INDIVIDUALISIERTES LERNEN IM GANZTAG - Deutsche ...
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IMPRESSUM HERAUSGEBERINNEN Gemeinnützige Deutsche Kinder- und Jugendstiftung GmbH (DKJS) Tempelhofer Ufer 11, 10963 Berlin Telefon: +49 (0)30 - 25 76 76 - 0 Fax: +49 (0)30 - 25 76 76 - 10 www.dkjs.de Qualitäts- und UnterstützungsAgentur - Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) Paradieser Weg 64, 59494 Soest Telefon: +49 (0)2921 - 683 - 0 Fax: +49 (0)2921 - 683 - 1109 www.qua-lis.nrw.de. REDAKTION DKJS: Christine Becker-Hardt, Wibke Pecksen, Kathrin Schneider, Anne Stienen QUA-LiS NRW: Sandra Bülow, Dr. Reinhard Erlemeyer Die namentlich gekennzeichneten Beiträge externer Autorinnen und Autoren spiegeln deren Sichtweise und nicht zwangsläufig die Meinung der Herausgeberinnen und Programmpartner wider. LEKTORAT Fabian Kreß, redaktionsnetzwerk.berlin FOTOGRAFIEN Dominik Schmitz (Coverfoto), DKJS/Kerstin Zillmer (Porträt Kahl, S. 3), QUA-LiS NRW/Udo Geisler (Porträt Egyptien, S. 3) ILLUSTRATIONEN Sandra Bach, Helene Graupner, sandruschka. Raum für Gestaltung LAYOUT UND SATZ Carmen König, die königskinder, Berlin DRUCK Druck & Verlag Kettler GmbH HAFTUNG FÜR LINKS Diese Publikation enthält Verlinkungen zu Internetauftritten Dritter, auf deren Inhalt die Herausgeberinnen keinen Einfluss haben. Aus diesem Grund können die Herausgeberinnen für diese Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Es wird keine Verantwortung für die Verfügbarkeit oder den Inhalt solcher Internetauftritte über- nommen und keine Haftung für Schäden oder Verletzungen, die aus der Nutzung – gleich welcher Art – solcher Inhalte entstehen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung waren keine Rechtsverstöße erkennbar. Alle Links wurden im Mai 2019 auf Aktualität überprüft. © DKJS/QUA-LiS NRW 2019 2
Dr. Heike Kahl Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) Liebe Leserinnen und Leser, individualisiertes Lernen heißt: jedes Kind da abholen, wo es steht – mit seinem Lerntempo, seinen Stärken und Interessen. Im Rahmen des Projekts „Leben und Lernen im Ganztag“ (LiGa NRW) haben sich 83 von insge- samt 131 teilnehmenden Gesamt-, Sekundar-, Primus- und Gemeinschaftsschulen diesem Thema gewidmet. Sie haben über eine Projektlaufzeit von drei Jahren ein selbstgewähltes Entwicklungsvorhaben zum individua- lisierten Lernen umgesetzt. Dabei wurden unter anderem neue Lernzeiten-Modelle erprobt, Lernkonzepte für den Fachunterricht entwickelt oder Coaching- und Beratungsmodelle eingerichtet. Die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) und die Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landes- institut für Schule (QUA-LiS NRW) haben die Schulen auf ihrem individuellen Entwicklungsweg begleitet. Es wurden keine fertigen Rezepte angeboten, sondern ein Rahmen, um eigene Veränderungsprozesse anzu- stoßen, bestehende Vorhaben weiterzuentwickeln und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Besonders profi- tiert haben die teilnehmenden Schulen dabei vom Austausch in den regionalen Netzwerken. Regelmäßig über die gesamte Projektlaufzeit fanden diese moderierten Treffen statt, die Raum boten, um miteinander zu arbeiten und gemeinsam zu lernen. Diese Broschüre gibt Einblicke in die vielfältigen Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Projekt rund um das Themenfeld „Individualisiertes Lernen“. Beispiele guter Praxis veranschaulichen, wie Konzepte im Schulalltag nachhaltig implementiert werden können. Damit möchten wir auch anderen Schulen Impulse geben und zu eigenen Entwicklungen anregen. Wir danken allen teilnehmenden Schulen für ihr großes Engagement und die Offenheit, ihre Erfahrungen und Ergebnisse zu teilen. Die guten Beispiele mögen viele weitere Schulen in Nordrhein-Westfalen und bundes- weit motivieren, individualisiertes Lernen umzusetzen und ihre Qualität weiterzuentwickeln. Damit noch mehr Schülerinnen und Schüler genau dort abgeholt werden, wo sie gerade stehen. Dr. Heike Kahl Eugen L. Egyptien Eugen L. Egyptien Direktor der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) 3
WISSENSCHAFTLICHER FACHBEITRAG GEBRAUCHSANWEISUNG Zum Schuljahresende 2018/2019 endet das dreijährige Landesprojekt „Leben und Lernen im Ganztag“ (LiGa NRW). Die Ergebnisse und Erfahrungen aus den schulischen Entwicklungsprozessen können Schulen auch über das Projekt hinaus auf ihre eigenen Vorhaben anwenden. Aus zentralen Erkenntnissen und guten Praxisbeispielen sind dazu drei Broschüren entstanden. Sie richten sich an alle, die in verschiedenen Rollen in Prozesse der Schulentwicklung eingebunden sind. Dies sind insbesondere Lehrkräfte und weitere pädagogische Fachkräfte, Schulleitungen sowie Dezernentinnen und Dezernenten der Schulaufsicht. Wie ist die Reihe aufgebaut? Jede der drei Broschüren hat einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt. Broschüre „Schulentwicklungsprozesse anstoßen und begleiten“: Die Broschüre richtet sich besonders an diejenigen, die den Schulentwicklungsprozess an einer Schule federführend umsetzen und begleiten. Übergreifende Steuerungsinstrumente, die den Prozess unterstützen, stehen deswegen im Mittelpunkt der Betrachtung. Auch die Beteiligung der Schulaufsicht an den Prozessen im Projekt wird beleuchtet. Broschüre „Individualisiertes Lernen im Ganztag“: Um neue Formen individualisierten Lernens in der Schule zu verankern, müssen Schulen umfassende Konzepte entwickeln. Die Broschüre stellt dazu praktische Erfahrungen aus unterschiedlichen Perspektiven vor sowie Möglichkeiten zur Einbindung des Kollegiums. Broschüre „Ganztag gut gestalten“: Um pädagogisch wirksame Ganztagsangebote zu gestalten, ist die Arbeit in multiprofessionellen Teams unverzichtbar. Ebenso spielt dabei die Partizipation von Schülerinnen und Schülern, Eltern und externen Partnern eine zentrale Rolle. Diese Broschüre zeigt auf, was sich in LiGa NRW insbesondere bei der Zusammenarbeit dieser Personengruppen bewährt hat. Wie ist diese Broschüre aufgebaut? Jedes Heft wird durch einen wissenschaftlichen Fachbeitrag und zentrale Erkenntnisse aus der Projektarbeit eröffnet. Praxisbeispiele veranschaulichen die gewonnenen Erkenntnisse und geben Einblick in die Arbeit der beteiligten Schulen. Arbeitsmaterialien aus dem Alltag der Schulen runden die Broschüre ab. Die Erkenntnis- se aus der Projektarbeit sind in allen drei Broschüren denselben fünf Faktoren (s. S. 7 ff.) für die erfolgreiche Umsetzung von Schulentwicklungsprozessen zugeordnet. Jede Broschüre beleuchtet die Faktoren aus dem Blickwinkel ihres Themenschwerpunkts und veranschaulicht sie durch ein oder mehrere Schulbeispiele. Arbeitsmaterialien der Schulen werden zum Teil abgedruckt und ergänzend unter kurzelinks.de/liga-nrw.de zur Verfügung gestellt. Verschiedene Formulierungen – wie z. B. die Form und Schreibweise zur Darstellung der verschiedenen Geschlechter – unterliegen hierbei der Verantwortung der jeweiligen Schule und können von der in diesen Broschüren verwendeten Form abweichen. Verwendung von Icons Arbeitsmaterialien Infos weiterführende Links Literatur 4
