Integration von Eltern stationär betreuter Kinder - Hintergründe, Voraussetzungen und Schwierigkeiten
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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Chirurgische Klinik Im Neuenheimer Feld 110 69120 Heidelberg FACHWEITERBILDUNG zur Pflege und Betreuung des Tumorpatienten und schwerst-chronisch Kranken Integration von Eltern stationär betreuter Kinder Hintergründe, Voraussetzungen und Schwierigkeiten Kurs 98/00 HAUSARBEIT vorgelegt von Anja Häffner-Butterer am 30.12.1999 1
I. Inhalt Seite 1: I. Inhaltsangabe Seite 2: II. Vorwort Seite 3: III. Bedürfnisse des kranken Kindes Seite 4/5: Die Bedürfnisse kranker Kinder im Einzelnen Seite 6: Aufgabenverteilung Seite 7: IV. Was bedeutet Integration ? – Begriffsklärung Seite 8: V. Voraussetzungen für die Integration von Eltern Seite 9: VI. Unterstützende Hilfestellungen für die Eltern durch das Pflegepersonal Seite 10/11: Aufnahmesituation Seite 12: Strukturvorgaben während des Krankenhausaufenthalts / Wochenplan Seite 13/14: VII. Schwierigkeiten der Integration Seite 15: Mögliche Vorgehensweise zur Problembeseitigung Seite 16: VIII. Resümee Seite 17: Literaturverzeichnis Seite 18: Erklärung Anhang 1. Elterninformation der Station II der Univ.-Klinik Heidelberg 2. Charta für das Kind im Krankenhaus 2
II. Vorwort Seit 1998 ist die Integration von Eltern im Krankenhaus als ein Pflege- leitziel der Kinderklinik Heidelberg festgelegt. Der Begriff „Integration“ ist vom Prinzip her zwar jedem bekannt, jedoch wird er von jedem auch etwas anders interpretiert. Obwohl er mittlerweile bereits im Pflegealltag, ja sogar schon in der Ausbildung, immer wieder auftaucht, versteht ihn jeder etwas anders. Die Meinungen gehen hierbei von reiner Übernachtungsmöglichkeit, über Zusammenarbeit, bis zu intensivem Auseinandersetzen mit den Eltern in einem breitgefächerten Spektrum auseinander. Das empfinde ich als ein großes Problem, denn eigentlich müßte eine einheitliche, verbindliche Definition, sowie ein entsprechender Umgang mit Integration von Eltern im Krankenhaus gefunden werden, damit er zu einem festen, praktikablen Bestandteil im Kliniksalltag wird. Gerade auf der Station II der Kinderklinik Heidelberg, auf der ich seit Jahren tätig bin, habe ich das Gefühl, daß Integration weder für die Eltern, noch für das Pflegepersonal zufriedenstellend erfolgt. Die Eltern haben zwar schon seit langem die Möglichkeit bei ihrem Kind zu bleiben, sind aber in ihrem Bemühen, ihrem Kind zu helfen, auf professionelle Hilfe angewiesen. Diese Hilfe wird am häufigsten durch den Kontakt mit dem Kinderkrankenpflegepersonal geboten. Da auf der Station II, einer recht großen Station mit vielen Belegbetten, aber auch viel Personal vorhanden ist, das entsprechend oft wechselt, sehen sich die Eltern vielen verschiedenen Charakteren gegenüber, auf die sie sich einlassen müssen. Jede meiner Kolleginnen (*) versteht aber Integration etwas anders und unterstützt die Eltern entsprechend auf ihre ganz individuelle Art. Anstatt Sicherheit zu gewinnen, werden Eltern dadurch oft verunsichert, mit dem Ergebnis, daß ein Miteinander, ein Hand-in-Hand- Arbeiten erschwert, wenn nicht sogar unterbunden wird. Mein Bestreben in dieser Hausarbeit liegt nun darin, daß sich Teams darüber bewußt werden, daß es „die Integration“ nicht gibt. Es ist wichtig, daß man sich zusammensetzt und gemeinsame Richtlinien zur Integration überlegt, die verbindlich geregelt werden sollen, um Pflegepersonal einerseits, aber auch Eltern (Selbst-)Verständnis, Vertrauen und Sicherheit zu vermitteln. (*) = Folgend wird immer wieder, wenn auch nicht immer separat erwähnt, von jeweils beiden Geschlechtern gesprochen werden, der Einfachheit halber aber nur eine Berufsbezeichnung genannt. 3
