antikörper
                                                                                      untersucht werden. Eine Auffrischimpfung ist bei
                                                                                      < 0,5 IE/ml Serum indiziert.

                 R      Reisende in Regionen mit hoher Tollwutgefährdung
                        (z. B. durch streunende Hunde)
                 I      Postexpositionell                                             Siehe Tabelle 4

 Tuberkulose            Die Impfung mit dem derzeit verfügbaren BCG-Impfstoff
                        wird nicht empfohlen.

 Typhus          R      Bei Reisen in Endemiegebiete                                  Nach Angaben des Herstellers

 Varizellen      I      Seronegative                                                  Nach Angaben des Herstellers:
                        ✑ Kinder mit Leukämie*                                        1 Dosis bei Kindern vor dem vollendeten 13.
                        ✑ Kinder mit soliden malignen Tumoren                         Lebensjahr;
                        ✑ Kinder mit schwerer Neurodermitis                           2 Dosen im Abstand von mind. 6 Wochen bei Kindern
                        ✑ Kinder vor geplanter Immunsuppression,                      ab 13 Jahren, Jugendlichen und Erwachsenen
                          z. B. wegen schwerer Autoimmunerkrankung,
                          vor Organtransplantation, bei schwerer Niereninsuffizienz   Bei Exposition passive Immunprophylaxe mit
                        ✑ Geschwister und Eltern der vorstehend Genannten             Varicella-Zoster-Immunglobulin (0,5 ml/kg KG);
                        ✑ medizinische Mitarbeiter, insbesondere der Bereiche         Neugeborene, deren Mütter bis zu 7 Tage vor bzw.
                          Pädiatrie, pädiatrische Onkologie, Schwangerenfürsorge,     2 Tage nach der Geburt an Varizellen erkrankt sind,
                          der Betreuung von Immundefizienten                          erhalten unverzüglich Varicella-Zoster-
                        ✑ Frauen mit Kinderwunsch                                     Immunglobulin in gleicher Dosierung.

                        * Unter folgenden Voraussetzungen:
                          klinische Remission mindestens 12 Monate,
                          vollständige hämatologische Remission
                          (Gesamtlymphozytenzahl ✞ 1 200/mm3 Blut)

12         Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
I M P F E M P F E H L U N G E N