INHALT Vorwort 3 Gebrauchsanweisung 4 WISSENSCHAFTLICHER IMPULS Zeit für mehr! – Individualisiertes Lernen im Ganztag 6 Prof. Katrin Höhmann, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg ERKENNTNISSE AUS LIGA NRW Individualisiertes Lernen im Ganztag 7 PRAXISBEISPIELE UND ARBEITSMATERIALIEN Gesamtschule auf dem Schießberg in Siegen 10 Lernzeiten im ganzen Team weiterentwickeln Gesamtschule Gescher 12 Evaluationen für die Weiterentwicklung des SegeL-Konzepts nutzen Heinrich-Böll-Sekundarschule Bornheim 14 Ein Lernzeiten-Konzept entwickeln und implementieren Robert-Schuman-Europaschule Willich 18 Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler fördern Sekundarschule Stemweder Berg 22 Digitalisierte Lernzeiten als Ausgangspunkt für die weitere Unterrichtsentwicklung nutzen ANHANG Literatur 26 Übersicht der LiGa-Schulen in NRW im Themenfeld „Individualisiertes Lernen im Gantag“ 26 Kontakt 31 5
WISSENSCHAFTLICHER IMPULS ZEIT FÜR MEHR! – Individualisiertes Lernen im Ganztag Prof. Katrin Höhmann, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg „Zeit für mehr!“ Wieviel Optimismus steckt in dieser Arbeit an den Inhalten, die noch nicht beherrscht Formulierung! Zeit für mehr individualisiertes Lernen werden – ebenso wie eine stärkenorientierte Förde- und Zeit für mehr individuelle Förderung, Zeit für bes- rung besonderer Begabungen? Werden Partizipation sere Bildung, Zeit für mehr erfahrungsbasiertes und und Kooperation im Alltag gelebt? Schüler*innen für sinnvoll gestaltetes selbstorganisiertes Lernen. wahrzunehmen, in die professionelle Beziehung zu gehen und eine differenzierte Feedbackkultur Mit der Einführung von Ganztagsschulen waren und zu etablieren, ist für nachhaltige Bildungsprozesse sind nach wie vor viele Erwartungen verbunden. nachweisbar relevant. Das verlangt auch nach einer Doch die große Hoffnung, dass durch die Erhöhung Schulorganisation, die Personenkontinuität und der Verweildauer von Kindern in der Institution Schu- verlässliche Strukturen schafft. In guten Ganztags- le quasi automatisch mehr Chancengleichheit und schulen gibt es zudem ein gemeinsames Bildungs- Bildungsgerechtigkeit entstehen würden, hat sich bis verständnis aller Beteiligten. Es gilt, den schulischen jetzt nur ansatzweise erfüllt. Nicht bei allen Schulen, Bildungsauftrag, wie er in NRW im Schulgesetz § 1 die sich Ganztagsschule nennen, gibt es gute und er- formuliert ist, mit dem Bildungsauftrag des Kinder- folgreiche Lernkonzepte. Die undifferenzierte Begeis- und Jugendhilfegesetzes stimmig zu verzahnen. terung der Vergangenheit weicht an vielen Stellen der Einsicht, dass es sich lohnt, sehr genau hinzu- Es gibt nicht das eine gültige didaktische Konzept, schauen, wenn es um die Ganztagsqualität, Zeitnut- sondern es werden die Möglichkeiten genutzt, die zung, personelle Ausstattung, Betreuungsqualität unterschiedlichsten Methoden, Medien, Aufgaben- und insbesondere um die Bildungsqualität geht. formate so einzusetzen, dass sie nachhaltiges Ler- Offene Ganztagsschulen sind ohne Frage ein wich- nen ermöglichen. Individualisiertes Lernen umfasst tiges Angebot für Eltern und Erziehungsberechtigte, sowohl personalisierte Lernphasen wie auch das wenn der Fokus vor allem auf einer verlässlichen Lernen in der Gemeinschaft, es braucht individuell Betreuung mit Bildungsanspruch liegt. Gebundener zugeschnittene Aufgaben ebenso wie anspruchs- Ganztag hingegen ist das tragfähigere Modell, wenn volle Projekte für Gruppen. Ganztagsschulen bieten es um die Tiefenstrukturen einer veränderten, nach- dafür einen guten Rahmen, insbesondere gebun- haltigen und an individueller Kompetenzentwicklung dene Ganztagsschulen mit den größeren Möglich- orientierten Bildung geht. keiten, unterschiedliche Phasen und Formen des Lernens sinnvoll zu rhythmisieren. Seinen eigenen Doch wie können Ganztagsschulen sich zu einem Lernprozess zu organisieren und kooperativ arbei- solchen Lern- und Lebensraum für Kinder und Ju- ten zu können, sind zwei wichtige Kompetenzen, die gendliche entwickeln? Zunächst kommt es darauf an, nicht nur im Unterricht gelernt werden können. Der dass sie sich in ihrem Schulentwicklungsprozess – in qualifizierte Blick aller Erwachsenen an der Ganz- den alle schulischen Gruppen eingebunden sind tagsschule auf die Entwicklung der Schüler*innen – fundiert über ihre Vorstellung von einer guten und ihre Bereitschaft miteinander zu kooperieren, Schule und von gutem Unterricht austauschen. Eine ermöglicht differenzierte Begleitung. Lernen ist ein stärkenorientierte Haltung und positive Einstellung sehr persönlicher Prozess und dieser braucht indi- zu Kindern und Jugendlichen und ihrem Lernprozess viduelles Feedback. Deswegen sind unter anderem im Unterricht wie auch im außerunterrichtlichen Lernbegleitungs- oder Coachinggespräche für Lern- Bereich sind die Basis: Es lohnt sich, miteinander erfolge von großer Bedeutung. über Kinder und ihren Lernprozess nachzudenken. „Zeit für mehr!“ Das heißt auch: Zeit für mehr Pro- Welches Bild vom Kind hat die Ganztagsschule? Wie fessionalität, Zeit für mehr Kooperation und Zeit für gelingt die Wertschätzung von Kompetenzen, die mehr qualifizierte Ganztagsbildung in gut durch- Schüler*innen1 mitbringen? Gibt es eine respektvolle dachten Strukturen. 6 1 Auf Wunsch der Autorin wird in diesem Beitrag von der Genderschreibweise der übrigen Publikation abgewichen. Sie folgt damit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die Benennung eines dritten Geschlechts auf dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots fordert.