III. Bedürfnisse des kranken Kindes Noch bis vor kurzem lag das Hauptaugenmerk in der Kinderkrankenpflege auf optimaler medizinischer Versorgung und Heilung des Kindes. Beteiligt daran waren Ärzte und Krankenschwestern, während die Einbeziehung von Eltern gar nicht in Erwägung gezogen, bzw. eher als störend betrachtet wurde. Das drückte sich schon durch sehr eingegrenzte Besuchszeiten aus. Bekannte Familienstrukturen standen den Krankenhausstrukturen eher unvereinbar gegenüber. Inzwischen hat sich in dieser Hinsicht viel verändert, da erkannt wurde, daß Kinder grundsätzlich - und verstärkt in der Ausnahmesituation Krankenhausaufenthalt - das Bedürfnis haben, zu ihren Eltern engen Kontakt zu halten. Der Elternverband „Aktionskomitee Kind im Krankenhaus, Bundesver- band e.V.“ (kurz: AKiK), setzt sich seit dreißig Jahren für eine Integration der Eltern im Krankenhaus ein. Mit der Forderung seiner Mitglieder : „Kinder brauchen ihre Eltern“, stößt er bei Kinderärzten und Kinder- krankenschwestern auf immer größere Resonanz, die mit ihm der Auffassung sind, daß kranke Kinder mehr brauchen als „nur“ eine gute kindgerechte medizinische und pflegerische Versorgung. Grundlegend ist, alle Bedürfnisse des Kindes im Krankenhaus zu kennen und ernst zu nehmen, um patientenorientiert handeln zu können. 4
Die Bedürfnisse kranker Kinder im Einzelnen 1) Laut AKiK gehören dazu folgende acht Punkte (die Auflistung erfolgt ohne Priorität) : Kindgemäße medizinische Versorgung : Darunter wird die Versorgung von Kindern in speziell dafür eingerichteten Versorgungseinheiten , z.B. Kinderklinik, Kinderchirurgie,... verstanden. Versorgende sind pädiatrisch ausgebildete Mediziner. Werden weitere Fachärzte hinzugezogen, arbeiten alle in einem interdisziplinären Team. Kindgemäße pflegerische Betreuung : Die Kinder werden durch ausgebildetes Kinderkrankenpflegepersonal versorgt. Eine kindgemäße Umgebung bedeutet, daß die Gestaltung der Räumlichkeiten und die Auswahl des Mobiliars auf Kinder ausgerichtet ist. Es gibt Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten für jedes Alter. Unter Beibehaltung familiärer und sozialer Kontakte wird verstanden, daß die Eltern-Kind-Beziehung , bzw. der Kontakt zu anderen, dem Kind vertrauten Personen, bestehen bleibt. Die Eltern haben die Möglichkeit, während des stationären Aufenthaltes bei ihrem Kind zu bleiben und sie zu Untersuchungen, Therapiestunden,... zu begleiten. Bei operativen Eingriffen können die Eltern bis zur OP-Vorbereitung , postoperativ bei dem aufwachenden Kind sein. Fortsetzung der gewohnten Lebensumstände bedeutet, daß das bisherige soziale Umfeld weiterhin Bestandteil im Leben des Kindes ist. Dazu werden Kontakte zu Kindergarten, Schule, Jugendgruppen,... aufrechterhalten. 1) AKiK 1996 5
