JA, NEIN, VIELLEICHT? - Stiftung Haus der kleinen Forscher
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Ausgabe 2 / 2021 – 11. Jahrgang – D, A 4,50 Euro Technik Naturwissenschaften und für Mädchen und Jungen DAS MAGAZIN DER STIFTUNG „HAUS DER KLEINEN FORSCHER“ TITELTHEMA: JA, NEIN, VIELLEICHT? WER DARF BESTIMMEN? INTERVIEW MIT DEM BUNDESPRÄSIDENTEN GEHEIME WAHLEN
E BEI DEN JE T Z T O N L IN N ZU M A K T IV ITÄT E F O R S CH E R N. IO N S TA G M IT M ACH E AK T Mit Papier werden Ideen lebendig. Zum „Tag der kleinen Forscher“ am 16. Juni können Mädchen und Jungen genau diese Vielseitigkeit und den Wert von Papier entdecken. Der bundesweite Mitmachtag für gute frühe MINT-Bildung für nachhaltige Entwicklung feiert den kindlichen Entdeckergeist und stellt die Bedeutung des forschenden Lernens in Kita, Hort und Grundschule in den Mittelpunkt. Spannende Ideen zum Entdecken und Forschen sowie weitere Materialien zum Aktionstag sind ab sofort online verfügbar unter tag-der-kleinen-forscher.de. PARTNERPARTNER Siemens Siemens Stiftung Stiftung Dietmar Dietmar Hopp Stift Hopp ung Stiftung DieterDieter SchwarzSchwarz Stiftung Stiftung FriedeFriede Springer Springer Stiftung Stiftung
LIEBE PÄDAGOGIN, LIEBER PÄDAGOGE, ich bin aufgewachsen in einer großen Familie, in der es immer viel zu tun gab. Es war ganz selbstverständlich, dass alle mithelfen mussten. Sams- tag war Putztag. Beim Frühstück handelten wir Kinder miteinander aus, wer den Hefezopf backt und wer die Wäsche zusammenlegt, wer den Rasen mäht und wer den Gehweg fegt. So lernte ich schon früh die Dynamik einer Gruppe kennen, wenn es um Entscheidungen ging. Es entspricht unserer Vision, dass die „Häuser der kleinen Forscher“ Mädchen und Jungen dazu befähigen, selbstbestimmt zu denken und verantwortungsvoll zu handeln, um sie so stark für die Zukunft zu machen. Bildungseinrichtungen haben den wichtigen Auftrag, Räume zu schaffen, in denen Kinder Teilhabe erleben. Die Gestaltung ihres Alltags können die Mädchen und Jungen mitbestimmen. Dabei erfahren sie, dass ihre Stimme zählt. Sie wägen Argumente ab, bevor sie entscheiden, und sind so selbstwirksam. Wenn Kinder das früh lernen, können sie auch schon im jungen Alter demokratische Aushandlungsprozesse mitgestalten. Sie lernen, dass andere ihre Meinung manchmal nicht teilen und Entscheidungen gegen die eigenen Wünsche ausfallen. Das auszuhalten ist nicht leicht, gehört aber dazu, um unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden. Mit dieser Ausgabe möchten wir Sie im Wahljahr 2021 einladen, mit den Mädchen und Jungen zu dem Thema „Wählen und Mitbestimmen“ zu forschen. Führen Sie mit den Kin- dern eine Wahl durch und bauen Sie dafür gemeinsam eine Wahlkabine. Was bedeutet Mehrheit bzw. Minderheit? Wie können die Mädchen und Jungen andere von ihrer Meinung überzeugen – und was ist gerecht? Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dem neuen Heft. Ihr Michael Fritz Vorstandsvorsitzender der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ l 1 l
INHALT FOR S C H T MI T! 2 /2021 2/2021 INHALT FORSCHEN MIT KINDERN 4 TITELTHEMA Ja, nein, vielleicht? AUS DER 5 IM MORGENKREIS Wie treffen wir Entscheidungen? PRAXIS 6 IDEEN ZUM ENTDECKEN UND FORSCHEN 18 INTERVIEW Abstimmen mit den Füßen: 10 ORTE ZUM FORSCHEN Demokratie im Tierreich – Der Lieblingsort im Gespräch mit Danai Papageorgiou 11 DURCH DIE FORSCHERBRILLE 21 MITMACHEN Was sollten Kinder mitentscheiden? Rosa Puppe oder blauer Bagger? Werbung hinterfragen lernen 12 MEIN FORSCHERTIPP Praxisbeispiele aus Kita, 22 AUSGEZEICHNET Hort und Grundschule Grundschul-App unterstützt im Sachunterricht“ 14 FORSCHERIDEE FÜR ELTERN Das ist ungerecht! 26 GUT GEMACHT Spielzeugbudget 16 FORSCHERBILD in Kinderhänden Wählen und Mitbestimmen 24 VORLESEGESCHICHTE Sigi und der Koch-O-Mat Mitbestimmung und Teilhabe sind zentrale Anliegen von Bildungseinrichtungen. l 2 l
INHA LT GUT ZU WISSEN Wie kenianische Perlhühner beschließen, wohin sie sich bewegen, erzählt Danai Papageorgiou im Interview. 28 BILDUNGSPOLITIK UND GESELLSCHAF T Wer mitbestimmen will, muss auch Verantwortung übernehmen – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Interview 29 LESETIPPS 30 AUS DER BILDUNGSINITIATIVE 32 VORSCHAU AUF DIE NÄCHSTE AUSGABE IMPRESSUM Noch mehr Ideen zum Entdecken und Forschen auf: haus-der-kleinen-forscher.de l 3 l
TITELTHEMA JA, NEIN, VIELLEICHT? 2021 ist ein Jahr, in dem die Menschen in Deutschland nicht nur einen neuen Bundestag, sondern auch mehrere Landesparlamente wählen werden. Mitbestimmung und Teilhabe sind zentrale Anliegen von Bildungseinrichtungen. Wie können Mädchen und Jungen Entscheidungen treffen, deren Folgen alle in der Gruppe betreffen? Was brauchen sie, um andere von ihrer Meinung zu überzeugen? Und was ist gerecht? Dieses Heft bietet Ihnen viele Anregungen, um gemeinsam mit den Kindern das Wählen und Mitbestimmen zu entdecken und zu erforschen. A us ihrem Alltag kennen die Mädchen und Jungen zahlreiche Mehrheiten liegen verschiedene Mengenverhältnisse zugrunde. Situationen, in denen sie einzeln oder als Teil der Gruppe Welche Arten von Mehrheiten gibt es und welche Vorteile zeichnen Entscheidungen treffen. Wo sollten Kinder überhaupt mitbe- sie jeweils aus? Die Kinder können erforschen, warum die Frage stimmen? Bei der Art der Mitbestimmung kommt schnell die Frage nach der Art der Mehrheit bei einer Wahl genauso wichtig ist wie nach Gerechtigkeit auf. Ist es immer fair, wenn die Mehrheit über die Abstimmung selbst. die Minderheit entscheidet? Wann sind die Bedürfnisse der Min- Beim Wählen gibt es nicht selten Geheimhaltungen – aus gu- derheit wichtiger als der Wunsch der Mehrheit? tem Grund. Die Mädchen und Jungen können selbst eine geheime In Abstimmungen können die Mädchen und Jungen gewinnen Wahl organisieren und dafür z. B. eine eigene Wahlkabine bauen. oder verlieren. Was hilft ihnen, die getroffenen Entscheidungen Die gesammelten Stimmen müssen dann natürlich ausgezählt zu akzeptieren? Welche anderen Möglichkeiten außer einer Ab- werden. Wie können die Kinder große Mengen möglichst einfach stimmung gibt es, um Dinge in der Gruppe zu entscheiden? zählen, sortieren und vergleichen? l 4 l