ERKENNTNISSE AUS LIGA NRW INDIVIDUALISIERTES LERNEN IM GANZTAG Erkenntnisse aus LiGa NRW Seit dem „PISA-Schock“ im Jahr 2000 ruhen viele Hoffnungen auf den Ganztagsschulen (vgl. KMK ÜBER LIGA NRW 2015, S. 4)2: Ihnen wird unter anderem das Potenzial • Teil des in fünf Bundesländern umgesetzten zugesprochen, Schülerinnen und Schüler besser Programms „LiGa - Lernen im Ganztag“ individuell zu fördern, damit sie erfolgreicher lernen. Auch mehr Bildungsgerechtigkeit soll dadurch er- • Vision: mehr individuelle Förderung im Ganz- reicht werden (vgl. Willems & Becker 2015, S. 34 ff.; tag und bessere Bildungschancen für alle Züchner & Fischer 2014, S. 351f.). Der Beitrag von • Laufzeit: 2016-2019 Prof. Katrin Höhmann bestätigt diese Ansätze, zeigt • 131 Gesamt-, Sekundar-, Primus- und Gemein- aber gleichzeitig notwendige Handlungsbedarfe auf. schaftsschulen mit gebundenem Ganztag Durch mehr Zeit allein wird wenig verändert – auf in fünf Regierungsbezirken die Qualität kommt es an! • Schulen im Aufbau und Schulen, die bereits viele Jahre bestehen Hier setzt das Projekt LiGa NRW mit seinen 15 schuli- schen Entwicklungsnetzwerken an. Die 131 beteilig- • 15 schulische Entwicklungsnetzwerke ten Schulen erarbeiten gemeinsam dieses „Mehr an • selbstgewählte Entwicklungsvorhaben aus Qualität“, 83 davon im Themenbereich „Lernen im drei Themenschwerpunkten Ganztag“. • Unterstützung durch Expertisen, Planung, Austausch, Hospitationen und Vernetzung – auch länderübergreifend • besonderer Einbezug der Steuerungsebenen LEBEN QUALITÄTS- IM GANZTAG ENTWICKLUNG 36 Schulen 12 Schulen Die Einführung bzw. Weiterentwicklung von Lernzeiten spielte dabei eine besonders große Rolle: 63 Schulen setzten ein Entwicklungsvorhaben LERNEN zu diesem Thema um. Doch wie können Schulen das Lernen im Ganz- IM GANZTAG tag verbessern? Welche Faktoren sind maßgeblich für eine erfolgreiche 83 Schulen Umsetzung ihrer selbstgewählten Entwicklungsvorhaben? Die Erkennt- nisse aus der Projektarbeit aller 131 Schulen sind in fünf Faktoren für die erfolgreiche Umsetzung von Schulentwicklung zusammengefasst: Haltung und Engagement Kommunikation und Austausch Partizipation und Teilhabe Evaluation und Feedback LERNEN IN LERNZEITEN Strukturen und Rahmen- 63 bedingungen Schulen Diese Faktoren sind das Ergebnis einer Analyse zahlreicher Interviews LERNKONZEPTE IM FÖRDERUNG FACHUNTERRICHT UND COACHING und Feedbackbögen, der Dokumentation der Entwicklungsvorhaben und 12 Schulen 8 Schulen der länderübergreifenden und landesspezifischen Projektevaluation. Sie zeigen: Auch wenn jedes Schulentwicklungsprojekt anders ist, gibt es übergreifende Parameter, die ein Gelingen begünstigen. 2 Die ausführlichen Literaturangaben finden Sie auf S. 26. 7
ERKENNTNISSE AUS LIGA NRW Bei der Einführung von Formen individualisierten – zum Beispiel digitale Medien im Rahmen eines Lernens ist es wichtig, das gesamte Kollegium mit- Fortbildungstages. So entstehen positive Erfahr- zunehmen, da langfristig alle Lehrkräfte das neue ungen mit den Neuerungen. Konzept in ihrem Unterricht umsetzen. In dieser Broschüre werden die fünf Faktoren daher beson- Weitere Informationen: Praxisbeispiele Sekundar- ders unter dem Aspekt der Einbindung des Kolle- schule Stemweder Berg (s. S. 22) und Robert-Schu- giums betrachtet. man-Europaschule Willich (s. S. 18) 1 HALTUNG UND ENGAGEMENT: DIE 2 KOMMUNIKATION UND AUSTAUSCH: NEUE MOTIVATION IM KOLLEGIUM FÖRDERN KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN MITNEHMEN Veränderungsbereitschaft und eine konstruktive An Schulen im Aufbau ist es eine besondere Heraus- Grundhaltung im Kollegium fördern das Gelingen forderung, jährlich viele neue Lehrkräfte zu inte- von Entwicklungsvorhaben (vgl. Holtappels 2016, S. grieren. Dem begegnen die Schulen mit detaillierten 149 ff.). Wie können Schulen diese Faktoren positiv Einführungs- und Übergabemodellen. Dies hilft nicht beeinflussen? nur den neuen Kolleginnen und Kollegen, sondern bietet für alle einen hervorragenden Reflexionsan- Berücksichtigen muss man, dass die Herausfor- lass. Gelungene Übergaben mit klaren Informatio- derungen an etablierten Schulen häufig anders nen über bewährte Strategien und Maßnahmen ver- gelagert sind als an Schulen im Aufbau. Bei älteren hindern Doppelbelastungen. Übergabekonferenzen, Schulen liegen sie oft darin, Mut zur Veränderung Handouts mit zentralen Informationen und feste bestehender Strukturen und neue Begeisterung zu Mentorinnen und Mentoren als Ansprechpersonen wecken. Hierfür verzahnt ein gelungenes Akzeptanz- sind hier Beispiele. Spezielle Einführungsstunden management die auf den Folgeseiten dargestellten in die Lernzeitenbetreuung oder das Angebot von Gelingensbedingungen eng miteinander. So ist es Hospitationen zählen ebenso dazu. Auch dies ist Teil sinnvoll, den (langfristigen) Ressourcengewinn und eines erfolgreichen Akzeptanzmanagements. mögliche Qualitätsverbesserungen gegenüber dem Arbeitseinsatz herauszuarbeiten. Weitere Informationen: Praxisbeispiele Gesamt- schule auf dem Schießberg, Siegen (s. S. 10) und An Schulen im Aufbau ist das Engagement für Ent- Heinrich-Böll-Sekundarschule Bornheim (s. S. 14) wicklungsarbeit oft vorhanden. Es steht aber einer enormen Vielfalt an parallelen Herausforderungen 3 PARTIZIPATION UND TEILHABE: DAS und neu zu lösenden Aufgaben gegenüber. Um die KOLLEGIUM AKTIV IN DIE GESTALTUNG Motivation zu wahren und Überlastung zu vermeiden, EINBINDEN ist es wichtig, sich auf das Wesentliche zu konzentrie- Die nachhaltige Verankerung von individualisiertem ren und bei Bedarf das Vorhaben zu verschlanken. Lernen in der Schule bringt besondere Anforderun- gen an die Zusammenarbeit mit sich: Die Kolleginnen Das Wahrnehmen und Wertschätzen individueller, und Kollegen sollten idealerweise gemeinsam niveau- bisher nicht genutzter Kompetenzen kann die Moti- differenzierte Arbeitsmaterialien entwickeln und sie vation, sich in Entwicklungsprozesse einzubringen, passgenau mit dem Fachunterricht sowie anstehen- weiter fördern. Auch die vertrauensvolle Übergabe den Überprüfungsformaten verzahnen. Dies erfor- von Aufgaben in eigene Verantwortung steigert das dert einen hohen Arbeitseinsatz und gleichzeitig viel Engagement. Um diese neuen Aufgaben meistern Vertrauen in die Materialien, die andere entwickelt zu können, erhalten die Kolleginnen und Kollegen haben. Teamarbeit ist unverzichtbar. zusätzlich Unterstützung durch erfahrene Tandem- partner, schulinterne Fortbildungstage sowie weite- Durch die Verteilung von Verantwortung im Team ren, passgenauen, teilweise individuellen Support. entsteht Gestaltungsraum für die Kolleginnen und Für das gesamte Kollegium ist es wichtig, Innovatio- Kollegen. Hierfür kann die Schule bestehende Struk- nen in einem geschützten Raum erproben zu können turen nutzen (zum Beispiel Steuergruppe, Jahrgangs- 8