Zur Gewährleistung neuer Kontakte wird den Kindern Möglichkeiten gegeben, andere Personengruppen (Kinder, Ärzte, Krankenpflegepersonal, Therapeuten, Erzieher,...) kennenzulernen und dadurch neue Beziehungen einzugehen. Annahme und Akzeptanz kann dem Kind helfen, seine Situation zu verstehen und pflegerische, sowie medizinisch notwendige Maßnahmen zu tolerieren. Das Zusammensein mit anderen kranken Kindern kann tröstend, aufmunternd und nützlich für die Verarbeitung der ablaufenden Prozesse sein. Spielpartner werden gefunden und neue Freundschaften geschlossen. In dem Begriff Fortsetzung der altersentsprechenden Entwicklung steckt die Forderung an Eltern und Klinikpersonal, das Kind altersentsprechend zu fördern. Das Kind wird in seiner bisherigen Entwicklung weiter bestärkt. Es soll weder über- noch unterfordert werden. Kindgemäße psycho-soziale Betreuung sollte durch dafür ausgebildete Berufsgruppen, wie Erzieher, Pädagogen, Therapeuten, Psychologen,... erfolgen. Besonders wichtig ist diese Betreuung, wenn das Kind eine fehlende familiäre Unterstützung ausgleichen muß. Einzelne Bedürfnisse können je nach Krankheitsumstand, Krank- heitsverlauf, sowie der individuellen Situation des Kindes und der Familie in den Vordergrund treten. Bei einem Kind, das z.B. lebensbedrohlich erkrankt ist, wird die medizinische und pflegerische Versorgung, sowie die psychologische Unterstützung der Angehörigen Vorrang haben, während andere Bedürfnisse in den Hintergrund treten. Nach Bewältigung der akuten Situation können bzw. werden sich die Schwerpunkte der Bedürfnisse ändern. 6
Wenn sowohl von familiärer Seite, als auch seitens der im Krankenhaus tätigen Berufsgruppen (Ärzte, Kinderkrankenschwestern/-pfleger, Psychologen, KG´s, Ergo´s etc.) die Bereitschaft besteht, sich mit den oben aufgeführten Bedürfnissen auseinanderzusetzen, diese zu akzeptieren und sich darauf einzulassen, so liegt hiermit die wesentliche Voraussetzung einer ganzheitlichen, am Kind orientierten Betreuung vor. Aufgabenverteilung : Personen können Bedürfnis .... erfüllen Im Krankenhaus tätige - Kindgemäße medizinische Versorgung Berufsgruppen - Kindgemäße pflegerische Betreuung/Versorgung - Kindgemäße Umgebung - Kindgemäße psycho-soziale Betreuung Eltern/Familie - Beibehaltung familiärer und sozialer Kontakte - Fortsetzung gewohnter Lebenszusammenhänge Beide Seiten - Gewährleistung neuer Kontakte in Zusammenarbeit - Fortsetzung der altersentsprechenden Entwicklung Die in Bezug auf die beteiligten Personen formulierten Bedürfnisse eines stationär behandelten Kindes veranschaulichen die Notwendigkeit, neben den aufgeführten fachspezifischen Berufsgruppen auch die Eltern/Familie mit einzubeziehen. Der Familie sollte also die Möglichkeit gegeben werden, sich auch im Krankenhausalltag zu integrieren, damit eine Kooperation aller Beteiligten stattfinden kann, denn nur wenn alle im Interesse des Kindes zusammenarbeiten, können die Bedürfnisse erfüllt und umgesetzt werden. 7
IV. Was bedeutet Integration ? - Begriffsklärung Definition von Integration Integration : Wiederherstellung eines Ganzen (nach : Großes Wörterbuch der deutschen Sprache Bd. 4/1993): Im Zusammenhang: Bei Integration von Eltern stationär betreuter Kinder, kann das „Ganze“ als die Eltern-Kind-Beziehung gesehen werden. Integration ist also die Wiederherstellung der Eltern-Kind-Beziehung. Wiederherstellung deshalb, weil noch vor dreißig Jahren ein Krankenhausaufenthalt gleichbedeutend einer Trennung von Eltern und Kind war. Erst