Kampf gegen Steuerstraftaten - Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIUs) - Ex-post-Folgenabschätzung - europa.eu
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Kampf gegen Steuerstraftaten – Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIUs) Ex-post- Folgenabschätzung
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Kampf gegen Steuerstraftaten: Ex-post- Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIUs - Financial Intelligence Units) Studie Als Reaktion auf die Veröffentlichung der sogenannten Panama-Papiere hat das Europäische Parlament am 8. Juni 2016 beschlossen, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um mutmaßliche Verstöße gegen das Unionsrecht und Missstände bei dessen Anwendung im Zusammenhang mit Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zu prüfen (PANA-Untersuchungsausschuss). Das Referat Ex-post- Folgenabschätzungen (IMPT) der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst (GD EPRS) wurde in einem Beschluss der PANA-Koordinatoren vom 12. Oktober 2016 ersucht, eine Studie zu folgendem Thema vorzulegen: Kampf gegen Steuerstraftaten: Ex-post- Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen (FIUs) auf europäischer und internationaler Ebene. Die Studie gliedert sich in zwei Teile: (1) eine vom Referat Ex-post-Folgenabschätzungen der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst intern erstellte einleitende Analyse, die die FIUs in der EU und den EU-Rechtsrahmen zum Gegenstand hat, und (2) eine extern erstellte vergleichende Analyse, die sich auf die FIUs in Kanada, Frankreich, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich konzentriert. Zusammenfassung Seit Mitte der 1990er Jahre hat die Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche auf internationaler Ebene zur Einrichtung zentraler Meldestellen (FIUs) auf nationaler Ebene geführt. Diese dienen als nationale Zentren für die Entgegennahme und Analyse von Meldungen verdächtiger Transaktionen. Sie sammeln und analysieren Daten, anhand deren Verbindungen zwischen verdächtigen finanziellen Transaktionen und illegalen Aktivitäten hergestellt werden können. Somit handelt es sich bei den FIUs um wichtige Akteure bei der Verhinderung von Geldwäsche. Des Weiteren ist der Informationsaustausch zwischen den FIUs angesichts der ausgeprägten grenzüberschreitenden Dimensionen der Geldwäsche von maßgeblicher Bedeutung, um sicherzustellen, dass illegale Geldströme ordnungsgemäß aufgedeckt und die Strafverfolgungsbehörden in der Folge Ermittlungen aufnehmen. In der vorliegenden Studie soll aufgezeigt werden, wie sich Rolle, Befugnisse und Tätigkeiten der FIUs bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität im Allgemeinen und von Steuerkriminalität im Besonderen sowohl auf europäischer als auch internationaler Ebene derzeit darstellen. PE 598.603 1
Ex-post-Folgenabschätzungen VERFASSERIN der einleitenden Analyse: Dr Amandine Scherrer, Referat Ex-post-Folgenabschätzungen VERFASSER der vergleichenden Analyse: Dr. Anthony Amicelle (International Centre for Comparative Criminology, Université de Montréal, Quebec, Kanada) mit Julien Berg (École de Criminologie, Université de Montréal) und Killian Chaudieu (École des sciences criminelles, Université de Lausanne, Schweiz) Die vergleichende Analyse wurde auf Ersuchen des Referats Ex-post- Folgenabschätzungen der Direktion Folgenabschätzungen und europäischer Mehrwert innerhalb der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst (GD EPRS) des Europäischen Parlaments erstellt. DANKSAGUNGEN Die Verfasser danken den Beamten der Europäischen Kommission, den Teilnehmern der FIU-Plattform sowie den Interessenträgern, die für die vorliegende Studie befragt wurden, für ihre hilfreichen Beiträge. VERANTWORTLICH Amandine Scherrer, Referat Ex-post-Folgenabschätzungen Um Kontakt mit dem Referat aufzunehmen, senden Sie bitte eine E-Mail an EPRS- ExPostImpactAsessment@ep.europa.eu ÜBER DEN HERAUSGEBER Dieses Dokument wurde vom Referat Ex-post-Folgenabschätzungen der Direktion Folgenabschätzungen und europäischer Mehrwert innerhalb der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst (GD EPRS) des Generalsekretariats des Europäischen Parlaments zusammengestellt. Um Kontakt mit dem Referat aufzunehmen, senden Sie bitte eine E-Mail an EPRS-ExPostImpactAssessment@ep.europa.eu SPRACHFASSUNGEN Original: EN Dieses Dokument ist auch online über folgende Website abrufbar: www.europarl.europa.eu/thinktank HAFTUNGSAUSSCHLUSS UND URHEBERRECHTSSCHUTZ Dieses Dokument wurde für die Mitglieder und Mitarbeiter des Europäischen Parlaments erarbeitet und soll ihnen als Hintergrundmaterial für ihre parlamentarische Arbeit dienen. Die Verantwortung für den Inhalt liegt ausschließlich bei den Verfassern dieses Dokuments. Die darin vertretenen Auffassungen entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung – außer zu kommerziellen Zwecken – mit Quellenangabe sind gestattet, sofern das Europäische Parlament vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird. Redaktionsschluss: März 2017. Brüssel, © Europäische Union, 2017 PE 598.603 ISBN 978-92-846-0701-3 doi:10.2861/2427 QA-02-17-248-EN-N PE 598.603 2