ERKENNTNISSE AUS LIGA NRW teams und Fachkonferenzen) oder aufgabenbezo- 5 STRUKTUREN UND RAHMENBEDINGUNGEN: gene Arbeitsgruppen einrichten (zum Beispiel das GREMIEN SYSTEMATISCH NUTZEN schulinterne LiGa NRW-Projektteam). Eine Pilotierung Die feste Verankerung in den Gremien einer Schu- kleinerer Vorhaben durch Einzelpersonen ist eine le gibt einem Entwicklungsvorhaben Struktur und weitere Möglichkeit. Diese intensive Beteiligung kann Legitimität. Die Einbeziehung von Schulkonferenz, Identifikation und Vertrauen in das neue Konzept Elternpflegschaft und Schülervertretung sowie fördern. Vorteilhaft ist dazu eine frühe Einbindung Lehrer- und Fachkonferenzen steigert die Identifika- – bereits in der Konzeptionsphase. Zum anderen tion mit dem Projekt und bindet viele Personen aktiv verteilt sich auch die Arbeitsbelastung auf mehrere ein. Im besten Fall wird das Projekt von der Initiative Personen und schafft so Entlastung für Einzelne. einer kleinen Projektgruppe zu einem Vorhaben der gesamten Schulgemeinschaft. Die gefassten Weitere Informationen: Praxisbeispiele Gesamt- Beschlüsse sind zudem verbindlich. schule Auf dem Schießberg, Siegen (s. S. 10), Gesamt- schule Gescher (s. S. 12) und Robert-Schuman-Euro- Auch für einen klaren organisatorischen Rahmen ist paschule Willich (s. S. 18) die Verankerung in den Gremien hilfreich: Sie tagen regelmäßig, der nächste Zeitpunkt zum Austausch 4 EVALUATION UND FEEDBACK: ERFOLGE steht somit fest. In den Sitzungen können Zwischen- SICHTBAR MACHEN UND VERBESSERUNGEN ergebnisse vorgestellt, Zeitpläne angepasst und Auf- ANSTOßEN gaben vergeben werden. So verteilt sich die Arbeits- Die Einführung neuer Lernformen stößt anfangs belastung auf viele Schultern. häufig auf Skepsis: Schülerinnen und Schüler, Eltern und das Kollegium müssen sich zunächst an die Weitere Informationen: Praxisbeispiele Gesamt- neuen Formate gewöhnen. Der Mehrwert der neuen schule Gescher (s. S. 12) und Gesamtschule Auf dem Lernformen muss für alle erkennbar werden. Umso Schießberg, Siegen (s. S. 10) wichtiger ist es, bei allen Beteiligten regelmäßig Rückmeldungen zu dem neuen Lernkonzept einzu- holen. Onlinefragebögen bieten hier eine erhebliche Erleichterung bei der Befragung und Auswertung. Die Durchführung einer Evaluation birgt zwei Chan- cen. Zum einen zeigt die Erfahrung, dass die Ergeb- nisse vielfach positiver ausfallen als angenommen. Dadurch kann ein Motivationsschub für das Projekt entstehen, besonders auf Seiten des Kollegiums. Zum anderen hilft sie, gezielt Nachsteuerungsbe- darfe zu identifizieren und das Konzept datenbasiert weiterzuentwickeln. Eine wiederholte Befragung sichert die Qualität auch über die Einführungsphase hinaus. Regelmä- ßig sollte man dabei nicht mit häufig verwechseln. Veränderungen brauchen Zeit, um sich zu etablieren und ihre Wirkung messbar zu entfalten. Es bietet sich daher an, den Befragungsrhythmus für jedes Teilvorhaben individuell festzulegen. Weitere Informationen: Praxisbeispiele Gesamt- schule Gescher (s. S. 12) und Gesamtschule Auf dem Schießberg, Siegen (s. S. 10) 9
PRAXISBEISPIELE GESAMTSCHULE AUF DEM SCHIEßBERG IN SIEGEN Lernzeiten im ganzen Team weiterentwickeln Gesamtschule gegründet 2016 www.gesamtschule-schiessberg.de ANSPRECHPERSONEN Alexander Lisai, Schulleitung schulleitung-gs-am-schiessberg@t-online.de Simone Kamitz, stellv. Schulleitung stellv-gs-am-schiessberg@t-online.de DAS ENTWICKLUNGSVORHABEN Die Gesamtschule Auf dem Schießberg startete 2016 Alle Lehrpersonen können jederzeit zur Unter- zeitgleich mit LiGa NRW und nutzte von Beginn an die stützung herangezogen werden. In den Fächern Netzwerkarbeit für die Konzeption ihres Lernzeiten- Mathematik und Englisch haben alle Kinder und modells. Dieses hat ein Planungsteam in Zusam- Jugendlichen zudem einen Paten bzw. eine Patin, menarbeit mit der Schulleitung entwickelt. Dabei um bei Bedarf zu helfen. Bei besonderer Begabung unterstützt Schulleiter Alexander Lisai neben seiner oder besonderen Unterstützungsbedarfen in diesen aktiven Rolle bei der Planung und Umsetzung auch beiden Fächern erhalten ausgewählte Schülerinnen durch Ressourcenzuweisungen. Seine Vision ist, dass und Schüler zweimal wöchentlich ein differenziertes Lernzeiten nicht Anhängsel des Fachunterrichts sind. Angebot. So werden sie noch individueller gefördert. Daher gilt: Mit freien Lernformen sollte auch im Fach- unterricht häufiger gearbeitet werden. Die Arbeitsaufträge aller Fächer entwerfen die Fachschaften und Jahrgangsteams passend zum Realisiert wird das Konzept für alle Jahrgänge in ebenfalls gemeinsam konzipierten Fachunterricht einem Lernzeitenband, das montags bis donners- samt Klassenarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler tags jeweils in der 2. Stunde und freitags in der 3. bearbeiten sie innerhalb einer Woche und dokumen- Stunde stattfindet. Alle Fächer bringen Aufgaben ein. tieren die Ergebnisse gegenüber den Eltern sowie Dann sind alle Türen offen und die Schülerinnen und den Fach- und Klassenlehrkräften im Lernplaner. Die Schüler können wählen, in welchem Raum sie wann fachliche Richtigkeit überprüfen die Fachlehrerinnen welche Aufgaben ihres Lernplaners mit welcher Hilfe und -lehrer im Unterricht. bearbeiten. Nur im 5. Jahrgang wird stärker gelenkt, um die Kinder an das freie Format heranzuführen. 10
PRAXISBEISPIELE » DAS WAR HILFREICH Projektrahmen LiGa NRW: Das Projekt bietet Frei- Steigende Zufriedenheit und gute Anregungen räume für die Arbeit des Planungsteams und gibt fördern die Motivation zur Weiterarbeit: Jeder neue Impulse durch den Austausch mit anderen Schulen Jahrgang erzielt Fortschritte bei Arbeitshaltung, sowie durch Expertise. Die Struktur des Projektes Kompetenzen im Umgang mit selbstorganisierten mit klaren Terminierungen, verbindlichen Vereinba- Lernformaten und bei den Arbeitsergebnissen. rungen sowie den Planungs- und Dokumentations- instrumenten bildet einen Leitfaden für die Entwick- » DAS IST BESONDERS GUT GELUNGEN lungsarbeit. Neue Lehrkräfte einbinden: Bei einer Schule im Aufbau ist die Einbindung der jährlich neu hinzu- Teamarbeit – Grundlage des Erfolges: Ein kommenden Kolleginnen und Kollegen eine Heraus- Planungsteam entwirft gemeinsam die Konzept- forderung und Chance zugleich. Zum einen bringen struktur und entwickelt sie stetig weiter. Diese sie neue Ideen und Impulse mit, zum anderen haben Teamarbeit und die ebenfalls in Teams gemeinsam nicht alle Erfahrungen mit offenen, selbstorgani- entwickelten Materialien fördern das Vertrauen sierten Lernformen oder der Rolle einer „Lernbe- in die offene Lernform. Dies ist wichtig, denn alle gleitung“. Auch die enge Teamarbeit, in der Unter- tragen gemeinsam die Verantwortung für den Lern- richtsvorhaben und kompetenzorientierte Aufgaben erfolg