KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG

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KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
Klimawandel
Anpassungsstrategien für Leipzig
KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
Impressum

     Herausgeber:	Stadt Leipzig
     		                   Amt für Umweltschutz

     Verantwortlich:	Freifrau Angelika von Fritsch

     Redaktion:           Amt für Umweltschutz
     		                   Abteilung Umweltvorsorge
     		                   (Verantwortlich i. S. d. P.): Christiane Kawe

     Layout:	Ungestalt GbR, www.ungestalt.de

     Fotos:	Stadt Leipzig (soweit im Bild nicht
     		                   anders ausgewiesen)

     Druck:               Hausdruckerei

     Redaktionsschluss:   01.08.2016

     Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung
     des Herausgebers.

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KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
Vorwort                                                                             KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

Nicht erst seit der Veröffentlichung der Berichte des Weltklimarates
Anfang November 2014 steht fest, dass sich das Weltklima ändert.
Die Erwärmung des Klimasystems ist eindeutig und der mensch­
liche Einfluss als Ursache äußerst wahrscheinlich.

Die Unsicherheiten der Prognosemodelle beachtend, steht außer Frage, dass sich
die Durchschnittstemperaturen weiter erhöhen werden. Vor allem die sommer­
lichen Temperaturerhöhungen sind durch die Erhöhung der Anzahl der Hitze­
tage (Temperaturen über 30 º Celsius) und Tropennächte (Temperaturen über
20 º C
     ­ elsius) sowie Hitzewellen (6 aufeinanderfolgende Tage über 30 º Celsius)
mit ihren Auswirkungen für unsere Gesundheit relevant. Dazu kommt die prog­
nostizierte Zunahme der Wetterextreme wie Starkniederschläge, extreme Tro­
ckenheit oder die Zunahme von Stürmen. Gerade was die Wetterextreme angeht,
mussten wir aufgrund der jüngsten Ereignisse, wie z. B. die starken Niederschläge
im Juni 2013 und August 2014, auch in Leipzig feststellen, dass der Klimawandel
kein Zukunftsszenario ist und die Klimaänderungen bereits heute eintreten.

Ich möchte eine lebenswerte Stadt, die auch zukünftig gute Umweltbedingungen
bietet. Daher werden wir uns den neuen Anforderungen, die der Klimawandel mit
sich bringt, stellen.

 Um die Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen, gilt es den Kohlen­dioxid
 (CO2-) Ausstoß weiter zu reduzieren. Mit unserer Teilnahme am European ­Energy
 Award und unserem 2014 beschlossenen Energie- und Klimaschutzprogramm
 ­haben wir die Weichen gestellt, um unsere Verpflichtungen für heutige und
  zukünftige Generationen insbesondere zur Verringerung der CO2-Emissionen
  ­
­gerecht zu werden.
 Ungeachtet dessen müssen wir uns mit den Folgen des Klimawandels auseinan­
 dersetzen und Anpassungsstrategien entwickeln.

Dass der Klimawandel für die Leipziger ein wichtiges Thema ist, hat unsere
Bürger­umfrage gezeigt, die sich 2014 erstmalig mit dem Thema Klimawandel in
Leipzig beschäftigt hat. Mehr als die Hälfte der angeschriebenen Leipzigerinnen
und Leipziger haben den Fragebogen ausgefüllt. Die Befragungsergebnisse sind
eine wichtige Hilfestellung, Anpassungsmaßnahmen zu erarbeiten und werden in
die Evaluierung der Anpassungsstrategien einfließen.

Die „Klimawandel-Anpassungsstrategien in Leipzig“ sind als ein erster Schritt
zu sehen, die Notwendigkeit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels
als wichtiges Handlungsfeld innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung zu
­etablieren und bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen. Mit einem Bündel
 erster Maßnahmen wollen wir die Grundlage legen, den neuen Herausforderun­
 gen zu begegnen und die Berücksichtigung der Auswirkungen des Klima­wandels
 als Daueraufgabe in Leipzig einzurichten. Die Stadtverwaltung kann bei der
 Folgen­bewältigung nur einen Beitrag leisten, die notwendige Anpassung an den
 Klimawandel können wir nur alle ­gemeinsam bewerkstelligen. Jeder kann und
 sollte seinen Teil dazu bei­tragen.

Heiko Rosenthal
Bürgermeister für Umwelt, Ordnung, Sport

                                                                                                                              /3
KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
1 VORBemerkungen
                                                                   „Februar wärmster Monat seit Beginn der Messungen. Die
                                                                    globale Mitteltemperatur erreichte eine kritische Schwelle“.

     „Ballungsgebiete Ostdeutschland und Rheintal durch Hitzewellen
      besonders gefährdet. Die Folgen des Klimawandels werden sich
      künftig auch in Deutschland verstärkt bemerkbar machen“. 1

                                                                                       „Klimawandel: Immer mehr Rekord-Regenfälle“ 2

           „Neuer Rekord der globalen Temperatur 2015: Das Jahr 2015
            ist das bisher wärmste Jahr seit 1880, dem Beginn der flächen-
            deckenden Aufzeichnungen“ 3

                                                                     „Klimawandel könnte künftig mehr Hitzetote fordern“ 4

      „Tropenmücken in Deutschland: Hartnäckig, aggressiv, tagaktiv“ 5

                                                           „Folgen des Klimawandels deutlich spürbar; Bundesregierung legt
                                                            ersten Monitoring-Bericht zu Klima­wirkung und Anpassung vor.“ 5

            „Zwei Grad Celsius verursachen Billionen-Schaden: Der Klima­wandel
             gefährdet weltweite Vermögenswerte in Billionenhöhe. Dürreperioden
             und Hitzewellen führen laut Experten zu Migra­tions­bewegungen, die
             das Wirtschaftswachstum und die Ent­wicklung der Märkte bremsen“.

       Die Meldungen zu Temperaturrekorden, extremen                                     52 der 76 Großstädte in Deutschland haben auf die
       Wetterereignissen, Katastrophen oder finanziellen Aus­                            Folgen des Klimawandels bereits reagiert, indem sie
       wirkungen lassen sich beliebig erweitern und zeigen                               eigene Anpassungsstrategien veröffentlicht, bzw.
       deutlich, dass der Klimawandel bereits bei uns ange­                              einzelne Maßnahmen umgesetzt haben. 6
       kommen ist und kein zukünftiges Problem darstellt.

       1
         Gemeinsame Pressemitteilung BMUB, UBA, DWD vom 24.11.2015 | 2 Pressemitteilung des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung vom 8. Juli 2015
       3
         Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes vom 25.Januar 2016 | 4 Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes vom 15. Juli 2015
       5
         Umweltbundesamt Pressemitteilung vom 20. Juli 2015 | 6 Umweltbundesamt KomPass Newsletter Nr. 42 April 2016
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KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

Globale Ursachen der Erderwärmung                                                                              Wachsende Konzentration
                                                                                                               der Treibhausgase

Seit Beginn der Industriellen Revolution werden fossile Ener­
gieträger wie Kohle, Erdöl und Erdgas verbrannt. Dadurch ist
der Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre um 40 % gestiegen.
Auch der Gehalt anderer Treibhausgase wie Methan und Lach­
gas nahm seitdem zu. Entsprechend stieg die durchschnittli­
che Erdtemperatur zwischen 1880 und 2012 um etwa 0,85 °C.

Auch die Ozeane haben sich erwärmt. Durch die Aufnahme von ungefähr
30 Prozent des emittierten Kohlendioxids wurde eine weitere Zunahme der
atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration abgepuffert. Die Ozeane er­
fuhren dadurch jedoch eine Versauerung.

Um die Auswirkungen des Klimawandels einzudämmen, haben bei der
Klima­konferenz in Paris, im Dezember 2015 alle 195 anwesenden Staaten
u. a. vereinbart, die mittlere Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, mög­
lichst sogar unter 1,5 °C zu begrenzen.

Dies kann nur gelingen, wenn die Menschheit ihre Kohlendioxid-Emissionen
senkt. Derzeit sind jedoch Rekord-Emissionen zu verzeichnen. 2013 wurde
eine Höchstmenge von 36 Milliarden Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen.

An den beiden Messstationen des Umweltbundesamts auf der Zugspitze
und auf dem Schauins­land wurden 2015 neue Rekordwerte für Kohlendioxid
von mehr als 400 ppm (vorindustriell ca. 280 ppm) im Jahresdurchschnitt
gemessen.7

Diese Messdaten unterstreichen die Bedeutung des Klimaschutzüberein­
kommens von Paris zur Senkung insbesondere der Kohlendioxidemissio­
nen, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen.