seit den 70-er Jahren wurden die von „außen“, also von Elterninteressenverbänden an die Klinik herangetragenen Integrations- forderungen allmählich umgesetzt, so daß Besuchszeiten der Eltern zunächst erweitert wurden und heute weitgehend zeitlich unbegrenzte Anwesenheit der Eltern möglich machen. Definition von Integration laut AKiK Integration als "Angebot an Eltern, den individuellen Bedürfnissen des Kindes und den aus familiären und beruflichen Möglichkeiten bestehenden Aktionsrahmen der Eltern so einzusetzen, daß alle Hilfe ermöglicht wird, 2) die das Kind im Augenblick benötigt " . 2) AKiK 1998, Seite 2 8
IV. Voraussetzungen für die Integration von Eltern Die Grundvoraussetzung ist, daß ... ! ... Eltern im Krankenhaus anwesend sein dürfen, d.h. : - Öffnung der Kinderkrankenhäuser für die Familien - unbegrenzte Besuchsmöglichkeiten - teilweise Mitaufnahme der Eltern (in wenigen Fällen wird diese Leistung bereits von den Krankenkassen übernommen, z.B.: bei stillenden Müttern) - Akzeptanz durch Krankenhausberufsgruppen - Übernachtungsmöglichkeiten (Elternliegen, Elternduschen, Elterntoiletten) - Möglichkeiten zur Selbstversorgung (z.B. Einkaufsmöglichkeiten und Kochgelegenheiten) ! ... Eltern im Krankenhaus sein können, d.h. : - keine bzw. geringe finanzielle Einbußen (Freistellung durch den Arbeitgeber) - es muß überlegt werden, welche Personen noch zur Familie gehören und versorgt werden müssen, bzw. wer die Aufgaben im Haushalt übernimmt,... ! ... Eltern im Krankenhaus sein wollen . Eine alleinige Anwesenheit wird jedoch den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht. Deshalb ist die Einbindung der Eltern in das behandelnde Team notwendig. Durch konkrete, schriftlich fixierte Aufgaben (Rollenzuteilung), entläßt man die Eltern aus einer passiven, unklaren Rolle, welche sowohl die Eltern, als auch die im Krankenhaus tätigen Mitarbeiter als irritierend und zum Teil auch störend empfinden. Das Gefühl der Hilflosigkeit und der Eindruck des Überflüssigseins kann durch aktive Beteiligung an der Pflege des Kindes überwunden werden. 9
Im Rahmen der Integration wird den Kindern ermöglicht, ihre Eltern weiterhin als primäre Bezugspersonen zu erleben. Dies beinhaltet die Ausführung von zu Hause gewohnter Tätigkeiten, wie z.B. Hilfe bei der Körperpflege, gemeinsames Essen, zu Bett bringen, ...., wodurch Ver- änderungen durch den stationären Aufenthalt so gering wie möglich gehalten werden. Familienspezifische Rituale und Kommunikations- strukturen bieten sowohl den Eltern, als auch dem kranken Kind, Sicherheit und Verläßlichkeit. Für das Krankenhauspersonal, insbesondere für die Kinderkranken- schwestern/-pfleger, bedeutet dies klare Rollenabsprachen, sowie das Abtreten von Aufgaben an die Eltern. Durch das Übertragen dieser Tätigkeiten müssen nun neue Koordinations- und Kooperationsformen erarbeitet werden. Das Fachpersonal kann sich als Begleiter und Beobachter zur Verfügung stellen und die Kinder zu einem gewissen Teil in ihrer gewohnten, familiären Situation kennen- und verstehen lernen. VI. Unterstützende Hilfestellungen für die Eltern durch das Pflegepersonal Hilfe zur Integration können und sollen Pflegende anbieten, damit Eltern sich im Krankenhaus, auf der Station orientieren können, sich willkommen fühlen und in ihrer Kompetenz anerkannt werden. Anhand der Beispiele „Aufnahmesituation“ und „Strukturvorgaben“ werde ich erläutern, wie die Integration von Eltern idealerweise unterstützt werden kann : 10