der Schülerinnen und Schüler – Klassen- und konzipiert werden, ist oft ungewohnt. Um hier die Fachlehrkräfte sowie die betreuenden Lehrerinnen „Neuen“ schnell an Bord zu holen, ist ein bewährtes und Lehrer der Lernzeiten. Für den Erfolg des Vor- Einführungsverfahren systemisch integriert: Neue habens sind daher gute Kommunikation und die Lehrkräfte bekommen einen Mentor bzw. eine Beteiligung des gesamten Kollegiums, aber auch Mentorin zugeteilt, sie nehmen an einer „Überga- der Schülerschaft und der Eltern unabdingbar. Das bekonferenz“ am Ende der Sommerferien teil, und Planungsteam holt in allen Mitwirkungsgremien es gibt für sie ein „Einführungsbuch“ mit zentralen regelmäßig Feedback und Vorschläge ein, die Informationen zum Schulalltag. Bestehende Dop- geprüft und berücksichtigt werden. pel-Klassenleitungs-Teams werden geteilt und für das kommende Schuljahr aus erfahrenen und neuen Zwei Evaluationen zur Bedarfslage und Zufrieden- Kolleginnen und Kollegen neu zusammengesetzt. heit im Kollegium, bei Eltern sowie Schülerinnen und Die Übergabekonferenz ist auch ein Evaluations- und Schülern haben zusätzliche Klarheit geschaffen und Rückmeldeorgan für Formate, die im vergangenen boten eine weitere Mitwirkungsmöglichkeit. Schuljahr erprobt wurden. Ein Tipp für andere Schulen: Mehr Gelassenheit! „An einer Schule im Aufbau stehen ständig viele Innovationen und damit intensive Arbeit an. Manchmal hat dies dazu geführt, dass zu früh Änderungen durch Steue- rungseingriffe gefordert wurden. Hier sollten Gelassenheit und Mut bestehen, Dinge länger zu erproben, damit sich Formate einschleifen und vielleicht doch etablieren.“ Alexander Lisai, Schulleiter 11
PRAXISBEISPIELE GESAMTSCHULE GESCHER Evaluationen für die Weiterentwicklung des SegeL-Konzepts nutzen Gesamtschule im Aufbau gegründet 2013 www.gesamtschule-gescher.de ANSPRECHPERSONEN Bernhard Manemann-Kallabis, Schulleitung b.manemann-kallabis@gs.gescher.de Ellen Wilms, Didaktische Leitung gesamtschule-wilms@gescher.de DAS ENTWICKLUNGSVORHABEN Selbstgesteuertes Lernen (SegeL) in den Fächern umfrage, in der Mitte 2016 alle Zielgruppen befragt Mathematik, Deutsch und Englisch ist bereits seit der wurden. Auf einer schulinternen Fortbildung im Gründung im Schuljahr 2013/14 Teil des Schulkonzepts Februar 2017 diskutierten das Kollegium sowie Mit- der Gesamtschule Gescher. Doch zu Beginn waren glieder der Eltern- und Schülervertretung die Evalua- Kollegium, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler tionsergebnisse (Befragung und Evaluationsbericht skeptisch: Ist die Lernform wirklich schon für die siehe Online-Material). In Kleingruppen leiteten sie Unterstufe geeignet? Die Schule reagierte mit großer Arbeitsaufträge für Schulleitung, Jahrgangsteams und Offenheit auf die Zweifel und beschloss ein umfas- Fachschaften ab. Nach deren Verabschiedung durch sendes Evaluationsvorhaben. „Wir haben von Anfang die zentralen Gremien Elternpflegschaft, Schülerver- an versprochen: Wir schauen nach drei Jahren, wo wir tretung, Lehrerkonferenz und Schulkonferenz begann stehen. Und wir sind auch bereit, Dinge zu revidie- die Umsetzung. ren“, sagt Schulleiter Bernhard Manemann-Kallabis. Als erste Nachsteuerungen aus den Evaluationsergeb- Mit der Evaluation will die Schule feststellen: Wie gut nissen hat die Schule die SegeL-Abläufe verfeinert und funktioniert das SegeL-Konzept bisher und wo sollten vereinheitlicht sowie ein neues Tischgruppenkon- wir nachsteuern? Wie zufrieden sind Schülerinnen zept entwickelt. Zudem wurde das Logbuch für die und Schüler, Lehrkräfte und Eltern? Und welche Jahrgänge 5 bis 7 überarbeitet. Es ist nun stärker in Anpassungen sind für die Jahrgangsstufen 8 bis 10 die Lernberatung eingebunden und gibt Eltern mehr notwendig? Transparenz über die Lernfortschritte ihrer Kinder. Gleichzeitig entstanden neue Entwicklungsvorhaben: SO IST DIE SCHULE VORGEGANGEN Die Steuergruppe hat Lernbüros für die Jahrgänge 8 Umgesetzt wird das Vorhaben von der Steuergruppe bis 10 entwickelt und ebenfalls mit einer Evaluation der Schule, deren Arbeitsschwerpunkt auf selbstge- begleitet; das nächste Ziel ist die Konzeption offener steuertem Lernen liegt. Sie entwickelte eine Online- Unterrichtsformate für die Oberstufe. 12
PRAXISBEISPIELE PROJEKTVERLAUF BEGINN SOMMER 2017 SCHULJAHR 2015/16 HERBST 2016 BIS FRÜHJAHR 2019 Gründung Steuergruppe mit Fokus Auswertung und Aufbereitung Schrittweise Umsetzung „Selbstgesteuertes Lernen“ der Ergebnisse der Aufträge SOMMER 2016 28. FEBURAR 2017 Online-Befragung aller Eltern, Schulinterne Fortbildung auf Grundlage der Evaluations- Lehrkräfte und Schülerinnen ergebnisse: Diskussion und Formulierung von Arbeitsauf- und Schüler der Jahrgänge 5 bis 7 trägen für Schulleitung, Jahrgangsteams und Fachkon- ferenzen der Schule » DAS WAR HILFREICH Evaluation als Motivationsschub: Durch die Befra- Die Fachschaften Deutsch, Mathematik und Eng- gung aller Zielgruppen verfügt die Schule über eine lisch planen in Jahrgangsfachgruppen das Schuljahr breite Datengrundlage zur Zufriedenheit mit ihrem inhaltlich und methodisch – hier ist ein Großteil des Konzept. Die guten Ergebnisse wirken als Motiva- Kollegiums ein zweites Mal eingebunden. Zudem tionsschub – für das Kollegium und für Schulleiter hat die Schulkonferenz die Steuergruppe „Selbst- Manemann-Kallabis: „In den ersten Jahren hatten wir gesteuertes Lernen“ so besetzt, dass möglichst viele auch sehr kritische Gespräche, gerade mit Eltern. Lehrkräfte fachliche oder persönliche Anknüpfungs- Und plötzlich kommt bei dieser Befragung zum erst- punkte haben. en Mal heraus: Die überwältigende Mehrheit ist von diesem Konzept sehr positiv angetan.“ Eine weitere Gestaltungsspielraum für eigene Ideen: Bei aller Bestätigung boten die Lernstandserhebungen 2016/17 Strukturierung darf eins nicht zu kurz kommen – Mut in Klasse 8. Die Kompetenzniveaus an der Gesamt- und Spielraum, Dinge auszuprobieren. Das Selbstbild schule Gescher lagen über dem Landesdurchschnitt. als lernende Organisation ist fest im Kollegium und in der Schülerschaft verankert. Innerhalb des klaren Kollegium und Gremien strukturiert einbinden: Rahmens, den die Schule schafft, können die Lehr- „Alleine kann man schneller gehen, gemeinsam wei- kräfte Konzepte individuell auf ihre Lerngruppen ter“, bringt die Didaktische Leiterin Ellen Wilms die anpassen und neue Ideen testen. Die Schulleitung Haltung der Gesamtschule Gescher auf den Punkt. unterstützt dies ausdrücklich, die Eltern bringen Um alle mitzunehmen, sind Teamarbeit und Aus- den Lehrkräften das nötige Vertrauen entgegen. tausch unverzichtbar. Daher verabschiedet die Schul- Auch die Schülerinnen und Schüler sind offen für konferenz zu Beginn jedes Schuljahres einen Arbeits- Pilotprozesse, weil ihre Rückmeldungen ernst plan für Fachschaften und Jahrgangsteams, der genommen werden und sie den Verlauf mitgestal- Schritt für Schritt die Nachsteuerungsbedarfe aus ten können. der Evaluation adressiert. Die Gremien entwickeln Lösungsansätze und pilotieren sie. Nach Auswer- » DAS IST BESONDERS GUT GELUNGEN tung der Pilotprozesse werden die Konzepte dann Professionalisierung des gesamten Kollegiums entweder flächendeckend eingeführt oder abgeän- LiGa NRW hat Prozesswissen im Kollegium weit dert und erneut pilotiert. Über die Einbindung in gestreut: Rückkopplungsschleifen und Abstim- Jahrgangsteams sind alle Lehrkräfte in das Entwick- mungsprozesse in Gremien sind selbstverständlich, lungsvorhaben involviert. Durch den Austausch in Pilotierung, Evaluation und Implementierung sind den Teams sind die Klassenleitungen auch auf die feste Bestandteile kleiner und großer Entwicklungs- wöchentliche Lernberatung bestens vorbereitet. vorhaben geworden. 13
