JUNGES WOHNEN IN NEU LEOPOLDAU - Zielgruppen und Wohnbaulösungen SORA Institute for Social Research and Consulting - IBA Wien

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JUNGES WOHNEN IN NEU LEOPOLDAU - Zielgruppen und Wohnbaulösungen SORA Institute for Social Research and Consulting - IBA Wien
Beiträge zur IBA_Wien 2022 BAND 02

JUNGES WOHNEN IN NEU LEOPOLDAU
Zielgruppen und Wohnbaulösungen
SORA Institute for Social Research and Consulting
JUNGES WOHNEN IN NEU LEOPOLDAU - Zielgruppen und Wohnbaulösungen SORA Institute for Social Research and Consulting - IBA Wien
Beiträge zur IBA_Wien 2022 BAND 02
JUNGES WOHNEN IN NEU LEOPOLDAU - Zielgruppen und Wohnbaulösungen SORA Institute for Social Research and Consulting - IBA Wien
Junges Wohnen
  in Neu Leopoldau
  Zielgruppen und Wohnbaulösungen

                           Mag. Paul Ringler
                Horst Traunmüller, Bakk. phil.
                 Mag. Christian Glantschnigg
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Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

                                                                                                           Inhaltsverzeichnis

                                                                                                                                                              Seite

Vorwort des Stadtrates ................................................................................................................................ 2

Neu Leopoldau und die IBA Wien ................................................................................................................. 3

Neu Leopoldau aus der Perspektive der Sozialwissenschaft ........................................................................ 3

Einleitung ..................................................................................................................................................... 5

Junges Wohnen in Wien ............................................................................................................................... 6

Quartiersmanagement und Besiedelungsbegleitung ............................................................................... 17

Zielgruppenorientierte Lösungen auf den Bauplätzen .............................................................................. 19

                                                                                                                                                                      1
Quartiersübergreifend abgestimmte Gemeinschaftseinrichtungen .......................................................... 25

Quartiersübergreifende Freiraumgestaltung ............................................................................................. 39

Spiel- und Grünflächen .............................................................................................................................. 31

Verkehrsorganisation und Mobilitätsmanagement ................................................................................... 52

SMART-Wohnungen .................................................................................................................................... 55

Sonderwohnformen .................................................................................................................................. 56

An der Planung von Neu Leopoldau beteiligte AkteurInnen ...................................................................... 61

Quellen ...................................................................................................................................................... 62
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Vorwort

    Laut Bevölkerungsprognose erreicht Wien bis zum Jahr       lionen Euro an Wohnbauförderungsmitteln ermögli-
    2029 die Zwei-Millionen-Marke. Dieses Wachstum be-         chen die Errichtung von rund 1.000 geförderten Woh-
    nötigt nicht nur die Schaffung von geeignetem und          nungen. Etwa 330 Wohnungen werden als besonders
    für alle Einkommensschichten leistbarem Wohnraum,          kostengünstige SMART-Wohnungen ausgeführt. Ein
    sondern auch bedarfsgerechte Wohnungsangebote              Bauplatz ist für eine Baugruppe reserviert.
    für alle Altersgruppen. Dabei ist festzustellen, dass
    beide Alterspole – das heißt der Anteil der älteren und    Beim Bauträgerwettbewerb zum Leitthema „Junges
    hochbetagten Menschen in Wien, aber auch jener der         Wohnen“ wurden in der Planung der Wohnungen und
    Kinder und Jugendlichen – stark anwachsen werden.          Wohnhausanlagen sowie Frei- und Grünräume vielfäl-
                                                               tige Ideen entwickelt, die „Neu Leopoldau“ zu einem
    Wien wird sich in den nächsten Jahren zum altersmä-        Anziehungspunkt für die junge Generation machen
    ßig jüngsten Bundesland entwickeln – und das auch          werden. Der Bezug der neuen Wohnhausanlagen ist
    längerfristig bleiben. Diese Entwicklung ist relativ neu   bereits für Anfang 2019 vorgesehen.
    und sehr positiv, denn der hohe Anteil an jungen Ein-
    wohnerinnen und Einwohnern gewährleistet auch in           Ich möchte mich bei allen Projektbeteiligten herzlich
    Zukunft eine prosperierende Stadt.                         für ihr großes und erfolgreiches Engagement bei der
                                                               Entwicklung dieses wichtigen Bausteins der aktuellen
    Die Internationale Bauausstellung Wien – Neues             Wiener Wohnbauoffensive bedanken. Die erarbeiteten
    soziales Wohnen – beschäftigt sich daher auch damit,       und in dieser Broschüre dokumentierten Planungsan-
2
    wie dieser demografischen Altersentwicklung ent-           sätze stellen wesentliche Impulse für die Weiterent-
    sprochen werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der        wicklung des sozialen Wohnbaus in Wien dar.
    Planung neuer Stadtteile, da diese für die junge Gene-
    ration als zukünftiger Wohn- und Lebensort besonders       Viel Freude beim Lesen wünscht
    interessant sind.                                          Ihr Dr. Michael Ludwig

    Es gilt, jungen Menschen aller Familienstände ein be-
    darfsgerechtes und leistbares Wohnungsangebot zur
    Verfügung zu stellen, das neue Wohnformen ebenso
    wie Gemeinschafts- und Freizeiteinrichtungen um-
    fasst.

    Einer dieser neuen, jungen Stadtteile wird „Neu            Wiener amtsführender Stadtrat für
    Leopoldau“ in Wien Floridsdorf sein. Rund 42 Mil-          Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung
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Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Neu Leopoldau aus der Perspektive                         Damit die jungen WienerInnen einen guten Start ins
der Sozialwissenschaft                                    Leben haben, braucht es aber nicht nur ausreichend
                                                          viele Wohnungen. Junge Menschen sind heute in
                                                          einer besonderen Lebensphase: Mit dem Auszug
Es ist noch nicht so lange her, da gab es so etwas wie    aus dem Elternhaus, dem Abschluss der Ausbildung,
Jugend im Leben der meisten Menschen überhaupt            dem Einstieg ins Berufsleben und der Familiengrün-
nicht. Kaum war man dem Kindesalter entwachsen,           dung ändert sich ihr Leben in vielen Fällen innerhalb
musste man auf die Felder oder in die Fabriken ar-        weniger Jahre drastisch. Damit einher gehen rasch
beiten gehen. Zum Schlafen ging man in ein Quartier,      wechselnde Ansprüche an Wohnung, Wohnhaus,
das man mit den anderen Arbeitern teilte. Heiraten        Wohnumgebung und Nachbarschaft.
war untersagt, eine eigene Wohnung denkunmög-
lich. In vielen Gegenden dieser Welt ist das heute        In Neu Leopoldau wurden diese Ansprüche auf allen
noch so. Dass man als junger Mensch eine eigene           Ebenen, von der Wohnung über das Wohnhaus bis hin
Wohnung bekommt, dass man eine eigene Familie             zum Quartier, in der Planung berücksichtigt. Angebote
gründet, dass man eigenständig einen neuen Weg in         auf allen Ebenen sollen einander ergänzen, Struktu-
die Zukunft geht, das ist erst durch den Wohlstand der    ren sollen flexibel genug sein, um vielfältige Bedürf-
modernen Zeit möglich geworden.                           nisse zu erfüllen. Das macht Neu Leopoldau zu einem
                                                          Modell für künftige Stadterweiterungsprojekte.
Viele junge Menschen beginnen diesen Weg in die
                                                                                                                   3
Zukunft in Wien. Hier sind die Ausbildungs- und Be-       Für SozialwissenschaftlerInnen in Wien ist es span-
rufsmöglichkeiten vielfältiger und vielversprechen-       nend, bei so einem Projekt von Anfang an dabei zu
der als anderswo in der Welt. Wien ist ein guter Ort,     sein, an den Ideen mitzuwirken, die die Planung inspi-
um die ersten eigenständigen Schritte in die eigene       rieren – und anschließend prüfen zu können, welche
Zukunft zu unternehmen. Die Bevölkerungsprogno-           Ideen tatsächlich Realität geworden sind und welche
sen der StatistikerInnen zeigen, wie attraktiv Wien für   dieser Ideen zu einer besseren Welt beitragen.
junge Menschen ist: Das Bevölkerungswachstum der
Stadt haben wir in erster Linie der Zuwanderung jun-
ger Menschen, die einen Start in ein besseres Leben
haben wollen, zu verdanken.                               Günther Ogris, Paul Ringler
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ÜBERSICHT GASWERK-QUARTIER
                                                                    NEU LEOPOLDAU, 21.
    Das Stadtviertel Neu Leopoldau

