Inklusion und Corona: die Perspektive der Arbeitnehmer*innen
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Inklusion und Corona: die Perspektive der Arbeitnehmer*innen Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe und des ver.di-AK Berufliche REHA Zu Beginn der Corona-Pandemie wurden gen ausgesetzt sind. Die Arbeit in der Ein- im März 2020 Einrichtungen der Eingliede- gliederungshilfe findet u.a. statt in heilpäda- rungshilfe infolge staatlicher Verordnungen gogischen Kitas, durch Schulassistenz, in geschlossen, es wurde ein Besuchsverbot Tagesstätten, in Wohngruppen und Wohn- für Wohneinrichtungen erlassen und viele gemeinschaften, in der eigenen Wohnung auch ambulante Leistungen konnten auf- durch eine persönliche Assistenz, in Be- grund von Kontaktsperren nicht mehr in der rufsbildungswerken oder in Werkstätten. gewohnten Form erbracht werden. Insbe- Im Folgenden gehen wir auf Besonderhei- sondere Kolleg*innen in den Werkstätten ten einzelner Arbeitsfelder ein, beschreiben für behinderte Menschen (WfbM) und in der die Herausforderungen und benennen un- Schulbegleitung waren bzw. sind noch im- sere Forderungen. mer von Kurzarbeit betroffen. Und das ob- wohl diese Bereiche systemrelevant sind ZUR SITUATION IN DEN ARBEITS- und die Menschen mit Behinderung stärker FELDERN DER BEHINDERTENHILFE als zuvor Unterstützung benötigen. Es ist mit den Zielen einer Inklusion nicht verein- Frühförderung bar, dass Menschen mit Behinderung über Im Zuge der Kontaktsperren während der einen längeren Zeitraum von der Teilhabe Corona-Pandemie wurde deutlich, dass an Bildung und Arbeitsleben ausgeschlos- den Frühförderstellen die notwendige Aus- sen werden, während alle anderen Berei- stattung fehlt, um in angemessener Form che wieder hochfahren. mit den Kindern und Familien z.B. über Vi- Die Lockerung der Maßnahmen zur Ein- deo in Kontakt zu treten und Förderinhalte dämmung der Pandemie seit Mai sind je- mit den Eltern auszutauschen. doch mit großen Herausforderungen ver- Als Kitas und Schulen wieder öffneten, ent- bunden. Es ist jetzt wichtig, die Vorausset- stand zuweilen der Eindruck als hätte man zungen zu schaffen, damit die Realisierung die Kinder mit Beeinträchtigung und die für gesellschaftlicher Teilhabe in Zeiten von sie zuständigen Einrichtungen zunächst Corona nicht zulasten der Arbeitnehmer*in- vergessen. Noch immer bestehen hier nen geht. enorme Herausforderungen: Bei der Arbeit In Deutschland arbeiten rund eine halbe mit den Kindern erweist es sich als schwie- Millionen Arbeitnehmer*innen in der Ein- rig, die entwickelten Hygienekonzepte ein- gliederungshilfe. Sie fördern und assistie- zuhalten. Insbesondere jene Kinder, die ren Menschen mit Behinderung darin, ein dringend die Weiterführung der Maßnah- möglichst selbstbestimmtes Leben zu füh- men benötigen, sind oftmals jene, die am ren. Gesellschaftliche Teilhabe zu realisie- schwierigsten im Rahmen dieser Konzepte ren war schon vor der Corona-Pandemie zu fördern sind, weil sie körperliche Nähe aufgrund der Ökonomisierung in der Behin- benötigen. Zudem ist die räumliche Aus- dertenhilfe und des bestehenden Personal- stattung der Frühförderstellen oft nicht mit mangels oftmals schwierig. Aufgrund der den Hygienekonzepten kompatibel (z.B. Pandemie haben die Belastungen massiv Einhaltung von Abstandsregelungen). So zugenommen, vor allem auch weil jene gibt es für die Frühförderung kein offizielles Menschen, die sie tagtäglich unterstützen, Raumprogramm wie bspw. für Kitas. Um häufig über einen besonderen Schutzbe- den Anforderungen des Infektionsschutzes darf verfügen und enormen Einschränkun- gerecht zu werden, bedarf es deshalb an-