rie, Tetanus) oder bislang versäumte        Durchführung der Impfung, Dauer         2 Wochen nach Genesung geimpft
Impfungen nachgeholt werden (z. B.          des Impfschutzes, Verhalten nach der    werden (Ausnahme: postexpositio-
Poliomyelitis). Andere Impfungen            Impfung, Kontraindikationen, mögli-     nelle Impfung).
können bei besonderer epidemiologi-         che Nebenwirkungen und Impfkom-               Unerwünschte Arzneimittelwir-
scher Situation oder Gefährdung für         plikationen, Notwendigkeit von Auf-     kungen im zeitlichen Zusammenhang
Kinder, Jugendliche und Erwachsene          frischimpfungen.                        mit einer Impfung sind bis zur
indiziert sein (Indikationsimpfungen).           Für öffentliche Impftermine        Klärung der Ursache eine Kontraindi-
Zu den Indikationsimpfungen gehören         wird eine vorherige Aufklärung in       kation gegen eine nochmalige Imp-
auch Reiseimpfungen. Sie können             schriftlicher Form empfohlen. Eine      fung mit dem gleichen Impfstoff.
aufgrund der Internationalen Gesund-        Gelegenheit zu weitergehenden                 Impfhindernisse können Allergi-
heitsvorschriften      (Gelbfieber-Imp-     Informationen durch ein Gespräch        en gegen Bestandteile des Impfstoffs
fung) erforderlich sein, oder sie werden    mit dem Arzt muss aber gegeben          sein. In Betracht kommen vor allem
zum individuellen Schutz dringend           sein. Die Deutsche Vereinigung zur      Neomycin und Streptomycin sowie in
empfohlen.                                  Bekämpfung der Viruskrankheiten         seltenen Fällen Hühnereiweiß. Perso-
     Die Empfehlung über Art und            e.V. und das Robert Koch-Institut ha-   nen, die nach oraler Aufnahme von
zeitliche Reihenfolge der Impfungen         ben Aufklärungsmerkblätter für die      Hühnereiweiß mit anaphylaktischen
obliegt dem Arzt, in jedem Einzelfall       Impfungen im Kindesalter erarbeitet,    Symptomen reagieren, sollten nicht
unter Abwägung der Indikation und           die vom Deutschen Grünen Kreuz,         mit Impfstoffen, die Hühnereiweiß
gegebenenfalls bestehender Kontra-          Schuhmarkt 4, 35037 Marburg, her-       enthalten (Gelbfieber-, Influenza-
indikationen.                               ausgegeben werden. Ähnliche Merk-       Impfstoff), geimpft werden.
     Die in Tabelle 1 genannten Imp-        blätter sind beim perimed Compli-             Im Falle eines angeborenen oder
fungen sind in ihrer Bedeutung unter-       ance Verlag, Dr. Straube GmbH,          erworbenen Immundefekts sollte vor
schiedlich; sie werden in folgende Ka-      Weinstraße 70, 91085 Erlangen, er-      der Impfung mit einem Lebendimpf-
tegorien eingeteilt:                        hältlich. Die Merkblätter enthalten     stoff der den Immundefekt behan-
     A = Impfung mit breiter An-            auch einen der jeweiligen Impfung       delnde Arzt konsultiert werden. Die
            wendung und erheblichem         adäquaten Fragebogen zum Gesund-        serologische Kontrolle des Impferfol-
            Wert für die Gesundheit         heitszustand des Impflings und zu       ges ist bei Patienten mit Immundefi-
            der Bevölkerung                 vorausgegangenen Schutzimpfungen.       zienz angezeigt.
     I = Indikationsimpfung bei er-         Ergeben sich bei der Beantwortung             Nicht dringend indizierte Imp-
            höhter Gefährdung von           Unklarheiten, ist in jedem Fall ein     fungen sollten während der Schwan-