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Table of Contents Liste von Abkürzungen und Akronymen ..................................................................................... 5 List of tables and charts .................................................................................................................... 6 Methodik ............................................................................................................................................ 7 Teil I: Die zentralen Meldestellen in der EU und der geltende EU-Rechtsrahmen .......... 9 Wichtigste Ergebnisse ...................................................................................................................... 9 1. Die FIU im Kontext der internationalen Normen und EU Anforderungen ...................... 10 1.1. Einrichtung von FIUs im Umfeld der Bekämpfung der Geldwäsche .............................. 10 1.2. Grenzen und Möglichkeiten der Bewertung der Zusammenarbeit der FIUs bei der Bekämpfung von Steuerstraftaten ................................................................................................ 13 2. Strukturen, Ressourcen und Kooperationskanäle der zentralen Meldestellen .................. 16 2.1. Strukturelle Unterschiede ....................................................................................................... 16 2.2. Ressourcen ................................................................................................................................ 18 2.3. Meldungen verdächtiger Transaktionen: verschiedene Quellen und unterschiedliche Qualität ............................................................................................................................................. 19 2.4. Kooperationskanäle ................................................................................................................. 22 2.5. Zusammenarbeit und Informationsaustausch zwischen FIUs .......................................... 23 3. Hauptprobleme bei der Bekämpfung von Steuerstraftaten durch die zentralen Meldestellen....................................................................................................................... 25 3.1. Auf nationaler Ebene: Zusammenarbeit zwischen zentralen Meldestellen und Steuerbehörden ............................................................................................................................... 25 3.2. Zugang zu Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer .................................... 28 3.3. Steuerbezogene Fälle als Hindernis für die europäische und die internationale Zusammenarbeit ............................................................................................................................. 30 3.4. Bewertung des Kulturwandels der Branche ........................................................................ 32 Part II: Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and United Kingdom .................................................................. 35 Executive summary ........................................................................................................................ 36 Introduction ..................................................................................................................................... 39 1. National financial intelligence units in practice ..................................................................... 41 1.1. ‘FININT’ – the evolution of priorities ................................................................................... 41 The (re)definition of dirty money ................................................................................................. 42 The (re)definition of FIU identity ................................................................................................. 45 1.2. Questioning reporting practices ............................................................................................ 52 Reporting suspicious transactions ................................................................................................ 53 Typology of suspicious transaction reports ................................................................................ 56 1.3. FININT in Numbers ................................................................................................................ 57 2. Transnational financial intelligence in practice ...................................................................... 70 2.1. European and international communication channels ....................................................... 70 The Egmont Secure Web ................................................................................................................ 71 FIU.NET 74 Other recognised cooperation channels ....................................................................................... 78 2.2. Financial intelligence cooperation in face of obstacles ....................................................... 78 PE 598.603 3
Ex-post-Folgenabschätzungen (Lack of) capacity to respond to FIU requests............................................................................. 79 (Lack of) spontaneous dissemination and ‘abusive’ restriction ............................................... 82 2.3. Information sharing in numbers ............................................................................................ 83 Conclusion ....................................................................................................................................... 87 References ........................................................................................................................................ 89 PE 598.603 4