FOR SC HE N MIT KINDERN IM MORGENKREIS WIE TREFFEN WIR ENTSCHEIDUNGEN? Rufen Sie den Kindern in Erinnerung, welcher Film geguckt wird? Und wie einigen sich die Kinder welche Entscheidung sie zuletzt als untereinander, wenn keine Erwachsenen dabei sind? Wer darf zu- Gruppe gemeinsam getroffen haben. erst auf die Schaukel und wann wechseln sie sich ab? Wie teilen Lassen Sie die Mädchen und Jungen mit ihren eigenen Worten sie die Süßigkeiten untereinander auf? Fragen Sie die Mädchen beschreiben, wie die Abstimmung ablief. Worum ging es und wel- und Jungen nach eigenen Beispielen, bei denen sie mitbestimmen che Möglichkeiten standen zur Auswahl? Wer hat die Vorschläge durften. Sprechen Sie auch darüber, ob den Kindern daran etwas ausgesucht und vorgestellt? Wer durfte mitentscheiden, wer nicht? nicht gefiel, z. B. dass sie das Ergebnis ungerecht fanden, und Wie haben die Kinder gezeigt, ob sie dafür oder dagegen waren? welche Lösung sie sich stattdessen gewünscht hätten. Woher wussten sie, welcher Vorschlag gewonnen hat? Und waren Abzustimmen ist nur eine Möglichkeit, um zu einer Gruppen- alle mit dem Ergebnis einverstanden? Klären Sie in dem Zusam- entscheidung zu kommen. Die Mädchen und Jungen können auch menhang auch die Begriffe „Wählen“ und „Abstimmen“. Lose ziehen, Abzählreime verwenden oder eine Flasche drehen. In der Familie oder mit Freundinnen und Freunden müssen die Alternativ können sie auch ein Kind festlegen, das bestimmen darf – Kinder ebenfalls gemeinsame Entscheidungen treffen. Wie wird und diese Rolle abwechseln. Haben die Mädchen und Jungen wei- z. B. bei ihnen zu Hause bestimmt, was es zu essen gibt oder tere Ideen? Welche finden sie aus welchem Grund gut? Ene, mene, miste Es rappelt in der Kiste Ene, mene, meck Und du bist weg. l 5 l
FOR S CHE N MIT KINDE RN FOR S C H T MI T! 2 /2021 IDEEN ZUM ENTDECKEN UND FORSCHEN GEHEIME WAHLEN Damit bei einer Abstimmung nicht alle sehen, wofür sich die Wahlberechtigten entscheiden, gibt es geheime Wahlen. Erforschen Sie gemeinsam mit den Kindern, was diese auszeichnet. Die Mädchen und Jungen können eine eigene geheime Wahl durchführen – mit einer selbst gebauten Wahlkabine. Worüber wollen sie darin abstimmen? Eine Abstimmung per Handzeichen Worüber stimmt ihr in kennen die Kinder. Alle können sehen, wofür sich die anderen entscheiden. eurer geheimen Wahl ab? Das geht schnell und ist unkompliziert, hat aber auch Nachteile: Vielleicht sind Freundinnen und Freunde enttäuscht, wenn man nicht das Gleiche wählt wie sie. Manche Mädchen und Jungen trauen sich nicht, für das zu stimmen, was sie eigentlich selbst möchten, weil es unbeliebt zu sein scheint. Es gibt verschiedene Gründe für geheime Wahlen. Durchführen lassen sich diese unterschiedlich. Bei politischen Wahlen gehen die Menschen in Wahlkabinen, in denen sie unbe- obachtet einen Stimmzettel ausfüllen und diesen anschließend in eine Wahlurne legen. Niemand kann nachverfolgen, wer was ge- wählt hat. Schauen Sie sich gemeinsam mit den Kindern Fotos von Wahlkabinen, Wahlurnen und Stimmzetteln an. Wer hat die Eltern schon einmal zur Wahl begleitet und kann davon berichten? Sammeln Sie anschließend die Ideen der Mädchen und Jungen, wie sie eine geheime Wahl abhalten können. Wie könnten sie eine Wahlkabine aus Karton oder aufgehängten Bettlaken selbst bauen? Was müsste der Stimmzettel enthalten, damit alle ihre Wahl treffen können – auch die Kinder, die noch nicht lesen und schreiben? Alternativ zu Stimmzetteln können die Mädchen und Jungen auch ein Plakat nutzen, an dem alle ihre Entscheidung per Kreuz oder Klebepunkt treffen. Das ist unkomplizierter – aber vielleicht lassen sich einige in ihrer Entscheidung durch die Markierung an- derer beeinflussen. Was ist ihnen wichtig bei ihrer geheimen Wahl? Der Aufwand, geheim zu wählen, ist auf jeden Fall viel größer als bei einer offenen Abstimmung. Sprechen Sie mit den Kindern darüber, bei welchen Gruppenentscheidungen es ihnen wichtig ist, ihre Wahl im Geheimen zu treffen. Welche Gründe gibt es dafür? Wissenswertes Das Wahlgeheimnis sorgt dafür, dass Menschen bei einer Wahl unbeeinflusst ihre Stimme abgeben können. Niemand darf beobachten oder später nachvollziehen, wie eine Person in der Wahlkabine oder bei der Briefwahl entschieden hat. So sind Stimmberechtigte keinem Druck durch andere ausgesetzt, die sie z. B. wegen Abhängigkeiten nötigen könnten, eine bestimmte Wahl zu treffen. l 6 l
FOR SC HE N MIT KINDERN IDEEN ZUM ENTDECKEN UND FORSCHEN WER DARF BESTIMMEN? Kinder lernen, dass sie in Abstimmungen gewinnen oder verlieren können. Schon bei alltäglichen Wahlmöglichkeiten ist das manchmal schwer auszuhalten. Wenn aber immer nur die Mehrheit entscheidet: Wie werden dann die Bedürfnisse der Minderheit berücksichtigt? Manchmal braucht es mehr als Mehrheiten. Sicherlich fällt Ihnen ein Thema ein, zu • Wie wäre es, wenn die Entscheidung dem Zufall überlassen wird, dem kürzlich eine Entscheidung in der z. B. durch Loseziehen oder Abzählreime? Gruppe anstand. Fragen Sie die Mäd- • Bei welchen Entscheidungen einer Gruppe sind die Bedürfnisse chen und Jungen, wie es sich da anfühlte, eine Abstimmung zu der Minderheit wichtiger als der Wunsch der Mehrheit? Stellen „verlieren“. Was half ihnen, die Entscheidung zu akzeptieren? Was wir z. B. den Kletterpark als Ausflugsziel zur Wahl, wenn einzel- ärgerte sie oder machte sie traurig? Was hätten sie sich anders ne Mädchen und Jungen nicht klettern können? Gibt es beim gewünscht? Mit folgenden Impulsfragen können Sie die Kinder Abstimmen immer nur „entweder – oder“? miteinander ins Gespräch bringen; klären Sie dabei auch unbe- kannte Begriffe (z. B. „Enthaltung“): Ob durch eine Wahl oder durch andere Verfahren: Demokratische Entscheidungen müssen ausgehandelt werden! Dazu gehört auch • Muss ich mich überhaupt entscheiden und meine Stimme abge- die Diskussion, wann eine Gruppenentscheidung überhaupt gül- ben? Was kann ich tun, wenn ich alle Wahlangebote gleich tig ist und wie trotzdem die Bedürfnisse der Minderheiten berück- gut oder gleich schlecht finde? sichtigt werden können. Halten Sie die Gedanken und Vorschläge • Muss ich hinterher mitmachen, obwohl ich dagegen gestimmt der Kinder fest, z. B. auf einem großen Plakat, und nutzen Sie es habe? als Grundlage für Ihre nächste Gruppenentscheidung: Welche • Wie wäre es, wenn abwechselnd jedes Kind einmal „Bestim- Regeln sollen gelten, damit alle das Abstimmungsergebnis gut merin“ oder „Bestimmer“ sein kann und alle drankommen? akzeptieren können? Abstimmungen zu verlieren ist manchmal schwer auszuhalten. l 7 l
FOR S CHE N MIT KINDE RN FOR S C H T MI T! 2 /2021 IDEEN ZUM ENTDECKEN UND FORSCHEN MEHR ALS DIE ANDEREN ODER AUSREICHEND VIELE? Bei einer Wahl entscheidet die Mehrheit. Das klingt einfach und gerecht, aber ist es wirklich so simpel? Welche Arten von Mehrheiten gibt es überhaupt? Erkunden Sie gemeinsam mit den Kindern verschiedene Mengenverhältnisse und diskutieren Sie deren Vor- und Nachteile für Entscheidungen in der Gruppe. Mehr als die anderen – die einfache Mehrheit Stehen zwei Alternativen zur Wahl, Z–oo z. B. ein Ausflug in den Zoo oder in den Wald, dann ist die Mehr- heitsfindung einfach. Sind mehr als die Hälfte der Kinder für den Zoo, hat diese Option die einfache Mehrheit. Bei mehreren Mög- lichkeiten – z. B. Zoo, Wald oder Spielplatz – gewinnt bei einfacher Mehrheit die Option, die mehr Stimmen bekommt als jede andere. Führen Sie gemeinsam mit den Mädchen und Jungen eine Abstim- mung durch. Nutzen Sie Muggelsteine, Kuscheltiere oder andere „Repräsentanten“, die das Abzählen und Vergleichen der Mengen