Individuelle Förderung in der Realschule - Kultusministerium
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AB O N N IE RE N S IE D IE INF OD IE N STE A bonnie DE S K ULT US MINISTrEeRIUM n SieS !d ie i nfod ienS te d eS K ultuS m iniS ter ium S ! i n fo d ie nS t Aktuell informiert sein über infod ienS t Aktuell informiert sein über e lt e r n bildungspolitische Themen, K ind er gArten bildungspolitische Themen, > Zielgruppe eltern Veranstaltungen, Fortbildun- > Zielgruppe Veranstaltungen, Fortbildun- gen und Wettbewerbe mit erzieherinnen gen und Wettbewerbe mit den Newslettern des Kultus- und erzieher den Newslettern des Kultus- ministeriums. ministeriums. Nähere Infos unter Nähere Infos unter www.km-bw.de/ www.km-bw.de/ www.km-bw.de/ Infodienst+Eltern infodienst+eltern infodienst+Kindergarten i n fo d ie nS t Aktuell informiert sein über SchulnewS online Aktuell informiert sein über S c hu l e bildungspolitische Themen, in Zusammenarbeit bildungspolitische Themen, > Zielgruppe Veranstaltungen, Fortbildun- mit dem LSBR Veranstaltungen, Aktionen I MP R E S S U M lehrkräfte gen und Wettbewerbe mit und Wettbewerbe sowie > Zielgruppe Herausgeber: den Newslettern des Kultus- Neues aus dem Landes- Schülerinnen Ministerium für Kultus, Jugendschülerbeirat und Sport (LSBR). ministeriums. und Schüler Nähere Infos unter Baden-Württemberg Nähere Infos unter www.km-bw.de/ www.km-bw.de/ Postfach 10 34 42, 70029 Stuttgart www.km-bw.de/ Infodienst+Schule infodienst+Schule Fax 0711 279 2550 Schulnews+online in f o dienSt e de S K u lt uS m iniS t e r iumS ! www.km-bw.de Redaktion: Petra Conrad, Yvonne Lenz, Nadine Emmerling ein über i n fo d ie nS t Aktuell informiert sein über Beteiligte Realschulen: Themen, K i n der gA rt e n bildungspolitische Themen, Realschule Am Salinensee Bad Dürrheim ortbildun- Infodienste-KuMi-1/2-A4.indd 1 > Zielgruppe Veranstaltungen, Fortbildun- Carl-Netter-Realschule Bühl 24.0 erbe mit erzieherinnen gen und Wettbewerbe mit Realschule Ehingen es Kultus- und erzieher den Newslettern des Kultus- ministeriums. Markgrafen-Grund- und Realschule Emmendingen Realschule Erolzheim Nähere Infos unter www.km-bw.de/ www.km-bw.de/ Anne-Frank-Realschule Ettlingen Infodienst+Kindergarten infodienst+Kindergarten Gustav-Mesmer-Realschule Münsingen Matern-Feuerbacher-Realschule Großbottwar Mörike-Realschule Heilbronn Realschule Rottweil Schloss-Realschule Stuttgart ein über SchulnewS online Aktuell informiert sein über Realschule Weingarten Themen, in Zusammenarbeit bildungspolitische Themen, Bertha-Benz-Realschule Wiesloch ortbildun- mit dem LSBR Veranstaltungen, Aktionen erbe mit und Wettbewerbe sowie Fotos: Robert Thiele > Zielgruppe es Kultus- Neues aus dem Landes- Schülerinnen Layout: Ilona Hirth Grafik Design GmbH schülerbeirat (LSBR). und Schüler Nähere Infos unter Druck: Bechtel Druck GmbH & Co. KG, www.km-bw.de/ www.km-bw.de/ Ebersbach/Fils SchulNews+Online Schulnews+online Auflage: 4500 Stück Dezember 2018 24.08.18 15:43 2
GRUSSWORT Grußwort Sehr geehrte Schulleitungen, sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer an Realschulen, es freut mich sehr, Ihnen mit der vorliegenden Handreichung zum The- ma „Individuelle Förderung in der Realschule“ eine Orientierung ge- ben zu können, wie gelingendes Lernen und Lehren in der Realschule angelegt werden kann. Das Konzept zur Stärkung der Realschule wird im Schuljahr 2018/2019 in den Klassenstufen 5, 6, 7 und 8 umgesetzt und wächst sukzessive nach oben. Es ermöglicht den Realschulen, flexibler auf eine zunehmend heterogene Schülerschaft zu reagieren. Mit den zusätzlichen Poolstunden, die wir den Realschulen zur Ver- fügung gestellt haben, wurden Konzepte zur individuellen Förderung aller Schülerinnen und Schüler erstellt, die in den nächsten Jahren weiterentwickelt und optimiert werden sollen. Die Handreichung zeigt auf, wie die Poolstunden eingesetzt werden können, um leistungsschwache wie auch leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler passgenau zu fördern. Ab dem Schuljahr 2019/2020 wird es erstmalig an den Realschulen am Ende von Klassenstufe 9 möglich sein, den Hauptschulabschluss abzulegen. Hierauf sollen die Schülerinnen und Schüler, die auf dem grundlegen- den Niveau lernen, gezielt vorbereitet werden. Zudem soll das individuelle Lernen auf dem mittleren Niveau intelligent angelegt und der Blick auf den Realschulabschluss am Ende von Klassenstufe 10 gerichtet werden. Die Handreichung beschreibt kompakt die aktuellen fachdidaktischen und lerntheoretischen Erkenntnisse der individuellen Förderung inklusive der Tiefenstrukturen des Unterrichts: Individuelle Förderung beinhal- tet die kognitive Aktivierung durch eine entsprechende Aufgabenkultur, die systematische Konzeption des Unterrichts, wertschätzende und individuelle Lernrückmeldung sowie die Struktur der Schule insgesamt. Außerdem weist die Handreichung eine hohe Praxisorientierung auf, die mit wissenschaftlichen Erkenntnis- sen verknüpft ist. Die Beispiele in der Handreichung stammen aus verschiedenen Realschulen in Baden-Würt- temberg. Zusammen mit den theoretischen Grundlagen sollen sie Impulse setzen und Gespräche in den Kollegien der Realschulen im Land Baden-Württemberg anregen, um schulische Qualitätsentwicklungs- prozesse voranzutreiben. Ich danke den Realschulen, die Einblicke in ihre Konzepte ermöglichen und so zur qualitätsvollen Umset- zung des Realschulkonzepts beitragen. Dr. Susanne Eisenmann Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg 3
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S Inhalt 1 VO RBEM ERKU N G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2 I N DI VI DU ELLE FÖ RDERU N G L E I ST U N G S S C H WÄC H E R E R U N D LEI STU N G SSTÄRKERER SC H Ü L E R I N N E N U N D S C H Ü L E R I N D E R R E A L S C H U L E . . . . . . . . . . . 6 3 I N DI VI DU ELLE FÖ RDERU N G – V I E R E B E N E N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.1 Schulstruktur und Unterrichtsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.1.1 Unterricht in der Orientierungsstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.1.2 Unterricht in den Klassenstufen 7 bis 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.1.3 Unterricht in den Abschlussklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.2 Aufgaben: Funktionen und Möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3.2.1 Selbstdifferenzierende Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2.2 Gestaffelte Hilfen – Scaffolding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3 Unterrichtsplanung und Unterrichtskonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.1 Kompetenzentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.3.2 Unterrichtskonzepte und individuelle Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3.4 Unterrichtsbegleitung und Leistungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.4.1 Lern- und Leistungsrückmeldung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.4.2 Pädagogische Diagnostik und Leistungsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4 O RG AN I SATI O N SFO RM EN D E R I N D I V I D U E L L E N F Ö R D E R U N G . