Kinder- und Jugendwohnen des Bathildisheim e. V. Wohngruppe "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" Pädagogisches Konzept

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Kinder- und Jugendwohnen des Bathildisheim e. V.

Wohngruppe „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“

              Pädagogisches Konzept

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Der Bathildisheim e. V. ist ein diakonisches Sozialunternehmen. Er widmet sich der Beschulung,
Ausbildung, Betreuung und Förderung von Menschen mit Behinderung aller Altersstufen und
unterhält eine Förderschule mit Heilpädagogischem Schülerinternat und Therapeutischem
Fachdienst, Heilpädagogische Wohnheime, eine Werkstatt für behinderte Menschen und ein
Berufsbildungswerk. Das Leistungsangebot umfasst darüber hinaus vollstationäre Jugendhilfe,
Offene Hilfen und Ambulant betreutes Wohnen.

1. Ausgangslage

Die Erweiterung unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen um eine flüchtlingsspezifische
Perspektive ist begründet in dem diakonischen Auftrag für die Menschen einzutreten, die unter
Gewalt, Ungerechtigkeit, Armut und Diskriminierung leiden. Dabei orientieren wir uns an der
Würde und der Unantastbarkeit menschlichen Lebens. Dieser Auftrag ist ein universeller und
keinen religiösen oder kulturellen Einschränkungen unterworfen.
Er verlangt von den pädagogischen Fachkräften sowohl die Fähigkeit, unterschiedliche Konzepte
der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens und Handelns zu erfassen und zu begreifen, als auch
eigene Standpunkte transparent und klar zu vermitteln. Dies erfordert einen kritischen Umgang
mit und die Reflexion von eigenen Vorurteilen und Stereotypen gegenüber anderen Kulturen und
Verhaltensweisen.

Als in der Region etablierter diakonischer Träger verfügen wir über langjährige Erfahrung in der
heilpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund.
In unserem Jugendhilfebereich betreuen wir vornehmlich junge Menschen mit seelischen
Behinderungen und Traumatisierungen. Mit der Konzeptionierung eines Wohn- und
Bildungsangebotes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge stellen wir uns der
gesellschaftlichen Verantwortung für diesen Personenkreis.

Viele dieser Kinder und Jugendlichen sind vor und während der Flucht Opfer und Zeugen schwerer
Menschenrechtsverletzungen geworden (Gewalt, Unterdrückung, Ausbeutung und Verfolgung).
Sie sind häufig traumatisiert und aufgrund fehlender familiärer Unterstützung besonders
schutzbedürftig.

Unser Ziel ist es, dass diese jungen Menschen im schützenden und unterstützenden Rahmen der
Wohngruppenatmosphäre Vertrauen, Sicherheit und Perspektiven wieder finden.

Unser Konzept einer „Jugendwohngemeinschaft für unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge“
möchte dazu beitragen, die Rechte der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge zu wahren und
ihr Wohl sicherzustellen.

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2. Pädagogische Rahmenbedingungen

2.1 Charakterisierung der Hilfeform

In unserer Konzeption sollen die spezifischen Bedürfnisse der unbegleiteten minderjährigen
Flüchtlinge (UMF) berücksichtigt werden.
Insbesondere das Zugänglichmachen von Sprache, Bildung und Berufsausbildung ist eine
grundlegende Aufgabe im Betreuungsprozess. Ein besonderes Augenmerk gilt den
gesundheitlichen Bedürfnissen des UMF. Aufgrund der Fluchtwege und der Biografien von
Kinderflüchtlingen (z.B. Vergewaltigung, Missbrauch) kommt es zu spezifischen gesundheitlichen
Beeinträchtigungen (z.B. Mangelernährung, HIV, Hepatitis), sowie zu somatischen Reaktionen
(Kopfschmerzen, Schlafstörungen, etc.). Gesundheitliche Aufklärung zu leisten und den Zugang zu
gesundheitlicher beziehungsweise therapeutischer Betreuung zu ermöglichen, oder wenn bereits
im Clearing begonnen, dies fortzuführen und den jungen Menschen dabei zu unterstützen und zu
begleiten, sehen wir als wichtige pädagogische Anforderungen.

Jugendliche Flüchtlinge verbringen einen wichtigen Teil ihres Lebens hier in Deutschland und es
geht darum, Lebensbedingungen zu schaffen, die Mut machen, Perspektiven eröffnen und das
Selbstvertrauen stärken. Soziale Teilhabe und Einbindung in die umgebende, soziale Umwelt sind
dafür maßgeblich.

2.2 Betreuungsplätze

Eine vollstationäre Jugendwohngruppe mit 9 Betreuungsplätzen für männliche, unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge ab dem Grundschulalter.

