JAHRGANG - HERAUSGEBER: TIERPARKVEREIN BERN
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2 Liebe Tierparkfreundinnen, liebe Tierparkfreunde FRIEDERIKE VON HOUWALD, TIERPARKDIREKTORIN Mir kommt die grosse Ehre zu, ein kleines Das erste Treffen war dann auch extrem tischen Netzes zurechtzufinden. Nie auf- Vorwort zur UHU-Ausgabe 4/2021 zu entspannend, denn irgendwie hatte ich, dringlich, sondern mit Weitsicht. Nie schreiben. als ich Bernd dann leibhaftig vor mir hatte, polemisch, sondern philosophisch. Nie Eine Ehre für mich insofern, als es nicht das Gefühl, dass ich ihn schon eine Ewig- engstirnig, sondern interessiert. Nie auf nur die erste Ausgabe des UHUs ist, für die keit kenne. Total herzlich wurde ich von sich, sondern auf den Tierpark fokussiert. ich ein Vorwort schreiben darf, sondern ihm und all den tollen Mitarbeitenden des Bernd, ich danke dir für diesen knacki- auch deshalb eine Ehre, weil es sich um ei- Tierparks empfangen, wir haben gute Ge- gen Einstieg, es hat nicht nur sehr viel ne ganz besondere oder spezielle Ausga- spräche geführt, gelacht und lernten uns Spass gemacht mit dir, sondern du hast be handelt. Diesmal werden nicht die Tie- kennen. mich auch gut abgeholt und eingeführt, re und die sie betreuenden Menschen im Als es dann ‹in medias res› ging, sprich mit Humor und Feingefühl und manchmal Zentrum stehen, sondern nur ein Mensch. die ersten Sitzungen und Einführungstage mit ein bisschen mehr. Ich wünsche dir für Ein Mensch, den ich vor erst gar nicht an meinem neuen Arbeitsort anfingen und deine Zeit nach dem Tierpark, dass du allzu langer Zeit habe kennenlernen kön- Bernd mich in ‹sein› Geschäft einführte, weise zwischen Brasilien und Bären wählen nen und dürfen. Nämlich genau zum ers- ergaben sich extrem interessante Gesprä- wirst (für alle Lesenden, das ist ein Insider), ten Mal am 21. Mai 2021. Der Anlass war che und Diskussionen. Auch da schien es ich wünsche dir aber auch viel Gesundheit, ein ganz wunderbarer. Ich wurde eingela- mir, als ob wir uns schon lange kennen viele gute Freunde und intensive Momen- den, mich als neue Direktorin vom Tierpark würden. te, egal welcher Art. Enjoy! Bern den Mitarbeitenden vorzustellen. Dieses gute Gefühl hat mich in meinen Allen UHU-Leserinnen und Lesern wün- Vor diesem Tag habe ich natürlich von ersten Wochen weiter begleitet, ich habe sche ich nun sehr viel Vergnügen bei dieser und über Bernd Schildger viel gehört, ge- viele Menschen näher kennenlernen dür- einmal ganz anderen Ausgabe des UHUs. lesen und gesehen (im TV), habe ihn aber fen, viele Gedanken austauschen können, trotz meiner über 20-jährigen Zoozeit nie und immer wieder stand mir Bernd zur Sei- Mit herzlichen Grüssen persönlich kennengelernt. te und half mir, mich im Wirrwarr des poli- Friederike von Houwald Friederike von Houwald und Bernd Schildger stossen auf die Versteigerung des einzigartigsten Bären begleiten Bernd Schildger von Tag eins an Schreibtisches der Stadt Bern zugunsten des Tierparks an. (Foto: Doris Slezak) während fast 25 Jahren im Berner Tierpark. (Foto Hansueli Trachsel) Bernd Schildger, Fotomontage (Foto: Remo Eisner, Bearbeitung: Lighthouse Hans Hausammann; Weber Verlag AG)
3 Merci, Bernd! ALEC VON GRAFFENRIED, STADTPRÄSIDENT Im Namen des Gemeinderats bedanke ich mich ganz herzlich bei Bernd Schildger für sein unermüdliches Engagement als Tierparkdirektor. Er hat in den letzten 25 Jahren den Tierpark als wichtigen Ort für Bern weiterentwickelt und der Bevölke- rung die Tierwelt mit seinen lebhaften und inspirierenden Führungen näherge- bracht. Den Bären – unserem Wappen- tier – hat er ein Weiterbestehen im 21. Jahr- hundert ermöglicht. Das erfreut Besuche- rinnen und Besucher aus der Stadt Bern und der ganzen Welt. Auch mit dem weg- weisenden Konzept «Mehr Platz für weni- ger Tiere» hat der Tierpark europaweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Wir alle verknüpfen unvergessliche Erinnerungen an einen Besuch bei den Steinböcken, Papagei tauchern oder den Seehunden. Das wird in Zukunft nicht anders sein. Merci, Bernd, und au revoir! Bernd Schildger und Alec von Graffenried im Erlacherhof (Foto: Manuela Künzi) Reto Nause, Ruedi Flückiger und Bernd Schildger an der Medienkonferenz zum 10-Jahre-Jubiläum BärenPark (Foto: Doris Slezak)
4 Wie ein Ninja in Bern sein Herz verlor RETO NAUSE, PRÄSIDENT TIERPARKKOMMISSION UND GEMEINDERAT Wenn der Name Bernd Schildger fällt – und das tut er häufig – ist dieser meist von höhe erleben. Er ist zu einem Treffpunkt einem Bild begleitet. Keines aber gleicht dem anderen: Denn so vielfältig die Auf für Wissbegierige, zu einer Oase für Ruhe- gaben und Rollen unseres Tierparkdirektors, so reichhaltig seine wechselnde suchende, zu einem Lernort für Kinder und Haarfarbe, sein Auftreten und sein Geschick, das Beste für den Tierpark Bern zu zu einem Stück Heimat für uns Berner*in- erwirken. Man könnte nun geneigt sein, Bernd Schildger mit einem Chamäleon zu nen geworden. Bernd Schildger hat in vergleichen. Der Vergleich wäre aber falsch. Ein Chamäleon verfügt in keiner über fünfundzwanzig Jahren in Bern derart Weise über ein ähnlich vielseitiges Waffenarsenal wie Prof. Dr. Bernd Schildger – viel erreicht und verändert, dass diese Zei- das Bild des Ninjas passt da besser. len nicht ausreichen. Das macht nichts, denn sein Lebenswerk ist für alle sicht- und erlebbar: Schauen Sie genau hin, wenn Sie 1997 Schumacher gewann, Nirvana war im Ja, bei dieser Darstellung sind Zweifel das nächste Mal unser Wolfsrudel besu- Höhenflug, Männer trugen – wenn sie der angebracht. Denn wer Bernd Schildger chen. Finden Sie die Handschrift von damaligen Mode entsprechen wollten – kennt, weiss, dass sich unser Tierparkdi- Bernd Schildger, wenn Sie die Papageitau- Strickjacken, Justin Bieber erblickte