Multimedikation - Was bremst den Appetit? Geschmacksstörungen durch Medikamente

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Multimedikation - Was bremst den Appetit? Geschmacksstörungen durch Medikamente
Titel der Präsentation
 30.05.2009
 Seite 1

Multimedikation – Was bremst den Appetit?

Geschmacksstörungen durch Medikamente

                           Dr. med. Hartwig Orth
                          GFO Kliniken Rhein-Berg
                          Chefarzt Klinik für Geriatrie
                            Marien-Krankenhaus
                           Dr. Robert Koch-Str. 18
                          51465 Bergisch Gladbach

                              06.November 2019
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            Appetit / Appetitlosigkeit
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Appetit:
       – lat. appetitus cibi = „Verlangen nach Speise“
       – appetere = begehren, verlangen

Appetitlosigkeit:
bezeichnet das fehlende oder eingeschränkte Bedürfnis, flüssige oder feste
Nahrung zu sich nehmen.
A. kann von schneller Sättigung, Geruchs- und Geschmacksveränderungen,
Aversion, Übelkeit und Erbrechen begleitet sein.
                                                         www.pharmawiki.ch
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           Appetit / Appetitlosigkeit
Titel der Präsentation

                                   Medikamente können die Speichelmenge reduzieren (Xerostomie).
                                   Risiko für Reizung und Entzündung. Über 400 Medikamente können
                                   Mundtrockenheit verursachen, u.a. auch Chemotherapeutika.
                                   Antihistaminika , Antidepressiva, Antipsychotika, Parkinson-Medikamente,
                                   Antidementiva, Inhalatoren (zusätzlich Mykose-Risiko!!), ACE-Hemmer, Ca-
                                   Antagonisten, Betablocker, Diuretika, Anxiolytika, Antivertoginosa,
                                   Antidiarrhöika, Btm., Scopolamin u.a. Spasmolytika

                                    Mucositis/Ulzera durch diverse Chemotherapeutika
                                    Gingivahyperplasie als Besonderheit mit Risiko für
                                    Entzündung/Reizung: Phenytoin, Cyclosporin, Nifedipin,
                                    Verapamil, Diltiazem und Amlodipin

                                   Geschmacksstörung (bitter, salzig, metallisch…)
                                   Antihistaminika, Ampicillin, Bleomycin, Levofloxacin, Tetracycline,
                                   Amphotericin B, Griseofulvin, Metronidazol,
                                   Lithium, Trifluoperazin, Bisphosphonate, Etidronat,
                                   Captopril, Enalapril, Diltiazem, Dipyridamol, Clofibrat,
                                   Dexamethason, Hydrocortison,
                                   Glipirid, Amilorid, Ethacrinsäure Acetazolamid, Allopurinol,
                                   Colchicin, Nitroglycerinpflaster, Eisensorbitex, Baclofen,
                                   Chlormezanon, Levodopa, Gold, Carbamazepin, Phenytoin,
                                   Carbimazol, Methimazol, Azathioprin, Ethambutol
                                   Nikotin-Hautpflaster

                         modif. n. Alfred D. Wyatt Jr., WebMD Medical Reference, 2018
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Ursachen für Appetitlosigkeit:
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• Erkrankungen des Verdauungstraktes: MDT-Erkrankung wie Ulkus,
  Gallensteine, etc.
• sekundär als Folge einer Erkrankung, z.B. bei Tumorprozess,
  Halsschmerzen und Schluckschwierigkeiten, Hepatitis, Geschmacks-
  störungen, reduziertem Geschmacks- und Geruchssinn,
  Mundtrockenheit, Karies und Infektionskrankheiten.
• schlecht sitzende Prothesen
• als Folge psychischer Probleme oder zentralnervöser Erkrankungen:
  Stress, Aufregung, Depression und Demenz
• medikamentös bedingte Appetitreduktion
• nach einer Narkose
• Diäten, z.B. salzlos, fettfrei, glutenfrei
• physiologische Appetitlosigkeit im Alter?

