Indigene Völker und Klimawandel - Stärkung indigener Organisationen in Lateinamerika
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Abteilung Andenländer und Paraguay Koordinationsstelle indigene Völker in Lateinamerika und Karibik (KIVLAK) Stärkung indigener Organisationen in Lateinamerika: Indigene Völker und Klimawandel Zusammenhang zwischen Klimawandel und indigenen Völkern und ihre Positionen im Kontext der Verhandlungen zur Klimarahmenkonvention Dr. Heidi Feldt 2011 aktualisierte Auflage
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit 65726 Eschborn Autor: http://www.giz.de Dr. Heidi Feldt Verantwortlich: Redaktion: Silke Spohn, OE 2120 Silke Spohn, Anna Steinschen, Reinhard Wolf, Koordinationsstelle Indigene Völker in Lateinamerika und Helena Ströher, Eva Axthelm der Karibik (KIVLAK) Fotos: Programm: Stärkung indigener Organisationen in Carola Kasburg, Silke Spohn, Lateinamerika, PROINDIGENA” Peter Asmussen, Kristin Weidner kivlak@giz.de Druck: NN Telefon: +49 6196 79 6215 Telefax: +49 6196 79 7257 2011, aktualisierte Auflage Der Inhalt dieser Publikation wird von der Autorin verantwortet und gibt nicht unbedingt die Meinung der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, GIZ GmbH wieder.
Indigene Völker und Klimawandel Zusammenhang zwischen Klimawandel und indigenen Völkern und ihre Positionen im Kontext der Verhandlungen zur Klimarahmenkonvention Dr. Heidi Feldt, 2011, aktualisierte Auflage Zusammenfassung Indigene Völker erscheinen in der Klimadebatte als Be- Indigene Organisationen weltweit fordern daher ihre völkerungsgruppen, die besonders von den Auswirkungen direkte Beteiligung an den Klimaverhandlungen. Sie wol- des Klimawandels betroffen sind, als Träger traditionellen len vor allem an der Konzeptentwicklung und den Ent- Wissens, die mit schwierigen ökologischen Bedingungen scheidungen zu REDD mitwirken. Sie befürchten, dass umzugehen wissen, als Hüter der Wälder, die als CO2 Zahlungen für Umweltdienstleistungen, die zum Wald- Senken fungieren, und seit kurzem auch als politische erhalt und damit zu einer Reduzierung von CO2 Emis- Akteure in den Verhandlungen über einen neuen Klima- sionen beitragen sollen, neue Begehrlichkeiten bei den vertrag. Regierungen und bei privaten Landbesitzern in den ein- zelnen Ländern wecken und ihr Recht auf Land und In dem vierten Bericht des Zwischenstaatlichen Aus- Territorium untergraben werden könnte. schusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) und in Untersuchungen von Die internationale Staatengemeinschaft beginnt, die Umweltorganisationen wie der International Union for Bedeutung indigener Völker für den Klimaschutz anzuer- Conservation of Nature (IUCN) wurde nachgewiesen, dass kennen. In dem Abschlussdokument der 16. Vertrags- die Bevölkerung in der Arktis, in den tropischen Wäldern staatenkonferenz der Klimarahmenkonvention in Cancún sowie in den Hochgebirgs- und Küstenregionen besonders 2010 verweisen die Staaten explizit auf das Wissen und unter dem Klimawandel leidet bzw. leiden wird. Da indi- die Rechte indigener Völker. Die einzelnen Länder sind gene Völker überwiegend in diesen fragilen Ökosystemen angehalten, in der Entwicklung nationaler Strategien und leben, gehören sie zu den Bevölkerungsgruppen, die die Aktionspläne die Beteiligung indigener Völker sicherzu- Auswirkungen des Klimawandels bereits unmittelbar spü- stellen. Eine wirkliche Verankerung dieser Rechte ist ren. Andererseits haben sie aufgrund ihrer großen jedoch bisher im Kontext der Klimaverhandlungen noch Abhängigkeit von den natürlichen Gegebenheiten Fähig- nicht erfolgt. keiten der Anpassung an schwierige Umweltbedingungen erlangt, die es gilt für Mitigations1 - und Anpassungsstrate- gien aufzuarbeiten. 1. Auswirkungen des Klimawandels auf indigene Völker Zwischen 16% und 20% der weltweiten CO2 Emissionen werden durch die Zerstörung von Wald und Waldde- “Emerging evidence suggests that the livelihoods and cultural gradierung hervorgerufen. Im Sinne eines umfassenden identities of indigenous peoples of North America, Europe, Klimaschutzes haben daher die Staaten auf der 13. Ver- Latin America, Africa, Asia and the Pacific are already tragsstaatenkonferenz (COP 13) in Bali 2007 beschlossen, being threatened by the impact of climate change.” (Ms. Walderhalt und Waldmanagement in die Verhandlungen Kyungwha Kang, Stellvertreterin des Hochkommissars für eines Kyoto-Nachfolgeabkommens zu integrieren. Unter Menschenrechte der Vereinten Nationen in ihrer Rede an dem Stichwort „Reduzierung der Emissionen aus der die 13. Vertragsstaatenkonferenz in Bali, Dezember 2007) Entwaldung und Schädigung der Wälder (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation, REDD)“ Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen sollten konkrete Politik- und Finanzierungsmaßnahmen (IPCC, 2007) hebt in seinem vierten Bericht hervor, dass zum Erhalt der Wälder entwickelt werden. Da viele indi- vor allem die Bevölkerung, deren Lebensunterhalt unmit- genen Völker im und vom Wald leben und sie über viel telbar von der Nutzung der natürlichen Ressourcen Erfahrung im Erhalt ihrer Umwelt verfügen, sind sie wich- abhängt, am stärksten vom Klimawandel bedroht sein tige Akteure in diesem Thema. Die Umsetzung von wird. Das trifft in besonderem Maße auf die indigenen REDD betrifft unmittelbar ihre Lebensräume. Völker zu, die in sensiblen Ökosystemen wie den Anden, 1 "Mitigation" ist ein Teilaspekt des Klimaschutzes, der sich auf die Entwicklung neuer Technologien, Verfahren und Strategien konzentriert, mit denen eine deutliche Emissionsminderung klimarelevanter Gase erreicht werden kann. Dabei sind neben Kohlendioxid auch alle anderen klimarelevanten Gase gemäß der Klassifizierung im Kyoto- Protokoll gemeint. |1
den tropischen Wäldern, den Savannen oder in zirkumpo- Sinne, dass Phänomene wie die Erderwärmung durchaus laren Regionen leben. Da der Lebensunterhalt indigener von den Schamanen aufgegriffen werden können und es Völker in Lateinamerika mehrheitlich auf der Subsistenz- zu einer indigenen Aneignung des wissenschaftlichen wirtschaft, dem Gemüse- und Getreideanbau, der Jagd Diskurses über Klimawandel kommen kann. und dem Fischfang basiert, sind sie sehr stark von den natürlichen Gegebenheiten abhängig. Gleichzeitig ist ihr Internationale Klimaverhandlungen Zugang zu Informationen, Infrastruktur und Technologie Bereits seit der Konferenz über Umwelt und Entwicklung in nach wie vor geringer als bei anderen Bevölkerungsgrup- Rio de Janeiro 1992 versucht die internationale Staaten- pen. So werden die indigenen Völker Lateinamerikas zu gemeinschaft eine gemeinsame Antwort auf die drohenden den Bevölkerungsgruppen gehören, die besonders stark Klimaveränderungen zu geben. Dafür hat sie eine Klima- von den bereits stattfindenden oder zu erwartenden Kli- rahmenkonvention verabschiedet, die in dem Kyoto - maveränderungen betroffen sind bzw. sein werden2. Die Protokoll mit konkreten Reduktionszahlen für die Industrie- Veränderungen der Regenzeiten und – mengen im Ama- länder konkretisiert wurde. Das 2005 in Kraft getretene zonasgebiet, das Abschmelzen der Andengletscher und die Protokoll wurde jedoch nicht von allen Mitgliedsstaaten der daraus resultierende Wasserknappheit, die Zunahme der Klimarahmenkonvention unterzeichnet und läuft in 2012 Hurrikane in Mittelamerika – all dies sind Anzeichen für aus. Bis dahin verlaufen die internationalen Verhandlungen Klimaveränderungen, die sich unmittelbar auf die auf zwei Ebenen: alle Vertragsstaaten der Klimarahmenkon- Nahrungssicherheit und Lebensumstände indigener Völ- vention versuchen ein umfassendes neues Klimaschutzab- ker niederschlagen. Die Klimaveränderungen werden kommen zu erarbeiten, zusätzlich diskutieren die Unter- daher zwangsläufig auch zu einer Veränderung der Lebens- zeichnerstaaten des Kyotoprotokolls über dessen Verlänge- und Ernährungsgewohnheiten indigener Völker führen. rung. Bereits 2009 sollte auf der 15. Vertragsstaatenkon- ferenz (COP 15) in Kopenhagen das neue Abkommen ver- Darüber hinaus gehen Ethnologen (Orlove, Chiang, abschiedet werden. Es kam nicht dazu, da die Divergenzen Cane, 2002, Rossbach, 2010), die sich mit den Folgen des zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern Klimawandels auf indigene Völker befassen, davon aus, zu groß waren. Auf der darauffolgenden COP 16 im dass Indigene nicht nur in ihrem Lebensunterhalt durch Dezember 2010 in Cancún erfolgte zwar nicht der große den Klimawandel betroffen sind, sondern es auch zu kul- Durchbruch für ein neues Abkommen, aber in Teilbereichen turellen Veränderungen kommen kann. Dies ist in ihrer konnte eine Einigung erzielt werden. So beschlossen die Ver- engen Beziehung zu der sie umgebenden Natur begründet. handlungspartner im Cancún-Agreement u.a. Vorgaben Für viele Völker ist existentiell, dass das Verhältnis von zum Schutz der Wälder3 und zur Anpassung an Klimaaus- Natur, Geistern und Menschen sich in einem ausbalancier- wirkungen der besonders betroffenen Staaten4. ten Gleichgewicht befindet. Um dieses Gleichgewicht her- Parallel zu den internationalen Verhandlungen über ein zustellen und somit die Naturkräfte und Geister günstig Abkommen sollen auf regionaler und nationalstaatlicher zu stimmen, führen Schamanen, Wind- oder Regen- Ebene nationale Anpassungs- und Minderungsstrategien macher rituelle Handlungen durch. So beschreibt erarbeitet und konkrete Fortschritte bei Klimaschutzmaß- Rossbach (2010), dass die Schamanen der Nasa in nahmen wie dem Erhalt der (Regen-) Wälder als CO2 Kolumbien nach einem Erdbeben und der darauffolgen- Senken erzielt werden. den Schlammlawine im Jahr 1994 das alte Ritual saakhelu wiederbelebt haben. Mit dieser Handlung sollte ihr Territorium geheilt werden – etwas, das in unserer westli- 2. Indigenes Wissen und Anpassung an den chen Vorstellung nur bei lebenden Wesen möglich ist, Klimawandel während in der Kosmovision vieler indigener Völker die Aufteilung in belebte und unbelebte Natur nicht existiert “Incorporating indigenous knowledge into climate change und so auch die unbelebte Natur geheilt werden kann. policies can lead to the development of effective adaptation Kronik und Verner (2010) befürchten, dass die Auswir- strategies that are cost-effective, participatory and sustaina- kungen des Klimawandels zu einer Erosion der traditionel- ble”. (aus 4. Sachstandsbericht des IPCC, S. 865)5 len Strukturen indigener Völker führen kann, da sie Stö- rungen des Gleichgewichts in erster Linie auf ein eigenes Die meisten indigenen Wirtschaftsweisen sind nachhaltige, Fehlverhalten zurückführen, dass durch Rituale und ande- low carbon Ökonomien wie z.B. die traditionellen Vieh- re Handlungen wieder ausgeglichen werden muss. Wenn zuchtsysteme, die Bewirtschaftung tropischer Regenwälder dies nicht funktioniert – wie es im Falle der Klimaverän- oder ihr praktizierter Rotationsackerbau belegen. Ihnen ist derungen zu erwarten ist – könnte die Folge ein es gelungen fragile Ökosysteme wie Mangrovenwälder, Autoritätsverlust der traditionellen Strukturen sein. Feuchtgebiete, die Arktis oder die Tropenwälder zu erhalten Rossbach interpretiert das Verhalten der Nasa in dem und zu bewirtschaften. 3 Die Verwundbarkeit oder Anfälligkeit (vulnerability) einzelner Bevölkerungsgruppen setzt sich zusammen aus dem Ausgesetztsein (exposure), der Empfindlichkeit (sensitivity) und der Anpassungsfähigkeit (resilience) gegenüber Veränderungen der Umwelt. Dabei hängt die Fähigkeit einer sozialen Gruppe, sich an verändernde Umweltbedingungen zupassen, wiederum von ihrer physischen Umwelt und ihrem Recht, das Land und seine Ressourcen zu nutzen, dem Zugang zu Information, Technologie, Wissen, Macht, Entscheidungen, Bildung, Gesundheitsfürsorge und Nahrungsmitteln ab. 3 "Cancún Agreement: „Policy approaches and positive incentives on issues relating to reducing emissions from deforestation and forest degradation in developing countries; and the role of conservation, sustainable management of forests and enhancement of forest carbon stocks in developing countries” http://www.bmu.bund.de/english/climate/downloads/doc/46833.php 2| 4 "Cancún Adaptation Framework 5 "IPCC AR4 WGII Report
Durch die genaue Beobachtung der Natur haben viele indi- Indigenes Wissen kann zwar oft durch wissenschaftliche gene Völker ein Wissen aufgebaut, dass ihnen erlaubt, sich Untersuchungen gestützt werden, es ist aber meist in kultu- auf gewisse Naturphänomene einzustellen. Orlove (2002) relle Vorstellungen und Rituale eingebunden, die schwerlich beschreibt zum Beispiel, dass die Indigenen der peruani- mit unseren westlichen Vorstellungen vereinbar sind. Wie schen und bolivianischen Anden jedes Jahr Ende Juni in der eine interkulturelle Auseinandersetzung über Auswirkungen längsten Nacht des Jahres um Mitternacht zusammen kom- des Klimawandels und der Reaktionen darauf aussehen kann men und die Plejaden, einen Sternenhaufen im Sternbild des - die Beantwortung dieser Frage steckt erst in den Anfängen. Stiers, beobachten. Die Bauern glauben, dass sie dadurch Ein erster Schritt dafür ist die Anerkennung der Bedeutung Zeit und Menge des Regens während der Regenzeit vorher- indigenen Wissens für mögliche Adaptionsstrategien, wie sagen können. Sie stellen darauf den Zeitpunkt ihrer Kartof- jetzt in den Beschlüssen der 16. Vertragsstaatenkonferenz in felaussaat ab. Wenn die Plejaden hell, groß und zahlreich zu Cancún geschehen, und die Dokumentation dieses Wissens. sehen sind, dann pflanzen sie zu ihrer gewohnten Zeit, da der Regen wie gewohnt eintreten wird. Sind die Plejaden je- Bereits das Arbeitsprogramm zu den Auswirkungen und doch klein und nur verschwommen zu sehen, dann gehen sie Anpassungen an den Klimawandel (Nairobi work program- davon aus, dass der Regen geringer ausfällt und erst später me on impacts, vulnerability and adaptation to climate change, einsetzt. Um ihr Anbaurisiko zu verkleinern, ist diese Infor- Nairobi 2006, COP 12) stellte die Bedeutung indigenen mation überlebenswichtig, da durch zu frühes Aussähen die und