„Treibhausgase, die jetzt in der Atmosphäre sind, beeinflussen das Klima
der nächsten Jahrzehnte. Sich auf diese Veränderungen vorzubereiten,
heißt, rechtzeitig und aktiv auf Klimaänderungen zu reagieren, die bereits
                                                                                                               Methan- und Kohlendioxidkonzentra­
nicht mehr vermeidbar sind.8
                                                                                                               tionsschwankungen in der Atmosphäre
                                                                                                               in den letzten 800 Jahren

Grafik „Wachsende Konzentration der Treibhausgase“ Intergovermental Panel on Climate Change (IPCC) | Grafik Prof. Dr. Mojib Latif, Geomar, Helmholz-Zentrum
für Meeresforschung Kiel, Folgen der Erderwärmung | 7 Umweltbundesamt Pressemitteilung Nr. 17/2016 vom 22.04.2016 | 8 Monitoringbericht 2015 zur Deutschen
Anpassungsstrategie an den Klimawandel; Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe Anpassungsstrategie der Bundesregierung
                                                                                                                                                              /5
KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
2 einführung

                                                                                 Globale Folgen der Erderwärmung
                                                                                 Erhöhung der globalen mittleren Erdoberflächentem­peratur
                                                                                 wahrscheinlich um mehr als 2 °C · Änderungen im ­globalen
                                                                                 Wasserkreislauf · Ausdünnung der arktischen Meereis­bedeckung,
                                                                                 Rückgang der Gletschermassenvolumina · Anstieg des mittleren
                                                                                 globalen Meerespiegels · Versauerung der Ozeane · Absterben
                                                                                 der Korallenriffe
                                                 © T. Lima, fotolia.de

                                                                                 Der 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel
                                                                                 on Climate Change – IPCC) belegt: „Die Erwärmung des Klimasystems ist
                                                                                 eindeutig, und viele dieser seit den 1950er Jahren beobachteten Verände­
                                                                                 rungen sind seit Jahrzehnten bis Jahrtausenden nie aufgetreten. Die Atmo­
                                                                                 sphäre und der Ozean haben sich erwärmt, die Schnee- und Eismengen sind
                       Ernteausfälle durch Dürre
                                                                                 zurückgegangen, der Meeresspiegel ist angestiegen und die Konzentratio­
                                                                                 nen der Treibhausgase haben zugenommen“. 9

                                                                                 Der 2. Teilbericht des 5. Sachstandberichtes zeigt die tiefgreifenden Folgen
                                                                                 des fortschreitenden Klimawandels für die Menschen und die Natur auf.
                                                                                 „Klimawandel findet täglich statt: Die Menschheit muss sich den neuen Be­
                                                                                 dingungen anpassen“. 10
                                                 © M. Genter, pixelio.de

                                                                                 Der Klimawandel als weltweites Problem stellt die zentrale Herausforderung
                                                                                 für die Menschheit dar und hat, direkt oder auch indirekt, Auswirkungen auf
                                                                                 nahezu alle Lebensbereiche – auch in Deutschland. Die dadurch hervorgeru­
                                                                                 fenen Veränderungen treten in der Art und Weise und in ihrem Ausmaß regi­
                                                                                 onal unterschiedlich auf. Für Sachsen haben umfangreiche Untersuchungen
                                                                                 u. a. ergeben, dass der Klimawandel mit dem Risiko einer Zunahme witte­
                                 Gletschersterben
                                                                                 rungsbedingter Extreme einhergeht. 11

                                                                                 Städte sind aufgrund eigener klimatischer Verhältnisse durch hohe Flächen­
                                                                                 versiegelung, dichte Bebauung, hohen Energieverbrauch und CO2-Ausstoß
                                                                                 wärmer und trockener als ihre Umgebung und daher vom Klimawandel
                                                                                 besonders betroffen. Im Rahmen des Klimawandels werden sich die Inten­
                                                                                 sität und das zeitliche Auftreten städtischer Wärmeinseln erhöhen. Zudem
                                                                                 werden die klimatischen Veränderungen im urbanen Raum in ihrer Wirkung
                                                 © B. d. Guisti – eigenes Werk

                                                                                 weiter verstärkt. Die hohe Bevölkerungsdichte und die teure Infrastruktur
                                                                                 machen Städte zusätzlich verwundbar, da hier der ökonomische Schaden
                                                                                 als auch die Zahl der Betroffenen höher ist als im Umland.

                                                                                 Die Stadt Leipzig stellt sich mit einer Anpassungsstrategie und ersten Um­
                                                                                 setzungsmaßnahmen der neuen Herausforderung, um Schäden und Risiken
                          Absterben von Korallen                                 für die Wirtschaft, Bewohner, die Natur oder z. B. die Infrastruktur zukünfti­
                                                                                 ger Klimaereignisse zu verringern.

     9
       Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger 1. Teilbericht des 5. IPCC-Sachstandsbericht zum Klimawandel 2013 Physikalische Grundlagen | 10 Pressemitteilung
     des des BMU und BMBF vom 31.03.2014 | 11 Klimawandel in Sachsen – Wir passen uns an! S. 8 ff. Regionale Auswirkungen des globalen Klimawandels in Sachsen

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KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

                                         Temperaturanstieg in Deutschland
                                         seit 1881 ist es in Deutschland im Mittel um 1,2 °C wärmer geworden       2000/2007
                                10,0                                                                               9,9 °C

                                9,5
Jahresmitteltemperaturen (°C)

                                9,0
                                                                                                                                       linearer Trend

                                8,5
                                                                                                                                       Mittelwert
                                8,0                                                                                                    1961–1990

                                7,5

                                7,0

                                6,5                                   1940
                                                                      6,6 °C
                                6,0

                                      1880 	1890   1900 1910    1920 1930      1940   1950    1960   1970 1980 1990     2000    2010    2014

                                         Temperaturanstieg in Leipzig
                                         seit 1963 ist es in Leipzig im Mittel um 1,6 °C wärmer geworden*
                                11,5

                                11,0
                                                                                                                                       linearer Trend
                                10,5
Jahresmitteltemperaturen (°C)

                                10,0                                                                                                   Mittelwert
                                                                                                                                       1963–2014
                                9,5

                                9,0

                                8,5

                                8,0

                                7,5
                                       1963   1968     1973    1978     1983     1988        1993    1998   2003    2008       2014

    Grafik „Temperaturanstieg in Deutschland“ Deutscher Wetterdienst
    Grafik „Temperaturanstieg in Leipzig “ Daten der Universität Leipzig
    * beachte unterschiedliche Betrachtungsräume
                                                                                                                                                        /7
KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
2 einführung

                                                                  Hitze in der Stadt
                                                                  Durch den Klimawandel werden die Städte zunehmend wär­
                                                                  mer und trockener. Neben der Temperaturerhöhung wird auch
                                                                  die Anzahl der sogenannten Hitzetage (Temperatur über 30 °C)
                                                                  von jetzt 8 auf 15 bis 18 und die Anzahl der Tropennächte
                                                                  (Temperatur über 20 °C) in Leipzig zunehmen. 12

                                                                  Städte sind wärmer und trockener als ihre Umgebung. Dies wird vor allem
                                                                  an den verhältnismäßig höheren Nachttemperaturen deutlich. Gründe hier­
                                                                  für sind die dichte Bebauung, die großen Baumassen, die hohe Versiegelung
                                                                  und ggf. der durch die Bebauung eingeschränkte Kaltluftaustausch mit der
                                                                  Umgebung. Fehlende Grün- und Verdunstungsflächen tragen ebenso dazu
                                                                  bei. Dieser Effekt wird auch als städtische Wärmeinsel bezeichnet.
                                   Hitze im Schatten
                                                                  Die Temperatur ist aber nicht allein für das thermische Wohlbefinden des
                                                                  Menschen verantwortlich. Aussagekräftiger als die gemessene Lufttempera­
                                                                  tur ist die sog. gefühlte Temperatur. Darin sind Einflüsse der Umgebung wie
                                                                  Strahlung, Luftfeuchtigkeit und Windverhältnisse berücksichtigt.