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            Riechen und Schmecken –
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              die chemischen Sinne
• Nahrungsaufnahme, Wohlbefinden und zwischenmenschliche
  Kontakte werden von diesen Sinnen in weitaus größerem Maße
  beeinflusst, als oftmals subjektiv bewusst ist. Diese Einflüsse sind
  besonders im Alter relevant.
• altersabhängige Reduktion der chemosensorischen Funktionen:
  >50% der älteren Menschen leiden an klinisch bedeutsamen Riech-
  und Schmeckstörungen.
• Essgewohnheiten älterer Menschen werden durch Riechstörungen
  erheblich beeinflusst
• Fettleibigkeit bei älteren Frauen mit Riech- und Schmeckstörungen
  signifikant häufiger als bei normaler chemosensorischer Funktion

                         L. Klimek u. a.: Riech- und Schmeckvermögen im Alter. In: Dt.
                         Ärzteblatt, 2000; 97, S. A-911-918.
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             Appetitlosigkeit:
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Fehlendes/eingeschränktes Bedürfnis, Nahrung zu sich
nehmen:

            Geruchs-
             Herr G. 85 J,und
                           kein Geschmacksveränderungen
                                Appetit, 3. KH-Aufenthalt (CH/Endo.) -
                    Medik.:
                    Bisoprolol: Ü,E.,O.
                    Torem 10: Inappetenz, Ü.,E.,O., D., X.
                      Aversion, Übelkeit und Erbrechen
                    Spironolacton: Ü., E., O., X. He
                    Simvastatin: Ü., E., O., D.
                    Marcumar: Ü., E., O., Appetitminderung
                    Pantozol: Ü.,Sättigung
                                   E., O., D., X.
                    Tamsulosin: Ü., E., O., X.
                    Macrogol: Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen,
                    Kaliumstörungen
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             Appetitlosigkeit:
Titel der Präsentation

Fehlendes/eingeschränktes Bedürfnis, Nahrung zu sich
nehmen:

            Geruchs- und Geschmacksveränderungen

                      Aversion, Übelkeit und Erbrechen

                            Sättigung
Geschmacksqualitäten:
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Salzig, süß,
bitter, sauer
und umami

    Geschmacksstörung - Dysgeusie
Geschmacksqualitäten:
  Titel der Präsentation
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Der Umami-Geschmack wird durch die Aminosäureionen
Glutamat und Aspartat sowie durch die Nukleinsäure-ionen
Inosinat und Guanosinat ausgelöst.
Der Geschmacksqualität umami entsprechen in den
Geschmacksknospen der Zunge bestimmte
chemorezeptive Sinneszellen mit einem spezifischen
Geschmacksrezeptor, bestehend aus den beiden
                                                                                        Parmesan ist ein Milch-
Proteinen T1R1 und T1R3 in der Zellmembran der
                                                                                        erzeugnis, das infolge
Geschmackszellen.
                                                                                        Fermentation 1–3 % an
J. Chandrashekar et al.: The receptors and cells for mammalian taste. Nature 444, Nr.   Glutatmat enthält.
7117, 2006, S. 288–294                                                                  Es kann beim Menschen
                                                                                        über Sinneszellen der
                                                                                        Geschmacksknospen auch
                                                                                        die Geschmacks-
                                                                                        wahrnehmung umami
                                                                                        hervorrufen.
„Geschmack“
  Titel der Präsentation
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  Seite 10

 von mittelhochdeutsch gesmac: Duft, Gestank; smẹcken: kosten, versuchen,
 Geruch empfinden, riechen, duften; wahrnehmen
• …Sinneseindruck, als Zusammenspiel des Geschmacks-
  und Geruchssinns gemeinsam mit Tast- und Temperatur-
  empfindungen aus der Mundhöhle.