traditionellen Wissens heraus und empfahl das Ernte zerstört werden kann. Meteorologische Untersu- Sammeln, Analysieren und Vermitteln von alten und aktuel- chungen haben versucht, die Beobachtungen wissenschaft- len Anpassungspraktiken. Die Internet-Seite zur VN- lich zu untermauern. So wurde festgestellt, dass die Vorher- Klimarahmenkonvention (UNFCCC) listet bereits eine sagewahrscheinlichkeit bei 65% liegt und damit höher ist als Reihe von Beispielen auf, die Anpassungsmethoden indige- bei meteorologischen Langzeitvorhersagen. Die genaue ner Völker beschreiben6. Es gibt darüber hinaus eine Reihe Ursache für die unterschiedliche Sichtbarkeit konnte man weiterer Projekte, die indigenes Wissen dokumentieren und jedoch noch nicht bestimmen, höchstwahrscheinlich ist das lokale Anpassungsstrategien, die auf traditionellem Wissen Klimaphänomen El Niño dafür verantwortlich. aufbauen, fördern und verbreitern. So hat die Universität der Erwähnt wird diese Praxis bereits in Aufzeichnungen der Vereinten Nationen (Galloway, 2009) in Darwin spezifische Spanier um 1600 und sie scheint weit-verbreitet gewesen zu indigene Anpassungsstrategien weltweit gesammelt und sein. Ähnliche Wettervorhersagen sind auch von anderen dokumentiert. Aber auch die indigenen Organisationen Völkern und aus anderen Kontinenten bekannt. So wissen haben begonnen unter dem Dach des Ständigen Forums zu die Indigenen im indischen Gujarat, das eine Ak-kumulation indigenen Angelegenheiten in der VN (Permanent Forum von Wolken in südöstlicher Richtung begleitet von südli- on Indigenous Issues) Fallbeispiele aufzuarbeiten7. Die chen Winden in zwei bis drei Tagen Regen bringen wird. Indigenous Peoples' Biocultural Climate Change Assessment Gujarat ist trocken. Die Landwirtschaft der Region ist im- Initiative 8 (IPCCA) und die Universität der Vereinten mer wieder von Dürren bedroht. Von daher ist die Vorher- Nationen / Traditional Knowledge Initiative 9 untersuchen sage der Monsunzeit von größter Bedeutung. und fördern indigene Anpassungsstrategien, um die biologi- Die oben genannten Beispiele verdeutlichen, dass indigene sche und kulturelle Vielfalt zu stärken und die Ernährungs- Völker sich nicht fatalistisch den Gegebenheiten unterwer- sicherheit zu gewährleisten. In Panama, Peru, USA, Ecuador, fen, sondern durch genaue Naturbeobachtungen in der Lage Thailand, Kenia, Indien und der eurasischen Polarregion sind, mit schwierigen Umweltbedingungen umzugehen. Sie werden entsprechende Studien durchgeführt. haben gelernt, sich verändernden Umweltbedingungen anzu- passen und Techniken zu entwickeln, die auf den Erhalt der Außerdem haben die FAO, die Weltbank aber auch Nicht- Ressourcen und damit ihrer Lebensgrundlagen angelegt sind. regierungsorganisationen wie Oxfam International das Dass indigene Völker dabei auch Techniken der industriellen Thema aufgegriffen. Welt aufgreifen und umsetzen, steht außer Frage. Aber funk- Doch das Sammeln und Dokumentieren von Anpassungs- tioniert es auch andersherum? Ist die Beschreibung der indi- strategien ist nicht ausreichend. Damit indigenes Wissen genen Wettervorhersage eher eine Anekdote über die Natur- sich festigen und weiterentwickeln kann, müssen indigene verbundenheit indigener Völker oder kann sie für andere Lebensweisen respektiert und gestärkt werden. Eine zen- Bevölkerungsgruppen nutzbringend adaptiert werden? Was trale Voraussetzung dafür ist das Nutzungsrecht über das passiert, wenn z.B. Regen- und Windmacher der Warao eigene Territorium und die Möglichkeit, die eigene zwar sehr wichtig für die Produktion des Palmsago, dem Entwicklung zu bestimmen. Auch im Rahmen der Grundnahrungsmittel der Warao im venezolanischen Klimadiskussion stößt man daher immer wieder auf die Orinoko-Delta, sind, aber ihre Rituale und deren Erfolg sich grundlegende Forderung nach rechtlicher Klärung und nicht wissenschaftlich erklären lassen? Werden sie dann als Anerkennung der Landrechte. Kuriositäten abgetan? 6 Weitere Beispiele siehe: UNFCCC Website zu lokalen Anpassungsstrategien http://maindb.unfccc.int/public/adaptation/ oder auch den 4. Sachstandsbericht des IPCC, AR4 WGII Report (2007) Cross-chapter case studies S. 864ff 7 7th Session of Permanent Forum on Indigenous Issues http://daccess-dds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/N08/338/82/PDF/N0833882.pdf ?OpenElement sowie Results of the Copenhagen meeting of the Conference of the Parties to the United Nations Framework Convention on Climate Change; implications for indigenous peoples’ local adaptation and mitigation measures, Permanent Forum on Indigenous Issues, 19.-30. April 2010 E/C.19/2010/18, siehe aus: www.tebtebba.org 8 http://ipcca.info/about/ 9 http://www.ipcca.net/ und http://www.unutki.org/default.php?doc_id=96 |3
Darüber hinaus ist jedoch zu befürchten, dass die zu weisung vorzunehmen und auf dieser Grundlage Staaten erwartenden, tiefgreifenden Klimaveränderungen die tra- zu Klimaschutzmaßnahmen zu verpflichten oder ditionellen Anpassungsmöglichkeiten und -kenntnisse Haftungsansprüche geltend zu machen. Die Inuit Kanadas indigener Völker überschreiten. Um eine Chance zu und Alaskas haben es trotzdem versucht: haben, ihre Lebensräume erhalten zu können, benötigen sie daher außerdem verbesserten Zugang zu Informa- Sheila Watt-Cloutier hat 2005 im Namen der Inuit tionen, Technologien, Entscheidungsstrukturen und Cirumpolar Konferenz eine Petition13 bei der Finanzmitteln. In den Staaten mit indigenen Völkern ist Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte es deshalb notwendig, eine gezielte Klimapolitik zum eingereicht mit dem Ziel, die USA auf eine Reduktion der Schutz indigener Völker zu entwickeln Treibhausgasemissionen zu verpflichten. Außerdem for- derten die Inuit Entschädigungen für Umweltschäden, die durch die Treibhausgasemissionen der USA verursacht 3. Klima und Menschenrechte wurden. Die Interamerikanische Kommission hat zwar die Klage als unzulässig zurückgewiesen, da ihr keine eindeuti- “Indeed, climate change poses a direct threat to a wide range ge Schuldzuweisung möglich schien, aber durch ein of universally recognized human rights, such as the rights to öffentliches Hearing die Aufmerksamkeit auf die Folgen life, food, adequate housing or water. Procedural human des CO2 Ausstoßes der Industrienation auf die Situation rights, including access to information or justice and partici- der Inuit gelenkt. pation in decision-making processes may also become increa- singly relevant in a context of climate change, particularly for Unabhängig von der Frage, ob sich direkte Menschen- those being affected by it” rechtsverletzungen durch den Klimawandel nachweisen (Ms. Kyung-wha Kang, Stellvertreterin des Hochkom- lassen und sich daraus z.B. Haftungsansprüche ableiten missars für Menschenrechte der Vereinten Nationen in ließen, hält der Bericht des OHCHR fest, dass der ihrer Rede an die COP 13, Bali, Dezember 2007) Klimawandel negative Auswirkungen auf die Ausübung der Menschenrechte hat und sich daher für die Staaten Der Bericht des Hochkommissariats für Menschenrechte Schutzpflichten aus den internationalen Menschenrechts- der Vereinten Nationen (OHCHR, 200910) zeigt die übereinkommen ableiten: „..human rights obligations pro- Verknüpfung von Klimawandel und Menschenrechte auf vide important protection to the individuals whose rights are und arbeitet heraus, dass die Rechte auf Nahrung, Wasser, affected by climate change or by measures taken to respond to Gesundheit, Wohnung und das Recht auf Leben durch climate change.