das rektor niemals in der Komfortzone «Zu- cheranlage besichtigen. Spüren Sie sein Licht der Welt, und … die Hauptstadt der flucht» niederlassen würde. Vielmehr traf Herzblut, welches in der Aareuferanlage Schweiz schaffte es, einen einzigartigen und trifft man ihn in Arenen, Manegen und steckt, und denken Sie das nächste Mal an Menschen nach Bern zu holen: Bernd Kampfzonen. Solche waren in Bern zur Ge- das Bild des Ninjas, wenn Sie unsere Bären Schildger. Das hing vielleicht damit zusam- nüge vorhanden. Mit seinem Arsenal an im BärenPark bestaunen. Denn damit un- men, dass die Bürger*innen in seinem Waffen und Kampfkünsten gelang es ihm, ser Wappentier von den engen histori- Heimatland Deutschland im selben Jahr unseren Berner Zoo in die Zukunft zu füh- schen Gräben in die grosszügige Grünan- ganze zwanzigmal an die Urne gerufen ren. Der Tierpark Bern ist heute ein ande- lage umgesiedelt werden konnte, brauchte wurden, um eine neue Regierung zu wäh- rer als 1997 – nicht nur was Gehege und es mehr als einen zahnlosen «Papiertiger». len. Vielleicht, so könnte man vermuten, Tiere betrifft. Der Tierpark Bern ist zu ei- Bernd Schildger verstand es immer wie- suchte Bernd Schildger in der Schweiz und nem Begegnungsort geworden, an wel- der, Politik, Sponsoren, Gönner*innen und deren direkter Demokratie Zuflucht. chem sich Tiere und Menschen auf Augen- die Bevölkerung hinter einer Idee zu verei- nen. Er zeigte den nötigen Durchhaltewil- len, den Taktsinn, das Feingefühl wie auch die Kampferprobung, um gesteckte Ziele zu erreichen – für seine Tiere und für Bern. Ich behaupte, dass Bernd Schildger bekannter ist als ich, eventuell sogar «nachhaltig» beliebter. Er verstand es, die Medien auf seine Seite zu ziehen und aus Gegner*innen Verbündete zu machen. Sein Gegenüber holte er gerne mit Charme und Witz ab. Denn auch was Psy- chologie und Rhetorik anbelangt, ist er ein Meister seines Handwerks. Diplomati- sches Geschick und ein Feingespür für die Berner Politik vervollständigen sein Waf- fenarsenal. So gerüstet, gelang es ihm, seine Ideen in Taten umzusetzen und uns alle zu begeistern. So verfügt Bernd Schildger zwar über die vielseitigen Fähig- keiten eines Ninjas, doch sein Erbe verrät: Sein Herz hat er Bern geschenkt. Wir alle Reto Nause und Bernd Schildger eröffnen die neue Krokodilanlage. danken dir und wünschen dir für deine (Foto: Doris Slezak) Zukunft nur das Beste!
5 Mensch, Bernd! STEFAN FLÜCKIGER , PRÄSIDENT TIERPARKVEREIN Bernd Schildger und Löru Furrer mimen ein Krokodil. (Foto: Mathias Kaeser) Was ist ein Vierteljahrhundert zu drei Jahren Zusammenarbeit? Einen so kurzen Lichtblitz im beruflichen Wirken von Bernd Schildger durfte ich erleben. Der Einblick beschränkt sich auf Begegnungen als Betriebsleiter des Forstbetriebs der Burgergemeinde Bern und als Mitglied des Tierparkvereins vorstands. Aber was machte die Begegnungen mit Bernd Schildger zu einem Erlebnis? Wer mit Bernd Schildger arbeitete, musste um zu, bis der bestgeeignete Zeitpunkt für und unkonventionelle Wirken von Bernd sich auf ein schier unermessliches Reper- den entscheidenden Sprung da ist. Schildger zurückzuführen. Das Wirken in toire an überlegenen Strategien und Ver- Mit der Hartnäckigkeit und Musse eines einem organisatorischen und politischen haltensweisen einstellen, welche auch Wisents treibt er seine eigenen Vorhaben Umfeld, das der «Kür» zugerechnet wer- seine Tiere im Tierpark Bern in der freien voran – auch gegen die «bestgestrickten» den darf. Natur auszeichnen. Widrigkeiten. Im Namen des Tierparkvereins Bern Dem Grundeigentum im Dählhölzli be- Mit der Weitsicht eines Leitwolfes plant danke ich Bernd Schildger herzlich. Das gegnet Bernd immer mit grossem Res- Bernd seine Vorhaben, sucht und orchest- Einzigartige an Begegnungen mit Bernd pekt. Die eigenen Wünsche klar im Fokus, riert Verbündete und schafft ein Netz- ist, dass man sich nicht sicher sein kann, das Eigentum in Qualität und Quantität je- werk, das zum Ziel führt. was einen erwartet – sie aber in jedem Fall doch voll respektierend – dem Rothirsch Ohne Kompromisse steht er für das na- viel Freude und neue Erfahrungen bereit- sein Revier. türliche Verhalten von Tieren und für Zoos halten. Sein Erinnerungsvermögen an Details als Bindeglied zwischen (naturentfremde- Danke, Bernd. Du hinterlässt einen und Einzelheiten, die durchaus weit zurück ter) Gesellschaft und Natur ein. grossartigen beruflichen Fussabdruck in liegen können, erinnern an das Gedächtnis Die Ausstrahlung des Tierpark Bern hat Bern und in unseren Erinnerungen! Viel von Kapuzineräffchen. heute nationales und internationales Aus- Glück im nächsten Lebensabschnitt. Mit der Geduld eines Luchses schaut mass erreicht. Diese Bedeutung ist nicht Bernd dem munteren Treiben um sich her- zuletzt auf das zielstrebige, konsequente
6 VS. BERND SCHILDGER 1 :0 Cristiano Ronaldo LUZI FRICKER, REDAKTEUR ENERGY BERN Um keinen anderen Interviewpartner gab es in den Radio-Energy-Redaktionsräum- lichkeiten einen derartigen Hype. Nicht einmal dann, wenn es darum ging, wer nach dem ersten Champions-League- Gruppenspiel von YB gegen Manchester United (2:1) die Manchester-United-Stars um Cristiano Ronaldo interviewen darf. Denn bei diesem Menschen musste je- weils ein Münzwurf entscheiden, weil nach dem Eintreffen der Medieneinladung ein kollektives «Ich will dann zu Bernd!» aus den Kehlen der anwesenden Redaktions- mitglieder hallte. Für den Münzwurfsieger war der Tag bereits gerettet. Denn ein In- terview mit Bernd Schildger in seinem charmant und gleichzeitig virtuos einge- richteten Büro war vielfach unterhaltsamer als ein dramatisches Fussballspiel, selbst mit Cristiano Ronaldo. Seine blumigen Ausführungen, egal ob zum Paarungsver- halten des Moschusochsen oder zu den Bernd Schildger während eines Interviews, umringt von Journalisten (Foto: Adrian Moser) umtriebigen Blattschneiderameisen oder zur Stuhlgangkadenz des Braunbären, lös- ten immer grosse Lacher aus. Auch bin ich sehr dankbar, dass er mir meine Schlan- genphobie austreiben konnte («ein Biss ei- ner Viper ist nicht schlimmer als der Stich einer Hornisse!») und einen Königspython persönlich vorgestellt hat. Merci für alles, lieber Bernd! Luzi Fricker: Die Sportreportagen von Luzi Fricker sind Kult, doch mit ebenso viel Herz und Leidenschaft berichtet er regel mässig aus dem Tierpark Bern. Luzi Fricker interviewt Bernd Schildger bei der In medias res: Bernd Schildger im Hochwasser Eröffnung der Eulen-Voliere. (Foto: Doris Slezak) der Aare im Jahr 1999 (Foto: Archiv RANDO)