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.1 Verschiedene Möglichkeiten – ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.2 Organisationsformen in der Klassenstufe 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.3 Praxisbeispiele verschiedener Realschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.3.1 Carl-Netter-Realschule Bühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4.3.2 Realschule Ehingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.3.3 Realschule Erolzheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.3.4 Anne-Frank-Realschule Ettlingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.3.5 Matern-Feuerbacher-Realschule Großbottwar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.3.6 Mörike-Realschule Heilbronn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 4.3.7 Realschule Rottweil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4.3.8 Realschule Weingarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 4.3.9 Bertha-Benz-Realschule Wiesloch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 5 LI N K ZU W EI TERFÜ HREN DE N MAT E R I A L I E N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6 LI TERATU RVERZEI CHN I S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 4
VO R B E M E R K U N G 1 Vorbemerkung Eine grundlegend gute Qualität von Unterricht ist geeigneten Methoden, Medien und Materialien, ein- Voraussetzung für einen anspruchsvollen Umgang gebunden in ein lernförderliches Unterrichtsklima, mit Heterogenität. Die Verringerung von Chancen- gehört seit jeher dazu, wenn Schülerinnen und ungleichheiten, eine wertschätzende Lernatmosphä- Schüler eigene Lernprozesse angehen und individu- re und ein hoher individueller Lernzuwachs sind elle Lernwege beschreiten.1 Ziele, die sich aus einem Umgang mit Heterogenität „Individuelle Förderung“ wird dem Begriff der „In- ergeben. dividualisierung“ im Folgenden vorgezogen, da der Die zentrale Frage ist, wie Unterricht gestaltet wer- Fokus in der Realschule auf der Arbeit in Klassen den muss, damit er besonders wirksam für das Ler- bzw. Gruppen liegt. Individuelle Förderung soll nen aller Schülerinnen und Schüler an der Real- nicht als methodisches Prinzip, bei dem immer je- schule ist. John Hatties Synthese von über 800 dem Kind ein passgenaues Angebot präsentiert Meta-Analysen über Lernwirksamkeit zeigt auch, wird, verstanden werden, sondern als pädagogische dass das Handeln der Lehrkraft und die Lehrkompe- Sichtweise. Diese Sichtweise hat die lernenden tenzen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Ein- Schülerinnen und Schüler in ihrer jeweils spezifi- mal mehr kommt es darauf an, dass Lehrkräfte nicht schen Situation und ihren Lernvoraussetzungen im nur über ein tieferes Verständnis von Unterrichtsin- Blick. Didaktisch betrachtet geht es nicht darum, halten verfügen, sondern vor allem die Lernprozesse dass jede Schülerin und jeder Schüler in jeder Schul- der Schülerinnen und Schüler in den Blick nehmen stunde eigens vorbereitetes Material bekommt, son- können. Die Fähigkeiten und Potenziale der Schüle- dern um einen an den Schülerinnen und Schülern rinnen und Schüler umfassend zu diagnostizieren orientierten Unterricht und eine zielgerichtete, fach- und den Unterricht aus Sicht der Lernenden sehen bezogene Kommunikation über den Unterrichts- zu können, bilden dabei unverzichtbare Vorausset- gegenstand2 unter Einbezug der verschiedenen zungen für ein erfolgreiches und nachhaltiges Ler- Niveaustufen. nen. Ein breitgefächertes Unterrichtsangebot mit 1 Vgl. Hattie, John (2017): Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning for Teachers“, Hohengehren/Baltmannsweiler: Schneider. 2 Vgl. Prediger, S./Schink, A.(2014): Verstehensgrundlagen aufarbeiten im Mathematikunterricht – fokussierte Förderung statt rein methodischer Individualisierung. In: PÄDAGOGIK. 66 Jg./Heft 5, S. 21–25. 5
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG 2 Individuelle Förderung leistungsschwächerer und leistungsstärkerer Schülerinnen und Schüler in der Realschule Das Konzept zur Stärkung der Realschule ermög- Um erfolgreiches Lernen zu initiieren und zu fördern, licht den Realschulen flexibler als bisher, auf die reicht es jedoch nicht allein, Unterrichtskonzeptio- Herausforderungen der zunehmend heterogenen nen, die Organisation des Unterrichts und den Einsatz Schülerschaft zu reagieren. Die den Realschulen zur der Poolstunden im Blick zu haben (Oberflächen- Verfügung gestellten Poolstunden eröffnen deutlich struktur). Ein unterstützendes, schülerinnen- und mehr Möglichkeiten, die Schülerinnen und Schüler schülerorientiertes, konstruktives Unterrichtsklima ist leistungsdifferenziert zu fördern und erfolgreich zu für die Überwindung von Lernschwierigkeiten not- einem Schulabschluss zu führen. Zur Umsetzung wendig. Verschiedene Studien haben deutlich ge- der Leistungsdifferenzierung soll die Zahl der Pool- macht, dass Unterrichtsqualität maßgeblich durch die stunden bis zum Schuljahr 2020/2021 auf 20 Stun- folgenden drei Tiefenstrukturen3 mitbestimmt wird: den je Zug erhöht werden. Die zusätzlichen Pool- stunden verhindern ein generelles Absenken des • Die kognitive Aktivierung der Schülerinnen und Niveaus der Realschule durch das Anpassen des Schüler beeinflusst die Verarbeitungstiefe. Dies Unterrichts an die leistungsschwächeren Schülerin- kann zum Beispiel durch problemorientierte und nen und Schüler. Die Poolstunden ermöglichen aber passgenaue Aufgabenstellungen erreicht werden. auch eine Förderung der leistungsstärkeren Schü- • Eine klar strukturierte und effektive Klassenfüh- lerinnen und Schüler und tragen so insgesamt zur rung stärkt das selbstverantwortliche Lernen. Unterrichtsqualität bei. Dies schließt die Anordnung von verschiedenen Aufgabenarten in unterschiedlichen Sozialfor- men innerhalb des Lernprozesses