“ (OHCHR, 2009, Par.71) den Klimawandel eingeschränkt werden. Zwar lässt sich aus den internationalen Menschenrechtsübereinkommen Die Diskussion darüber, welche praktischen und rechtli- kein unmittelbares Recht auf eine heile und gesunde chen Konsequenzen sich aus dieser Schutzpflicht ergeben, Umwelt herleiten, doch erkennen die VN Vertragsorgane beginnt erst. Das OHCHR hat dieses Thema in die (Treaty Bodies) der einzelnen Konventionen die Verbin- Klimaverhandlungen eingebracht, und der Menschen- dung zwischen Umwelt und der Verwirklichung von rechtsrat hat in seiner Resolution von März 2009 die Menschenrechten an. Darüber hinaus haben viele latein- Mandatsträger der VN Sonderverfahren aufgefordert, ver- amerikanische Länder das Recht auf eine gesunde Umwelt stärkt auf Menschenrechtsverletzungen durch Klimawan- in ihren Verfassungen festgeschrieben11. del zu achten. Der Klimagipfel 2010 nimmt ausdrücklich Bezug auf die Verbindung von Klimawandel und Damit wird in die Klimaverhandlungen neben den bishe- Menschenrechte und fordert die Staaten auf, bei allen rigen Grundsätzen der Gerechtigkeit und Verantwortung 12 Aktivitäten im Klimabereich die Menschenrechte zu auch ein Rechtsanspruch, der auf den Menschenrechten respektieren14, konkretisiert dies aber nicht weiter. basiert, eingeführt. Allerdings zeigt der Bericht des OHCHR auch auf, welchen Einschränkungen dieser Ansatz unterliegt. Die Auswirkungen des Klimawandels als Menschenrechtsverletzungen im rechtlichen Sinn nachzuweisen, stellt sich als sehr kompliziert heraus: Es ist schwer, die komplexen Beziehung zwischen Treibhausgasemissionen mit einzelnen Klimaeffekten kau- sal nachzuweisen und noch schwieriger wird es, direkte oder indirekte Zusammenhänge mit Menschenrechtsver- letzungen eindeutig herzustellen. Dadurch ist es kaum möglich, im rechtlichen Sinne eine eindeutige Schuldzu- 10 A/HRC/10/61, Bericht an die 10. Sitzung des Menschenrechtsrates 11 Die neue Verfassung Ecuadors geht sogar einen Schritt weiter, in dem sie der Natur ein eigenes Recht zuschreibt (Constitución política del Ecuador, 2008, Art.71) 12 „ Die Vertragsparteien sollen auf der Grundlage der Gerechtigkeit und entsprechend ihren gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihren jeweili- gen Fähigkeiten das Klimasystem zum Wohl heutiger und künftiger Generationen schützen. Folglich sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, bei der Bekämpfung der Klimaänderungen und ihrer nachteiligen Auswirkungen die Führung übernehmen.“ UNFCCC, Art. 3.1, Rio de Janeiro 1992 13 http//:inuitcircumpolar.com/files/upload/icc-files/FINALPetitionICC.pdf (8.6.2009) 4| 14 Outcome of the work of the Ad Hoc Working Group on long-term Cooperative Action under the Con-vention: “8. Emphasizes that Parties should, in all climate change-related actions, fully respect human rights;” (S.2)
Klimawandel und Rechte indigener Völker Aus diesen Gründen fordern indigene Völker, dass ihre Rechtsansprüche – vor allem auf Land, Konsultations-, “…, States have an obligation to take action to avert climate Beteiligungs- und Nutzungsrechte – auch im Rahmen der change impacts which threaten the cultural and social identi- Klimaverhandlungen anerkannt werden, damit diese nicht ty of indigenous peoples”. (OHCHR, 2009, Par. 41) von anderen Interessen überlagert werden. Françoise Hampson (2005, Expertin in der VN Unter- Sie stützen sich dabei auf die ILO Konvention 169 über kommission für die Förderung und den Schutz der indigene und in Stämmen lebende Völker aus dem Jahre Menschenrechte 1998-2007) unterscheidet in ihrem 1989 und auf die Erklärung zu den Rechten indigener Bericht an die Menschenrechtskommission drei Ebenen, Völker (United Nations Declaration of the Rights of auf denen indigene Völker durch Umweltschäden und Indigenous Peoples, UNDRIP), die die Vollversammlung spezifisch durch Klimaveränderungen in ihren Rechten der Vereinten Nationen 2007 verabschiedet hat. Sowohl besonders betroffen sind: die ILO Konvention als auch die VN Erklärung schreiben das Recht indigener Völker auf Selbstbestimmung (Art.3 1. Schäden, die sich negativ auf ihr Leben in ihren Terri- und 4) und auf eigenes Land (Art. 26) fest. Darüber hin- torien auswirken wie z.B. der Verlust an biologischer aus erkennt die VN Erklärung das Recht auf freie, frühzei- Vielfalt oder Wasserknappheit. tige und informierte Zustimmung (Art.19) zu allen Hampson geht davon aus, dass indigene Völker dadurch Vorhaben an, die ihr Territorium betreffen, ebenso wie das ihre kollektiven und individuellen Rechte nur noch ein- Recht auf adäquate, faire Entschädigungsleistungen geschränkt wahrnehmen können. Da die Auswirkungen (Art.28). von Klimaveränderungen auf Land- und Territorial- Der Bericht des OHCHR sieht außerdem klar die Staaten rechte bisher kaum untersucht sind, empfiehlt der ehe- in der Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um indigene malige VN Sonderberichterstatter für die Rechte indige- Völker vor den negativen Auswirkungen des Klimawan- ner Völker, Rudolfo Stavenhagen, weitere Unter- dels zu schützen. suchungen vor allem über besonders verwundbare Öko- systeme wie die Arktis, die borealen Wälder, die Tropen- wälder und die Hochgebirgsregionen durchzuführen. 4. Internationale Klimapolitik: Reduzierung von Emissionen aus Waldzerstörung und 2. Vertreibung von ihrem Land in andere Regionen des- Walddegradierung (REDD) selben Staates, da sie nicht mehr länger auf ihrem Land leben können. Waldzerstörung und Waldschädigung verursachen zwi- Neben dem physischen Verlust an Land kann dies auch schen 16 und 20% der CO2 Emissionen, ca. zwei Drittel bedeuten, dass sie ihr verbrieftes Recht auf eigenes Land davon fallen auf die Zerstörung tropischer Regenwälder. verlieren, da das neu zu besiedelnde Land nicht mehr Ein umfassendes Klimaschutzabkommen muss daher die- mit ihrem traditionellen Lebensraum übereinstimmt. ses Problem aufgreifen und Anreize für den Erhalt der Dies ist eine Bedingung, die in vielen Verfassungen Wälder bieten. So wurde auf der COP 13 in Bali 2007 Lateinamerikas als Voraussetzung für das Recht auf beschlossen, Verhandlungen über eine mögliche eigenes Land festgeschrieben ist. Einbeziehung von Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen aus Waldzerstörung und Walddegradierung 3. Vertreibung von ihrem Land und Flucht in einen ande- (REDD) in einem neuen Klimaregime nach Kyoto zu ren Staat. beginnen. Mit der Entwicklung von Vorschlägen zur Es ist zu befürchten, dass sie in diesem Falle alle