erleichtern. Beispiel: Drei Kinder stimmen für den Zoo, zwei für den Wald und vier für den Spielplatz. Bekommt eine Option eine deutliche Mehrheit, können die Kinder Wald das Ergebnis meist gut akzeptieren. Fällt dieses sehr knapp aus, dann müssen alle auf den Spielplatz, obwohl mehr als die Hälfte woandershin wollte. Ist das gerecht? Was halten die Mädchen und Jungen von dieser Mehrheitsregel? Die Frage, welche Art von Mehrheit bei einer Wahl gelten soll, ist also genauso wichtig wie die Abstimmung selbst. Sie sollte vor der Wahl gemeinsam ausgehandelt werden. Wie möchten die Kin- der ihre nächste Gruppenentscheidung treffen? Für unbedeutende- re Fragen reicht vielleicht die einfache Mehrheit, das geht schnell und unkompliziert. Bei wichtigen Themen kann die qualifizierte Mehrheit die bessere Lösung sein. Spielplatz Ausreichend viele – die qualifizierte Mehrheit Diese Möglichkeit der Abstimmung ist aufwendiger, weil es z. B. mehrere Wahldurchgänge und Diskussionen gibt, bis die nötige Mehrheit zusammenkommt. So wird vor der Abstimmung festge- legt, wie viele Stimmen eine Option mindestens erhalten muss, damit die Entscheidung gültig ist. Typisch ist z. B. die Zweidrittel- mehrheit. In einem 2. Wahlgang stimmen die Kinder nun nochmals ab. Sind sie neun in der Gruppe, müssten mindestens sechs für eines der Ausflugsziele votieren. Nutzen Sie beim Abstimmen auch hier „Repräsentanten“, um die Zahlen greifbarer zu machen. l 8 l
FOR SC HE N MIT KINDERN IDEEN ZUM ENTDECKEN UND FORSCHEN ZÄHLEN, SORTIEREN UND VERGLEICHEN Bei der kommenden Bundestagswahl dürfen mehr als 60 Millionen Menschen ihre Stimme abgeben. Wie zählt man bloß so viele Stimmzettel aus, ohne sich zu verrechnen? Entdecken Sie gemeinsam mit den Kindern, wie sich große Mengen gleicher Dinge möglichst einfach zählen, sortieren und vergleichen lassen. Alle nehmen sich eine beliebige Menge gleicher Ob- und Jungen ausreichend Zeit, ihre Objekte auf unterschiedliche jekte, z. B. eine Schüssel voller Muggelsteine. Wer hat Arten zu gruppieren, zu sortieren und dabei herauszufinden, wie die meisten? Da sich das Ergebnis auf den ersten Blick ihnen das Zählen und Vergleichen der Mengen am leichtesten fällt. nicht präzise vorhersagen lässt, müssen die Mädchen und Jungen für den Vergleich alle Muggelsteine durchzählen. Erfahrenere Kinder können auch das Zählen mit Die Kinder können ihre Objekte anschließend in gleich große Strichlisten erproben. Das funktioniert genauso Gruppen ordnen, z. B. jeweils zehn Stück. Jetzt vergleichen sie wie die Bündelung in Fünfergruppen. Jedes „volle“ wieder, wer am meisten hat. Dieses Mal zählen sie aber nur die Bündel bekommt zur Kennzeichnung einen schrägen Strich. So Anzahl der Bündel. Das geht viel schneller, denn nun rechnen die lassen sich große Mengen sehr schnell abzählen und miteinander Mädchen und Jungen in Zehnerschritten: 10, 20, 30, 40. Sie kön- vergleichen. Diagramme sind eine weitere Möglichkeit, Mengen- nen jetzt sofort erkennen, wer am meisten hat, ohne mühsam verhältnisse anschaulich darzustellen. Mit dem Diagrammge- nachzählen zu müssen. nerator auf der Kinderwebsite (https://meine-forscherwelt.de/ Lassen Sie die Kinder unterschiedliche Bündelgrößen auspro- diagramm/generator.html) können die Mädchen und Jungen ver- bieren, z. B. Zweier-, Dreier- oder Fünfergruppen. Auch die Bündel schiedene Darstellungsformen von kleinen und großen Zahlen- selbst lassen sich in Gruppen anordnen. Geben Sie den Mädchen mengen ausprobieren. Sie brauchen: • Zählobjekte, z. B. Muggel- steine, Trinkhalme, Perlen oder Bauklötze in großer Menge • Eierkartons, Becher, Schüsseln und andere Behälter zum Bündeln und Gruppieren • Zettel und Stifte Erst gruppieren, dann zählen l 9 l
FOR S CHE N MIT KINDE RN FOR S C H T MI T! 2 /2021 ORTE ZUM FORSCHEN DER LIEBLINGSORT Häufig haben Kinder einen Lieblingsort in ihrer Kita oder Grundschule. Sie können sich „ihre“ Orte gegenseitig vorstellen: Was gefällt ihnen dort besonders gut? Die Mädchen und Jungen haben bestimmt Ideen, was sie umgestalten könnten, um sich noch wohler zu fühlen. Wie lassen sich diese Ideen gemeinsam und gerecht umsetzen? LIEBLINGSORTE SUCHEN WA S ZEICHNET DIE LIEBLINGSORTE AUS? Haben die Kinder Plätze in der Einrichtung, die ihnen besonders Um sich näher mit „ihren“ Orten zu beschäftigen, können die Mäd- gut gefallen? Welche sind ihnen drinnen oder draußen am wich- chen und Jungen Zeichnungen, Fotos oder Modelle davon anfertigen. tigsten? Die Mädchen und Jungen können auf eine Entdeckungs- Damit können sie sich auch gegenseitig ihre Lieblingsplätze vorstel- reise durch das Gebäude und den Garten gehen. Vielleicht fallen len und darüber ins Gespräch kommen. Was macht die Orte aus, ihnen dabei Details auf, die sie vorher nicht wahrgenommen ha- haben sie etwas gemeinsam? Vielleicht können die Kinder hier viel ben, oder sie entdecken neue Lieblingsplätze. Was macht „ihre“ selbst bestimmen, z. B. mit welchen Materialien sie sich beschäfti- Orte jeweils besonders für sie? Sind sie dort gern allein oder lieber gen wollen. Andere verbindet vielleicht, dass die Mädchen und Jun- mit anderen Kindern zusammen? gen dort besonders wild sein können oder ganz ungestört sind. l 10 l
FOR SC H E N MIT KINDERN GESTALTUNG DER KITA-RÄUME Was brauchen die Kinder, um sich wohlzu- fühlen? Bestimmt haben die Mädchen und Jungen Ideen, was an ihren Lieblingsorten DURCH DIE FORSCHERBRILLE noch besser sein könnte. In ihren Bildern oder Modellen können sie ihre Vorschläge festhalten. Vielleicht fällt auch den ande- WAS SOLLTEN KINDER ren Kindern etwas ein, wie ein Ort spannen- der, gemütlicher oder bunter wird: Brau- MITENTSCHEIDEN? chen sie freien Zugang zu allen (sicheren) Bastel- und Forschermaterialien bzw. Turn- geräten, viel Platz in einem Raum zum To- Luisa, 6 Jahre ben oder noch einen Busch mehr vor der K geheimen Ecke im Garten? Besprechen Sie inder sollten mitentscheiden, was gemeinsam, welche Auswirkungen diese es zu essen gibt und wohin man in Veränderungen hätten. Wären alle damit den Urlaub fährt. Und sie sollten zufrieden? Einige Mädchen und Jungen entscheiden, wohin man geht, wenn man freuen sich über viel Platz zum Toben – rausgeht. In der Kita darf man am Geburts- aber was wäre, wenn dafür die Bastelecke tag entscheiden, was wir an dem Tag ma- ausziehen müsste? chen. Das sollte jeden Tag so sein. Und ich möchte in der Kita entscheiden, ob ich WELCHE IDEE SETZEN WIR UM? Mittagsschlaf mache oder nicht. Sammeln Sie die verschiedenen Gestal- tungsideen der Kinder. Welche davon sind den Mädchen und Jungen besonders wich- tig? Jedes Kind kann Klebepunkte auf die bevorzugten Vorschläge verteilen oder mit Symbolen – z. B. fröhlichen und traurigen Smileys – abstimmen, welche Ideen es gern umsetzen möchte. Wenn eine Entscheidung Rüdiger Hansen, getroffen wurde, planen Sie zusammen das Vorstand des Instituts für Vorgehen. Was wird für das Vorhaben benö- tigt und