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Liste von Abkürzungen und Akronymen CAD: Kanadischer Dollar CRA: Canada Revenue Agency (Kanadische Steuerverwaltungsbehörde) ESW: Egmont Secure Web EU: Europäische Union FATF: Financial Action Task Force (Arbeitsgruppe "Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung") FinCEN: Financial Crimes Enforcement Network (Finanzermittlungsbehörde), Vereinigte Staaten von Amerika FININT: Financial Intelligence (Ermittlungen im Finanzbereich) Fintrac: Financial Transactions and Reports Analysis Centre of Canada (Zentrum zur Untersuchung von Finanztransaktionen und -angaben in Kanada) FIU: Financial Intelligence Unit (Zentralstelle für Geldwäsche- Verdachtsanzeigen) HoFIUs: Head of Financial Intelligence Units (Leiter der Zentralstellen für Geldwäsche-Verdachtsanzeigen) ICO: Information Commissioner's Office (Datenschutzbehörde) IWF: Internationaler Währungsfonds MROS: Money Laundering Reporting Office Switzerland (Meldestelle für Geldwäscherei), Schweiz NCA: National Crime Agency (Nationales Kriminalamt), Vereinigtes Königreich Tracfin: Traitement du renseignement et action contre les circuits financiers clandestins (Geldwäschebehörde), Frankreich SAR: Suspicious Activity Report (Meldung verdächtiger Tätigkeiten) STR: Suspicious Transaction Report (Meldung verdächtiger Transaktionen) PE 598.603 5
Ex-post-Folgenabschätzungen List of tables and charts Tabelle 1 – EU-Rechtsrahmen: Die wichtigsten Bestimmungen in Bezug auf die EU-FIUs ........................................................................................................................................................ 13 Table 2 End-users with direct access to the UK FIU database ............................................... 49 Chart 1 Suspicious transactions reported to FIUs ................................................................... 58 Chart 2 Disclosures of FININT to national partners ............................................................... 60 Chart 3 Switzerland’s FIU: suspicious transaction reports by predicate offence ................ 61 Chart 4 Switzerland’s FIU: suspicious transaction reports by reporting entity .................. 63 Chart 5 France’s FIU: suspicious transaction reports by reporting entity ........................... 64 Chart 6 France’s FIU: disclosures of FININT to partners ....................................................... 65 Chart 7 UK FIU: suspicious transactions reports by reporting entity .................................. 67 Chart 8 Canada’s FIU: financial transactions reports ............................................................. 68 Chart 9 Canada’s FIU: disclosures of FININT to partners ..................................................... 68 Chart 10 FIUs in Canada, France, Switzerland and the UK: Inquiries received/sent ........ 83 Chart 11 France’s FIU: information exchanged ....................................................................... 84 Chart 12 UK FIU: information exchanged ................................................................................ 85 PE 598.603 6
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Methodik Die vorliegende Studie gliedert sich in zwei Teile: (1) eine vom Referat Ex-post- Folgenabschätzungen der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst intern erstellte einleitende Analyse zu den zentralen Meldestellen in der EU (EU-FIUs) und dem EU Rechtsrahmen und (2) eine extern erstellte vergleichende Analyse, die sich auf die FIUs in Kanada, Frankreich, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich konzentriert. Ziel der einleitenden Analyse ist es, den EU-Rechtsrahmen für die EU-FIUs und deren vorhandene Kapazitäten zur Bekämpfung der Steuerkriminalität zu analysieren. Es wird daher untersucht, inwieweit die auf die FIUs bezogenen Bestimmungen der dritten Geldwäscherichtlinie – die von den Mitgliedstaaten bis zum 15. Dezember 2007 umzusetzen waren – ordnungsgemäß zur Anwendung kommen. Zwar sind in der Studie auch die mit der Annahme der vierten Geldwäscherichtlinie im Jahr 2015 vorgenommenen Änderungen berücksichtigt, doch werden keine voreiligen Schlüsse hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anwendung dieser neuen Vorschriften gezogen, da die Mitgliedstaaten die vierte Richtlinie erst bis Ende Juni 2017 umsetzen müssen. Der Untersuchung des EU-Rahmens liegen verschiedene Quellen zugrunde, die für die Bewertung der Kapazitäten der EU-FIUs zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zum Informationsaustausch auf EU- und auf internationaler Ebene außerordentlich nützlich waren.1 In der einleitenden Analyse ist selbstverständlich auch die extern erstellte vergleichende Analyse berücksichtigt.2 Die vergleichende Analyse hat vier einzelne FIUs zum Gegenstand und untersucht die Unterschiede und die Probleme, auf die diese im Rahmen der transnationalen Zusammenarbeit bei Ermittlungen im Finanzbereich stoßen. Mit dieser Stichprobe, in der FIUs aus zwei EU-Mitgliedstaaten (Frankreich und dem Vereinigten Königreich), eine FIU eines europäischen Landes mit einem wichtigen Finanzplatz (Schweiz) und eine nordamerikanische FIU (Kanada) betrachtet werden, soll aufgezeigt werden, wie sich Rolle, Befugnisse und Tätigkeiten der FIUs bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität im Allgemeinen und von Steuerstraftaten im Besonderen derzeit darstellen. Die vergleichende Analyse stützt sich sowohl auf qualitative als auch auf quantitative Daten. Für ihre Erstellung wurden einerseits Dokumente ausgewertet (offizielle Berichte und Statistiken der Egmont-Gruppe, der EU, der FATF und der untersuchten FIUs) und andererseits teilstrukturierte Befragungen von Beamten der FIUs und Europols durchgeführt. 