                                                                  Stadtbewohner sind wegen des Wärmeinseleffektes bei Hitzewellen, vor al­
                                                                  lem wenn sie im Frühjahr auftauchen, wenn noch keine Anpassung an hö­
                                                                  here Lufttemperaturen möglich war, stärker gefährdet als Landbewohner.
                                                                  Diese Hitzebelastung, auch Hitzestress genannt, kann zu gesundheitlichen
                                                                  Folgen führen. Als besonders gefährdete Personen gelten ältere Menschen,
                                                   © fotolia.de

                                                                  kranke Menschen oder Personen mit bestimmten Vorerkrankungen, wie
                                                                  Herzkreislauferkrankungen oder Diabetes. Besonders betroffen sind u. a.
                                                                  auch Personen, welche, wie Bauarbeiter oder Dachdecker, ihren Beruf im
                        Aufheizung von Wohnungen                  Freien verrichten.

                                                                  Zu hitzebedingten Erkrankungen gehören: Hitzekrämpfe, -ohnmacht, -er­
                                                                  schöpfung und Hitzschlag. Ein Hitzschlag kann auch zum Tode führen. Ob
                                                                  Menschen bei Hitzewellen erkranken, hängt auch von ihrem Verhalten ab.
                                                                  Unangepasstes Verhalten kann aber auch bei gesunden Menschen zu einer
                                                                  Gefahr werden.

                                                                  Weltweit und auch in Deutschland erleben wir zudem eine Suburbanisie­
                                                                  rungswelle. Immer mehr Menschen zieht es in die Städte und Ballungszent­
                                                                  ren. Leipzig verzeichnet bereits seit Jahren ein positives Wanderungssaldo.
                                                                  Zusätzlich ist seit 2014 ein Geburtenüberschuss zu verzeichnen. Gemäß
                                                   © fotolia.de

                                                                  Bevölkerungsvorausschätzung für 2030 wird eine Einwohnerzahl von rund
                                                                  722.000 Einwohner für Leipzig (Hauptvariante) erwartet. 13
                               Abkühlung im Wasser
                                                                  Im Ergebnis müssen zahlreiche Kindergärten, Schulen und ca. 4.500 Woh­
                                                                  nungen jährlich neu gebaut werden. Diese erhebliche Nachverdichtung
                                                                  wird, auch wenn sie möglichst nachhaltig erfolgt, den bereits bestehenden
                                                                  Wärmeinseleffekt für Leipzig noch weiter verstärken.

     12
          Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, Klimafolgen online
     13
          Stadt Leipzig Amt für Statistik und Wahlen Bevölkerungsvorausschätzung 2016 Methoden- und Ergebnisbericht

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KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

Ausgangslage – derzeitige stadtklimatische Situation in Leipzig
Region:
Leipzig liegt im Übergangsbereich vom stärker ozeanisch geprägten Klima
Westeuropas (geprägt durch mildere Winter, kühlere Sommer und stets
relativ hohe Luftfeuchtigkeit) zum stärker kontinental geprägten Klima Ost­
europas (geprägt durch kalte Winter, warme Sommer und relativ niedrige
Luftfeuchte). Regionalklimatisch wird Leipzig dem Klimagebiet „Stark konti­
nental beeinflusstes Binnentiefland“ zugeordnet.

Lufttemperaturen: 14
Messstation Leipzig/Halle (1986/2015):
mittleres Jahresmittel: 9,7 Grad Celsius
Messstation L.-Holzhausen (1986/2015):
mittleres Jahresmittel: 9,9 Grad Celsius                                                      Luftaufnahme der Leipziger Innenstadt

Typischer Jahresverlauf der mittleren Lufttemperatur,
Maximum im Sommer (09.08.1992 37,5 Grad Celsius),
Minimum im Winter (14.01.1987 -27,6 Grad Celsius),
die mittlere Jahresschwankung beträgt rund 18 K.

Der Vergleich der mittleren Monatsmittel der Zeiträume 1971/2000 und
1986/2015 zeigen einen insgesamt positiven Temperaturtrend. Die größte
positive Änderung mit rund 1,1 K weist der April auf.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sich im Mittel die Klimaerwär­
mung in der Region Leipzig manifestiert hat (1 – 1,5 K) und in Zukunft mit
einem weiteren Temperaturanstieg zu rechnen ist.

Stadt Leipzig:
Das Stadtklima unterscheidet sich vom Klima der umgebenden freien Land­
schaft, die Gründe dafür sind vielfältig: dazu zählen insbesondere eine hohe
Versiegelung, dichte Bebauungsstrukturen, große Baumassen, hoher CO2-
Ausstoß, hoher Energieverbrauch, erhöhte Rauigkeit der städtischen Be­
bauung, die zu einer Verringerung der Windgeschwindigkeiten und zur Ver­
schlechterung des Luftaustausches führt.

Die dichte Bebauung, vor allem auch bei geringer Durchgrünung und
Durchlüftung, fördert durch eine stärkere Aufheizung am Tag und geringere
Abkühlung in der Nacht die Bildung von Wärmeinseln, insbesondere bei
sommerlichen Strahlungswetter.

                                                                                              Blick durch den Johanna-Park

14
     Bericht „Stadtklimatische Untersuchungen in Leipzig“ Deutscher Wetterdienst 11.03.2016

                                                                                                                                        /9
KLIMAWANDEL ANPASSUNGSSTRATEGIEN FÜR LEIPZIG - STADT LEIPZIG
2 einführung

                                                             Die drei temporär errichteten Messstationen, die der Deutsche Wetterdienst
                                                             (DWD) in der Stadt Leipzig, zwei davon in der Innenstadt (Hauptfeuerwache
                                                             und Wilhelm-Leuschner-Platz), Referenzstandort Sportplatz im Bereich der
                                                             Elsteraue (Wettinbrücke) errichtet hatte, zeigen auf, das die stadtklimati­
                                                             schen Verhältnisse in Leipzig stark urban geprägt sind (Temperaturunter­
                                                             schiede zwischen Innenstadt und Elsteraue bis zu 10,7 K).
                                                             Das absolute Maximum wurde am 20.07.2014, 13:10 Uhr gemessen: Haupt­
                                                             feuerwache 36,0 Grad Celsius – Sportplatz 34,8 Grad Celsius

                                                             Die Messergebnisse der Zeitreihe Juni 2014 – Mai 2015 zeigen deutliche Hin­
                                                             weise auf flächennutzungsbedingte Temperaturunterschiede: innerstädti­
                                                             sche, stark bebaute Bereiche heben sich gegenüber begrünten gewässer­
                                                             nahen, freien oder locker bebauten Arealen als thermisch belastete Gebiete
                 Temporäre Messstation vor der               ab. Dies zeigt sich anhand der höheren Anzahl an Tropennächten, heißen
              Hauptfeuerwache am Goerdelering
                                                             Tagen und Sommertagen, bzw. einer geringeren Anzahl von Frost- und Eis­
                                                             tagen an den Innenstadtstationen gegenüber dem Standort in der Elsteraue
                                                             (siehe untenstehende Tabelle).

                                                             Die Ergebnisse der sogenannten Profilmessfahrten (Nord- und Südroute)
                                                             weisen, wie die Stationsmessergebnisse, auf die thermische Belastungs­
                                                             situation und stadtstrukturbedingten Unterschiede in der Ausprägung des
                                                             Lokalklimas in Leipzig hin. Die größten Temperaturunterschiede ergaben
                                                             sich während der Abendfahrten am 17.07.2014 mit rund 10,7 K.