Aufnahmesituation Die Aufnahme ins Krankenhaus stellt in den meisten Fällen eine Ausnahmesituation bis hin zur Krisensituation dar. Eltern und Patient haben Ängste, sind oft verunsichert, fühlen sich vielleicht aufgrund der Ereignisse überrollt und sehen sich einer ungewohnten Umgebung gegenüber. Daher ist gerade die Aufnahmesituation ein entscheidender Moment für eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Eltern und Krankenhauspersonal auf der Grundlage gegenseitiger Annahme, Wertschätzung und Akzeptanz. Eltern gewinnen einen ersten Eindruck darüber, wie gut ihr Kind versorgt wird, wie strukturiert die Abläufe sind. Im Rahmen dieses Erstkontaktes können auftretende Unsicherheiten/Verunsicherungen erkannt und beseitigt werden. Das Aufnahmegespräch stellt eine Möglichkeit dar, Eltern erste wichtige Orientierungshilfen zu vermitteln: - Kennenlernen des Krankenhauses, der Station und der Räumlichkeiten. - Kennenlernen des „regulären“ Tagesablaufes - Kennenlernen des behandelnden Teams - Kennenlernen der verbindlichen stationseigenen (idealerweise krankenhauseigener) Regelungen z.B.: Verpflegung tagsüber anwesender Eltern, Besuche von Freunden und Geschwistern, Mitaufnahme von Bezugspersonen. - Austausch von Informationen Eltern gewinnen dadurch Klarheit und erkennen ihren Agitationsrahmen. Das System Krankenhaus verliert etwas von seiner Undurchsichtigkeit und wird transparenter. Hieraus folgt, daß Eltern Sicherheit gewinnen und diese ihren Kindern weitergeben können. Erstkontakt: Wichtig ist schon im Vorfeld eine strukturierte Vorgehensweise durch Absprachen mit anderen Berufsgruppen (Verwaltungsfachkräfte, Ärzte,...), damit sich der Erstkontakt für die Eltern nicht verwirrend, sondern hilfreich gestaltet. Sobald der Patient mit seinen Eltern auf Station kommt, erfolgt die Begrüßung durch die Bezugspflegeperson. Das zugeteilte Zimmer und das Bett wird gezeigt, Mitpatienten namentlich vorgestellt. Erstinformationen bezüglich des weiteren Ablaufs, z.B. Zeitpunkt, Inhalt und Ziel des 11
Aufnahmegesprächs, Kontaktmöglichkeiten mit den Ärzten,... werden mitgeteilt. Für das Aufnahmegespräch wird ein ruhiger, störungsfreier Raum ausgewählt. Während des Gesprächs sollen Unterbrechungen mittels Übernahme anfallender Tätigkeiten durch Kollegen vermieden werden. Das Gespräch wird von der Bezugspflegekraft durchgeführt, die idealerweise auch in den nachfolgenden Tagen Ansprechpartner sein sollte. Hierbei kann eine Vertrauensbasis durch Kontinuität im Kontakt geschaffen werden. Im Gespräch wird eine Pflegeanamnese gemeinsam erhoben. In diesem Zusammenhang kann man den Eltern aufzeigen, daß ihre Anwesenheit und Beteiligung, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, am Behandlungsverlauf erwünscht ist. Die Eltern haben die Möglichkeit, Erwartungen und Wünsche zu äußern. Rituale, religiöse Gebräuche können in die Pflege integriert werden. Pflegemaßnahmen, Hilfestellungen durch die Eltern können zu diesem Zeitpunkt besprochen, festgelegt und schriftlich fixiert werden. Anhand dieser Vorgehensweise wird der Informationsaustausch aller Beteiligten gewährleistet. Gleichzeitig sollte den Eltern deutlich gemacht werden, daß keine Kontrolle über die von den