1 Hierzu gehören: der Abschlussbericht 2013 zum ECOLEF-Projekt (The Economic and Legal Effectiveness of Anti-Money Laundering and Combating Terrorist Financing Policy, mit Mitteln der Europäischen Kommission, GD "Inneres" finanziert); ein im Jahr 2015 veröffentlichter Bericht der OECD: Improving co-operation between tax and anti-money laundering authorities. Access by tax administrations to information held by financial intelligence units for criminal and civil purposes; ein für die FIU-Plattform erstellter Bericht (2017): Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information. 2Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and the United Kingdom. PE 598.603 7
Ex-post-Folgenabschätzungen Die gesamte Studie wurde intern von Mitarbeitern des Referats Ex-ante- Folgenabschätzungen (IMPA) der Generaldirektion Wissenschaftlicher Dienst fachlich begutachtet; die einleitende Analyse wurde darüber hinaus auch Vertretern der FIU- Plattform zur Stellungnahme vorgelegt. PE 598.603 8
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Teil I: Die zentralen Meldestellen in der EU und der geltende EU-Rechtsrahmen Wichtigste Ergebnisse Die zentralen Meldestellen der verschiedenen EU-Mitgliedstaaten unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Strukturen, Ressourcen und Befugnisse. Diese Unterschiede wirken sich auf die Art und Weise aus, in der die EU-FIUs Informationen sammeln und analysieren, und letztlich auch auf ihren Informationsaustausch untereinander: (1) Auf praktischer Ebene beeinflussen zeitliche Verzögerungen bei der Beantwortung von Ersuchen die Zusammenarbeit zwischen den FIUs negativ, und Qualität und Inhalt der Antworten sind nicht unbedingt hilfreich. (2) Nicht alle EU-FIUs sind befugt, Auskunftsersuchen an Banken und Finanzinstitute zu richten. Demzufolge kann die Fähigkeit einiger FIUs, Informationen von meldenden Stellen für ausländische FIUs einzuholen, unter Umständen beeinträchtigt sein. Im Zusammenhang mit Steuerstraftaten treten spezielle Probleme auf: (3) Steuerstraftaten wurden erst vor kurzem (in der vierten Geldwäscherichtlinie) als Vortaten für Geldwäsche anerkannt. Auch wenn in der Richtlinie ausdrücklich angegeben ist, dass Unterschiede zwischen den Definitionen von Steuerstraftaten in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dem Informationsaustausch zwischen den FIUs nicht entgegenstehen dürfen, kann die FIU-Zusammenarbeit nach wie vor aufgrund der Tatsache verweigert werden, dass sich die Definition und die Strafbewehrung von Vortaten für Geldwäsche in den einzelnen Mitgliedstaaten erheblich voneinander unterscheiden. (4) In einigen EU-Mitgliedstaaten fehlt für die gegenseitige Amtshilfe zwischen FIU und Steuerbehörden noch immer eine klare Übereinkunft und/oder Vereinbarung, um die Einhaltung der Steuervorschriften sicherzustellen. (5) Nicht alle EU-FIUs haben ausreichenden Zugang zu Informationen über die Inhaber von Bankkonten und die wirtschaftlichen Eigentümer. Nicht in allen EU-Mitgliedstaaten existieren zentrale Bankkontenregister. Zwar wird den EU-Mitgliedstaaten in der vierten Geldwäscherichtlinie nahegelegt, solche Systeme einzurichten, doch ist dies nicht verpflichtend. Was den Zugang zu Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer angeht, so sind nicht alle Mitgliedstaaten bislang der in der vierten Geldwäscherichtlinie niedergelegten Verpflichtung zur Einrichtung entsprechender Zentralregister nachgekommen. Derzeit können sich daher nur einige wenige EU-FIUs solche Informationen beschaffen. Zahlreiche EU-FIUs stimmen darin überein, dass dieses Fehlen zentraler nationaler Spezialdatenbanken problematisch ist. PE 598.603 9
Ex-post-Folgenabschätzungen 1. Die FIU im Kontext der internationalen Normen und EU Anforderungen 1.1. Einrichtung von FIUs im Umfeld der Bekämpfung der Geldwäsche Auf internationaler Ebene: Seit Anfang der 1990er Jahre Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche (anti-money laundering – AML) auf nationaler Ebene (insbesondere in den USA) entwickelt und auf internationaler Ebene verbreitet wurden, wurde die Einziehung der Erträge aus Straftaten in zunehmendem Maße als wichtiges Instrument zur Bekämpfung der Schwerkriminalität gesehen.3 Wie in einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 2004 über die FIUs4 hervorgehoben wird, stellten die Länder bei der Entwicklung ihrer Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche fest, dass die Strafverfolgungsbehörden nur begrenzten Zugang zu den einschlägigen Finanzinformationen hatten. Folglich "wurde deutlich, dass die Länder das Finanzsystem in ihre Strategien zur Bekämpfung der Geldwäsche einbeziehen und sich gleichzeitig darum bemühen mussten, die notwendigen Voraussetzungen für sein wirksames Funktionieren dauerhaft sicherzustellen"5. Die ersten FIUs wurden in den frühen 1990er Jahren eingerichtet, da eine Zentralstelle zur Entgegennahme, Analyse und Weitergabe von Finanzinformationen zur Bekämpfung der Geldwäsche erforderlich geworden war. 6 Die FIUs wurden als spezialisierte Einheiten geschaffen, die sich mit der Analyse verdächtiger finanzieller Transaktionen befassen, also mit anderen Aufgaben (Intelligence-Analyse) als die Verfolgung von Straftaten (im Gegensatz zu Verdachtsfällen). 