            Personen bzw. Angehöri-         Gespräch mit dem Impfling oder den      gerschaft nicht durchgeführt werden,
            gen von Risikogruppen           Eltern bzw. Sorgeberechtigten er-       dies gilt vor allem für Impfungen mit
     R = Reiseimpfungen (von der            forderlich. Die Merkblätter enthal-     Lebendimpfstoffen gegen Gelbfieber,
            WHO veröffentlichte In-         ten eine Einwilligungserklärung. Bei    Masern, Mumps, Röteln, Varizellen.
            formationen über Gebiete        Minderjährigen ist regelmäßig die       Eine versehentlich in der Schwanger-
            mit besonderem Infek-           Einwilligung der Eltern bzw. Sor-       schaft durchgeführte Impfung mit Le-
            tionsrisiko beachten)           geberechtigten einzuholen. Jugend-      bendimpfstoffen, auch gegen Röteln,
                                            liche können selbst einwilligen,        ist jedoch keine Indikation für einen
                                            wenn sie die erforderliche Einsichts-   Schwangerschaftsabbruch.
Spezielle Hinweise                          und Entscheidungsfähigkeit besitzen;
zur Durchführung von                        das ist in der Regel mit 16 Jahren
                                                                                      Falsche Kontraindikationen
Schutzimpfungen                             der Fall.
                                                 Bei Einzelimpfungen ist die
                                            mündliche Form der Aufklärung aus-           Häufig unterbleiben indizierte
   Aufklärungspflicht vor
                                            reichend und die Methode der Wahl.      Impfungen, weil bestimmte Umstän-
   Schutzimpfungen
                                            Die durchgeführte Aufklärung ist        de irrtümlicherweise als Kontraindi-
                                            durch den impfenden Arzt in den         kationen angesehen werden. Dazu
    Vor Durchführung einer Schutz-          Patientenunterlagen zu dokumentie-      gehören zum Beispiel:
impfung hat der Arzt die Pflicht, den       ren. Wird der mündlichen Aufklärung          ✑ banale Infekte, auch wenn
Impfling oder seine Eltern bzw. Sor-        ein entsprechendes Aufklärungs-         sie mit subfebrilen Temperaturen
geberechtigten über die zu verhüten-        merkblatt zugrunde gelegt, sollte der   (✜ 38,5 °C) einhergehen
de Krankheit und die Impfung aufzu-         impfende Arzt in seiner Dokumen-             ✑ ein möglicher Kontakt des
klären, damit sie über die Teilnahme        tation darauf verweisen.                Impflings zu Personen mit anstecken-
an der Impfung entscheiden können.                                                  den Krankheiten
Die Aufklärung sollte umfassen: In-                                                      ✑ Krampfanfälle in der Familie
                                              Kontraindikationen
formation über die zu verhütende                                                         ✑ Fieberkrämpfe in der Ana-
Krankheit, Behandlungsmöglichkeit                                                   mnese des Impflings (Da fieberhafte
der Krankheit, Nutzen der Schutz-               Kinder, Jugendliche und Erwach-     Impfreaktionen einen Krampfanfall
impfung für das Individuum und die          sene mit akuten behandlungsbedürfti-    provozieren können, ist zu erwägen,
Allgemeinheit, Art des Impfstoffs,          gen Erkrankungen sollten frühestens     Kindern mit Krampfneigung Anti-