• Sinnesphysiologisch umfasst der menschliche Geschmacks-
  sinn nur die genannten grundlegenden Geschmacks-
  qualitäten, die mit Geschmacksrezeptoren wahrgenommen
  werden, die vorwiegend auf der Zunge liegen.

                    wikipedia.org/wiki/Geschmack_(Sinneseindruck)
„Geschmack“
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 11

  • Die Wahrnehmungsschwelle für Geschmacksreize im
    Alter erhöht sich, wovon die Wahrnehmung süßer Reize
    am wenigsten betroffen ist.
  • nachlassendes Geschmacksvermögen im Alter ist Folge
    verringerter Funktion der Rezeptoren, nicht aufgrund
    verringerter Zahl von Geschmacksknospen auf der Zunge
  • gewisser Einfluss auch durch reduzierten Speichelfluss.

                         L. Klimek u. a.: Riech- und Schmeckvermögen im Alter. In: Dt.
                         Ärzteblatt, 2000; 97, S. A-911-918.
Geschmacksstörungen
Titel der Präsentation
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Seite 12

• Störungen der Sinnesfunktionen Riechen und Schmecken
  sind relativ häufig. In den USA wird die Zahl der Patienten
  mit klinisch bedeutsamen Riech- oder Schmeckstörungen
  auf mindestens zwei Millionen geschätzt

          Report of the panel on communicative disorders to the national advisory neurological and communicative
          disorders and stroke council. Washington, DC: Public Health Service 1979

• In der westlichen Welt haben ca. 3-7% der Gesamt-
  bevölkerung klinisch relevante Riechstörungen
• Bei 65- bis 80-jährigen:
                      9.
                           60%, bei >80-jährigen: 75%

          Doty RL, Shaman P, Applebaum SL, Giberson R, Siksorski L, Rosenberg L: Smell identification
          ability: changes with age. Science 1984; 226: 1 441-1 443.
          Stevens JC, Dadarwala AD: Variability of olfactory threshold and its role in assessment of aging.
          Percept Psychophys 1993; 54: 296-302.
Geschmacksstörungen
 Titel der Präsentation
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 Seite 13

• häufiger als gustatorische Wahrnehmungsstörungen sind Geschmacks-
  störungen Folge einer beeinträchtigten Geruchswahrnehmung
• bei völligen Verlust der Geruchswahrnehmung (Anosmie) kein
  differenzierter Geschmack mehr wahrnehmbar, was häufig zum Verlust
  des Appetits auf jegliche Speisen führt.

• Riechstörungen treten auch häufig im Rahmen von Alzheimer- und
  Parkinson-Krankheit auf. Ob bei den Betroffenen auch der Geschmack
  beeinträchtigt ist, ist wissenschaftlich umstritten.

     L. Klimek u. a.: Riech- und Schmeckvermögen im Alter. In: Dt. Ärzteblatt, 2000; 97, S. A-911-918.
„Geschmackstörungen“
Titel der Präsentation
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Seite 14

• Alzheimer-Demenz und vaskuläre Demenz können zu
  Veränderungen der Inselregion führen, was die
  Geschmackserkennung beeinträchtigt.

• Zusätzlich können die zur Behandlung von Demenz
  verordneten Medikamente (z. B. Cholinesterasehemmer)
  auch zu Geschmacksstörungen beitragen.