Eltern ausgeführten pflegerelevanten Tätigkeiten erfolgt, Fragen der Fachkräfte jedoch für die Krankenbeobachtung und Beurteilung von Pflegemaßnahmen unerläßlich sind, da sie in den Verantwortungsbereich der Pflegefachkräfte fallen. Konzeptionelle Rahmenbedingungen und Regeln des jeweiligen Krankenhauses, wie auch die der aufnehmenden Station werden genannt und erläutert. Da diese verbindlich sind, erhalten die Eltern davon eine schriftliche Auflistung (siehe als Beispiel Anhang 1, welcher allerdings nicht mehr ganz aktuell und im Sinne der Integration teilweise auch widersprüchlich ist). Im Anschluß an das Aufnahmegespräch sollte ein Rundgang über die Station erfolgen, um die Räumlichkeiten kennen zu lernen. Währenddessen wird den Eltern auch Gesprächsbereitschaft für später auftretende Fragen signalisiert. Die oben aufgeführte Vorgehensweise steht natürlich in Abhängigkeit zur krankheitsbedingten Verfassung des aufzunehmenden Kindes. Liegt die Notwendigkeit zu einer akuten medizinischen Versorgung vor, wird sich der 12
Verlauf der Aufnahmesituation individuell ändern. Notwendige medizinische und pflegerische Maßnahmen haben Vorrang. Strukturvorgaben während des Krankenhausaufenthalts / Wochenplan Aufwendige Diagnose- und/oder Therapiepläne erfordern zeitliche, wie auch inhaltliche Informationen für die Eltern über alle Termine und Untersuchungen. Ein am Bett des Kindes bereitgelegter Tages-, bzw. Wochenplan ist hilfreich, einen Überblick über vorgegebenen Termine und Unter- suchungen zu erhalten. Beispiel eines Tages- / Wochenplans: Name: Matthias Löwenzahn Tag der Aufnahme: Dienstag, 08.06.1999 Zeit Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Montag 08.06.99 09.06.99 10.06.99 11.06.99 12.06.99 13.06.99 14.06.99 08.00 nüchtern f.ür Schlaf- Blutent- entzugs nahme EEG 09.00 KG KG 10.00 10.30 Uhr SONO 11.00 Aufnahme Schule Ärzte 12.00 13.00 Hörtest MRT 14.00 15.00 Später ab 0 Uhr als (14.6.) wach 15.00 bleiben Auf Echo , Röntgen Abruf 13
Ein Tages- / Wochenplan bietet den Eltern Übersicht und ermöglicht ihnen : - gezielt Informationen zu den einzelnen Terminen einzuholen. - Begleitung zu den Untersuchungen des Kindes zu organisieren. - die Zeit zwischen den Terminen/Untersuchungen gestalten zu können. - Freiräume und Rückzugsmöglichkeiten zu erkennen. - Besuche von außerhalb sinnvoll einzuplanen. Die Eltern erhalten einen Überblick, wie weit Diagnostik und Therapie vorangeschritten sind. Weitere anfallende und vereinbarte Termine werden in dem Plan aufgenommen und können, ebenso wie der geänderte Tagesablauf des Kindes, anhand dessen besprochen werden. Ein ständiger Informationsfluß findet statt, wodurch Wünsche der Eltern und der Kinder bzgl. der Terminplanung aufgenommen und aufeinander abgestimmt werden können. Durch die Koordination von Terminen wird der spezielle Tagesablauf des Kindes im Tages-/Wochenplan festgelegt und dadurch für alle Beteiligten klar ersichtlich. VII. Schwierigkeiten der Integration Es gibt viele Faktoren, die die Umsetzung der Integration von Eltern schwierig gestalten : a) Schwierigkeiten durch die Einstellung des Krankenhauspersonals - Es mangelt an Akzeptanz und Einsicht zur Notwendigkeit der Integration. - Pflegepersonal fühlt sich für das kranke Kind, nicht jedoch für die Eltern zuständig - Unerfahrenheit in der Elternarbeit, besonders im Umgang mit Eltern, die als problematisch/schwierig angesehen werden, da sie z.B. den Ablauf stören, die Behandlung erschweren, den Fachkräften „unangemessen kritisch“ entgegentreten oder gar gegen die Interessen des Kindes agieren. 14