ein, damit eine U N TERRI CHTSQ UALI TÄT hohe aktive Lernzeit und eine zielgerichtete Nutzung des unterrichtlichen Angebots ermög- licht werden. • Ein unterstützendes, schülerinnen- und schüler- TI EFEN - orientiertes, konstruktives Unterrichtsklima STRU KTU R rückt eine wertschätzende Haltung in den Organisation kognitive Wissen Mittelpunkt. Mit Fehlern wird konstruktiv Aktivierung umgegangen und eine Stärkenorientierung steht Konzeption und Kompetenzen Inszenierung des effektive im Fokus. Passende Hilfen und klare Rückmel- Bildung Unterrichts Klassenführung dungen spielen ebenso eine wesentliche Rolle. Einsatz der konstruktive Poolstunden Unterstützung Diese drei Tiefenstrukturen sind nicht getrennt voneinander zu betrachten. Alle drei müssen glei- OBERFL ÄCHEN- STRUKTUR LERNEN chermaßen berücksichtigt werden, um eine hohe Unterrichtsqualität zu erreichen. Entscheidend ist, wie Lernen angelegt ist und welche Qualität die In- teraktion aller Beteiligten untereinander hat und Abbildung 1: Unterrichtsqualität: Oberflächen- wie die Interaktion zwischen den Lernenden und struktur und Tiefenstruktur dem Lerninhalt gelingt. 3 Vgl. Kunter, M./ Trautwein, U. (2013): Psychologie des Unterrichts. Paderborn: Schöningh. 6
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN 3 Individuelle Förderung – vier Ebenen Die drei Tiefenstrukturen von Unterricht können fremdsprache und in den Naturwissenschaften – auf verschiedenen Ebenen im System Schule wirk- kann zur Stärkung der Basiskompetenzen beitragen. sam werden: Schulstruktur und Unterrichtsorgani- Weiterhin können die Poolstunden dazu genutzt sation, Aufgaben und ihre Funktionen und Möglich- werden, eine zusätzliche Lehrkraft in den oben ge- keiten, Unterrichtsplanung und Unterrichtskonzepte nannten Fächern einzusetzen. Team-Teaching oder sowie Unterrichtsbegleitung und Leistungsbewer- Tandemunterricht ermöglicht es, im binnendifferen- tung. Wie die individuelle Förderung jeweils ange- zierten Lernarrangement sowohl die schwächeren als legt werden kann, wird im Folgenden dargestellt. auch die stärkeren Schülerinnen und Schüler glei- chermaßen zu fördern und zu fordern. 3.1 Schulstruktur und Unterrichts- 3 . 1. 2 U N T E R R I C H T I N D E N K L AS S E N ST U F E N organisation 7 BIS 9 Nach der Orientierungsstufe wird anhand der No- 3. 1.1 UNTERRICH T I N DER O RI EN TI ERU N G S- ten entschieden, ob Schülerinnen und Schüler auf ST UFE dem zum Realschulabschluss führenden oder dem Die Leistungsbewertung orientiert sich ausschließ- zum Hauptschulabschluss führenden Niveau weiter- lich am mittleren Niveau. Die Poolstunden können lernen. Am Ende der Klassenstufen 7 und 8 wird hier zur äußeren Differenzierung, wie zum Beispiel erneut aufgrund der Noten entschieden, auf wel- zur Förderung leistungsschwächerer Schülerinnen chem Niveau die Schülerin bzw. der Schüler weiter- und Schüler bzw. besonders leistungsstarker Schü- lernt. Ein Wechsel der Niveaustufe ist auch zum lerinnen und Schüler („Deutsch Basis“; „Deutsch für Halbjahr möglich. leistungsstarke Schülerinnen und Schüler“ etc.), ein- gesetzt werden. Zusatzunterricht in Form von För- In den Klassenstufen 7 bis 9 können die Schülerin- derstunden bzw. Stunden im Lernband – vorrangig nen und Schüler binnendifferenziert in allen Fä- in den Fächern Mathematik, Deutsch, in der Pflicht- chern unterrichtet werden. Es ist ebenso denkbar, SCHUL- UNTERRICHTS- kognitive Aktivierung STRUKTUR / PLANUNG / ORGANISATION KONZEPTE effektive Klassenführung UNTERRICHTS- AUFGABEN- BEGLEITUNG EBENE UND konstruktive -BEWERTUNG Unterstützung Abbildung 2: Vier Ebenen der individuellen Förderung 7
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN KOMMUNIKATION AUFGABENSTELLER/IN AUFGABE AUFGABENLÖSER/IN ERWARTUNGEN RÜCKMELDUNG SELBSTEINSCHÄTZUNG Abbildung 3: Aufgaben als Kommunikationsinstrument die Poolstunden zur äußeren Differenzierung einzu- rufliches Gymnasium oder allgemein bildendes setzen. Dies ist in Gruppen innerhalb der Klassen Gymnasium erleichtert werden, indem besonders in oder in getrennten Klassen möglich. der Klassenstufe 10 ein adäquates Vertiefungsange- bot gemacht wird (z. B. „Mathematik intensiv“). Entscheidend ist, dass die Poolstunden ausschließ- lich für entsprechende Maßnahmen zur Differenzie- rung und Förderung eingesetzt werden können, die 3.2 Aufgaben: Funktionen und Möglich- sich auf die Fächer der Stundentafel beziehen (ins- keiten besondere für Deutsch, Mathematik, Pflichtfremd- sprache und die Naturwissenschaften). Aufgaben stellen eine Kommunikationsgrundlage zwischen der Lehrkraft und den Lernenden dar. Um den Übergang der Schülerinnen und Schüler Über Aufgaben werden die Erwartungen an die auf die beruflichen Gymnasien zu erleichtern, sollen Schülerinnen und Schüler formuliert und sie zeigen an den Realschulen ab Klassenstufe 8 auch Unter- an, welche Fähigkeiten entwickelt werden sollen richtsangebote für leistungsstärkere Schülerinnen und welches Niveau erwartet wird. Sie ermöglichen und Schüler auf dem erweiterten Niveau geschaffen Einblicke in Lernvoraussetzungen, den Lernstand, werden. Auch hierfür können die Poolstunden ver- gewählte Lernwege sowie Lernschwierigkeiten. Der wendet werden. Lehrkraft verhelfen sie zu einer Rückmeldung, in- wieweit Bildungsinhalte gelernt und Kompetenzen 3 . 1. 3 U N TERRI CHT I N DEN AB S C H L U S S- entwickelt wurden. Im besten Falle gelangen die K LASSEN Schülerinnen und Schüler über den Prozess der Auf- In den Klassenstufen 9 bzw. 10 findet eine zielge- gabenbearbeitung auch zu einer Selbsteinschätzung. richtete Vorbereitung auf die Hauptschulabschluss- prüfung bzw. die Realschulabschlussprüfung statt. Aufgaben Die Poolstunden können in diesen Klassenstufen • haben verschiedene Formen (z. B.: Zuordnungs- dafür eingesetzt werden, die Schülerinnen und aufgaben, Multiple-Choice-Aufgaben, Fragen, Schüler hinsichtlich des von ihnen anvisierten Ab- Anweisungen, Lückentexte), schlusses zu fördern. • können auf unterschiedliche Art und Weise Schülerinnen und Schülern mit einem erfolgreichen angelegt sein (z. B.: offen, halboffen, geschlos- Realschulabschluss kann der Übergang auf ein be- sen), 8
