Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden

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Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
Sicher zum Abitur
                         Den eigenen Weg finden
                   Gut ankommen am Gymnasium

               Individuelle Förderung
                  am Gymnasium

Bildung,
die allen
gerecht wird                           Baden-Württemberg
Das Bildungsland                    M i n i s t e r i u m f ü r K u lt u s , J u g e n d u n d S p o rt
Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
Inhaltsverzeichnis

            Vorwort                                                               3

            I.     I n divi du elle F ö r d e r u n g a m G y mn a s i u m
            	Die Antwort auf Vielfalt ist Vielfalt                                4
                   Keine individuelle Förderung ohne pädagogische Diagnose        4
                   Praktische Umsetzung am Gymnasium                              7

            II.    U m setzu n g s b e i spi e l e f ü r d a s G y mn a si u m    8
            	A. G u t an k o m me n i m G y mn a s iu m: U n t e r s t uf e       8
            		Intensivierungsstunden                                              8
            		Individualisierungssystem                                           8
            		Buddysysteme                                                        8
                   B . D en e i g ene n W e g fi n d e n : Mit t e l s t u f e    9
            		Schülersprechstunden                                                9
            		Sommerschulangebote                                                10
            		 lndividuelle Lernzeit                                             10
                   C. Sic her zum Ab i t u r : O b e r s t u f e                 10
            		Unterstützungssysteme                                              10
            		Auslandsaufenthalte                                                10
            		Berufsberatung                                                     11
            		Schüler-Ingenieur-Akademie (SIA)                                   12
            		Schülerstudium                                                     12

            III.   Pers p ek t ive n                                             13

            IV.	Literaturverzeichnis                                             14

            V. 	Autoren                                                          14

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Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
„Ein jeder trägt eine produktive Einzigkeit in sich, als den Kern seines Wesens.“
Friedrich Nietzsche

Liebe Leserin, lieber Leser,

Kinder und Jugendliche sind verschieden. Sie haben          Es ist ein vorrangiges Ziel der Bildungspolitik in Baden-
einen individuellen Bildungshintergrund, ein indivi-        Württemberg, Chancengerechtigkeit herzustellen. Indi-
duelles Lern- und Arbeitsverhalten sowie individuelle       viduelle Förderung trägt entscheidend dazu bei. Das vor-
Begabungsmuster. Deshalb sehen wir die individuelle         liegende Magazin zeigt an erprobten Beispielen auf, wie
Förderung unserer Schülerinnen und Schüler als Chance       individuelle Förderung an den Gymnasien im Unterricht
und als Auftrag. Nur wenn es uns gelingt, die Stärken       und im Schulleben erfolgreich umgesetzt werden kann,
und Schwächen jedes Einzelnen zu erkennen, können           von Klasse 5 bis zum Abitur. Es soll zur Nachahmung
wir unsere Schülerinnen und Schüler richtig unterstützen    anregen und zur Verbesserung anspornen.
und sie in ihrer Entwicklung optimal fördern.
                                                            Ich danke den Autorinnen und Autoren dieses Magazins
Individuelle Förderung ist eines der Leitziele des baden-   für die geleistete Arbeit.
württembergischen Gymnasiums. Wir möchten für jede          Angesichts der großen Herausforderung durch die zuneh-
Schülerin und für jeden Schüler das bestmögliche Bil-       mende Begabungsvielfalt der Schülerinnen und Schüler
dungsangebot schaffen und dabei die hohe Qualität des       in den einzelnen Klassen ist es besonders wichtig, das
baden-württembergischen Gymnasiums wahren.                  individualisierte Lernen auszubauen. Ich wünsche allen,
Seit 2010 müssen von den Gymnasien fünf Poolstunden         die uns dabei an den Gymnasien unterstützen, viel Freu-
verpflichtend für individuelle Förderung eingesetzt         de und Erfolg.
werden, im Schuljahr 2012/2013 ist die individuelle För-
derung in der Unterstufe durch eine weitere Poolstunde
ausgebaut worden. Die den Gymnasien zum Schuljahr
2013/2014 zusätzlich zur Verfügung gestellten Lehrer-
stunden stellen einen weiteren Beitrag dar.

                                                            Andreas Stoch MdL
                                                            Minister für Kultus, Jugend und Sport

                                                                                                                        3
Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
I. Individuelle Förderung am Gymnasium