2.3 Betreuungsrahmen

Die vollstationäre Leistung wird von sozial- und heilpädagogischen Fachkräften erbracht. Der
Personalschlüssel beträgt 1:1,6.
Während der Schulzeit lt. Stundenplan ist ein Bereitschaftsdienst eingerichtet. Die
Nachtbetreuung erfolgt im Rahmen einer Bereitschaft vor Ort, die ausschließlich für diese
Wohngruppe zuständig ist.

3. Rechtsgrundlage

Die Aufnahme erfolgt auf den gesetzlichen Grundlagen des SGB VIII, § 27 Hilfen zur Erziehung
i.V.m. den §§ 34, 41.

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4. Aufnahmeverfahren

4.1 Zielgruppe

Aufgenommen werden männliche unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ab dem Grundschulalter
bis 18 Jahren, deren Hilfebedarf gekennzeichnet ist durch:

➜ Verlust der Eltern/Familie
➜ Abbruch des bestehenden Lebenszusammenhanges
➜ Schutzlosigkeit
➜ Unkenntnis der fremden Kultur, Lebensweise und Sprache
➜ Fluchttraumata und Gewalterfahrungen
➜ Fehlen einer realistischen Lebensplanung

4.2 Aufnahmekriterien

➜ Einlassen auf Beziehungsangebote der pädagogischen Fachkräfte
➜ Bereitschaft zu Schul- bzw. Berufsausbildung
➜ Anerkennung und Einhaltung der bestehenden Regeln der Einrichtung

Nicht aufnahmefähig sind:

➜ Junge Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen, die aufgrund des Krankheitsbildes eine
besondere Betreuung benötigen
➜ Junge Menschen mit einer massiven Suchtproblematik

4.3 Verfahrensweg

Nach der Zuweisung erfolgt zeitnah die Abklärung der Aufnahmemodalitäten. Beteiligt sind in der
Regel der Vormund des Jugendlichen, der Jugendliche selbst, ein bis zwei pädagogische
Mitarbeiter unserer Einrichtung, die zuständige Fachkraft des Jugendamts und bei Bedarf ein
Dolmetscher. Fällt die Entscheidung bei den Beteiligten positiv aus, erfolgt bei einem freien Platz
die Aufnahme so zeitnah wie möglich.

5. Zielsetzung

   •   Heranführen an eigene Lebensentwürfe
   •   Unterstützung bei der Integration in die Gruppe
   •   Integration in das Wohnumfeld sowie im Sozialraum

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•   Entwicklung von Konfliktlösungsstrategien
   •   Hinführung zu Sprach- und Integrationskursen, Erlernen der deutschen Sprache
   •   Unterstützungsangebote zur Erreichung des Schul- bzw. Berufsabschlusses sowie die
       Bereitstellung von individuellen Lernhilfen
   •   Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten
   •   Hilfen bei ausländerrechtlichen Problemen
   •   Anleitung zu gesunder Lebensführung (Ernährung, Hygiene, Sport)
   •   Hilfe und Unterstützung bei der Bewältigung der Trennungs- und Verlusterfahrung
   •   Eigenverantwortliche Lebensführung mit dem Ziel der Stabilisierung und Entfaltung der
       Persönlichkeit
   •   Unterstützung der Aufarbeitung von traumatischen Erfahrungen im Rahmen der
       heilpädagogischen Arbeit in der Wohngruppe, im Einzelfall (nach Absprache mit dem
       Leistungsträger) auch im Rahmen externer Psychotherapie.
   •   Auseinandersetzung mit der Lebensgeschichte und den eigenen kulturellen Wurzeln
   •   Unterstützung bei der Identitätsfindung im neuen gesellschaftlichen und kulturellen
       Kontext
   •   Stärkung von Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl
   •   Hinführung zu den in Deutschland geltenden Normen und Werten und Befähigung zu
       einem Leben in beiden Kulturen
   •   Erarbeitung einer realistischen Lebensperspektive, die sowohl auf einen Verbleib, als auch
       auf die Rückkehr ins Herkunftsland vorbereitet
   •   Zugang zum Bildungssystem erleichtern und unterstützen
   •   Hinführung zu geeigneten Schul- und Ausbildungsangeboten unter Berücksichtigung einer
       möglichen Anwendung im Herkunftsland