Inklusion und Corona: Die Perspektive der Arbeitnehmer*innen Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe und des ver.di-AK Berufliche REHA gepasster Arbeitsweisen, so dass zum Bei- Berufsbildungs- und Berufsförderungs- spiel die Förderung des Kindes nicht vor werke Ort in der Kita stattfindet, die das Kind be- Die Berufsbildungswerke (BBW) für Ju- sucht (als mobiler Dienst), sondern in der gendliche und junge Erwachsene ohne Frühförderstelle ambulant erfolgen kann. Berufsabschluss und die Berufsförderungs- Zudem ist bislang der zusätzliche Personal- werke (BFW) für Erwachsene sind mit ihrer aufwand für Reinigungspersonal wie auch bundesweiten Infrastruktur Garant für die Fachkräfte aufgrund der hohen Hygienean- berufliche Qualifizierung von Menschen mit forderungen nicht geregelt. Zusätzlich zur Behinderung. Anfänglich waren auch die Reinigung am Abend werden zwischen der Beschäftigten in den Mensen und Wohn- Arbeit mit einem Kind um die 30 Minuten heimen der BFW von Kurzarbeit betroffen, zur Reinigung von Spielmaterialien, Lüften, während der Ausbildungsbetrieb in digita- Flächendesinfektion etc. benötigt. len und anderen alternativen Lernformen weitergeführt wurde. Seit Mitte Mai wurde Schulassistenz / Schulbegleitung in beiden Einrichtungsformen wieder Schulbegleiter*innen arbeiten oftmals auf- schrittweise der Regelbetrieb unter Einhal- grund der Lohnhöhe, der geringen Stun- tung aller Gesundheitsschutz- und Hygie- denzahl sowie der zeitlichen Befristung ih- nevorgaben hochgefahren. Die Beschu- res Arbeitsvertrags unter prekären Bedin- lung wird nun in parallel laufenden Prä- gungen. Die Corona-Krise hat diese pre- senz- und Homeoffice-Phasen durchge- käre Situation massiv verschärft. Obgleich führt. Die Reduzierung der Anzahl der Teil- gerade Kinder mit Schulbegleitung einen nehmenden in der Präsenzphase auf der besonderen Unterstützungsbedarf haben, Grundlage des Abstandhaltens bringt viele waren die Kolleg*innen vielerorts die ers- Kolleginnen und Kollegen an die Grenze ih- ten, die in Kurzarbeit geschickt wurden und rer Belastbarkeit, da die neu geschaffenen dadurch oftmals in die Grundsicherung ab- Unterrichtsformen mehr Personal benöti- gerutscht sind. gen, welches nicht vorhanden ist. So wer- Seit Wiedereröffnung der Schulen, nehmen den weniger pädagogischen Fachkräften auch die Schulbegleiter*innen vereinzelt direkt vor Ort wesentlich mehr Unterrichts- wieder ihre Arbeit auf und begleiten Kinder stunden abverlangt. Vor- und Nachberei- in Regelschulen, in Förderschulen oder un- tungszeit sowie die Entwicklung neuer terstützen sie teilweise zuhause. Allerdings Lernformen über digitale Medien liegen oft- sind immer noch viele Beschäftigte in Kurz- mals im Feierabendbereich. arbeit, weil in den Schulen noch kein Re- Problematisch ist, dass sowohl die Bunde- gelbetrieb stattfindet, Risikogruppen vom sagentur für Arbeit (BA) als auch die Deut- Präsenzunterricht befreit werden können o- sche