7 Bernd verlässt den Haufen STEFAN STEURI, TIERPFLEGER Im Tierpark Bern leben über 2000 Tiere. Ihre Aufgabe ist es, stell- vertretend für die Tiere in der Natur die Gäste zu sensibilisieren und sie somit zum Schutz der Natur zu bewegen (eine Aufgabe, welche sich ja zum Glück auch Menschen auf die Fahne schrei- ben). Sie leben in immer grösseren Anlagen und meist auch in Gesellschaft von Artgenossen oder anderen Arten. Um das Wohl der Tiere kümmern sich knapp 30 Tierpfleger*innen. Von diesen kennen wohl die meisten ihre*n Lebenspartner*in weniger gut als die Tiere, welche sie betreuen. Um die Tierpflegenden bei Laune zu halten und zu bestimmen, wann sie im Tierpark arbeiten dürfen, gibt es die, sagen wir mal Büroabteilung. In dieser sind w eitere 20 Angestellte. Ein Teil kümmert sich darum, die Gäste auf ihren Aufenthalt im Tierpark vorzubereiten und nimmt von ihnen den Gegenwert in Form von Schweizer Franken entgegen. Andere kümmern sich zum Beispiel um die Schulklassen und wissen, wie man die nächste Generation für die Natur begeistert. Und da gibt es auch noch ganz viele Menschen, welche sich mit Herz für den Bei den Blattschneiderameisen weiss jede, was sie zu tun hat. Tierpark und die Gesundheit der Tiere einsetzen. Und auch noch (Foto: RANDO) jene, welche sich aus Freude ganz unentgeltlich zwischen Mensch und Tier stellen. Hilfsbereit und aufmerksam achten sie darauf, dass eben diese Menschen nicht in die Anlagen fallen und nach dem Zoobesuch unsere Tiere besser kennen. Und ja, ganz zuoberst war es nicht eine Königin, wie bei den Ameisen, welche sich um das Wohl all dieser tollen Tiere und Menschen sorgte, sondern war es für knapp 25 Jahre der Bernd. Ich glaube, der Haufen an Tieren und Menschen hat ganz gut funktioniert. Jede und jeder sollte ja in so einem System wissen, was er zu tun hat (habe ich vor 20 Jahren bei meiner Tierpfleger- ausbildung von der Tierpflegerin Rea Eggimann bei den Ameisen gelernt). Und genau dafür war der Bernd zuständig. War er da, war dies für alle hör- und wahrnehmbar. Jeder wusste um seine Funktion oder eben Arbeit, welche er zu leisten hat. Sobald Bernd den Tierpark verlassen hat, hat der Haufen Ameisen bzw. haben die Angestellten des Tierparks und die Tiere – nein, nicht wie Sie, liebe Leserschaft denken – ihre Arbeit ganz normal aufgenom- men und das Beste gegeben. Der Haufen an Tieren und Menschen hat mit Bernd gut funktioniert. So gesehen, lieber Bernd, kannst du den Ameisenhaufen im (Foto: Migu Schneeberger) Wissen, es geht nach fast 25 Jahren weiter, getrost verlassen. Und, liebe Leserschaft, wir kommen der Natur noch näher und haben fortan, wie es bei den Ameisen üblich ist, auch eine Königin.
8 Wär das was? Hg Bernd Das war der Inhalt einer E-Mail, die ich im Frühjahr 2010 von Bernd war oder bei einem Feierabendbier: Ich liess Bernd wissen, dass Schildger erhielt. Es war ein Angebot, mich auf eine offene Stelle für mich der Tierpark Bern einer der wenigen Zoos der Schweiz im Tierpark zu melden – in seiner kurzen, trockenen und direkten sei, in denen ich gerne arbeiten würde. Ein Jobwechsel vor dem Art, die er in der Kommunikation per E-Mail an den Tag legt. Erreichen der 50-Jahre-Grenze war für mich durchaus eine Wie kam es zu dieser folgenschweren E-Mail an mich? Ich lern- Option. te Bernd während des Entstehens des BärenParks kennen. Da- Ein paar Monate später fand ich in meinem Posteingang oben mals arbeitete ich beim Schweizer Tierschutz (STS) und leitete genannte E-Mail. Die zu besetzende Stelle war gerade mal 30% in dort die Fachstelle Wildtiere. In dieser Funktion sass ich in einer der Zoopädagogik. Kurz zusammengefasst: Ich habe mich bewor- Arbeitsgruppe als Vertreter des Tierschutzes für den Bau des Bä- ben, habe die Stelle bekommen, war überglücklich und im Laufe renParks Bern. Wir merkten bald, dass wir beide die gleichen Vor- meiner nunmehr elf Jahre Dienstzeit im Tierpark Bern kamen stellungen von Tierhaltung, Tierschutz und Nutzung von Tieren neue Aufgaben und auch Stellenprozente dazu. vertraten. Grundsätzlich fanden wir uns im Tenor «Nutzung von Bernd, vielen Dank für die kurze E-Mail von damals und danke Tieren ist vertretbar, wenn dies mit Respekt, Fachwissen und in für die unzähligen Stunden, die wir miteinander verbringen durf- tiergerechten Anlagen geschieht». Bis zur Eröffnung des heutigen ten! Du hast in meinem Leben Spuren hinterlassen, ich hoffe, ich BärenParks hielten wir etliche Sitzungen und Begehungen ab – in deinem auch. immer konstruktiv streitend und gemeinsame Lösungen suchend. Ich weiss nicht mehr, ob es im Anschluss an eine der Sitzungen PETER SCHLUP, ZOOPÄDAGOGIK UND LEITER BÄRENPARK Peter Schlup vermittelt als Zoopädagoge die Bernd Schildger unterhält die Augenfleck-Kammbarsche. Faszination Tier. (Foto: RANDO) (Foto: Adrian Moser)