PRAXISBEISPIELE HEINRICH-BÖLL-SEKUNDARSCHULE BORNHEIM Ein Lernzeitenkonzept entwickeln und implementieren Sekundarschule gegründet 2012 http://hbsek.de/ ANSPRECHPERSONEN Klaus Hannak, Schulleitung klaus.hannak@hbsek.de Beate Hantusch, Didaktische Leitung beate.hantusch@hbsek.de DAS ENTWICKLUNGSVORHABEN Der Leitsatz der Heinrich-Böll-Sekundarschule Born- Instrument, um das eigene Lernen zu reflektieren. heim (HBS) lautet „Eine Schule für Alle“. Entsprechend Die Kinder und Jugendlichen legen zu Beginn jeder ist es ein zentrales Anliegen der Schule, ihre hetero- Woche individuelle Lernziele fest, deren Erreichung gene Schülerschaft individuell zu fördern und zusätz- sie am Ende der Woche überprüfen und abzeichnen lich in ihrer Eigenständigkeit zu stärken. In ihrem LiGa (s. S. 17). Auch die Eltern sind aufgefordert, am Ende NRW-Projekt setzte sich die Schule daher zum Ziel, ein der Woche in das Logbuch zu schauen und die Ein- tragfähiges Konzept zur Umsetzung von Lernzeiten zu tragungen bei Einverständnis zu unterschreiben. In entwickeln. den einzelnen Lernzeitstunden ist am Ende ebenfalls eine zehnminütige Phase vorgesehen, in der das Die Ausarbeitung eines Lernzeitenmodells verzahnte eigene Arbeiten kritisch reflektiert wird. die Schule mit anderen Schulentwicklungsprojekten. Im Fokus stand bei der Projektplanung und -umset- zung vor allem die frühe und aktive Einbindung des gesamten Kollegiums, um von Beginn an Akzeptanz für das Vorhaben zu schaffen. Die Schule legte Wert AKZEPTANZ IM KOLLEGIUM darauf, gemeinsam ein Modell zu erarbeiten, das SCHAFFEN – SO KANN ES GELINGEN alle mittragen können. Die Lernzeiten finden seit • Hospitationen für einen Großteil des dem Schuljahr 2018/19 an drei Tagen pro Woche à Kollegiums ermöglichen 60 Minuten im Klassenverband statt. Die jeweiligen Fachlehrkräfte erstellen die Wochenpläne und Lern- • regelmäßige Informations- und Diskussions- zeitmaterialien für die Fächer Deutsch, Mathematik möglichkeit bieten und Englisch. Diese können von den Schülerinnen • Einführungsstunde für Kollegium und und Schülern eigenständig in vier Niveaustufen Schülerschaft anbieten bearbeitet werden. Ein Logbuch dient zusätzlich als 14
PRAXISBEISPIELE Die Implementierung des Lernzeitenmodells stößt diskutiert und festgelegt. Diese hat schließlich das auch in der Schülerschaft auf Zustimmung. Durch gesamte Kollegium abgestimmt, sodass alle das die Möglichkeit, sich bei Schwierigkeiten und Fragen Konzept mittragen können. Eine zweite ganztägige an Mitschülerinnen und Mitschüler oder Lehrkräf- schulinterne Fortbildung diente der inhaltlichen Aus- te zu wenden, können Lösungen direkt erarbeitet schärfung und Planung der praktischen Umsetzung. werden. Zu Hause kann diese Unterstützung den Hier wurden unter anderem die einzelnen Phasen Kindern und Jugendlichen nicht immer geboten wer- der Lernzeit und der Aufbau des Logbuchs festgelegt den. Ausruhen möchte sich die HBS auf dem bisher (Auszug siehe Online-Materialien). Eine Arbeits- Erreichten nicht: Sie will das Modell in den nächsten gruppe bereitete den exemplarischen Ablauf einer Jahren immer wieder auf den Prüfstand stellen und Lernzeitenstunde inklusive der relevanten Informa- weiterhin den Bedürfnissen anpassen. tionen vor, um den Kolleginnen und Kollegen von Beginn an eine möglichst reibungslose Umsetzung SO IST DIE SCHULE VORGEGANGEN zu ermöglichen (s. S. 16). Die Pilotphase erfolgte Nach dem Beschluss, ein Lernzeitenmodell zu ent- schließlich im Schuljahr 2017/18 in der Jahrgangs- wickeln, informierte sich die Schule umfassend über stufe 10, die Implementierung in allen Jahrgängen Möglichkeiten der Umsetzung. Neben der breit auf- im darauffolgenden Schuljahr 2018/19. Einen dritten gestellten Pilotgruppe konnte auch ein Großteil des Fortbildungstag im Herbst 2018 hat die Schule vor- Kollegiums an Schulen mit bereits ausgereiften wiegend zur Evaluation der Pilotphase genutzt, um Lernzeitenkonzepten hospitieren. Während einer das Angebot passgenau weiterzuentwickeln. ersten ganztägigen schulinternen Fortbildung hat die Schule anhand der gesammelten Eindrücke die Eckpfeiler des zu entwickelnden Lernzeitenmodells ARBEITSMATERIALIEN Weitere Materialien finden Sie unter » DAS WAR HILFREICH kurzelinks.de/liga-nrw Frühe Einbindung des Kollegiums: Besonders die frühe und aktive Einbindung des gesamten Kolle- giums hat maßgeblich zu einer reibungslosen Ein- führung der Lernzeiten an der HBS beigetragen. » EIN RAT FÜR ANDERE SCHULEN „Wir haben zu keinem Zeitpunkt im Projekt großen Vernetzt euch! Eine Vernetzung mit anderen Schulen Widerstand gespürt“, fasst Beate Hantusch, Didak- hat die Heinrich-Böll-Sekundarschule Bornheim in tische Leitung der HBS, ihre Eindrücke zusammen. ihrem Entwicklungsvorhaben einen großen Schritt Besonders die umfassend angelegten Hospitationen weitergebracht. Vor allem durch die Hospitationen zu Beginn des Projekts haben die Lehrkräfte für das zu Beginn konnte das Kollegium zahlreiche Eindrücke Vorhaben sensibilisiert. aus der Praxis sammeln, die schließlich in das eigene Lernzeitenmodell eingeflossen sind. Gute Vorbereitung der Implementierung: Als besonders wertvoll für die Implementierung wird der exemplarische Ablauf der Lernzeit betrachtet, der allen Lehrkräften für ihre erste Lernzeit-Stunde zur Verfügung gestellt wurde. Neben einer Abbildung „Wir haben uns im Projektverlauf immer wieder mit dem der einzelnen Phasen sind hier erläuternde Infor- Kollegium rückgekoppelt, haben mit den Rückmeldungen mationen sowie erste Arbeitsanleitungen für die weitergearbeitet und sind mit den Ergebnissen wieder ins Schülerinnen und Schüler enthalten. Die Kinder und Kollegium gegangen – so haben wir von Anfang an alle mit Jugendlichen wurden hierdurch ebenfalls schrittwei- im Boot gehabt.“ se an das Lernzeitenmodell herangeführt. Beate Hantusch, Didaktische Leiterin 15