ihre Umsetzung des in Bali beschlossenen Aktionsplans wurde Rechte als indigene Völker verlieren, da sie im Sinne der eine Ad Hoc Arbeitsgruppe (Ad hoc Working Group on ILO Konvention 169 nicht mehr indigen, sondern eine Long term Cooperative Action under the Convention, AWG ethnische Minderheit in einem fremden Land wären. – LCA) beauftragt. Wären sie dann noch berechtigt, ihre in ihrem Heimat- Mit einer Weiterentwicklung von REDD zu REDD+ soll land anerkannten Rechte auszuüben? Welches Terri- inzwischen nicht nur die Vermeidung von Emissionen torium kann die dann landlose Bevölkerung reklamie- (REDD) sondern auch der Erhalt von Wäldern und die ren? Welche Ansprüche hat sie? Gegen wen macht sie nachhaltige Waldbewirtschaftung (inklusive Land- ihre Ansprüche geltend? Diese Fragen sind besonders nutzungspläne) einbezogen werden. Während COP 15 in akut für die Bevölkerung der Inselstaaten im Pazifik, die Kopenhagen haben sich die Mitglieder der zuständigen von Überflutung bedroht sind. Arbeitsgruppe (AWG-LCA) auf einige Punkte zur Um- setzung von REDD+ in dem Textvorschlag an die Kon- ferenz geeinigt. So wurde akzeptiert, dass die Grundlage |5
für REDD+ die Erarbeitung einer nationalen Strategie Finanzierungsinstrumente in der REDD Testphase und eines Aktionsplan, die Festlegung von Referenzwerten für den Waldbestand und Emissionswerte sowie ein trans- Es gibt bereits eine Reihe von Fonds, die Pilotvorhaben im parentes Monitoringssystem sein müssen. Außerdem REDD Kontext finanzieren: die Forest Carbon Partnership wurde anerkannt, dass die Ursachen der Waldzerstörung, Facility (FCPF) der Weltbank 16, das Forest Investment Fragen der Landrechte, Schutzbestimmungen und die Programm / Strategic Climate Fund der Weltbank 17, das umfassende Beteiligung aller relevanten Interessengruppen UN REDD Programm, sowie einige regionale Fonds wie der aufgegriffen werden müssen. Auf der darauffolgenden Congo Basin Forest Fund, der von der Afrikanischen Ent- COP 16 im Dezember 2010 in Cancún konnten in wicklungsbank verwaltet wird oder Fonds einzelner Staaten Teilbereichen weiterführende Einigungen erzielt werden, wie Norwegens internationale Klima- und Waldinitiative, u.a. bei Vorgaben zum Schutz der Wälder und zur die International Forest Carbon Initiative Australiens 18 oder Anpassung an Klimaauswirkungen besonders betroffener die Internationale Klimaschutzinitiative Deutschlands 19. Staaten. Die Fonds unterstützen waldreiche Entwicklungs- und Bisher werden unterschiedliche Modelle diskutiert, wie Schwellenländer bei der Entwicklung einer entsprechenden der REDD-Mechanismus funktionieren soll und welche nationalen Walderhaltungspolitik und bei der Durchfüh- Leistungen angerechnet werden können. Klar ist, dass rung von einzelnen Demonstrationsprojekten. anders als der projekt-basierte Mechanismus zur umwelt- Bei der Mehrzahl der Fonds werden indigene Völker und gerechten Entwicklung (Clean Development Mechanism, ihre Rechte formal beachtet. So verweist die Weltbank auf CDM15), REDD eine Emissionsreduzierung durch ihre Politik- und Verfahrensleitlinien für die Zusammen- Walderhalt auf Länderebene ermöglichen soll. Zwar sollen arbeit mit indigenen Völkern und die Notwendigkeit der auch unterhalb der nationalen Ebene Individuen, lokale effektiven Beteiligung der vom Wald abhängigen indigenen Gemeinschaften oder Regionen für ihre Umweltdienst- Völker. (Operating Principles 3.1 der FCPF) Das UN leistungen (Vermeidung von CO2 Emissionen, die durch REDD Programm, das REDD Aktivitäten in mehreren Waldzerstörung und Degradierung verursacht werden) Pilotländern fördert, greift die Leitlinien zu indigenen Völ- Entschädigungen erhalten können beziehungsweise es sol- kern des VN Entwicklungsprogramm (UNDP) auf, die ba- len Projekte in diesem Bereich unterstützt werden, aber sierend auf der UN Erklärung zu den Rechten indigener die Überprüfung und Berichterstattung über CO2 Völker empfehlen, die freie, informierte und frühzeitige Emissionen soll auf nationaler Ebene erfolgen. So soll ver- Zustimmung indigener Völker zu den Projekten einzuholen. hindert werden, dass in einer Region aufgeforstet wird Die norwegische Regierung hat über ihre Klima- und Wald- und während in einer anderen Region desselben Landes initiative der brasilianischen Regierung knapp 1 Mrd. US$ abgeholzt wird (Cancún Agreement, Fußnote 3). bis 2015 für einen Amazonasfonds zugesagt 20, der die Wald- Über einige entscheidende Punkte konnte bisher aber zerstörung reduzieren und gleichzeitig die Rechte und die keine Einigung erzielt werden. So ist die Finanzierung von Entwicklung der lokalen und indigenen Bevölkerung stärken REDD+ nach wie vor umstritten. Unterschiedliche soll. Die Koordinationsstelle der brasilianischen indigenen Modelle stehen zur Diskussion. Sie unterscheiden sich an Amazonasvölker (COAIB) ist in diesen Fonds einbezogen. den Fragen, woher das Geld kommen soll (aus öffentli- chen Mitteln, dem Emissionshandel oder einer Mischform aus beidem) und welche Entscheidungs- und Überwa- Bolivien hat im März 2010 seine nationale Strategie dem chungsstrukturen gebildet werden sollen. Während die UN REDD Sekretariat vorgelegt, um die sogenannte Industrieländer marktbasierte Mechanismen wie z.B. den REDD+ readiness (die Erfüllung der Voraussetzungen für Emissionshandel befürworten, fordern mehrere REDD+) zu erlangen21. Die Strategie sieht Maßnahmen Entwicklungsländer wie z.B. Bolivien eine Finanzierung auf drei Ebenen vor: durch Fonds, in die die Industriestaaten und die • Capacity Building für die zuständigen Wirtschaft einzahlen. Im Laufe des Jahres 2011 soll im Regierungsinstitutionen, Zusammenhang mit der Langzeitfinanzierung von • Verbesserung der Fähigkeiten zivilgesellschaftlicher REDD+ und von Adaptionsmaßnahmen ein Organisationen zur Durchführung von REDD+ Finanzierungs-, Entscheidungs- und Monitoringmodell Aktivitäten, beschlossen werden • Durchführung von REDD Pilotmaßnahmen auf lokaler Im Rahmen des VN Programms zu REDD (UN REDD) Ebene unter Einbeziehung territorialer werden zurzeit in mehreren Pilotländern die Voraus- Gebietskörperschaften und indigener und anderer zivil- setzungen geschaffen, um REDD umzusetzen. In Latein- gesellschaftlicher Organisationen. amerika sind dies Paraguay, Bolivien und Panama. 15 Der CDM wurde 1997 als ein Mechanismus unter dem Kyoto Protokoll eingeführt. Durch die Finanzie-rung nachhaltiger Entwicklungsprojekte in Entwicklungsländern durch die Industrieländer sollte der CDM zur Erreichung der Emissionsreduktionsziele beitragen. 16 http://www.forestcarbonpartnership.org/fcp/ 17 http://www.climateinvestmentfunds.org/cif/node/5 18 http://www.climatechange.gov.au/government/initiatives/international-forest-carbon-initiative.aspx 19 http://www.bmu-klimaschutzinitiative.de/de/themen_und_projekte 6| 20 Norwegen sagt Milliardenspende für Regenwaldschutz zu, Spiegel, 17.9.2008 http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,578825,00.html 21 Die Strategie wurde mit Unterstützung der deutschen EZ formuliert.