9 Spatenstich zur Uhu-Voliere, 2015. Von links Benedict Seelhofer, Erika Siegenthaler und Bernd Schildger (Foto: Manuela Künzi) Die etwas andere Seite von Bernd ERIKA SIEGENTHALER, VORSTAND TIERPARKVEREIN Im Jahr 2003 erteilte mir meine Partei den Auftrag einen Sommerapéro zu organi meine Zwischenbemerkung beim Vorge- sieren. Für mich war sofort klar: Dieser kann nur im Dählhölzli stattfinden. spräch gar nicht wahrgenommen hatte. Was hat mich das gelehrt? Bernd hört und registriert alles, auch wenn er nicht darauf Also kontaktierte ich Bernd und wir trafen ter statt und Bernd überraschte die zahl- eingeht! uns im Restaurant, wo ich ihm schonend reichen Gäste mit einem superspannen- Die Capys kamen, nachdem einige beibrachte, was ich von ihm erwartete: den und witzigen Vortrag. Die Anwesenden bauliche Massnahmen erledigt waren, zu nämlich einen kurzen Vortrag über See- waren so begeistert, dass ein stattlicher mir und erfreuen sich immer noch guter hunde. Und wir fixierten auch das Datum Betrag in der aufgestellten Kasse zuguns- Gesundheit! unseres Apéros. Ganz nebenbei bemerkte ten der Seehunde zusammenkam. Ich wünsche Bernd für die Zukunft nur ich: «Du, diese Capybaras gefallen mir Wochen vergingen und eines Tages er- das Beste. speziell gut.» Dann sprachen wir weiter reichte mich ein Anruf von Bernd: «Wür- über den Neubau des Seehundebeckens. dest du die Capybaras zu dir nehmen?» Ich Der Apéro fand bei bestem Sommerwet- war sprachlos, dachte ich doch, dass er
Staunen über den Kuhkopf-Doktorfisch (Foto: RANDO) Mensch, Tier BERND SCHILDGER, TIERPARKDIREKTOR VON 1997 BIS 2021 Seit meinen Anfangsjahren als Student der Tiermedizin bis zum heutigen Tag hat mich die Frage beschäftigt, weshalb wir Menschen offensichtlich Freude daran haben, Tiere zu halten, zu pflegen, zu lieben und wir aber auf der anderen Seite uns so wenig Mühe geben, diese Mitgeschöpfe zu verstehen. Mit Verstehen meine ich nicht die abgehobene Konversation, sondern das Verstehen ihrer Bedürfnisse. Denn die Bedürfnisse der Tiere ergeben sich aus ihrer Biologie und nicht aus unseren Vorstellungen davon, wie Tiere vermeintlich seien. Wir haben uns vom Tier entfremdet. Einige Beispiele, was mit Entfremdung ge- tierhaltung aus Gründen des Tierwohls meint ist, seien hier erlaubt: verbieten müssen, obwohl wir damit das – Wir schleppen Kleinhunde, verkleidet Nutztier sehr heftig, nämlich mit seiner mit Markenkleidern, auf dem Arm in die «Nicht-Existenz», bestrafen. Diskothek und glauben, der Hund fühle – Wir glauben, dass wir sekundär verwil- sich wohl. derte und frei in Rudeln lebende Haus- – Wir halten Gorillas in sterilen, gekachel- hunde aus Rumänien in die gesicherte ten Räumen von wenigen Quadratme- Umgebung einer langweiligen Wohnung tern und glauben, dass es ihnen dort gut ohne Kontakt zu anderen Hunden in die ergeht, nur weil wir ihnen einige Papp- Schweiz entführen müssen. Und wir glau- kartons mit Holzwolle zur Beschäftigung ben auch noch, dass dies den Tieren anbieten. dienlich sei. – Wir glauben, dass wir den Anrainern der Sie alle kennen sicher Beispiele aus ihrer grossen Nationalparks in Afrika vor- nächsten Umgebung. Und wer sich mehr schreiben müssen, dass sie ihre Rinder in die Lektüre des Themas vertiefen möch- von bedrohten Löwen fressen lassen te, dem empfehle ich das Büchlein müssen. Gleichzeitig sind wir unfähig, «Mensch, Tier!» vom Weber Verlag AG. die eigenen Massstäbe an uns selbst zu Für uns im Tierpark Bern stand immer setzen, z.B. bei der Einwanderung von das Tier mit seinen realen Bedürfnissen im Bär und Wolf in der Schweiz. Vordergrund. Dank Ihrer Hilfe ist es seit – Wir glauben, dass wir jede Art von Nutz- 1997 gelungen, fast 90% des Tierpark Bernd Schildger. Mensch, Tier! Weber Verlag AG
11 areals unter dem Motto «Mehr Platz für weniger Tiere» neu zu ge- stalten. Vielleicht ist umzupflügen der passendere Ausdruck an dieser Stelle. Und dafür danke ich Ihnen allen von Herzen! Was meine ich mit «uns im Tierpark»? Die Antwort ist einfach: «Mehr Platz für weniger Tiere» Einer ist keiner! Wir haben Anlagenkonzepte erstritten, disputiert, verworfen, verbessert und schliesslich umgesetzt, und eigentlich waren alle beteiligt, keine war die alleinige Entwicklerin. Und was meine ich mit «Ihrer Hilfe»? Ganz einfach ihre Unter- stützung im demokratischen Prozess. Zum Glück sind alle grösse- 1. April 1997: Ruth Baumgartner übergibt den Schlüssel für den Tierpark an ren Projekte des Tierpark Bern, einschliesslich der Überführung Bernd Schildger. (Foto: Archiv Tierpark Bern) des Tierparks in eine Sonderrechnung, volksabstimmungspflich- tig – und Sie alle haben uns stets geerdet, geprüft, unterstützt und zugestimmt. Und schliesslich haben wir seit 1997 ca. 65 Mio. Franken Drittmittel von IHNEN ALLEN, von der 5-Franken- Spende bis zum 2,5-Mio.-Franken-Sponsoring, erhalten, um die Idee «Mehr Platz für weniger Tiere» umzusetzen. Und wozu das Ganze nun? Ganz einfach: Gäbe es den Tierpark Bern nicht, müsste man ihn erfinden! – Als Refugium, in dem der Mensch Zeit verliert, um sie für sich selbst zu gewinnen. Und dies in einer Zeit der ständigen Ge- hetztheit. Betrachten Sie die Gäste bei den Flamingos oder beim BärenPark, wenn Ihnen nicht klar sein sollte, was ich meine. – Als Refugium, wo Menschen Tiere mit ihren eigenen Sinnen er- leben dürfen. Wildtiere, die einen grossen Teil ihres natürlichen Verhaltensrepertoires ausleben können – weil ihre Bedürfnisse unser Primat sind. Und dieses Erleben implantiert die Wildtiere in Ihr Bewusstsein – den emotionalen Teil ihres Bewusstseins. Erlebnis ganz nah am Tier – Als Refugium, das allen Menschen zugänglich und grossteils (Foto: RANDO) eintrittsfrei ist. Der Tierpark ist 365 Tage im Jahr geöffnet und ein Besuch dieser Kultureinrichtung wird mit ca. drei Franken subventioniert. Eine kleine Summe, verglichen mit Museen, Stadttheater oder Konzerten. – Als Refugium, in dem das Tier NIE mit der Bratwurst in Konkur- renz treten muss. Das Tier ist das Zentrum und der Primat. – Als Refugium, das Ihnen, den Menschen, gehört und das Ihnen hilft, dem Tier wieder nahe zu sein. Und das Sie als bessere Menschen verlassen, als Sie es betreten haben. Ich wünsche Ihnen allen und dem Tierpark Bern eine Zukunft, in der Tiere eine wichtige Rolle spielen, und ich danke für das Vertrauen über so viele Jahre! 1999 beim Bärengraben: Adrian Guggisberg, Emil Hänni und Bernd Schild- ger (links) (Foto: Archiv Tierpark Bern)