          Di e A n t w o rt au f V i el falt is t V i e l fa lt       le oder bereits vorhandene Lern-, Leistungs- oder Moti-
          In Schulalltag und Unterricht treten unterschiedliche As-   vationsprobleme zu erkennen. Durch gezielte Beratung
          pekte und Dimensionen der Heterogenität der Schüler-        und Unterstützung soll bestehenden Schwierigkeiten
          schaft zutage: Kinder und Jugendliche unterscheiden sich    und sich abzeichnenden künftigen Problemen rechtzeitig
          z. B. im Hinblick auf ihre sprachlichen Voraussetzungen,    und passgenau begegnet werden. Die Diagnose darf sich
          das Vorwissen, die praktischen Fähigkeiten, den Bildungs-   weder auf den jeweiligen Leistungsstand noch auf die
          hintergrund, den familiären und sozioökonomischen           Feststellung der Defizite beschränken. Vielmehr gilt es,
          Kontext, die Lernerfahrungen und Lernstrategien, die        mögliche Ursachen erfasster Schwächen aufzudecken
          Leistungsmotivation, das Lerntempo, geschlechtstypische     und auf vorhandenen Stärken aufzubauen. Erst auf einer
          Interessen, besondere Bedürfnisse, Beeinträchtigungen       solchen Grundlage kann eine optimale individuelle För-
          und anderes mehr. Dieser Vielfalt begegnet das Gymna-       derung sowie ein effektiver Einsatz schulischer Ressour-
          sium ebenfalls mit Vielfalt. Das besondere Angebot von      cen gewährleistet werden.
          Profilen, von alten und modernen Fremdsprachen, von
          mathematisch-naturwissenschaftlicher, ökonomischer          Bei der Diagnose sind außer den fachlichen Kenntnissen
          und politisch-historischer Bildung wird ergänzt durch       und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler in Form
          literarische und ästhetische Bildung und ermöglicht eine    einer ergebnisorientierten Diagnose (z. B. Lernstand 5
          ganzheitliche breite und vertiefte Allgemeinbildung auf     bzw. VERA) auch das Arbeitsverhalten sowie die indivi-
          dem direkten Weg zum Abitur.                                duellen Interessen und Lernwege im Sinne einer prozess-
                                                                      und förderorientierten Diagnose einzubeziehen.
          Um die Schülerinnen und Schüler optimal zu fördern, ist     Grundlage einer prozessorientierten Diagnose bilden
          eine bestmögliche Passung zwischen Lernenden und Un-        dem erweiterten Lern- und Leistungsbegriff zufolge
          terricht erforderlich, die durch pädagogische Diagnose-     folgende vier Kompetenzbereiche:
          verfahren und Maßnahmen der individuellen Förderung
          erreicht wird.                                              • Inhaltlich-fachliche Kompetenzen (fachspezifische
                                                                      Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten).
          Ke i n e i n d ivi du elle Fö rder u n g o h n e            • Methodische Kompetenzen (Lern- und Arbeitstechni-
          p ädag o g i sc he Diag n o se                              ken wie z. B. Vokabellernen, selbstständige Erschließung
          Individuelle Förderung wird in Baden-Württemberg seit       deutscher und/oder fremdsprachlicher Texte, Umgang mit
          vielen Jahren mit der Methode Beobachten – Beschrei-        Hilfsmitteln etc.).
          ben – Bewerten – Begleiten (BBBB) praktiziert. Den          • Personale Kompetenzen (Anstrengungsbereitschaft,
          Lehrkräften werden dazu zahlreiche Handreichungen und       Selbstständigkeit, Zeitmanagement, Kritikfähigkeit,
          praxisorientierte Fortbildungen angeboten.                  Arbeitsorganisation, Selbstvertrauen u. a.).
          Die Aufgabe einer frühzeitigen und regelmäßigen Dia-        • Soziale Kompetenzen (Fähigkeit zur Kommunikation
          gnose besteht darin, die individuellen Fähigkeiten der      und Kooperation, Konfliktmanagement, Kompromissbe-
          Schülerinnen und Schüler zu entdecken sowie potenziel-      reitschaft).

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Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
Nur im erfolgreichen Zusammenspiel dieser vier Kompe-
tenzbereiche können Schülerinnen und Schüler umfas-
sende Handlungskompetenz entwickeln.
Die vier Kompetenzbereiche überlappen und ergänzen
einander. Zudem sind die angestrebten Kompetenzen
zahlreichen externen Einflussfaktoren ausgesetzt, die auf
die jungen Menschen einwirken (z. B. Familiensituation,                        Inhaltliche
Freundeskreis, Unterrichtsatmosphäre etc.):                                   Kompetenzen

                                                              Schulischer                        Familiärer
                                                                Kontext                           Kontext

                                                             Personale        Handlungs-           Soziale
                                                            Kompetenzen       kompetenz          Kompetenzen

                                                              Gesellschaft-                  Vorgaben des
                                                             licher Kontext                  Bildungsplans

                                                                              Methodische
                                                                              Kompetenzen

                                                                                             5
Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
I . I n d ivi d u e l l e F ö r d e r u n g a m G y m n a s i u m