                                                      Q
                                                                         S

                                                              EPK

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4
       G2/G3                                      F1
                                                               D
                                                                    L

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    Bildquelle: Carla Lo Landschaftsarchitektur                                      2
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Rund 1.000 neue geförderte Wohnungen entstehen         zelnen Baufelder zu optimieren und damit höhere
in einem neuen Stadtteil am ehemaligen Standort        Qualitäten für das Gesamtquartier zu generieren.
„Gaswerk Leopoldau“. Auf insgesamt acht Bauplätzen
werden die geförderten Wohnungen errichtet. Wei-       Ein Drittel der geförderten Wohnungen werden als
tere 400 werden frei finanziert gebaut.                besonders kostengünstige SMART-Wohnungen er-
                                                       richtet.
Weiters befindet sich auf diesem Areal ein denkmal-
geschützter Gebäudealtbestand, welcher für ge-         Das Leitthema „Junges Wohnen“ sollte die jeweiligen
werbliche Nutzung bzw. infrastrukturelle Nutzung       ProjektantInnen dazu anregen, innovati-ve Lösun-
vorgesehen ist. Das Wohngebiet „Neu Leopoldau“         gen im Bereich Wohnen und Quartiersgestaltung mit
wird einen großen öffentlichen Park erhalten, der      besonderem Schwerpunkt auf die Bedürfnisse von
rund 8.100 Quadratmeter groß sein wird.                Kindern, Jugendlichen, jungen Wohnungssuchenden
                                                       als auch Familien und AlleinerzieherInnen zu entwi-
Die Auslobung des Bauträgerwettbewerbes erfolgte       ckeln.
durch den Wohnfonds Wien in Zusammenarbeit mit
dem Liegenschaftseigentümer Neu Leopoldau Ent-         Der Baustart des Gesamtprojektes ist für Anfang 2017
wicklungsgesellschaft in Form eines zweistufigen,      vorgesehen. Eine Fertigstellung ist bis Anfang 2019
dialogorientierten Verfahrens und wurde im Jahr        geplant. Bei Gesamtbaukosten von 120,8 Millionen
2016 abgeschlossen. Diese Verfahrensart, welche in     Euro schießt die Stadt 41,6 Millionen Euro an Wohn-
                                                                                                               5
der ersten Wettbewerbsstufe vorab innovative Zu-       baufördermitteln bei.
gänge sowohl in den Bewertungssäulen Ökonomie/
Architektur/Ökologie und Soziale Nachhaltigkeit als    Die vorliegende Studie analysiert dazu sowohl so-
auch zum Auslobungsthema „Junges Wohnen“ vor-          ziologische Grundlagen dieser Zielgruppe und stellt
sah, zielte in der zweiten Bearbeitungsstufe darauf    die dazu jurierten Siegerprojekte und ihre speziellen
ab, Schnittstellen, Mehrwerte und Synergien der ein-   Beiträge zum Themenbereich „Junges Wohnen“ dar.

Bildquelle: wohnfonds_wien
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Junges Wohnen in Wien

    Wien wird jünger: Bevölkerungs-                               insgesamt 23 % des prognostizierten Gesamt-
    wachstum besonders stark bei Kindern                          wachstums aus. Sie liegt außerdem deutlich über
    und Jugendlichen unter 18 Jahren                              dem prognostizierten Wachstum. Allein bis 2020 ist
                                                                  damit zu rechnen, dass die Gruppe der Kinder zwi-
                                                                  schen 16 und 18 Jahren um 12.000 und die der Kin-
    Wien wächst! Laut Bevölkerungsprognose ist in den             der im Pflichtschulalter zwischen 7 und 15 Jahren
    nächsten Jahrzehnten besonders in den jungen Al-              um 7.000 wächst.
    tersgruppen mit einem starken Bevölkerungswachs-
    tum zu rechnen.                                               Junge Erwachsene zwischen 19 und 25 Jahren wer-
                                                                  den ebenfalls mehr: Bis 2020 stagniert diese Gruppe
    Die Gruppe der unter 18-Jährigen wächst bis ins Jahr          zwar bei ca. 176.000 Menschen, bis 2035 wächst sie
    2035 um insgesamt 54.000 Menschen und macht                   dann aber um weitere 13.000 an.

    Wiener Wohnbevölkerung 2016-2035:
    kumulierte Wachstumsindices der Altersgruppen
6

    Der Wachstumsindex entspricht in Prozenten der Gruppengröße im Ausgangsjahr (2016 = 100)
    Daten: MA23-Bevölkerungsprognose der Stadt Wien 2015-2035,
    Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Junge Erwachsene in Wien: prognostizierte Entwicklung der Altersgruppen

                                      2016                 2020              2025               2030             2035
0-6 Jahre                              128                    134             138                138              136
7-15 Jahre                             153                    165             175                182              184
16-18 Jahre                             56                    63               66                 68               70
19-25 Jahre                            176                    176             183                186              189
26 Jahre und älter                    1.309                1.359              1.402             1.439            1.471
Gesamt                               1.822                 1.896             1.964              2.014            2.050

Angaben in 1000. Daten: MA23-Bevölkerungsprognose der Stadt Wien 2015-2035
Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting

                                                                                                                           7

Single-Haushalte in Wien:                                           Junges Wohnen bedeutet, dass
die häufigste Wohnform, aber nicht                                  der Wohnbau die Bedürfnisse
die vorherrschende Lebensrealität                                   von sehr verschiedenen Gruppen
                                                                    berücksichtigen muss
Die Dominanz der Singlehaushalte in Wien kann den
Eindruck erwecken, dass das Bewohnen einer klei-                    Die im 20. Jahrhundert einsetzende gesellschaftliche
nen 1-Personenwohnung die Regel für die meisten                     Individualisierung hat das Modell der Kleinfamilie
WienerInnen darstellt. Es stimmt, dass 45 % aller                   zu einem Modell unter vielen werden lassen. Hinzu
Haushalte in Wien Singlehaushalte sind, gefolgt von                 kommen Veränderungen, denen die Wohnanfor-
2-Personenhaushalten (29 %). Größere Mehrperso-                     derungen der einzelnen Menschen im Laufe ihrer
nenhaushalte machen somit „lediglich“ 26 % aller                    verschiedenen Lebensphasen unterworfen sind. Ein
Haushalte in Wien aus.                                              gesellschaftlicher Pluralismus der Wohnformen und
                                                                    -stile ist die Folge2.
Dieses Bild der Dominanz von Singlehaushalten als
Wohnform erhält allerdings eine zusätzliche Facette,                „Junges Wohnen“ beschreibt in Wahrheit mehrere
wenn man den Blick auf die BewohnerInnen anstatt                    recht verschiedene Gruppen von Menschen in ver-
auf die Haushalte richtet: Gemessen an der Bevöl-                   schiedenen Lebensphasen, die der Reihe nach durch-
kerung ist es so, dass 58 % der WienerInnen, eine                   laufen werden. In der Biografie der meisten Men-
knappe Million Menschen, in Paar-Haushalten und                     schen umfassen diese die Spanne der ersten drei bis
Haushalten mit Kindern lebt. Das gemeinschaftliche,                 vier Lebensjahrzehnte: von der eigenen Kindheit und
enge Zusammenleben mit anderen in der eigenen                       Jugend ins junge Erwachsenenalter, wo sich der Kreis
Wohnung ist also die vorherrschende Lebensrealität                  mit der (möglichen) eigenen Familiengründung wie-
der WienerInnen1.                                                   der schließt.
1
    Statistik Austria: Abgestimmte Erwerbsstatistik 2013
2
    Hilse, T. (2011)
Kinder                                                Zielgruppe Junges Wohnen:
                                                            Bedürfnisbestimmung entlang Alter,
      Jugendliche
                                                            Berufseinstieg/Ausbildung und
                                                            Kinder im Haushalt
      Junge Erwachsene nach dem Auszug
      aus der elterlichen Wohnung
                                                            Der wesentlichste Einflussfaktor, der die Ansprüche
      Familien und Alleinerziehende mit 		                  der BewohnerInnen an ihre Wohnungen und Woh-
      Klein- und Vorschulkindern                            numgebungen bestimmt, ist das Alter der Bewohne-
                                                            rInnen. Kinder und Jugendliche haben je nach Alter
      Familien und Alleinerziehende 			                     andere Ansprüche, was ihren Wohnraum und ihre
      mit Schulkindern und Jugendlichen                     Wohnumgebung betrifft, und diese wandeln sich
                                                            hauptsächlich im Zuge ihrer geistigen und körper-
    Junges Wohnen bedeutet daher auch,                      lichen Entwicklung. Im (jungen) Erwachsenenalter
    dass veränderliche Bedürfnisse                          kommen noch zwei weitere wichtige Faktoren hinzu:
    der BewohnerInnen über die Zeit
                                                              die Frage, ob der Berufseinstieg bzw.
    hinweg eingeplant werden müssen
                                                              die Ausbildung abgeschlossen ist,