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN • bieten abwechslungsreiche Zugänge chenden Niveaustufe, die den Schülerinnen und (z. B.: problemorientiert, vielfältige Lernwege, Schülern zugeteilt werden) kann auch eine von gestufte Anforderung, strukturiert), Schülerinnen und Schülern gesteuerte Differenzie- • haben unterschiedliche Funktionen rung im Lernraum ihren Platz finden. Solche selbst- (z. B.: Diagnoseaufgaben, Lernaufgaben, Übungs- differenzierende Aufgaben bieten im Wesentlichen aufgaben, Anwendungsaufgaben, Leistungsauf- vier Zugänge4: gaben) • und können vielfältige Hilfestellungen ermögli- • Problemorientierte Aufgaben stoßen eine Such- chen (z. B.: Hervorhebungen, Wortschatzvorga- bewegung an, indem sie beispielsweise in der ben, Instrumente der Selbstkontrolle, weiterfüh- Aufgabenstellung auf ein Problem hinweisen rende Informationen). bzw. einen Konflikt aufzeigen. • Fächeraufgaben „fächern“ ausgehend von Kern- All diese Elemente von Aufgaben können sowohl im aufgaben erweiterte Aufgaben mit unterschiedli- Unterricht (Lernraum) als auch zur Erstellung von chen Lernzugängen zum gleichen Thema auf. Klassenarbeiten oder schriftlichen Arbeiten (Leis- • Pyramidenaufgaben bieten gestufte Anforderun- tungsraum) eingesetzt werden. Im Lernraum wer- gen mit steigendem Niveau an. den die Schülerinnen und Schüler passgenau geför- • Gerüstaufgaben geben eine sichere Anleitung dert, im Leistungsraum findet die Leistungsbe- für das selbstständige Arbeiten an einer Aufgabe. wertung ausschließlich auf dem zugewiesenen Ni- veau statt. Selbstdifferenzierende Aufgabenformen berücksich- tigen auch die Grundstrukturen des Deep Lear- 3. 2.1 SELBSTDIFF EREN ZI EREN DE ning5. Hier werden intellektuelle Fähigkeiten (Mas- AUF GABEN tery) und deren kreative Anwendung (Creativity) Im Unterschied zu einer von der Lehrkraft gesteuer- ergänzt durch die individuellen Interessen (Identity) ten Differenzierung (z. B. Anfertigung bzw. Bereit- der Lernenden, so dass ein „Deep Learning“ ermög- stellung verschiedener Materialien auf der entspre- licht wird. 4 Vgl. von der Groeben A. /Kaiser, I. (20143): Werkstatt Individualisierung, Hamburg: Bergmann+Helbig, S. 39 ff. 5 Sliwka, A. (2018): Pädagogik der Jugendphase. Wie Jugendliche engagiert lernen. Weinheim/Basel: Beltz. 9
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN 3 . 2. 2 G ESTAFFELTE HI LFEN – S C A F F O L D I N G 3.3 Unterrichtsplanung und Unterrichts- Scaffolding meint eine zeitlich begrenzte Unterstüt- konzepte zung der Lernenden, damit diese sich Strukturen und Begriffe aneignen können. Lehrkräfte können 3 . 3 . 1 KO MP E T E N Z E N TW I C K L U N G Schülerinnen und Schüler konstruktiv unterstützen, Kompetenzentwicklung kann als ein Set von vielfäl- indem sie passende Hilfen zu den Aufgaben bereit- tigen aufeinanderfolgenden Lern- und Leistungsauf- halten. gaben gesehen werden6 (vgl. Abb. 4). Ausgehend von einer zukünftig zu bewältigenden Aufgabensi- Art und Weise Möglichkeiten tuation werden die Schülerinnen und Schüler suk- der Hilfe zessive an das Lernziel bzw. die sich anzueignende differenzierte Übungsaufgaben Kompetenz herangeführt. Eine Konfrontationsaufgabe soll Neugierde auslö- • Hilfe durch Wortschatzvorgaben, Verb- Vorgaben vorgaben, inhaltliche und sen, integrativ, authentisch und implizit sein und strukturelle Vorgaben steuernd auf den folgenden gesamten Lernprozess (z. B. Teile einer Gleichung, Satzanfänge) wirken. Erarbeitungsaufgaben regen den kognitiven • Hilfe durch Grafik, Mindmap, Tabelle Wissenserwerb an, Vertiefungs- und Übungsaufga- sprachliche ben automatisieren diesen und Transferaufgaben Entlastung machen das Gelernte nutzbar. Weiter unterscheidet • Textgeleitete Betonung durch Hervor- dieses Modell summative und formative Beurtei- Hilfen hebung, vereinfachte Sätze, Lückentexte lungsaufgaben. Formative Beurteilungsaufgaben er- • Hilfe durch Verschiedene Lernwege öffnen mehrfach im Lernprozess die Möglichkeit der Wahlmöglich- anbieten Rückmeldung, während summative Beurteilungs- keiten aufgaben den Kompetenzerwerb abschließend be- • Hilfe durch Info-Kästen am Rand, werten. weiterführende Mustertexte Informationen Bereitstellung Nachschlagewerke, Hilfe- In seiner Studie „Visible Learning“ hat John Hattie von ergänzenden kästen mit Tipps, PCs/Tablets verschiedene Faktoren herausgefiltert, die einen Materialien für Internetrecherche maßgeblichen Einfluss auf den Lernerfolg haben. In verschiedene Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Bezug auf wirksames Lernen sind das vor allem In- Arbeitsformen Hilfe durch Lehrkraft oder Mitschülerinnen und Mit- halte, die motivierend, individuell herausfordernd, schüler, kooperative Formen passgenau und in einem angemessenen Setting auf- Instrumente der Checklisten, Lösungshinweise bereitet sind. Außerdem sollten den Schülerinnen Selbstkontrolle und Schülern die Lerntechniken, die sie anwenden, zeitliche Wochenpläne, Grundauf- bewusst sein. Das Feedback, das sie von Lehrkräften Varianzen gaben mit Möglichkeit der längeren Bearbeitung, oder Mitschülerinnen und Mitschülern erhalten, ist während zusätzlich Wahlauf- am wirksamsten, wenn es sich konkret auf die zu gaben zur Verfügung stehen bearbeitende Aufgabe bezieht.7 6 Vgl. im Folgenden: Wespi, C./Luthiger, H./Wilhelm, M. (2015): Mit Aufgaben Kompetenzaufbau und Kompetenzentwicklung ermöglichen. In: Haushalt in Bildung & Forschung, 4(4), S.33. 7 Vgl. Hattie, John (2013): Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“ besorgt von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer. Hohengehren: Schneider, S. 24/S. 226. 10
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN LEBENSWELT Alltagskonzepte und -kompetenzen UNTERRICHT Problem/Phänomen Kontakt herstellen FORMATIVE FBa BEURTEILUNGSAUFGABE(N) Arbeit an (Prä-)Konzepten explizit KONFRONTATIONSAUFGABE Ka Wissensart Fertigkeiten, Konzepte Lernunterstützung rückmeldend Kompetenzabbild integrativ Lebensnähe authentisch Arbeit an (Prä-)Konzepten implizit vert iefe aufbauen n/ü ben ERARBEITUNGSAUFGABE(N) ÜBUNGS-/ Ea Üa vertiefen / üben VERTIEFUNGSAUFGABE(N) Repräsentationsformen singulär Kompetenzabbild singulär Lernunterstützung rückmeldend Offenheit der Aufgabe erklärt - geschlossen Vielfalt profilbildend Vielfalt kompensierend anw end anwenden en TRANSFER-/ Ta SYNTHESEAUFGABE(N) Kompetenzabbild integrativ SUMATIVE Lebensnähe authentisch SBa BEURTEILUNGSAUFGABE(N) Kognitiver Prozess weiter Transfer Wissensart Fertigkeiten, Konzepte Kognitiver Prozess naher, weiter Transfer (über-)fachliche Kompetenzen Strukturierung der Aufgabe teilstrukturiert nutzbar machen Denken und Handeln Abbildung 4 mit geändetem Layout: Wilhelm, M. /Luthinger, H./ Wespi, C. (2014): Prozessmodell zur Entwicklung von kompetenz- orientierten Aufgabensets. Luzern: Entwicklungsschwerpunkt Kompetenzorientierter Unterricht, Pädagogische Hochschule Luzern. Eine konsequente Orientierung der Aufgaben an Ziel ist, darf er nicht nur additives Beiwerk einer Kompetenzen beinhaltet, dass schon bei der Erstel- Aufgabe sein. Josef Leisen8 formuliert es deutlich: lung der Aufgaben inhaltliche und prozessbezoge- „Die Kompetenzorientierung muss schon in der ne Kompetenzen mitgedacht werden, z. B. als zu er- Aufgabenstellung angelegt sein und darf nicht bloß arbeitendes Produkt. Wenn Kompetenzerwerb das billigend in Kauf genommen werden.“ 8 Leisen, Josef (2011): Aufgabenstellungen und Lernmaterialien machen’s. Unterschiede zwischen kompetenzorientiertem und traditionellem Unterricht. Kompetenzorientiert unterrichten. Unterricht Physik Nr. 123/124, Friedrich Verlag, S. 11. 11