                                                             Aufgrund des sehr gering ausgeprägten Gefälles in Leipzig kann trotz gu­
                                                             ter Kaltluftentstehungs­bedingungen im Umland nicht von der Entstehung
                                                             stadtklimatisch relevanter Kaltluftströme ausgegangen werden.15 Die Analy­
                                                             se der SODAR-Messungen (Kaltluftflüsse) des DWD an drei Standorten bestä­
                                                             tigen dies. Während windschwacher, wolkenarmer Strahlungsnächte in den
                                                             Sommermonaten konnten lediglich entlang der Weißen Elster und Neuen
                                                             Luppe sehr schwach ausgeprägte Kaltluftströmungen aufgezeigt werden.16

                                                             Dadurch erhalten die für den Luftaustausch innerhalb der Stadt begünstig­
                                                             ten kleinräumigen Strukturen wie auch bioklimatisch wirksame Ausgleichs­
                       Profilmessfahrt des DWD               räume eine besondere Bedeutung für das Stadtklima.
       am 19.07.2014 abends (19.08. – 21.19 Uhr)

        Anzahl der Ereignistage (absolut)
                                                        Sommertage           Heiße Tage            Frosttage       Eistage         Tropennächte
        an den Leipziger Stationen
                                                        (Tmax ≥ 25 °C)       (Tmax ≥ 30 °C)        (Tmin < 0 °C)   (Tmax < 0 °C)   (Tmin ≥ 20 °C)
        (vom 01.06.2014 bis 31.05.2015)

        Leipzig/ Halle (Flughafen)                      34                   8                     69              10              1

        Leipzig-Holzhausen                              36                   9                     66              9               1

        Leipzig-Hauptfeuerwache                         45                   16                    42              5               4

        Leipzig-Wilhelm-Leuschner-Platz                 43                   15                    47              7               4

        Leipzig Sportplatz                              38                   10                    69              mind. 7*        1

       * Ausfall der Messtechnik im maßgeblichen Zeitraum
       15
          S. 49 Stadtklimauntersuchung Leipzig 2010 Steinecke & Streifeneder Umweltuntersuchungen GbR
       16
          Bericht „Stadtklimatische Untersuchungen in Leipzig“ Deutscher Wetter Dienst 11.03.2016
10 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

„Als bedeutendste klimatische Ausgleichsfläche ist die weiträumige Aue des
Elster- und Luppe-Gebietes mit ihren noch weitgehend naturnahen Auwald­
resten zu nennen. Ebenso sind es die innerstädtischen Freiflächen, die in
Abhängigkeit von ihrer Ausdehnung und Lage zum Abbau der städtischen
Wärmeinsel beitragen. Insgesamt ist weiterhin auf die herausragende Bedeu­
tung der Vegetation hinzuweisen. Die Sicherung und Entwicklung von Frei­
flächen, die Erhaltung stadtnaher Wälder, der Erhalt und die Neupflanzung
großkroniger Laubbäume, Maßnahmen wie Fassaden- und Dachbegrünung
sowie insgesamt die Entwicklung eines hohen Grünanteils im besiedelten
Bereich tragen nicht nur zur Sicherung eines angenehmen Bestandsklimas,
sondern auch zur Verbesserung der luft­hygienischen Situation und Stabili­
sierung des Klima- und Wasserhaushaltes bei.“ 17

Neben den klimatischen Ausgleichsflächen kommt insbesondere der Förde­                                       Blick über das Leipziger Scheibenholz zur Innenstadt
rung kleinräumiger Luftaustauschbahnen eine besondere Bedeutung zu, um
die Durchlüftung und insbesondere thermische Entlastung stark überwärm­
ter Stadträume in räumlicher Nachbarschaft zu stadtklimatisch begünstig­
ten Räumen zu ermöglichen.

Der Klimawandel ist in der Stadt Leipzig bereits messbar. Im Zeitraum 1951
– 1980 lag die mittlere Lufttemperatur noch bei 8,95 °C, 1981 – 2010 schon
bei 9,8 °C. Diese mittlere Erwärmung um 0,85 °C liegt deutlich über dem bun­
desdeutschen Schnitt. Auch die Temperaturextreme haben sich verändert.
Tropennächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 °C abkühlt, haben in
den beiden Vergleichszeiträumen von 6 auf 23 (jeweils in 30 Jahren) zuge­
nommen und sich damit fast vervierfacht. 18

Auch der Deutsche Wetterdienst kommt im Ergebnis der Stadtklimaunter­
suchung in Leipzig zu dem Ergebnis, dass wir uns bereits im Klimawandel
befinden. „Es kann davon ausgegangen werden, dass sich im Mittel die Kli­
maerwärmung in der Region Leipzig manifestiert hat. Zukünftig wird aller
Wahrscheinlichkeit nach mit einem weiteren Temperaturanstieg in der Regi­
on Leipzig zu rechnen sein“ 19

                                                                                                             Wassertouristische Nutzung des Elsterflutbett

17
  S. 49 Stadtklimauntersuchung Leipzig 2010 Steinecke & Streifeneder Umweltuntersuchungen GbR | 18 Auswertungen des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz
Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, basierend auf Daten des Deutschen Wetterdienstes | 19 Deutscher Wetterdienst Bericht Stadtklimatische Untersuchungen
in Leipzig S. 41
                                                                                                                                                               / 11
2 einführung

                                                                Klimaprojektion für Leipzig
                                                                Städte sind vom Klimawandel besonders betroffen, insbesondere durch
                                                                Temperaturerhöhungen und Auftreten von Extremwetterereignissen. Aus­
                                                                prägung durch Zunahme der Anzahl städtischer Wärmeinseln, Zunahme der
                                                                Sommer- und Hitzetagen sowie der Tropennächte mit ihren gesundheitli­
                                                                chen Auswirkungen auf die Stadtbevölkerung.

                                                                Auf der Grundlage von Szenarien, insbesondere auch unter Berücksichti­
                                                                gung der Ergebnisse der Vulnerabilitätsanalyse zum Klimawandel (Modell­
                                                                region Westsachsen zum Klimawandel (MORO-Projekt)), des Potsdamer
                                                                Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und des regionalen Klimaatlas des
                                                                Helmholtz Klimabüros, sollen Anpassungsstrategien wie städtebauliche
                                                                Rahmenbedingungen oder konkrete Anpassungsstrategien für die Stadt
                                                                Leipzig die Folgen der Klimaänderungen minimieren.
                       Clara-Zetkin-Park im Frühjahr

                                                                Zukünftige Klimaänderungen wurden bisher mit zahlreichen Klimamodellen
                                                                berechnet. Öffentlich zugängliche Informationen für die Stadt Leipzig finden
                                                                sich z. B. beim KlimafolgenOnline-Portal oder im Regionalen Klimaatlas 20,
                                                                in dem die Spannbreiten der zukünftigen Änderungen basierend auf unter­
                                                                schiedlichem zukünftigen menschlichen Verhalten und damit verbundene
                                                                Treibhausgas­emissionen dargestellt sind.

                                                                Danach werden im Jahresdurchschnitt, verglichen mit den Durchschnitts­
                                                                temperaturen von 1961 – 1990, bereits für den Zeitraum 2011 – 2040 Tempe­
                                                                raturerhöhungen von 0,4 – 1,2 °C und für 2071 – 2100 sogar Temperaturerhö­
                                                                hungen von 2,1 bis zu 5,7 °C erwartet.

                                                                Eine Auswertung der Daten aus dem KlimafolgenOnline-Portal für Dekaden
                         Clara-Zetkin-Park im Herbst            zeigt, dass bezogen auf die Jahreszeiten die Temperaturerhöhungen unter­
                                                                schiedlich hoch ausfallen. Hier liegt eine Klimasimulation zugrunde, die von
                                                                einer globalen Temperaturerhöhung von 4,5 °C bis zum Jahr 2100 ausgeht.
                                                                Für Leipzig wird vor allem eine Erhöhung der Anzahl der Hitzetage im Som­
                                                                mer (Temperatur über 30 °C) von jetzt 8 auf 15 bis 18 und der auch damit ver­
                                                                bundenen Anzahl der Tropennächte (Temperatur über 20 °C) prognostiziert.

                                                                Gleichzeitig verstärkt sich die sogenannte negative klimatische Wasser­
                                                                bilanz in den Sommermo­naten und im gesamten Jahresdurchschnitt. Von
                                                                einer negativen klimatischen Wasserbilanz spricht man, wenn die potentiel­
                                                                le jährliche Verdunstung größer als der Niederschlag eines Jahres ist. Dieser
                                                                Trend wird sich bis zum Ende des Jahrhunderts von dem prognostizierten
                                                                Defizit für 2011 – 2020 von -26,1 mm nach derzeitigen Prognosen auf -215,2
                                                                mm drastisch erhöhen.
                         Ententeich im Johanna-Park             Vor allem die Verringerung des sommerlichen Wasserdargebots wird Aus­
                                                                wirkungen auf die Landwirtschaft, die Natur und den Menschen haben.

                                                                Im Gegenzug zu ausgeprägten Trockenperi­oden steigt das Risiko von soge­
                                                                nannten Starknieder­schlagsereignissen und Hagel, der damit verbundene
                                                                hohe Oberflächenabfluss kann zusätzlich noch das Hochwasserrisiko erhö­
                                                                hen.