Mit ähnlichen Strategien sollen alle Pilotländer befähigt Konflikte zu vermeiden. werden, REDD+ in ihren Ländern umzusetzen, sobald Bei den internationalen Klimaverhandlungen fordern die dieses Instrument international vereinbart wurde. Ähnlich indigenen Organisationen ihre aktive Beteiligung an der verfährt auch die Forest Carbon Partnership Facility. Die Formulierung und Ausgestaltung des REDD Mechanis- Erprobung des REDD Mechanismus in den Pilotphasen mus. Von den indigenen Organisationen werden verschie- hat eine eigene Dynamik entfaltet, die losgelöst von der dene Möglichkeiten der aktiven Beteiligung benannt, wie Verhandlungsgeschwindigkeit bei den Klimaverhand- zum Beispiel die Einrichtung einer Expertengruppe im lungen erscheint. Während REDD Maßnahmen bereits Rahmen von UNFCCC, die Mitgliedschaft in einem umgesetzt werden sollen und eventuell entsprechende noch einzurichtenden Entscheidungs- und Monitoring- Verträge gezeichnet werden, ist der Rahmen in einem gremium und die Förderung unabhängiger Forschungsar- zukünftigen Klimavertrag noch ungeklärt. beiten zu dem Thema. Unabhängig davon, wie die Umsetzung im Detail ausse- Nach Ansicht der indigenen Organisationen ist die recht- hen wird, gehen die indigenen Organisationen davon aus, liche und praktische Sicherung indigener Territorien und dass REDD tiefgreifende Auswirkungen auf die indigenen kommunaler Wälder Grundvoraussetzung für REDD+. Völker haben wird, vor allem in den Tropenwaldregionen. Erst wenn diese Bedingung erfüllt sind, könnten REDD Diese Auswirkungen können auf der Grundlage partizipa- Maßnahmen entwickelt werden23. tiver Planung und gesicherter Land- und Nutzungsrechte indigener Völker positiv sein und zum Erhalt des Lebens- raumes beitragen. Da jedoch in den meisten Ländern die 5. Politische Positionen indigener rechtlichen Voraussetzungen und die Partizipationsmög- Organisationen lichkeiten indigener Völker unzureichend sind, befürchten die indigenen Organisationen vor allem schwerwiegende, Die Positionen der indigenen Organisationen zu den negative Auswirkungen. Klimaverhandlungen und vor allem zu REDD sind - “Nun, wo REDD am Horizont erscheint, sehen wir sowohl geprägt durch ihre jeweiligen Lebensumstände - unter- Gefahren als auch Möglichkeiten. Wir sehen es als schiedlich. Das International Indigenous Forum on Möglichkeit, erneut für den Respekt unserer Rechte auf unse- Climate Change (IIPFCC) und das Permanente Forum zu re Wälder und seiner Ressourcen aufzurufen und unser tra- indigenen Angelegenheiten (UNPFII) innerhalb des VN ditionelles Waldmanagement und unsere Schutzpraktiken Systems umfassen Organisationen so unterschiedlicher zu stärken. Aber wenn unsere Rechte übertüncht oder unter- Völker wie die Inuit Kanadas und Alaskas, die Saami laufen werden in dem Versuch, Wälder in Nordeuropas, die Massai Ostafrikas, die vielen Völker Entwicklungsländern als Teil der Mitigationsmaßnahmen Indonesiens, Malaysias und der Philippinen sowie die klei- einzubeziehen, dann sehen wir ernsthafte Schwierigkeiten nen Völker der Amazonasregion und die Maya Guatema- für das zukünftige Überleben der im Wald lebenden indige- las, um nur einige zu nennen. nen Völker und ihrer Kulturen.“ (Stellungnahme von TEB- Es gibt weder eine Tradition, die einzelne Völker autori- TEBBA Indigenous Peoples' International Centre for siert für andere zu sprechen, noch eine Struktur, die ein Policy Research and Education in der Contact Group of Weltparlament indigener Völker ermöglichen würde. Es the AWG-LCA on Mitigation, 8. April 2009). existiert daher kein einzelnes Organ, das für alle Indigenen REDD wird von einigen indigenen Organisationen wie sprechen könnte, und viele indigene Organisationen ver- der CONFENIAE in Ecuador grundsätzlich abgelehnt, halten sich zu REDD, wie es ihren Möglichkeiten und weil sie einen Verlust der Autonomie über ihr Land Rechten in ihren jeweiligen Ländern entspricht. befürchten. Andere indigene Organisationen wie die Um gemeinsame Positionen zu erarbeiten, wurden seit CIDOB in Bolivien halten eine Einbindung des REDD 2008 mehrere regionale Konferenzen, je eine in Asien, Mechanismus in ihre Bestrebungen zum Erhalt ihrer Afrika und Lateinamerika, sowie ein Indigenous Peoples’ Wälder durchaus für möglich. Voraussetzung dafür ist, Global Summit on Climate Change in Anchorage durchge- dass sie an der Entwicklung und Umsetzung von REDD führt. Die indigenen Organisationen einigten sich in der Politik und Projekten unmittelbar beteiligt sind. Sie for- Abschlusserklärung auf gemeinsame, grundsätzliche dern, dass Gelder unter REDD sowohl für die Sicherung Forderungen24. Sie gehen dabei von drei Kernaussagen aus: indigener Territorien als auch für Bildung und Beteili- gungsprozesse zur Verfügung gestellt werden. Auch die • Die vordringlichste Aufgabe der Klimaverhandlungen Organisation der indigenen Völker im peruanischen sehen sie in der Festlegung der Industrieländer auf ein Amazonasgebiet (AIDESEP) fordert in einer veröffent- verbindliches Reduktionsziel (45% unter dem Niveau lichten Analyse des peruanischen REDD Programms22, von 1990 bis 2020 und 95% bis 2050). dass vordringlich die Landrechte geklärt werden müssen, • Sie betonen die Notwendigkeit des Schutzes von Ökosy- um in der späteren Umsetzung von REDD soziale stemen, von deren Erhalt indigene Völker abhängig sind 22 AIDESEP, Análisis y propuestas indígenas sobre el RPP del REDD Peru, 17.02.2011 23 IIPFCC Policy Paper on Climate Change, Bangkok, 26.-27.9.2009, http://www.tebtebba.org/index.php?option=com_docman&task=cat_view&gid=18&Itemid=27 24 Anchorage Erklärung, Abschlusserklärung des Indigenous Peoples’ Global Summit on Climate Change vom 24. April 2009, Anchorage, Alaska |7
und die sie über Jahrhunderte nachhaltig genutzt haben. Umsetzung, Monitoring und Evaluierung) einbeziehen. • Die Anerkennung indigener Landrechte ist eine funda- Ähnliche Richtlinien hat auch die Community, Carbon mentale Voraussetzung für den Schutz dieser Ökosyste- and Biodiversity Alliance, eine Kooperation verschiedener me. Naturschutzorganisationen und CARE international, in einem Konsultationsprozess erarbeitet. Deren Sozial- und Im Zentrum ihrer Forderungen stehen die Anerkennung Umweltstandards26 für REDD+ gehen im Wesentlichen ihrer Landrechte das Recht auf freie, frühzeitige und auf die Landnutzungsrechte und FPIC indigener Völker informierte Zustimmung ( free, prior and informed consent, und vom Wald abhängiger lokaler Gemeinschaften ein. FPIC) indigener Völker zu allen Vorhaben, die sie betref- Auf der Ebene der internationalen Anerkennung des fen. So stellt das Permanente Forum zu Indigenen Ange- Prinzips und der Umsetzung in - bisher freiwilligen- legenheiten fest: „[REDD]...must address the need for glo- Richtlinien wurden in den letzten Jahren Fortschritte bal and national policy reforms...respecting rights to land, erzielt, die Umsetzung auf nationalstaatlicher Ebene ist territories and resources, and the rights of self-determination jedoch nach wie vor mit vielen Problemen versehen. and the free, prior and informed consent of the indigenous Umstritten ist dabei u.a. die grundsätzliche Frage, ob peoples concerned.