                                                               Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000       13
I M P F E M P F E H L U N G E N

pyretika zu verabreichen: z. B. bei          Tabelle 2
Totimpfstoffen zum Zeitpunkt der             Hepatitis-B-Prophylaxe nach Exposition
Impfung und jeweils 4 und 8 Stunden
nach der Impfung sowie bei der               Aktueller Anti-HBs-Wert                      Erforderlich ist die Gabe von
MMR-Impfung zwischen dem 7. und                                                       HB-Impfstoff          HB-Immunglobulin
12. Tag im Falle einer Temperatur-
erhöhung.)
     ✑ Ekzem u. a. Dermatosen, lo-                               ✞100 IE/l                  Nein                         Nein
kalisierte Hautinfektionen                                  ✞10–10 IE/l
oder mit niedrigen Dosen von Korti-
kosteroiden oder lokal angewendeten                   Nicht innerhalb von
steroidhaltigen Präparaten                   48 Stunden zu bestimmen                         Ja                            Ja
     ✑ angeborene oder erworbene
Immundefekte bei Impfung mit Tot-
impfstoffen                                  Tabelle 3
     ✑ Neugeborenenikterus                   Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall
     ✑ Frühgeburtlichkeit: Frühge-
borene sollten unabhängig von ihrem          Vorgeschichte der                Saubere, geringfügige Wunden        Alle anderen Wunden1
Geburtsgewicht entsprechend dem              Tetanus-Immunisierung               Td oder DT2       TIG3            Td oder DT2    TIG3
empfohlenen Impfalter geimpft wer-           (Anzahl der Impfungen)
den.
     ✑ chronische Erkrankungen so-           Unbekannt                               Ja            Nein                 Ja          Ja
wie nicht progrediente Erkrankungen          0–1                                     Ja            Nein                 Ja          Ja
des ZNS
                                             2                                       Ja            Nein                 Ja         Nein4
     Indizierte Impfungen sollen auch
bei Personen mit chronischen Erkran-         3 oder mehr                            Nein5          Nein                Nein6       Nein
kungen durchgeführt werden, da die-
                                             1   Tiefe und/oder verschmutzte (mit Staub, Erde, Speichel, Stuhl kontaminierte) Wunden,
se Personen durch schwere Verläufe
und Komplikationen impfpräventa-                 Verletzungen mit Gewebszertrümmerung und reduzierter Sauerstoffversorgung oder
                                                 Eindringen von Fremdkörpern (z. B. Quetsch-, Riss-, Biss-, Stich-, Schusswunden)
bler Krankheiten besonders gefähr-
det sind. Personen mit chronischen           ✑ schwere Verbrennungen und Erfrierungen
Erkrankungen sollen über den Nut-            ✑ Gewebsnekrosen
zen der Impfung im Vergleich zum Ri-         ✑ septische Aborte
siko der Krankheit aufgeklärt werden.        2   Kinder unter 6 Jahren DT, ältere Personen Td (d. h. Tetanus-Diphtherie-Impfstoff mit
Es liegen keine gesicherten Erkennt-             gegenüber dem DT-Impfstoff verringertem Diphtherietoxoid-Gehalt)
nisse darüber vor, dass eventuell zeit-      3   TIG = Tetanus-Immunglobulin, im allgemeinen werden 250 IE verabreicht, die Dosis
gleich mit der Impfung auftretende               kann auf 500 IE erhöht werden; TIG wird simultan mit Td/DT-Impfstoff angewendet.
Krankheitsschübe ursächlich durch            4   Ja, wenn die Verletzung länger als 24 Stunden zurückliegt
eine Impfung bedingt sein können.            5   Ja (eine Dosis), wenn seit der letzten Impfung mehr als 10 Jahre vergangen sind
                                             6   Ja (eine Dosis), wenn seit der letzten Impfung mehr als 5 Jahre vergangen sind
     Impfabstände
                                             Die Tetanus-Immunprophylaxe ist unverzüglich durchzuführen. Fehlende Impfun-
     Die sich aus Abbildung 1 und            gen der Grundimmunisierung sind entsprechend den für die Grundimmunisierung
Tabelle 1 ergebenden Impfabstände            gegebenen Empfehlungen nachzuholen.
sollten nicht unterschritten werden          Die STIKO-Empfehlungen zur Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall wur-
(Beipackzettel beachten). Für einen          den den Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer
lang dauernden Impfschutz ist von be-        angeglichen. Es sollte Diphtherie-Tetanus-Toxoidimpfstoff benutzt werden.
sonderer Bedeutung, dass bei der
Grundimmunisierung der erforderli-
che Mindestzeitraum zwischen vor-          unterbrochene Grundimmunisierung                    abreicht, ist in der Regel ein Mindest-
letzter und letzter Impfung nicht          muss nicht neu begonnen werden!                     abstand von 4 Wochen einzuhalten.
unterschritten wird. Impfreaktionen                                                                 ✑ Bei Schutzimpfungen mit Tot-
vorausgegangener Impfungen sollten              Für Abstände zwischen unter-                   impfstoffen (inaktivierte Krankheits-
vor erneuter Impfung vollständig ab-       schiedlichen Impfungen gilt:                        erreger, deren Antigenbestandteile,
geklungen sein.                                 ✑ Lebendimpfstoffe (attenuierte,               Toxoide) ist die Einhaltung von Min-
     Es gibt keine unzulässig großen       vermehrungsfähige Viren oder Bakte-                 destabständen zu anderen Impfun-
Abstände zwischen Impfungen. Jede          rien) können simultan verabreicht                   gen, auch zu solchen mit Lebendimpf-
Impfung gilt. Auch eine für viele Jahre    werden; werden sie nicht simultan ver-              stoffen, nicht erforderlich.        ✁