5.1 Individuelle Ziele / Hilfeplanverfahren

Die individuellen Ziele werden im Rahmen des Hilfeplans prozessorientiert und gemeinsam mit
dem jungen Menschen und dem Sorgeberechtigten entwickelt. Die Ziele orientieren sich an den
Bedürfnissen, Erfordernissen und Fähigkeiten des UMF. Die Zielformulierung sollte für den
Betroffenen verständlich und in den Handlungsschritten zur Zielerreichung möglichst konkret und
erreichbar sein. Sie trägt dazu bei, den jungen Flüchtlingen Orientierung, Sicherheit und Klarheit
zu vermitteln und so das „Ankommen“ zu erleichtern. In halbjährlichem Abstand wird im
gemeinsamen Gespräch die Hilfe überprüft und deren Ziele und Handlungsschritte
gegebenenfalls modifiziert. Die von unserer Einrichtung erstellten Entwicklungsberichte dienen
dabei als Grundlage. Beteiligte im Hilfeplanverfahren sind mindestens der Vormund, das
Jugendamt, die betreuende Einrichtung, der UMF selbst und evtl. ein/e Dolmetscher/in sowie nach
Bedarf noch weitere Personen wie Therapeut/innen und Lehrer/innen.

6. Pädagogischer Rahmen

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6.1 Beziehungsorientierung

Insbesondere für junge Flüchtlinge, die einen häufig traumatischen Verlust ihrer primären
Beziehungen und ihrer vertrauten Umgebung zu verkraften haben, ist die Beziehungsgestaltung
zu dem jeweils zuständigen Bezugserzieher ein wichtiger Anker, der Sicherheit und Halt gibt und
dem Jugendlichen hilft, sich innerlich zu stabilisieren. Daher betonen wir in unserer Arbeitsweise
den Aspekt des Aufbaus einer stabilen und tragfähigen Beziehung. Der pädagogische Bezug zu
dem jungen Menschen ist jedoch immer auch ein Balanceakt zwischen „Nähe und Distanz“, einen
schützenden, sicheren Rahmen zu schaffen und dennoch Grenzen (zum Beispiel durch die
ausländerrechtliche Situation) frühzeitig transparent zu machen, um Enttäuschungen zu
vermeiden und Störungen des pädagogischen Prozesses infolge eines unsicheren
Aufenthaltsstatus (Rückschritte, Re-Traumatisierung, Untertauchen, ggf. Suizidalität) möglichst zu
vermeiden.

Die jungen Flüchtlinge in einer Atmosphäre von Respekt, Sicherheit und Schutz im Rahmen eines
Bezugsbetreuersystems individuell zu begleiten und eine Mut machende und realistische
Zukunftsperspektive zu entwickeln, ist die vorrangige Aufgabe der Pädagogen/innen. Die
Arbeitsweise ist ressourcenorientiert, mit dem Ziel des „Empowerment“, dem „Starkmachen“ des
Jugendlichen.

6.2 Partizipation, Beschwerdemanagement, Schutzauftrag nach § 8a SGB VIII

Die Beteiligung der Jugendlichen an Entscheidungsprozessen und Informationsflüssen, die sie
unmittelbar betreffen, ist ein Kernelement der pädagogischen Arbeit (Empowerment, Vermittlung
von Selbstwirksamkeit). Es wird auf allen Ebenen sichergestellt, dass die jungen Menschen
entsprechend ihres Alters und Entwicklungsstandes in alle sie betreffenden
Entscheidungsprozesse eingebunden werden (Bsp.: Gestaltung der Räumlichkeiten, Teilnahme an
Gruppenbesprechungen, Beteiligung hinsichtlich Gruppenregeln, strukturierte Vermittlung von
Mitsprache- und Beteiligungsrechten) Berichte und Einschätzungen zu Leistung und Verhalten des
jungen Menschen werden mit den Betroffenen besprochen. Interventionen, Veränderungen der
Zielsetzung sowie spezielle Hilfsmaßnahmen sollen immer im Rahmen der individuellen
Möglichkeiten nachvollziehbar sein. Konkrete Beteiligung findet in Hilfeplangesprächen statt.
Es existiert ein schriftlich fixiertes, strukturiertes und transparentes Beschwerde-Management (s.
Anhang). Gleiches gilt für die Umsetzung des Schutzauftrages nach §8a SGB VIII im Hinblick auf
die vorgeschriebenen Verfahrensabläufe wie Gefährdungseinschätzung, Meldewege, Einsatz der
Kinderschutz-Fachkraft. Der Leiter der Einrichtung ist Teilnehmer des ständigen Arbeitskreises
nach §78 KJHG; die Einrichtung verpflichtet sich auf die Einhaltung der dort erarbeiteten Standards
nach §79a SGB VIII.

