Epidemiologisches Bulletin 46 2022 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 46 Epidemiologisches 2022 Bulletin 17. November 2022 STIKO: 23. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 2 Inhalt Beschluss der STIKO zur 23. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung 3 Die STIKO empfiehlt in der 23. Aktualisierung ihrer COVID-19-Impfempfehlung Kindern im Alter von 6 Mo- naten bis 4 Jahren eine Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff, sofern bei ihnen bedingt durch Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf besteht. Für immungesunde Kinder ohne Vorerkrankungen im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren empfiehlt die STIKO derzeit keine COVID-19-Impfung. Darüber hinaus hat die STIKO wie angekündigt die Empfehlungen für Kinder im Alter von 5 – 11 Jahren überprüft. Die Vervollständigung der Grundimmunisierung bzw. eine Auffrischimpfung für Kinder ohne Vorerkrankungen hält die STIKO vor dem Hintergrund der hohen Seroprävalenz und dem über- wiegend milden Krankheitsverlauf in dieser Altersgruppe aktuell nicht für notwendig. Wissenschaftliche Begründung der STIKO für die COVID-19-Impfempfehlung für Kinder im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren sowie zur Anpassung der COVID-19-Impfempfehlung für Kinder im Alter von 5 – 11 Jahren 22 Am 19.10.2022 wurden in der EU die mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax für die Grundimmunisierung gegen COVID-19 im Kleinkindalter zugelassen. Comirnaty wird in einer Dosierung von 3 μg mit einem 3-Dosenimpfschema für Kinder im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren bereitgestellt. Spikevax ist in einer Dosierung von 25 μg mit einem 2-Dosenimpfschema für Kinder im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren zuge- lassen. Die STIKO gibt einen Überblick über die wissenschaftlichen Daten aus den Zulassungsstudien der beiden mRNA-Impfstoffe für Kleinkinder im Alter von 6 Monaten bis 4 bzw. 5 Jahren und hat geprüft, ob somit für diese Altersgruppe eine Impfempfehlung ausgesprochen werden soll. Zum anderen hat die STIKO vor dem Hintergrund der aktuellen Evidenzlage ihre Impfempfehlungen für Kinder im Alter von 5 – 11 Jahren angepasst. Dies betrifft vor allem die Grundimmunisierung immungesunder Kinder dieser Altersgruppe, in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden. Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 45. Woche 2022 48 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon: 030 18754 – 0 E-Mail: EpiBull@rki.de Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Redaktion Dr. med. Maren Winkler Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Dr. med. Jamela Seedat (derzeit nicht im Dienst) Namensnennung 4.0 International Lizenz. Heide Monning (Vertretung) Redaktionsassistenz Nadja Harendt Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) ISSN 2569-5266 Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 3 Mitteilung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut Beschluss der STIKO zur 23. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung Aktualisierung vom 17. November 2022 Inhaltsverzeichnis Neuerungen in dieser Aktualisierung 1. Hintergrund.................................................. 4 ▶▶ Die STIKO empfiehlt Kindern im Alter von 2. Impfziele....................................................... 4 6 Monaten bis 4 Jahren mit Vorerkrankungen 3. COVID-19-Impfstoffe.................................... 6 aufgrund des erhöhten Risikos für einen schwe- 3.1 Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe........ 6 ren COVID-19-Verlauf eine Grundimmunisie- 3.2 Sicherheitsaspekte für die praktische rung vorzugsweise mit 3 Impfstoffdosen des Umsetzung................................................... 6 mRNA-Impfstoffs Comirnaty (BioNTech/Pfizer) in altersgemäß zugelassener Formulierung (3 µg) 4. STIKO-Empfehlungen nach Alters- bzw. im Abstand von 0-3-8 Wochen (Mindestabstand Personengruppen......................................... 9 zur jeweils vorangegangenen Impfung). Alterna- 5. Personen mit besonderer Indikation tiv können 2 Impfstoffdosen des mRNA-Impf- für eine COVID-19-Impfung stoffs Spikevax (Moderna) in altersgemäß zuge- aufgrund eines erhöhten Infektionsrisikos lassener Formulierung (25 µg) gegeben werden. oder des Risikos für einen schweren Der mRNA-Impfstoff Spikevax ist bis auf Weite- res in Deutschland in der benötigten Formulie- Verlauf........................................................... 9 rung jedoch nicht verfügbar. 6. Impfschemata nach Alters- bzw. Bei Kindern im Alter < 2 Jahren ist Frühgeburt- Personengruppen......................................... 9 lichkeit ein zusätzlicher Risikofaktor für einen 7. Impfung von Personen mit schweren COVID-19-Verlauf (s. Tab. 3). durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion ▶▶ Kindern im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren und bisher unvollständiger mit Vorerkrankungen die bereits eine labordiag- Immunisierung............................................. 14 nostisch (PCR-Nachweis oder spezifische Serolo- gie) bestätigte SARS-CoV-2-Infektion durchge- 8. Empfehlung zur COVID-19-Impfung macht haben, werden 2 Impfstoffdosen Comir- von Personen mit Immundefizienz (ID)...... 14 naty im Intervall von 12 Wochen (oder 1 Impf- 8.1 COVID-19-Impfempfehlungen..................... 14 stoffdosis Spikevax) etwa 6 Monate nach der 8.2 SARS-CoV-2-Prä-Expositionsprophylaxe mit Infektion empfohlen. Tixagevimab/Cilgavimab (Evusheld)........... 17 ▶▶ Da der Schutz der Impfung vor der Übertra- 9. Hinweise zur praktischen Umsetzung........ 18 gung der Omikron-Variante allenfalls wenige 10. Übersicht zu den wissenschaftlichen Wochen bis Monate besteht und zudem nicht ver- Begründungen für die COVID-19- lässlich ist, relativiert die STIKO ihre Empfeh- Impfempfehlungen der STIKO..................... 18 lung mit der Indikation des Schutzes von vulne- Literatur........................................................ 20