14       Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
I M P F E M P F E H L U N G E N

     Zeitabstand zwischen                           nen, sind Impfungen in Zusammen-                 neue Kanüle für die Injektion aufge-
     Impfungen und Operationen                      arbeit mit dem behandelnden Arzt zu              setzt werden. Vor der Injektion muss
                                                    planen.                                          die Impfstelle desinfiziert werden. Bei
    Bei dringender Indikation kann                                                                   der Injektion sollte die Haut wieder
ein operativer Eingriff jederzeit                                                                    trocken sein.
                                                        Umgang mit Impfstoffen und
durchgeführt werden, auch wenn eine                                                                       Für intramuskulär zu injizierende
                                                        Vorgehen bei der Impfung
Impfung vorangegangen ist. Bei                                                                       Impfstoffe ist die bevorzugte Impf-
Wahleingriffen sollte nach Gabe von                                                                  stelle der M. deltoideus. Solange die-
Totimpfstoffen ein Mindestabstand                        Impfstoffe sind empfindliche bio-           ser Muskel nicht ausreichend ausge-
von 3 Tagen und nach Verabreichung                  logische Produkte und müssen vor al-             bildet ist, wird empfohlen, in den M.
von Lebendimpfstoffen ein Mindest-                  lem vor Erwärmung geschützt wer-                 vastus lateralis (anterolateraler Ober-
abstand von 14 Tagen eingehalten                    den. Besonders empfindlich sind                  schenkel) zu injizieren. Hier ist die
werden.                                             Impfstoffe, die vermehrungsfähige                Gefahr einer Verletzung von Nerven
    Weder klinische Beobachtungen                   Viren enthalten. Alle Impfstoffe sol-            oder Gefäßen gering. Bei Injektion in
noch theoretische Erwägungen geben                  len im Kühlschrank bei 2–8 °C gela-              das subkutane Fettgewebe kann es zu
Anlass zu der Befürchtung, dass Imp-                gert werden. Die Lagertemperatur                 schmerzhaften Entzündungen und
fungen und operative Eingriffe in-                  muss regelmäßig überprüft werden.                zur Bildung von Granulomen oder
                                                                                                     Zysten kommen. Darüber hinaus ist
 Tabelle 4                                                                                           bei Injektion in das Fettgewebe der
 Postexpositionelle Tollwut-Immunprophylaxe                                                          Impferfolg in Frage gestellt.