6.3 Fachlichkeit

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Die jungen Menschen werden von einem Team sozial- und heilpädagogischer Fachkräfte betreut.
Fachliche Begleitung sowie zielgruppenspezifische Fort- und Weiterbildungen sowie
entsprechende Maßnahmen der Personalentwicklung gewährleisten eine hohe Qualität der
Arbeit. Thematische Schwerpunkte sind insbesondere Weiterbildungsmaßnahmen zu Rechten und
Bedürfnissen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, sowie deren spezifische Problematiken,
wie bspw. posttraumatische Belastungsstörungen. Hinzu kommt die Vermittlung grundlegender
Kenntnisse im Asyl- und Ausländerrecht.
Die Betreuungsfachkräfte müssen zudem ein hohes Maß an interkultureller Kompetenz
entwickeln, um die Jugendlichen verstehen zu können. Dazu gehört eine grundsätzliche Offenheit
bezüglich anderer Kulturen, Religionen und Formen menschlichen Zusammenlebens und das
Anerkennen kultureller Unterschiede hinsichtlich Glauben, Essgewohnheiten, Normen und
Werten. Bei der Personalakquise streben wir daher ein multikulturelles Mitarbeiterteam aus
möglichst mehrsprachigen Fachkräften an.
Weitere notwendige Basisqualifikationen sind das Konfliktmanagement und Kompetenzen im
Bereich des De-Eskalationstrainings.

Die psychotherapeutische Begleitung wird in dem individuell notwendigen Umfang über
Fachleistungsstunden in Zusammenarbeit mit dem psychologisch-heilpädagogischen Fachdienst
und ggf. darüber hinaus über örtliche Praxen organisiert.
Die Fachleistungsstunde kann ebenso als Zusatzleistung zu einer bestehenden Regelleistung
vereinbart werden. Näheres ist mit den fallführenden Fachkräften der öffentlichen
Jugendhilfeträger abzusprechen.
Zudem erfolgen intensive Fallbesprechungen und die Klärung diagnostischer Fragestellungen. Die
kontinuierliche Reflexion unserer Arbeit wird über externe Supervision sichergestellt. Ein QM-
Verfahren entsprechend den QE-Vereinbarungen wird umgesetzt.
6.3.1 Wesentliche Qualitätsaspekte der Maßnahmegestaltung

           Fachlichkeit
         o Identifikation von Risikofaktoren, ggf. auf der Grundlage einer vorliegenden oder
           noch zu erstellenden Persönlichkeits-/Leistungsdiagnostik* (erlebte Traumata,
           Ängste, Streben nach Akzeptanz, physische Konstitution, Suchtgefährdung…) und
           protektiven, bzw. Resilienz-Faktoren. Von grundlegender Bedeutung sind in diesem
           Kontext die intensive Sprachförderung, Freizeit- und Bildungsangebote, eine Halt
           und Orientierung gebende Tagesstruktur und die psychosozialen Begleitung der
           jungen Menschen auf Grundlage des Bezugserzieher-Systems. Inhaltliche
           Schwerpunkte der Beziehungsarbeit liegen im Bereich der Vermittlung sog. „life-
           skills“ (Lebenskompetenzen). Diese werden von der WHO definiert als „diejenigen
           Fähigkeiten, die sowohl einen angemessenen Umgang mit unseren Mitmenschen
           ermöglichen also auch die Bewältigung von Problemen und Stress-Situationen im
           alltäglichen Leben“. Sie beziehen sich bspw. auf Kompetenzen in den Bereichen der

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Entscheidungsfindung, Problemlösung, des kritischen Denkens, der positiven
              Selbstachtung, Empathie und die Kommunikation im Umgang mit Gefühlen.
              Struktureller Rahmen
          o   Regelmäßiger gemeinsamer Austausch der Mitarbeitenden
          o   Verbindliche Hausordnung
          o   Regelung von Besuchskontakten, ggf. Begleitung von Besuchen
          o   Hinzuziehung von Dolmetschern bspw. bei unklaren Kommunikations-, bzw.
              vermuteten Gefährdungssituationen.

*separat abzurechnende Zusatzleistungen

6.3.2 Personelle Ressourcen

Alle pädagogisch Mitarbeitenden verfügen über die erforderliche fachliche Qualifikation und
erfüllen die rechtlichen Vorgaben im Sinne des § 72a SGB VIII.
Im Rahmen des Personalschlüssels von 1:1,6 können maximal 2 Personen in Teilzeit arbeiten.
Während der unterschiedlichen Kernzeiten an Werktagen und in der Freizeit (Wochenenden,
Ferien) sind in der Regel zwei Mitarbeitende im Dienst. Die Betreuung in der Nacht wird durch
Bereitschaftsdienste von pädagogischen Fachkräften der Wohngruppe ausschließlich für diese
Wohngruppe abgedeckt.
Grundsätzlich werden die pädagogischen Fachkräfte durch hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen
entlastet. Jedoch sieht das pädagogische Konzept auch die Einbeziehung der Kinder und
Jugendlichen bei Raumpflege und Hauswirtschaft vor.