    Eine ganzheitliche Diagnose trägt den verschiedenen          Im schulischen Kontext können bereits etablierte Verfah-
    Kompetenzbereichen und individuellen Rahmenbedin-            ren sowie neue Instrumente zum Einsatz kommen.
    gungen der betreffenden Schülerinnen und Schüler Rech-       • Schriftliche und mündliche Schülerleistungen: Sowohl
    nung. Dabei sollte besonders darauf geachtet wer­den, dass   die schriftlichen und mündlichen Lernerfolgskontrollen
    die Diagnose nicht zu einer statischen Rollen­zuschreibung   als auch die weiteren Beiträge der Schülerinnen und
    führt, die einer Etikettierung oder gar Stig­matisierung     Schüler im bzw. für den Unterricht stellen eine wichtige
    gleichkommt. Vielmehr ist Diagnose ein dynamischer           Grundlage für die Diagnose und Förderung dar (Empi-
    Prozess und stets nur eine Momentaufnahme der aktu-          rische Lernstandserhebungen wie Lernstand 5, VERA).
    ellen Situation, die sich verändern und nach wenigen         Standardisierte Tests werden nach wissenschaftlichen
    Wochen oder Monaten ganz anders ausfallen kann.              Kriterien und mit den Methoden der empirischen Sozi-
                                                                 alforschung entwickelt und ausgewertet. Die Ergebnisse
    Der individuelle Diagnoseprozess verläuft in der Regel in    können wichtige Hinweise im Hinblick auf die Diagnose
    vier Phasen:                                                 und individuelle Förderung inhaltlich-fachlicher sowie
    • Wahrnehmen: Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen           in besonderen Fällen methodischer Kompetenzen der
    und Schüler sowie eventuell Eltern beobachten die            Schülerinnen und Schüler geben.
    Stärken und Schwächen der Lernenden und tauschen             • Kompetenzraster: Kompetenzraster sind tabellarische
    die Beobachtungen miteinander im Gespräch aus. Als           Einschätzungsraster, auf denen Lern- und Entwicklungs-
    Grundlage können schriftliche Arbeiten, Hausaufgaben,        ziele von einfachen Grundkenntnissen bis hin zu komple-
    Selbstbeobachtungen der Schülerinnen und Schüler             xen Niveau- bzw. Kompetenzstufen formuliert werden.
    sowie Fremdbeobachtungen durch Lehrkräfte und/               Sie sind ein wichtiges Instrument, mit dem die Lernen-
    oder Eltern dienen. Um das Arbeits- und Lernverhalten        den im Dialog mit den Lehrkräften ihren individuellen
    Einzelner in den Blick zu nehmen, eignen sich vor allem      Diagnose- und Förderprozess sichtbar machen und steu-
    Phasen des offenen Unterrichts.                              ern können. Die Jugendlichen sind kontinuierlich über
    • Verstehen: Die am Diagnoseprozess beteiligten Perso-       ihren jeweiligen Lern- und Entwicklungsstand informiert
    nen unterrichten sich gegenseitig über ihre Beobachtun-      und werden ermuntert, sich neue individuelle Lernziele
    gen und versuchen, sie zu deuten. Voraussetzung ist eine     zu setzen und diese dann konsequent zu verwirklichen.
    offene und vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre sowie         • Diagnosebögen für die individuelle Förderplanung:
    die Bereitschaft aller Beteiligten, sich stets der eigenen   Besonders hilfreich sind prozessorientierte Diagnosebö-
    und daher subjektiven Sichtweise bewusst zu sein. Dazu       gen, auf denen die am Diagnoseprozess Beteiligten nicht
    gehört die Bereitschaft, die eigenen Deutungen gege-         nur Ergebnisse festhalten, sondern auch Arbeitsverhalten,
    benenfalls zu relativieren, zu modifizieren oder auch zu     Lernwege, bevorzugten Sozialformen etc. reflektieren.
    korrigieren.                                                 Denn oft ist die Kenntnis, wie Lernende erfolgreich bzw.
    • Entscheiden: Die beteiligten Personen beraten mög-         warum sie erfolglos lernen, für die anschließende Förde-
    liche Maßnahmen und legen gemeinsam Ziele für den            rung wichtiger, als die Frage, was sie gelernt bzw. nicht
    weiteren Prozess fest, die in einen Förderplan oder eine     gelernt haben.
    Lernvereinbarung einmünden. Dabei ist darauf zu achten,      • Individuelle Lernvereinbarungen: In einer individuel-
    dass die Jugendlichen in dieser wichtigen Phase Haupt-       len Lernvereinbarung legen Lernende und Lehrkräfte ein
    akteure ihres Lernprozesses bleiben und die anderen          nächstes oder mehrere künftige Lernziele fest. Bei diesem
    Personen lediglich beratende Funktion haben.                 Verfahren sollten verschiedene Aspekte beachtet werden:
    • Überprüfen: Alle Beteiligten geben sich in regelmäßi-      Zum einen sollten nur wenige, möglichst kleine (zu
    gen Abständen gegenseitig eine Rückmeldung, inwieweit        bewältigende!) und konkrete Schritte vereinbart werden.
    und weshalb die gesetzten Ziele erreicht bzw. nicht          Sodann ist es wichtig, der Schülerin bzw. dem Schüler –
    erreicht wurden. Sie treffen gegebenenfalls weitere Ab-      sofern nötig – Unterstützung und Begleitung anzubieten
    sprachen und Vereinbarungen.                                 bzw. zu vermitteln, z. B. durch Lehrkräfte, Klassenkame-

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Individuelle Förderung am Gymnasium - Sicher zum Abitur Den eigenen Weg finden
raden, Eltern etc. Schließlich sollten alle Beteiligten kon-   individuell gefördert. So können in jedem Gymnasium
kretisieren, woran man erkennen und überprüfen kann,           Stunden für Fördern und Fordern eingerichtet werden, in
ob bzw. wie weit die gesetzten Ziele erreicht wurden.          denen Schülerinnen und Schüler ihre Schwächen behe-
Darüber hinaus überlegen sich alle „Vertragspartner“ einer     ben und ihre Stärken ausbauen. Darüber hinaus kann ein
solchen Vereinbarung, bis wann die vereinbarten Ziele          Gymnasium z. B. Akademietage anbieten oder besonders
erreicht sein sollen.                                          leistungsstarken Schülern die Möglichkeit eröffnen, den
                                                               Fachunterricht der nächst höheren Klassenstufe zu besu-
P r a k t i sc he U msetzu n g am G ym n as i u m              chen, an Wettbewerben teilzunehmen oder ein Schüler-
Je besser die Kinder gefördert werden, je strukturierter       studium zu beginnen.
sie arbeiten können und je wohler sie sich in einer Klasse
bzw. Lerngruppe fühlen, desto ertragreicher ist die Lernat-    Individuelle Förderung orientiert sich dabei immer an
mosphäre für alle und desto besser kann jedes einzelne         den einzelnen Interessen und Begabungen der Kin-
Kind sein jeweiliges Potential entfalten. Individuelle         der und Jugendlichen und ermöglicht ihnen mit Hilfe
Förderung kann in Schule und Unterricht auf zwei Wegen         verschiedener Unterstützungsangebote und unterschiedli-
erfolgen:                                                      cher Materialien die eigenen Lernwege. Entsprechend der
In Form von innerer Differenzierung erhalten die Schü-         Alters- und Klassenstufe der Schülerschaft werden dabei
lerinnen und Schüler auf der Grundlage der Diagnose            die folgenden strukturell unterschiedlichen Förderschwer-
differenzierte Aufgabenangebote und Materialien, die           punkte gesetzt:
ihren jeweiligen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Interessen
gerecht werden. Besonders in selbstständigen Arbeits-          > Gut ankommen am Gymnasium:             Unterstufe
und Übungsphasen sowie bei den Hausaufgaben bietet             > Den eigenen Weg finden:                Mittelstufe
sich eine solche innere Differenzierung an, die nach           > Sicher zum Abitur:                     Oberstufe
verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommen werden
kann, z. B. Aufgabenumfang, Anforderungsniveau, Inhalt         Übergeordnetes Ziel aller Maßnahmen ist, dass die Schü-
und Interesse, Lernweg und Zugangsweise usw.                   lerinnen und Schüler die Verantwortung für ihre eigenen
Bei der äußeren Differenzierung werden temporär homo-          Lernprozesse und die eigene Lernentwicklung überneh-
genere Lerngruppen gebildet oder einzelne Schülerinnen         men. Die folgenden Beispiele werden an Gymnasien
und Schüler durch außerunterrichtliche Maßnahmen               bereits umgesetzt und haben sich in der Praxis bewährt:

                                                                                                                           7
II. Umsetzungsbeispiele für das Gymnasium

           A . G u t an k o m m en i m G ym n a s i u m:              bei ihrer Selbstorganisation, bei der Erledigung ihrer
           U n terstu f e                                             Schulaufgaben oder bei der Vorbereitung von Klassenar-
           Vor dem Hintergrund steigender Übergangszahlen auf das     beiten.
           Gymnasium und größerer Heterogenität der Schülerin-
           nen und Schüler im Hinblick auf ihr Leistungspotential     Die betreuende Lehrkraft entwickelt für jeden einzelnen
           beim Eintritt in das Gymnasium ist gerade am Beginn der    Jugendlichen Aufgaben oder ein ganzes Lernprogramm,
           Gymnasialzeit individuelle Förderung besonders wichtig.    durch dessen Bearbeitung der Schüler bzw. die Schülerin
           Dies gilt umso mehr deshalb, weil die Kinder in der        das eigene Lernen und die Selbstorganisation verbessert.
           Regel von verschiedenen Grundschulen kommen und in         Es bietet sich an, Gruppen durch äußere Differenzierung
           einem neuen Klassenverband zusammengefasst werden.         nach Schwächenschwerpunkten zu bilden, sodass z. B.
                                                                      in der einen das Lernverhalten, in einer anderen die
           Int ens i vi er ungs s t unden                             systematische Betreuung bei der Erledigung von Haus-
           Die Stundentafel des Gymnasiums sieht den Einsatz von      bzw. Schulaufgaben und in einer weiteren Mängel im
           derzeit insgesamt sechs Poolstunden für Maßnahmen zur      sprachlichen Bereich (Kinder mit Migrationshintergrund)
           individuellen Förderung vor. Sogenannte Intensivierungs-   im Mittelpunkt stehen.
           stunden werden insbesondere in den Fremdsprachen           Hilfreich ist in jedem Fall der regelmäßige Austausch mit
           ab dem zweiten Lernjahr eingesetzt. Sie ermöglichen        den Eltern über die Fortschritte ihres Kindes.
           eine gezielte und variable Förderung unterschiedlicher
           Leistungsgruppen.                                          B u d d y s y s te m
           In Randstunden oder an Nachmittagen können Fachlehr-       Sozial engagierte und fachlich fähige Schülerinnen und
           kräfte z. B. für unterschiedliche Zeiträume mit ausge-     Schüler der Klassen 9 oder 10 unterstützen jeweils ein
           wählten Lerngruppen unterschiedlicher Größe Lernge-        Kind der Klassen 5 oder 6 mit zusätzlichem Unterstüt-
           genstände wiederholen, vertiefen oder auch über den        zungsbedarf: Das ist der Grundgedanke im sog. Buddy-
           Unterricht hinausgehende Themen und kleine Projekte        System. Unterstützt werden Schülerinnen und Schüler,
           verfolgen. Die Angebote können für leistungsschwächere     die sich noch nicht gut selbst organisieren können, in
           sowie leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler maßge-    ihrer Klasse nur unzureichend integriert oder zur Probe
           schneidert werden. Es hat sich bewährt, die Eltern schon   versetzt sind, eine Klassenstufe wiederholen oder aus
           zu Schuljahresbeginn eine Einverständniserklärung für      einem anderen Sprach- und Kulturkreis kommen. Eine
           solche Unterrichtsmodelle unterschreiben zu lassen.        Lehrkraft ist für die Gewinnung und Begleitung der Bud-
                                                                      dys sowie die Organisation der Buddy-Tandems verant-
           Indi vi dual i s i er ungs s ys t em                       wortlich. Sie dient als Ansprechpartner für die Klassen-
           Im sog. Individualisierungssystem werden Schülerinnen      leitung in den Klassen 5 und 6 und wird von diesen im
           und Schüler in Kleingruppen z. B. der Klassen 5 und 6      Rahmen der Lernbegleitung über den erforderlichen
           an einem Nachmittag durch Lehrkräfte zu einem sachori-     Bedarf informiert.
           entierten Lern- und Arbeitsverhalten angeleitet oder bei   Die Zielsetzung der Buddy-Tandems richtet sich nach
           der Anfertigung von Haus- bzw. Schulaufgaben individu-     dem jeweiligen Unterstützungsbedarf: Die Schülerinnen
           ell unterstützt.                                           und Schüler lernen z. B. geeignete Planungsinstrumente
           Nach den ersten Schulwochen können Klassenlehrer-          zu verwenden, ihr Zeitmanagement zu verbessern sowie
           teams in Absprache mit Fachlehrkräften erste Eindrücke     Hausaufgaben regelmäßig aufzuschreiben und zu erle-
           aus ihren Klassen austauschen und Schülerinnen und         digen. Darüber hinaus erhalten sie eine feste Ansprech-
           Schüler mit Unterstützungsbedarf an die betreuenden        person und werden ggf. dabei unterstützt, Anschluss
           Lehrkräfte melden. Die teilnehmenden Schülerinnen und      zu finden und in Konfliktsituationen angemessen zu
           Schüler erhalten über ein ganzes Halbjahr Unterstützung    reagieren.