 Grad                      Art der Exposition                             Immunprophylaxe*
 der    Durch ein tollwutverdächtiges    Durch einen Tollwut-             (Beipackzettel beachten)
                                                                                                        Dokumentation der Impfung
 Expo- oder tollwütiges Wild- oder       Impfstoffköder
 sition Haustier                                                                                          Im Impfausweis und in der Doku-
                                                                                                     mentation des impfenden Arztes müs-
 I           Berühren/Füttern von Tieren,       Berühren von              keine Impfung              sen die Chargen-Nummer und die Be-
             Belecken der intakten Haut         Impfstoffködern
                                                                                                     zeichnung des Impfstoffs (Handelsna-
                                                bei intakter Haut
                                                                                                     me) eingetragen werden. Dies gilt für
                                                                                                     alle Impfstoffe und kann retrospekti-
 II          Knabbern an der unbedeckten        Kontakt mit der Impf- Impfung
                                                                                                     ve Ermittlungen erleichtern, wenn
             Haut, oberflächliche, nicht        flüssigkeit eines beschä-
             blutende Kratzer durch ein Tier,   digten Impfstoffköders
                                                                                                     Fragen zu Wirksamkeit und Sicher-
             Belecken der nicht intakten Haut   mit nicht intakter Haut                              heit bestimmter Impfstoffe oder ein-
                                                                                                     zelner Impfstoffchargen aufkommen
 III         Jegliche Bissverletzung oder       Kontamination von         Impfung und einmalig       sollten. Als Impfausweis sollte das
             Kratzwunden,                       Schleimhäuten und fri-    simultan mit der ersten    vom Deutschen Grünen Kreuz her-
             Kontamination von Schleim-         schen Hautverletzungen    Impfung passive Immuni-    ausgegebene WHO-gerechte Formu-
             häuten mit Speichel                mit der Impfflüssigkeit   sierung mit Tollwut-       lar ›Internationale Bescheinigungen
             (z. B. durch Lecken, Spritzer)     eines beschädigten        Immunglobulin              über Impfungen und Impfbuch‹ be-
                                                Impfstoffköders           (20 IE/kg KG)              nutzt werden. Zur Impfdokumentati-
                                                                                                     on gehören Stempel und Unterschrift
 * Die einzelnen Impfungen und die Gabe von Tollwut-Immunglobulin sind sorgfältig zu                 des Arztes.
   dokumentieren.                                                                                         Fehlende Impfdokumentation:
                                                                                                     Häufig ist der Arzt damit konfrontiert,
                                                                                                     dass Impfdokumente fehlen, nicht auf-
kompatibel sind. Um aber mögliche                   Impfstoffe, die versehentlich falsch             findbar oder lückenhaft sind. Dies ist
Impfreaktionen und Komplikationen                   gelagert oder eingefroren wurden,                kein Grund, notwendige Impfungen
der Operation unterscheiden zu kön-                 sind zu verwerfen. Impfstoffe dürfen             zu verschieben, fehlende Impfungen
nen, wird empfohlen, zwischen Imp-                  nicht mit Desinfektionsmitteln in                nicht nachzuholen oder eine Grund-
fungen und Operationen diese Min-                   Kontakt kommen. Durchstechstopfen                immunisierung nicht zu beginnen. Von
destabstände einzuhalten.                           müssen trocken sein!                             zusätzlichen Impfungen bei bereits
     Diese Mindestabstände gelten,                       Die     Injektionskanüle   sollte           bestehendem Impfschutz geht kein
mit Ausnahme von Impfungen aus                      trocken sein, insbesondere sollte                besonderes Risiko aus. Dies gilt auch
vitaler Indikation (z. B. Tetanus-,                 Impfstoff die Kanüle außen nicht be-             für Mehrfachimpfungen mit Lebend-
Tollwutschutzimpfung), auch für die                 netzen. Dies macht die Injektion                 virusimpfstoffen. Serologische Kon-
Durchführung von Impfungen nach                     schmerzhaft und kann zu Entzündun-               trollen zur Überprüfung des Impf-
größeren operativen Eingriffen.                     gen im Bereich des Stichkanals                   schutzes sind nur in Ausnahmefäl-
Nach Operationen, die mit einer                     führen. Nach Aufziehen des Impf-                 len angezeigt (z. B. Anti-HBsAg bei
immunsuppressiven Behandlung ver-                   stoffs in die Spritze und dem Entfer-            Risikopersonen, Röteln-Antikörper
bunden sind, z. B. Transplantatio-                  nen evtl. vorhandener Luft sollte eine           bei Frauen mit Kinderwunsch); zum

16           Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
I M P F E M P F E H L U N G E N