    Suto, T., Meguro, K., Nakatsuka, M. et al. Disorders of “taste cognition” are associated with insular
    involvement in patients with Alzheimer's disease and vascular dementia: “Memory of food is impaired in
    dementia and responsible for poor diet”. Int Psychogeriatr. 2014; 26: 1127–1138
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                Chronische Erkrankungen, die zu
 Titel der Präsentation

               Geschmacksstörungen führen können
  Sinusitis/obere respiratorische Infektionen
  Chronische Hepatitis C
  Chronische Nierenerkrankung
  Diabetes mellitus
  Herzerkrankungen
  Schilddrüsenerkrankungen, bes. Hypothyreose
  Kognitive Störungen/Demenz
  Parkinson
  Malignome
  Dental/oral: periodontal e Erkrankungen, Karies, oropharyngeale Candidiasis
  Mentale Störungen bzw. Psychiatrische Erkrankungen and epilepsy

The Impact of Aging and Medical Status on Dysgeusia. Quratulain Syed, MD, Kevin T. Hendler, DDS, Kenneth
Koncilja, MD , The American Journal of Medicine , Volume 129, Issue 7, Pages 753.e1-753.e6 (July 2016)
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 Seite 16  Geschmacksstörungen
 Titel der Präsentation

• Nebenwirkung einiger Medikamente mit (vorübergehender)
  Beeinträchtigung des Geschmacks, z.B bei Chlorhexidin,
  Penicillamin oder Zytostatika oder als zeitweise Folge einer
  Chemotherapie.
• Vitaminmangel sowie Mangel an Spurenelementen (Zink,
  Nickel, Kupfer) kann Geschmacksempfinden verändern,
• mangelhafte Mundhygiene
• Geschmacksempfinden wird für kurze Zeit gestört, wenn
  man sich die Zunge „verbrennt“.
• regelmäßiges Rauchen verändert und beeinträchtigt die
  Geschmackswahrnehmung

       L. Klimek u. a.: Riech- und Schmeckvermögen im Alter. Dt. Ärzteblatt, 2000; 97, S. A-911-918
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    Seite 17
              Medikamente und Ernährung
    Titel der Präsentation

•      Viele Substanzgruppen, die in der Selbstmedikation üblich sind, führen zu
       Übelkeit und Erbrechen und auch Geschmacksstörungen
•      Antikoagulation mit NOAK machen in einem relevanten Anteil Übelkeit und
       weitere Magen-Darm-Beschwerden. Unter Vitamin-K-Antagonisten weniger.
•      Antibiotika erzeugen die verschiedensten gastrointestinalen NW, bes. Risiko
       für Überwucherung durch Clostridium difficile bei älteren Patienten – selbst
       bei nur kurzzeitigem Antibiotikagebrauch. Säureblocker als Begleitmedikation
       erhöhen dieses Risiko erheblich.
•      SSRI haben appetitmindernde Wirkung, Mirtazapin kann ggf. Alternative
       sein.
•      Chronischen Schmerzsyndrome: Für Opioide sind Übelkeit und Appetit-
       losigkeit typisch, zusätzlich Sedierung möglich
•      regelmäßiger Medikationscheck bei Risikopatienten, auch für die nicht-
       verschreibungspflichtige Selbstmedikation, inkl. Pflanzliche Präparate
       (Interaktionspotenzial)

                             modif. n. Gehrke, W.: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (7) Seite 20-23
Medikamente und Ernährung
Titel der Präsentation
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Seite 18

bei Multimedikation:
• sehr kritischer Umgang mit allen Substanzen
• Indikationen regelmäßig auf Fortbestehen prüfen
• Änderungen und Ergänzungen möglichst moderat vornehmen
• immer wieder auch Ausschleich- und Absetzversuche, bes. wenn sich
   der Verdacht auf unerwartete Nebenwirkungen ergibt (insbes.
   Psychopharmaka und Sedativa außerhalb validierter psychiatrischer
   Indikationen). Hilfreich dabei etablierte Positiv-Listen (FORTA
   /START-STOPP)- oder Negativ-Listen (PRISCUS).

Forderung nach einer reduzierten Substanzzahl (z. B. „Geriatrische 5“).
(Cave: nicht nur Über-, sondern auch Untermedikation möglich).