8
    Mit der Zielgruppe „Junges Wohnen“ müssen Plane-          das Vorhandensein und Alter von Kindern
    rInnen und ArchitektInnen also Gruppen von Men-           im Haushalt.
    schen ansprechen, deren Bedürfnisse sich in wenigen
    Jahrzehnten mehrmals und tiefgehend wandeln,            Zusammengefasst können drei wesentliche Le-
    während sie oftmals weiterhin in ein und derselben      bensphasen unterschieden werden, in denen Ziel-
    Wohnung leben.                                          gruppen des „Junges Wohnens“ auffindbar sind und
                                                            in denen Haushalte weitestgehend spezifische Be-
    Eine große Herausforderung ergibt sich nach wie         dürfnislagen aufweisen.
    vor daraus, dass Angehörige verschiedener Alters-
    gruppen in vielen Fällen in einem Haushalt zusam-
    menwohnen. Unterschiedliche Bedürfnislagen und
    Interessen treffen dann in ein und derselben Woh-
    nung aufeinander. Hinzu kommt, dass Kinder und
    Jugendliche zwar „mitgedacht und mitgeplant“ wer-
    den müssen, selbst aber keine eigene Wahl- und Mit-
    sprachemöglichkeit haben, was ihren Wohnort und
    ihre Wohnumgebung betrifft: Ihre Eltern treffen diese
    Wahl für sie, meist schon vor ihrer Geburt.
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Überblick Lebensphasen

		                                Median
		                            Alter in Jahren		                                    Berufseinstieg/              Kinder
  Phase                           Frauen      Männer                             Abschluss Ausbildung           im HH
1 Auszug/
  Erste Wohnung                      20*                  22*                            im Gange                selten

2      Familiengründung/
       Leben mit Klein- &          30-34#              35-39#                          oft vollzogen         unter 6 Jahre
       Vorschulkindern

3      Familien mit
       Schulkindern &              45-49#              40-44#                            vollzogen            6-17 Jahre
       Jugendlichen

* Median bei Erstauszug, Quelle: GGS 2009
# Altersintervall, in dem sich der Median befindet, Quelle: Abgestimmte Erwerbsstatistik 2013
Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting

                                                                                                                               9
Zielgruppenbedürfnisse sollten nicht                               ration, Aktivität sowie den Bedürfnissen nach Licht, Luft
                                                                   und Sonne kommen noch psychologische und soziale
nur innerhalb der Wohnung, sondern
                                                                   Faktoren hinzu: Gemütlichkeit und Geborgenheit, Ruhe
auch auf Ebene von Wohnhäusern und
                                                                   und Ungestörtheit, Geselligkeit, Selbstdarstellung und
Wohnvierteln berücksichtigt werden
                                                                   Selbstverwirklichung sowie Konfliktfreiheit4.

Generell müssen Wohnungen, Wohnhäuser und Woh-                     Lösungen für Wohnungen, Wohnhäuser
numgebungen, die das Kriterium der sozialen Nachhal-               und Wohnviertel können einander er-
tigkeit für „Junges Wohnen“ erfüllen, die Bedürfnisse              gänzen und so eine hohe Lebensqualität
von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleicher-                für verschiedene Gruppen sicherstellen
maßen abbilden. Trifft das nicht von vornherein zu,
müssen sie flexibel genug geplant sein, um an den un-
ausweichlichen Bedürfniswandel der jungen Bewoh-                   Die ganzheitliche Planung dieser drei Ebenen ist für
nerInnen anpassbar zu sein.                                        sich genommen zwar herausfordernd, birgt aber
                                                                   auch viele Chancen, wenn sich Elemente des Wohn-
PlanerInnen und ArchitektInnen müssen also auf die-                hauses und der Wohnumgebung ergänzen. Dies wird
se je nach Zielgruppe, aber auch über die Zeit hinweg              z.B. durch attraktive Gemeinschaftsräume, Grün- und
veränderlichen Bedürfnisse3 eingehen und Wohnun-                   Freiflächen, die im eigenen Wohnhaus oder in unmit-
gen, Wohnhäuser und Wohnumgebungen entwerfen,                      telbarer Nähe fußläufig erreichbar sind, oder flexibel
die möglichst vielen verschiedenen Zielgruppen und                 gestaltbare Grundrisse, die Wohnen und Arbeiten in
Lebensphasen gerecht werden. Der geschaffene Wohn-                 der eigenen Wohnung ermöglichen, und das Anmie-
raum und seine Umgebung müssen dabei mehrere                       ten eines eigenen Büroraums erreicht.
Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen, um ein harmonisches
Familien- und Zusammenleben mit NachbarInnen zu                    Auf den kommenden Seiten folgt eine genauere Dar-
ermöglichen. Neben den physiologischen Grundbe-                    stellung dieser Zielgruppen, ihrer Wohnbedürfnisse
dürfnissen nach Schlaf, Ernährung, Hygiene, Regene-                und Lebenssituation in Wien.
3
    Siebel, W. (2013)
4
    Brauer, K. (2008)
Phase 1:                                                             WGs sind in dieser Gruppe häufiger,
     Auszug und die erste Wohnung                                         Paar- und Familienhaushalte bleiben
                                                                          aber die Regel
     Frauen ziehen etwas früher aus als Männer
                                                                          Wie oben erwähnt sind Paar- oder Familienhaushalte
     Die erste eigene Wohnung! Ein wichtiger Schritt für                  selbst in dieser Altersgruppe für viele Menschen (46
     junge Menschen. Diese Phase des erstmals „Auf-sich-                  bis 59 %) ein Teil der Lebensrealität – sei es, weil der
     alleine-gestellt-Seins“ und der Selbstverantwortung                  Auszug von zu Hause noch nicht erfolgt ist oder weil
     beginnt in Österreich für junge Frauen früher als für                bereits eine feste Beziehung oder gar eine eigene Fa-
     junge Männer: Die Hälfte aller Frauen ist mit spätes-                milie gegründet wurde7. Dennoch ist gerade für diese
     tens 19,9 Jahren von zu Hause ausgezogen, die Hälf-                  Gruppe das Leben als Single in der eigenen Wohnung
     te der Männer mit spätestens 21,8 Jahren5. Nicht sel-                und die oft erwähnte WG besonders charakteristisch:
     ten werden die ersten Wohnungen in der Nähe des                      Zwischen 20 und 34 Jahren leben zwischen 33 und
     ursprünglichen Elternhauses gesucht: In Österreich                   39 % der jungen Erwachsenen in solchen Haushalts-
     wohnen etwa 40 % der Kinder unter 5 km vom Eltern-                   formen.
     haus entfernt6.