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN 3 . 3. 2 U N TERRI CHTSKO N ZEPT E U N D adaptiven Unterrichts 11. Weiter berücksichtigt adap- INDI VI DU ELLE FÖ RDERU N G tiver Unterricht: Individuelle Förderung ist in unterschiedlichen Set- • Ergebnisse pädagogischer Diagnostik, tings mit unterschiedlichen Graden der Öffnung • Lerntempi der Schülerinnen und Schüler, möglich. Dabei kann sich die Differenzierung auf • regelmäßige Lernrückmeldung, die Lerninhalte, die Qualität und Quantität der Auf- • Selbsteinschätzung der Lernenden, gaben, auf die eingesetzten Materialien und Medien, • alternative Materialien und Angebote, die Sozialform, die Hilfsangebote, den Grad der • dass Schülerinnen und Schüler über gewisse Selbstverantwortung, den Anteil der Reflexion bzw. Wahlmöglichkeiten verfügen der Lernrückmeldung und die Leistungsbewertung • und dass sich Lernende gegenseitig unterstützen. beziehen. B) Kooperativer Unterricht Im Unterricht kann die individuelle Förderung ver- Die Erkenntnisse der Gehirnforschung und der pä- schieden angelegt werden. Denkbare Formen sind: dagogischen Psychologie machen deutlich, dass Ler- adaptiver, kooperativer und selbstorganisierter Un- nen eine individuelle Konstruktionsleistung ist 12. terricht, Zwei-Phasen-Unterricht, offener Unterricht Um Informationen aktiv in die kognitiven Struktu- sowie Flipped Classroom. ren aufzunehmen, werden im kooperativen Ansatz drei Grundprinzipien berücksichtigt: A) Adaptiver Unterricht 1. Denken/Think (Konstruktion): Jede und jeder Im adaptiven Unterricht (oder auch adaptive tea- denkt alleine nach und versucht zunächst selbst ching) wird eine Passung zwischen Bildungsangebot Lösungswege zu entwickeln. und Nutzungsmöglichkeiten der Lernenden ange- 2. Austauschen/Pair (Ko-Konstruktion): Bevor die strebt9 , indem das unterrichtliche Vorgehen flexibel Klasse bzw. die Großgruppe ein Ergebnis an die Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und vorgestellt bekommt, erhalten die Lernenden die Schüler angepasst wird.10 Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen. Adaptiver Unterricht ist ein deutlich von der Lehr- 3. Teilen/Share (erneute Ko-Konstruktion): Die kraft strukturierter sowie mit didaktisch und diag- Schülerinnen und Schüler präsentieren allen nostisch begründeten Differenzierungsstrukturen anderen ihre Ergebnisse. variierter Unterricht. Die gelungene Kombination Untersuchungen13 zeigen, dass bei diesem Vorgehen aus Scaffolding (angemessene didaktische Unterstüt- fachliches und soziales Lernen gefördert und zu po- zung, um den Anforderungen gewachsen zu sein) sitiven Beziehungen und einem guten Lernklima und Fading (angepasstes sukzessives Zurückfahren beigetragen wird. der Unterstützung) ist ein Merkmal eines gelungen 9 Vgl. Helmke, A.(20124): Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität. Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts. Seelze: Kallmeyer. 10 Vgl. Corno, L./Snow. R. E. (1986): Adapting teaching to individual differences among learners. In: M.C. Wittrock (Ed.): Handbook of research on teaching (3rd ed.). New York: Macmillan. 11 Vgl. Lipowsky, F. (2009): Unterricht. In: Wild, E./Möller, J. (Hrsg.): Pädagogische Psychologie. Berlin: Springer, S. 73–102. 12 Vgl. Brüning, L./Saum, T. (2009): Erfolgreich unterrichten durch Kooperatives Lernen. Strategien zur Schüleraktivierung. NDS-Verlag, S. 11 ff. 13 Vgl. Beilharz, Christina (2013): Bausteinheft: Individualisierung. Offenburg: Staatliches Schulamt Offenburg. 12
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN Legende: L=Lehrkraft, A=Aufgabe, S=Schülerin/Schüler A A von Lehrkraft strukturierte, Scaffolding diagnostisch begründete Differenzierung ADAPTIVER L A A S Ziel: ständige Anpassung UNTERRICHT an individuelle Lern- Fading voraussetzungen und A A jeweilige Unterrichts- situation A A A A A S von Lehrkraft strukturiert A und differenziert KOOPERATIVER A A L A A A S Ziel: Lernen durch Drei- UNTERRICHT schritt (denken, austau- A A A schen, teilen) und Hilfe A A A S anderer initiieren A Individuelles Lernen zielorientiertes, SELBST- methodisch vielfältiges Vorgehen der Lehrkraft ORGANISIERTER L Kooperatives Lernen S UNTERRICHT Ziel: inhaltliche Klärung, schrittweise Erhöhung Methodentraining der Selbstorganisation tauschen Lernende wählen Art der Aneignung L/S L/S aus- Ziele ZWEI-PHASEN- S S Ziel: bietet Wahlmöglich- L keit, entweder eigenstän- UNTERRICHT L S klären dige Erarbeitung oder A A lehrerzentrierte Vorgehens- weise Lernende wählen A S individuelle Aufgaben A S OFFENER (Materialsteuerung) L A S A S Ziel: Förderung UNTERRICHT A S A S fachlicher/überfachlicher A S Kompetenzen zu Hause im Unterricht Inputphase findet zu Hause, meist mittels Diskussion S L neuer Medien, statt FLIPPED S A Übung (Materialsteuerung) A CLASSROOM Ziel: Lernende nehmen S S Rückmeldung aktive Rolle ein, wählen Input-Zeitpunkt selbst Abbildung 5: Verschiedene Unterrichtskonzepte 13