Rot gefärbte Haare für den Waldrapp. Dählhölzli-Benefizgala 2019 (Foto: Mathias Käser) Der Tauben«über»vater IRIS BAUMGARTNER, TIERPFLEGERIN Ein etwas anderes Revier im Tierpark Bern ist dasjenige von Tauben Bern. problemen beispielsweise mit Leihfallen aus Welcher andere Zoo in der Schweiz kann schon von sich sagen, dass er die Tauben oder macht Einfangaktionen, um die Tau- der Stadt betreuen darf?! ben in die Taubenschläge zu bringen und sie an die Schläge binden zu können. In den vergangenen zehn Jahren ist das Als 2011 der damalige Taubenvater alters- Taube wird ein Chip implantiert und zudem Revier Tauben Bern unter Bernd Schildger halber mit der Betreuung der Stadttauben erhalten alle einen Stadttauben-Bern-Ring. zu einem Vorzeigemodell herangewach- aufhören wollte, fragte die Stadt Bern den Zusätzlich dazu werden in den Schlägen die sen und noch in diesem Jahr kann der ach- Tierpark an, ob er die Verantwortung zu- allenfalls befruchteten Eier mit Kunsteiern te Taubenschlag realisiert werden. künftig übernehmen wolle. ausgetauscht. Das Revier Tauben Bern wünscht Bernd Unter der Leitung von Bernd Schildger Tauben Bern ist in der Stadt Bern Anlauf- Schildger alles Gute für die Zukunft und wurde ein Taubenkonzept erarbeitet und stelle für alle Taubenfragen, hilft bei Tauben viele «Höhenflüge». Carina Tobler wurde die erste offizielle «Tau- benmutter» der Stadt Bern. Die bereits be- stehenden Taubenschläge in der Stadt wur- den teilweise renoviert oder ausgebaut und im Laufe der Zeit kamen auch neue dazu. Eine Spezialität des Berner Taubenkon- zeptes nahm im Jahr 2012 ihren Anfang. Damals erstellte Lisa Heiderich unter der Betreuung von Bernd Schildger eine Dis- sertationsarbeit zum Thema «Minimalinva- sive endoskopisch gestützte Sterilisation männlicher Stadttauben (Columba livia for- ma urbana) als Maßnahme zur Populations- regulierung». Seither wurden in Bern über 1000 Tauben endoskopisch untersucht und die männlichen Individuen sterilisiert. Jeder Carina Tobler und Bernd Schildger sterilisieren eine Taube. (Foto: Manuela Künzi)
13 Zu Bernd Schildger PETER STERCHI, EHEM. MITGLIED VORSTAND TIERPARKVEREIN Sechzig Jahre nach der feierlichen Eröff- auch einmal die Herkunft des alten indiani- nung des Tierparks Dählhölzli im Beisein schen Wortes Vegetarier. Es bedeutet des legendären SVP-Bundesrates Rudolf schlechter Jäger. Minger betritt Bernd Schildger 1997 die Sogar die deutsche Sprache ist nicht si- Bernd Schildger wird am 1. April 1997 im Berner Szene. Aus der Zeitung lacht dem cher vor uns. Was gibt es doch für aufre- Tierpark empfangen. (Foto: Sabine Minder) geneigten Leser ein verschmitztes Gesicht gende philologische Parallelen zwischen mit wachen Augen entgegen, geschmückt Igel und Seeigel, zwischen Kröte und mit einer frechen, gelben Fliege. Schildkröte und zwischen Wolf und Schon die erste Begegnung in seinem Mensch. Ersteren hat Bernd bildhaft als Büro mit der imposanten Bücherwand be- vierbeinigen Schweizer bezeichnet: auf- stätigte mir als Vertragstierarzt des Tier- merksam, vorsichtig, zurückhaltend und parks den Eindruck, dass hier ein Berufs- im Rudel naja. kollege Einzug gehalten hat, der klare Man wäre Bernd nicht gerecht, wenn Vorstellungen und Ziele hat. Sein mittler- seine Paradiesvogelseite verschwiegen weile klassischer Slogan «Mehr Platz für würde. Nicht nur sein Äusseres steckt oft weniger Tiere» war allerdings noch nicht voller Fantasie, sondern auch seine Äusse- ausformuliert, sollte doch die vielfältige rungen. Im Zuge einer Kandidatur für den Trägerschaft des Tierparks nicht in unnö Berner Gemeinderat, welche die Mitbe- tige Ängste versetzt werden. werber in helle Aufregung versetzte (ob Unsere Zusammenarbeit beschränkte des zu befürchtenden Tierärztebonus bei sich wegen meiner Praxisaufgabe auf der Wählerschaft), plante er für Bern einen bloss vier Jahre. Glücklicherweise fanden U-Bahn-Ring, der sternförmige Äste in die wir uns bald in tiergärtnerischen und ge- Altstadt entlässt. Ihn als begeisterten Rad- sellschaftlichen Grundsatzfragen, die logi- fahrer begeisterte gar nicht, dass die hiesi- scherweise in die Philosophie münden. gen Radwege in zufällig wirkenden Ab- Was ist die Funktion des Einzellers? Er soll ständen immer wieder unterbrochen sind, sich vermehren und als erstes Glied der um schliesslich irgendwo in einem unbe- Nahrungskette dienen. Wozu sperren wir greiflichen Nichts zu enden. Dieses Nir Während des Lockdowns beschäftigt der Tier- grosse Säuger als Arbeitstiere ein? Ihre wana, wie er es treffend nannte, besteht parkdirektor die Seehunde. (Foto: Adrian Moser) «Arbeit» ermöglicht es dem Zweibeiner, bis heute. der auf diesem Planeten sonst nur als Zer- Die Politik entliess den bemerkenswer- störer seiner Mitwelt auffällt, sich auf die ten Bernd Schildger bald wieder, oder er andern mit ihm vernetzten Kreaturen zu sie, und zum Bundesrat wie Rudolf Minger besinnen. wird er es kaum bringen. Deshalb kann er Aber Bernd und ich blieben nicht in sich in Zukunft vermehrt über die Aare ernsthaften Gedankengängen hängen. freuen – nach ihm das einzige Flussbad Wir sind Freunde geworden und amüsie- Europas, wo man geradewegs in Richtung ren uns bis heute bei Speis und Trank aus- Parlamentsgebäude schwimmt. Nach der giebig über alles Mögliche, zum Beispiel Badesaison kann er erfolgreich zu Ende über die Verwaltungsmaschinerie und den führen, was mit seiner Devise «weniger ist Politfilz. Beide wusste Bernd mit hellem mehr» vielversprechend begonnen hat. Geist und rascher Auffassungsgabe von Und dafür gebührt ihm unser aller Dank! Anfang an zugunsten des Tierparks aus- Schildger mit Schutzmaske, die mehr als giebig einzusetzen. Übermütig klärten wir tausend Worte sagt (Foto: Adrian Moser)