Rentenversicherung (DRV) aktuell der aber auch Schüler*innen, die sich nicht kaum noch Teilnehmer*innen an Maßnah- an Hygiene- und Abstandsregeln halten, men der beruflichen Rehabilitation vermit- weiterhin häuslich lernen sollen. Einigen teln. Dies muss sich dringend ändern, im Schulassistent*innen droht jetzt der Job- Interesse der Menschen, die auf diese verlust, weil die Arbeitgeber ihre befristeten Maßnahmen angewiesen sind, und um die Arbeitsverhältnisse, die vor der Sommer- Strukturen und Arbeitsplätze zu erhalten. pause enden, nicht verlängern. Es besteht die Gefahr, dass wenn wieder alle Kinder in Werkstätten für behinderte Menschen die Schule gehen, eine wichtige soziale Inf- (WfbM) rastruktur weggebrochen ist. Für die Kol- Die Organisationsform der WfbM birgt leg*innen wird es zudem die Arbeit er- schon im normalen Alltag einen Zielkonflikt schweren, wenn die Kinder über einen lan- zwischen den Anforderungen als Bildungs- gen Zeitraum aus ihrem Alltag gerissen und Rehabilitationsdienstleister einerseits sind und wichtige soziale Bindungen verlo- und als produzierendes Wirtschaftsunter- ren gehen. nehmen andererseits. Dies verstärkt sich in Zeiten von Corona. Nach dem Betretungs- verbot für die dort beschäftigten Menschen mit Behinderung, musste in vielen WfbM Seite 2 von 5 22. Juni 2020
Inklusion und Corona: Die Perspektive der Arbeitnehmer*innen Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe und des ver.di-AK Berufliche REHA der Betrieb von den Fachkräften aufrecht- Dieser erhöhte komplexe Unterstützungs- erhalten werden. Gleichzeitig haben diese bedarf führt zu einer enormen Belastung eine Notbetreuung angeboten, teilweise in der Kolleg*innen. Zum Teil übernehmen sie Wohnheimen personell unterstützt und der ohne entsprechende Fortbildungen thera- Kontakt zu den Klient*innen telefonisch, per peutische Aufgaben, um eine zunehmende Post oder über gemeinsame Spaziergänge Verschlechterung der Behinderung zu re- gehalten. Dies war insbesondere für Kli- duzieren und die Entwicklung neuer Symp- ent*innen wichtig, die alleine leben. Den- tome zu verhindern. noch waren vor allem im März und April Seit Mai sind eingeschränkt wieder Besu- auch WfbM von Kurzarbeit betroffen. che erlaubt und auch Tageseinrichtungen Seit Mai werden die WfbM schrittweise un- öffnen wieder. Es ist allerdings davon aus- ter Maßgaben des Gesundheitsschutzes zugehen, dass viele Bewohner*innen be- für eine begrenzte Anzahl von Beschäftig- sonderer Wohnformen und ambulant be- ten wiedergeöffnet. Für die Kolleg*innen ist treute Menschen auch in Zukunft 24/7 zu- es eine enorme Herausforderung, einer- hause sein werden und einen erhöhten Un- seits den Produktionsanforderungen mit ei- terstützungsbedarf haben. Hierfür fehlt je- ner stark reduzierten Belegschaft nachzu- doch das Personal. kommen und andererseits die „Rückkeh- rer*innen“ sensibel auf die neuen Arbeits- ZUSÄTZLICHE BELASTUNGEN UND bedingungen einzustimmen und den Kon- HERAUSFORDERUNGEN takt zu all jenen zu halten, die noch nicht in die WfbM zurückkommen dürfen. Es be- Hygienemaßnahmen und Abstandsre- steht die Sorge, dass wenn Lieferverträge geln sind schwer umzusetzen: nicht eingehalten werden, große Auftragge- Insbesondere Menschen mit psychischer ber verloren gehen. Oder aber die Fach- oder geistiger