wer wird sich beteiligen? Partizipation und Bildung, Kiel K GEMEINSAM TÜF TELN – inder haben wie alle Menschen das GEMEINSAM ENTSCHEIDEN Recht, über die eigenen Belange Vielleicht stellen die Mädchen und Jungen selbst oder, wenn auch andere be- fest, dass sich eine Idee nicht so leicht um- troffen sind, mitzubestimmen. Denn das setzen lässt wie gedacht. Schlagen Sie vor, ist der Kern der Menschenwürde. Sie sind verschiedene Wege auszuprobieren, wie es aber auch auf Schutz und Fürsorge ange- doch funktionieren kann. Daraus entstehen wiesen, um überleben und sich entwickeln manchmal ganz neue Einfälle. Im Morgen- zu können. Deshalb müssen Erwachsene kreis, in der Kinderkonferenz oder einer auch Entscheidungen an ihrer statt treffen. anderen Runde, in der die Gruppe zusam- Dafür sollten diese aber stets gute Gründe vorweisen können, die es recht- menkommt, können die Mädchen und Jun- fertigen, eine Entscheidung über die Köpfe der Kinder hinweg oder sogar gen die Themen miteinander besprechen gegen ihren expliziten Willen zu fällen. So ist es gewiss zu rechtfertigen, wenn und entscheiden, wie sie weiter vorgehen Erwachsene bestimmen, dass Kinder zu einem Ausflug eine Jacke mitnehmen wollen. müssen, wenn sie die Zeitspanne nicht überblicken können. Aber wann ein Kind seine Jacke anzieht, kann es in der Regel besser entscheiden als frös- telnde Erwachsene. l 11 l
FOR S CHE N MIT KINDE RN MEIN FORSCHERTIPP KITA KINDERRECHTE IN BEWEGTEN BILDERN Kinderhaus Alter Wetzlarer Weg ORT Gießen, Hessen KINDER 70 Kinder, 0–6 Jahre HAUS DER KLEINEN FORSCHER Seit 2010 beim „Haus der kleinen Forscher“ aktiv. 2012, 2014, 2016, 2018 und 2020 zertifiziert. Bilel malt für den Film ein Kinderzimmer. Worum ging es bei dem Projekt? Im Jahr 2019 wurden 30 Jahre Kinderrechte gefeiert. auch Musik in unserem Film vorkommen muss. Wir fanden das Zu diesem Anlass sprachen wir mit den Mädchen und Lied „Kinder haben Rechte“, das die Kinder sangen und in den Jungen über das Thema. Fast kein Kind in unserer Kita wusste, Film einfügten. Das Projekt ging über zwei Monate; die meiste Zeit dass es Kinderrechte gibt. Gemeinsam haben wir uns mit den haben wir uns mit den Kinderrechten beschäftigt. Die Filmarbeiten verschiedenen Rechten auseinandergesetzt. Dabei hatten die dauerten zwei Wochen. Kinder die Idee, zu dem Thema einen Film zu machen. Sie über- legten, wie sie das umsetzen wollten, und entschieden, jedes Was haben Sie herausgefunden? Recht einzeln zu verfilmen. Dafür erkundeten sie die Technik ganz Die Kinder lernten ihre Rechte kennen. Außerdem probierten sie genau: Sie malten Daumenkinos und sahen, wie viele Bilder zu die Anwendung diverser Medien aus und machten eigene Foto-, einem Bewegungsablauf werden. Sie machten Fotos und Videos Film- und Tonaufnahmen. Dadurch machten sie die Erfahrung, mit der Kamera und fanden heraus, was ein Zoom ist und wozu dass sie Medieninhalte nicht nur passiv erleben, sondern aktiv eine Speicherkarte dient. gestalten können. Dann planten sie den Kinderrechte-Film. Er sollte wie eine Dokumentation im Fernsehen werden und mit unterschiedlichen Was hat gut oder nicht so gut geklappt? Methoden, z. B. mit Greenscreen-Technik oder als Trickfilm, auf- Wir haben den Mädchen und Jungen genügend Zeit und Gelegen- genommen werden. Die Kinder kannten auch Interviews aus dem heit zum Erkunden der Medien gegeben. Wichtig ist uns, dass die Fernsehen und wollten selbst eines führen. Dafür gewannen sie Kinder an der täglichen Arbeit und den verschiedenen Projekten zwei Expertinnen vom Kinderschutzbund. partizipieren. Sie können sich so mit ihren Bedürfnissen, Ideen und Wünschen im Kita-Alltag einbringen und damit das Gruppen- Was haben Sie benötigt und wie lange haben Sie geforscht? geschehen und die Projekte beeinflussen. Dadurch, dass die Die Materialien waren vielfältig: von Mal- und Bastelutensilien für Mädchen und Jungen in Entscheidungen miteinbezogen sind, die Filmhintergründe bis hin zu Kamera, Laptop und grünen Tü- fühlen sie sich ernst genommen und der Alltag bietet ihnen viele chern für den Dreh. Im Internet suchten wir nach Liedern über Möglichkeiten der Mitbestimmung. Kinderrechte. Die Mädchen und Jungen waren der Meinung, dass l 12 l
FOR SC HE N MIT KINDERN MEIN FORSCHERTIPP GRUNDSCHULE MITBESTIMMEN Hort Albrecht Dürer VON DER IDEE BIS ORT Halle, Sachsen-Anhalt KINDER 190 Kinder, 6–10 Jahre ZUM VERSUCH HAUS DER KLEINEN FORSCHER Seit 2014 beim „Haus der kleinen Forscher“ aktiv. 2018 und 2020 zertifiziert. Worum ging es bei dem Projekt? Was haben Sie benötigt und wie lange haben Sie geforscht? Bei uns gibt es ein Kinderparlament. Hier wer- Wir haben viel mit Alltagsgegenständen und Lebensmitteln ge- den Informationen von Kindern an Kinder wei- forscht, z. B. mit Teelichtern, Backpulver, Orangen, Zahnpasta, tergegeben, Probleme angesprochen, Wünsche geäußert sowie Eiern und Essig. Natürlich hatten wir auch Waagen, Pipetten, Löffel, Ideen und Anregungen gesammelt. Es dient auch als Sprachrohr Becher und andere Hilfsmittel im Einsatz. Geforscht haben wir an zwischen den Kindern und uns pädagogischen Fachkräften. Alle 24 Tagen innerhalb von sechs Monaten. drei Monate finden in allen Klassen Kinderkonferenzen statt, die von den Mitgliedern des Kinderparlaments geleitet werden. Im Was haben Sie herausgefunden? Rahmen einer solchen Kinderkonferenz haben die Mädchen und Die Mädchen und Jungen haben beispielsweise entdeckt, dass Jungen über ihre Ideen für Projekte gesprochen. Dabei kam das Essig Eierschalen zersetzen kann und dass Zahnpasta die Eier- Thema „Chemie“ sehr häufig vor. Die Kinder wünschten sich, Ex- schale vor dem Zersetzen schützt. Sie haben festgestellt, dass perimente durchzuführen – am besten wie in einem richtigen La- Orangensaft direkt nach dem Zähneputzen ganz anders schmeckt bor: mit Schutzbrille, Kittel und es sollte „knallen, rauchen und und der Saft, den sie aus einer Orangenschale in eine Kerzenflam- richtig explodieren“. Wir haben daraufhin einen Aushang vorbe- me spritzen, kleine Funken erzeugt. reitet, in den die Mädchen und Jungen sich eintragen konnten, die daran teilnehmen wollten. Was hat gut oder nicht so gut geklappt? Die Kinder legten die Laborregeln selbst fest, z. B. dass sie Einige der Experimente haben nicht gut funktioniert, obwohl wir dort nicht essen oder trinken, außerdem wollten sie Schutzbrillen uns an die Anleitungen gehalten haben. Da waren die Kinder et- und Handschuhe tragen. Am ersten Projekttag legten wir an ver- was enttäuscht. Doch das gehört natürlich auch zum Entdecken schiedenen Arbeitsplätzen Informationen für Experimente aus. und Forschen dazu. Darüber hinaus entwickelten die Mädchen Die Mädchen und Jungen wählten eine Idee aus und suchten ei- und Jungen viele eigene Ideen. Und sie brachten ihre Wünsche genständig die Materialien dafür zusammen. Immer wieder wurde zu neuen Experimenten ein: Z. B. wollten sie Kristalle züchten. überlegt und diskutiert, wenn etwa Materialien ersetzt werden Das haben wir dann auch gemacht und die Kinder waren begeis- mussten oder die Kinder neue Einfälle hatten. tert davon. Gehört Forschen auch in Ihrer Kita, Ihrem Hort oder Ihrer Grundschule zum Alltag? Dann lassen Sie sich zertifizieren. Informationen zum Zertifizierungs- verfahren und das Bewerbungsportal finden Sie unter: hdkf.de/zertifizierung Der Wunsch der Kinder: Es sollte knallen, rauchen und richtig explodieren. l 13 l