- Eltern werden als Belastung erlebt, da sie zusätzlich noch viele Hilfestellungen benötigen. - Die Umsetzung der Integration wird nur einer Berufsgruppe (z.B. Pflegepersonal) abverlangt und eine berufsgruppenübergreifende Unter- stützung, wie auch die daraus resultierende gemeinsame Auseinander- setzung fällt weg. - Es mangelt oft an klaren, verbindlichen Absprachen über Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse der beteiligten Parteien, sowie an gegen- seitiger Anerkennung der jeweiligen Kompetenz. b) Schwierigkeiten, die sich aus der räumlichen Situation und der Krankenhausstruktur ergeben: - Es mangelt an verbindlichen und einheitlichen Absprachen zwischen den verschiedenen Stationen, Abteilungen und anderen Kliniken im Umgang mit der elterlichen Integration. - Platzmangel in den Zimmern (meist reicht der Platz gerade mal für die Patientenbetten, an Stellmöglichkeiten für Elternbetten ist nicht gedacht) - Es fehlen oft günstige Unterkunftsmöglichkeiten in der Nähe des Krankenhauses. - Selten besteht die Möglichkeiten, Elternzimmer als spezielle Eltern- aufenthaltsräume oder Elternküchen einzurichten. - Meist fehlen ausreichend große Spiel- und Bewegungsräume, in denen sich die Eltern mit ihren Kindern beschäftigen können. c) Schwierigkeiten, die sich aus gesundheitspolitischen Maßnahmen ergeben - Es wurden Budgetkürzungen vorgenommen. - Die Pflegepersonalregelung wurde im Frühjahr 1997 außer Kraft gesetzt, wodurch es zu Stellenreduzierungen kam. - Es gibt zu wenig unterstützende Berufsgruppen (Erzieher, Psychologen,...), da das dafür notwendige Geld nicht vorhanden ist. Ganz im Gegensatz zum Bedarf wird sogar entlassen, bzw. bei freiwilligem Ausscheiden von Personal keine Neuanstellung angestrebt. 15
d) Schwierigkeiten, die sich durch die beobachtende und beurteilende „Instanz“ Eltern ergeben können Eltern werden als eine Art Instanz erlebt, die nun im Gefüge des Krankenhauses beteiligt ist, Schwachstellen anspricht und somit „sichtbar“ macht. Beispiele: Mangelnde Absprachen innerhalb der Station. Unbefriedigende Kooperation Mangelnder, fehlender und/oder verzögerter Informa- tionsfluß. Alle Beispiele sind Schwachstellen, welche bislang als unabwendbar, unlösbar hingenommen wurden, somit ein Problemlösungsversuch erst gar nicht unternommen wurde. Die meisten der aufgezählten Schwierigkeiten und Einwände, die durch Integration von Eltern aufkommen können, sind durch genaue Planung und schrittweise Umsetzung von verbindlichen Regeln lösbar. Der erste Schritt eines Teams, das eine Integration der Eltern für wichtig und notwendig erachtet, ist die gemeinsame Auseinandersetzung mit diesem Vorhaben / Thema. Hierbei werden die verschiedenen Handhabungen im Umgang mit der Elternintegration sichtbar. Unterschiedliche Auffassungen und Ideen zur Umsetzung können aufgezeigt und diskutiert werden. Mögliche Vorgehensweise zur Problembeseitigung : Als Gerüst für planvolles und zielgerichtetes Handeln hat AKiK 3) folgende Schritte erarbeitet, die ich für umsetzbar und praxisbezogen halte: 1. Problembewußtsein entwickeln 2. Vorhaben benennen 3. Ist-Situation ermitteln 4. Problemfelder benennen und bearbeiten 5. Umsetzungsmöglichkeiten skizzieren, priorisieren und abarbeiten 6. Ergebnisse mit Vorhaben vergleichen und gegebenenfalls nacharbeiten. 3) AKiK 1996 16