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN Typische Methoden im kooperativen Unterricht selbstständig erarbeiten oder ob sie einem Input der sind: Placemat, Gruppenpuzzle, Lerntempoduett, Lehrperson folgen wollen. Üblicherweise umfasst Drei-Schritt-Interview, usw.. ein Zwei-Phasen-Unterricht vier Schritte: • In einem ersten Schritt macht die Lehrkraft die C) Selbstorganisierter Unterricht Lernziele allen transparent. Selbstorganisiertes Lernen besteht aus drei Säulen, • Anschließend teilen sich die Schülerinnen und die didaktisch sinnvoll miteinander verknüpft wer- Schüler eigenständig auf. Ein Teil folgt einem den müssen: lehrerzentrierten Vortrag, der andere Teil 1. individuelles Lernen, erarbeitet sich das Thema mit Hilfe verschiede- 2. kooperatives Lernen ner Aufgaben und bereit gestellter Materialien 3. und Methodentraining. selbst. Für das zielorientierte Vorgehen beim selbstorgani- • Danach wechselt die Lehrkraft die Gruppe. Die sierten Lernen ist die Voranstellung eines Advance Gruppe, die dem Input gefolgt ist, vertieft das Organizers als vorbereitende Lernlandkarte und als Gehörte selbstständig durch Übungs- und Lernwegeliste typisch. Ein Advance Organizer ist Anwendungsaufgaben. Die andere Gruppe häufig Grundlage der systematischen Selbstreflexio- diskutiert und analysiert die zuvor erarbeiteten nen der Lernenden. Inhalte und Kompetenzen mit der Lehrperson. • In einem letzten Schritt treffen sich alle im Die Schülerinnen und Schüler nähern sich beim Plenum, um die Ergebnisse zu vergleichen oder selbstorganisierten Lernen in vielschichtiger Weise das weitere Vorgehen zu besprechen. dem vorgegebenen Thema bzw. Problem, wobei sie inhaltliche Klärungsarbeit leisten und methodisch E) Offener Unterricht: Am ehesten lässt sich offener vielfältig vorgehen müssen. Im Unterricht kann dies Unterricht damit beschreiben, dass er ein Sammel- beispielsweise so aussehen, dass die Schülerinnen begriff für Unterrichtsformen ist, bei denen die fach- und Schüler zum gegebenen Inhalt in unterschiedli- lichen und überfachlichen Lerninteressen der Schü- chen Sozialformen (Einzelarbeit, Partnerarbeit, lerinnen und Schüler das Lerngeschehen beein- Gruppenarbeit) und Arbeitsschritten einen Vortrag flussen. Die Qualität von offenem Unterricht ent- zu einem bestimmten Thema vorbereiten und hal- scheidet sich hauptsächlich auf der didaktischen ten. Auch ein Vortrag der Lehrkraft kann Bestand- Ebene und nicht im Ausmaß der Offenheit. Zur teil des selbstorganisierten Lernens sein. Allerdings wirksamen Umsetzung offener Formen des Unter- sollten dann die Schülerinnen und Schüler die Mög- richts muss eine Lehrkraft sich als Regisseur oder lichkeit bekommen, den Inhalt mehrstufig und me- auch activator verstehen, die ihre Klasse und jede thodisch variantenreich zu verarbeiten (z. B.: Spick- Einzelne und jeden Einzelnen im Blick hat. Insge- zettel entwickeln, strukturierte und kooperative samt braucht es eine intelligent organisierte Unter- Klärungsrunden in Kleingruppen, Recherche in richtsstruktur, in die Phasen des selbstorganisierten Fachbüchern, Erstellen einer Präsentation, Zusam- Lernens (z. B. Wochenplanarbeit, Stationenarbeit, menfassen im Tandem, Ausarbeiten eines Quizes). Projekte) durch Phasen der direkten Instruktion lernwirksam ergänzt werden. D) Zwei-Phasen-Unterricht Ein Zwei-Phasen-Unterricht lässt den Lernenden die Projektorientierter Unterricht bietet besonders gute Wahl, ob sie sich die Lerninhalte und Kompetenzen Möglichkeiten, wissensbasierte Kompetenzen in 14
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN einen kooperativen Prozess einzubringen. Schüle- tion des Gelernten findet anschließend im Unter- rinnen und Schüler beschäftigen sich über längere richt statt. Zeiträume mit einer problemorientierten Aufgaben- stellung und lernen dabei Widerstände zu überwin- den, eigene Lernprozesse zu planen, kooperativ zu 3.4 Unterrichtsbegleitung und arbeiten und selbst aktiv zu handeln14. Leistungsbewertung Um projektorientierte Vorhaben zu dokumentieren und die eigenen Fähigkeiten nachzuweisen, können 3.4.1 LERN- UND LEISTUNGSRÜCKMELDUNG Lernportfolios benutzt werden. Je nach Zielsetzung Lernrückmeldegespräche sind eine Form der Lern- werden Lernergebnisse oder Lernprozesse in ihnen beratung. Sie eröffnen eine weitere Möglichkeit der gesammelt, dargestellt, beschrieben und kommen- individuellen Förderung. Lernende sollen dazu befä- tiert. Häufig werden Lernportfolios als alternative higt werden, sich Wissen selbst anzueignen sowie Methode der Bewertung eingesetzt. Die Schülerin- ihren Lernprozess selbstständig zu steuern und da- nen und Schüler können auf diese Weise selbstwirk- mit zunehmend Verantwortung für den eigenen sam Einfluss auf die Bewertung ihrer Kompetenzen Lernprozess zu übernehmen.16 nehmen. Ihr Wissen und Können zeigen sie anhand ausgewählter Dokumente. In der Regel umfasst die Anlässe für stärkenorientierte Lernrückmelde- Arbeit mit Lernportfolios drei Phasen: Sammeln, gespräche, mit Schülerinnen und Schülern alleine Reflektieren und Auswerten. oder gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten, können u. a. Lernstand 5, Vera 8, die Kompetenz- F) Flipped Classroom A nalyse Profil AC, schriftliche Arbeiten, die gleich- Schülerinnen und Schüler werden aktiv und über- wertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS) nehmen selbst Verantwortung für ihren Lernpro- sowie die Beratungsgespräche zu den Halbjahresin- zess, indem der Unterricht „umgedreht“ (flipped oder formationen oder den Zeugnissen sein. inverted) wird15 . Das heißt, der Input erfolgt zu Hau- se und die Übung und Reflektion in der Schule. Die 3 . 4 . 2 PÄ DAG O G I S C H E D I AG N O ST I K U N D Inputphasen werden meist mittels neuer Medien L E I ST U N G S B E W E RT U N G (z. B. Lernvideos) und verschiedener Materialien Pädagogische Diagnostik meint die systematische nach Hause verlagert. Ein qualitativ hochwertiger Sammlung und Dokumentation von Informationen Vortrag einer Expertin oder eines Experten bzw. ein zu Lernvoraussetzungen, Lernprozessen oder dem guter Text wird den Lernenden dafür zur Verfügung Lernstand von Schülerinnen und Schülern mit dem gestellt. Die Schülerinnen und Schüler eignen sich Ziel der individuellen Förderung. Der diagnosti- dann die Inhalte im jeweils eigenen Tempo und schen Kompetenz wird ein förderdiagnostischer zum selbst gewählten Zeitpunkt an. Die Verarbei- Schwerpunkt zugeschrieben, in dem Lernpotentiale tung, Diskussion, Übung, Anwendung und Reflek- erkannt, ein Ausschöpfen der Möglichkeiten initi- 14 Vgl. Paradies, L./Werster, F./Greving, J. (20122): Individualisieren im Unterricht. Erfolgreich Kompetenzen vermitteln. Berlin: Cornelsen, S. 35 f. 15 Vgl. Fritz, A. (2014). Flipping the Classroom. Online-Unterricht zu Hause schafft Zeit für gemeinsames Lernen in der Klasse. In: news&science. Begabtenförderung und Begabungsforschung, Nr. 36/37, S. 78–80. 16 Vgl. Hardeland, Hanna (2015): Lerncoaching und Lernberatung. Lernende in ihrem Lernprozess wirksam begleiten und unterstützen. Hohengehren/Baltmannsweiler: Schneider, S. 21. 15