FOR S CHE N MIT KINDE RN FOR S C H T MI T! 2 /2021 FORSCHERIDEE FÜR ELTERN DAS IST UNGERECHT! Wer bekommt das letzte Stück Kuchen, wer darf zuerst ans Tablet und wer bestimmt, welches Buch am Abend vorgelesen wird? Was als ungerecht empfunden wird, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Wegen dieser Vielfalt an Gründen wird in Familien oft so heiß diskutiert, wenn Entscheidungen getroffen werden. Entwickeln Sie gemeinsam Lösungen – für weniger Konflikte miteinander. W as ist eigentlich gerecht? Wenn alle das Gleiche bekom- Doppelseite an und nehmen Sie sie zum Anlass, um sich über das men? Wenn alle das kriegen, was sie möchten? Wenn alle Thema Gerechtigkeit auszutauschen. Es geht dabei nicht um rich- das Gleiche dürfen – oder müssen? Zum Thema Gerech- tig oder falsch, sondern darum, die Meinungen und Ansichten aller tigkeit haben die meisten Menschen unterschiedliche Meinungen. Familienmitglieder anzuhören. Auch Kinder haben viel dazu zu Und selbst wenn Sie in der Familie eine gemeinsame Definition sagen und können meistens sehr gut begründen, warum sie etwas finden, kann schon ein Einzelfall alles wieder auf den Kopf stellen. für gerecht halten oder nicht. Entwickeln Sie zusammen Ideen, wie Schauen Sie sich in der Familie gemeinsam die Beispiele auf dieser die Beispielkonflikte gelöst werden könnten. Immer darf Nilas vorne sitzen, das ist total unfair! Wir sollten uns abwechseln. Mir wird beim Autofahren schlecht. Wenn ich vorne sitze, ist es nicht so schlimm. l 14 l
FOR SC H E N MIT KINDERN Immer bestimmst du! Nie gucken wir, was ich will! Deine Filme sind doch für Kleine! Das ist voll ungerecht, wenn ich so einen Babykram gucken muss. Heute entscheidet Monira und nächstes Mal sucht Zarif den Film aus – was meint ihr? Nehmen Sie sich auch die Zeit, um über ähnliche Situationen in Vielleicht schreiben Sie Ihre Lösungsideen auf, malen für Ihre Kin- Ihrer Familie zu sprechen. Was löst regelmäßig bei Ihnen zu Hause der, die noch nicht lesen können, ein paar Skizzen dazu und hän- eine Gerechtigkeitsdebatte aus und wie gehen Sie alle damit um? gen den Zettel an den Kühlschrank oder einen anderen gut sicht- Welche Lösungen finden Sie für Konflikte? Sammeln Sie miteinan- baren Ort. Ist ein Streit erst mal im Gange, fällt es schwer, der Ideen, wie Sie zu einer Einigung kommen können, z. B. Kompromisse zu finden. Auch eine Liste darüber, wer wann zuletzt „bestimmen“ durfte und wer als Nächstes drankommt, kann Kon- • abwechseln: Du bestimmst heute, ich morgen. flikte entschärfen: Anhand der Liste können alle sofort nachprüfen, • einen Ausgleich finden: Du kriegst das letzte Stück Kuchen, wenn ob es wirklich so ungerecht ist, wie es sich gerade anfühlt. ich das Vorlesebuch aussuchen darf. • Bedürfnisse abwägen: Wer nachts nicht gut alleine schlafen Manchmal ist es auch gar nicht die Ungerechtigkeit selbst, die uns kann, darf sich zu Mama und Papa ins Bett kuscheln. ärgert, sondern das Gefühl, an einer Entscheidung nicht beteiligt • abstimmen: Findet sich eine Mehrheit für das, was gemacht worden zu sein. Ob als Kind oder als erwachsener Mensch, wir werden soll? Gibt es eine Lösung, die für alle okay ist und nicht möchten, dass unsere Wünsche und Bedürfnisse beachtet werden, den Bedürfnissen eines oder mehrerer Familienmitglieder kon- und wir wollen mitbestimmen, wie unser Familienleben aussieht. trär gegenübersteht? Du hattest schon zwei Stücke – das letzte Stück gehört mir! Aber ihr hattet vorhin Schokolade, darum kriege ich den Kuchen. Das zählt doch nicht, du wolltest ja gar nichts von der Schokolade. l 15 l
b es ti m - it u a ti on en ih re s A ll ta g s I n vi el en S e f a ll en in d er D in g e m it . W el ch m en d ie K ch m eh r ? W o w ü n sc h en si e si ih n en ei n ä d chen m u n g ? W ie tr ef fen d ie M M it be st im es u nte r- en E n ts ch ei d u n g en , w en n und Jung w oh in d er e M ei n u n g en g ib t, z . B . sc h ie d li ch g er ec ht? g eh en so ll ? Wa s is t d a n n A u sf lu g ie K in d er t ei n e W a h l a b ? Wa re n d W ie lä u f ti on ? m a l a u f ei n er D emon st ra sc h on ei n
AUS DER PRAXIS FOR S C H T MI T! 2 /2021 INTERVIEW ABSTIMMEN MIT DEN FÜSSEN: DEMOKRATIE IM TIERREICH Die Verhaltensbiologin Danai Papageorgiou erforscht, wie Tiere Entscheidungen fällen. Warum es für eine Gruppe weniger Vorteile bringt, wenn Einzelne bestimmen, und wie kenianische Perlhühner beschließen, wohin sie sich bewegen, erzählt sie im Interview. Sie sind Biologin und untersuchen das Sozialverhalten von Tieren. Perlhühnern in der kenianischen Savanne zu schreiben. Nun bin Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen? ich an der Universität Zürich tätig und untersuche, wie die Umwelt Als Schülerin träumte ich davon, Tierärztin zu werden. Im Laufe das kollektive Verhalten dieser Perlhuhngruppen beeinflusst. der Jahre merkte ich jedoch, dass ich mich mehr für das Verhalten von Tieren interessierte als für ihre gesundheitlichen Probleme. Während meines Biologiestudiums untersuchte ich u. a. die Ent- „Mit meiner Forschung scheidungsfindungen von Fledermäusen bei der Nahrungssuche möchte ich verstehen, wie Tiere tatsächlich und von wilden Stockenten und Weißstörchen bei ihren Wande- rungen. Dabei bemerkte ich, dass mich aus dem breiten Spektrum kollektive Entscheidungen treffen.“ von Verhaltensweisen der Tiere vor allem die Sozialität interessier- te: Wie interagieren in Gruppen lebende Tiere miteinander, wie Wie kamen Sie darauf, zu erforschen, wie Tiere Entscheidungen kooperieren und wie konkurrieren sie? Und wie einigen sie sich treffen? am Ende darauf, dasselbe zu tun, um die Gruppen zusammenzu- Ich fühle mich kreativer in Gruppen, in denen gemeinsam Entschei- halten? Inspiriert von diesen Fragen zog ich nach Deutschland, um dungen gefällt werden, basierend auf kritischen Diskussionen und meine Doktorarbeit über das Sozialverhalten von wild lebenden folgender Verständigung. Entscheidungen, die von Einzelnen l 18 l