                         modif. n. Gehrke, W.: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (7) Seite 20-23
Medication Appropiateness Index (MAI)
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 19

                                             n. Hanlon 1992
1. Gibt es eine Indikation für das Medikament?                                                    ja   nein
2. Ist das Medikament wirksam in dieser Indikation
3. Stimmt die Dosierung?
4. Ist die Einnahme korrekt (Mahlzeiten, Frequenz, Applikation, Zeitpunkt)?
5. Keine klinisch relevante Interaktionen mit anderen Medikamenten?
6. Keine klinisch relevante Interaktionen mit Begleiterkrankungen?
7. Sind die Anwendungsvorschriften praktikabel?
8. Ist die Dauer der Therapie adäquat?
9. Wurden Doppelverschreibungen vermieden?
10. Wurde das günstigste Präparat gewählt?
Bei negativer Antwort einer Frage ist eine Verbesserung der Medikation
durch Dosisanpassung, Anpassung des Zeitpunktes der Verabreichung,
Umstellung auf ein passenderes Medikament oder Absetzen indiziert.

      Medication Appropriateness Index (MAI); modifiziert nach Hanlon JT, Schmader K, Samsa GP,
      Weinberger M, Uttech KM, Lewis IK, Cohen HJ, Feussner JR.: A method for assessing drug
      therapy appropriateness. J Clin Epidemiol 1992; 45: 1045-1051
Geschmacksstörungen
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 20

  systematischer Review über 34 Studien:

  • 35 Medikamente konnten gefunden werden, die mit
    Geschmacksstörungen (dysgeusia) korreliert waren.

  • meist handelte es sich um Medikamente wie
    Keratolytika, Chemotherapeutika und andere
    Krebsmedikamente sowie
    Antihistaminika, Antibiotika und ACE-Hemmer.

                   Mortazavi H, Shafiei S, Sadr S, Safiaghdam H.: Drug-related Dysgeusia: A Systematic
                   Review. Oral Health Prev Dent. 2018;16(6):499-507.
Geschmacksstörungen
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 21

• Italian national database of spontaneous adverse drug reactions (ADR)
  (Agenzia Italiana del Farmaco) von 1988-2008:
        Geschmacksalteration alleine in 75% der ADR-Fälle,
        Geschmack und Geruchsstörung in 13% der ADR-Fälle.
• Makrolide, Antimykotika, Fluorchinolone, Proteinkinase-Iinhibitoren,
  ACE-Hemmer, HMG-CoA-Reductasehemmer (Statine) und
  Protonenpumpenhemmer waren die häufigsten Schuldigen.
   Tuccori, M., Lapi, F., Testi, A. et al.: Drug-induced taste and smell alterations: a case/non-case evaluation of an Italian
   database of spontaneous adverse drug reaction reporting. Drug Saf. 2011; 34: 849–859

• Symptomdauer variierte zwischen Tage bis Monate nach Absetzen der
  Medikamente. Antiretrovirale Medikation ist mit Geschmacksstörung
  assoziiert bei HIV Patienten.
   Raja, J.V., Rai, P., Khan, M., Banu, A., Bhuthaiah, S.. Evaluation of gustatory function in HIV-infected subjects with
   and without HAART. J Oral Pathol Med. 2013; 42: 216–221

• Ebenso Chemotherapeutika, bes. 5-Fluorouracil und Analoga erhöhten
  Prävalenz bei Älteren.
 Miles, D., Baselga, J., Amadori, D. et al. Treatment of older patients with HER2-positive metastatic breast
 cancer with pertuzumab, trastuzumab, and docetaxel: subgroup analyses from a randomized, double-
 blind, placebo-controlled phase III trial (CLEOPATRA). Breast Cancer Res Treat. 2013; 142: 89–99
Geschmacksstörungen
  Titel der Präsentation
  30.05.2009
  Seite 22