10   Junge Erwachsene in Wien: Verteilung der Haushaltsformen nach Altersgruppen

      Ehen/Lebensgemeinschaften Alleinerziehende Nichtfamilienhaushalte8
       min. 1 Kind   ohne       Frauen Männer     Single-HH Andere
     		             Kinder				                               (z.B. WGs) Summe

     20 bis 24 Jahre                32             14                   14            3               21          16           100
     25 bis 29 Jahre                27             23                    8            2               26          13           100
     30 bis 34 Jahre                38             21                    8            1               24           8           100
     35 und älter                   27             29                    8            2               29           6           100

     Angaben in Zeilenprozent. Definition „Nichtfamilienhaushalte“ lt. Statistik Austria
     Daten: Statistik Austria Abgestimmte Erwerbsstatistik/Registerzählung 2013, Tabelle Personen, eigene Berechnungen
     Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting

     5
         Geserick, N. (2011)
     6
         Isengard, B. (2013)
     7
         Im Fall der Familien mit Kindern ist die Differenzierung zwischen jenen, die noch bei ihren Eltern leben, und jenen, die bereits
         eigene Kinder haben, nicht möglich.
     8
         Nichtfamilienhaushalte beinhalten unter anderem Haushalte mit Pflegekindern, da diese nicht als „Kind“ im Sinne eines
         Familienhaushaltes gewertet werden. Nicht enthalten sind Studentenwohnheime, die zu den Anstaltshaushalten gezählt werden.
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Biografische Kennzeichen: Abschluss                             Die Miet- und Betriebskosten für solche Wohnungen
der Ausbildung, Berufseinstieg, Part-                           sind auch deutlich höher als für unbefristete Verträ-
nerInnensuche                                                   ge: In Wien kosten befristete Wohnungen im Schnitt
                                                                10,60 €/m² (Miete, inkl. BK), bei unbefristeten Mietver-
                                                                hältnissen betragen die Kosten im Schnitt 6,90 €/m²13.
Der Lebensabschnitt, in den der Auszug aus dem El-              Gerade junge Erwachsene nehmen dies aber in Kauf.
ternhaus fällt, ist sehr häufig von Berufs- oder Aus-           Der Wunsch nach unbefristeten Mietverhältnissen (und
bildungswahl und der Suche nach PartnerInnen ge-                nach mehr und besserem Wohnraum) wird erst später
prägt. Die ersten Schritte in Richtung ökonomischer             wichtig, was mit der fortgeschrittenen beruflichen Ent-
Selbstständigkeit und die räumliche Ablösung vom                wicklung sowie der Familienplanung zusammenhängt.
Elternhaus sind wesentliche Merkmale dieser Status–
passage im Leben eines Menschen. Zwischen 20 und                Bedarf an Mobilitätsalternativen zum
25 Jahren können schon 90 % der jungen Menschen                 Auto in dieser Gruppe besonders groß
einen Job vorweisen, doch der Berufseinstieg kann
holprig verlaufen: Für insgesamt 45 % der 15- bis               Fast 80 % der jungen Menschen in Wien nutzen für den
35-Jährigen vergehen mehr als 3 Monate zwischen                 Weg zur Arbeit oder in die Ausbildung öffentliche Ver-
Abschluss ihrer Ausbildung und dem ersten Job, 14 %             kehrsmittel oder das Fahrrad. Demgegenüber stehen
berichten von Zeiten der Jobsuche und des Wartens               11 %, die für diese Wege das Auto nutzen, bzw. 8 %, die
von über zwei Jahren9.                                          zu Fuß gehen. Für Einkäufe nutzen immerhin 16% das
                                                                                                                             11
                                                                Auto, jedoch werden diese Wege auch von 51 % zu Fuß
Befristete Mietverhältnisse und                                 erledigt. Es zeigt sich also, dass diese Gruppe nur zu ei-
private Mietverträge sind häufig                                nem geringen Teil die täglichen Wege mit dem Auto zu-
                                                                rücklegt. Das überrascht nicht, denn der Autobesitz ist in
Von den unter 30-Jährigen, die bereits einen eigenen            dieser Gruppe vergleichsweise selten, vor allem wegen
Haushalt gegründet haben, wohnen 43 % in privater               der hohen Anschaffungs- und Erhaltungskosten14. Umso
Hauptmiete, 21 % in Gemeindewohnungen und 19 %                  wichtiger sind alternative Mobilitätsangebote in der
in Wohnungen von gemeinnützigen Bauvereinigun-                  Wohnumgebung, um diesen nicht aufs Auto fokussierten
gen. Der kleine Rest wohnt in Eigentumswohnungen                Lebensstil nachhaltig zu unterstützen. Auch das Angebot
oder sonstigen Rechtsformen10. Der hohe Anteil an               an Einkaufsmöglichkeiten, ärztlicher Versorgung oder
privaten MieterInnen wird in der Literatur mit dem –            von Kultur- und Sportmöglichkeiten, sind zentral für eine
in dieser Altersgruppe sehr starken – Bedürfnis nach            hohe Zufriedenheit mit der Wohnumgebung15.
Flexibilität und den ökonomischen Einschränkungen
erklärt11, da im Zuge der weiteren Lebensplanung (Fa-           Ansprüche an qualitätsvolle Wohnun-
milie, Ausbildung, Beruf) klar ist, dass weitere Umzüge         gen und Wohnumgebungen sind vor-
anstehen. Für Wien kommen jedoch noch die Warte-                handen, Abstriche werden zugunsten
zeiten für den Zugang zu geförderten Wohnformen                 der Leistbarkeit aber toleriert
hinzu, die Mietverhältnisse in dieser Altersgruppe at-
traktiv machen.                                                 Junge Menschen stehen noch am Beginn ihres Erwerbs-
                                                                lebens und verfügen in vielen Fällen über geringere fi-
Zusätzlich zu den finanziellen Einschränkungen sind jun-        nanzielle Ressourcen als ältere Menschen: Sie können
ge Menschen übermäßig oft mit befristeten Mietverträ-           aufgrund ihrer kürzeren Erwerbsbiografie oftmals auf
gen am privaten Wohnungsmarkt konfrontiert: Ein knap-           weniger Ersparnisse zurückgreifen und erzielen in der
pes Drittel aller Wiener Einpersonenhaushalte basiert auf       Regel auch geringe Einkommen als Erwerbstätige im
einem Mietverhältnis mit Befristungen unter 5 Jahren12.         fortgeschrittenen Alter. Viele befinden sich zudem noch

9
     Hirschbichler B./Knittler K. (2009)
10
     Hoser, B./Mayerl, C./Ogris, G./Zandonella, M. (2015)
11
     Büscher, A./Emmert, S. / Hurrelmann, K. (2009)
12
     Statistik Austria: Wohnen 2015. Mikrozensus – Wohnungserhebung und EU-SILC
13
     Angaben umfassen Durchschnittskosten unabhängig von Bauperiode/Richtwertmietzinspflicht.
in Ausbildung, was diese Einschränkung noch verstärkt.               Phase 2:
     Bei Kindern aus einkommensschwachen Familien trifft                  Familiengründung/
     diese Einschränkung der finanziellen Ressourcen be-                  Leben mit Klein- und Vorschulkindern
     sonders zu.
                                                                          Frauen sind beim ersten Kind im Schnitt
     Leistbare Wohnungen sind für diese Gruppe mit ihren                  etwas jünger als Männer, jedes fünfte
     eingeschränkten ökonomischen Ressourcen also von                     Kind lebt bei alleinerziehenden Eltern
     besonders großer Bedeutung. Für die erste Wohnung
     werden Zweckmäßigkeit sowie Verzicht auf bekannte                    In österreichischen jungen Familien sind Frauen im
     Wohnannehmlichkeiten deshalb auch als normal und                     Schnitt 29,0 Jahre, Männer im Schnitt 34,1 Jahre alt,
     unproblematisch angesehen16. Sehr kleine Wohnun-                     wenn das erste Kind zur Welt kommt18. Die klassische
     gen oder Wohngemeinschaften haben als Erstwoh-                       Kleinfamilie ist, obwohl längst nicht mehr die Regel,
     nung nach dem Auszug aus der elterlichen Wohnung                     dennoch häufig: Die meisten der Kinder und Jugend-
     oder dem elterlichen Haus eine hohe Akzeptanz, wie                   lichen in Wien leben in Haushalten mit zwei Eltern-
     auch am hohen Anteil der WGs bei den 20 bis 29-Jäh-                  teilen (hier sind Patchworkfamilien und Mehrgene-
     rigen erkennbar ist. Trotz allem ist bei jungen Men-                 rationenhaushalte mit eingeschlossen).
     schen – wie auch bei allen anderen – der Wunsch nach
     ei-nem eigenen Außenbereich, wie z.B. einem Balkon                   AlleinerzieherInnen
     oder einer Terrasse, vorhanden, seine Realisierung                   Dennoch sind AlleinerzieherInnen in Wien häufiger
12
     wird jedoch aufgeschoben17. Erkennbar ist aber, dass                 als anderswo in Österreich (20,6 % aller Wiener Fami-
     ein Studium oder der Einstieg in die Berufstätigkeit das             lienhaushalte sind Haushalte von Alleinerziehenden,
     Bedürfnis nach einem Arbeitszimmer erhöhen.                          gegenüber 15,9 % im österreichischen Durchschnitt).