PRAXISBEISPIELE ARBEITSMATERIALIEN Lernzeit Handout für die Lehrerinnen und Lehrer 1. In der Lernzeit sollen Inhalte aus den Unterrichtsfächern Deutsch, Mathematik und Englisch vertieft/wiederholt werden. Die Lernzeit umfasst jeweils 60 Minuten montags, mittwochs und donnerstags. 2. In der Lernzeit haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich selbstständig für eines oder mehrere Hauptfächer (D/M/E) innerhalb ihres Planes zu entscheiden. 3. Die Einteilung der 60 Minuten Lernzeit sieht folgendermaßen aus: Einstiegs- und Planungsphase Die Schülerinnen und Schüler planen Ca. 5 Minuten ihre Lernzeit, legen ihre Materialien auf ihren Platz und markieren das ausgesuchte Fach auf dem Fächerstreifen. Arbeitsphase mit Die SuS arbeiten an ihren Aufgaben. Ca. 10 Minuten Fragemöglichkeit SuS, die sich als Experten bereitstellen möchten, heften ihre Namensklammer an die Expertentafel. Bei Fragen wenden sich die SuS an die Experten. Wenn darüber hinaus Hilfe von den LuL benötigt wird, schreiben die SuS ihren Namen an die Tafel. Schweigephase Die SuS arbeiten selbstständig ohne Ca. 15 Minuten zu sprechen an ihren Aufgaben. Arbeitsphase mit Siehe oben Ca. 20 Minuten Fragemöglichkeit Feedbackphase mit Aufräumen Die SuS füllen ihren Feedbackbogen Ca. 10 Minuten aus und räumen ihren Arbeitsplatz auf. 4. Die Phasen werden mit einem roten Pfeil an der Tafel visualisiert (ein vorbereiteter Phasenverlaufsplan hängt in jeder Klasse). 16
PRAXISBEISPIELE ARBEITSMATERIALIEN Formulierungshilfen für die Lernziele Kriterien: Lernziele sollen eine Ich-Botschaft beinhalten, realistisch und messbar/ überprüfbar sein. Mögliche Themenfelder könnten sein: Selbstorganisation Rund um den Sozialverhalten (Orga) Unterricht Einstieg • (Drei) mögliche Lernziele Zum Beispiel: werden vorgegeben. • Ich arbeite in den • Im Plenum wird besprochen, Lernzeiten konzentriert ob die zwei Kriterien erfüllt und ruhig => dafür muss sind. in jeder Lernzeit der höchste Balken ausgefüllt sein. • Ich habe immer meine Arbeitsmaterialien dabei => dafür darf im Logbuch kein □ angekreuzt sein. Erarbeitung Die Lerngruppe erhält nun die Mögliche Methoden: Aufgabe eigene Lernziele nach den • Gruppenarbeit Vorgaben zu formulieren, welche sie • Place mate/Tischdeckchen später der Klasse präsentiert. • Think Pair Share • … Präsentation Die Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse werden festgehalten Ergebnisse (Plakate, Papierstreifen, und in der Klasse sichtbar zur Folienstreifen…) Verfügung gestellt. Nach einiger Zeit werden diese wieder abgehangen und nur bei Bedarf wieder zeitweise zur Verfügung gestellt. 17
PRAXISBEISPIELE ROBERT-SCHUMAN-EUROPASCHULE WILLICH Leistungsstarke Schülerinnen und Schüler fördern Integrierte Gesamtschule gegründet 1992 https://rse-willich.de ANSPRECHPERSONEN Ute Will-Nieding, Schulleitung ute.will@rse-schulen-willich.de Reinhard Nadler, Didaktische Leitung reinhard.nadler@rse-schulen-willich.de DAS ENTWICKLUNGSVORHABEN In ihrem LiGa NRW-Entwicklungsvorhaben rückt die Die Kolleginnen Andrea Wanko und Gabriele vom Robert-Schuman-Europaschule eine Gruppe von Bruch übernahmen die Rolle der Koordinatorinnen. Schülerinnen und Schülern in den Fokus, deren För- Sie sind das Bindeglied zwischen Kollegium und Teil- derung oft im Hintergrund steht: die Leistungsstar- nehmenden, beantworten Fragen, sprechen sich mit ken. Seit dem Schuljahr 2016/17 arbeitet die Schule Fachkolleginnen und -kollegen ab und machen das angelehnt an das Drehtürmodell. Hier entwickeln Vorhaben in den Jahrgangsstufen 8 bis 11 publik. begabte Mädchen und Jungen ein Zusatzprojekt in Sie berufen Info-Treffen mit allen teilnehmenden einem Fach ihrer Wahl. Sie können dies während der Schülerinnen und Schülern ein. Außerdem leisteten Unterrichtszeit tun, aber jederzeit flexibel, wie durch Gabriele vom Bruch und Andrea Wanko von Anfang eine Drehtür, in den Fachunterricht zurückkehren. an Überzeugungsarbeit bei einigen Fachlehrkräften und erläuterten, dass ein Konzept nach dem Dreh- Im Herbst 2016 formulierte die Schulentwicklungs- türmodell individuelle Förderung par excellence gruppe der Schule – bestehend aus Lehrkräften, bedeutet: In der Zeit, in der im Fachunterricht Schülerinnen und Schülern sowie Eltern – den Wiederholungen stattfinden, die für leistungsstarke Wunsch, leistungsstarke Schülerinnen und Schüler Schülerinnen und Schüler oft nicht notwendig sind, stärker in den Blick zu nehmen (Beschlussvorlage widmen sich diese ihren selbstgewählten Vertie- siehe Online-Materialien). fungsthemen. Fachkolleginnen und -kollegen stehen den Kindern und Jugendlichen als Mentorinnen und Im zweiten Schritt begannen Kolleginnen und Kolle- Mentoren zur Seite. gen der Steuergruppe, ein Konzept nach dem Dreh- türmodell aufzustellen. Eckpunkte wie Ansprache und Wie frei die Teilnehmenden in der Wahl ihrer Projek- Begleitung der Schülerinnen und Schüler sowie die te sind, zeigt sich bei einem Blick auf die Themen des Vereinbarkeit mit dem Regelunterricht wurden hier ersten „Drehtürdurchgangs“: Hanna Schubert inte- festgehalten. ressiert sich für Informatik und hat ein Computer- 18
PRAXISBEISPIELE programm entworfen, das selbstständig Primzahlen organisiert Arbeitsräume. Das Vorhaben kommt gut berechnet. Delaram Jeirani forscht im Fach Geschich- an. Beim zweiten Durchgang des Drehtürmodells te zur NSDAP und zur Hitlerjugend, während Mia stieg die Anzahl interessierter Schülerinnen und d’Alquen gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen Schüler enorm. Aber auch für den ersten Jahrgang Greta Rother und Jaqueline Friborg ein Kinderbuch wird es noch einmal spannend: Die Präsentationen schreibt. der Projekte stehen an und auch eine Exkursion zur TH Aachen ist in Planung. Als hilfreich empfinden die Schülerinnen vor allem die regelmäßigen Treffen mit allen Teilnehmenden. „Es tut gut, sich gegenseitig zu beraten. Außerdem konnten wir mitbestimmen, wie und wann die nächs- ten Treffen stattfinden“, betont Delaram Jeirani ARBEITSMATERIALIEN den partizipativen Charakter und die fortwährende Weitere Materialien finden Sie unter Verbesserung des schulinternen Drehtürmodells. kurzelinks.de/liga-nrw Gabriele vom Bruch ist dankbar für Anregungen und überarbeitet zum Beispiel Formulare oder » DAS WAR HILFREICH » EIN ÜBERZEUGENDES ERGEBNIS Akzeptanz in der Schulgemeinschaft: Damit alle Mehr Motivation beim Lernen und bessere Kom- Beteiligten das Vorhaben gemeinsam tragen, wurde munikation zu den Lehrkräften: Mehr Motivation es vor der praktischen Umsetzung in Lehrerkonfe- in der Schule durch mehr Arbeit? Was für viele renz, Schulpflegschaft, Schülervertretung und Schul- Schülerinnen und Schüler abwegig erscheinen mag, konferenz diskutiert und verabschiedet. Auch wäh- ist für Enise Sentürk und die anderen aus dem Dreh- rend der Durchführung sei es wichtig, so der Didak- türprojekt ganz logisch. Hier spüren sie ihre Selbst- tische Leiter Reinhard Nadler, das Projekt immer wirksamkeit: „Mich hat das Projekt motiviert, mehr wieder ins Bewusstsein zu rufen. Die Idee, dass für die Schule zu tun. Ich habe gemerkt, was ich alles Lehrkräfte mitgestalten können, ist an der Robert- von mir selbst aus schaffen kann.