       20
            www.regionaler-klimaatlas.de, www.klimafolgen-online.de

12 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig
Jahreszeitenmitteltemperaturen
und Schwankungsbreiten (in °C) je Dekade

        °C
  22                                                                                                                                                22

  20                                                                                                                                                20

  18                                                                                                                                                18

  16                                                                                                                                                16

2091 – 2100
  13,7°C                                                                                                                                            14

  12                                                                                                                                                12

  10                                                                                                                                                10
2011 – 2020
  10°C

   8                                                                                                                                                 8

   6                                                                                                                                                 6

   4                                                                                                                                                 4

   2                                                                                                                                                 2

   0                                                                                                                                                 0

   -2                                                                                                                                               -2

                       0             0             0                0               0             0              0               0              0
                     02            03            04              05               06            07             08              09             10
                 1–2           1–2           1–2            1–2               1–2           1–2           1–2              1–2           1–2
             201           202           203            204             2  05           206           207              208           209

             Jahresmitteltemperatur                   Mitteltemperatur und Schwankungsbereich im
             in ausgewählten Dekaden
                                                                Frühling                Sommer                Herbst                 Winter

                                                                                                                                                         / 13
Anzahl, Dauer und Schwankungsbreiten (in Tagen) von Sommer-, Hitze-, Frost- und Eistagen je Dekade

       Anzahl Tage

       120                                                                                                                                                                 120

       110                                                                                                                                                                 110

       100                                                                                                                                                                 100

        90                                                                                                                                                                 90

        80                                                                                                                                                                 80

        70                                                                                                                                                                 70

        60                                                                                                                                                                 60

        50                                                                                                                                                                 50

        40                                                                                                                                                                 40

        30                                                                                                                                                                 30

        20                                                                                                                                                                 20

        10                                                                                                                                                                 10

         0                                                                                                                                                                 0

                                     Sommertage               Hitzetage                     Frosttage                      Eistage                     Mittelwert mit
                                                              Hitzetage in Folge            Frosttage in Folge             Eistage in Folge            Schwankungsbreite

       Anzahl Tage

       100                                                                                                                                                                 100

        90                                                                                                                                                                 90

        80                                                                                                                                                                 80

        70                                                                                                                                                                 70

        60                                                                                                                                                                 60

        50                                                                                                                                                                 50

        40                                                                                                                                                                 40

        30                                                                                                                                                                 30

        20                                                                                                                                                                 20

        10                                                                                                                                                                 10

         0                                                                                                                                                                 0

                       20              30                40                50                60                  70              80                  90             00
                   – 20          –20                 –20               –20              –20               –20              –   20                –20            –21
                11            21                  31                41               51                61               71                    81             91
              20            20               20                  20                20                20               20                 20                20

14 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig
 Niederschlag und Wasserbilanz (in mm) im Gesamtjahr und nach Jahreszeit je Dekade
 (Mittelwerte und Schwankungsbreiten)

NS/mm

800                                                                                                                                                800

700                                                                                                                                                700

600                                                                                                                                                600

500                                                                                                                                                500

400                                                                                                                                                400

300                                                                                                                                                300

200                                                                                                                                                200

100                                                                                                                                                100

  0                                                                                                                                                0

-100                                                                                                                                               -100

-200                                                                                                                                               -200

-300                                                                                                                                               -300

-400                                                                                                                                               -400

-500                                                                                                                                               -500

                 20              30             40            50                60              70              80              90            00
             –20             –20            –20           –20               –20             –20            –20              –20           –21
          11              21             31            41                51              61             71               81            91
        20              20             20            20              20                20             20               20            20

         Niederschlag        Niederschlag Sommer          Wasserbilanz          Wasserbilanz Sommer            Mittelwert mit
         gesamt              Niederschlag Winter          gesamt                Wasserbilanz Winter            Schwankungsbreite

                                                                                                                                                       / 15
2 einführung
        Klimawandelbedingte
        Auswirkungen in Leipzig                                 Wasserhaushalt und Wasser-
                                                                wirtschaft
       • Temperaturzunahme, Zunahme von Hitzetagen,
         Tropennächten und Hitzeperioden                       • Steigender Wasserbedarf im Sommer, z. B. zur
                                                                 Kühlung industrieller Anlagen, Bewässerung
       • Verringerung des sommerlichen Niederschlags und
                                                                 von Gärten, landwirtschaftlichen Nutzflächen
         Erhöhung der Defizite der klimatischen Wasserbilanz
                                                                 und Straßenbäumen
       • Zunahme der extremen Wetterereignisse wie
         ­Erhöhung des Risikos für Starkniederschlags­         • Absenkung des Grundwasserspiegels im
         ereignisse und des damit verbundenen                    Sommer
         Hochwasserrisikos                                     • Stark schwankende Wasserstände durch
       • Deutlich erhöhte Instabilität der Verhältnisse          ­Re­du­zierung des Wasserdargebots von Fließ-
         zu erwarten                                             und Stillgewässern während Trockenperioden,
                                                                 sowie Erhöhung des Wasserdargebots von
                                                                 Fließ- und Stillgewässern bei Starknieder­
                                                                 schlägen durch erhöhte Oberflächenabflüsse
                                                               • Veränderung der Wasserqualitäten in Grund-
                                                                 und Oberflächenwasser
                                                               • Veränderte Häufigkeit und Höhe von Hoch­
                                                                 wässern

             Menschliche Gesundheit
           • Sinkender thermischer Komfort
                                                                Technische Infrastruktur
           • Hitzestress und Zunahme hitzebedingter            • Verstärkte Aufheizung technischer Ausrüstun­
             ­Todesfälle                                         gen z. B. Gleisanlagen und Oberflächen von
           • Steigende Gefahr von Infektionskrankheiten          Straßen mit verstärkter thermisch bedingter
             und Allergien durch Veränderung der Blüh­           Ausdehnung
             perioden, Pollenflug und Ausbreitung von          • Verstärkte Aufheizung von Transportfahrzeugen
             wärmeliebenden Arten                                wie Busse und Bahnen, dadurch thermischer
           • Gefährdung durch Extremereignisse                   Diskomfort
                                                               • Veränderte Ansprüche, z. B. durch Bewässerung
                                                                 und Klimatisierung
                                                               • Vermehrte Schäden durch Extremereignisse wie
                                                                 Hagel, Windwurf oder Hochwasser
                                                               • Veränderte Anforderungen an Trinkwasser­
             Energie
                                                                 leitungen (Temperaturerhöhung erhöht die
                                                                 Gefahr einer Keimbelastung)
           • Steigender Energiebedarf für Kühlung und
             ­Wasseraufbereitung im Sommer                     • Veränderte Anforderungen an Abwassersysteme
                                                                 (Dimensionierung bei Trockenheit und Stark­
           • Sinkender Energiebedarf für Heizen im Winter
                                                                 niederschlägen) sowie angepasste Kanalnetz­
                                                                 steuerung

16 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

  Transport und Verkehr
• Steigende Instandhaltungskosten
• Veränderte Ansprüche (z. B. Klimatisierung)
• Vermehrte Behinderungen und Schäden durch          Lufthygiene
  Extremereignisse
                                                   • Steigende Konzentration toxischer Stoffe
                                                     (Feinstaub, Ozon, etc.)
                                                   • Steigende olfaktorische Belastung
                                                     (z. B. Kanalisation)
                                                   • Steigender Bedarf an Kalt- und Frischluft­
                                                     entstehungsgebieten sowie an Ventilations­
  Freiräume und Grünflächen                          bahnen
  sowie Naturschutz
• Steigender und geänderter Bedarf an
  Erholungs­­flächen (Schattenplätze, Wasser­
  flächen, etc.)
• Hitze und Wasserstress für Tiere und Pflanzen,
  insbesondere auch für Straßenbäume
• Auswirkungen auf Artenzusammensetzung in
  Wäldern und Parkanlagen
                                                     Kulturerbe / Denkmalschutz
• Veränderung von Artenzusammensetzungen in        • Häufigere Schäden an Gebäuden, Denk­
  FFH-, Vogelschutz-, Naturschutz- und Land­         mälern und Kultureinrichtungen
  schaftsschutzgebieten sowie Auswirkungen auf
                                                   • Veränderungen der touristischen Saison
  Flächennaturdenkmale
                                                     durch Verschiebung der Jahreszeiten
• Veränderungen grund- und oberfächenwasser-
                                                   • Veränderung auf Wassertourismus
  bestimmter Ökosysteme, wie z. B. die Leipziger
                                                     (z. B. Benutzbarkeit von Fließgewässern
  Aue oder die Partheaue
                                                     und Badewasserqualität)

                                                                                                             / 17
3 ANPASSUNGEN AN DEN KLIMAWANDEL in Leipzig

                                                    Notwendigkeit
                                                    Leipzig soll ungeachtet der enormen Bevölkerungsentwick­
                                                    lung und der damit einhergehenden Nachverdichtung in
                                                    Zukunft attraktiver Wohn- und Arbeitsstandort bleiben. Daher
                                                    stellt sich die Stadt mit einer Anpassungsstrategie der neuen
                                                    Herausforderung, um Schäden und Risiken für die Bewoh­
                                                    nerinnen und Bewohner, die Natur oder Sachgüter, wie z. B.
                                                    Gebäude oder Infrastruktur, durch zukünftige Klimaereignisse
                                                    zu verringern.