AUS DER PRA XIS Danai Papageorgiou beobachtete Gruppen von Perlhühnern über mehrere Jahre hinweg: Sie begleitete sie per Videoverfolgung und über GPS-Tracking. getroffen werden, bringen diesen häufig unverhältnismäßig viel Nutzen – nicht jedoch der Mehrheit der Gruppe. Begründet wird dies oft mit dem Verweis auf die Natur: In Wolfsrudeln führe das dominante Männchen die Gruppe an, heißt es dann. Diese und andere Behauptungen sind größtenteils falsch, viele Menschen scheinen das aber immer noch zu glauben. Mit meiner Forschung möchte ich verstehen, wie Tiere tatsächlich kollektive Entscheidun- gen treffen. Ich will wissen, ob bzw. wie individuelle Merkmale wie Geschlecht oder Platz in der Rangordnung den individuellen Ein- fluss auf Gruppenentscheidungen prägen können. Wie stimmen die Perlhühner ab? Tiere, die sich in Gruppen bewegen, brauchen einen Konsens, wo- hin sie gehen. Einzelne Perlhühner zeigen, wohin sie gehen wollen, indem sie eine Bewegung in eine bestimmte Richtung einleiten oder denen folgen, die sich bereits in ihre bevorzugte Richtung bewegt haben. Alle in der Gruppe können gleichberechtigt „mit- reden“, wohin sie gehen wollen. Bewegen sich Tiere in Gruppen, brauchen sie einen Konsens, wohin sie gehen. Die Tiere gehen nicht an die Wahlurne. Woran haben Sie erkannt, dass die Tiere eine demokratische Entscheidung treffen? Wir beobachteten Gruppen von Perlhühnern über mehrere Jahre hinweg, indem wir sie begleiteten, per Videoverfolgung und über GPS-Tracking. Wir zeichneten zunächst alle Streitigkeiten zwischen den Vögeln auf, um jedem Tier einen Rang in der Dominanzhierar- chie zuzuweisen. Dafür verwendeten wir ein Bewertungsverfahren, das z. B. im Schach und im Fußball üblich ist, um die Ränge der Spielenden auf der Grundlage der verlorenen und gewonnenen Spiele zu bewerten. Wir beobachteten auch, welcher Vogel Abflü- ge von und zu neuen Futterstellen initiierte und die Reihenfolge, in der die anderen folgten. l 19 l
AUS DER PRAXIS FOR S C H T MI T! 2 /2021 Wo geht's lang? Dank GPS-Sensor kann das ganz genau beobachtet werden. Dürfen auch Tierkinder mitbestimmen? Welche Ähnlichkeiten gibt es zwischen menschlichem und tie- Bei Geierperlhühnern folgen die Jungtiere den Entscheidungen rischem Wahlverhalten? der Erwachsenen. Sie erhalten aber vorrangigen Zugang zu Nah- Mit „Demokratie“ im Tierreich meinen Forschende der Verhaltens- rung. Bei anderen Arten, wie z. B. Stumpfnasenaffen, initiieren ökologie keinen Prozess wie die repräsentative Demokratie, bei Tierkinder manchmal die Gruppenbewegung. Wir haben auch fest- der die Menschen Vertretungen wählen, die für sie Entscheidun- gestellt, dass Gruppen von Perlhühnern mit vielen Nachkommen gen treffen. Insgesamt ähnelt die kollektive Entscheidungsfin- die Größe des Gebiets reduzieren, in dem sie sich bewegen. Das dung von Tiergruppen mehr dem Prozess, mit dem wir Menschen liegt wahrscheinlich daran, dass die Jungtiere leicht ermüden, in kleinen Gruppen Alltagsentscheidungen treffen, z. B. wenn wir wenn sie lange Strecken laufen. entscheiden, wohin wir gemeinsam zum Mittagessen gehen. In welchen Situationen ist die gemeinsame Entscheidung von Vorteil? Bei den Perlhühnern haben wir etwas Spannendes beobachtet: Wenn sie in weitläufigen Gebieten fressen, in denen die Nahrung für alle gleichermaßen zugänglich ist, dann entscheiden alle Grup- penmitglieder gleichermaßen mit. Wenn jedoch einzelne domi- nante Perlhühner ein besonders reichhaltiges Nahrungsgebiet für sich beanspruchen, dann schließen die ausgeschlossenen Unter- gebenen ihre Stimmen zusammen, um die Gruppe von dem Gebiet wegzubewegen. So zwingen sie die Dominanten, ihre reichen Ressourcen aufzugeben. Diese Ergebnisse legen nahe, dass sich – im Gegensatz zu despotischer Führung – demokratische Ent- scheidungsfindung entwickelt hat, damit alle Gruppenmitglieder ausreichend von dem erhalten können, was sie zum Überleben benötigen. Dies wäre nicht möglich, wenn dominante Individuen immer danach entscheiden würden, was das Beste für sie ist. l 20 l
AUS DER PRA XIS MITMACHEN ROSA PUPPE ODER BLAUER BAGGER? WERBUNG HINTERFRAGEN LERNEN Werbung hat großen Einfluss darauf, welches Spielzeug Mädchen und Jungen wählen. Gerade junge Kinder nehmen Werbung nicht als solche wahr. Sie glauben die Versprechen und werden zu immer neuen Spielzeugwelten verführt. Gemeinsam mit ihrer Lernbegleitung können die Mädchen und Jungen lernen, Werbung zu erkennen und zu hinterfragen. Ein neuer Online-Kurs hilft dabei. D amit der Umsatz steigt, richtet sich Werbung manchmal direkt JETZT ONLINE-KURS STARTEN! an die Kinder. Dabei werden häufig auch Rollenklischees Sie können den kostenfreien Kurs (max. eine Stunde) jederzeit transportiert. So werden Spielzeuge selbstverständlich Ge- selbstständig in eigenem Tempo durchführen: schlechtern zugeordnet, wie z. B. rosa Spielsachen und Puppen für hdkf.de/bne-werbung-reflektieren Mädchen, Bücher mit blauem Titelbild und Bagger für Jungen. WEITERE BNE-FORTBILDUNGEN ZU „KONSUM UMDENKEN“ Werbung erkennen Neben dem Online-Kurs gibt es weitere neue Angebote zum Thema Kinder tauschen sich gerne miteinander über ihre Lieblingsspiel- „Konsum umdenken“, z. B. eintägige Fortbildungen in Ihrer Nähe – zeuge aus. In der Kita oder Grundschule können Sie das zum An- auch für Kita-Leitungen (1,5-tägig): lass nehmen und z. B. gemeinsam Werbeprospekte, Zeitschriften hdkf.de/bne-konsum-umdenken oder Kataloge durchforsten: Welches Spielzeug hätten die Kinder besonders gern und wieso? Welche Farben sprechen sie an? Was denken sie, kann man mit dem Spielzeug machen? Sind sie schon einmal von einem neuen Spielzeug enttäuscht worden? Als Lern- begleitung können Sie hier auch Geschlechterklischees aufgrei- fen: Brauchen Jungen wirklich andere Spielsachen als Mädchen? Sind Farben nicht für alle gleichermaßen da? Werbung durchschauen Lassen Sie die Kinder ein Werbeplakat für ein Lego-Set, ein Pup- penhaus oder einen Roller basteln. Vielleicht drehen Sie danach den Spieß einfach um: Nun fertigen die Mädchen und Jungen ein Plakat an zu Spielsachen, die unbeliebt sind, etwa weil sie schnell kaputtgehen, eher langweilig oder schlecht für die Umwelt sind. Vorhandenes Spielzeug können die Kinder einmal genauer unter die Lupe nehmen und erforschen, was es kann und was nicht. Wo- raus besteht es eigentlich und wo wurde es hergestellt? Mehr im neuen Online-Kurs erfahren Im Online-Kurs „Konsum umdenken – Werbung reflektieren“ lernen Sie mehr darüber, wie Sie Werbung und Spielzeugkonsum gemein- sam mit Kindern hinterfragen können. „Kinder sollten die Möglich- keit bekommen, herauszufinden, was sie glücklich macht – und dass ihre Identität von mehr abhängt als vom Kauf neuer Pro- dukte. Wenn sie erfahren, was ihnen guttut und was sie brauchen, stärkt das ihr Selbstbewusstsein“, so Mariel Wille, die den Kurs als Fachkundige für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) Kinder tauschen sich gern über ihre bevorzugten Spielzeuge mitentwickelt hat. aus, z. B. indem sie Spielzeug-Kataloge durchblättern. l 21 l