       8
Die Buddys werden von einer für das Buddy-System           Teil von der erfolgreichen Begleitung der nachfragenden
verantwortlichen Lehrkraft auf Grundlage von Kollegen-     Schülerinnen und Schüler ab. Diese müssen in der Lage
empfehlung oder/und Initiativbewerbung gewonnen            sein, ihre Fragen und/oder Schwierigkeiten mit dem Un-
und während ihrer Tätigkeit an der Schule fortlaufend      terrichtsstoff zu beschreiben. Vor allem müssen sie daran
begleitet. Zusätzlich werden sie z. B. durch Schülermen-   gewöhnt werden, nicht erst im unmittelbaren Vorfeld von
toren-Seminare fortgebildet und können ggf. über das       Klassenarbeiten oder Tests um Unterstützung nachzusu-
Jugendbegleiterprogramm finanziert werden.                 chen.
                                                           Schülerinnen und Schüler, die bei einer erneuten Nicht-
B. De n eigenen Weg fi n den : Mittelstu f e               versetzung das Gymnasium verlassen müssten oder sol-
Durch die Wahl des jeweiligen Profils am Ende der          che, die nach ihrem aktuellen Notenbild besonders stark
Klasse 7 werden zu Beginn der Mittelstufe neue Klassen     von einer Nichtversetzung bedroht sind, werden durch
am Gymnasium gebildet. Dieser Umstand und das Pu-          Mentorinnen bzw. Mentoren betreut. Die Auswahl dieser
bertätsalter der Kinder und Jugendlichen bedeuten neue     Schülerinnen und Schüler erfolgt jeweils zu Beginn eines
Herausforderungen und weitergehende Maßnahmen der          Halbjahres. Deren regelmäßige Teilnahme ist danach
individuellen Förderung.                                   verbindlich. Die Zustimmung der Eltern ist erforderlich.
                                                           Die vorhandenen Praxisbeispiele haben insgesamt
Sch ü l er spr e chst unden                                gezeigt, dass Lern- und Arbeitstechniken sowie die Orga-
In Kernfächern und Naturwissenschaften ist z. B. an        nisation von Lernprozessen entscheidend zum individu-
einem festgesetzten Wochentag eine Sprechstunde bei        ellen Erfolg beitragen. Ebenso wichtig sind die Änderung
Fachlehrkräften eingerichtet. Diese können – bei ent-      der Arbeitshaltung und die Verhinderung einer Abwärts-
sprechender Nachfrage – ältere Schülerinnen und Schüler    spirale.
(finanziert z. B. aus dem Jugendbegleiterprogramm) als     In Lerngruppen erhalten Betroffene z. B. die Möglichkeit,
Assistenten hinzuziehen.                                   miteinander zu üben, Hausaufgaben zu erledigen, ver-
Die Sprechstunden können von Schülerinnen und Schü-        säumten Unterrichtsstoff nachzuarbeiten, strukturiertes
lern aller Klassen- und Jahrgangsstufen besucht werden,    Arbeiten zu erlernen oder eine der parallel angebotenen
sofern sie individueller Hilfestellungen oder Anregungen   Sprechstunden zu besuchen. Bei Bedarf wird auch die
zum Unterrichtsstoff bedürfen.                             Anmeldung und Vorbereitung auf die Schulfremdenprü-
Die Wirksamkeit dieser Maßnahme hängt zu einem guten       fungen der Haupt- oder Realschule organisiert.