Beeinträchtigung sind hoch- kräfte die Arbeitsmenge selbst abarbeiten gradig verunsichert, Hygienemaßnahmen und dies zu einem erhöhten Arbeitsdruck sind nur schwer vermittelbar und Abstands- und zu Lasten des Reha-Auftrags geht. regeln können nicht eingehalten werden. Auch die WfbM sind davon betroffen, dass Die Umsetzung von Quarantäne kann für die Vermittlung von Neuzugängen ins Sto- alle Beteiligten sehr belastend sein. cken gerät. Dadurch sind Arbeitsplätze ge- Wenn pflegerische Tätigkeiten anfallen, ist fährdet, insbesondere von Beschäftigten ein Körperkontakt nicht vermeidbar. Dies ist mit befristeten Verträgen. u.a. in den besonderen Wohnformen (stati- onärem Wohnen), eingeschränkt in den Ambulant betreutes Wohnen und beson- ambulanten Wohngruppen sowie den Ta- dere Wohnformen gesförderstätten, WfbM, in der Frühförde- Der Wegfall der Tagesstruktur und wichti- rung, in Schulen und heilpädagogischen ger sozialer Kontakte sowie die bestehen- Tagesstätten sowie bei der Schulassistenz den Einschränkungen und zahlreichen Um- der Fall. stellungen führen bei vielen Menschen mit Behinderung zu einer hohen Verunsiche- Mangel an Schutzausrüstung: rung, welche die Beschäftigten soweit wie Insbesondere in kleineren Einrichtungen möglich zu kompensieren versuchen. Sie und Diensten fehlt es noch immer an adä- sind beständig gefordert, die neuen Maß- quaten Schutzausrüstungen und Schulun- nahmen zu erklären und flexibel auf die gen zum korrekten Umgang mit diesen. Ob- neuen Anforderungen zu reagieren wie z.B. gleich pflegerische Leistungen erbracht durch eine kurzfristige Umstellung der werden, stehen beispielsweise nur Behelfs- Dienstpläne, weil durch den Wegfall der Ta- masken und Einmalhandschuhe zur Verfü- gesstruktur die Bewohner*innen ganztags gung; oder Stoffmasken statt Gesichts- betreut werden müssen. Es ist zu befürch- schutz-Visieren bei Gehörlosen, was die ten, dass auto- und fremdaggressives Ver- Kommunikation erheblich erschwert. Die halten weiter zunimmt, bei ambulant unter- Arbeitgeber stehen hier in der Pflicht, den stützten Klient*innen in der eigenen Woh- Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer*in- nung zusätzlich Vereinsamung und Panik. nen zu gewährleisten. Seite 3 von 5 22. Juni 2020
Inklusion und Corona: Die Perspektive der Arbeitnehmer*innen Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe und des ver.di-AK Berufliche REHA Psychische Belastung nimmt zu: Arbeitsmenge und Intensität nimmt zu: Die Beschäftigten tragen die Verantwor- In vielen Bereichen war bereits vor Corona tung für Menschen mit Behinderung, die die Personalsituation angespannt, auf- oftmals Risikogruppen angehören und folg- grund von Quarantänemaßnahmen und Ri- lich über einen besonderen Schutzbedarf sikogruppen nimmt der Stress bei den ver- verfügen. Viele Beschäftigte haben Angst bliebenen Kolleg*innen zu. Zudem bedarf vor dem ersten Infektionsfall in der Einrich- es aufgrund kleinerer Gruppen und zusätz- tung und befürchten, sich selbst zu infizie- licher Aufgaben mehr Personal. So bedarf ren. Diese Angst ist mit der Aufhebung des es Zeit, um Hygienekonzepte zu entwi- Kontaktverbots gestiegen. Sie gehen aber ckeln, Spielgeräte und Werkzeuge zu des- auch jeden Tag mit der Angst zur Arbeit, infizieren, mit Kindern und Erwachsenen den Virus bei ihren Klient*innen