1995 wurde auf Initiative der FIU der USA (FinCen) die "Egmont-Gruppe" (die eine Kerngruppe von FIUs umfasst) gegründet; ihr Name ist vom Egmont-Arenberg-Palais in Brüssel (Belgien) abgeleitet, in dem die erste Sitzung der Gruppe stattfand. Die Egmont- Gruppe war ursprünglich als internationales und informelles Netzwerk von FIUs zur Förderung und Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit gedacht, die 3 Siehe: Woodiwiss M., "Transnational organized crime: The strange career of an American concept", in Beare M. (Hrsg.), Transnational Organized Crime, Ashgate, 2003; Scherrer A., G8 against transnational organised crime, Ashgate, 2009. 4 IWF, Financial Intelligence Units: An Overview, 2004. 5 "... became clear that the strategy required them to engage the financial system in the effort to combat laundering while, at the same time, seeking to ensure the retention of the conditions necessary for its efficient operation.", IWF-Bericht, a.a.O., S. 1, Zitat aus Gilmore W.C., Dirty Money: The Evolution Of Money-Laundering Counter-Measures, Council of Europe Press, 1999, S. 103. 6 Siehe die vergleichende Analyse in Teil II: Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and the United Kingdom. In dem Aufsatz werden die Entstehung und Weiterentwicklung der FIU eingehend beschrieben (siehe Abschnitt 1). PE 598.603 10
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU angesichts der Zunahme der grenzüberschreitenden Finanzströme zu einem Schlüsselfaktor geworden war.7 Die Gruppe verfasste die erste Definition einer FIU: Eine zentrale Meldestelle (FIU) ist eine zentrale nationale Stelle mit der Aufgabe, zum Zwecke der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung Finanzinformationen entgegenzunehmen (und, soweit zulässig, um solche Informationen zu ersuchen), sie zu analysieren und sie an die zuständigen Behörden weiterzugeben, die i) mutmaßliche Erträge aus Straftaten und potenzielle Terrorismusfinanzierung betreffen oder ii) aufgrund nationaler Vorschriften oder Regelungen erforderlich sind. Das Sekretariat der Egmont-Gruppe befindet sich seit 2008 in Toronto (Kanada); zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes besteht die Gruppe aus 152 Mitgliedern.8 2003 nahm die Arbeitsgruppe "Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismus¬finanzierung" (Financial Action Task Force , FATF) – das 1989 eingerichtete zwischenstaatliche Gremium, das Normen festlegt und eine wirksame Durchführung rechtlicher, regulatorischer und operativer Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche fördert – eine überarbeitete Reihe von Empfehlungen zur Geldwäsche an; erstmals waren ausdrücklich Empfehlungen zur Einrichtung und zur Funktionsweise von FIUs vorgesehen, die von der oben erwähnten Definition der Egmont-Gruppe abgeleitet sind: (Empfehlung 26): Die Länder sollten eine FIU einrichten, die als nationales Zentrum zur Entgegennahme (und, soweit zulässig, zum Abfragen), zur Analyse und Weitergabe von Meldungen verdächtiger Transaktionen und anderen Informationen bezüglich potenzieller Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung dient. Die FIU sollte direkt oder indirekt rechtzeitig Zugang zu den Finanz-, Verwaltungs- und Strafverfolgungs¬informationen erhalten, die sie zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigt, zu denen auch die Analyse von Meldungen verdächtiger Transaktionen gehört. 9 Was die Zusammenarbeit angeht, so hat die Egmont-Gruppe seit ihrer Anfangsphase die Festlegung von Vereinbarungen und Mustern für gemeinsame Absichtserklärungen zwischen FIUs weltweit ermöglicht.10 7 Egmont Group, Annual report, 2015; Siehe: United State General Accounting Office - GAO, Statement submitted to the Subcommittee on General Oversight and Investigations, Committee on Banking and Financial Services, House of Representatives, FinCen's Law enforcement Support, Regulatory, and International Roles, 1998, GAO/T-GDD-98-83. 8 Egmont-Gruppe website. 9 Financial Action Task Force (FATF), Recommendations, 2003. 10 Neueste Fassung dieser Grundsätze siehe: Egmont Group, Principles for information exchange between FIUs, Juni 2013, abrufbar auf der Website der Egmont Gruppe. 10 So ausgeführt in Erwägungsgrund 2 des Beschlusses des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen (2000/642/JI). PE 598.603 11
Ex-post-Folgenabschätzungen Auf europäischer Ebene: Die FIUs sind zwar nicht explizit genannt, wurden aber bereits in der ersten und zweiten Geldwäscherichtlinie der EU aus den Jahren 1991 und 2001 als die Behörden in Betracht gezogen, die für die Entgegennahme und Analyse von Meldungen verdächtiger Transaktionen zuständig sein sollten. Seit 2000 bestehen in allen EU-Mitgliedstaaten FIUs, welche Informationen sammeln und analysieren, damit zum Zwecke der Verhinderung und Bekämpfung der Geldwäsche Zusammenhänge zwischen verdächtigen Finanztransaktionen und zugrunde liegenden kriminellen Tätigkeiten hergestellt werden können.11 In der ersten Geldwäscherichtlinie12, die 1991 erlassen wurde, wurden Regelungen für die Meldung verdächtiger Transaktionen festgelegt. Im Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der 1997 vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Amsterdam