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 4 ierlich auf Basis aller verfügbaren Daten den Nut- rablen Kontaktpersonen. Sie rät dazu, bei gesun- zen und das Risiko der COVID-19-Impfung sowohl den Kindern im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren für die Allgemeinbevölkerung als auch für spezielle nach individueller Risikoeinschätzung in Abspra- Zielgruppen. Sobald neue Impfstoffe zugelassen che mit der behandelnden Ärztin bzw. dem be- und verfügbar sind oder relevante neue Erkenntnis- handelnden Arzt zu entscheiden, ob eine Grund se vorliegen, aktualisiert die STIKO ihre COVID-19- immunisierung durchgeführt werden soll, wenn Impfempfehlung. Die Publikation jeder Aktualisie- sich im Umfeld des Kindes Angehörige oder rung erfolgt im Epidemiologischen Bulletin (Epid andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für Bull) und wird auf der Webseite des Robert Koch- einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die Instituts (RKI) bekannt gegeben. Ob es nach Ende selbst nicht geimpft werden können oder bei de- der pandemischen Situation eine Standardimpf nen der begründete Verdacht besteht, dass die empfehlung oder eine Indikationsimpfempfehlung Impfung nicht zu einem ausreichenden Schutz führt. gegen COVID-19 geben wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. ▶▶ Bis auf die oben genannte Änderung bleiben die STIKO-Empfehlungen für Kinder im Alter von 5 – 11 Jahren bestehen. Kindern im Alter von 2. Impfziele 5 – 11 Jahren mit Vorerkrankungen wird weiter- Das übergeordnete Ziel der COVID-19-Impfempfeh- hin eine Grundimmunisierung mit 2 Impf lung der STIKO ist es, schwere Krankheitsverläufe, stoffdosen sowie bis zu 2 Auffrischimpfungen Hospitalisierungen und Tod sowie Langzeitfolgen unter Berücksichtigung von durchgemachten nach COVID-19 in der gesamten Bevölkerung SARS-CoV-2-Infektionen empfohlen. Deutschlands so weit wie möglich zu reduzieren. ▶▶ Gesunden Kindern im Alter von 5 – 11 Jahren wird zum Aufbau einer Basisimmunität weiter- ▶▶ Die COVID-19-Impfung soll insbesondere hin 1 Impfstoffdosis empfohlen, unabhängig von Menschen schützen, die infolge von Alter oder durchgemachten SARS-CoV-2-Infektionen. Die Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben, an Vervollständigung der Grundimmunisierung COVID-19 schwer zu erkranken oder zu ver- bzw. eine Auffrischimpfung hält die STIKO vor sterben. dem Hintergrund der hohen Seroprävalenz und ▶▶ Ziel der Impfung von Schwangeren und Stillen- dem überwiegend milden Krankheitsverlauf in den ist die Verhinderung schwerer COVID-19- dieser Altersgruppe aktuell nicht für notwendig. Verläufe und von Todesfällen sowie die Verhin- ▶▶ Seit dem 20.10.2022 ist der Omikron-adap- derung von mütterlichen und fetalen bzw. neo- tierte bivalente mRNA-Impfstoff von Moderna natalen Komplikationen durch eine SARS- (Spikevax bivalent Original/Omicron BA.4/5) ab CoV-2-Infektion. dem Alter von 12 Jahren zur Auffrischimpfung ▶▶ Durch die Impfung von Kindern und Jugend zugelassen. Anwendungshinweise für diesen lichen soll zum einen eine SARS-CoV-2-Basis Impfstoff wurden in der vorliegenden Aktualisie- immunität aufgebaut werden. Zum anderen rung berücksichtigt. sollen selten auftretende schwere COVID-19- Verläufe und Hospitalisierungen sowie mögli- che Komplikationen der SARS-CoV-2-Infektion verhindert werden. ▶▶ Die STIKO spricht sich explizit dagegen aus, 1. Hintergrund dass der Zugang von Kindern und Jugendlichen Bei den Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-) zur Teilhabe an Bildung, Kultur und anderen Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommissi- Aktivitäten des sozialen Lebens vom Vorliegen on (STIKO) handelt es sich um Indikationsimp- einer Impfung abhängig gemacht wird. fempfehlungen im Rahmen einer Pandemie des ▶▶ Personen mit erhöhtem arbeitsbedingtem Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus SARS-CoV-2-Expositionsrisiko (berufliche Indi- Type 2 (SARS-CoV-2). Die STIKO bewertet kontinu- kation) sollen unbedingt geschützt werden.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 5 Name Impf- Alters- Dosierung Empfohlen Dosierung GI Besonderheiten (Hersteller) stofftyp gruppe für GI zur AI für AI 6 Monate – 3 µg 3 Impfstoff nein – 4 Jahre dosen2 ja, bei Kindern Comirnaty 1 bzw. mit Vorerkran- (BioNTech/ mRNA 5 – 11 Jahre 10 µg 2 Impfstoff kungen und 10 µg Pfizer) dosen1,2 Immun defizienz 2 Impfstoff ja (nicht Seltene unerwünschte Ereignisse: ≥ 12 Jahre 30 µg 30 µg Peri-/Myokarditis dosen präferenziell) Comirnaty Original/ Präferenziell sind zur Auffrischimpfung Omicron BA.1 im Alter > 12 Jahren Omikron- (BioNTech/Pfizer), bivalent 15 µg/ adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe ≥ 12 Jahre – nein ja empfohlen; es kann jedoch auch ein Comirnaty Original/ mRNA 15 µg monovalenter mRNA-Impfstoff Omicron BA.4/5 verwendet werden. (BioNTech/Pfizer) Zugelassen für die 2 Impfstoff präferenziell wird in dieser 25 µg nein Altersgruppe dosen2 – Altersgruppe Comirnaty empfohlen 6 Monate – 5 Jahre ja, bei Kindern Zugelassen Spikevax (Moderna) mRNA mit Vorerkran für die präferenziell wird in dieser 50 µg 1 bzw. kungen und Altersgruppe Comirnaty empfohlen Altersgruppe 2 Impfstoff- Immun- 6 – 11 Jahre 50 µg dosen1,2 defizienz ja, ≥ 30 Jahren Seltene unerwünschte Ereignisse: Peri-/ Myokarditis; Peri-/Myokarditisrisiko bei ≥ 30 Jahre 100 µg (nicht ≥ 12 bis < 30-Jährigen erhöht, daher präferenziell) nicht empfohlen in dieser Altersgruppe Spikevax bivalent Präferenziell sind zur Auffrischimpfung Original/Omicron im Alter > 12 Jahren Omikron- BA.1 (Moderna), bivalent 25 µg/ adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe ≥ 30 Jahre – nein ja empfohlen; es kann jedoch auch ein Spikevax bivalent mRNA 25 µg monovalenter mRNA-Impfstoff Original/Omicron verwendet werden. BA.4/5 (Moderna) ≥ 60 Jahre; seit Aufgrund seltener thromboembolischer Vaxzevria Vektor- 01.12.2021 in ≥ 2,5 x 108 2 Impfstoff nein – Ereignisse Altersbeschränkung auf (AstraZeneca) basiert Deutschland IE dosen ≥ 60 Jahre nicht mehr verfügbar zugelassen als Einzeldosis; JCOVDEN, vormals Optimierung Aufgrund ungenügender Effektivität Optimierung der GI empfohlen; COVID-19 Vaccine Vektor- ≥ 8,92 log10 mit einer ≥ 60 Jahre nein – aufgrund seltener thromboembolischer Janssen (Janssen basiert IE mRNA- oder Ereignisse Altersbeschränkung auf Cilag International) Nuvaxovid- ≥ 60 Jahre Impfstoffdosis empfohlen Anwendung während der Schwanger- schaft und Stillzeit wird aufgrund fehlender Daten zur Wirksamkeit und adjuvan Sicherheit des enthaltenen Adjuvans Matrix M derzeit nicht empfohlen, kann Nuvaxovid tierter 2 Impfstoff ≥ 12 Jahre 5 µg nein – jedoch in Einzelfällen erwogen werden, (Novavax) Protein- dosen z. B. wenn eine produktspezifische, impfstoff medizinische oder sonstige Kontraindikation gegen mRNA-Impf- stoffe besteht. Seltene unerwünschte Ereignisse: Peri-/Myokarditis. Anwendung während der Schwanger- Inaktivierter, schaft und Stillzeit wird aufgrund COVID-19- adjuvan fehlender Daten zur Wirksamkeit und 33 Antigen- 2 Impfstoff Sicherheit derzeit nicht empfohlen, kann Impfstoff Valneva tierter 18 – 50 Jahre nein – jedoch in Einzelfällen erwogen werden, einheiten dosen (Valneva) Ganzvirus z. B. wenn eine produktspezifische, impfstoff medizinische oder sonstige Kontraindi- kation gegen mRNA-Impfstoffe besteht. Tab. 1 | Von der STIKO empfohlene COVID-19-Impfstoffe zur Grundimmunisierung (GI) und Auffrischimpfung (AI) (Stand: 17.11.2022). IE = infektiöse Einheiten 1 Eine Impfstoffdosis für gesunde Kinder, 2 Impfstoffdosen für Kinder mit Vorerkrankungen inkl. Immundefizienz (s. Tab. 2); 2 Eine Grundimmuni- sierung von gesunden Kindern kann nach individueller Risikoeinschätzung in Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt durchgeführt werden, wenn sich in deren Umfeld Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht besteht, dass die Impfung nicht zu einem ausreichenden Schutz führt.