zuhause o- Hygienemaßnahmen einzuüben, ambulant der in einer Einrichtung einzuschleppen betreuten Menschen Kontinuität und Si- und diese zu gefährden. cherheit zu vermitteln usw. Es erfordert von den Beschäftigten eine sehr hohe Aufmerk- Anforderungen nehmen zu: samkeit, Hygienemaßnahmen und Ab- Vieles musste in den vergangenen Wochen standsregeln selbst einzuhalten und Men- neu geregelt werden. Von den Kolleg*innen schen mit Behinderung immer wieder auf wurde eine hohe Flexibilität erwartet. Sie diese aufmerksam zu machen. Dies führt haben teilweise in anderen Arbeitsfeldern zu einer enormen Verdichtung der Arbeit. ausgeholfen, mit neuen Kolleg*innen gear- beitet, Arbeitszeiten wurden den Erforder- Angst vor Arbeitsplatzverlust: nissen entsprechend angepasst. Auch die Insbesondere in der Schulbegleitung, aber Anforderungen im Umgang mit der Krise auch in den WfbM, BFW und BBW bangen haben zugenommen. Schulbegleiter*innen befristete Arbeitnehmer*innen um ihren Ar- arbeiten teilweise alleine mit den Kindern beitsplatz. Viele Schulbegleiter*innen be- im häuslichen Umfeld. Und auch an das finden sich noch immer in Kurzarbeit, be- Reinigungspersonal werden erhöhte Er- fristete Arbeitsverhältnisse enden oftmals wartungen gestellt und die Arbeitgeber mit Beginn der Sommerferien. Es besteht qualifizieren sie in der sachgerechten Rei- die Gefahr, dass hier Arbeitsplätze und nigung und Desinfektion unter Einhaltung wichtige soziale Beziehungen sowie eine bestehender Hygienepläne. gesellschaftlich wichtige soziale Infrastruk- tur verloren geht. Den fachlichen Anforderungen gerecht werden: UND DAS BRAUCHEN WIR! Die Kolleg*innen in der Behindertenhilfe tragen maßgeblich zur Realisierung gesell- Soziale Infrastruktur erhalten, Beschäf- schaftlicher Teilhabe bei – ob z.B. in der tigung sichern! Schule, im Arbeitsleben oder im Sozial- Alle Bereiche der Behindertenhilfe sollen raum. Zudem sind stabile soziale Bezie- durch ihre bisherigen Kostenträger weiterfi- hungen gerade in einer Situation der Ver- nanziert werden. Teilnehmer*innen in unsicherung für die Klient*innen unver- WfbM, BFW und BBW sollen weiterhin be- zichtbar. Sie konnten und können bis heute raten und zugewiesen werden und damit jedoch nicht immer ihre Arbeit fortsetzen die soziale Infrastruktur erhalten bleiben. und den Kontakt zu ihren Klient*innen hal- ver.di fordert dies auch in ihrer Funktion als ten obgleich dies z.B. im Freien, in eigenen Mitglied in den Verwaltungsräten der Deut- Räumen, in festen Kleingruppen oder zu schen Rentenversicherung sowie der Bun- zweit, digital oder per Telefon möglich desagentur für Arbeit ein. Kurzarbeit läuft wäre. Oftmals mangelt es an der Organisa- dem Inklusionsanspruch zu wider. Soziale tion von Fahrdiensten, der räumlichen oder Beziehungen dürfen nicht abbrechen. Alle aber auch der technischen Ausstattung mit Menschen haben einen Anspruch auf Teil- Computern, Tablets und W-Lan sowie an habe – auch in Zeiten von Corona. einer fehlenden Refinanzierung der Arbeit wie z.B. in der Schulbegleitung. Seite 4 von 5 22. Juni 2020