gebilligt wurde, wurde empfohlen, die Zusammenarbeit zwischen den Kontaktstellen, die nach der genannten ersten Geldwäscherichtlinie für die Entgegennahme von Meldungen verdächtiger Transaktionen zuständig waren, zu verbessern. Dies führte zum Erlass des Beschlusses des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen. 13 In diesem Beschluss wurden die Vorschriften für die Organisation der FIU auf der Ebene der Mitgliedstaaten und für die Zusammenarbeit zwischen ihnen festgelegt. Außerdem wurden spezifische Vorschriften hinsichtlich gesicherter Meldewege zwischen den EU-FIUs festgelegt, woraufhin in den Jahren 2007-2008 das FIU.NET mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission eingerichtet wurde. In der zweiten Geldwäscherichtlinie14, die 2001 erlassen wurde, wird zwar nicht explizit auf die FIU Bezug genommen, aber es werden die "für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden" genannt und es wird eine weiter gefasste Definition von Geldwäsche verwendet, bei der zugrunde liegende Straftaten wie etwa Bestechung berücksichtigt werden und somit das Spektrum von Vortaten erweitert wird. Mit der 2005 erlassenen dritten Geldwäscherichtlinie 15 wurde das Ziel der Bemühungen der EU zur Bekämpfung der Geldwäsche ausgedehnt, indem der Geltungsbereich der 11So ausgeführt in Erwägungsgrund 2 des Beschlusses des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen (2000/642/JI). 12 Richtlinie 91/308/EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche. 13Beschluss des Rates vom 17. Oktober 2000 über Vereinbarungen für eine Zusammenarbeit zwischen den zentralen Meldestellen der Mitgliedstaaten beim Austausch von Informationen. 14Richtlinie 2001/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/308/EWG des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche. 15Richtlinie 2005/60/EG vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. PE 598.603 12
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Anforderungen zur Bekämpfung der Geldwäsche auf schwere Straftaten und Terrorismusfinanzierung ausgeweitet wurde. Darüber hinaus wird darin ausdrücklich verlangt, dass die Mitgliedstaaten nationale FIUs einrichten. Die Europäische Kommission ist beauftragt, Unterstützung zu leisten, um die Koordinierung, einschließlich des Informationsaustauschs zwischen den FIUs innerhalb der Gemeinschaft, zu erleichtern (Artikel 38 der dritten Geldwäscherichtlinie). 2006 richtete die Kommission die Plattform der zentralen Meldestellen der EU ein, die die EU- FIUs miteinander verbindet und ihre Zusammenarbeit fördert.16 1.2. Grenzen und Möglichkeiten der Bewertung der Zusammenarbeit der FIUs bei der Bekämpfung von Steuerstraftaten Steuerstraftaten werden nicht von allen EU-FIUs unbedingt einheitlich behandelt, da diese Straftaten in einigen Mitgliedstaaten nicht als Vortaten für die Geldwäsche angesehen werden. Obgleich in der vierten Geldwäscherichtlinie ausdrücklich auch "Steuerstraftaten" als Vortaten für Geldwäsche erfasst werden, wird darin keine Harmonisierung der Definition auf EU-Ebene vorgenommen. Es fehlt eindeutig ein Konsens über Steuerstraftaten, wie in Abschnitt 3 ausgeführt wird. Zudem ist zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes die Umsetzung der neuen Bestimmungen, die mit der vierten Geldwäscherichtlinie 17 von 2015 eingeführt wurden, schwer zu beurteilen. In der Tat sind diese Bestimmungen von den Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 67 der vierten Richtlinie bis Ende Juni 2017 umzusetzen. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen der dritten und der vierten Geldwäscherichtlinie in Bezug auf die FIUs. Wie daraus hervorgeht, wird in der vierten Richtlinie die Organisation der Zusammenarbeit zwischen den EU-FIU sehr viel genauer geregelt: Tabelle 1 – EU-Rechtsrahmen: Die wichtigsten Bestimmungen in Bezug auf die EU- FIUs Dritte Geldwäscherichtlinie (2005) Zusätzliche Bestimmungen in der vierten Geldwäscherichtlinie von 2015, bis Juni 2017 umzusetzen Jeder Mitgliedstaat richtet eine Über den Zugang zu Informationen: zentrale Meldestelle zur Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die zuständigen Bekämpfung der Geldwäsche und Behörden und die zentralen Meldestellen zeitnah auf die der Terrorismusfinanzierung Angaben zu den rechtlichen und wirtschaftlichen (Artikel 21 Absatz 1). Eigentümern zugreifen können (Artikel 30 Absatz 2). Angaben zu den wirtschaftlichen Eigentümern müssen in 16Die EU-FIU-Plattform hat keinen operationellen Charakter. Sie soll Diskussionen erleichtern und den Austausch bewährter Verfahren auf EU-Ebene zwischen den FIU ermöglichen. Die Sitzungen der Plattform finden in der Regel vierteljährlich statt. 17Richtlinie (EU) 2015/849 vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. PE 598.603 13