     Kinder und Jugendliche in Wien:
     Verteilung der Haushaltsformen nach Altersgruppen

               Ehen/Lebensgemeinschaften  Alleinerziehende Nichtfamilienhaushalte19
                min. 1 Kind ohne Kinder  Frauen     Männer Single-HH         andere        Summe
     						                                                          (z.B. Pflegefamilien)
     0-5 Jahre      80           0         17          2       0                1            100
     6-9 Jahre      75           0         22          2       0                1            100

     Angaben in Zeilenprozent. Definition „Nichtfamilienhaushalte“ lt. Statistik Austria
     Daten: Statistik Austria, Abgestimmte Erwerbsstatistik/Registerzählung 2013, Tabelle Personen, eigene Berechnungen
     Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting

     14
          Ringler, P./Hoser, B. (2016)
     15
          Hoser, B./Mayerl, C. / Ogris, G./Zandonella, M. (2015)
     16
          Hoser, B./Mayerl, C. / Ogris, G./Zandonella, M. (2015)
     17
          Büscher, A./Emmert, S./Hurrelmann, K. (2009)
     18
          Kaindl, M./Schipfer, R.K. (2014)
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Berufstätigkeit beider Eltern ist die Regel,                       Anregung, Lernen, Autonomie)24, wobei Ausformung
Kinderkrippen werden in Wien besonders                             und Stellenwert je nach Alter und Entwicklungsstand
häufig genutzt                                                     variieren. Je jünger Kinder sind, umso wichtiger sind
                                                                   z.B. Fürsorge, Nähe der Eltern und die Befriedigung
Ein wesentlicher Trend in Jungfamilien ist, dass                   körperlicher Bedürfnisse (Nahrung, Sauberkeit, Wär-
die Berufstätigkeit beider Elternteile im Haushalt                 me …). Mit zunehmendem Alter steigt die Fähigkeit
mehr und mehr zur Norm wird. In Wien sind 74 %                     des Kindes, seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen,
aller Frauen in Ehen und Lebensgemeinschaften                      und Autonomie gewinnt an Bedeutung.
mit Kindern unter 15 Jahren erwerbstätig, bei Al-
leinerzieherinnen sind es sogar 80 %20. Spezifisch                 Wohnbedürfnisse junger Familien stehen
für Wien ist außerdem, dass viele Eltern ihre Kin-                 im Spannungsfeld zwischen Bedürfnissen
der schon früh Kinderkrippen anvertrauen: In Wien                  der Kinder und der Eltern
sind 45 % der 0- bis 2-Jährigen in Kinderkrippen,
österreichweit sind es lediglich 26 %21.                           Die Geburt eines Kindes bedeutet mittel- und lang-
                                                                   fristig die Notwendigkeit eines Kinderzimmers, doch
Familiengründung bedeutet erhöhte                                  auch die restliche architektonische Gestaltung der
Lebenserhaltungskosten                                             Wohnung ist von Bedeutung.

Die Phase der Familiengründung überschneidet sich                  Im jungen Alter halten sich die Kinder noch meist in
                                                                                                                                  13
nicht selten mit dem Erwerbseinstieg und dem Ab-                   unmittelbarer Nähe der Eltern auf. Die Wohnung soll
schluss der Ausbildung, und Kinder bedeuten einen                  einen „emotionalen Heimathafen“ darstellen, in dem
erhöhten finanziellen Aufwand. Es wird davon aus-                  Kinder jederzeit Zuflucht finden können. Für junge
gegangen, dass Eltern pro Kind um 17 % mehr verdie-                Kinder wird daher eine architektonische Verbindung
nen müssten, um anderweitig ein gleichbleibendes                   von Funktionskreisen als geeignet gesehen: Hausar-
Wohlstandsniveau sicherstellen zu können. Dazu                     beit, Interaktion, Familienleben und Spielmöglich-
kommt der oft erhebliche Einkommensverlust, den                    keiten an einem Ort bieten die optimale Basis für
immer noch mehrheitlich Frauen hinnehmen, wenn                     die Wechselwirkung zwischen dem Entdecken der
sie in den ersten Lebensjahren der Kinder nur noch                 Umwelt und der Nähe zu den Eltern. Offene Wohnkü-
einer Teilzeitarbeit nachgehen22.                                  chen, die das Wohnzimmer zum „Familienzentrum“
                                                                   machen können, sind eine übliche Grundrissform
Wenig überraschend ist leistbarer Wohnraum für jun-                und bieten einen großzügigen Raum für Spielen, Ko-
ge Erwachsene insgesamt wichtig, aber besonders                    chen, Hausarbeit und Familienleben. Dieses Zentrum
für junge Familien, da sie nun auch die erhöhten                   bildet eine Basis für das Familienleben: Während der
Ausgaben für Kindererziehung im Haushaltsbudget                    Hausarbeit sind Kinder in Sichtweite, es ist Platz für
unterbringen müssen23.                                             Interaktion und Geselligkeit.

Kinder und Jugendliche benötigen 		                                Gleichzeitig sind Rückzugsräume sowohl für Kinder
physischen Schutz, soziale Bindung 		                              als auch Eltern wichtig. Für Kinder sollten diese eine
und Raum und Anregung zum Wachstum                                 ausreichende Größe (12-15 m²) aufweisen, um so-
                                                                   wohl zum Spielen als auch zum Lernen ausreichend
Die Wohnbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen                   Raum zu bieten. Diese Raumgröße ermöglicht spä-
fußen im weitesten Sinn auf ihren Grundbedürfnissen                ter genügend Rückzugsraum für Jugendliche und ist
nach physischem Schutz (Wärme, Sicherheit), sozia-                 auch nach dem Auszug von Kindern flexibel nutzbar.
ler Bindung (Nähe, Empathie) und Wachstum (Spiel,                  Jugendliche und Eltern haben zwar einen größeren

19
     Nichtfamilienhaushalte beinhalten unter anderem Haushalte mit Pflegekindern, da diese nicht als „Kind“ im Sinne eines
     Familienhaushaltes gewertet werden. Nicht enthalten sind Studentenwohnheime, die zu den Anstaltshaushalten gezählt werden.
20
     Statistik Austria, Abgestimmte Erwerbsstatistik 2014
21
     Statistik Austria, Kindertagesheimstatistik 2015/2016
22
     Guger et al. (2003)
23
     Berger, F. (2009)
24
     Werner (2006)
Aktionsradius und können auch außerhalb der Woh-                    Je nach finanzieller Ausstattung der Familie sowie
     nung Rückzugsräume finden, idealerweise sollte                      der Anzahl der Kinder wird beispielsweise auch eine
     die Wohnung dies aber nicht unbedingt notwendig                     Trennung von Bad und WC empfohlen und in ausrei-
     machen. So kann sie über viele Jahre hinweg ein                     chend großen Wohnungen auch umgesetzt. So wer-
     Zentrum des Familienlebens bleiben. Unter diesem                    den besonders morgens Konflikte vermieden, sobald
     Gesichtspunkt kann deshalb eine spätere Trennung                    die Tagesabläufe der Kinder und Jugendlichen denen
     von Küche und Wohnzimmer für Familien mit Kindern                   ihrer Eltern ähnlicher werden. Zusätzlich sollten Ein-
     im Jugendalter oder jungen Erwachsenen vor dem                      gangsbereiche so gestaltet werden, dass die Vielzahl
     Auszug sinnvoll sein, da Hausarbeiten und Kochen                    an Utensilien, die die verschiedenen Familienmit-
     mit den Aktivitäten anderer Familienmitglieder im                   glieder im Freien brauchen, entsprechenden Platz
     Wohnzimmer in Konflikt geraten können.                              finden25.