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 6 ▶▶ Insbesondere in Umgebungen mit einem ho- die Evidenz zur Vakzineeffektivität der COVID-19- hen Anteil vulnerabler Personen (z. B. Schwan- Impfstoffe fortlaufend aktualisiert. Während der Do- gere, Hochbetagte) und/oder einem hohen Aus- minanz der Delta-Variante kam es zu einer Abnah- bruchspotenzial soll durch die Impfung die me der Wirksamkeit gegen symptomatische Infek Virustransmission vermindert werden, um so tionen um 10 – 20 %, während die Effektivität in Be- einen zusätzlichen Schutz zu bewirken. zug auf schwere Erkrankungen weitestgehend erhal- ▶▶ Die COVID-19-Impfung verfolgt auch das Ziel, ten war.1,2 Unter der Zirkulation der Omikron- die Transmission von SARS-CoV-2 in der ge- Variante ist die Wirksamkeit der COVID-19-Grund samten Bevölkerung zu reduzieren. Durch die immunisierung gegenüber symptomatischer Infek- Impfung eines möglichst großen Anteils der tionen deutlich reduziert (auf 6 – 76 % frühestens Bevölkerung soll die Aufrechterhaltung der kri- 14 Tage nach der 2. Impfstoffdosis bzw. auf 0 – 13 % tischen Infrastruktur während der Pandemie nach > 6 Monaten). Eine Auffrischimpfung führt zu gesichert werden. einem Wiederanstieg der Impfeffektivität auf 56 – 69 % frühestens 14 Tage nach der 3. Impfstoff- 3. COVID-19-Impfstoffe dosis (symptomatische Infektionen) bzw. 100 % Für die Impfung gegen COVID-19 sind in der Euro- (95 % Konfidenzintervall (KI): 71,4 – 100 %) frühes- päischen Union (EU) verschiedene Impfstoffe zuge- tens 14 Tage nach der 3. Impfstoffdosis (schwere Er- lassen, die bereits von der STIKO für unterschied krankungen). Eine 2. Auffrischimpfung führt bei be- liche Altersgruppen bewertet wurden (s. Tab. 1). Bei stimmten Zielgruppen zu einer weiteren Verbesse- keinem dieser COVID-19-Impfstoffe handelt es sich rung der Wirksamkeit und kann insbesondere um einen Lebendimpfstoff. Seit September bzw. schwere COVID-19-Verläufe reduzieren (s. 18. Aktua Oktober 2022 sind zur Auffrischimpfung Omikron- lisierung der STIKO-Empfehlung zur 2. Auffrisch adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe von BioNTech/ impfung3). Pfizer (Comirnaty Original/Omicron BA.1, Comir- naty Original/Omicron BA.4/5) und von Moderna 3.2 Sicherheitsaspekte für die praktische (Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1, Spikevax Umsetzung bivalent Original/Omicron BA.4/5) ab dem Alter ▶▶ Bei der Impfung sind die Anwendungshinwei- von 12 Jahren zugelassen. se in den Fachinformationen zum jeweiligen Impfstoff sowie die Rote-Hand-Briefe zu beach- 3.1 Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe ten. Alle von der STIKO empfohlenen COVID-19-Impf- ▶▶ Die Impfung ist strikt intramuskulär (i. m.), stoffe zeigten in den Zulassungsstudien nach einer bevorzugt in den M. deltoideus, und keinesfalls 2-maligen Impfung eine hohe Wirksamkeit gegen intradermal, subkutan oder intravaskulär zu ver- symptomatische Infektion (63 – 95 %) und schwere abreichen. Im Tiermodell kam es nach Erkrankung (75 – 100 %). Eine detaillierte Darstel- direkter intravaskulärer Injektion eines mRNA- lung der Studien findet sich in den jeweiligen wis- Impfstoffs zum Auftreten von Myo-/Perikarditis senschaftlichen Begründungen der STIKO (s. (klinisch und histopathologisch).4 Wenngleich Tab. 10). Neben den Zulassungsstudien wurden auch akzidentelle intravaskuläre Injektionen bei einer Daten aus Postmarketing-Beobachtungsstudien und i. m.-Impfstoffapplikation nur sehr selten auftre- immunologische Daten herangezogen. Während der ten, scheint bei COVID-19-Impfungen eine As- Dominanz des Wildtyps und der Alpha-Variante von piration bei i. m.-Applikation zur weiteren Erhö- SARS-CoV-2 bestand eine sehr hohe Wirksamkeit hung der Impfstoffsicherheit sinnvoll. der Grundimmunisierung gegen symptomatische ▶▶ Bei PatientInnen unter Antikoagulation soll die Infektionen (80 – 90 %).1 Das Auftreten neuer Virus- Impfung ebenfalls i. m. mit einer sehr feinen varianten (insbesondere Delta und Omikron) hat es Injektionskanüle und einer anschließenden notwendig gemacht, die Daten zur Wirksamkeit ge- festen Kompression der Einstichstelle über gen unterschiedliche Endpunkte regelmäßig zu ak- mindestens 2 Minuten erfolgen. tualisieren und Empfehlungen entsprechend anzu- ▶▶ Bei produktspezifischer Kontraindikation gegen passen. In einem Living Systematic Review1,2 wird einen COVID-19-Impfstoff kann ein anderer zu-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 7 gelassener COVID-19-Impfstoff einer anderen ger Datenlage ist ein generell erhöhtes Risiko Impfstofftechnologie eingesetzt werden. Bei- für schwerwiegende unerwünschte Wirkungen spielsweise kann bei einer bestätigten IgE- bei Personen mit vorbekannten allergischen Er- vermittelten Allergie gegen Inhaltsstoffe der krankungen bei Impfung mit mRNA-Impfstof- mRNA-Impfstoffe JCOVDEN (vormals fen nicht anzunehmen, sofern keine Allergie COVID-19 Vaccine Janssen), COVID-19-Impf- gegen einen Inhaltsstoff des jeweiligen Impf- stoff Valneva oder Nuvaxovid verwendet werden. stoffs vorliegt (z. B. Polyethylenglykol im Falle ▶▶ Zwischen mRNA- oder Vektor - basierten der COVID-19-mRNA-Impfstoffe). Zur weite- COVID-19-Impfungen und der Verabreichung ren Information wird auf die „Empfehlung zur anderer Totimpfstoffe muss kein Impfabstand Coronaimpfung für Allergikerinnen und Aller- eingehalten werden. Sie können zeitgleich ge- giker“ des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und das geben werden. Zu Impfungen mit Lebendimpf- Flussdiagramm zum Vorgehen bei positiver stoffen soll hingegen ein Mindestabstand von Allergieanamnese vor COVID-19-Impfung ver- 14 Tagen vor und nach jeder COVID-19-Impfung wiesen. eingehalten werden (s. auch STIKO-Empfeh- ▶▶ Nach der Impfung mit den mRNA-Impfstoffen lung zur Koadministration von COVID-19-Impf- sind in seltenen Fällen Myo-/Perikarditiden auf- stoffen und anderen Totimpfstoffen und die da- getreten. Betroffen waren bisher überwiegend zugehörige wissenschaftliche Begründung). Jungen sowie junge Männer (9. Aktualisierung Der Proteinimpfstoff Nuvaxovid kann gleichzei- der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). tig mit einem Influenza-Totimpfstoff verab- Die Komplikationen traten größtenteils in den reicht werden. Zur Verabreichung von anderen ersten 14 Tagen nach der 2. Impfstoffdosis auf. planbaren Tot- und/oder Lebendimpfungen Entsprechende Warnhinweise wurden in die wird ein Abstand von 14 Tagen vor und nach Fachinformationen von Comirnaty und Spike- Nuvaxovid-Applikation empfohlen (wissen- vax aufgenommen. Die akuten Erkrankungen schaftliche Begründung zur STIKO-Empfeh- verliefen meist mild. Treten nach der Impfung lung von Nuvaxovid). Zwischen der Impfung mit einem mRNA-Impfstoff Atemnot, Herz- mit dem Totimpfstoff COVID-19-Impfstoff rhythmusstörungen oder