                                            Hitze

                                                    Ziele
                                                    Den Entscheidungsträgern sollen die Folgen und geeignete Anpassungs­
                                                    optionen bekannt ge­macht werden, damit diese in allen Entscheidungspro­
                                                    zessen künftig Berücksichtigung finden.

                                                    Die Anpassungsstrategien sollen dazu dienen, frühzeitig die voraussicht­
                                                    lichen Auswirkungen des Klimawandels in die Planungs- und Entschei­
                                                    dungsprozesse einzubeziehen, insbesondere auch im Rahmen mittel- bis
                                                    langfristiger Struktur­entscheidungen wie der Flächennutzung und Investi­
                                                    tionsentscheidungen wie z. B. in der Infrastruktur.

             Hochwasser nach Starkregenereignis     Mitarbeiter der Stadtverwaltung und städtischer Unternehmen sowie auch
                                                    die Öffentlichkeit sollen für die Notwendigkeit von Anpassungsmaßnahmen
                                                    an den Klimawandel sensibilisiert werden.

                                                    Da nicht alle Veränderungen, insbesondere die Prognosen hinsichtlich
                                                    extremer Wetterereig­nisse, konkret vorhersagbar sind, muss die Anpas­
                                                    sungsstrategie flexibel auf Veränderungen und neue Erkenntnisse reagieren
                                                    können.

       Rasengleise zur Minimierung der Aufheizung

18 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

Klimaschutz – Klimawandel – Nachhaltigkeit
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Klimaschutz ist die wichtigste Möglichkeit Auswirkungen des Klimawandels langfristig
einzudämmen und gefährliche, unumkehr­bare Klimaveränderungen zu verhindern.

Unter Klimaschutz können daher alle Maßnahmen­                         Maßnahmen des Klimaschutzes, wie die Erzeugung von
gebündelt werden, die Treibhausgasemis­
                                      sionen ver­                      Energiepflanzen, können z. B. zu einer erhöhten „Ver­
meiden und / oder vermindern.                                          letzlichkeit“ gegenüber dem Klimawandel führen (vgl.
                                                                       Konfliktbereich A in der Abbildung. Die Bekämpfung
Unter Klimaanpassung wird der Umgang mit dem                           großer Hitze durch Klimaanlagen in Gebäuden führt zu
Klima­wandel durch Anpassung an die Klimafolgen und                    einem höheren Stromverbrauch und damit steigenden
Extremwetterereignisse verstanden.                                     Treibhausgasemissionen. Klimaschützende Flächen­
                                                                       nutzungsänderungen, die dem Klimaschutz dienen
Nach der Enquete-Kommission des Deutschen Bundes­                      können z. B. durch Ausbau von Frischluftkorridoren in
tages setzt sich der Begriff der Nachhaltigkeit aus drei               Städten durvch Grünanlagen auch die Verletzlichkeit ge­
Komponenten zusammen, einer ökologischen, ökono­                       genüber dem Klimawandel senken (Synergiebereich C.)
mischen und sozialen Nachhaltigkeit. Entsprechend                      Maßnahmen der Klimaanpassung können mit anderen
setzt sich die nationale Nachhaltigkeitsstrategie aus                  Nachhaltigkeitspolitiken oder -strategien, wie z. B. Ent­
den Leitlinien einer nachhaltigen Entwicklung hinsicht­                siegelungsmaßnahmen für den Hochwasserschutz, Sy­
lich Generationengerechtigkeit, Lebensqualität und in­                 nergien entfalten. Maßnahmen des Klimaschutzes und
ternationaler Verantwortung zusammen.                                  der Anpassung können darüber hinaus neutral sein,
                                                                       wie Frühwarnsystem für Extremereignisse oder Car-
Bei der Auswahl und Priorisierung von Anpassungs­                      Sharing, Verkehrsmanagement und Anreizsysteme für
maßnahmen ist möglichst eine sektorenübergreifende                     E-Mobilität zur Verbesserung der Energieeffizienz.
Herangehensweise zu verfolgen. Wechselwirkungen,
Nebeneffekte, Synergie- und Konfliktpotentiale müssen                  Maßnahmen, die allen drei Zielen zuträglich sind, fallen
dafür erfasst und berücksichtigt werden.                               in den zentralen Bereich und sollten als prioritäre Maß­
                                                                       nahmen bevorzugt umgesetzt werden.

                                                        (A) Klimaschutz
                                                            beeinträchtigt
                                                            Klimaanpassung

                                             (C) Synergie

                                                              Prioritär

                                  (B) Klima-                                       Nachhaltig-
                                  	ANPASSUNG                                       keitspolitiken
                                      beeinträchtigt                               Umwelt,
                                      Klimaschutz                                  Wirtschaft,
                                                                                   Soziales

                     Synergien und Konflikte im Zieldreieck der Klimapolitik in Anlehnung an Abb. 1 „ Synergien und
                      Konflikte von Strategien und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel“ UBA 18/2011

                                                                                                                                          / 19
3 ANPASSUNGEN AN DEN KLIMAWANDEL in Leipzig

                                      Anpassungsstrategien und Ziele
                                      Für die Erarbeitung der Anpassungsstrategien wurden neben
                                      dem Positionspapier des DST „Anpassung an den Klimawan­
                                      del – Maßnahmen der Städte“ vor allem auch die Ergebnisse
                                      zwischenzeitlich abgeschlossener Forschungsvorhaben wie
                                      u. a. „Klimawandelgerechte Stadtentwicklung Ursachen und
                                      Folgen des Klimawandels durch urbane Konzepte begegnen“
                                      (Experimenteller Wohnungs- und Städtebau, Klima MORO
                                      oder KLIMZUG Klimawandel in Regionen oder noch laufen­
                                      der Projekte, sowie weitere Forschungsprojekte zum Thema
                                      Anpassung an den Klimawandel und vorliegende Anpassungs­
                                      strategien verschiedener Bundesländer und Kommunen
                   Dachbegrünung      ausgewertet.

                                      Die vorliegende Anpassungsstrategie wurde in verschiedenen AG-Sitzungen
                                      mit Akteuren innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung erarbeitet und
                                      mit den Dezernaten VI und VII sowie mit der Industrie- und Handelskammer
                                      und der Handwerkskammer abgestimmt.

                                            Stadtplanung und Städtebau
                                      Die Stadt Leipzig soll trotz zunehmender Wärmebelastung
                                      als Wohnort attraktiv bleiben und möglichen Wanderungs­
                                      tendenzen in das geringer wärmebelastete ländliche Umland
                                      entge­genwirken.

                                      Ziel ist, auf die prognostizierten stadtklimatischen und wasserhaushalt­
                                      lichen Veränderungen mit einer an die Herausforderungen des Klimawan­
                                      dels angepassten Stadtplanung (Berücksichtigung der Anforderungen an
                                      gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse) und einem an die veränderten
                                      ­Gegebenheiten angepassten Bauen zu reagieren. Dies gilt ins­besondere
                                      auch für notwendige Maßnahmen in den Bestandsquartieren und im
                                      ­Gebäude­bestand.
       dicht bebaute Stadtquartiere