6.4 Bestandteile des Leistungsangebotes

Die jungen Flüchtlinge leben in einer Wohngruppe in Einzel- oder Doppelzimmern. Zusätzlich zu
den Bewohnerzimmern stehen in dem Gebäude eine Wohnküche, ein Gruppenraum, ausreichend
sanitäre Anlagen, ein Abstellraum sowie ein Mitarbeiterzimmer zur Verfügung.
Zentraler Bestandteil der Fördermaßnahmen ist die Organisation von Deutschkursen. Diese finden
in Kooperation mit der Kaulbachschule im Umfang von 25 Wochenstunden über die Dauer von bis
zu zwei Jahren (Kurse A und B) statt.
Im Anschluss an die vollstationäre Jugendhilfemaßnahme werden die jungen Menschen im
Rahmen der Verselbständigung auf Basis von Fachleistungsstunden in angemieteten Wohnungen
oder Einzelappartements begleitet.

6.4.1 Schulische/berufliche Förderung

Die Beschulung der jungen Menschen erfolgt je nach individuellen Lernausgangslagen in
Regelschulen in Bad Arolsen sowie bei Bedarf in der Karl Preising Schule (Förderschule) bzw. ggf.

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auch in der fußläufig gut erreichbaren Berufsschule. Eine Berufsorientierungsmaßnahme im
Berufsbildungswerk Nordhessen, die einer Ausbildung vorgeschaltet ist, kann als Zusatzleistung
(separate Finanzierung) in Anspruch genommen werden. Die individuell notwendige Begleitung
von Jugendlichen in beruflicher Ausbildung ist während der vollstationären Maßnahme
Bestandteil der Regelleistung; nach deren Beendigung erfolgt diese auf der Basis von
Fachleistungsstunden.

6.4.2 Freizeit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben

Über die Freizeitgestaltung in der Wohngruppe hinaus können die öffentlichen
Freizeiteinrichtungen von Bad Arolsen, wie das Freizeitbad Arobella, der Jugendtreff „Come In“, die
öffentliche Bücherei, die Angebote der Volkshochschule wie auch zahlreiche Fitness- und
Sportangebote sowie das Angebot der örltichen Vereine genutzt werden.

6.4.3 Kooperationen

Schule
Wesentlicher Leistungsbestandteil ist die enge Zusammenarbeit mit Regelschulen sowie der Karl-
Preising-Schule (ggf. Begleitung zur Schule, intensiver Austausch mit den Lehrkräften,
Fallgespräche). Darüber hinaus kommt als Bildungsträger eine Kooperation mit der
Volkshochschule in Frage.

Berufsschule
Im Berufsbildungswerk Nordhessen besteht die Möglichkeit der Potenzialanalyse sowie der
Berufsorientierung und/oder des Erwerbs von Qualifizierungsbausteinen bis hin zur Ausbildung
(in Zusammenarbeit mit der Berufsschule).

Therapie
In unmittelbarer Nachbarschaft der Wohngruppe wird seitens des Trägers auf dem Gelände von
Karl Preising Schule und dem Kinder- und Jugendwohnen ein therapeutischer Fachdienst
vorgehalten (Physiotherapie, Ergotherapie sowie heilpädagogisch-psychologischer Fachdienst),
der bei Bedarf und entsprechender Finanzierung mitgenutzt werden kann.
Darüber hinaus besteht eine Kooperation mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum in Kassel sowie
der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Behörden und andere externe Stellen/Einrichtungen
Eine enge Zusammenarbeit erfolgt mit dem Fachdienst Ausländerwesen (Klärung
Aufenthaltsstatus, Rechtsansprüche etc.), dem Jobcenter der Agentur für Arbeit und dem
Flüchtlingsberater von Diakonischem Werk und Caritas.

6.4.4 Nachbetreuung

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s. 6.4, 6.4.1
Das Angebot an Nachbetreuung richtet sich nach dem konkret vorhandenen Bedarf und ist mit
den behördlichen Stellen im Rahmen des Jugendhilfeplans abzusprechen.

7. Ende der Maßnahme
Die vollstationäre Maßnahme ist auf einen längerfristigen Zeitraum angelegt (in Abhängigkeit vom
jeweiligen aufenthaltrechtlichen Status).

Bad Arolsen, den 6.3.2015

Christian Geyer, Fachlicher Vorstand

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