Brustschmerzen auf, Valneva und planbaren Tot- und/oder Lebend sollen die Betroffenen umgehend ärztliche impfstoffen soll ein Mindestabstand von 14 Ta- Hilfe in Anspruch nehmen. Über mögliche gen vor und nach der Valneva-Applikation ein- Spätfolgen können zurzeit keine belastbaren gehalten werden. Aussagen gemacht werden. ▶▶ Im Allgemeinen wird eine Nachbeobachtungs- ▶▶ Auch nach Nuvaxovid sind in seltenen Fällen zeit nach Verabreichung einer COVID-19-Imp- Myo-/Perikarditiden aufgetreten. Es ist derzeit fung von mindestens 15 Minuten empfohlen. nicht bekannt, ob zur Vervollständigung der Längere Nachbeobachtungszeiten sollten bei Impfserie bei Personen, die nach der Impfung bestimmten Risikokonstellationen eingehalten mit einem mRNA-Impfstoff Myo-/Perikardi- werden, z. B. bei schweren kardialen oder respi- tiden entwickelt hatten, nachfolgend Nuvaxovid ratorischen Grunderkrankungen oder bei stär- ohne Gefahr von erneuten oder sich verschlim- keren oder anaphylaktischen Reaktionen auf mernden Myo-/Perikarditiden eingesetzt wer- Impfungen in der Anamnese. den kann. ▶▶ Es ist ratsam, in den ersten Tagen nach einer ▶▶ Tritt nach einer Impfung mit einem mRNA Impfung erhebliche körperliche Belastungen, Impfstoff oder Nuvaxovid eine Myo-oder Peri z. B. Leistungssport, zu vermeiden. karditis auf, sollte in der Regel auf die Verabrei- ▶▶ Nach Applikation von Comirnaty, Spikevax, chung weiterer Impfstoffdosen dieser Impfstof- Nuvaxovid, COVID-19-Impfstoff Valneva, Vax fe verzichtet werden. zevria und JCOVDEN (vormals COVID-19 Vac- ▶▶ Sehr seltene Fälle von Thrombosen in Kombi- cine Janssen) sind einzelne schwerwiegende nation mit Thrombozytopenien sind 4 – 21 Tage allergische oder pseudoallergische Unverträg- nach der Impfung mit Vaxzevria oder lichkeitsreaktionen aufgetreten. Nach derzeiti- JCOVDEN (vormals COVID-19 Vaccine Jans-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 8 Personengruppe Umfang der Impfempfehlung Anmerkung für die jeweilige Personengruppe Personen mit Vorerkrankungen Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung Siehe Tabelle 8 und Tabelle 9 inkl. Immundefizienz ≥ 6 Monate und 1. Auffrischimpfung sowie 2. Auffrischimpfung [Epid Bull 7/2022, Epid Bull 21/2022 bzw. 33/2022; s.Tab. 5])1 6 Monate bis 4 Jahre – Nach individueller Risikoeinschätzung in Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt Grundimmunisierung für gesunde Kinder, in deren Umfeld sich enge Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die durch eine Impfung selbst nicht sicher geschützt werden können. 5 – 11 Jahre Generelle Impfempfehlung Nach individueller Risikoeinschätzung in ▶▶ Zunächst eine Impfstoffdosis für alle gesunden Absprache mit der behandelnden Ärztin/dem Kinder behandelnden Arzt Grundimmunisierung für gesunde Kinder, in deren Umfeld sich enge Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die durch eine Impfung selbst nicht sicher geschützt werden können. Bei individuellem Wunsch von Kindern und Eltern bzw. Sorgeberechtigten kann die vollständige COVID-19-Grundimmunisierung auch bei 5 – 11-jährigen Kindern ohne Vorerkrankungen nach ärztlicher Aufklärung erfolgen. 12 – 17 Jahre Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung) 18 – 59 Jahre Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung) ≥ 60 Jahre Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung sowie 2. Auffrischimpfung [s. Tab. 5]) BewohnerInnen in Einrichtungen der Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung Pflege sowie Personen mit einem und 1. Auffrischimpfung sowie 2. Auffrischimpfung [s. erhöhten Risiko für einen schweren Tab. 5]) Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe Schwangere ab dem 2. Trimenon Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung Eine akzidentelle Impfung in der Früh- und 1. Auffrischimpfung) schwangerschaft ist keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Stillende Generelle Impfempfehlung (Grundimmunisierung Eine COVID-19-Impfung von Stillenden ist und 1. Auffrischimpfung) bei unkompliziertem Verlauf auch im Wochenbett möglich. Personal in medizinischen Einrich Berufs-/Arbeitsplatzbezogene Indikationsimpfemp- Für Jugendliche, die tätigkeits- bzw. arbeits tungen und Pflegeeinrichtungen, fehlung (Grundimmunisierung und 1. Auffrischimp- bedingt entweder ein erhöhtes Expositions insbesondere solchen mit direktem fung sowie 2. Auffrischimpfung [s. Tab. 5]) risiko aufweisen oder engen Kontakt zu PatientInnen- bzw. BewohnerInnen- vulnerablen Personengruppen haben, besteht kontakt. eine berufliche Impfindikation (s. Tab. 3, Abschnitt G). Tab. 2 | Impfempfehlung nach Alters- bzw. Personengruppen (Stand: 17.11.2022) 1 mRNA-Impfstoffe sind bisher in der Altersgruppe 6 Monate bis 4 Jahre nicht für die Auffrischimpfung zugelassen. In dieser Altersgruppe ist bei Kindern mit Vorerkrankungen aktuell nur eine Grundimmunisierung empfohlen. sen) aufgetreten (sog. Thrombose-mit-Throm- den Vektor-basierten Impfstoffen Vaxzevria bozytopenie-Syndrom [TTS]). Einzelne Fälle und JCOVDEN (vormals COVID-19 Vaccine traten mit erhöhter Gerinnungsaktivität oder Janssen) im Regelfall nur für Personen im Blutungen im ganzen Körper auf. Entspre- Alter ≥ 60 Jahre empfohlen, da in dieser Alters- chende Warnhinweise wurden in die Fachin- gruppe aufgrund der ansteigenden COVID-19- formationen der beiden Impfstoffe aufgenom- Letalität die Nutzen-Risiko-Abwägung eindeu- men. Die STIKO hat die Impfung mit den bei- tig zu Gunsten der Impfung ausfällt (5. Aktua-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 9 lisierung der COVID-19-Impfempfehlung der den. Dies gilt insbesondere, wenn PatientInnen STIKO). Der Impfstoff Vaxzevria ist in Deutsch- über mehr als 3 Tage nach der Impfung begin- land seit dem 01.12.2021 nicht mehr verfügbar. nende und dann anhaltende Kopfschmerzen ▶▶ Mit den genannten Vektor-basierten Impfstof- klagen oder punktförmige Hautblutungen auf- fen geimpfte Personen sollten darüber aufge- treten. Weitere Informationen und Hinweise klärt werden, dass sie bei Symptomen wie star- zur Diagnostik und Therapie findet man in der ken anhaltenden Kopfschmerzen, Kurzatmig- Stellungnahme der Gesellschaft für Throm keit, Beinschwellungen, anhaltenden Bauch- bose- und Hämostaseforschung (GTH). schmerzen, neurologischen Symptomen oder ▶▶ Für die Meldungen von über das übliche Maß punktförmigen Hautblutungen umgehend hinausgehenden Impfreaktionen und -kompli ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen sollten. kationen soll das etablierte Verfahren verwen- ÄrztInnen sollten auf Anzeichen und Sympto- det werden (s. Kapitel 4.10 „Impfkomplikatio- me einer Thromboembolie in Kombination mit nen und deren Meldung“ in den STIKO-Impf einer Thrombozytopenie achten, wenn sich Pa- empfehlungen 2022; Meldeformular des PEI). tientInnen vorstellen, die kürzlich mit Vektor- Regelmäßige Berichte des PEI zur Sicherheit basierten COVID-19-Impfstoffen geimpft wur- von COVID-19-Impfstoffen sind hier zu finden. A) Personen im Alter ≥ 60 Jahren B) Personen im Alter ab 18 Jahren mit Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben, z. B. ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz bzw. Immun ▶▶ Chronische neurologische Erkrankungen suppression (z. B. HIV-Infektion, Z. n. Organtransplantation mit ▶▶ Demenz oder geistige Behinderung immunsuppressiver Therapie) ▶▶ Psychiatrische Erkrankungen ▶▶ Autoimmunerkrankungen, inkl. rheumatologische Erkrankungen ▶▶ Stoffwechselerkrankungen, inkl. Adipositas mit Body Mass Index ▶▶ Chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (BMI) > 30 kg/m2 und Diabetes mellitus ▶▶ Chronische Krankheiten der Atmungsorgane ▶▶ Trisomie 21 ▶▶ Chronische Lebererkrankungen, inkl. Leberzirrhose ▶▶ Krebserkrankungen unter immunsuppressiver, antineoplastischer ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen Therapie ▶▶ Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen C) Frauen im gebärfähigen Alter, noch ungeimpfte Schwangere ab dem 2. Trimenon sowie noch ungeimpfte Stillende D) Kinder und Jugendliche im Alter von 6 Monaten bis 17 Jahren mit Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19- Verläufe haben ▶▶ Adipositas (> 97. Perzentile des BMI) ▶▶ Chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante ▶▶ Diabetes mellitus, wenn nicht gut eingestellt bzw. mit HbA1c-Wert Immunsuppression > 9,0 % im Alter ≥ 5 Jahre ▶▶ Angeborene zyanotische Herzfehler (O -Ruhesättigung < 80 %) und ▶▶ Frühgeborene im Alter < 2 Jahre 2 Einkammerherzen nach Fontan- ▶▶ Schweres oder unkontrolliertes Asthma bronchiale im Alter ≥ 5 Jahre Operation ▶▶ Schwere Herzinsuffizienz ▶▶ Chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden Einschrän- ▶▶ Schwere pulmonale Hypertonie kung der Lungenfunktion unterhalb der 5. Perzentile, definiert als ▶▶ Syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung z-Score-Wert < –1,64 für die forcierte Einsekundenkapazität (FEV1) ▶▶ Trisomie 21 oder Vitalkapazität (FVC). ▶▶ Tumorerkrankungen und maligne hämatologische Erkrankungen ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen E) BewohnerInnen und Betreute in Einrichtungen der Pflege sowie Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe F) Enge Kontaktpersonen von Schwangeren oder Personen mit einem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe G) Personen, die arbeitsbedingt besonders exponiert sind, engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, oder Personen in Schlüsselpositionen, z. B. ▶▶ Personal mit erhöhtem Expositionsrisiko in medizinischen ▶▶ Tätige in Gemeinschaftsunterkünften Einrichtungen ▶▶ Medizinisches Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) ▶▶ Personal mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen in medizini- ▶▶ LehrerInnen und ErzieherInnen schen Einrichtungen ▶▶ Beschäftigte im Einzelhandel ▶▶ Pflegepersonal und andere Tätige in der ambulanten und stationären ▶▶ Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit Altenpflege oder Versorgung von Personen mit Demenz oder geistiger ▶▶ Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregierungen Behinderung ▶▶ Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur Tab. 3 | Personen mit besonderer Indikation für eine COVID-19-Impfung z. B. aufgrund eines erhöhten Infektionsrisikos oder des Risikos für einen schweren Verlauf (Gruppen und Vorerkrankungen sind nicht nach Relevanz geordnet.) (Stand: 17.11.2022)
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 10 Grundimmunisierung Auffrischimpfung2,9 Personengruppe Empfohlener Empfohlener 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Impfabstand 3. Impfstoffdosis Abstand zur (Wochen)1 2. Impfstoffdosis6 6 Monate bis 4 Jahre 3-malige Corminaty-Impfung im Abstand von 0-3-8 Wochen mit Vorerkrankungen (Mindestabstand zur jeweils vorangegangenen Impfung) – (s. Tab. 3) Spikevax (25µg)8 Spikevax (25µg)8 ≥ 4 Wochen 5 – 11-Jährige mit Vorerkran- Comirnaty (10 µg) Comirnaty (10 µg) 3–6 Comirnaty (10 µg) ≥ 6 Monate4 kungen (s. Tab. 3) Spikevax (50 µg)8 Spikevax (50 µg)8 4–6 Spikevax (50 µg)8 Comirnaty (10 µg) gesunde 5 – 11-Jährige – – – – Spikevax (50 µg)8 Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 12 – 17-Jährige ≥ 6 Monate Nuvaxovid Nuvaxovid ≥3 Comirnaty Original/Omicron Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 BA.1 oder Comirnaty Original/ Nuvaxovid Nuvaxovid ≥3 Omicron BA.4/53 18 – 29-Jährige COVID-19-Impf- COVID-19-Impfstoff ≥4 stoff Valneva Valneva Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 30 – 59-Jährige Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) 4–6 Nuvaxovid Nuvaxovid ≥3 COVID-19-Impf- COVID-19-Impfstoff 30 – 50-Jährige ≥4 stoff Valneva Valneva Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 Comirnaty Original/Omicron Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) 4–6 BA.1 oder Comirnaty Original/ Comirnaty (30 µg) Omicron BA.4/5 oder Spikevax ≥ 6 Monate Vaxzevria Spikevax (100 µg) bivalent Original/Omicron Optimierung der BA.1, Spikevax bivalent Grundimmunisie- Original/Omicron BA.4/52,3 ≥ 60-Jährige JCOVDEN rung mit Comirntay ≥4 (vormals (30 µg), Spikevax COVID-19 (100 µg), Nuvaxovid Vaccine Janssen) oder COVID-19-Impf- stoff Valneva Nuvaxovid Nuvaxovid ≥3 Comirnaty Original/Omicron Schwangere jeden Alters ab Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 BA.1 oder Comirnaty Original/ dem 2. Trimenon5 Omicron BA.4/5 Personen, die mit einem inaktivierten Ganzvirusimpfstoff (Covaxin/BBV152 [Bharat Biotech], Covilo [Sinopharm] oder CoronaVac [Sinovac]) oder mit dem Vektor-basierten Impfstoff Sputnik V (Gamaleja) vorgeimpft sind Empfehlung zur Grundimmunisierung Empfehlung zur Auffrischimpfung2,9 Bereits erfolgte Impfung(en) Empfohlener Empfohlener 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Impfabstand 3. Impfstoffdosis Abstand zur (Wochen)1 2. Impfstoffdosis Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 Spikevax (100 µg)7 Spikevax (100 µg)7 Alter ≥ 12 Jahre: Comirnaty 1 Impfstoffdosis Nuvaxovid Nuvaxovid ≥3 Original/Omicron BA.1 oder COVID-19-Impf- COVID-19-Impfstoff Comirnaty Original/Omicron ab 4 BA.4/5; stoff Valneva10 Valneva10 ≥ 6 Monate keine erneute Grundimmunisierung Alter ≥ 30 Jahre: Spikevax ≥ 2 Impfstoffdosen – bivalent Original/Omicron notwendig BA.1, Spikevax bivalent Personen, die einen anderen Erneute Grundimmuniserung mit einem Original/Omicron BA.4/5 in der EU nicht zugelassenen ab 4 in der EU zugelassenen Impfstoff Impfstoff erhalten haben Tab. 4 | Von der STIKO empfohlene Impfstoffe und Impfabstände zur Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung von Immungesunden gegen COVID-19 (Stand: 17.11.2022) 1 Sollte der empfohlene Abstand zwischen der 1. und 2. Impfstoffdosis überschritten worden sein, kann die Impfserie dennoch fortgesetzt werden und muss nicht neu begonnen werden. 