     Gegenüberstellung der Bedürfnisse
     von Kindern/Jugendlichen und Eltern

     Kinder/Jugendliche                                                  Eltern

14
          Nähe zu Eltern/Autonomie                                         Einhalten eines funktionierenden Tagesablaufs
          Aufmerksamkeit und Interesse für ihr Tun                         Besucher empfangen
          Bewegung und kreatives Spiel                                     Hausarbeit erledigen
          Sich nicht durch Unordnung und Schmutz                           Ordnung, Sauberkeit
          im Spiel stören lassen                                           Ruhe und Entspannungsmöglichkeiten
          Laut sein/Selbstdarstellung                                      Rückzugsraum
          Kontakt zu anderen Kindern/Jugendlichen
          Rückzugsraum/Aneignungsraum

     Quelle: Reichl H. (2016), SORA – Institute for Social Research and Consulting

     Besonders bei kleineren Kindern wird die Möglich-                   In Bezug auf die Wohnumgebung und Infrastruktur
     keit von Sicht- und Rufkontakt für wichtig befunden.                werden für die Eltern fußläufige Einkaufsmöglich-
     Darüber hinaus stellt die Qualität von Erschließungen               keiten, die Anbindung ans öffentliche Verkehrssys-
     wie Hauszugängen, Treppenhäusern und internen                       tem, ÄrztInnen und Freiflächen sowie die Nähe zu
     Gängen als Treff- und erweiterter Aufenthaltsort eine               Kindergarten, Kinderkrippe, Spielmöglichkeiten und
     kindergerechte Qualität dar. Zusätzlich haben Famili-               später zur Schule wichtig. Die Wege dahin sollten da-
     en auch einen Mehrbedarf an Abstellplatz für Kinder-                bei nicht nur kurz, sondern auch sicher sein. Radwe-
     wägen, Freizeitgeräten oder Spielzeug.                              ge, breite Gehwege sowie sichere Übergänge über
                                                                         Straßen ermöglichen dies26.

     25
          Reichl, H. (2016)
     26
          Hoser, B./Mayerl, C./Ogris, G./Zandonella, M. (2015)
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Phase 3:                                                             Die Haushaltsstruktur der Jugendlichen in Wien äh-
Familien mit Schulkindern                                            nelt weitgehend der der Kinder. Es ist ein größerer
und Jugendlichen                                                     Anteil von Kindern feststellbar, die bei ihren alleiner-
                                                                     ziehenden (in der Regel) Müttern leben. In der Alters-
Die meisten Jugendlichen leben bei                                   gruppe der 15- bis 19-Jährigen beginnt schließlich
ihren Eltern, doch mit 18 rückt der Auszug                           der Anteil der Kinder, die in einem Haushalt mit ihren
in greifbare Nähe                                                    Eltern leben, zu sinken, nicht zuletzt, weil der Auszug
                                                                     aus dem Elternhaus für manche jungen Menschen
                                                                     schon im Alter von 18 bis 19 Jahren beginnt.

Kinder und Jugendliche in Wien:
Verteilung der Haushaltsformen nach Altersgruppen
            Ehen/Lebensgemeinschaften                     Alleinerziehende Nichtfamilienhaushalte 27
                 min. 1 Kind ohne                        Frauen Männer     Single-HH          andere
		                           Kinder                           			                     (z.B. Pflegefamilien) Summe
10 bis 14 Jahre      70         0                          25        3         0                 2            100
                                                                                                                                     15
15 bis 19 Jahre      60         2                          25        4         4                 5            100

Angaben in Zeilenprozent. Definition „Nichtfamilienhaushalte“ lt. Statistik Austria
Daten: Statistik Austria, Abgestimmte Erwerbsstatistik/Registerzählung 2013, Tabelle Personen, eigene Berechnungen
Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting

Rund ein Viertel der jungen Erwachsenen                              mer noch 121.000: D.h., die Hälfte der mittlerweile
lebt noch (oder wieder) bei ihren Eltern                             29- bis 34-Jährigen ist zwischenzeitlich ausgezogen,
                                                                     die andere Hälfte lebte noch immer bei ihren Eltern.
In den letzten Jahrzehnten ist aber auch ein gegen-                  Insbesondere junge Männer sind von diesem Phäno-
läufiger Trend, nämlich zum verzögerten Auszug, ja                   men betroffen29. Gerade in solchen Situationen ist eine
manchmal sogar zur Rückkehr der Kinder im jungen                     flexibel geplante Wohnung ein bedeutender unter-
Erwachsenenalter ins Elternhaus feststellbar. Dieser                 stützender Faktor. Die autonomen jungen Erwachse-
Trend ist in Südeuropa zwar besonders häufig, aber                   nen und ihre Eltern verhandeln dann nämlich über die
auch in Österreich deutlich feststellbar28. Von ge-                  Nutzung einer Wohnung, die möglicherweise nicht
schätzten 241.000 Personen in Österreich, die 2009                   ausreichend Platz und Stauraum hat, um die Lebens-
im Alter zwischen 25 und 34 Jahren noch mit ihren                    verhältnisse eines erwachsenen Paares eines oder
Eltern zusammenlebten, waren es im Jahr 2012 im-                     mehrerer ebenso erwachsener Kinder abzubilden.

27
     Nichtfamilienhaushalte beinhalten unter Anderem Haushalte mit Pflegekindern, da diese nicht als „Kind“ im Sinne eines Famili-
     enhaushaltes gewertet werden. Nicht enthalten sind Studentenwohnheime, die zu den An-staltshaushalten gezählt werden.
28
     Geserick, N. (2011)
29
     Buber-Ennser, I. / Neuwirth, N. / Testa, M (2013)
Jugendliche haben ein größeres Bedürfnis               Je selbstständiger Jugendliche werden, umso wich-
     nach Autonomie und eigenen Rückzugs-                   tiger wird auch die nähere Wohnumgebung: Nicht
     oder Aneignungsorten innerhalb oder                    länger sind Spielplätze von Bedeutung, dafür wer-
     außerhalb der Wohnung                                  den Sportplätze und „elternfreie“ Räume für Jugend-
                                                            liche wichtiger, wo Autonomie, Identitätsbildung in
     Mit zunehmendem Alter der Kinder ändert sich das       der Peergroup und Selbstdarstellung möglich sind.
     Familienleben. Geborgenheit und Nähe zu den Eltern     Man spricht auch von „Aneignungsräumen“32. Be-
     verlieren für Jugendliche an Bedeutung, Autonomie      sonders konsumfreie Aufenthaltsmöglichkeiten er-
     und der Kontakt mit gleichaltrigen „Peers“ werden      möglichen es Jugendlichen, FreundInnen zu treffen
     vergleichsweise wichtiger30. Die Ausstattung und       und die Freizeit zu gestalten33. Die Anbindung an
     Nutzungsmöglichkeiten des Kinder- bzw. Jugend-         öffentliche Verkehrsmittel sowie sichere Rad- und
     zimmers werden wichtiger. Das Einladen von Freun-      Gehwege ermöglichen größere autonome Aktions-
     den, Spielen, Lernen und sonstige Freizeitgestaltung   radien für Jugendliche, vereinfachen aber auch das
     konzentriert sich immer mehr auf dieses Zimmer31.      Erreichen von Schul- und Ausbildungsplätzen34.
     Gleichzeitig bilden die familiären Gemeinschaftsräu-
     me die Möglichkeit zur Interaktion.

16

     30
          Marbach, J. (2001).
     31
          Büscher, A./Emmert, S./Hurrelmann, K. (2009)
     32
          Deinet, U. (2004)
     33
          Bork, H./Kinglinger, S./Zech, S. (2015)
     34
          Groß, S./Freyer, W. (2001)
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

                                                           Quartiersmanagement
                                                      und Besiedelungsbegleitung

Stadtviertel mit sozial vernetzter Bewohnerschaft                langfristige Wohnzufriedenheit von großer Bedeu-
sind nicht nur sozial nachhaltige Stadtviertel, son-             tung35. Eine Unterstützung dieser Nachbarschaftsbil-
dern in besonderer Weise kinder-, jugend- und fami-              dung durch begleitende gemeinwesenorientierte
liengerecht. Die Beziehungen der Menschen unterei-               und partizipatorische Konzepte ist wichtig. Ein vom
nander und die daraus entstehenden Freundschaften                Bauträger eingesetztes Besiedelungsmanagement
und organisierten Strukturen, wie Hausgemeinschaf-               setzt dazu wichtige Impulse.
ten und Vereine (z.B. Sportvereine oder Food-Coops),
stärken den sozialen Zusammenhalt und die Iden-                  Im Rahmen der Planungen für Neu Leopoldau wurden
tität eines Stadtviertels. Darüber hinaus bieten sie             Konzepte zur Schaffung einer Quartiersidentität und
Anknüpfungspunkte für gegenseitige Unterstützung                 für gemeinschaftsbildende Maßnahmen von Anfang
und Austausch. Für Kinder- und Jugendliche ist dies              an mitberücksichtigt. Diese Maßnahmen sollen bereits
im Bereich des Spielens, aber auch des sozialen Ler-             vor der Besiedelung ansetzen und bis nach der Einzugs-
nens von besonderer Bedeutung. Jungen Eltern und                 und Einwohnphase in der Zukunft fortgesetzt werden.
insbesondere Alleinerziehenden bieten kommunika-                 Ein bauplatzübergreifender Akteur soll ein koopera-
tive Nachbarschaften wichtige Hilfestellungen. Über              tives Quartiersmanagement sein, dessen Konzept im
die „Hardware“ des Wohnens hinaus ist der soziale                Rahmen des dialogorientierten Planungsverfahrens
und partizipative Aspekt des Wohnens in der Stadt für            von intermediären Instituten erarbeitet wurde.