INDIVIDUELLE FÖRDERUNG – VIER EBENEN iert und eine Evaluation inbegriffen ist, sodass das Zu beachten ist, dass den Schülerinnen und Schü- didaktische Handeln der Lehrkraft auf diagnosti- lern transparent gemacht wird, was in einem vielfäl- schen Einsichten beruht 17. tig gestalteten Unterricht von ihnen gefordert wird. Wünschenswert ist ein Mindestmaß an Beteiligung Diagnostische Einsichten können auch im Rahmen der Schülerinnen und Schüler am Bewertungspro- der Leistungsbewertung gewonnen werden. Im Sin- zess. Das heißt, mit ihnen werden zumindest die ne des erweiterten Lern- und Leistungsbegriffs kön- Bewertungskriterien besprochen und diese sprach- nen in die Leistungsbewertung folgende Bereiche lich und inhaltlich vollständig verständlich gemacht. einfließen: • Prozessbewertung (z. B.: Gruppenprozesse, Überarbeitungsdokumentation) • Präsentationsbewertung (z. B.: Referate, Gruppenpräsentationen, Rollenspiel, szenische Interpretation, Tanzaufführung) • Produktbewertung (z. B.: schriftliche Über- prüfungen wie beispielsweise Klassenarbeiten, Lernplakate, Portfolios, Wandzeitungen, künst- lerisches Produkt, Hörspiel, Film)18 17 Vgl. Jürgens, E./Lissmann, U. (2015): Pädagogische Diagnostik. Grundlagen und Methoden der Leistungsbeurteilung in der Schule. Weinheim/Basel: Beltz, S. 21. 18 Bohl, Thorsten (2004): Prüfen und Bewerten im Offenen Unterricht, Weinheim/Basel: Beltz, S. 12. 16
O R G A N I S AT I O N S F O R M E N D E R I N D I V I D U E L L E N F Ö R D E R U N G 4 Organisationsformen der individuellen Förderung Wie kann individuelle Förderung an der Realschule 4.1 Verschiedene Möglichkeiten – nun konkret aussehen? Die Realschulen haben sich ein Überblick hier in unterschiedlicher Weise auf den Weg ge- macht. Einige Beispiele davon werden nachfolgend Der anschließende Überblick beruht darauf, dass beschrieben. Betrachtet wird vor allem die individu- viele Organisationsformen Varianten folgender drei elle Förderung auf der Schulebene und wie das Komponenten sind: Zusatzsstunden in der Stunden- Konzept zur Stärkung der Realschulen mit Hilfe der tafel, Unterricht in getrennten Klassen/Gruppen Poolstunden umgesetzt wird. Ausgehend von der und Team-Teaching. Oberflächenstruktur soll auch die Tiefenstruktur Die Zahlen unter den Varianten in Abbildung 6 ver- (kognitive Aktivierung, effektive Klassenführung, weisen auf die Kapitel, unter denen die Praxismo- konstruktive Unterstützung), um Lernen wirksam delle der Realschulen zu diesen Punkten vorgestellt werden zu lassen, mitbedacht werden. werden. Nutzen verschiedener Inhaltlicher Eine Stunde pro Woche, je Aufgabenformate Überblick Klassenstufe ein anderes (Wahlmöglichkeiten, mittels Fach (z.B. Klasse 5 Deutsch, verschiedene Niveau- „Advance Klasse 6 Englisch, usw.) stufen, SOL, selbst- Organizern“ Bsp.: 4.3.1 / 4.3.7 Themenspezifische differenzierende Bsp.: 4.3.1 Zusatzstunde Aufgaben, usw. Bsp.: 4.3.2 / 4.3.7 Bsp.: 4.3.1 / 4.3.2 / 4.3.4 / 4.3.8 Eine Stunde in M, D, E/F ZUSATZ- pro Woche (insgesamt drei Zusatzstunden) STUNDE(N) Mehrere Bsp.: 4.3.5 / 4.3.8 Räumlichkeiten stehen IN DER zur Verfügung STUNDEN- Lernband Bsp.: 4.3.1 / 4.3.8 TAFEL Bsp.: 4.3.3 / 4.3.4 / 4.3.5 Freie Wahl des KLASSEN- Vertiefungsfaches Teilung in M, D, E/F Bsp.: 4.3.5 Bsp.: 4.3.2 TEILUNG – Eine oder mehrere UNTERRICHT IN Tandemstunden GETRENNTEN TEAM- pro Woche Teilung in M, D, E/F GRUPPEN TEACHING Bsp.: 4.3.1 / 4.3.5 / mit Kopplung von 4.3.6 / 4.3.8 Parallelklasse(n) Bsp.: 4.3.4 / 4.3.6 Führen von Lernrückmeldegesprächen Bsp.: 4.3.1 / 4.3.4 / 4.3.8 Teilung in M, D, Trennung für Kopplung mit Differenzierungslehrkraft arbeitet E/F in zwei von mehrere Stunden anderen Klassenstufen mit einer (Klein-)Gruppe vier Stunden o.ä. (VKL-Gruppen) Bsp.: 4.3.1 / 4.3.3 Bsp.: 4.3.5 / 4.3.7 Bsp.: 4.3.7 Bsp.: 4.3.9 Abbildung 6: Einsatz der Poolstunden: Möglichkeiten 17
O R G A N I S AT I O N S F O R M E N D E R I N D I V I D U E L L E N F Ö R D E R U N G 4.2 Organisationsformen in der ßenden Tabelle grob skizziert werden. Je nach Klassenstufe 9 Standort, Anzahl der Klassen und Anzahl der Schü- lerinnen und Schüler auf den verschiedenen Ni- Schülerinnen und Schüler, die auf dem grundlegen- veaustufen entscheiden die Realschulen, welche den Niveau lernen, müssen in Klassestufe 9 gezielt Variante oder Kombinationen daraus für sie am bes- auf den Hauptschulabschluss vorbereitet werden. ten geeignet sind. Gegebenenfalls sind noch weitere Gleichzeitig soll das individuelle Lernen der Schüle- Varianten denkbar. rinnen und Schüler auf dem mittleren Niveau mit Die Klassen 9a, 9b, 9c stehen in der Tabelle exemp- Blick auf den Realschulabschluss am Ende von Klas- larisch für ein Modell, das je nach Schulgröße auf senstufe 10 lernwirksam angelegt werden. Dazu gibt weniger oder mehr Parallelklassen angepasst werden es verschiedene Möglichkeiten, die in der anschlie- kann und soll. Klassen 9a 9b 9c Erläuterungen Fächer Deutsch, weitere Deutsch, weitere Deutsch, weitere Mathematik, Fächer Mathematik, Fächer Mathematik, Fächer Englisch/ Englisch/ Englisch/ Französisch Französisch Französisch Möglich- G M M keit I Möglich- G/M M M keit II Möglich- G/M G/M G/M Alle auf Niveau G Lernende erhalten keit III zusätzliche Stunden zur gezielten Prüfungsvorbereitung. Möglich- G/M G/M G/M G/M G/M G/M Variante: G-Niveau-Gruppe kann in keit IV manchen Stunden auch mit G-Niveau- G M G M G M Gruppe der Parallelklassen zusammen unterrichtet werden. Möglich- G M G/M G M G/M G M G/M keit V Möglich- M G/M M G/M M G/M Alle auf Niveau G Lernende keit IV G G G werden in D, E/F, M gemeinsam äußerlich differenziert. Abbildung 7: Mögliche Organisationsformen in Klassenstufe 9 Legende zur Tabelle Möglichkeit I: Vollständige äußere Differenzierung. Beispiel: zwei Stunden Deutsch binnendifferenziert, zwei Stunden Deutsch Möglichkeit II: Eine (je nach Größe der Schule auch mehrere) gemischte äußerlich differenziert. Klasse auf Niveau G und Niveau M. Alle weiteren Klassen ausschließlich Möglichkeit V: In Deutsch, Mathematik und Englisch/Französisch voll- auf Niveau M. ständige äußere Differenzierung innerhalb der jeweiligen Klasse. Bin- Möglichkeit III: Vollständige Binnendifferenzierung, allerdings können nendifferenzierung in den weiteren Fächern. zur gezielten Vorbereitung der Hauptschulabschlussprüfung von Schüle- Möglichkeit VI: In Deutsch, Mathematik und Englisch/Französisch äu- rinnen und Schülern auf Niveau G Zusatzstunden (evtl. im Rahmen der ßere Differenzierung. Diese Stunden werden dann mit Parallelklassen regulären Stundentafel, in Tertialen, am Nachmittag usw.) eingerichtet gekoppelt und es wird eine klassenübergreifende zusätzliche Gruppe werden. mit Lernenden auf Niveau G eingerichtet. Große Schulen können diese Möglichkeit IV: In Deutsch, Mathematik und Englisch/Französisch teil- Kopplungen auch in zwei Bänder legen. Binnendifferenzierung in den weise (stundenweise evtl. fachweise ) äußere Differenzierung. Diese weiteren Fächern. Stunden können dann auch mit Parallelklassen gekoppelt werden. Bin- nendifferenzierung in den weiteren Fächern. 18