20 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

  Planung                                 Wettbewerbe
• Die klimaverträgliche Nachverdich­    • Aufnahme von energetischen Zie­
  tung im Bestand hat Priorität vor       len und Klimaschutz- und Klima­
  einer Außenentwicklung.                 anpassungskriterien bei städte­
                                          baulichen und hochbaulichen
• Durch integrierte Planungsansät­
                                          Ideen- und Realisierungswettbe­
  ze bei der Flächenplanung sollen
                                          werben sowie bei städtebaulichen
  städtische Überwärmungsten­
                                          Gutachterverfahren.
  denzen begrenzt und der Luft­
  austausch gefördert werden.
                                          Bau und Sanierung
• Die für die Innenstadt zur Belüf­
  tung notwendigen Luftleitbahnen       • Bei Baumaßnahmen der Stadt
  sind bei städtebaulichen Pla­           Leipzig findet im Rahmen der        umgenutzte ehemalige Bahnanlagen Lene-Voigt-Park
  nungen zu beachten. Sie sollen          Planung eine Prüfung hinsicht­
  darüber hinaus in ihrer Funktions­      lich notwendiger oder geeigneter
  fähigkeit verbessert werden.            Maßnahmen zur Anpassung an den
                                          Klimawandel statt.
• Durch geeignete Festsetzungen
  sind zukünftige Gebäude möglichst     • Berücksichtigung von Kraft-Wär­
  so auszurichten, dass ein kleinräu­     me-Kopplung und regenerativer
  miger Luftaustausch eine Entlas­        Energien sowie geeigneter Maß­
  tungswirkung herbeiführen kann.         nahmen zur Anpassung an den
                                          Klimawandel bei Entwicklungs-
• Berücksichtigung stadtklima­
                                          und Sanierungskonzepten für
  tischer Gesichtspunkte bei der
                                          Bestandsquartiere.
  Gestaltung von Gebäuden und
  Freiflächen.                          • Baulicher Wärmeschutz in den Be­
                                          reichen Raumtemperatur, „erhöhte
• Berücksichtigung des Hoch- und
                                          bautechnische Anforderungen an
  Grundwasserschutzes.
                                          die Gewährleistung der Trinkwas­
• In bioklimatischen Belastungsge­        serqualität nach Übergabestelle,
  bieten sollen durch planerische         besonders im Kaltwassernetz“
  und bauliche Vorkehrungen gesun­
                                        • Klimawandelsensitive Bestands­
  de Wohn- und Arbeitsbedingungen
                                          gebiete sollen auf notwendige und
  gewährleistet werden. Dies gilt in
                                          umsetzungsfähige Anpassungen an
  besonderem Maße in Gebieten mit
                                          den Klimawandel geprüft werden.
  einem größeren Anteil an Perso­
  nen, die zur Risikogruppe zu zählen
  sind (z. B. Gebiete mit Senioren­       Information
  einrichtungen, Krankenhäuser,
                                        • Beratung privater Eigentümer
  Kindergärten, etc.).
                                        • Stärkere Berücksichtigung des
• Bei der städtebaulichen Planung
                                          Klimawandels in der Öffentlich­     Neubau im Musikviertel
  wird ein klimawandelangepasstes
                                          keitsarbeit
  Regenwassermanagement ange­
  strebt.

                                                                                                                        / 21
3 ANPASSUNGEN AN DEN KLIMAWANDEL in Leipzig

                                                     Mobilität und Verkehr
                                               Hohe Temperaturen in den Verkehrsmitteln und -anlagen
                                               können sowohl das Wohlbefinden der Verkehrsteilnehmer,
                                               als auch die Benutzbarkeit beeinträchtigen und Schäden
                                               ­verursachen.

                                               Befestigte Verkehrsflächen verstärken die Aufheizung. Extreme Wetter­
                                               ereignisse können die Standfestigkeit von Verkehrsanlagen und die Nutzung
                                               beeinträchtigen oder gar unmöglich machen.
                                               Die Verkehrsinfrastruktur und die Verkehrsmittelwahl der Menschen muss
                                               den klimawandelbedingten Veränderungen angepasst werden.

                                               • Berücksichtigung des Prinzips der Verkehrsvermeidung, insbesondere
                               Berufsverkehr     bezogen auf den motorisierten Individualverkehr, bei allen strategischen
                                                 Überlegungen (Haushalt) und Planungen.
                                               • Schaffung eines effektiven Verkehrsmanagements, um die vorhandene
                                                 Infrastruktur optimal zu nutzen.
                                               • Stärkung der Attraktivität des Umweltverbundes durch stärkere Förde­
                                                 rung und Berücksichtigung in allen strategischen Überlegungen und
                                                 Planungen.
                                               • Berücksichtigung der umweltfreundlichen Verkehrsarten und von
                                                 Straßenbäumen bei der Aufteilung des Verkehrsraums mit besonderem
                                                 Gewicht in der Abwägung.
                                               • Entsiegelung und Umgestaltung nicht mehr benötigter Verkehrsflächen.
                                               • Begrenzung der Aufheizung von Straßenräumen, Parkplätzen und
       Fußgängerquerung am Neuen Rathaus         Warte­bereichen (helle Oberflächen (Zuschläge zu bituminösen Fahrbahn­
                                                 decken), Beschattung durch Bäume, baulicher Sonnenschutz).
                                               • Verwendung versickerungsfähiger Belege für Parkplätze und andere
                                                 Plätze.
                                               • Untersuchung von Entwässerungslösungen sowie ggf. notwendige
                                                 Umsetzung von Maßnahmen in Bezug auf Starkregenereignisse.
                                               • Förderung der E-Mobilität auf Straßen und Wasserwegen.

       Warentransport mit einem Elektromotor
                 unterstützten Lastenfahrrad

22 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

      Boden, Freiräume, Stadtgrün, Naturschutz
Böden reagieren auf die sich verändernde Klimasituation in
doppelter Hinsicht.

Funktionsfähige Böden können einerseits durch die Auswirkungen des
Klimawandels ihre Eigenschaften verändern. Das Risiko der Degradation
steigt und führt zu Einschränkungen bzw. Verlust der (Nutzungs-)Funk­

                                                                                                                                 © Gudellaphoto, fotolia.de
tionen. Zum anderen durch die Verschiebung des Gleichgewichts
ihrer Wechselwirkungen mit den klimatischen Faktoren, da dem Boden eine
wichtige Funktion bei der Kohlenstoffspeicherung zukommt.
Daher sind Maßnahmen zu ergreifen, die die klimatische Ausgleichsfunk­
tion von Böden verbessern oder wiederherstellen und klimatische Verstär­
kungs-/Rückkopplungswirkungen verhindern.
                                                                               Winderosion infolge von Bodentrockenheit
Aufgrund der Temperaturerhöhung und des veränderten Wasser­dargebotes
ist von einer weiteren Zunahme des Trockenstresses für Straßenbäume,
Gehölzbestände in Parkanlagen und öffentlichen Grünflächen, der Wald­
bestände, landwirtschaftlichen Flächen und Böden auszugehen.

Die Bedeutung von begrünten Dächern und Hinterhöfen, Fassaden- und Ver­
kehrsflächenbegrünungen sowie die Notwendigkeit, die Wärmeabstrahlung
von Fassaden und Dächern zu minimieren, nehmen zu.

Extremwetter­ereignisse wie Dürreperioden und Überschwemmungen wer­
den sich auf die Artenzusammensetzung ebenso wie auch die Zuwanderung
wärmeliebender Tier- und Pflanzenarten auswirken.

Die grund- und oberflächenwasserbestimmten Auensysteme und die
Feuchtbiotope sind aufgrund der Wasserstandsschwankungen und Ver­
schlechterung der Wasserqualität stark gefährdet. Das Ziel der Stadt Leipzig
ist daher die Schaffung einer klimawandelangepassten Vegetation und der
Erhalt der Biodiversität.

                                                                                                                                 © neotakezo, istockphoto.com

                                                                               ausgetrockneter Boden

                                                                                                                          / 23
3 ANPASSUNGEN AN DEN KLIMAWANDEL in Leipzig

                                                                 Boden
                                                               • Erstellung von Bodenkarten im für      • Ein Beratungs- und Förder­
                                                                 die jeweilige Planung und Nutzung        programm für Dach- und Fassaden­
                                                                 aussagekräftigen Maßstab. Aus­           begrünung für Hausbe­sitzer soll
                                                                 weisung von Bodeneinheiten und           initiiert werden.
                                                                 Flächen im Hinblick auf ihren Wert
                                                                                                        • Straßenbahntrassen sollen bei
                                                                 für das Stadtklima.
                                                                                                          einem separaten Bahngleis vor­
                                                               • Berücksichtigung von Böden mit           zugsweise als Rasengleis angelegt
                                                                 hohem Kohlenstoff-Speicher­              werden.
                                                                 vermögen (Niedermoo­re und
                                                                                                        • Der innerstädtische Baum­bestand
                                                                 Auenböden) in den Planungs- und
                                                                                                          wird gesichert und weiterent­
                                                                 Genehmigungsverfahren. Über­
                                                                                                          wickelt.
             Neupflanzung von Bäumen                             prüfung, ob Eingriffe auf solchen
                                                                 Böden einen erhöhten Ausgleich         • Bei allen Pflanzungen werden
                                                                 bedingen.                                klimawandelangepasste (z. B.
                                                                                                          trockenstress- und schädlings­
                                                               • Erfassung und Bewertung verdich­
                                                                                                          resistente), vorzugsweise ein­
                                                                 tungs- und erosionsgefährdeter
                                                                                                          heimische Arten verwendet.
                                                                 Flächen. Kartographische Darstel­
                                                                 lung als Planungs- und Handlungs­      • Die Waldmehrung um und in
                                                                 grundlage.                               Leipzig (urbaner Wald) wird fort­
                                  © G. Sanders, fotolia.de