“ (E/C.19/2008/13, Par.45). FPIC auch das Vetorecht indigener Völker umfasst (z.B. wenn das Überleben bedroht ist). In vielen lateinamerika- nischen Staaten ist das Recht auf Zustimmung oft nur auf 5.1. Freie, frühzeitige, informierte das Recht beschränkt, konsultiert zu werden. Und so sind Zustimmung als Prinzip in der noch viele ungeklärte Fragen mit der Umsetzung von Klimapolitik? FPIC verbunden: - Wer gibt oder verweigert die Zustimmung? Freie, frühzeitige und informierte Zustimmung (FPIC) ist - Was bedeutet „frühzeitig“ genau? zu einem zentralen Konzept in der internationalen De- - Was passiert, wenn die indigene Gemeinschaft x dem batte um die Rechte indigener Völker geworden. So ist Projekt zustimmt, die Nachbargemeinschaft es aber FPIC Bestandteil der Erklärung der Vereinten Nationen ablehnt bzw. wie groß ist der räumliche zu indigenen Völkern (UNDRIP). Entscheidungsraum? Menschenrechtsinstitutionen wie der interamerikanische - Welche Rolle spielen die indigenen Organisationen? Gerichtshof für Menschenrechte und die Afrikanischen Kommission für Menschenrechte nehmen in ihren Ent- Um Antworten auf diese Fragen zu geben, befinden sich die scheidungen Bezug darauf. Darüber hinaus wurde FPIC o.g. Richtlinien in der Pilotphase. So sollen die Standards der von multilateralen Gebern wie der asiatischen Entwick- Community, Carbon and Biodiversity Alliance bis 2011 lungsbank, aber auch vom REDD Programm der VN als geprüft und dann überarbeitet werden. Der internationale Prinzip aufgenommen. FPIC meint das Recht indigener Forstdialog27, in dem sich internationale Waldorganisa- Völker, frei (ohne Druck von außen), informiert (auf der tionen, indigene und andere Nichtregierungsorganisationen, Basis der Kenntnis der Sachlage) und frühzeitig (bevor die Gewerkschaften und Waldbesitzer mit unterschiedlichen Entscheidung für oder gegen ein Projekt getroffen wurde) Aspekten der Waldpolitik und –bewirtschaftung auseinan- über Vorhaben, die ihr Territorium betreffen, zu entschei- dersetzen, hat Dialogrunden zur Konkretisierung von FPIC den. Das Prinzip der freien, frühzeitigen und informierten für die nationalen Waldpolitiken gebildet. Zustimmung wird als existentielles Instrument gesehen, um negative Auswirkungen von Vorhaben Dritter auf indigene Völker zu vermeiden. Angewandt auf REDD 5.2. Indigene Völker und die internationale bezieht sich die Forderung nicht nur auf die Beteiligung Klimapolitik in Cancún bei der Umsetzung etwaiger Projekte, sondern auch auf die Beteiligung bei der Entwicklung des Konzeptes. Für die indigenen Völker verlief die 16. Klimakonferenz Um FPIC im REDD Kontext umsetzen zu können, hat 2010 in Cancún relativ positiv. In dem Abschlussdoku- das UN REDD Programm Richtlinien25 für die Um- ment, dem Cancún Agreement, verweisen die Staaten setzung von FPIC erarbeitet, die erste Erfahrungen aus explizit auf das Wissen und die Rechte indigener Völker. Projekten in Asien einbeziehen und in kontinentübergrei- Die einzelnen Länder sind angehalten, in der Entwicklung fenden Workshops weiter verfeinert werden sollen. In die- nationaler Strategien und Aktionspläne die Beteiligung sen Richtlinien wird die Art der Beteiligung der indigenen indigener Völker sicherzustellen. Damit sind wichtige Völker an den Entscheidungen auf internationaler Ebene Forderungen indigener Organisationen aufgegriffen wor- vorgegeben. Die nationalen Programme sollten ebenfalls den. Andere wie z.B. die Einrichtung eines indigenen indigene und andere Gemeinschaften, die vom Wald Beratungsgremiums, dass der UNFCC direkt in den abhängig sind, in allen Projektstadien (Programmdesign, Diskussionen und Entscheidungen zuarbeitet, stehen noch 25 Operational guidance: Engagement of indigenous peoples and other forest dependent communities, 2009 26 REDD+ Social and Environmental Standards, www.climate-standards.org 27 http://environment.yale.edu/tfd/ 8|
aus. Dabei betonen indigene Organisationen, dass sie die sie nutzen können, in ihre Anpassungsmethoden an direkt und nicht über Vermittler wie zum Beispiel Um- den Klimawandel einbeziehen. In einem nationalen weltorganisationen beteiligt werden wollen28. Auch konn- Runden Tisch über Wald und Klimawandel, der von te das Prinzip der freien, frühzeitigen und informierten Indigenen und staatlichen Stellen gemeinsam gebildet Zustimmung (noch) nicht verankert werden. Auf der Basis wird, werden die unterschiedlichen Optionen diskutiert. des Beschlusses von Cancún ergeben sich jetzt aber weite- Er konzentriert sich dabei auf die Themenbereiche: re Möglichkeiten, diese Forderungen im Kontext der • Waldschutz UNFCCC zu verankern. Dies umfasst Fragen der gemeinschaftlichen Die indigenen Organisationen waren mit über 500 Per- Waldverwaltung, zum Gemeindewald und zu Politiken sonen aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Ozeanien in und Normen zum Waldmanagement ebenso wie spezifi- Cancún vertreten. Neben der Kritik am Verhalten der sche Problembereiche wie Waldbrände (z.B. im Chaco). Industrieländer und deren mangelnden Bereitschaft, neue • Klimawandel Reduktionsziele verbindlich festzulegen, haben indigene Dieses Thema beinhaltet die Fragen nach Verminderung Organisationen nicht nur Forderungen aufgestellt. Sie von Klimaschäden und Anpassungsmöglichkeiten, Wie- haben bereits im Vorfeld eigene Vorstellungen zur Um- deraufforstung mit nativen Arten, Management von Ka- setzung von REDD+ diskutiert und präsentiert z.B. auf tastrophen, Normen und Gesetzen zum Klimaschutz aus dem Indigenous Council of Abya Yala on Climate Change indigener Sicht. am 24./25.11.2010 in Cancún29. Zusätzlich zur Lobbyarbeit gegenüber den Gremien der Durch die deutsche Unterstützung wurde die Kapazität des Konvention wollen sie darauf hinwirken, dass im nächsten Runden Tisches gestärkt, eigene Vorschläge zu entwickeln. Bericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klima- In drei Pilotregionen wurden Bestandsaufnahmen durchge- änderung (IPCC) indigene Sichtweisen berücksichtigt führt und daraus Empfehlungen für die Waldnutzung abge- werden und Referenz auf traditionelles Wissen genommen leitet. Es wurden Gebiete mit besonders hohem Risiko defi- wird. Und nicht zuletzt haben sie festgestellt, dass über- niert, für die mögliche Lösungen entwickelt werden sollen. zeugende Fallstudien Einfluss auf den Verhandlungs- Diese Arbeit wurde in Kooperation mit der bolivianischen prozess haben können, da viele staatliche Repräsentanten NRO Freunde der Natur (Fundación Amigos de la im Verhandlungsprozess wenig zu indigenen Völkern wis- Naturaleza, FAN) durchgeführt, die über Erfahrungen aus sen. Sie wollen daher eigene Fallstudien zu Mitigations- dem bolivianischen Noel Kempff Mercado Naturpark ver- und Adaptionsmaßnahmen erstellen. fügt, der als eines der weltweit größten Projekte im Wald- schutz unter dem Clean Development Mechanismus gilt. Aus den Erfahrungen hat sich für die CIDOB klar abgelei- 5.3. Indigene Völker und Klimapolitik auf tet, dass das Ziel von REDD die Beendigung der Entwal- nationaler Ebene dung muss. Die CIDOB spricht sich nicht gegen REDD aus, hält aber einen marktbasierten Ansatz für verfehlt – eine Um auf nationalstaatlicher Ebene eine Klimapolitik zu ent- Position, die auch von der bolivianischen Regierung geteilt wickeln, die traditionelle Anpassungsmethoden und Wissen wird. Zwar sollten Marktanreize integriert werden, das Geld integriert sowie zum Walderhalt beiträgt, ist eine Einbe- sollte aber über einen internationalen Fonds verteilt werden, ziehung indigener Völker in die Formulierung und Um- in dem verschiedene Länder unter Einbeziehung der indige- setzung der entsprechenden nationalen Politiken notwendig nen Völker über die Verteilungspolitik bestimmen. Dieser und sinnvoll. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, zeigt die Fonds sollte Entwicklungsländer mit einer aggressiven Gründung und Insitutionalisierung eines runden Tisches Politik gegen Waldzerstörung bevorzugen. für Wald und Klimawandel (Mesa Indígena del Bosque y Ähnlich wie CIDOB arbeitet auch die Mesa Indígena sobre Cambio Climático der Konföderation der indigenen Völker Cambio Climático in Guatemala, einer Koordination von 20 Boliviens (CIDOB), dessen Arbeit von dem deutschen TZ- indigenen und Umweltorganisationen, die auf lokaler, natio- Programm „PROINDIGENA“ gefördert wird. naler und internationaler Ebene agieren. Diese gleichfalls Die Mesa ist fest in die Struktur der CIDOB eingebunden von PROINDIGENA unterstütze Initiative versucht eben- und versucht eine permanente Lobby für indigene In- falls, auf die nationale Gesetzgebung und Projekte in der teressen gegenüber den zuständigen staatlichen Institu- Klimapolitik Einfluss zu nehmen und indigene Sichtweisen tionen aufrechtzuerhalten. Unter dem Stichwort „techni- einfließen zu lassen. Sie tut dies nicht mit pauschalen scher Synkretismus“30 will CIDOB die traditionellen Forderungen, sondern hat dezidierte Kommentare und Methoden der Anpassung und des Umweltschutzes aufar- Gegenvorschläge zu dem Gesetz des guatemaltekischen beiten und in die nationale Klimapolitik einbringen. Parlaments zur Mitigation und Anpassung an den Klima- Gleichzeitig wollen die Mitgliedsorganisationen moderne wandel erstellt. Technologien, die an ihre Bedürfnisse angepasst sind und 28 Ganz explizit werden Vermittler auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene in der politischen Position der COICA zu REDD+ vom September 2010 abgelehnt. http://www.forestcarbonpartnership.org/fcp/sites/forestcarbonpartnership.org/files/Documents/PDF/Nov2010/Posicion%20Politico%20de%20COICA%20Sob re%20REDDplus.pdf 29 Bei den Vorbereitungen wurden die indigenen Organisationen Lateinamerikas vom TZ-Programm PROINDIGENA unterstützt. 30 Synkretismus: Vermischung oder Verschmelzung unterschiedlicher Religionen oder Philosophien zu einem neuen Weltbild. |9
6. Ansätze für die deutsche Entwicklungs- Zeit diskutiert werden, zusammenarbeit und Klimapolitik • Aufarbeitung ihrer traditionellen Methoden der Anpassung sowie Die Verknüpfung von indigenen Völkern und Klima wird • die Strukturen und Positionen im Prozess der kein exotisches Nischenthema bleiben. Mit zunehmendem Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen. Wissen über die Auswirkungen des Klimawandels in Entwicklungsländern allgemein und auf indigene Völker Dabei kann auf Material zurückgegriffen werden, welches im Besonderen, aber auch mit größeren Kenntnissen über von indigenen und anderen Nichtregierungsorganisationen ihre Anpassungsstrategien an schwierige ökologische (z.B. Tebtebba Stiftung, Oxfam International) bereits Verhältnisse wird das Thema an Bedeutung gewinnen. erstellt wurde. Die deutsche EZ sollte indigene Organisationen dabei Die Notwendigkeit, die Rechte indigener Völker bei den unterstützen, auch auf nationaler und regionaler Ebene Klimaverhandlungen zu berücksichtigen und sie bei Positionen zu schwierigen, teilweise umstrittenen Fragen REDD und anderen Mechanismen, die sie betreffen kön- wie zu Kompensationsleistungen, Zahlungen für Ökosy- nen, in die Konzeptentwicklung und Umsetzung einzube- stemleistungen an indigene Völker etc. zu entwickeln. ziehen, ergibt sich aus: Fallstudien und der Austausch mit indigenen Gemein- • der Bedeutung, die indigene Völker für den Schutz ihrer schaften, die bereits über Erfahrungen mit Kompensa- Umwelt und besonders der Wälder haben, tionsleistungen verfügen, sollten erstellt und ausgewertet • ihrem Erfahrungsschatz bezüglich der Anpassung an werden. schwierige Umweltbedingungen und • ihrer besonderen Verwundbarkeit gegenüber den zu 2. Neben einer direkten Unterstützung indigener befürchtenden tiefgreifenden Klimaveränderungen. Organisationen könnte das BMZ die Regierungen der Entwicklungsländer unterstützen, indigene Vertreterinnen Die deutsche / EU Delegation sollte sich daher im Rahmen und Vertreter in die jeweiligen nationalen Diskussionen der Verhandlungen über ein Post-Kyoto Abkommen dafür zur Entwicklung einer nationalen Klimaschutzstrategie einsetzen, dass indigene Völker nicht nur am Monitoring und entsprechender Programme einzubeziehen. Dabei und der Berichterstattung zu REDD beteiligt werden, son- könnte die Frage der Beteiligungsrechte und –verfahren dern auch in der Konzeptentwicklung. Im Rahmen von eine zentrale Rolle spielen. Im asiatischen Raum hat die REDD sollte die Anerkennung der Landrechte als Be- GIZ z.B. ein erstes Handbuch zur Umsetzung des FPIC dingung für nachhaltige Waldbewirtschaftung betont wer- entwickelt (Anderson, 2011). den. Zukünftige Mittel aus dem REDD Mechanismus soll- ten auch für die rechtliche und praktische Sicherung indige- 3. Aufarbeitung von Anpassungsmethoden indigener Völker ner Territorien und kommunaler Wälder eingesetzt werden. Sowohl international wie national könnte die EZ die Aufarbeitung indigener Anpassungsmethoden und die Darüber hinaus ergeben sich weitere Ansätze für die deut- Förderung der gemeinsamen Aufarbeitung durch Indigene sche EZ und Klimapolitik: und akademische Institutionen unterstützen - ähnlich der Förderung traditionellen Wissens im Rahmen der 1. Unterstützung indigener Organisationen beim Aufbau Konvention über die biologische Vielfalt. von fachlichem Know – How für die Formulierung eigener Positionen; Die Wahrung der Rechte indigener Völker und ihr Wissen Eine wesentliche Voraussetzung für indigene um die nachhaltige Nutzung ihrer Umwelt sind wichtige Organisationen, das Thema adäquat behandeln zu kön- Voraussetzungen, damit Mechanismen wie REDD langfri- nen, ist der Zugang zu Informationen zum Klimawandel stig zum Schutz der Wälder und damit zum Schutz des und dem aktuellen Sachstand zu den Klimaverhandlungen Klimas beitragen können. Dies sollte in einem Post- und die Vermittlung dieser Informationen an ihre Kyoto-Abkommen und seiner Umsetzung entsprechend Basisgruppen. Die Informationspolitik sollte auf mehreren berücksichtigt werden. Ebenen ansetzen: • bei den indigenen Organisationen selbst, • an der Basis der indigenen Organisationen. Eine Informationskampagne indigener Organisationen für ihre Basis könnten folgende Inhalte umfassen: • die Auswirkungen der Klimaveränderung auf ihr Leben, • die Instrumente zur Minderung und Anpassung, die zur 10 |
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