Bernd Schildger imitiert einen Primaten. (Foto: Adrian Moser) «Ich streite, also bin ich» BERNHARD OTT, REDAKTOR DER BUND Und plötzlich stieg der Direktor auf den Unser Verhältnis zum Tier habe sich in Sachen Tierwohl auch sind: Bei ihm ist man Stuhl im Salon Royal des Hotels «Bellevue» etwas Transzendentes verwandelt, lautet sich eben nie ganz sicher, wie ernst oder und imitierte einen Primaten. Wer Bernd eine Kernthese in Schildgers letztem Buch unernst gewisse Verlautbarungen sind. Schildger zu einem Podium einlädt, muss «Mensch, Tier!». Der Begriff «transzen- Klar ist nur, dass ihn die gesellschaftliche auf alles gefasst sein. Der Philosoph im dent» meint laut Wikipedia den Bereich Ausgrenzung in Bern getroffen hat. Aber Zoo liebt es, Kernaussagen auch mal mit jenseits der Erfahrungswelt, den Bereich dass sie ihn auch bestärkt hat in seiner evi- einer theatralischen Geste zu untermauern des Übersinnlichen oder auch des Göttli- denzbasierten Haltung den Dingen und wie der Imitation eines Affen in barockem chen. Und diesbezüglich verstehen die Menschen gegenüber. «Gott beschütze Interieur. meisten auch in unserer scheinbar aufge- uns vor den Dogmatikern, die genau wis- Damit führte er dem Publikum des klärten Gesellschaft keinen Spass. sen, was richtig ist. So funktioniert die Welt «Bund im Gespräch» vor Augen, wie absurd So hatte und hat Bernd Schildger viele nicht», sagte er in einem «Bund»-Interview. er die Vermenschlichung von Tieren findet, Feinde, mit denen er sich gerne streitet. So kam Bernd Schildger im Salon Royal wie sie etwa in der Forderung nach Grund- Denken heisst bei ihm eben oft laut den- denn auch wieder vom Stuhl auf den Boden rechten für Primaten zum Ausdruck kommt. ken und damit auch streiten. Schildger hat der Realität runter, hat seine Affen-Schutz- Denn einige der durchaus simplen Kern- das cartesianische Motto «Ich denke, also maske weggelegt und sich brav den Fragen botschaften Schildgers sind in den letzten bin ich» abgewandelt in die Aussage: «Ich des Moderators gestellt. Die Schutzmaske Jahren zu hitzig debattierten Politika ge- streite, also bin ich.» war übrigens ein Gadget der Organisation worden. Eine davon lautet: «Ein Mensch ist Aus dieser Haltung ist wohl auch seine «Tier im Recht» von Tieranwalt Antoine ein Mensch, und ein Tier ist ein Tier.» einstige Gemeinderatskandidatur für die Goetschel. Mit ihm streitet sich Schildger Trotz solch klaren Ansagen ist Bernd SVP zu verstehen, wo er sich auf einer Liste gerne über Sinn und Unsinn von Zoos. Schildger kein Gesprächspartner, der es zur Wahl stellte, auf der auch ein Ex-Rocker einem leicht macht. Denn mit dem gna- und ein Ex-Bordellbetreiber fungierten. denlosen Realitätssinn des Wissenschaft- Damit hatte er sich in der «linksten Stadt lers entlarvt er alle menschlichen Vorstel- der Schweiz» gründlich ins gesellschaft lungen von der Tierwelt als das, was sie liche Abseits gestellt. Ob ihn Letzteres Bernhard Ott: sind: Vorstellungen, die oft sehr wenig mit überrascht hat oder ob er damit nur die To- der Realität der Tiere und dem Tierwohl zu leranz jener Kreise testen wollte, die sich Journalist Bernhard Ott kennt Bernd tun haben. Damit raubt er vielen ihre Illusi- die Forderung nach Toleranz auf ihre Fah- Schildger aus zahlreichen Interviews und onen, die bei der Definition des Tierwohls ne geschrieben haben, ist offen. Denn so Gesprächen über Zoos und die Welt. von ihren eigenen Bedürfnissen ausgehen. eindeutig Schildgers Grundhaltungen in
15 Ein neues Zuhause für das Wappentier von Bern BARBARA HAYOZ, VERWALTUNGSRÄTIN UND UNTERNEHMENSBERATERIN Mit einem gezielten Lachswurf eröffneten Barbara Hayoz und Urs Berger den BärenPark. (Foto: Lisa Schäublin) Die Beziehung der Stadt Bern zu ihrem Wappentier hat eine sehr lange Tradition. Es soll ein Bär gewesen sein, den der Gründer der Stadt, Herzog Berchtold V. von Zähringen, als erstes Tier hier erlegt hat und dem die neue Stadt damit der Legende nach ihren Namen verdankt. Nach der Jahrtausendwende war es Berner Altstadt, leben die «Mutzen» in der Die Stadt Bern und die Berner Bären ver- ein umtriebiger, innovativer Denker und Parkanlage am Aarehang. Ein kleines danken Bernd Schildger viel. Ein Wahrzei- Lenker – nennen wir ihn Prof. Dr. Bernd Wäldchen, Sträucher, Höhlen und ein chen, dass weit über die Stadtgrenzen Schildger –, welcher dem Wappentier der grosszügiges Bad parallel zur Aare bieten hinaus strahlt. Bären, die sich bärenwohl- Stadt Bern ein neues Zuhause gab. Zahl- den drei Berner Braunbären den artge- fühlen. Danke, Bernd! reiche Beschwerden aus dem In- und Aus- rechten Komfort. Dank der Initiative und land, aber auch die neuen gesetzlichen dem grossen Einsatz von Bernd Schildger Rahmenbedingungen gaben den Anlass, wurde eine Landschaft geschaffen, in wel- Barbara Hayoz: die Bärenhaltung in Bern grundsätzlich zu cher die Bären klettern, fischen und spie- überdenken und die Tiere aus dem alten len, sich aber auch zurückziehen können. Barbara Hayoz war von 2005 bis 2012 Bärengraben zu befreien. Im Dezember 2009 brachte Bären Gemeinderätin der Stadt Bern und eine Die Berner Bären sind seit 2009 im Bä- mama «Björk» in einer Winterhöhle zwei wichtige Mitstreiterin bei der Verwirkli renPark mitten in der Stadt zu Hause. Ex- Junge zur Welt. Tochter «Ursina» lebt noch chung des BärenPark. klusiv, mit Blick auf die UNESCO-gekürte heute mit ihren Eltern im BärenPark.