AUS DER PRAXIS FOR S C H T MI T! 2 /2021 AUSGEZEICHNET POTZ BLITZ! MEINE STROMWERKSTATT: GRUNDSCHUL-APP UNTERSTÜTZT IM SACHUNTERRICHT Was ist Strom? Wie kommt er in die Steckdose? Und wie können wir im Alltag Strom sparen? Die neue App „Potz Blitz! Meine Stromwerkstatt“ unterstützt Lehrkräfte im Sachunterricht dabei, mit ihren Schülerinnen und Schülern interaktiv die Themen „Strom“ und „Energie“ zu erforschen. Die Grundschul-App wurde gemeinsam mit Lehrkräften entwickelt und dient als pädagogisch wertvoller Baustein für einen modernen Energiebildungsunterricht, der das digitale und analoge Lernen sinnvoll verzahnt. W ie Strom entsteht und wie er zu ihnen nach Hause kommt, Mädchen und Jungen lesen und hören. Ein mitgelieferter Leitfa- erfahren die Kinder im „Strom-TV“ in der App. Welche den zur Unterrichtsbegleitung und lizenzfreie Handouts zum Materialien Strom leiten und wie viel Strom verschiedene Ausdrucken bieten Grundschullehrkräften vielfältige Impulse für Haushaltsgeräte verbrauchen, können sie im „Stromkreisspiel“ die Unterrichtsplanung sowie diverse Anregungen, um analog und in der Simulation der „Strom-Spar-AG“ gleich selbst auspro- weiterzuforschen. Hier zeigt sich eine zentrale Überzeugung des bieren. Beide Interaktionsangebote können in ihrem Schwierig- „Hauses der kleinen Forscher“ zum Einsatz digitaler Medien: keitsgrad dem bereits vorhandenen Wissen entsprechend ange- In einer zunehmend digitalisierten Welt sollte digitales und ana- passt werden. Die Erfahrungen, die die Mädchen und Jungen in loges Entdecken und Forschen gleichberechtigt angewandt und der Teamarbeit machen, bieten dann wieder Gesprächsanlässe miteinander verzahnt werden – im Sinne der pädagogischen oder Gelegenheit für analoge Versuche im Unterricht. Methodenvielfalt und um Kinder auf dem Weg zu digitaler Mün- Die Grundschul-App ist in gängigen App Stores und als digkeit zu unterstützen. Web-Version erhältlich – kostenlos und ohne Werbung bzw. Ab- Mehr Informationen zur App und zum ko-kreativen Lehrkräfte- frage personalisierter Daten. Die Kinder können sie auf unter- Projekt, das von der E.ON Stiftung unterstützt wurde, gibt es unter: schiedliche Weise für sich nutzen und kommen am Ende zu ähn- hdkf.de/app-grundschule-stromwerkstatt lichen Lernerfahrungen. Alle Texte in der Anwendung können die l 22 l
AUS DER PRA XIS ÖFTER EINFACH MAL LOSLASSEN Anne Lehmann und Andrea Emmerich vom „Haus der kleinen For- scher“ erzählen, wie die Grundschul-App entstand und was sie dabei gelernt haben. Wie kam es zur App-Entwicklung und was war das Besondere am Projekt? Anne Lehmann: Die Idee für diese App entstand aus einem Vorgän- gerprojekt, in dem wir bereits für den Grundschulunterricht zwei Produkte zum Thema „Energiebildung“ entwickelten. Dabei lernten wir, dass die Lehrkräfte und Schülerinnen bzw. Schüler nicht erst zum Testen, sondern am besten von Anfang an in den Entstehungs- prozess einbezogen sein sollten. Die Idee des „ko-kreativen“ Pro- jekts war geboren, bei dem interessierte Lehrkräfte in Design-Think- Anne Lehmann (links), Projektleitung, und ing-Workshops ein digitales Unterrichtsprodukt kreierten. Andrea Emmerich (rechts), Referentin für digitale Lernangebote Andrea Emmerich: Gleich zu Beginn führten die Lehrkräfte Inter- views mit ihren Schülerinnen und Schülern, deren Ergebnisse direkt in den Entwicklungsprozess einflossen. Feedback bekamen wir zwischendurch durch App-Testings mit den Grundschulkindern. Was haben Sie gelernt während des knapp zweijährigen, parti- zipativen Projekts? Andrea Emmerich: Neben der produktiven Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Kindern habe ich Design Thinking als Methode schätzen gelernt. Ich habe geübt, öfter einfach mal loszulassen. Lässt man sich auf agile Entwicklungsprozesse ein, braucht man Vertrauen, dass das Team anstehende Probleme schon lösen wird. Zudem lernte ich, lieb gewonnene Ideen zu verwerfen, wenn sie sich als ungeeignet erwiesen. „Ich hab eb Digitalis eim Projekt mit Anne Lehmann: In den Workshops wurde mir bewusst, wie hilf- ie ge finde un rung‘ als auch macht, weil ich reich Prototypen sind. Um diese zu erstellen, werden kreative d d s kann. Ic weil ich glaube as Thema ‚En owohl das Them h fand s , dass m ergie‘ m a Prozesse in Gang gesetzt. Die Lehrkräfte haben dafür mit ihren Lehrern ehr anre an beid e se egawich ‚ a gen tig Händen gewerkelt, mit Karten, Knete etc. Die so entstandenen Ideen e us anderen Gru d, dass man m hr gut verbind ntw n it en fand ich ickeln konnte dschulen zusa Lehrerinnen u Prototypen waren für das erste Testing sehr wichtig, denn die Kin- Mehr we super g ewählt . Die Me th mmena rb nd rt.“ und sie oden, z. B. Des eiten und der konnten die Ideen für die Inhalte der App anfassen und damit hatten für mich ign Thinking, Benjam einen e interagieren – lange bevor klickbare Bildschirminhalte entstanden. in chten Rektor a Bedorf, n einer Berline r Grund schule so men ist in , w ie vi el rausgekom u nd fr oh rt , f uns alle ch faszinie tal stolz au as man dann im „Ich bin au n to Jetzt herunterladen! . Und ic h bi n n, w kurzer Zeit l was mitgestalten ka t man ja nicht so oft. “ „Potz Blitz! Meine Stromwerkstatt“ ist als Tablet-App ss m a n ma ög lic h ke it ha da ie M einsetzt. D im Apple App Store und im Google Play Store sowie Unterricht unter meine-stromwerkstatt.de als Web-Version für ger, Laptop und PC verfügbar. Nach dem Download Tamara Glo rerin aus Hannover funktioniert die Tablet-Version auch offline. chu lleh Grunds Lili und Jamil begleiten euch in der Strom-App. l 23 l
FOR S C H T MI T! 2 /2021 KUR ZGESCHICHTE SIGI UND DER KOCH-O-MAT Text: Christian Gailus »Nein, es ist eine Maschine«, rief eine Stimme von oben und die Illustrationen: Till Charlier Tiere reckten ihre Hälse. Ein Schwein kletterte aus dem Trichter, rutschte an den Rohren hinab und landete mit dem Po auf dem Torf. Eines Morgens hatte sich etwas verändert auf dem kleinen Bau- »Sigi Sau!«, schimpfte seine Mutter und stemmte die Haxen in die ernhof am Rande der Stadt. Der Hahn bemerkte es als erster Hüften. »Was hast du schon wieder ausgeheckt?« und sein Weckruf klang mehr nach Feueralarm. Die Tiere schreckten auf, stürzten ins Freie und … erstarrten. Im Hof stand ein Ding aus Holz und Metall, hoch wie das Haus vom Bauern und breit wie ein mächtiger Baum. Das Ding bestand aus zahl- losen gewundenen Rohren, die ganz oben in einem gewaltigen Trichter mündeten. Getragen wurde das Ding von Füßen aus Eisen, die sich in den lehmigen Boden bohrten wie die Klauen eines Drachen. »Was ist das?«, murmelte das Kaninchen mit eingezogenem Kopf. »Vielleicht ein Raumschiff«, murmelte die alte Kuh. »Einen Koch-O-Mat«, sagte »In den Trichter kommen die »Oder der neue Hühnerstall!«, freute sich die Henne. Sigi mit erhobener Schnauze Zutaten, … »Oder einfach nur ein großer Haufen Schrott!«, meckerte die und erklärte den Tieren seine Ziege. neueste Erfindung. … an diesen Reglern wird die … und mit diesen Schaltern Gewürzmischung eingestellt … Vor-, Haupt- oder Nachspeise gewählt. Ein Druck auf den großen … und hier an der Seite roten Knopf, und alles wird ausgegeben. Augenblick, gemanscht, gekocht, geformt … ich führe es euch vor!« l 24 l