• Medikamente können über Speichel ausgeschieden werden, mittels
  carriervermitteltem Transport oder passiver Diffusion.
        Lee, N., Duan, H., Hebert, M.F., Liang, C.J., Rice, K.M., Wang, J.: Taste of a pill: organic cation transporter-3 (OCT3)
        mediates metformin accumulation and secretion in salivary glands. J Biol Chem. 2014; 289: 27055–27064

• Sie können den Geschmacksinn über verschiedene Mechanismen
  beeinflussen, z.B. Arzneimittel-Rezeptor-Wechselwirkung, Störung der
  Ausbreitung des Aktionspotentials in Zellmembranen afferenter und
  efferenter Neuronen sowie Veränderung der Neurotransmitterfunktion

• Einfluß auf den Geschmack /Mukosarezeptoren durch Schleimhaut-
  trockenheit , mit evtl. auch Verkleben von Geschmacksporen und
  vermindertem Speichel.

Tuccori, M., Lapi, F., Testi, A. et al. Drug-induced taste and smell alterations: a case/non-case evaluation of an
Italian database of spontaneous adverse drug reaction reporting. Drug Saf. 2011; 34: 849–859
Geschmacksstörung durch Medikamente
    Titel der Präsentation
    30.05.2009
    Seite 23

Mögliche Störung                Gruppe                       Wirkstoffe (beispielhaft)
Xerostomie                      Anticholinergika             Atropin, Scopolamin, Butylscopolamin
                                Antihistaminika              Loratidin, Cetirizin
                                Antihypertensiva             ACE-Hemmer, Diltiazem, Dipyridamol
Metallgeschmack                 Antibiotika                  Ampicillin, Fluorchinolone, Makrolide, Tetrazykline,
                                                             Metronidazol
                                Neuroleptika                 Chlorpromazin, Perphenazin, Amitriptylin
Xerostomie,                                                  Amitriptylin, Imipramin, Doxepin, Clomipramin,
                                Tri-/Tetrazyklika
Metallgeschmack                                              Nortriptylin, Opipramol, Trimipramin
Hypogeusie                      Antikonvulsiva               Carbamazepin, Phenytoin
Dysgeusie                       Gichtmittel                  Allopurinol, Colchizin
                                Lipidsenker                  Clofibrate, Statine
                                Schlafmittel                 Zopiclon
Salzgeschmack                   Diuretika                    Amilorid, Hydrochlorothiazid, Spironolacton
bitterer Geschmack              Glaukommittel                Acetazolamid, Dorzolamid (topisch)
Knoblauch-Geschmack             Lösemittel                   Dimethylsulfoxid (in Dermatika)
        modifiert n. Podlogar J, Smolich M. (2016) Dysgeusien und Xerostomie durch Arzneimittel. Dtsch
        Apotheker Zeitung 156: 54-57
Geschmacksstörung durch Medikamente
   Titel der Präsentation
   30.05.2009
   Seite 24
Medikamentengruppe                           Häufige Verteter
Antibiotika                                  Makrolide, Fluorchinolone, Ampicillin, Metronidazol,
                                             Tetracyclin, Trimethoprim-sulfamethoxazol, Amphotericin B,
                                             Terbinafin u.a. Antimykotika
ACE-Hemmer                                   Captopril, Ramipril
Antiarrhythmika                              Amiodaron, Procainamid
HMG-CoA Reduct.hemmer (Statine)              Atorvastatin, Simvastatin
Protonenpumpenhemmer (PPI)
Anticholinerge Medikation                    Spasmolytika, Baclofen, Antimuskarinergika, Trizyklika
Diuretika                                    Azetazolamid
Endokrin wirksame Medikation                 Thyreostatika, Corticoide, L-Thyroxin
Psychiatrische Medikation                    Ariprazolam, Lithium
Antiepileptika                               Carbmazepin, Phenytoin, Topiramat
Dopaminpräkursor                             Levo-Dopa
Gichtmedikation                              Allopurinol, Cholchizin
Proteink.inhib./Antiretriovirale Med./ Sunitinib, Erlotinib, Imatinib/Atazanavir, Darunavir, Ritonavir/5-
Chemotherapeutika                      Fluorouracil, Cisplatin
   The Impact of Aging and Medical Status on Dysgeusia. Quratulain Syed, MD, Kevin T. Hendler, DDS, Kenneth Koncilja, MD ,
   The American Journal of Medicine , Volume 129, Issue 7, Pages 753.e1-753.e6 (July 2016)
Anteil der Patienten (%), die nach der Anwendung
Titel der Präsentation