Ex-post-Folgenabschätzungen Dritte Geldwäscherichtlinie (2005) Zusätzliche Bestimmungen in der vierten Geldwäscherichtlinie von 2015, bis Juni 2017 umzusetzen Zur Erfüllung ihrer Aufgaben wird allen Fällen und ohne Einschränkung für die zentralen jede nationale zentrale Meldestelle Meldestellen zugänglich sein (Artikel 30 Absatz 5). mit angemessenen Mitteln ausgestattet (|Artikel 21 Absatz 2). Über die Zusammenarbeit: Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zentrale Die zentralen Meldestellen müssen Meldestellen unabhängig von ihrem Organisationsstatus rechtzeitig Zugang zu den Finanz-, miteinander im größtmöglichen Umfang Verwaltungs- und zusammenarbeiten (Artikel 52), selbst wenn zum Strafverfolgungsinformationen Zeitpunkt des Austauschs die Art der Vortaten, die einen erhalten, die sie zur Zusammenhang aufweisen könnten, nicht feststeht ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer (Artikel 53 Absatz 1). Geht bei einer zentralen Meldestelle Aufgaben benötigen (Artikel 21 eine Meldung verdächtiger Transaktionen ein, die einen Absatz 3). anderen Mitgliedstaat betrifft, so leitet sie diese Meldung umgehend an die zentrale Meldestelle des betreffenden Die dieser Richtlinie18 Mitgliedstaats weiter (Artikel 53 Absatz 1). Darüber hinaus unterliegenden Institute und sind die zentralen Meldestellen der EU berechtigt, Personen müssen die zentrale sämtliche im Inland verfügbaren Befugnisse zur Meldestelle umgehend informieren, Beantwortung ausländischer Ersuchen zu nutzen (Artikel wenn sie den Verdacht haben, dass 53). eine Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung begangen Wird ein Auskunftsersuchen von einer zentralen oder zu begehen versucht wurde Meldestelle an eine andere zentrale Meldestelle der EU oder wird. Sie müssen ferner auf gerichtet, so erteilt die zentrale Meldestelle, an die das Verlangen alle erforderlichen Ersuchen gerichtet ist, zeitnah Antwort. Wenn eine Auskünfte erteilen (Artikel 22 zentrale Meldestelle zusätzliche Informationen von einem Absatz 1). in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Verpflichteten, der in einem anderen Mitgliedstaat eingetragen ist, einholen möchte, ist Die Mitgliedstaaten müssen das Ersuchen an die zentrale Meldestelle des vorschreiben, dass ihre Kredit- und Mitgliedstaats zu richten, in dessen Hoheitsgebiet der Finanzinstitute Systeme einrichten, Verpflichtete niedergelassen ist. Diese zentrale Meldestelle die es ihnen ermöglichen, auf leitet das Ersuchen und die Antworten umgehend weiter Anfragen der zentralen Meldestelle (Artikel 53 Absatz 2). gemäß ihrem nationalen Recht vollständig und rasch Auskunft zu Eine zentrale Meldestelle kann den Informationsaustausch geben (Artikel 32). nur in Ausnahmefällen verweigern, wenn der Austausch im Widerspruch zu den Grundprinzipien ihres nationalen Rechts stehen könnte (Artikel 53 Absatz 3). Beim Austausch von Informationen und Dokumenten kann die übermittelnde zentrale Meldestelle Einschränkungen und Bedingungen für die Verwendung der Informationen festlegen (Artikel 54). Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ausgetauschten Informationen nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie verlangt oder zur Verfügung gestellt wurden, und 18Diese Richtlinie gilt für (Artikel 2): Kreditinstitute; Finanzinstitute; Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steuerberater; Notare und andere selbstständige Angehörige von Rechtsberufen; Dienstleister für Trusts und Gesellschaften; Immobilienmakler; andere natürliche oder juristische Personen, die mit Gütern handeln, sowie Kasinos. PE 598.603 14
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Dritte Geldwäscherichtlinie (2005) Zusätzliche Bestimmungen in der vierten Geldwäscherichtlinie von 2015, bis Juni 2017 umzusetzen dass für jegliche Weitergabe der Informationen die vorherige Zustimmung der übermittelnden zentralen Meldestelle erforderlich ist (Artikel 55 Absatz 1). Eine Verweigerung der Zustimmung ist angemessen zu begründen (Artikel 55 Absatz 2). Unterschiedliche Definitionen von Steuerstraftaten im jeweiligen nationalen Recht sollten dem nicht entgegenstehen, dass die zentralen Meldestellen Informationen austauschen oder einer anderen zentralen Meldestelle im Einklang mit ihrem nationalen Recht im größtmöglichen Umfang Hilfe leisten (Artikel 57). Zusätzlich beschloss die Europäische Kommission – bedingt durch die Terroranschläge Ende 2015 und die Enthüllungen der "Panama Papers" im April 2016 –, den EU-Rahmen zur Geldwäschebekämpfung ein weiteres Mal zu überprüfen und neue Änderungen vorzuschlagen, über die zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes verhandelt wird. 19 Der Beurteilung der Rolle der FIU bei der Bekämpfung von Steuerstraftaten unter solchen sich rasch verändernden Rahmenbedingungen sind daher offenkundig gewisse Grenzen gesetzt. Wie aus der vergleichenden Analyse in Teil II (in der FIUs in Kanada, Frankreich, der Schweiz und im Vereinigten Königreich verglichen werden) hervorgeht, sollte jedoch im Zusammenhang mit der Umsetzung der dritten Geldwäscherichtlinie (2005), die bis zum 15. Dezember 2007 zu erfolgen hatte, erwähnt werden, dass in der dritten Richtlinie Steuerhinterziehung an sich zwar nicht erwähnt wird, "schwere Straftaten" aber im Geltungsbereich der Geldwäscherichtlinie aufgeführt sind. Letztere werden definiert als "alle Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mehr als einem Jahr oder — in Staaten, deren Rechtssystem ein Mindeststrafmaß für Straftaten vorsieht — die mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung von mindestens mehr als sechs Monaten belegt werden können" 20 und schließen daher Steuerstraftaten in einer Reihe von Mitgliedstaaten ein.21 Darüber hinaus gibt es verschiedene Bewertungen zur Umsetzung der dritten Geldwäscherichtlinie in einzelstaatliches Recht und zu deren Anwendung, in denen erhebliche Probleme aufgezeigt werden, was die Kapazitäten der FIUs bei der wirksamen 19Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinie 2009/101/EG, Straßburg, 5. Juli 2016, COM(2016) 450 final. Zu einer ersten Bewertung der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission durch den wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments siehe: Collovà C., Prevention of the use of the financial system for the purposes of money laundering or terrorist financing, PE 587.354, 2016. 20Richtlinie 2005/60/EG, a.a.O. 21Siehe Abschnitt 1 der vergleichenden Analyse in Teil II: Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and United Kingdom. PE 598.603 15