Nachweis vorausgegangener Impfun-               mission der deutschen Ärzteschaft              Stellen (z. B. Arbeitgeber). Die ge-
gen, z. B. unter dem Aspekt ›unklarer           und/oder die zuständige Behörde                setzlichen Krankenkassen können die
Impfstatus‹, sind sie ungeeignet.               (Paul-Ehrlich-Institut, Bundesamt für          Kostenübernahme für Schutzimpfun-
                                                Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-             gen in ihren jeweiligen Satzungen als
                                                Straße 51–59, 63225 Langen) zu unter-          Kassenleistung vorsehen (§ 20 Abs. 2
   Impfreaktionen
                                                richten. (Die für diese Meldungen              SGB V). Auch wenn in diesen Sat-
                                                benötigten Formblätter werden regel-           zungsregelungen durch entsprechen-
     Impfreaktionen wie Rötung,                 mäßig im Deutschen Ärzteblatt veröf-           de Vertragsgestaltung zwischen den
Schwellung und Schmerzhaftigkeit im             fentlicht.) Ebenso sollte der Hersteller       kassenärztlichen Vereinigungen und
Bereich der Injektionsstelle oder auch          informiert werden. Die für die Klärung         den Krankenkassen auf die von der
erhöhte Temperaturen werden im                  einer unerwünschten Arzneimittelwir-           STIKO empfohlenen Schutzimpfun-
Allgemeinen innerhalb der ersten 72             kung relevanten immunologischen                gen Bezug genommen wird, kann
Stunden nach der Impfung beobach-               (z. B. zum Ausschluss eines Immunde-           nicht generell von einer automati-
tet. Zwischen dem 7. und dem 12. Tag            fektes) oder mikrobiologischen Unter-          schen Übernahme der Kosten für
nach der MMR-Impfung kann es zu                 suchungen (z. B. zum differen-                 alle darin empfohlenen Schutzimp-
einer leichten masernähnlichen Sym-             zialdiagnostischen Ausschluss einer            fungen ausgegangen werden. Eine
ptomatik mit erhöhten Temperaturen              interkurrenten Infektion) sollten un-          Kostenübernahme für Schutzimpfun-
                                                                                               gen, die anlässlich eines nicht beruf-
  Tabelle 5                                                                                    lich bedingten Auslandsaufenthaltes
  Impfung bei HIV-Infektion                                                                    indiziert sind, ist ausgeschlossen.
                                                                                               Ebenso sind die in den STIKO-
  Impfstoff                                                  HIV-Infektion                     Empfehlungen mit ›R‹ gekennzeich-
                                                  asymptomatisch     symptomatisch             neten Schutzimpfungen keine Kas-
                                                                                               senleistungen.
  Inaktivierte Impfstoffe/Toxoide                 empfohlen               empfohlen
  Masern-Impfstoff                                empfohlen               nicht empfohlen*        Impfempfehlungen
                                                                                                  für Aussiedler, Flüchtlinge
  Mumps-, Röteln- u. a. Lebendimpfstoffe          empfohlen               nicht empfohlen
                                                                                                  oder Asylbewerber in
  Varizellen                                      kontraindiziert         kontraindiziert         Gemeinschaftsunterkünften
  (BCG)                                           kontraindiziert         kontraindiziert
                                                                                                    Es wird empfohlen, Schutzimp-
  * Masern können bei HIV-Kranken einen besonders schweren Verlauf nehmen. Bei erhöh-          fungen bei Bewohnern von Gemein-
    ter Masern-Gefährdung ist deshalb eine Masern-Impfung indiziert. Eine gleichzeitig         schaftsunterkünften möglichst früh-
    durchgeführte IgG-Substitution kann den Impferfolg infrage stellen. Eine Kontrolle des
    Impferfolges ist in diesen Fällen angeraten. Im Falle einer akuten Masern-Exposition ist   zeitig durch den öffentlichen Gesund-
    bei nicht immunen Personen eine IgG-Gabe zu erwägen.                                       heitsdienst oder durch vom ÖGD
                                                                                               beauftragte Ärzte zumindest zu be-
                                                                                               ginnen. Die Vervollständigung der
kommen. Die prophylaktische Gabe                verzüglich eingeleitet werden. Dafür           Grundimmunisierung sollte nach dem
von Antipyretika für den Zeitraum               notwendige Untersuchungsmateriali-             Verlassen der Gemeinschaftsunter-
möglicher fieberhafter Impfreaktio-             en, z. B. Serum oder Stuhlproben, sind         künfte durch die am späteren Aufent-
nen ist zu erwägen.                             zu asservieren. Der Impfling oder sei-         haltsort niedergelassenen Ärzte oder
     Neben diesen normalen Impfre-              ne Eltern bzw. Sorgeberechtigten sind          durch den ÖGD erfolgen.
aktionen sind unerwünschte Arznei-              auf die gesetzlichen Bestimmungen zur               Vorliegende Impfdokumentatio-
mittelwirkungen äußerst selten. Zeit-           Versorgung nach Impfschäden hinzu-             nen sollten nach Möglichkeit berück-
gleich mit der Impfung auftretende Er-          weisen (BSeuchG § 51). Der Antrag              sichtigt werden; die Empfehlungen
krankungen anderer Genese können                auf Versorgung ist beim zuständigen            der STIKO sollten dem Vorgehen zu-
als unerwünschte Arzneimittelwirkun-            Versorgungsamt zu stellen.                     grunde gelegt werden.
gen imponieren, deshalb ist ein über                                                                ✑ Bei Erwachsenen sollten
die normale Impfreaktion hinausge-                                                             Impfungen gegen Diphtherie und
                                                    Hinweise zur Kostenübernahme
hendes Vorkommnis unverzüglich dif-                                                            Tetanus (Td-Impfstoff), gegen Polio-
                                                    von Schutzimpfungen
ferenzialdiagnostisch abzuklären.                                                              myelitis sowie bei seronegativen Per-
                                                                                               sonen gegen Hepatitis B durchge-
                                                     Für die Kostenübernahme von               führt werden.
   Vorgehen bei unerwünschten
                                                Schutzimpfungen kommen verschie-                    ✑ Bei Kindern sollten Impfun-
   Arzneimittelwirkungen
                                                dene Träger infrage. Zu diesen zäh-            gen gegen Diphtherie, Tetanus und
                                                len der öffentliche Gesundheitsdienst          Pertussis sowie gegen Poliomyelitis,
    Über unerwünschte Arzneimittel-             (ÖGD) für ihm zugewiesene Schutz-              Masern, Mumps, Röteln und gegen
wirkungen sind umgehend das Ge-                 impfungen sowie weitere aufgrund               Hepatitis B, bei Kleinkindern auch
sundheitsamt, die Arzneimittelkom-              gesetzlicher Vorschriften benannte             gegen Hib durchgeführt werden. ✁