16 ie n s c h r e ib e. Bloss, w e Zeile e m ic h f ü r dich dies den? t, an d ht wer Lieber Ber nd n k o m m t der Momen dter Chef, nur gerec ndwan gewan b e e s g e a hnt … Irge char fsinniger, wort fer, Ich ha s aut. Aareu d ir , d u k omplexer, n e u g e b kann ich mit dir . D ä h lh ö lz li habe ich lla, Coloradokröte .. ht ig g an ze uckwa so ric ie b e r B e r nd llb r in g e n . Fast das , Bezoarziegen, Ch es all die Jahre nie üro L sses vo enWald h habe is ins B a m d u r f t en wir Gro ndschildkröten, Bär Coloradokröte?? Ic erechnet sie? Gar b Zum Glück, Gemeins eit ra fende ausg ium ... A lp e n , A q uarium, Br t te, gif t ige, umwer mporgehoben, warum go, Freilandterrar Zwergmaus, Aa r e t die f e chen e Flamin iesel, a r u m a u sgerechne zu deinem Maskot t f t ! ... Felsenleguan, äleon, Piranha ... Z W af am Du hast sie cher gesch Pant herch in Tonic! begrif fen. se haben es die Vie ... Papageitaucher, nehmen wir einen G au rt uf von Reto N du die BSC eingefüh istungsbilanz, dara a s t e L e Bernd, h af fen ... Cool, dein e rhaf t. Dein zu r g s e id e n s s t ü m p e Zwe tenfall prudeln w ir k t d a neben bes Druckreife Texte s rt, ammel alpell. nbasie Lieber Ber nd b o r ie r t . Mein Gest hneidend wie ein Sk deinem Geist, fak te und och ela nd , s c a us rhellen e R h e t o r ik, meist h alysierend, zerlege t igkeit schar fzüngig en, beeindrucken, e Göt ter auf sich Dein e, a n eich rzeug n der tets präzis lerischer L damit übe er den Zor it der Phrasen, s llen Themen mit spie fsicher. Du kannst tören. Wehe dem, d sellschaf t ! Nieder m vo ef rs Ge anspruchs ängert, ziel- und t r n, verlet zen und ze gen Milcht iere der h w t e r s e li ironiegesc ber auch einschüch Pappnasen und dus h e n , a ll d ie er frisc ü be r a z o g e n h a t ! Schande ren Jüngern! ge ll ih mitsamt a Hardware en mit , ha s t d e inem Nam gangen ier du a u s d em Weg ge st einfach dein Vis t iker eit bist . Du ha : «Poli Lieber Ber nd g ä ng e r ; k einem St r ht feld war dir recht ruf erklingen lassen rt. Dr a u f chlac lacht eine A f r e ih e it s liebender gemacht, ein jedes S ben und deinen Sch nie, das ist nicht d Du re geg e t du Ger alle Eh die Sporen rlich wars harmant. Schild und lappt, deinem Ross leibt ! » Nein, zimpe , sanf t müt ig und c ek b zer herunterg gehen, der Tierpark en dich als Beschüt n d b t kommen u ? Einige Seelen erle S chrit t für dich! e nn o c h g r o s s e r Und d er ein ist d d ie M e n s chheit, ab lò Machiavelli: «Es gesorgt, er n t f ür Nicc o dich ss, lieber B iner Schrit ieblingsphilosophen mich vergeblich um Zum Schlu ü r. E in k le L e or der T deinem n muss.» I ch hab R u h e s t a nd steht v es Zitat. Eines von a u f g e b e Dein let zt hnehin k un f t ! a b le ib t mir nur ein teidigen, was man o chlich auf deine Zu r b est immt w ar en D z u ve r t at s ä s , a b e e, das t dich viele nicht weis rstanden und freus e n J a h r e . Sie waren ve meinsa m du hast es k f ü r die 24 ge vielen D a n ie s e m S in ne, Bernd, In d gweilig! sie nie lan Jüre
17 di e g e r und i ld d Sch Bern dokröten DO) a N Color Archiv RA o : (Fot Jürg Hadorn bespricht sich B e r nd taucherspez mit Papagei Schildg ialist Prof. Is (Foto: e r und (Foto: Archiv enbügel A r c hi v Jü RANDO) RANDO rg Hadorn ) a c hs Die Tierpark truppe e s V i v a r iu md ng d de m ist zu allem bereit. d d e r Sanieru hildger unter Währe n S c (Foto: Archiv RAND B er nd i v R AN DO) O) 0 0 a r be i t e t o : A r c h 20 Fot t i s c h. ( S c hr e i b N i k) Das Fotom t ion (Foto: ot iv: eine M r in Ac Galàpagos eerechse au hildge (Foto: RAN f af B e r nd Sc DO) Der Fotogr
18 «Ruf doch Schildger an!» MIRJAM MESSERLI, KOMMUNIKATIONSFACHFRAU TIEFBAU, VERKEHR UND STADTGRÜN Wie oft ich wohl in meiner Zeit als Journa- ben. Es kam aber auch vor, dass er einen King» anfangen können. Grosses Theater listin bei der «Berner Zeitung» diesen Satz mit einem veritablen Knüller überraschte. waren auch seine Kolumnen für die BZ, die gehört habe. Ja, ein Anruf bei Bernd Denn an Ideen für den Tierpark – oder für zum Redigieren bei mir landeten. Bernd Schildger lohnte sich tatsächlich fast im- die Stadt Bern – fehlte es Bernd nie. griff für Vergleiche schon mal auf die grie- mer, wenn man auf der Suche nach einem So wählte ich regelmässig Bernds chische Mythologie zurück – was seine Thema war. Im unspektakulärsten Fall Nummer und stellte mir vor, wo gerade Texte ehrlich gesagt nicht verständlicher schlug er vor, man könnte doch den Le- sein bombastischer Klingelton erschallen machte. ser*innen erklären, wie die Tiere im Dähl- würde: der Titelsong von «Pirates of the Seine Zitate gegenlesen wollte Bernd hölzli die Sommerhitze/Kältewelle erle- Carribbean», glaube ich mich zu erinnern. nie. Was für eine Journalistin einerseits ein Das Kleinkantschil im Vivarium würde er- Traum ist, andererseits schwierig. Denn er schreckt aufhorchen und seinen Kopf aus sagte manchmal Dinge, bei denen es ab- dem Unterholz strecken oder die Bären im zuwägen galt, ob er die am nächsten Tag Mirjam Messerli: Bärenpark würden aus ihrer Winterruhe er- wirklich schwarz auf weiss in der Zeitung wachen. lesen wollte. «Du weisst schon, was du Mirjam Messerli begleitete als Journa Bernd hatte nicht nur bei seinem Klin- schreiben kannst.» Auch dieser