“ Außerdem habe Schumann-Schule ebenfalls ein Erfolgsfaktor für das ihr das Arbeitstagebuch geholfen, insgesamt organi- LiGa NRW-Entwicklungsvorhaben. In Fachkonferen- sierter zu werden, so die Sechzehnjährige. Auch für zen wird zum Beispiel dazu aufgerufen, Ideen für Greta, Hannah und Delaram hat das Drehtürprojekt mögliche Vertiefungsthemen einzubringen. Türen aufgestoßen. „Die Kommunikation und das Vertrauen zu den Lehrern ist besser geworden“, Feste Ansprechpersonen: Ein weiterer entscheiden- betonen alle drei. der Punkt war aus Sicht Reinhard Nadlers die Unter- stützung der Koordinatorinnen. Gemeinsam mit der Didaktischen Leitung schaffen sie organisatorische Rahmenbedingungen für alle Beteiligten und ent- wickeln das Projekt weiter. Für die Koordinatorinnen „Das Drehtürmodell führt dazu, Kernkompetenzen wie ist es motivierend, Schülerinnen und Schüler dabei Selbststeuerung und Selbstständigkeit zu entwickeln, die zu begleiten, abseits des Fachunterrichts die eigenen für die zukünftige Berufswelt sehr wichtig sind.“ Interessen zu entdecken. „Eine echte Gelingensbe- dingung ist für mich auch, dass wir die Koordination Reinhard Nadler, Didaktischer Leiter zu zweit machen. Im Team zu arbeiten, ist bei einem solchen Entwicklungsvorhaben sehr wertvoll“, sagt Gabriele vom Bruch. 19
PRAXISBEISPIELE DAS DREHTÜRMODELL AN DER ROBERT-SCHUMAN-EUROPASCHULE • Zielgruppe: klassengebunden in den Jahrgangs- • Instrumente: Arbeitsplan und verbindliche stufen 8 bis 11 Vereinbarung zum Inhalt des Drehtürprojekts ARBEITSMATERIALIEN • zeitlicher Umfang: in Vertretungsstunden und mit den Mentoren (s. diese und folgende Seite) in bis zu zwei Stunden wöchentlich anstelle • Austausch und Beratung: zwei oder drei Treffen des Fachunterrichts mit allen Teilnehmenden pro Halbjahr • Begleitung: zwei Koordinatorinnen als Ansprech- • Nachsteuerung: regelmäßiges Einholen von partnerinnen für Kollegium und Schülerinnen Feedback der Teilnehmenden und Schüler; Fachkolleginnen und -kollegen als • Ergebnispräsentation: individuell Mentoren Drehtürmodell – Arbeitsnachweis Fachlehrer/in, Mentor/in: _________________ Klassenlehrer/in: __________________ Hiermit bestätige ich, dass der Schüler / die Schülerin _________________________________ Klasse: __________ zu folgenden Zeiten an seinem / ihrem Projekt arbeitet: Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag _____________ _____________ _____________ _____________ _____________ Std. Std. Std. Std. Std. Fach: Fach: Fach: Fach: Fach: Der Schüler / die Schülerin verpflichtet sich, die Zeiten der versäumten Stunden im Vorfeld mit dem / der entsprechenden Fachlehrer/in abzusprechen. Wichtig: Es handelt sich nicht um eine Fehlzeit! ___________________________ _____________________________ Datum Unterschrift (Mentor/in) 20
PRAXISBEISPIELE ARBEITSMATERIALIEN Drehtürmodell – Vereinbarung Name: _________________________________________ Klasse: _________ 1. Welches Projekt möchte ich bearbeiten? (Titel und Kurzbeschreibung) 2. Welches Produkt soll bis wann entstehen? Es gelten folgende Vereinbarungen für die Drehtür: 1. Meine Mentorin/ mein Mentor ........................................................................................ wird mich bei meiner Projektarbeit begleiten. Ich bespreche mit ihr/ihm den Fortgang meiner Arbeit in regelmäßigen Abständen. 2. Die Zeiten, zu denen ich den Unterricht verlasse, um am Projekt zu arbeiten, werde ich durch Absprache mit allen beteiligten Personen regeln. 3. Ich bin dafür verantwortlich, mich selbstständig über den versäumten Stoff zu informieren, ihn nachzuholen und die entsprechenden Hausaufgaben termingerecht zu erledigen. 4. Wenn ich am Unterricht nicht teilnehme, arbeite ich selbstständig im SAZ oder in einem anderen vereinbarten Raum an meinem Projekt. 5. Über meine Arbeit führe ich ein Arbeitstagebuch. _____________,___________________________ _________________________________________ Datum, meine Unterschrift Unterschrift MentorIn Kenntnisnahme durch: _____________,___________________________ _________________________________________ Datum, Unterschrift eines Erziehungsberechtigten Unterschrift KlassenlehrerIn 21
PRAXISBEISPIELE SEKUNDARSCHULE STEMWEDER BERG Digitalisierte Lernzeiten als Ausgangspunkt für die weitere Unterrichtsentwicklung nutzen Sekundarschule im Aufbau gegründet 2014 https://stemweder-berg-schule.de ANSPRECHPERSONEN Heike Hachmann, Schulleitung h.hachmann@stb-schule.de Michael Niehaus, Abteilungsleitung m.niehaus@stb-schule.de DAS ENTWICKLUNGSVORHABEN Die im Aufbau befindliche Sekundarschule Stem- Bestandteil. Die digital-affine Haltung des Schul- weder Berg hat sich in der Projektlaufzeit von trägers und des gesamten Kollegiums führte letzt- LiGa NRW das Ziel gesetzt, pilotierend in Klasse 7 lich auch zu der Entscheidung, auf die digital unter- die Lernzeiten mit Unterstützung digitaler Medien stützte Unterrichtsentwicklung zu setzen. zu individualisieren. Die Überlegungen zur Weiter- entwicklung der Lernzeiten kamen mit dem Start des Große Unterstützung fand die Schule durch die Projekts. Die zusätzliche Unterstützung durch die technische Ausstattung und Bereitstellung digitaler Projektstrukturen in Form von Netzwerktreffen, Aus- Endgeräte seitens des Schulträgers. Die schulischen tauschforen und Hospitationsmöglichkeiten führten Aktivitäten werden durch die Schülerzeitung – zu einem „Innovationsschub“ in vielen Bereichen der erstellt in den Lernzeiten – online veröffentlicht. Schule, bestätigt Abteilungsleiter Michael Niehaus. Die Schülerinnen und Schüler planen selbstorga- SO IST DIE SCHULE VORGEGANGEN nisiert und ihren Lernvoraussetzungen angepasst Beiträge und führen z. B. Interviews mit externen Die schulische Projektgruppe, der von Anfang an Partnern, dem Bürgermeister oder auch mit Minis- die Schulleiterin Heike Hachmann angehörte, hat terin Yvonne Gebauer bei ihrem Schulbesuch 2017. eine langfristige Projektplanung vorgenommen und Dies unterstützt zudem die Gewinnung von Spon- Maßnahmen immer wieder auf die aktuelle Situation soren und Fördermitteln, um die laufenden Kosten zugeschnitten. Neben den vielfältigen Bemühungen, einer „digitalisierten“ Schule tragen zu können. das Kollegium regelmäßig fortzubilden und mitzu- nehmen, ist auch das Einbeziehen der Schülerinnen und Schüler und deren Eltern durch Befragungen und gemeinsame Infoveranstaltungen ein wichtiger 22
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