2 Bestehen produktspezifische medizinische Kontraindikationen gegen die Verwendung von Comirnaty bzw. Spikevax, kann Nuvaxovid oder JCOVDEN (vormals COVID-19 Vaccine Janssen) verwendet werden. 3 Nuvaxovid ist inzwischen auch für die Auffrischimpfung zugelassen. Die STIKO wird die Daten evaluieren und die Empfehlungen ggf. anpassen. 4 Eine 1. Auffrischimpfung wird für Kinder mit Vorerkrankungen im Abstand von ≥ 6 Monaten nach abgeschlossener Grundimmunisierung und für Kinder mit Immundefizienz im Abstand von ≥ 3 Monaten nach abgeschlossener Grundimmunisierung empfohlen. 5 Wenn die Schwangerschaft nach bereits verabreichter 1. Impfstoffdosis festgestellt wurde, sollte die 2. Impfstoffdosis erst ab dem 2. Trimenon verabreicht werden. 6 In begründeten Einzelfällen kann der Impfabstand auf 4 Monate reduziert werden. 7 Die Verwendung von Spikevax (100 µg) ist erst ab dem Alter ≥ 30 Jahren und nicht in der Schwangerschaft empfohlen. 8 Im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren wird präferenziell Comirnaty in der altersspezifischen Formulierung empfohlen. Die Verwendung von Spikevax ist möglich. 9 Präferenziell sind im Alter > 12 Jahren Omikron-adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe empfohlen; es kann jedoch auch alternativ der monovalente mRNA-Impfstoff Comirnaty (30 µg) oder Spikevax (50 µg) verwendet werden. 10 COVID-19-Impfstoff Valneva ist nur zur Grundimmunisierung im Alter von 18 – 50 Jahren zugelassen.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 11 4. Ereignis Empfohlener Abstand zum Personengruppe (weitere Auffrischimpfung)1 vorangegangenen Ereignis Personen ab dem Alter von 60 Jahren Comirnaty Original/Omicron BA.1 oder Comirnaty ≥ 6 Monate4 BewohnerInnen in Einrichtungen der Pflege sowie Original/Omicron BA.4/5 oder Spikevax bivalent Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Original/Omicron BA.1, Spikevax bivalent Original/ Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe Omicron BA.4/52,3,5 Personen mit ID im Alter von 5 Jahren Corminaty (10 μg) Personen mit ID im Alter von 6 –11 Jahren Corminaty (10 μg) oder Spikevax (50 µg)3 Comirnaty Original/Omicron BA.1 oder Comirnaty ≥ 3 Monate Original/Omicron BA.4/5 oder Spikevax bivalent Personen mit ID ab dem Alter von ≥ 12 Jahren Original/Omicron BA.1, Spikevax bivalent Original/ Omicron BA.4/52,5 5 – 11 Jahre: Comirnaty (10 µg) Personen im Alter ab 5 Jahren mit Grunderkrankungen, ≥ 12 Jahre: Comirnaty Original/Omicron BA.1 oder die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe Comirnaty Original/Omicron BA.4/5 oder Spikevax haben (s. o.) bivalent Original/Omicron BA.1, Spikevax bivalent ≥ 6 Monate4 Original/Omicron BA.4/52,3,5 Comirnaty Original/Omicron BA.1 oder Comirnaty Personal in medizinischen Einrichtungen und Pflegeein- Original/Omicron BA.4/5 oder Spikevax bivalent richtungen, insbesondere solchen mit direktem Original/Omicron BA.1, Spikevax bivalent Original/ PatientInnen- bzw. BewohnerInnenkontakt Omicron BA.4/52,5 Tab. 5 | Empfehlungen zu Indikationsgruppen, Impfstoffen und Impfabständen zur weiteren Auffrischimpfung gegen COVID-19 (Stand: 17.11.2022). ID = Immundefizienz 1 Bestehen produktspezifische medizinische Kontraindikationen gegen die Verwendung von Comirnaty bzw. Spikevax, kann Nuvaxovid verwendet werden. 2 Die Verwendung von Spikevax ist ab dem Alter ≥ 30 Jahren, aber nicht in der Schwangerschaft empfohlen. 3 Im Alter von 6 – 11 Jahren wird präferenziell Comirnaty (10 µg) empfohlen. Die Verwendung von Spikevax (50 µg) ist möglich. 4 Bei immungesunden Personen ist ein längerer Impfabstand für den Langzeitschutz immunologisch günstiger. In begründeten Einzelfällen kann die weitere Auffrischimpfung bereits nach frühestens 4 Monaten erwogen werden. 5 Präferenziell sind Omikron-adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe empfohlen; es kann jedoch auch alternativ der monovalente mRNA-Impfstoff Comirnaty (30 µg) oder Spikevax (50 µg) verwendet werden. Auffrischimpfung (Empfohle- Schema der durchgeführten Grundimmunisierung Optimierung der ner Abstand ≥ 6 Monate zur Personen- Grundimmunisierung im 2. Impfstoffdosis) gruppe Abstand von ≥ 4 Wochen 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis 3. Impfstoffdosis Vaxzevria Vaxzevria mRNA-Impfstoff Vektor-basierter Impfstoff Vaxzevria Comirnaty Original/Omicron JCOVDEN (vormals COVID-19 JCOVDEN (vormals BA.1 oder Vaccine Janssen) COVID-19 Vaccine Janssen) Comirnaty Original/Omicron JCOVDEN (vormals BA.4/5 oder Spikevax bivalent ≥ 18-Jährige Vaxzevria COVID-19 Vaccine Janssen) keine Original/Omicron BA.1, Spikevax bivalent Original/ Vaxzevria Comirnaty (30 µg) Omicron BA.4/5 Vaxzevria oder mRNA-Impfstoff (≥ 30-Jährige)1,2,4 oder JCOVDEN (vormals Nuvaxovid COVID-19 Vaccine Janssen) Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) Comirnaty (30 µg) Comirnaty Original/Omicron BA.1 oder ≥ 18 – 29-Jährige Nuvaxovid – Comirnaty Original/Omicron COVID-19-Impfstoff BA.4/52,4 Valneva3 JCOVDEN (vormals COVID-19 Comirnaty (30 µg) oder Comirnaty Original/Omicron Vaccine Janssen) Spikevax (100 µg) im BA.1 oder Abstand von ≥ 4 Wochen Comirnaty Original/Omicron ≥ 30 – 59-Jährige – Nuvaxovid BA.4/5 oder Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1, COVID-19-Impfstoff Spikevax bivalent Original/ Valneva3 Omicron BA.4/51,2,4 Tab. 6 | Vorgehen zur 1. Auffrischimpfung gegen COVID-19 bei Impfschemata, die von den aktuellen STIKO-Empfehlungen zur Grundimmunisierung abweichen (Stand: 06.10.2022) 1 Im Alter von 18 – 29 Jahren und bei Schwangeren soll nur Comirnaty eingesetzt werden. 2 Bestehen produktspezifische medizinische Kontraindi- kationen gegen die Verwendung von Comirnaty bzw. Spikevax, kann Nuvaxovid verwendet werden. Nuvaxovid ist inzwischen auch für die Auffrischimpfung zugelassen. Die STIKO wird die Daten evaluieren und die Empfehlungen ggf. anpassen. 3 COVID-19-Impfstoff Valneva ist nur für die Grundimmunisierung im Alter von 18 – 50 Jahren zugelassen. 4 Präferenziell sind Omikron-adaptierte bivalente mRNA-Impfstoffe empfohlen; es kann jedoch alternativ der monovalente mRNA-Impfstoff Comirnaty (30 µg) oder Spikevax (50 µg) verwendet werden.