                                                                                                                               17

     Planungs- und Bauphase                 Einzugs- und Einwohnphase                    „Leben im Stadtviertel“

                                                   • Willkommensfest                           • Gemeinwesenarbeit und
           • Zwischennutzungen                     • Aufbau von 		                               Akteurskoordination
           • Infopoint vor Ort                       Hausgemeinschaften                        • Etablierung von
           • Gemeinsamer 		                        • Informationen über                          Begegnungsorten
             Außenauftritt des 		                    quartiersüber-                            • Aufbau von Formen
             gesamten Projekts                       greifende Angebote                          der Selbstorganisation
           • Kommunikation mit                     • Koordination der 		                         (z.B. Sportvereine,
             AnrainerInnen                           Nutzung der quar-                           Foodcoops,…)
           •…                                        tiersübergreifenden                       •…
                                                   • Gemeinschaftsräume
                                                   •…

Beispiele für Maßnahmen durch ein kooperatives Quartiersmanagement in Neu Leopoldau vor, während und nach der Besiedelung.
Quelle: SORA – Institute for Social Research and Consulting\BroschüreNeuLeo_feb2017\Kapitel Quartiersmanagement und Besiede-
lungsbegleitung\Kooperatives Quartiersmanagement.pptx

35
     Littig, B. / Grießler, E.(2004)
Ein bauplatzbezogenes Besiedelungsmanagement                                                                        zusammen, wobei die Details der Lösungen je nach
     auf den jeweiligen Baufeldern unterstützt den Ein-                                                                  Bauplatz variieren.
     stieg in die jeweilige Hausgemeinschaft ebenso wie
     die Möglichkeit, die jeweiligen Bedürfnisse in das                                                                  Die entwickelten Konzepte umfassen beispielsweise
     Gesamtprojekt einzubringen. Auf allen Bauplätzen                                                                    Baustellenführungen, Willkommensfeste und die Bil-
     arbeiten die Bauträger mit KooperationspartnerIn-                                                                   dung von MieterInnenbeiräten und fangen oftmals
     nen für Moderation und Organisation der Aktivitäten                                                                 vor Baubeginn an.

     Beispielschema: Prozess der Besiedelungsbegleitung auf Bauplatz L
                                                                  Baubegiginn = Wohnungsvergabe

                                                                                                                                                             Wohnungsübergabe

18

     NELE! Neues erleben in Leopoldau                                                                      Grätzlspaziergang
                                                                                                          und Infonachmittag
                   Laufende Beratung
                   zur sozialen Nachhaltigkeit                                                                           Startveranstaltung und Workshops:                                        Austausch-Plattform für
                   während der Planungsphase                                                                             Lobbies & Gemeinschaftsräume –                                        BewohnerInnen und Institutionen
                                                                                                                                Aushandlungsprozess

                                                                                                                                                                                                              ERÖFFNUNGS-
                                                         Detailplanung des Grätzlspazier-
                                                                                                                                                                                                                  FEST
                                                           gangs und Infonachmittags
                                                                                                                                              Meetings
                                                                                                                                                 mit                                                        Qualitätssicherung
                                                                                                                                          Koordinaionsteam

     Grafik: (c) PlanSinn - Meinharter, Förster, Mally                                                                                                                          Tauschen und Teilen in der Nachbarschaft

                                                                          0                       3   6        9        12      15       18      21            24                     27      30       33      36   Monate

     Quelle: Plansinn GmbH – Büro für Planung & Kommunikation
     \BroschüreNeuLeo_feb2017\Kapitel Quartiersmanagement und Besiedelungsbegleitung\zeitschiene_NELE_160503.pdf

     Einige bauplatzspezifische Konzepte veranschauli-                                                                   gruppen. Auf Bauplatz F1 sind Kurse der Umweltbe-
     chen die Bandbreite dieser Angebote: Auf Bauplatz                                                                   ratung zum Thema „Nachhaltig und sparsam leben“
     G2 wird der Besiedelungsprozess von der Caritas be-                                                                 geplant. Die Einrichtung und die Nutzungsregeln
     gleitet und dort wird explizit auch auf die Nutzung                                                                 der Gemeinschaftsräume am Bauplatz werden par-
     von Internet und jugendspezifischen Medien, wie das                                                                 tizipativ ausgehandelt. Der Bauplatz P verfügt über
     Magazin Biber und FM4, gesetzt. Auf den Bauplätzen                                                                  „Pop-up-Boxen“, deren Nutzung durch eine quartier-
     F1 und D wird die sozialorganisatorische Begleitung                                                                 sübergreifende Initiativgruppe erfolgen soll. Auch
     von wohnbund:consult durchgeführt, integriert sind                                                                  die Gründung einer Food-Coop und vierteljährliche
     dabei unkonventionelle Wohnformen für junge Ziel-                                                                   Quartiersdialoge sind hier geplant.
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

                                        Zielgruppenorientierte Lösungen
                                                    auf den Bauplätzen