                                                                                                                       9
II . Um setzu n g sbe i s pi ele f ü r d a s Gy mn a s iu m

     S om m er s c hul angebot e                                  C . Sic h e r z u m A b i t u r : O b e r s t u f e
     Ziel der Sommerschulangebote an Gymnasien ist, den           Individuelle Förderung in der Oberstufe verfolgt zum
     Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 7-10 die         einen die Aufgabe, besonders in den Kernfächern
     Gelegenheit zu geben, während einer z. B. einwöchigen        Fachkompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu
     Veranstaltung am Anfang oder Schluss der Sommerferien        sichern bzw. zu vertiefen sowie vorhandene Defizite in
     Stofflücken zu schließen und Selbstvertrauen für einen       den Lernvoraussetzungen für das Abitur möglichst schon
     guten Start ins neue Schuljahr aufzubauen. Besonders         in der Qualifikationsphase auszugleichen. Zum anderen
     nachgefragt sind die Fachbereiche Mathematik, die            sollen Maßnahmen der individuellen Förderung auch
     Fremdsprachen sowie die Naturwissenschaften.                 dazu dienen, vorhandene Begabungen im Hinblick auf
     In Sommerschulangeboten finden z. B. insgesamt 20            den Ausbildungsweg nach dem Abitur frühzeitig weiter-
     Unterrichtsstunden in unterschiedlichen Fächern statt.       zuentwickeln.
     Die Schülerinnen und Schüler wählen jeweils ein Fach
     und werden von Lehramtsstudierenden höherer Semester         U n te rs tü tz u n g s s y s te me
     unterrichtet, die damit ihrerseits Unterrichtserfahrungen    In den Klassenstufen 10 bis 12 kann von Lehrkräften ein
     auch über das Praxissemester hinaus erweitern können.        Unterstützungssystem angeboten werden, das – in Klein-
     Aufgrund ihres Fach- und Überblickswissens sowie ihrer       gruppen organisiert – nach Fächern differenziert gestaltet
     methodischen Kenntnisse sind diese Lehramtsstudie-           wird. Diese Individualbetreuung wird von Schülerinnen
     renden in der Lage, heterogene Kleingruppen (max.            und Schülern freiwillig genutzt, d. h. die Lernenden in
     8 Lernende pro Lerngruppe) sach- und fachkundig zu           Klasse 11 und 12 entscheiden selbst, ob sie das Unterstüt-
     betreuen. Ggf. können auch Referendarinnen und               zungssystem in Anspruch nehmen wollen. Wichtig ist,
     Referendare eingesetzt werden.                               dass diese Förderung unmittelbar nach Schuljahresanfang
                                                                  beginnt, damit möglichst wenig Zeit in der Oberstufe
     Indi vi duel l e L er nz ei t                                verloren geht. Der Beitritt zum Unterstützungssystem ist
     Individuelle Lernzeit ist eine Stunde, in der Schülerinnen   jederzeit möglich und wird engmaschig zwischen Fach-
     und Schüler einer Klassenstufe verschiedene Fachlehr-        lehrkräften und Unterstützungsverantwortlichen kom-
     kräfte aufsuchen können, um spezifische individuelle         muniziert. Schwerpunkte der Betreuung sind Stofflücken
     Hilfestellungen und Anregungen zum Unterrichtsstoff zu       und/oder auftretende Probleme mit dem Unterrichtsstoff.
     erhalten. Ferner können auch Schulaufgaben selbstständig     In der Oberstufe werden hauptsächlich Mathematik und
     erledigt, Vokabeln gelernt und/oder Lernstrategien er-       Physik angeboten.
     worben werden. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten
     in dieser Stunde selbstständig an Projekten, langfristig     A u s l a n d s a u f e n th a l te
     gestellten Schulaufgaben oder in Freiarbeit an bereit        Auslandsaufenthalte schon während der Schulzeit stellen
     gestellten Freiarbeitsmaterialien.                           eine Investition in die eigene Zukunft dar. So dient ein
     In der Kontingentstundentafel der Mittelstufe kann z. B.     solcher Aufenthalt, der sich meist in einem Zeitraum von
     eine Poolstunde pro Klasse als Individuelle Lernzeit         etwa 2 Monaten bis zu einem Jahr bewegt, nicht nur dem
     ausgewiesen werden. Die Poolstunde z. B. der Klassen-        primären Ziel des Spracherwerbs. Vielmehr wird durch
     stufe 8 wird dabei vormittags in den Wochenstundenplan       die damit verbundene Horizonterweiterung und die
     integriert.                                                  Notwendigkeit der verstärkten Selbstorganisation die ge-
                                                                  samte Persönlichkeit der Jugendlichen weiterentwickelt.
                                                                  Zugleich wird die Eigenverantwortlichkeit gestärkt, was
                                                                  als ideale Vorbereitung auf das Kurssystem angesehen
                                                                  werden kann.

10
Um die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen eines            der Region, den Hochschulen, dem Berufsinformations-
Auslandsaufenthaltes möglichst vielen Lernenden näher       zentrum und Ehemaligen zu schaffen.
zu bringen, kann ein Netzwerk aus Schülerschaft und         Für die Vorbereitung der Wahl des Studienfachs und des
Lehrkräften aufgebaut werden, die über entsprechende        Berufsziels gibt es an vielen Gymnasien eine Vielzahl
Auslandserfahrungen verfügen. Darüber hinaus können         von Veranstaltungen, die auf Nachhaltigkeit bedacht und
Infoveranstaltungen oder Einzelberatungen stattfinden,      aufeinander aufgebaut sind und z. B. in einem „Quali-
um interessierte Lernende und deren Eltern bei ihrem        pass“ für jede Schülerin und jeden Schüler dokumentiert
Entscheidungsprozess zu begleiten.                          werden. In der Oberstufe sind folgende Veranstaltungen
Schülerinnen und Schüler, die von ihrem Auslandsaufent-     besonders erfolgreich:
halt zurückgekehrt sind, können später im Rahmen eines      • Schülerakademie: Besonders engagierte Schülerinnen
Patensystems für ausländische Gastschüler als Betreuer      und Schüler suchen sich handlungsorientierte Projekte
an der Schule eingesetzt werden. So stellen sie ihre neu    z. B. an drei unterschiedlichen Tagen bei ca. 5 verschie-
gewonnenen kulturellen und sprachlichen Fähigkeiten         denen Unternehmen aus. Im Rahmen dieser Projekte
der Schulgemeinschaft zur Verfügung.                        können sie ein tieferes Verständnis für betriebswirtschaft-
                                                            liche und technische Problemstellungen entwickeln.
Beru fsber a t ung                                          Die Schülerinnen und Schüler müssen sich mit einem
Veranstaltungen zur Studien- und Berufsorientierung         Motivationsschreiben bei den Betrieben bzw. Instituti-
können auf unterschiedliche Weise einen Beitrag zur         onen bewerben und ihre Erfahrungen später geeignet
individuellen Förderung leisten. Vorrangig dienen sie der   dokumentieren. Alternativ müssen sie einen Präsentati-
Entscheidungsfindung über den eigenen Weg nach Be-          onsabend für die Öffentlichkeit organisieren.
endigung der Schulzeit. Sie geben Einblicke in berufliche   • Schule trifft Wirtschaft: Im Rahmen einer für die Schü-
Möglichkeiten und fördern Selbstständigkeit und Eigen-      lerinnen und Schüler einer Jahrgangsstufe verpflichten-
verantwortung. Zugleich können sie auch die Motivation      den Veranstaltung werden in einem Betrieb der Region
für die schulische Arbeit steigern, indem die Schülerin-    Standortfragen, Fragen zu Globalisierung, Konjunktur,
nen und Schüler mit den Anforderungen der Arbeitswelt       Arbeitsrecht etc. diskutiert; eine Betriebsbesichtigung
konfrontiert werden und sich entsprechende Ziele setzen.    sowie Gespräche mit Beschäftigten sind eingeschlossen,
In diesem Zusammenhang hat es sich bewährt, ein dich-       so dass Kenntnisse über unterschiedliche Berufs- und
tes Netzwerk zwischen der Schule und den Unternehmen        Studienwege sowie Ausbildungsberufe erworben werden.