Inklusion und Corona: Die Perspektive der Arbeitnehmer*innen Positionspapier der ver.di-Bundesfachkommission Behindertenhilfe und des ver.di-AK Berufliche REHA Die Gesundheit schützen! Digitalisierung mitbestimmen! Für einen wirksamen Arbeits- und Gesund- Die Digitalisierung in der Behindertenhilfe heitsschutz braucht es: ist ein wichtiges Element, um die Arbeit in ausreichende, zielgruppengerechte Zeiten der Corona-Krise fortsetzen zu kön- Ausstattung mit Schutzausrüstungen nen und ermöglicht gesellschaftliche Teil- regelmäßige und symptomunabhän- habe. Hier bedarf es zusätzlicher Investitio- gige Testungen nen. Die Umsetzung muss mitbestimmt er- Aufstockung des Reinigungspersonals folgen. Schulungen der Arbeitsnehmer*innen kleinere, feste Gruppen bzw. Einzelar- Auftraggeber der WfbM in die Pflicht beit mit möglichst wenig Rotation nehmen! geeignete Räumlichkeiten, wenn weder Inklusion gehört zur Firmenphilosophie vie- in den Einrichtungen noch im häusli- ler Auftraggeber. Unter den jetzigen Bedin- chen Umfeld die Unterstützung geleis- gungen muss geprüft werden, wie die Lie- tet werden kann fermodalitäten angepasst werden können, unbürokratische, flexible Refinanzie- Impressum: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin; Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen und so dass diese auch leistbar sind. Außerdem rung neuer Formen der Arbeit, die den könnten die Auftraggeber die WfbM darin Erfordernissen des Gesundheitsschut- unterstützen, die Arbeitsplätze der Men- zes angepasst sind schen mit Behinderung so einzurichten, besonderer Schutz der Risikogruppen, dass es für sie möglich ist, Hygienemaß- z.B. durch Arbeit im Homeoffice (Kon- nahmen einzuhalten (Vorrichtungsbau, Lie- takt mit Klient*innen online, per Telefon, ferung von Plexiglas, Visier als persönlicher Post; Vor- und Nachbereitung von Un- Schutz etc.). terrichtseinheiten im Bildungsbereich) Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung, verantwortlich: Sylvia Bühler; Bearbeitung: Sarah Bormann und Arnfried Gläser und andere Arbeitsformen im Freien o- Materielle Wertschätzung und Erhöhung der in der Einzelbetreuung bzw. festen der Tarifbindung! Kleingruppen Als Anerkennung für die besonderen Belas- tungen aller Beschäftigten in der Behinder- Entlastung durch mehr Personal! tenhilfe soll eine Corona-Prämie in Höhe Eine deutlich bessere Personalausstat- von 500 Euro monatlich bezahlt werden, tung, damit die aufgrund von Corona zu- solange die Pandemie anhält. Doch die sätzlichen Anforderungen weder zu Lasten Prämie ersetzt keine dauerhafte gute Be- der Inklusion und damit der Menschen mit zahlung. ver.di unterstützt entschlossene Behinderung noch zu Lasten der Gesund- Belegschaften bei der Durchsetzung von heit der Beschäftigten gehen. Aufgrund der Tarifverträgen. Perspektivisch sind alle Trä- Arbeitsverdichtung sind mehr Pausen not- ger aufgefordert, Tarifverträge auf dem Ni- wendig. Es bedarf des Weiteren Supervi- veau des Tarifvertrages im öffentlichen sion und Fortbildungen, um der neuen Situ- Dienst (TVöD) abzuschließen. ation auch fachlich gerecht werden zu kön- nen. Verbindliche Zusagen für Kostenüber- nahmen! Es bedarf dringend verlässlicher Zusagen für eine Weiterfinanzierung der Leistungen. Darüber hinaus bedarf es einer sofortigen und verbindlichen Absicherung, dass zu- sätzliche Kosten für Schutzmaterialien, Be- lastungsprämien, Tests, Hygiene, Perso- nal- und erhöhte Sachkosten refinanziert werden. Seite 5 von 5 22. Juni 2020
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