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 12 4. STIKO-Empfehlungen nach Alters- ändert vor schweren COVID-19-Verläufen schützen. bzw. Personengruppen Für 5 – 11-Jährige mit einer entsprechenden Indika Eine Übersicht zu den altersentsprechenden tion zur Auffrischimpfung muss weiterhin der zuge- COVID-19-Impfempfehlungen der STIKO gibt lassene herkömmliche, monovalente mRNA-Impf- Tabelle 2. stoff verwendet werden (Comirnaty; 10 µg). Personen, die mit einem nicht in der EU zugelas 5. Personen mit besonderer Indikation senen, inaktivierten Ganzvirusimpfstoff (Covaxin/ für eine COVID-19-Impfung aufgrund BBV152 [Bharat Biotech], Covilo [Sinopharm] oder eines erhöhten Infektionsrisikos oder des CoronaVac [Sinovac]) oder mit dem Vektor-basierten Risikos für einen schweren Verlauf Impfstoff Sputnik V (Gamaleja) mindestens 2-mal Bestimmte Vorerkrankungen und das zunehmende geimpft worden sind, erhalten eine 1-malige Auf Alter sind Risikofaktoren (s. Tab. 3) für einen schwe- frischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff im Min- ren Krankheitsverlauf. destabstand von 6 Monaten zur letzten Impfung. Hingegen ist nach einer nur 1-maligen Impfung mit einem der nicht in der EU zugelassenen Impfstoffe 6. Impfschemata nach Alters- bzw. eine vollständige neue Impfserie notwendig (s. Personengruppen Tab. 4). Das von der STIKO empfohlene Vorgehen zur Grundimmunisierung und zu Auffrischimpfungen Für folgende Personengruppen ist die 2. Auffrisch ist in Tabelle 4, Tabelle 5 und Tabelle 6 abgebildet. impfung empfohlen: Ob und ggf. wann nach Ende der pandemischen Si- ▶▶ Personen mit Immundefizienz (ID) ab dem Al- tuation für die Allgemeinbevölkerung weitere Auf- ter von 5 Jahren frischimpfungen empfohlen werden, kann derzeit ▶▶ BewohnerInnen in Einrichtungen der Pflege noch nicht gesagt werden. sowie Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrich- Für die 2. Impfstoffdosis der Grundimmunisierung tungen der Eingliederungshilfe soll grundsätzlich der Impfstoff verwendet werden, ▶▶ Personal in medizinischen Einrichtungen und mit dem die Impfserie begonnen wurde. Pflegeeinrichtungen, insbesondere solche mit direktem PatientInnen- bzw. BewohnerInnen- Auch wenn für die Grundimmunisierung nicht oder kontakt nicht mehr von der STIKO empfohlene Impfstoffe ▶▶ Personen im Alter ab 60 Jahren bzw. Impfschemata zur Anwendung gekommen ▶▶ Personen im Alter ab 5 Jahren mit erhöhtem sind, empfiehlt die STIKO für die Durchführung Risiko für schwere COVID-19-Verläufe infolge von Auffrischimpfungen im Alter ≥ 12 Jahren präfe- einer Grunderkrankung renziell einen Omikron-adaptierten bivalenten mRNA-Impfstoff (Comirnaty Original/Omicron In Analogie zur Indikationsimpfung gegen Influen- BA.1, Comirnaty Original/Omicron BA.4/5 oder za gehören zu den Grunderkrankungen mit einem Spikevax bivalent Original/Omicron BA.1, Spikevax erhöhten Risiko für schwere COVID-19-Verläufe (s. bivalent Original/Omicron BA.4/5) zu verwenden. Tab. 3) z. B.: Die Verwendung von Spikevax, Spikevax bivalent ▶▶ Chronische Erkrankungen der Atmungsorgane Original/Omicron BA.1 und Spikevax bivalent Origi- (inklusive Asthma bronchiale und chronisch nal/Omicron BA.4/5 ist erst ab dem Alter ≥ 30 Jah- obstruktive Lungenerkrankung [COPD]) ren und nicht in der Schwangerschaft empfohlen. ▶▶ Chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nie- Die STIKO betrachtet in der Altersgruppe ≥ 30 Jahre renerkrankungen die beiden mRNA-Impfstoffe als gleichwertig. Auch ▶▶ Diabetes mellitus und andere Stoffwechsel die bisherigen monovalenten mRNA-Impfstoffe erkrankungen Comirnaty und Spikevax können für die Auffrisch ▶▶ Chronische neurologische Erkrankungen impfung weiterhin eingesetzt werden, da sie unver-
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 13 Infektions- bzw. Impfanamnese Weiteres Vorgehen bei der COVID-19-Immunisierung 1. Ereignis 2. Ereignis Abstand zw. 3. Ereignis Abstand zw. Grundimmunisierung3 Auffrisch- 1. u. 2. Ereignis 2. u. 3. Ereignis impfung3 Bei PCR-Nachweis1 1 Impfstoffdosis in der Regel 3 Monate2 nach Infektion; – – Bei serologischem Nachweis1 1 Impfstoffdosis im Mindestabstand von 4 Wochen zur Labordiagnose 1 Impfstoffdosis in der Regel < 3 Monate – 3 Monate2 nach der 2. mittels PCR nachgewiesenen Infektion – SARS-CoV-2- Infektion Auffrischimp- SARS-CoV-2- Keine weitere Impfstoffdosis zur fung nach den ≥ 3 Monate < 3 Monate Infektion Grundimmunisierung notwendig bestehenden Empfehlungen SARS-CoV-2- ≥ 3 Monate Infektion5 SARS-CoV-2- Infektion Eine weitere Impfstoffdosis in der < 4 Wochen – Regel ≥ 3 Monate nach der 1. Impfstoffdosis6 ≥ 4 Wochen – 2. Impfstoff- < 4 Wochen < 3 Monate 1. Impfstoff- dosis dosis Keine weitere Impfstoffdosis zur Auffrischimp- Grundimmunisierung notwendig fung nur für Personen, die 2. Impfstoff- eine Indikation ≥ 4 Wochen ≥ 3 Monate dosis für eine weitere Auffrischimp- fung haben (s. Tab. 5) Bei PCR-Nachweis1 1 Impfstoffdosis in der Regel 3 Monate2 nach Infektion; < 4 Wochen – Bei serologischem Nachweis1 Auffrischimp- SARS-CoV-2- 1 Impfstoffdosis im Abstand von fung nach den Infektion 4 Wochen zur Labordiagnose bestehenden Empfehlungen ≥ 4 Wochen – 1. Impfstoff- < 3 Monate dosis Auffrischimp- Keine weitere Impfstoffdosis zur fung nur für 2. Impfstoff- ≥ 3 bzw. SARS-CoV-2- Grundimmunisierung notwendig Personen, die dosis ≥ 4 Wochen4 Infektion eine Indikation ≥ 3 Monate für eine weitere Auffrischimp- fung haben (s. Tab. 5) Tab. 7 | Empfehlungen zum weiteren Vorgehen hinsichtlich der COVID-19-Immunisierung bei verschiedenen Impf- und Infektionsanamnesen von immungesunden Personen (Stand: 17.11.2022) 1 Der Nachweis einer gesicherten, durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion kann durch direkten Erregernachweis (PCR) zum Zeitpunkt der Infektion oder durch den Nachweis von spezifischen Antikörpern erfolgen, die eine durchgemachte Infektion beweisen. Die labordiagnostischen Befunde sollen in einem nach der Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung labormedizinischer Untersuchungen (RiLiBÄK) arbeitenden oder nach DIN EN ISO 15189 akkreditierten Labor erhoben worden sein. 2 Die Gabe der Impfstoffdosis ist bereits ab 4 Wochen nach Ende der COVID-19-Symptome möglich, um rasch einen verbesserten Impfschutz aufzubauen. Ein längerer Impfabstand erscheint dagegen für die Höhe und Dauer des Impfschutzes vorteilhaft. 3 Für die 2. Impfstoffdosis der Grundimmunisierung soll grundsätzlich der Impfstoff verwendet werden, mit dem die Impfserie begonnen wurde. Für die Auffrischimpfung soll ein mRNA-Impfstoff verwendet werden. Die STIKO betrachtet in der Altersgruppe ≥ 30 Jahre die beiden mRNA-Impfstoffe als gleichwertig. 4 In Abhängigkeit vom für den jeweiligen Impfstoff zugelassenen Impfintervall für die Grundimmunisierung: ≥ 3 Wochen (Comirnaty und Nuvaxovid) oder ≥ 4 Wochen (andere COVID-19-Impfstoffe). 5 Zum Erreichen einer hybriden Immunität wird auch Personen, die 3 oder mehr SARS-CoV-2-Infektionen durchgemacht haben, die Auffrisch impfung empfohlen. 6 Eine weitere Impfstoffdosis ist in diesem Fall aufgrund der kürzlich durchgemachten Infektion in einem Abstand von ≥ 3 Monate nach der 1. Impfstoffdosis empfohlen.