Denkt man über gestalterische und planerische Lö-        schaftsflächen auf allen Bauplätzen stehen dann Be-
sungen nach, die über die einzelne Wohnung hinaus        wohnerInnen als Erweiterungsflächen zur Verfügung,
auch auf Ebene von ganzen Bauplätzen und Quar-           z.B. für größere (Familien-)Feiern.
tieren möglich sind, können die unterschiedlichen
Bedürfnisse der Zielgruppen des jungen Wohnens           Beim Auszug von zu Hause und dem Bezug der ersten
am einfachsten entlang dreier Gruppen dargestellt        eigenen Wohnung gibt es viele Dinge zu beachten,
werden:                                                  um die sich junge Erwachsene oft noch nie kümmern
                                                         mussten. Weiters stehen junge Erwachsene meist vor
 		Junge Erwachsene und AlleinerzieherInnen              der Herausforderung, sich mit begrenzten finanziel-
 		Kinder                                                len Mitteln eine komplette Wohnung einzurichten.
 		Jugendliche                                           Hier können Wohnungen mit einer bereits vorhande-
                                                         nen Grundausstattung und eine Möbelbörse wie auf
Im Rahmen des für Neu Leopoldau durchgeführten           Bauplatz F1 helfen; während eine Hausbetreuung
Bauträgerwettbewerbs mit dialogorientiertem Pla-         bzw. HausmanagerInnen beim (Ein-)Leben in das ei-
nungsverfahren wurde sichergestellt, dass die entwi-     gene Zuhause hilft (z.B. auf Bauplatz G2/G3).
ckelten Lösungen den Bedürfnissen dieser Gruppen
gerecht werden. Auf den folgenden Seiten werden          Wohngemeinschaften und Wohncluster, wie sie auf
die Bedürfnisse dieser Zielgruppen den verschiede-       vielen Bauplätzen eingeplant sind, helfen außerdem
nen durch ArchitektInnen, Planungsbüros und Bau-         beim Knüpfen der ersten Beziehungen im neuen Zu-
                                                                                                                 19
träger entwickelten Lösungen gegenübergestellt.          hause.
Einige der hier aufgelisteten Lösungen eignen sich
für mehr als eine Zielgruppe, der Übersichtlichkeit      Der Abschluss der Ausbildung und der Einstieg in das
halber werden diese Lösungen aber immer nur einer        Berufsleben führen oftmals dazu, dass sich auch die
Zielgruppe zugeordnet.                                   Bedürfnisse junger Erwachsener ändern. Der Trend zu
                                                         Home-Office und zu Einpersonen-Unternehmen kann
Junge Erwachsene                                         ein Arbeitszimmer oder Räume für berufsbezogene
und AlleinerzieherInnen                                  Aktivitäten (Therapie- oder Behandlungsräume) not-
                                                         wendig machen. Diese können auf ausgewählten
In den Sozialwissenschaften wird oftmals von der         Bauplätzen (H1 oder I) in Neu Leopoldau angemietet
„Rushhour des Lebens“ gesprochen, die in den             werden. Das Lehrlingsheim auf Bauplatz M erleich-
Mittzwanzigern beginnt und bis in die späten Drei-       tert dieser jungen Berufsgruppe den Einstieg in die
ßiger andauert. Junge Erwachsene stehen in dieser        Berufsausbildung. Für günstige individuelle Mobilität
„Rush Hour des Lebens“ vor vielen Herausforderungen      im Alltag innerhalb wie auch außerhalb des Quartiers
und Veränderungen, die potenziell innerhalb weniger      sorgen auf allen Bauplätzen die Fahrradabstellmög-
Jahre eintreten können. Sie betreffen das Arbeitsleben   lichkeiten sowie ein quartiersübergreifendes Mobili-
und das Ende der Ausbildung, das Sozialleben und die     tätsmanagement.
Frage bzw. den Zeitpunkt der Familiengründung. Dar-
aus ergeben sich auch wechselnde Wohnbedürfnisse         In der Phase der Familiengründung profitieren junge
und spezielle Anforderungen an das Wohnen und den        Paare außerdem von Aktivitäts- und Gemeinschafts-
Wohnraum. Geld ist in all diesen Phasen potenziell       flächen, die für den Kontakt mit anderen jungen Fa-
knapp und leistbarer Wohnraum für verschiedenste         milien oder FreundInnen genutzt werden können.
Haushaltsgrößen wird in Neu Leopoldau vor allem          Ein besonderes Angebot auf vielen Bauplätzen sind
durch SMART-Wohnungen auf allen Bauplätzen sicher-       Wohngemeinschaften bzw. Wohncluster, die für Al-
gestellt; der Anteil an SMART-Wohnungen beträgt je       leinerziehende, aber auch für andere Zielgruppen
nach Bauplatz zwischen 33 % und 50 %. Die Gemein-        und ihre Bedürfnisse ausgerichtet sind.
Wohnraum muss auch die Fähigkeit haben, sich den    Wohnung im Quartier den eigenen Bedürfnissen
     veränderlichen Bedürfnissen von jungen Erwach-      nicht mehr gerecht wird, so hilft am Bauplatz F1 eine
     senen anzupassen, wenn sich deren Lebensumstän-     Wohnbörse dabei, ein passenderes Objekt im Haus
     de ändern. Dies kann mitunter durch anmietbare      zu finden. Dann muss kein ganzer Umzug organisiert
     Zimmer für Gäste erfolgen, die auch in Wohnungen    werden, wenn sich die Anforderungen an das Zuhau-
     mit nicht so großer Wohnfläche das Empfangen von    se geändert haben.
     längerfristigem Besuch erlauben. Wenn die jetzige

                      Bedürfnisse				                                    Lösungen

                                                                   Quartiersübergreifend

                Leistbares Wohnen                         • Car-Sharing und Mobilitätspoints
                                                                   Alle Bauplätze:
                                                          • Günstiger Wohnraum:
                                                            33-50% Anteil SMART-Wohnungen
                Auszug von Zuhause,                       • Fahrradabstellplätze / -räume
                erste Wohnung                             • Gemeinschaftsraum oder -terrasse
                                                                   Bauplatz D:
20                                                        • Betriebskostenreduktion
                Abschluss von                               durch Selbstorganisation
                Ausbildungen                                       Bauplatz F1:
                Einstieg ins Berufsleben                  • Individuell aktivierbarer PlusRaum
                                                          • Wohn- und Möbelbörse
                                                                   Bauplatz H1:
                 Neue Arbeitswelt:                        • Zumietbare (Aktivitäts-)Räume
                Homeoffice,                                        Bauplatz I:
                Selbstständigkeit                         • Wohnungen mit Bürofläche
                →Wohnen und Arbeiten                               Bauplatz M:
                                                          • Lehrlingsheim
                Günstige                                           Bauplatz P:
                Alltagsmobilität f.                       • Pop Up Boxen für BewohnerInnen
                Ausbildung & Beruf                                 Bauplatz G2, G3, Q:
                                                          • Flexible Grundrisse
                                                                   Bauplatz , P, S:

                Familiengründung,                         • Anmietbare Büroräume im Haus
                                                                   Bauplatz , G2, G3:
                Kinderbetreuung
                                                          • Hausmanager / -betreuung
                                                                   Bauplatz M, I, G2:
                                                          • Anmietbare Gästezimmer/
                Veränderliche                               temporäres Wohnen
                Wohnbedürfnisse:                                   Bauplatz F1, P, L, S:
                Wohnen allein, als                        • Wohnen mit Grundausstattungen
                Paar, mit Kindern…                                 Bauplatz D, F, G2, H1, L M, P:
                                                          • WGs / Cluster (verschiedene
                                                            Zielgruppen, z.B. AlleinerzieherInnen)
Junges Wohnen in Neu Leopoldau | Zielgruppen und Wohnbaulösungen

Kinder                                                   Darüber hinaus werden bauplatzspezifische kinder-
                                                         gerechte Angebote formuliert:
Für Kinder sind vor allem Sicherheit und Schutz wich-
tig. Weiters brauchen Kinder auch die Möglichkeit        Auf Bauplatz D soll die Kombination aus Spiel- und
zum Erforschen der Umwelt, zum Spiel und Kontakt         Arbeitsräumen den Eltern ermöglichen, ihre Kinder
mit Gleichaltrigen und zur Entwicklung eigener Fä-       auch während der Ausübung anderer Aktivitäten be-
higkeiten. Die Bedürfnisse der Kinder nach freiem        treuen zu können.
unbegleitetem Spiel im Wohnumfeld nehmen zu-
nehmend einen wichtigen entwicklungspsycho-              Die Gesamtheit der Bauplätze bietet vielfältige Spiel-
logischen Wert ein. ExpertInnen der sozialwissen-        räume, Kinderspielbereiche und Kinderspielplätze, die
schaftlichen Kindheitsforschung formulieren aktuell      drinnen wie draußen zum Spielen und Bewegen ein-
das zunehmende Phänomen der „Verhäuslichung              laden. Die an Bauplatz H1 angrenzende Parklandschaft
bzw. Verinselung der Kindheit“ vor allem in urba-        regt zum Erforschen der Umwelt und der Wohnum-
nen Räumen, in denen Kinder zunehmend immer              gebung gemeinsam mit anderen Kindern an. Für die
eingeschränktere selbstständige Mobilitätsradien         Jüngsten gibt es auf allen Bauplätzen eigene Kleinkin-
erfahren. Die Schaffung von Möglichkeiten für die        derspielbereiche.
gefahrenfreie Nutzung und Interaktion von Kindern
in Wohnquartieren leistet einen wichtigen Beitrag        Dem kindlichen Bedürfnis nach Kontakt mit Gleichalt-
dazu, die kindliche Lebenswelt zu stärken und auch       rigen, dem Anspruch auf frühkindliche Bildung und
                                                                                                                  21
die Freude an Bewegung, Sport und sozialer Interak-      – für die Eltern – der Vereinbarkeit von Beruf und Fa-
tion zu festigen.                                        milie wird mit dem auf Bauplatz L geplanten 7-grup-
                                                         pigen Kindergarten Rechnung getragen.
Durch das verkehrsberuhigte Quartier und das Netz
der Spielwege, das die im Quartier verstreuten Spiel-    Auf Bauplatz F1 erlaubt das Prinzip der „Plus-Räume“
plätze miteinander verbindet, stellt Neu Leopoldau       (eigenständig nutzbare, frei adaptierbare Räume in
ein besonders anspruchsvolles kinderfreundliches         der Wohnung) in einigen Wohnungen die Schaffung
Wohnquartier dar. Weiters sollen bauplatzübergrei-       von Kinderzimmern, sobald ein Bedarf entsteht. Die
fende Gemeinschaftsräume auch die Möglichkeit            Kinder sind mit ihren Eltern trotz der verkehrsberu-
anbieten, Infrastrukturen für Spiel und Interaktion zu   higten Lage durch Sammelgaragen, Carsharing und
optimieren.                                              Fahrradabstellplätze weiterhin in- und außerhalb
                                                         des Quartiers mobil.
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