                                                                                                                          11
II . Um setzu n g sbe i s pi ele f ü r d a s Gy mn a s iu m

     • Berufsinfoabend: Ehemalige einer Schule veranstalten      steht die Verbindung von Theorie und Praxis insofern als
     an einem Abend Workshops zu verschiedenen Studien-          den Schülerinnen und Schülern der Weg von der Idee
     gängen und Berufsbildern. Dabei ist die Doppelbeset-        zum technischen Produkt vor Augen geführt werden soll.
     zung mit einem Studenten und einer Person aus der
     beruflichen Praxis (z. B. Medizinstudent und Arzt) beson-   Die SIA will also eine umfassende Berufsorientierung für
     ders sinnvoll. In einem anderen Modell führen Mitarbei-     technische Berufsbilder ermöglichen und detaillierte Ein-
     terinnen und Mitarbeiter verschiedener Unternehmen          blicke in das Ingenieursstudium geben. Bereits im Jahr
     der Region ein- oder zweitägige Veranstaltungen für den     2000 in Heidenheim gegründet, konnte die SIA in Baden-
     gesamten Jahrgang durch. Dabei muss jede Schülerin und      Württemberg mittlerweile flächendeckend eingeführt
     jeder Schüler einen theoretischen Teil und zwei Work-       und die Zahl der beteiligten Gymnasien deutlich erhöht
     shops oder ein Assessment-Center durchlaufen. Wird          werden. Innerhalb des Gymnasiums ist es unter bestimm-
     dieses Modell in den Betrieben selbst durchgeführt, hat     ten Voraussetzungen auch möglich, die Teilnahme an der
     sich das ganz besonders bewährt.                            SIA im Rahmen eines Seminarfaches anrechnen zu lassen.

     S c hül er- I ngeni eur- A kadem i e ( SI A)                S c h ü l e rs tu d i u m
     Die „Schüler-Ingenieur-Akademie“ (SIA) steht für ein        Das Schülerstudium ist ein zusätzliches Bildungsange-
     Kooperations- und Vernetzungsmodell zwischen Schule,        bot für besonders begabte Schülerinnen und Schüler.
     Hochschule und Wirtschaft. Ihr vorrangiges Ziel besteht     Teilnahmeberechtigt sind grundsätzlich nur Gymnasi-
     darin, den Berufs- und Studienwahlprozess zu unterstüt-     astinnen und Gymnasiasten mit sehr guten schulischen
     zen sowie die Attraktivität des Studiums von Mathematik,    Leistungen. Schüler-Studierende werden an der Univer-
     Informatik, Naturwissenschaften und Technik zu fördern.     sität nicht immatrikuliert. Sie bleiben Schüler, für die
     Besonders soll das Interesse an einem Ingenieurstudium      grundsätzlich gilt: Schule geht vor! Gleichwohl stellt die
     gesteigert werden. In praktischen sowie theoretischen       Schule die Schüler-Studierenden für den Besuch der
     Übungen und Projekten werden innerhalb der SIA fach-        Hochschule vom Unterricht frei; der Unterricht findet
     übergreifende Themen aus den Bereichen Maschinenbau,        für sie lediglich an einem anderen Ort statt. Den an der
     Elektronik bzw. Elektrotechnik, Mechatronik, Energie-       Schule versäumten Unterrichtsstoff holen die Schüler-
     technik, Sensorik, Informationstechnik und Betriebswirt-    studenten selbstständig und eigenverantwortlich nach,
     schaftslehre bearbeitet mit dem Ziel, die teilnehmenden     damit das schulische Leistungsniveau erhalten werden
     Lernenden speziell für diese Gebiete zu interessieren.      kann. Im Gegenzug erhalten sie schon während der
     Des Weiteren sollen selbstständiges Lernen gefördert und    Schulzeit die Gelegenheit zu prüfen, ob ein bestimmtes
     Schlüsselqualifikationen weiterentwickelt werden.           Studienfach die richtige Ausbildungsentscheidung für sie
     Über diese fachspezifischen Aspekte hinaus verfolgt die     sein kann. Darüber hinaus arbeiten sie schon frühzeitig
     SIA grundsätzliche Ziele, die zu wissenschaftlichem Ar-     auf Hochschulniveau und erhalten durch die Teilnahme
     beiten gehören. Dazu zählen die Vertiefung von Kennt-       an regulären Hochschulveranstaltungen (z. B. Vorlesun-
     nissen im Umgang mit modernen Massenmedien, das             gen, Übungen, Seminaren) und „echten“ Prüfungen mit
     Methodentraining bei Projektarbeit, die wissenschaftliche   Leistungsnachweisen („Scheinen“) Einblicke in die Welt
     Dokumentation und deren Präsentation. Diese Berei-          von Forschung und Lehre. Bei Gleichwertigkeit können
     che bilden einen weiteren wesentlichen Bestandteil der      ihre Prüfungsergebnisse in einem späterem Studium
     Arbeit in einer Schüler-Ingenieur-Akademie. Im Zentrum      anerkannt werden.