Selbstverständlich obliegt die Erarbeitung des Ziels „Integration von Eltern stationär versorgter Kinder“ nicht nur den Pflegekräften, sondern sollte in aktiver Zusammenarbeit aller direkt beteiligten Krankenhausberufsgruppen, wie auch den Eltern und Patienten entwickelt werden. VIII. Resümee Durch die Bearbeitung dieses Themas wurde mir noch deutlicher, daß Integration nicht dadurch erreicht wird, daß jeder seine individuellen Versuche unternimmt, Eltern zu integrieren. Denn so bleibt es oft nur bei einzelnen Bemühungen, die aufgrund von fehlenden, zuvor ausgearbeiteten und verbindlichen Regeln scheitern. Pflegekräfte und Ärzte werden weiterhin in die Rollen „gut“ oder „böse“ eingeteilt, je nach deren Bereitschaft, Ausnahmen und Zugeständnisse einzuräumen. Kollegen, die sich an die noch gültigen, jedoch nicht zeitgemäßen Regelungen halten, finden sich trotz eines strukturgebenden Verhalten in einer eher schlechten Position. Fazit : Es muß also eine gemeinsame Auseinandersetzung stattfinden, um gemeinsam verbindliche Absprachen zu treffen. Schon in der Kinderkrankenpflegeausbildung müßten Themen, wie Gesprächsführung, Elternarbeit und Pädagogik mehr Stunden zugeteilt werden. Dadurch könnte ein Grundstein zu einer erweiterten Qualifikation gelegt werden, indem durch erlernte Kommunikationsstrukturen und Interaktionsmuster schwierige Situationen im Umgang mit Eltern wahr- genommen werden können. Dies wäre ein erster Schritt, Eltern mit ihren Sorgen und Nöten, Fragen und Unsicherheiten,...aufzufangen und entsprechend der jeweiligen Situation zu begleiten. Examiniertes Pflegepersonal könnte in seiner Arbeit durch Seminare über Kommunikationsformen und Gesprächsführung in der Elternarbeit, Wahrnehmung von Konflikten, ... unterstützt werden. 17
Ebenso wäre Supervision wünschenswert, um den täglichen Belastungen reflektiert entgegentreten zu können. Unerläßlich ist es, bei Um- bzw. Neubauten Aspekte der Elternintegration (z.B. separates Elternzimmer) in die jeweilige Planung einfließen zu lassen. Somit wären zumindest die baulichen / räumlichen Voraussetzungen geschaffen. Es gibt sicher noch viele weitere Möglichkeiten, Integration von Eltern zu „be-leben“, die sich, wenn man sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzt, ergeben, aufgebracht und vielleicht auch wieder verworfen werden (müssen). Ich würde mir jedenfalls wünschen, daß diese Hausarbeit einen Impuls all denen geben kann, die Integration nicht nur „halbherzig“, sondern fundiert und strukturiert in ihrer Arbeit wiederfinden möchten. Literaturverzeichnis AKTIONSKOMITEE KIND IM KRANKENHAUS E.V. BUNDESVERBAND: Referat des AKiK-Bundesverbandes anläßlich des Jubiläums „30 Jahre Kinderchirurgie Dortmund“ am 30.11.1996 Geschäftsstelle: Kirchstraße 34, 61440 Oberursel AKTIONSKOMITEE KIND IM KRANKENHAUS E.V. BUNDESVERBAND: Referat des AKiK-Bundesverbandes anläßlich der Fortbildungsveranstaltung „ 3. Bottroper Pflegegespräch“ am 18.06.1998 Geschäftsstelle: Kirchstraße 34, 61440 Oberursel HOEHL, M; KULLICK, P: Kinderkrankenpflege und Gesundheitsförderung. Stuttgart: Georg Thieme Verlag 18
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