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 14 ▶▶ Angeborene oder erworbene ID (inkl. Patient haben immunologische Untersuchungen und kli- Innen mit neoplastischen Krankheiten) nische Beobachtungsstudien ergeben, dass ein so- ▶▶ HIV-Infektion lider Schutz vor Infektion und schwerer Erkran- kung durch SARS-CoV-2-Varianten erst durch eine Bei Schwangeren mit Grunderkrankungen, die eine mehrmalige Auseinandersetzung mit dem Spike- Indikation für eine 2. Auffrischimpfung haben, soll protein von SARS-CoV-2 zu erlangen ist. Dies kann ebenfalls präferenziell ein Omikron-adaptierter durch eine 3-malige Impfung oder durch eine Kom- bivalenter Impfstoff von Comirnaty für die Auf bination von natürlicher Infektion und Impfung frischimpfung verwendet werden (Comirnaty Origi- (hybride Immunität) erreicht werden. Daher sollen nal/Omicron BA.1, Comirnaty Original/Omicron auch Personen mit einer oder mehreren zurücklie- BA.4/5). genden SARS-CoV-2-Infektionen geimpft werden. Die chronologische Abfolge des Auftretens der drei Zu Impfungen von Personen mit ID siehe „Empfeh- immunologischen Ereignisse (SARS-CoV-2-Infek lung für Personen mit Immundefizienz (ID)“ weiter tion bzw. COVID-19-Impfung) ist dabei wahr- unten (s. Tab. 8 und Tab. 9). scheinlich unerheblich. Personen der in Tabelle 5 genannten Gruppen, die Zwischen den jeweiligen Ereignissen muss jedoch in einem Abstand von > 3 Monaten nach der 1. Auf- ein zeitlicher Mindestabstand bestehen, damit diese frischimpfung eine SARS-CoV-2-Infektion durchge- als getrennte, immunologisch wirksame Ereignisse macht haben, wird vorerst keine 2. Auffrischimp- bewertet werden können. Folgende Grundregeln fung empfohlen. Tritt die Infektion in einem Ab- sollten beachtet werden: stand von ≤ 3 Monaten auf, wird sie nicht als unab- 1. Der Mindestabstand zwischen der 1. und der hängiges immunologisches Ereignis gewertet. Die 2. Impfung beträgt 3 (Comirnaty, Nuvaxovid) indizierte 2. Auffrischimpfung soll in diesem Fall bzw. 4 Wochen (andere COVID-19-Impfstoffe). mit einem Abstand von mindestens 3 Monaten bei 2. Zwischen zwei aufeinanderfolgenden SARS- Immundefizienten bzw. 6 Monaten bei Immunge- CoV-2-Infektionen muss ein Abstand von sunden nach der Infektion verabreicht werden > 3 Monaten liegen. 3. Die STIKO empfiehlt seit August 2022 (s. 21. Bei besonders gefährdeten Personen (z. B. Hochbe- Aktualisierung), zwischen einer durchgemach- tagten, BewohnerInnen von Altenpflegeheimen, ten SARS-CoV-2-Infektion und einer nachfol- Immundefizienten) kann es unter Berücksichti- genden COVID-19-Impfung einen Abstand von gung der bisherigen SARS-CoV-2-Antigenexpositio- > 3 Monaten einzuhalten. nen (Infektion/Impfung) u. a. aufgrund der Immu- 4. Der Mindestabstand zwischen zweitem und noseneszenz sinnvoll sein, nach dem 4. Ereignis drittem Ereignis beträgt 3 Monate. (z. B. 2. Auffrischimpfung) noch eine weitere Impf- 5. Wird der Mindestabstand zwischen zwei Ereig- stoffdosis im Abstand von 6 Monaten zum vorange- nissen unterschritten, wird in der Regel nur das gangenen Ereignis zu verabreichen. Die Indikation spätere Ereignis als immunologisch wirksames sollte unter Berücksichtigung des Gesundheitszu- Ereignis gewertet. stands und der G efährdung individuell durch die 6. Zum Erreichen einer bestmöglichen Immuni- behandelnden ÄrztInnen getroffen werden. tät wird auch ungeimpften Personen, die drei oder mehr SARS-CoV-2-Infektionen durchge- macht haben, eine Auffrischimpfung empfoh- 7. Impfung von Personen mit durch len (hybride Immunität). gemachter SARS-CoV-2-Infektion und bisher unvollständiger Immunisierung Basierend auf diesen Grundregeln ist in Tabelle 7 Die STIKO geht davon aus, dass eine durchge- für verschiedene Impf- und Infektionsanamnesen machte symptomatische oder asymptomatische (linke Spalten) das weitere Vorgehen mit den jeweils SARS-CoV-2-Infektion nicht ausreicht, um spätere nötigen Immunisierungen (rechte Spalten) zusam- COVID-19-Erkrankungen zu verhindern. Vielmehr mengefasst. Die STIKO weist ausdrücklich darauf
Epidemiologisches Bulletin 46 | 2022 17. November 2022 15 Serologische Überprüfung Therapie bzw. Grunderkrankung der Impfantwort ≥ 4 Wochen nach Impfung Therapien mit erwartbar geringer Einschränkung der Impfantwort (Beispiele) Apremilast, Dimethylfumarat, Glatirameracetat, Typ I Interferon (IFN-β)1 Systemische, kurzzeitige (< 2 Wochen) Glukokortikoidtherapie mit niedriger Dosierung (Erwachsene: < 10 mg Prednisolonäquivalent/Tag, Kinder: < 0,2 mg Prednisolonäquivalent/kg/Tag)2 Niedrig-potente Immunsuppressiva: Methotrexat (MTX) (Erwachsene: ≤ 20 mg/Wo; Kinder: ≤ 15 mg/m2 KOF/Woche), Ciclosporin (Kinder und Erwachsene: ≤ 2,5 mg/kg/Tag), Nein Leflunomid (Erwachsene: ≤ 20 mg/Tag, Kinder: ≤ 0,5 mg/kg/Tag), Azathioprin (< 3 mg/kg/Tag) JAK-Inhibitoren, z. B. Tofacitinib (Erwachsene: ≤ 5 – 10 mg/Tag) Einige niedrig-potente Biologika (z. B. Anti-TNF [Infliximab] bei niedriger Dosierung [≤ 3 mg/kg alle 8 Wochen]; Antikörper gegen IL-1 [z. B. Canakinumab], IL-6R [z. B. Toculizumab], IL-17A [z. B. Secukinumab], IL-23 [z. B. Risankizumab]; Anti-B-Lymphozyten-Stimulator [anti-BLyS/BAFF; Belimumab]) Erkrankungen mit erwartbar geringer Einschränkung der Impfantwort (Beispiele) Autoimmunkrankheiten (unbehandelt): z. B. rheumatoide Arthritis, Systemischer Lupus erythematodes, Multiple Sklerose Nein Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen HIV-Infektion mit > 200 CD4+-Zellen und ohne nachweisbare Viruslast Therapien mit relevanter Einschränkung der Impfantwort (Beispiele) Systemische Glukokortikoidtherapie mit intermediärer Dosierung (10 – 20 mg Prednisolonäquivalent/Tag, > 2 Wochen) oder hoher Dosierung (> 1 mg Prednisolonäquivalent/kg/Tag, > 2 Wochen) oder i. v. Stoßtherapie mit sehr hohen Dosen (z. B.10 – 20 mg/kg/Tag Prednisolonäquivalent über 3 – 5 Tage in monatlicher Wiederholung) MTX: Erwachsene: > 20 mg/Woche; Kinder: > 15 mg/m2 KOF/Woche Azathioprin (≥ 3 mg/kg/Tag) Ja Cyclophosphamid Mycophenolat-Mofetil Biologika mit schwerer immunsuppressiver Wirkung (z. B. Biologika mit B-Zell-depletierender Wirkung wie anti-CD20-Antikörper [Ocrelizumab, Rituximab]; CTLA4-Ig [Abatacept], Fingolimod) Erkrankungen, die direkt oder infolge der notwendigen Therapie mit einer relevanten Einschränkung der Impfantwort einhergehen (Beispiele) Schwere primäre (angeborene) Immundefekte Z. n. Transplantation eines soliden Organs Z. n. Stammzelltransplantation (mit noch unvollständiger Rekonstitution) HämodialysepatientInnen Ja Krebserkrankungen unter immunsuppressiver, antineoplastischer Therapie HIV-Infektion mit ≤ 200 CD4+-Zellen und/oder nachweisbarer Viruslast Tab. 8 | Orientierende Einordnung des Grades der Immundefizienz und serologische Kontrolle nach COVID-19-Impfung in Abhängigkeit des erwarteten Impfansprechens (Stand: 17.11.2022). Beispiele häufiger Erkrankungen bzw. häufig verwendeter Therapeutika mit unterschiedlich starker immunsuppressiver Wirkung (der Grad der Immundefizienz ist nicht nur vom Arzneimittel, sondern auch von patientInneneigenen Faktoren abhängig). Die Aufzählung in der Tabelle ist nicht abschließend. KG = Kilogramm Körpergewicht; KOF = Körperoberfläche 1 Die suppressive Wirkung dieser Substanzen auf die Immunantwort nach anderen Impfungen ist nach gegenwärtiger Studienlage variabel oder – wie im Falle der COVID-19-mRNA-Impfung – nur eingeschränkt untersucht.5–7 2 Lokale (z. B. intraartikuläre Injektionen) oder topische Glukokortikoidapplikationen gelten nicht als systemische Gabe.
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