    bestimmter Arzneistoffe eine Dysgeusie erleiden
30.05.2009
Seite 25

           Wirkstoff
           Acetazolamid, Dorzolamid                         20 – 100%
           Cisplatin                                        77%
           Zopiclon                                         16 – 32%
           Topiramat                                        8%
           Captopril                                        2 – 7%
           Lithium                                          5%
           Terbinafin                                       3%
           Amiodaron                                        1 – 3%

Touger-Decker R, Mobley C, Epstein JB (eds). Nutrition and Oral Medicine. Humana Press/Springer,
New York 2014
Fallbeispiel: Harndrang durch Dorzolamid
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 26

Eine 85-jährige Patientin wird nach einem nächtlichen Treppensturz
notfallmäßig ins Krankenhaus eingeliefert. Neben einer Halswirbelfraktur und
mehrfachen Frakturen beider Handgelenke werden intrakranielle Blutungen
diagnostiziert.
Die Patientin war bisher rüstig und gesund; als einziges Arzneimittel wendet
sie wegen eines Offenwinkelglaukoms Dorzolamid-haltige Augentropfen an.
Sie gibt an, nachts drei- bis viermal zur Toilette zu gehen – auch in der Nacht
des Sturzes sei sie auf dem Weg ins Bad gewesen und, da sie nicht mehr so
gut sehe, auf der Treppe gestolpert.
Die Ursache des nächtlichen Harndrangs kann glücklicherweise geklärt
werden, bevor mit einer weiteren urologischen Diagnostik begonnen wird: Seit
Beginn der abendlichen Therapie mit Dorzolamid verspürt die Patientin nachts
einen bitteren Geschmack, den sie durch Trinken mehrerer Gläser Wasser zu
bekämpfen versucht. Dies verursachte die vermeintliche Inkontinenz.

Douglass R, Heckmann G. Drug-related taste disturbance: A contributing factor in geriatric syndromes.
Can Fam Physician 2010;56:1142-1147
Medikamente und Ernährung
Titel der Präsentation
30.05.2009
Seite 27

• Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln
  können klinisch ebenso relevant sein wie Wechselwirkungen
  zwischen einzelnen Arzneistoffen.

• Bereits eine einzige Mahlzeit enthält mehrere Hundert potenziell
  interagierende Verbindungen, was im Einzelfall über Erfolg oder
  Misserfolg einer Therapie entscheiden kann.

      Smollich, M; Podlogar, J.: Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln und Lebensmitteln,
      WVG Stuttgart 2016
Medikamente und Ernährung
     Titel der Präsentation
     30.05.2009
     Seite 28

 Unspezifische Effekte von Nahrung
 •      Magenfüllung: das Ausmaß der Magenfüllung wirkt in der Regel als
        Retardierungsfaktor: Bei galenisch einfachen Arzneimitteln verschiebt sich der
        Zeitpunkt des Spitzenspiegels nach hinten und die Spitzenkonzentration sinkt,
        wenn sie statt auf einen leeren auf einen gefüllten Magen eingenommen
        werden.
 •      Resorptionsrate: Die mit dem Arzneimittel aufgenommene Flüssigkeits-
        menge beeinflusst die Resorptionsgeschwindigkeit, nicht jedoch die
        Resorptionsrate . In Ausnahmefällen kann die Bioverfügbarkeit durch
        Adsorption an Nahrungsbestandteile reduziert werden: Besonders relevante
        Beispiele hierfür sind L-Thyroxin, Bisphosphonate und Levodopa, die deshalb
        mit großem zeitlichem Abstand von den Mahlzeiten (L-Thyroxin vor dem
        Frühstück) eingenommen werden sollen .