FOR SC H E N MIT KINDERN Das Rindvieh riss die Augen auf. »Davon weiß ich ja noch gar nichts!« »Aber ich«, sagte Sigi. »Ich habe den Bauern belauscht, als er telefonierte. Da hat er es gesagt.« »Und was hat das mit deiner blöden Maschine zu tun?«, meckerte die Ziege. »Ganz einfach: Er muss die Kuh nicht mehr verkaufen, um an Geld zu kommen. Denn ab heute hat er den …«, zärtlich tätschelte Sigi seinen Apparat, »… Koch-O-Mat!« Als der Bauer etwas später zum Stall stapfte, um die alte Kuh zu holen, lockte ihn ein süßer Duft hinter die Scheune. Und er wun- derte sich über die große Maschine, die dort stand. Rasch zog Sigi eine herrlich duftende Pastete heraus und reichte sie dem Bauern. Hmmmm, schmeckte die lecker. »Pastete?«, fragte plötzlich eine Stimme. Es war ein junger Mann mit einem Fahrrad, der sich da die Lippen leckte. Sigi reichte ihm eine Pastete, die dieser mit Genuss verputzte. Er zupfte ein paar Rosinen aus dem Fell der Ziege, melkte etwas Milch von der Kuh, bat das Huhn um ein Ei und stibitzte dem Hasen die Möhre. Warf alles in den Trichter und schaltete die Maschine ein. Der Koch-O-Mat wummerte und donnerte, ächz- te und schnaubte. Nach einer Weile machte es PLING und an der Seite öffnete sich eine Klappe. Sigi zog ein Backblech aus der Öffnung. Darauf lag ein herrlich duftendes Gebäck. »Möhren-Muffins?«, meckerte die Ziege und verzog das Gesicht. Dann drückte der Radfahrer dem verdutzten Bauern zwei Euro in »Darf ich mal probieren?«, fragte die Henne und auch Kuh und die Hand und fuhr fröhlich pfeifend davon. Dann kam der Nächste. Kaninchen langten zu. »Das ist ja köstlich!«, fanden sie. Und noch einer. Und so ging es immer weiter. Am Abend hatte der »Und wozu soll das gut sein?«, polterte die Ziege. Bauer die Tasche voller Geld – und ganz vergessen, dass er die »Es rettet die alte Kuh«, sagte Sigi zufrieden. alte Kuh verkaufen wollte. Die fläzte sich stattdessen neben den »Ich versteh nur Bahnhof«, gackerte die Henne. Koch-O-Mat auf einen Sonnenstuhl. »Na, ist doch logisch«, erklärte Sigi. »Der Sommer war so heiß, »Sigi, deine Idee ist der Hit!«, rief sie aus. Das fanden die anderen dass ein Teil der Ernte verdorrt ist. Deshalb braucht der Bauer Tiere auch. Sie nahmen Sigi auf ihre Schultern und trugen ihn sin- Geld. Und will die Kuh verkaufen.« gend und lachend über den Bauernhof. Die Geschichte „Sigi und der Koch-O-Mat“ ist in der Kinderzeitschrift Gecko Nr. 73 erschienen. Gecko, die werbefreie Bilderbuchzeitschrift für Kinder ab vier Jahren, bringt alle zwei Monate illustrierte Vorlesegeschichten, Mitmachseiten, Sprachspiele, ein Experiment und vieles mehr. Gecko gibt es auf gecko-kinderzeitschrift.de und im Buchhandel. Kindergärten und Grundschulen erhalten 10 % Bildungsrabatt auf das Abo unter: gecko-kinderzeitschrift.de/bildungsrabatt l 25 l
AUS DER PRAXIS FOR S C H T MI T! 2 /2021 GUT GEMACHT KINDER ANS BUDGET In der Kindertagesstätte der Freien Universität Berlin dürfen die Mädchen und Jungen selbst entscheiden, welches Spielzeug angeschafft wird. Dazu müssen sie nicht nur wissen, was sie selbst wollen, sondern auch das Allgemeinwohl im Blick behalten, Allianzen schmieden und Werbung machen. Denn am Ende entscheidet eine Wahl. l 26 l
AUS DER PRA XIS Bei einem Ausflug in den Spielzeugladen sichteten die 15 Kinder die Auswahl. Eine Stunde hatten sie Zeit, um sich zu entscheiden – manchmal hatten sie Allianzen geschmiedet, um ein größeres Budget zur Verfügung zu haben, manchmal nicht. Mädchen und Jungen, die sich festgelegt hatten, wurden vor Ort mit ihrem Spiel- zeugvorschlag fotografiert. Viele waren guter Dinge. „Wenn wir uns schon zu sechst einigen konnten, dann wählen das sicher auch die anderen Kinder!“, meinte Media, eine von ihnen. Mit den Fotos gestalteten die Mädchen und Jungen am nächs- ten Tag Plakate, die eine Woche lang in der Kita aushingen und für die Vorschläge warben. Entscheiden sollte am Ende eine richtige Wahl, die nach politischem Vorbild stattfinden sollte. Ein Wahllo- kal wurde bestimmt und Wahlbenachrichtigungen an Kinder und Eltern geschrieben. Am großen Tag hingen sämtliche Plakate an Stühlen. Auf die Rückseite konnten die Mädchen und Jungen Klebepunkte kleben – so konnten alle Altersklassen mitmachen. Jedes Kind wurde von Wahlhelfenden einzeln in die Kabine geführt und instruiert: „Du darfst dir alles noch einmal in Ruhe ansehen. Überlege, was dir wirklich gefällt und womit du selbst gerne spielen willst.“ Nach der Wahl wurden die Klebepunkte ausgezählt und das Geld der Reihe nach verteilt. „Wir hatten einen Topf mit 150 Krei- sen, die auf die jeweiligen Spielzeuge entsprechend ihres Preises verteilt wurden, bis der Topf leer war“, erklärt die stellvertretende Beim Ausflug in den Spielzeugladen sichteten die Kinder die Auswahl. Kita-Leiterin Lavinia Nanni. Zu akzeptieren, dass manche Spielzeuge nicht gekauft wer- den würden, fällt deren Fans nicht immer leicht. Tröstend ist, dass W er bestimmt eigentlich, welches Spielzeug für die Kita sie beim großen Einkaufstag in einer der Gruppen, die gesiegt angeschafft wird? Diese Diskussion war zwischen den haben, trotzdem dabei sein können. Und jedes Jahr rücken neue Vorschulkindern in der Kindertagesstätte der Freien Uni- Vorschulkinder nach, die die zuvor gekauften Spielsachen bereits versität Berlin entbrannt, nachdem es immer wieder Streit um nutzten und auf ihre Erfahrung als Wahlvolk zurückblicken können. selbst mitgebrachtes Spielzeug gegeben hatte. Einig waren sie „Die Kinder lernen wahnsinnig viel dabei!“ sagt Lavinia Nanni. Sie sich nur, dass es die Erwachsenen nicht sein sollten. Am besten könnten nachempfinden, wie viel Verantwortung bei Entschei- sollten alle entscheiden – aber mit 60 Mädchen und Jungen in den dungstragenden liegt. „Das macht schon viel Arbeit, aber wir wol- Spielzeugladen zu gehen und gemeinsam auszuwählen, erschien len darauf nicht mehr verzichten“, fügt sie hinzu. auch nicht sinnvoll. Vor vier Jahren beschlossen die pädagogischen Fachkräfte und die Kita-Leitung erstmals, den 15 Vorschulkindern in jeder Gruppe ein Budget für Spielzeug von 150 Euro pro Jahr anzuver- trauen, über das in einem mehrstufigen Prozess entschieden wird. Zunächst galt es, Kriterien für den Einkauf aufzustellen, etwa: „Die Kleinen dürfen das nicht verschlucken können. Das soll lan- ge halten. Wir wollen alle zusammen damit spielen können.“ Der nächste Schritt bestand darin, ein Gefühl für Preise zu entwickeln. Tipp: Mit bereits in der Kita vorhandenem Spielzeug wurde geübt: Wenn Weitere Praxisbeispiele zu Spielzeug und nachhaltigem Konsum finden Sie in der BNE-Broschüre „Konsum jedes Kind zehn Euro zur Verfügung hat, wie viele Mädchen und umdenken – entdecken, spielen, selber machen“ unter: Jungen müssen sich dann zusammentun, um bestimmte Spiel- hdkf.de/bne-broschuere-konsum zeuge zu kaufen? l 27 l
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