O R G A N I S AT I O N S F O R M E N D E R I N D I V I D U E L L E N F Ö R D E R U N G 4.3 Praxisbeispiele verschiedener Realschulen Neben den im Folgenden beschriebenen Konzepten stellen manche Realschulen weitere Materialien zur Verfügung. Sie können unter dieser Internetadresse aufgerufen werden: www.km-bw.de/IndividuelleFoerderungRealschule 4. 3.1 CARL-NETT ER- REALSCHU LE BÜ HL Bezeichnung Stärkungskonzept: Wir ermöglichen Erfolg! Lernwelten (Kl. 5/6), Lernzeiten (ab Kl. 7) Schülerzahl 699 Schülerinnen und Schüler Anzahl der Lehrkräfte 65 Lehrkräfte Klassenstufe Lernwelten in der Orientierungsstufe Lernzeiten ab Klassenstufe 7 Konzeption Die Grundidee des Konzepts Lernen macht Spaß! Wir haben Lust auf Leistung! Wir haben Erfolg! Ein Kurzfilm zu den Lernwelten befindet sich auf der Homepage der Schule: www.realschule-buehl.de Lernwelten in den Klassenstufen 5 und 6 Das Konzept fordert und fördert alle Schülerinnen und Schüler im Klassenver- band in der Orientierungsstufe in den Fächern Mathematik (Mathe-Insel), Eng- lisch (pirate lesson) und Deutsch (Schatzsuche). In der Klassenstufe 5 erhalten die Fächer Mathematik und Deutsch, in der Klassenstufe 6 die Fächer Mathematik und Englisch je zwei zusätzliche Poolstunden, die auch in der Stundentafel der jeweiligen Klasse verankert sind. Das Lehrertandem initiiert, begleitet, unterstützt und reflektiert Lernprozesse und führt individuelle Diagnose- und Rückmeldegespräche. In den Stunden der Lernwelten, die einmal wöchentlich im Lehrertandem stattfin- den, vertiefen die Schülerinnen und Schüler neben den fachlichen auch personale und soziale Kompetenzen. Die Lernenden können nach Neigung und Leistungs- vermögen mehrfach differenzierte Materialien und Übungsangebote wählen, ebenso entscheiden sie selbstständig, in welcher Sozialform sie arbeiten möchten. Die Leistungsbewertung findet dann aber auf Niveau M statt. Emotional werden die Schülerinnen und Schüler als Lernweltpiraten in eine moti- vierende und somit kognitiv aktivierende Lernumgebung mitgenommen. Wieder- kehrende Elemente und Rituale wie Piratenhut, sprechender Papagei, Gold- münzen, Schatzkarte u.v.m., das Erleben von Lernerfolgen und ein konstrukti- ver Umgang mit Fehlern führen zu einer individuellen Stärkung der einzelnen Schülerinnen und Schüler. Weitere Ziele sind die Fähigkeit der Selbsteinschätzung und die Heranführung der Lernenden an eine eigenverantwortliche und selbstregulierende Arbeitsweise. Mathematik Piratensprüche, ein mathematisches Piratenrätsel, die Piraten-Kopfrechenolym- piade und der sprechende Papagei bilden neben vielen anderen Elementen den motivierenden Rahmen der Mathe-Insel. 19
O R G A N I S AT I O N S F O R M E N D E R I N D I V I D U E L L E N F Ö R D E R U N G Lernstandserhebungen mit passenden differenzierten Trainingseinheiten und ein abschließender Nachtest sichern ein mathematisches Grundwissen und ermögli- chen Lernerfolg. Im 14-tägigen Wechsel findet ein auf die Lernstandserhebung abgestimmtes För- derangebot für die Leistungsschwächeren statt, leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler werden durch das Lösen komplexer Aufgaben gefordert. Die verblei- benden Lernenden arbeiten mit differenzierten Materialien eigenverantwortlich oder in einer Kleingruppe mit einer zweiten Fachlehrkraft in einem zweiten Klas- senzimmer. Durch den Einsatz von selbstdifferenzierenden und motivierenden Denk- und Lo- gikspielen sowie Tablets werden weitere mathematische Kompetenzen aufgebaut. Ein Stärkenportfolio macht Lernerfolge und Stärken der und des Einzelnen sicht- bar und enthält persönliches Feedback von Eltern, Mitschülerinnen und Mitschü- lern sowie der Fachlehrerin bzw. des Fachlehrers, ebenso individuelle Lernbera- tungen, Selbsteinschätzungsbögen und Zielvereinbarungen. Deutsch Im Fach Deutsch werden die Schülerinnen und Schüler mit motivierenden Lern- spielen vertraut gemacht. Fachliche Inhalte werden prozessbezogen in spieleri- scher Form an die Lernenden herangetragen. Ein wesentliches Element ist die Unterstützung bei der zunehmenden Selbststän- digkeit in der Auswahl der Inhalte und der Sozialform. Festgesetzt ist, dass die Schatzsuche Raum für prozessbezogenes Lernen bieten soll. Schülerinnen und Schüler lernen ihre eigenen Stärken kennen und schätzen nach und nach selbst ein, was sie lernen möchten. Dafür bieten sich die Lesezeit, ein kurzweiliges Grammatikspiel in der Gruppe, Wortschatzübungen, Theaterspiel mit Handpup- pen oder die Recherche und Präsentation eines selbst gewählten Themas an. In der Schatzsuche ist Raum für Kreativität und Struktur. Die Lerngruppen suchen sich im gesamten Schulhaus Lernorte und Nischen und werden vom Lehrertandem betreut. Englisch Die pirate lesson ist ähnlich strukturiert wie die Schatzsuche, bietet aber eine größere Bandbreite an mündlicher Kommunikation und authentischen mutter- sprachlichen Materialien. Optional können Schülerpatinnen und -paten aus höheren Klassen die Fünft- und Sechstklässlerinnen und Fünft- und Sechstklässler beim Lernen unterstützen. Dies setzt voraus, dass die Lernwelten-Stunde alle zwei Wochen nachmittags stattfin- det. Zur Dokumentation der Kompetenzbereiche dient der Lernwelten-Kompass. Lernzeiten ab Klassenstufe 7 Die Lernzeiten sind eine Fortführung der Konzeption der Lernwelten aus der Orientierungsstufe. Das Lehrertandem initiiert, begleitet, unterstützt und reflektiert weiterhin in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch Lernprozesse ab Klassenstufe 7 in einer von vier Kernfachstunden. In den Stunden der Lernzeiten werden Übungsmaterialien auf drei Niveaustufen (G/M/E) angeboten. Neben einer Binnendifferenzierung erfolgt zusätzlich eine äußere Differenzierung. Die auf dem Niveau G Lernenden erhalten eine möglichst passgenaue Förderung zusammen mit den leistungsschwächeren auf Niveau M Lernenden in einem sepa- raten Klassenzimmer mit einer der beiden Lehrkräfte. Die zweite Lerngruppe ar- beitet eigenverantwortlich im Klassenzimmer und wird von einer zweiten Lehr- kraft individuell, auch hier möglichst passgenau, gefordert und gefördert (M/E). Die Leistungsbewertung findet auf dem zugewiesenen Niveau statt. 20
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