Boullata JI, Armenti VT. Handbook of drug-nutrient interactions. Humana Press Totowa, New Jersey 2004; Nimmo
J, Heading RC,Tothill P et al.: Pharmacological modification of gastric emptying: effects of propantheline and
metoclopromide on paracetamol absorption. Br Med J 1973;1:587-589;
Laitinen K, Patronen A, Harju P et al.: Timing of food intake has a marked effect on the bioavailability of
clodronate. Bone 2000;27:293-296
Management b. Appetit-/Geschmacksstörung
     Titel der Präsentation
     30.05.2009
     Seite 29

•     Bei Appetitstörungen und Gewichtsverlust nach Geschmacks- oder
      Geruchsstörungen suchen, z.B. Screening-Frage : Haben Sie in den letzten 12
      Monaten Probleme mit Geschmack oder Geruch gehabt? (NHANES-Umfrage 2011-12)

•     Anamnese zu Speichelfluss, Geschmacks- und Geruchsproblemen, Kau-
      problemen, Schmerzen in der Mundhöhle, Problemen mit Zähnen und
      Zahnersatz, Zahnhygiene sowie Infektionen der Ohren und oberen Atemwege.

•     Frage nach regionalen oder auch qualitätsspezifischen Störungen in verschied.
      Regionen von Zunge, Gaumen und Rachen. Ggf. Testung mit Stimuli wie Zucker
      (süß), Zitronensäure (sauer), NaCl (salzig) oder Koffein oder Chinin (bitter).

•     Bewertung/Behandlung von Infektionen d. oberen Atemwege, oraler Candidiasis
      und Labor bzgl. Stoffwechselstörungen oder endokrinen Störungen.

•     Überprüfung der Medikamente, ggf. Absetzen oder Umstieg auf ein alternatives
      Arzneimittel mit weniger geschmacksverzerrenden UAW.
•     Evtl. zahnärztliche Untersuchung und Behandlung von Munderkrankungen,
      inklusive Frage nach Mundtrockenheit .
    The Impact of Aging and Medical Status on Dysgeusia. Quratulain Syed, MD, Kevin T. Hendler, DDS, Kenneth
    Koncilja, MD , The American Journal of Medicine , Volume 129, Issue 7, Pages 753.e1-753.e6 (July 2016)
Schematisches Diagramm bei der
 Titel der Präsentation
 30.05.2009
Behandlung von Geschmacksstörungen
 Seite 30

                                      Patient klagt über
                                      Geschmacks-
                                      störungen

                          Geruchsstörung          Geschmacks- oder
                          in der                  Geschmacks- und
                          Vorgeschichte           Geruchsstörungen

                                                                                        Zeichen von
                                      Mundhöhle und           Screen: Infektion         endokrinen- o.
        Medikamente                                           der oberen
                                      Gebiss                                            Stoffwechsel-
        überprüfen                                            Atemwege?
                                      untersuchen                                       Störungen

                                                   bei Bedarf zum                                    entspr. Labor:
                          Ggf. Medika-                                        Infekttherapie
                                                   Zahnarzt                                          TSH, HbA1, LFTs
                          mentenänderung

The Impact of Aging and Medical Status on Dysgeusia. Quratulain Syed, MD, Kevin T. Hendler, DDS, Kenneth
Koncilja, MD , The American Journal of Medicine , Volume 129, Issue 7, Pages 753.e1-753.e6 (July 2016)
Appetit-/Geruchs-/Geschmacksstörungen
 Titel der Präsentation
 30.05.2009
 Seite 31

             Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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