12
III. Perspektiven
Die zahlreichen und vielfältigen Beispiele aus der Praxis   auch in der Tiefe. Das Gymnasium gibt jedem Lernenden
der Gymnasien zeigen, dass die individuelle Förderung       durchgängig Raum, Begabungen und Persönlichkeit zu
die gesamte Bildungsbiographie der Schülerinnen und         entwickeln. Die Schülerinnen und Schüler werden in
Schüler von der 5. Klasse bis zum Abitur im Blick hat.      umfangreichen fachlichen, methodischen, sozialen und
Das Gymnasium begleitet die Lernentwicklung seiner          personalen Kompetenzen gestärkt und auf diese Weise
Schülerinnen und Schüler vom Kind über den Jugendli-        zu eigenverantwortlichem, selbstständigem und lebens-
chen bis zum jungen Erwachsenen.                            langem Lernen befähigt – besonders auch in abstraktem
                                                            und problemlösendem Denken gefördert.
Das Gymnasium zeichnet sich durch eine Vertrauens-
und Wertschätzungskultur und durch klare Reflexions-        Der Gedanke einer solchen kontinuierlichen, ganzheit-
und Kommunikationsstrukturen aus. Schülerschaft und         lichen und umfassenden Bildung folgt dem Humboldt-
Lehrkräfte begegnen sich in gegenseitigem Vertrauen.        schen Bildungsideal: Als Antwort auf die Vielfalt von
Auf dieser Grundlage orientiert sich das Gymnasium an       Begabungen, Fähigkeiten und Interessen, die die Schüle-
den Bedürfnissen und Potenzialen der Schülerinnen und       rinnen und Schüler zu Beginn der Klasse 5 mitbringen
Schüler, wobei es Leistungsbereitschaft und Leistungs-      und die es zu entdecken gilt, hält das Gymnasium eine
vermögen bei ihnen voraussetzt. Es nutzt diagnostische      Vielfalt von unterschiedlichen Bildungs- und Förderange-
Daten zur Lernförderung und unterstützt die individuelle    boten vor, mit deren Hilfe Kinder und Jugendliche ihre
Lernentwicklung der Heranwachsenden durch einen             vorhandenen Talente weiter entfalten können. So kann
durchgehend differenzierenden, Heterogenität bejahen-       das Gymnasium einen wesentlichen Beitrag dazu leisten,
den pädagogischen Ansatz. Wichtig sind dabei die Balan-     junge Menschen zu selbstständigen, kritikfähigen, mündi-
ce von Lehr- und Lernprozessen und die hohe Qualität        gen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten heranrei-
der fachlichen Durchdringung sowohl in der Breite als       fen zu lassen und auf Studium und Beruf vorzubereiten.

                                                                                                                       13
IV. Auswahlliteratur
            Sebastian Boller / Ramona Lau (Hrsg.): Innere Differenzierung in der Sekundarstufe II.
            Ein Praxishandbuch für Lehrer/innen, Weinheim und Basel 2010 (Beltz)

            Liane Paradies / Hans-Jürgen Linser / Johannes Greving:
            Diagnostizieren, Fordern und Fördern, Berlin 2007 (Cornelsen Scriptor)

            Ingvelde Scholz: Das heterogene Klassenzimmer. Differenziert unterrichten,
            Göttingen 2012 (Vandenhoeck & Ruprecht)

V. Autoren
            Ko n ze p ti o n u n d L e i tu n g :
            Kultusministerium
            Frau MR‘in Claudia Stuhrmann
            Herr StD Karsten Rechentin

            A u to ren :
            Frau StD‘in Claudia Mack (Freihof-Gymnasium Göppingen)
            Herr OStD Hans Oberhollenzer (Lise-Meitner-Gymnasium Böblingen)
            Herr StD Karsten Rechentin (Kultusministerium)
            Herr OStD Friedemann Schlumberger (Graf-Eberhard-Gymnasium Bad Urach)
            Frau StD‘in Ingvelde Scholz (Friedrich-Schiller-Gymnasium Marbach)
            Frau MR‘in Claudia Stuhrmann (Kultusministerium)

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Impressum
He r a u s g e b e r:                            Nachbestellungen sind per E-Mail (oeffentlichkeitsarbeit@km.kv.bwl.de)
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport         oder Fax (0711 279-2838) möglich.
Baden-Württemberg
Postfach 10 34 42, 70029 Stuttgart               Wa h lwer b ungsverb ot:
Telefax 0711 279-2838                            „Diese Informationsschrift wird vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-
E-Mail: pressestelle@km.kv.bwl.de                Württemberg im Rahmen seiner verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung
                                                 der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandi-
Bi l d u n g s t h e m e n im Int e rne t:       datinnen, Kandidaten oder Helferinnen und Helfern während eines Wahlkampfes zum
www.kultusportal.de                              Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich
                                                 ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der
R e d ak ti o n :                                Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informatio-
Karsten Rechentin, Claudia Stuhrmann             nen oder Werbemittel. Untersagt ist auch, die Broschüre an Dritte zur Verwendung bei
                                                 der Wahlwerbung weiterzugeben. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehen-
G e s ta lt u n g :                              den Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als
P.ART Design                                     Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden
www.part-stuttgart.de                            werden könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann, auf welchem
                                                 Weg und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist.
D r u ck:                                        Es ist den Parteien jedoch erlaubt, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer
Schwäbische Druckerei GmbH                       Mitglieder zu verwenden.“
www.schwaebischedruckerei.de

Fotos:
Thinkstock, Robert Thiele (Stuttgart), fotolia

A u fl a g e :
3.000 Stück

Juli 2014

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