                                                                                                          geführt mit dem Ziel, den Wald­
                                                                                                          anteil deutlich zu erhöhen
                                                                 Freiräume / Stadtgrün
                                                                                                        • Für die landwirtschaftlichen
                                                               • Die Grün- und Freiflächen, die einer
                                                                                                          Flächen werden Strategien zur
                                                                 Temperaturerhöhung entgegen­
                                                                                                          Anpassung wie Anbaumethoden,
                                                                 wirken, sind zu erhalten und nach
       Windbruch an Bäumen nach Sturm                                                                     -produkte und -zyklen sowie neue
                                                                 Möglichkeit zu erweitern.
                                                                                                          Formen der Schädlingsbekämp­
                                                               • Die innerstädtischen Grün- und           fung ent­wickelt.
                                                                 Freiflächen sind über Biotop­
                                                                                                        • Minimierung der Störungen der
                                                                 verbindungen mit dem Umland zu
                                                                                                          wassersensiblen Ökosysteme
                                                                 venetzen, dauerhaft zu erhalten
                                                                                                          (Auen, Feuchtbiotope durch
                                                                 und nach Möglichkeit zu erweitern.
                                                                                                          Wasser­management).
                                                               • Schaffung klimaökologischer Kom­
                                  © fkienas. istockphoto.com

                                                                                                        • Aufklärung und Beratung der
                                                                 fortinseln, insbesondere in Stadt­
                                                                                                          Öffentlichkeit zur Begrünung
                                                                 bereichen mit besonders h ­ ohem
                                                                                                          (geeignete Sortenauswahl) unter
                                                                 Anteil von hitzeempfind­lichen
                                                                                                          Berücksichtigung der Klimaverän­
                                                                 Personen (Säuglinge, Kleinkinder,
                                                                                                          derung und Erhalt des Großgrüns
                                                                 chronisch und akut Kranke und
                                                                                                          als notwendiger Bestandteil des
                                                                 Senioren).
                                                                                                          Stadtgrüns zum Klimaschutz und
       Überschwemmung von Freiflächen
                                                               • Versiegelte Flächen, vor allem           zur Reduzierung des sommerlichen
                                                                 großflächige, sind möglichst zu          Hitzestresses.
                                                                 entsiegeln und zu be­grünen.

24 /
KLIMAWANDEL Anpassungsstrategien für Leipzig

      Klimawandelangepasstes Regenwassermanagement
Hohe Temperaturen und ein geringeres Wasserdargebot,
vor allem in Zeiten des hohen Wasserbedarfs, bedingen ein
­klimawandelangepasstes Regenwasser- und Gewässer-
 ­bewirt­schaftungs­management.

Im Hinblick auf die Veränderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen,

                                                                                                                                     © federicofoto, fotolia.de
stellt der Umgang mit Starkniederschlagsereignissen die größte Herausfor­
derung in der Stadt dar. Durch die Zunahme extremer Wetterereignisse ist
von einer deutlichen Häufung von Starkregen auszugehen. Insbesondere in
den dicht bebauten Stadtteilen Leipzigs kann es zu Überflutungen kommen,
da die Abwassersysteme die Niederschlagsmengen nicht vollständig auf­
nehmen können. Gleichzeitig ist von verstärkten Hochwasserrisiken für die
Stadt Leipzig auszugehen.                                                        Überflutete Tiefgarageneinfahr nach Starkregen

Während der Sommermonate und insbesondere der Hitzetage kann es in
den Zeiten ohne Niederschlag dagegen zu Geruchsbelästigungen der Kanal­
netze kommen.

                                                                                                                                     © Palmaricciotti, TU Hamburg-Harburg
Durch den zu erwartenden Anstieg der Durchschnittstemperaturen, der
Anzahl der Hitzetage und -perioden steigt auch der Wasserbedarf der Grün­
flächen und der Stadt- bzw. Straßenbäume.

Gerade bei Straßenbäumen, mit ihren oftmals extremen Standortbedingun­
gen, ist die Wasserverfügbarkeit bereits heute ein limitierender Faktor. Viele
Stadtbäume leiden häufig unter Trockenstress und hohen Temperaturen.
Gleichzeitig sind Bäume mit ihrer Verdunstungsleistung, ihrem Filtervermö­
gen und ihrer Verschattung unverzichtbar für ein gesundes Stadtklima.            Regenmulde an Straßen entlastet
                                                                                 die städtische Kanalisation
Die Bewässerung von Grünflächen und Bäumen wird zur Abwendung von
Pflanzenschäden zu prüfen sein. In Zeiten verstärkter Niederschläge und in
den Wintermonaten könnte und sollte daher Regenwasser für die Sommer­
monate gespeichert werden.

                                                                                 Regenwasserspeicherung durch Dachbegrünung

                                                                                                                              / 25
3 ANPASSUNGEN AN DEN KLIMAWANDEL in Leipzig

                                                       Das Ziel der Stadt Leipzig ist daher die Schaffung eines klima­
                                                       wandelgerechten Regenwassermanagements, die Neupflan­
                                                       zung klimawandelangepasster Vegetation und der Erhalt der
                                                       Bio­diversität.

                                                      • Verkürzung der Wasseraustausch­      • Entwicklung „flexibeler Entwässe­
                                                        zeiten vor allem in stehenden          rungssysteme“, die ausbau- und
                                                        Gewässern durch ausreichende           anpassungsfähig sind.
                                                        Wasserzufuhr.
                                                                                             • Verbesserung der Hochwasser­
                                                      • Reduzierung des internen Nähr­         vorsorge (Gewässerpegel, Alarm­
                                                        stoffstatus durch verminderten         systeme).
                                                        Nährstoffeintrag
                Errichtung von Wäldern in der Stadt                                          • Informationen der Öffentlichkeit
                                                      • Entwicklung eines Grundwasser­         über Hochwasser- und Überflu­
                                                        managements zur gezielten An­          tungsgefährdungen.
                                                        reicherung, Zwischenspeicherung
                                                                                             • Erarbeitung eines Entsiegelungs­
                                                        oder auch Abpumpung.
                                                                                               programmes für öffentliche
                                                      • Rückhaltung von Niederschlags­         Flächen
                                                        wasser, um die Kanalisation in
                                                                                             • Schaffung von Versickerungs­
                                                        Zeiten von Starknieder­schlägen zu
                                                                                               flächen unabhängig von Bebau­
                                                        entlasten und um ausreichende
                                                                                               ungsplänen.
                                                        Wasserreserven für den Sommer
                                                        zu besitzen.                         • Renaturierung von Fließge­
                                                                                               wässern.
                                                      • Prüfung einer Regenwasser­
                                                        versickerung.                        • Mehrfachnutzung von Grün- und
                                                                                               Verkehrsflächen als Rückstaumög­
       Pflanzen klimawandelangepasster Baumarten      • Überprüfen und ggf. Anpassen der
                                                                                               lichkeit überprüfen, temporäre
                                                        festgesetzten Abflussmengen.
                                                                                               Nutzung von Grünflächen als
                                                      • Festsetzung von Dachbegrünung          Stauraum vorsehen.
                                                        Gründächer mit integrierbaren
                                                                                             • Förderung der hochwasser­
                                                        Solaranlagen auf sonnenzuge­
                                                                                               angepassten Planungen im öffent­
                                                        wandten Dachflächen.
                                                                                               lichen und privaten Raum durch
                                                      • Anlage von Gründächern auf             Information und Beratung über
                                                        geeigneten Dächern öffentlicher        Schutzmaßnahmen (Lichtschäch­
                                                        Gebäude.                               te, Tief­garageneinfahrten).
                                                                                             • Vorsorgender Boden- und Grund­
                                                                                               wasserschutz.

             Entsiegelung ehemaliger Bahnanlagen

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