                                                                         Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000         17
I M P F E M P F E H L U N G E N

     Hepatitis-B-Immunprophylaxe               Sofortige Testung des „Emp-         Ständige Impfkommission
     bei Exposition mit                   fängers“,                                (STIKO) am
     HBV-haltigem Material                     ✑ wenn Empfänger nicht bzw.
                                          nicht vollständig geimpft ist, oder      Robert Koch-Institut
     (Als HBV-haltig gilt HbsAg-po-            ✑ wenn Empfänger „Non“- oder
sitives Material (z. B. Blut) oder Ma-    „Low-Responder“ ist (Anti-HBs nach       Vorsitzender:
terial, bei dem eine Kontamination        Grundimmunisierung < 100 IE/l) oder      Herr Prof. Dr. H.-J. Schmitt
wahrscheinlich, eine Testung aber              ✑ wenn der Impferfolg nie kon-      Christian-Albrechts-Universität Kiel
nicht möglich ist – z. B. Kanüle im       trolliert wurde oder                     Kinderklinik
Abfall. Empfehlungen dazu auch im              ✑ wenn die letzte Impfung län-      Schwanenweg 20
Epidemiologischen Bulletin des RKI        ger als 10 Jahre zurückliegt.            24105 Kiel
Nr. 1/2000: 1–2.)                              Das weitere Vorgehen ist in die-
                                          sem Fall vom Testergebnis abhängig       Stellvertretender Vorsitzender:
                                          und in Tabelle 2 dargestellt.            Herr Prof. Dr. W. Jilg
     Für geimpfte Personen                                                         Universität Regensburg
     gilt generell:                                                                Institut für Medizinische
                                             Anmerkungen zur
                                                                                   Mikrobiologie und Hygiene
                                             postexpositionellen Tollwut-
    Keine Maßnahmen notwendig,                                                     – Klinische Virologie und
                                             Immunprophylaxe:
    ✑ wenn bei exponierter Person                                                  Infektionsimmunologie –
Anti-HBs nach Grundimmunisierung                                                   Franz-Josef-Strauß-Allee 11
✞ 100 IE/l betrug und die letzte Imp-          ✑ Möglicherweise kontaminierte      93053 Regensburg
fung nicht länger als fünf Jahre          Körperstellen und alle Wunden sind
zurückliegt oder                          unverzüglich und großzügig mit Sei-      Sekretär:
    ✑ wenn innerhalb der letzten          fe oder Detergenzien zu reinigen, mit    Herr Dr. G. Rasch
12 Monate ein Anti-HBs-Wert von           Wasser gründlich zu spülen und mit 70-   Robert Koch-Institut
✞ 100 IE/l gemessen wurde (unab-          prozentigem Alkohol oder einem Jod-      FG Präventionskonzepte und
hängig vom Zeitpunkt der Grundim-         präparat zu behandeln; dies gilt auch    Impfprogramme
munisierung).                             bei einer Kontamination mit Impf-        Stresemannstraße 90–102
                                          flüssigkeit eines Impfstoffköders.       10963 Berlin
    Sofortige Verabreichung einer              ✑ Bei Expositionsgrad III wird      (Anschrift des Sekretariats der STIKO)
Dosis Hepatitis-B-Impfstoff (ohne         das Tollwut-Immunglobulin etwa zur
weitere Maßnahmen),                       Hälfte soweit möglich in und um die
    ✑ wenn Anti-HBs nach Grund-           Wunde instilliert und die verblei-        Impressum
immunisierung ✞ 100 IE/l betrug und       bende Menge intramuskulär verab-
                                                                                    Supplement zum Deutschen Ärzteblatt,
die letzte Impfung 5 bis 10 Jahre         reicht. Wunden sollten möglichst          Heft 16/2000
zurückliegt.                              nicht primär genäht werden.
                                                                                    Chefredakteur: Norbert Jachertz, Köln
                                               ✑ Bei erneuter Exposition einer      (verantwortlich für den Gesamtinhalt)
                                          Person, die bereits vorher mit Toll-
                                          wut-Zellkulturimpfstoffen      geimpft    Chefs vom Dienst:
  Bezugsmöglichkeiten                                                               Gisela Klinkhammer, Herbert Moll
                                          wurde, sind die Angaben des Her-
  der Impfempfehlungen der                stellers zu beachten.                     Redaktion:
  STIKO                                        ✑ Bei Impfanamnese mit un-           Dr. med. Vera Zylka-Menhorn in Verbin-
                                                                                    dung mit Prof. Dr. H.-J. Schmitt, Vorsit-
       Einzelexemplare (maximal           vollständiger Impfung oder Impfung        zender der Ständigen Impfkommission
  3) der Impfempfehlungen für             mit in der EU nicht zugelassenen          (STIKO) am Robert Koch-Institut, und
                                          Impfstoffen wird entsprechend Tabel-      Dr. G. Rasch, Robert Koch-Institut
  den Eigenbedarf können gegen
                                          le 4 eine vollständige Immunprophy-       Quelle:
  Einsendung eines mit 3 DM fran-
                                          laxe durchgeführt.                        Robert Koch-Institut für Infektions-
  kierten und adressierten Rück-               ✑ Bei gegebener Indikation ist       krankheiten und nicht übertragbare
  umschlages für das Format A4            die Immunprophylaxe unverzüglich          Krankheiten, Fachgruppe Infektionsepi-
  beim Robert Koch-Institut, FG           durchzuführen; kein Abwarten bis zur      demiologie, Stresemannstraße 90–102,
  21, General-Pape-Straße 62–66,                                                    10963 Berlin
                                          Klärung des Infektionsverdachts beim
  12101 Berlin, angefordert wer-          Tier. Wird der Tollwutverdacht beim       Technische Redaktion: Manfred Röhrig
  den. – Größere Stückzahlen              Tier durch tierärztliche Untersuchung     Verantwortlich für Anzeigen:
  können bei der Redaktion gegen          entkräftet, kann die Immunprophyla-       Vera Zumbusch
  Gebühr bestellt werden, dabei           xe abgebrochen oder als präexpositio-     Anzeigenverkauf:
  können Wartezeiten eintreten.           nelle Impfung weitergeführt werden.       Petra Pahlke-Schäfers
  – Die Impfempfehlungen sind                  ✑ Zu beachten ist die Überprüfung    Verlag:
  auch im Internet abrufbar unter         der Tetanus-Impfdokumentation, bei        Deutscher Ärzte-Verlag GmbH, Köln
  http://www.rki.de.                      Notwendigkeit gleichzeitige Tetanus-      Druck: L. N. Schaffrath, Geldern
                                          Immunprophylaxe (siehe Tabelle 3).

18       Supplement zum Deutschen Ärzteblatt Heft 16/2000
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