Satz von listin viele Jahre den Berner Tierpark. gelton einen Hang zum Drama. Je nach Bernd wird mir in Erinnerung bleiben. Seit drei Jahren arbeitet sie in der Di Thema einer Medienkonferenz schminkte Was ich wohl aber tatsächlich nie ver- rektion für Tiefbau, Verkehr und Stadt er sich als Leopard oder färbte sich die gessen werde, ist die Medienkonferenz grün der Stadt Bern. Haare gelb, grün oder blau. Er hätte auch nach dem Unfall im BärenPark. Ein geistig jederzeit als Visagist für «Cats» oder «Lion beeinträchtigter Mann war in die Anlage geklettert und von Bär «Finn» angegriffen worden. Ein Polizist schoss auf «Finn», um ihn vom Mann wegzutreiben. An der Medi- enkonferenz war noch nicht klar, welche Verletzungen der Mann erlitten hatte und ob der Bär überleben würde. Bevor der Anlass begann, stand Bernd vor dem Sitzungszimmer und weinte. Ein solcher Unfall sei das Schlimmste, was in einem Tierpark passieren könne, sagte er. So- wohl der junge Mann als auch der Bär erholten sich zum Glück vollständig. «Du weisst schon, was du schreiben kannst.» Je nach Thema oder Tierart trat Bernd Schildger (Foto: Adrian Moser) mit gefärbten Haaren für neue Anlagen ein. (Foto: Mathias Käser)
19 Ein japanischer Gecko WILLI HÄFELI, TIERARZT IM RUHESTAND Bernd Schildger unterrichtet Student*innen aus Giessen in der Anwendung Eine tierärztliche Freundschaft. Bernd Schildger und Willi Häfeli von Ultraschall bei Kröten und Reptilien. (Foto: Archiv Tierpark Bern) (Foto: Archiv RANDO) Es war 1985 in einem Praktikum an der Berner trägt man ja sein Herz nicht auf der Wir publizierten gemeinsam zu Reptilien Zier- und Wildvogelklinik der Tierärztli- Zunge. Als er schliesslich von seinen neus- medizin. chen Hochschule Hannover. Eines Tages ten Geckos erzählte, holte ich ein Dia aus Als im Frankfurter Zoo das Direktorium kam ein ehemaliger Praktikant zu Besuch. meiner Mappe und fragte: Meinen Sie wechselte, spürte ich seine Unzufrieden- Das Gespräch entwickelte sich kaum. Als diesen? Darauf war ein Exemplar von heit. So kam es, wie es kommen musste. ‹Eublepharis kuroiwae splendens› von den Sowohl für Bern als auch für Bernd. Ein aus japanischen Riu-Kiu-Inseln abgebildet, dem Anzeiger der Stadt Bern ausgeschnit- das ich ebenfalls in meiner Geckosamm- tenes Stelleninserat fand den Weg nach Willi Häfeli: lung pflegte. Damit hatte ich überra- Frankfurt. Den Rest der Geschichte ken- schend Punkte gebucht. nen Sie. Willi Häfeli war viele Jahre als Vertrags Unsere Freundschaft entwickelte sich tierarzt für das Wohl der Tiere im Tier erst allmählich. Wir sahen uns jeweils park Bern zuständig. auf den einschlägigen Tierarztkongres- sen, reisten später auch zusammen hin. Impressum: Herausgeber: Tierparkverein Bern, Gestaltung und Gesamtherstellung: Mathias Zach, Stämpfli Kommunikation, staempfli.com Gerechtigkeitsgasse 22, 3011 Bern Erscheinung: vierteljährlich www.tierparkverein.ch / info@tierparkverein.ch Auflage: 12 000 Exemplare Copyright: Tierparkverein Bern Redaktion: Friederike von Houwald, Reproduktion mit Quellenangabe gestattet Babette Karlen, Mathias Zach, Doris Slezak Mehr unter www.tierparkverein.ch
20 Aus der Geschäftsstelle MATHIAS ZACH, GESCHÄFTSFÜHRER Liebe Lesende Wolfsanlage und die Eulen-Voliere bauen Anfang Januar wird die Mitgliederrech- konnten. Wir danken Bernd Schildger für nung 2022 verschickt. Wir machen Sie da- Es ist nicht nur der letzte UHU in diesem seine ausgezeichnete Tätigkeit in Bern. rauf aufmerksam, dass der Ausweis 2021 Jahr, sondern auch ein aussergewöhnli- Das Ende einer Ära bedeutet aber auch bis Ende März 2022 gültig ist. Danke an al- cher. Der UHU ist unserem langjährigen einen Neubeginn. Wir freuen uns auf die le unsere Mitglieder und Paten. Sie helfen Tierparkdirektor gewidmet. Bernd Schild- Zusammenarbeit mit der neuen Direktorin dem Tierpark Bern in dieser schwierigen ger geht in Pension, aber ich gehe davon Friederike von Houwald und heissen sie Zeit. Vielen Dank, dass Sie uns weiteremp- aus, nur den Tierpark Bern betreffend. Sei- herzlich willkommen. fehlen, jedes Mitglied ist wichtig und un- ne Energie ist ungebrochen und wir wer- Die verschobene Reise nach Prag war terstützt das Wohlbefinden der Tiere im den sicherlich weiterhin von ihm hören. innerhalb weniger Tage ausverkauft. Wir Tierpark Bern. Der Tierpark Bern hat sich unter seiner freuen uns, im Frühling, nach langer Ab- Regie aussergewöhnlich gut weiterentwi- senz, wiederum eine Reise durchführen zu Mit freundlichen Grüssen aus der ckelt. Das Tier steht im Vordergrund, mehr können. Der neue «Bärner Tierkaländer» Geschäftsstelle Platz in grosszügigen Anlagen. Die gute mit Bildern von Mitgliedern stösst auf sehr Zusammenarbeit mit dem Tierparkverein hohe Resonanz und verkauft sich ausge- führte dazu, dass wir unter anderem das zeichnet. Vielen Dank an alle und herzliches Seehundbecken, den WisentWald, die Merci für die vielen zusätzlichen Spenden. EVENTS 14. Februar 2022 24. Dezember 2021 Valentinstag Weihnachten im Dählhölzli für alle Mit Amor durch den Zoo – ein tierischer Abend für Verliebte Durch den Tierische Weihnachten mit der einen oder anderen Überraschung. Dschungel von Bern 28. Januar und 25. Februar 2022 Abendführung für Erwachsene und Kinder ab 8 Jahren
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