Ex-post-Folgenabschätzungen Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung betrifft. Von diesen Problemen sind einige besonders relevant für die Bekämpfung von Steuerstraftaten und die wirksame Zusammenarbeit in diesem Bereich, wie in Abschnitt 3 ausgeführt wird. 2. Strukturen, Ressourcen und Kooperationskanäle der zentralen Meldestellen 2.1. Strukturelle Unterschiede Die aufeinanderfolgenden EU-Geldwäscherichtlinien enthalten keine spezifischen Bestimmungen darüber, wie die FIUs auf Ebene der Mitgliedstaaten strukturiert und organisiert sein sollten. In seinem Bericht aus dem Jahr 200422 hat der IWF eine Typologie zur Klassifizierung der FIUs vorgeschlagen, die seither verwendet wird. Je nachdem, wo die FIUs in den administrativen Strukturen der Mitgliedstaaten angesiedelt sind, werden in dem IWF-Bericht vier Typen unterschieden: FIU im Bereich Verwaltung FIU im Bereich Strafverfolgung FIU im Bereich Justiz/Staatsanwaltschaft FIU-Mischformen. In dem im Jahr 2013 veröffentlichten Abschlussbericht über das von der EU finanzierte "ECOLEF"-Projekt 23(im Folgenden "ECOLEF-Studie") wurde versucht, ein vollständiges und umfassendes Verzeichnis der FIUs in den damals 27 EU-Mitgliedstaaten zu erstellen und eine Einstufung nach der IWF-Typologie vorzunehmen.24 Dem Bericht zufolge war die überwiegende Mehrheit der EU-FIUs entweder dem Bereich Verwaltung oder dem Bereich Strafverfolgung zuzuordnen; lediglich vier FIUs betrachteten sich selbst als dem Bereich Justiz zugehörig oder als Mischform. Die ECOLEF-Studie gelangte zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten – da nur eine Handvoll FIUs sich als einer anderen Typologie zugehörig einstuften – weitgehend mit der Typologie übereinstimmten, der ihre FIUs zugeordnet wurden..25 Bestätigt werden diese Erkenntnisse in einem neueren Bericht für die EU-Plattform für zentrale Meldestellen (im Folgenden "Bericht für die FIU-Plattform")26, in dem allerdings 22 IWF, Financial Intelligence Units: An Overview, 2004. 23Projekt "Economic and Legal Effectiveness of Anti-Money Laundering and Combating Terrorist Financing Policy - ECOLEF" (mit Mitteln der Europäischen Kommission finanziert – GD "Inneres", JLS/2009/ISEC/AG/087), Abschlussbericht, Februar 2013. 24 Ebd., S. 140. 25 S. 143. 26 Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information, Bericht für die Plattform der zentralen Meldestellen der EU, Dezember 2016 (Federführung: FIU Italien - Unità di Informazione Finanziaria per l'Italia - UIF). Dieser Bestandsaufnahme liegt eine umfassende Erhebung bei den EU-FIU zugrunde. Anhand der Ergebnisse der Erhebung sollen Probleme, die bei der Anwendung der EU-Vorschriften zur PE 598.603 16
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU nur drei FIU-Modelle genannt werden: Verwaltung, Strafverfolgung (oder Justiz) und "Mischform". Die EU-FIU verteilen sich derzeit wie folgt:27 12 EU-FIUs haben angegeben, dass sie dem Verwaltungstyp zuzuordnen sind (diese sind beispielsweise bei den Finanz-, Justiz- oder Innenministerien angesiedelt oder in die Zentralbank oder eine Aufsichtsbehörde eingegliedert): Belgien, Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Frankreich, Italien, Lettland, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien und Spanien; 11 EU-FIUs haben angegeben, dass sie dem Bereich Strafverfolgung (Polizei und/oder Justiz) zuzuordnen sind: Österreich, Estland, Finnland, Deutschland, Irland, Litauen, Portugal, die Slowakei, Schweden, Luxemburg und das Vereinigte Königreich; 5 EU-FIUs stufen sich selbst als Mischform ein, da bei ihnen sowohl administrative als auch polizeiliche Elemente vertreten sind: Zypern, Dänemark, Griechenland, Ungarn und die Niederlande. Der Bericht für die FIU-Plattform gibt allerdings zu bedenken, dass "die Festlegung dieser verschiedenen institutionellen Typen der herkömmlichen Struktur entspricht und dass die Verteilung der EU-FIUs auf die einzelnen Typen in gewisser Weise willkürlich ist. Auch innerhalb der jeweiligen Kategorie behält jede einzelne FIU ihre charakteristischen Besonderheiten bei".28 Bereits in der ECOLEF-Studie war darauf hingewiesen worden, dass entscheidende Aspekte (etwa der Hintergrund der FIU- Mitarbeiter, die Aufgabenverteilung oder der Zugang zu Datenbanken) nicht notwendigerweise mit dem FIU-Typ korrelieren.29 Dieser Aspekt wird in der vergleichenden Analyse (Teil II der vorliegenden Studie) bestätigt, in der betont wird, dass zwischen FIUs desselben Typs große Unterschiede bestehen, unter anderem was die Arten der bei ihnen eingehenden Meldungen oder ihren Zugang zu den verschiedenen nationalen Datenbanken angeht.30 Auch die gemeinhin geltende Annahme, wonach "Strafverfolgungs"-FIUs besseren Zugang zu polizeilichen und ermittlungs¬dienstlichen Informationen haben, hat sich im Falle der vier untersuchten FIUs nicht bestätigt.31 Wie in Abschnitt 3.1 und mit Blick auf Steuerstraftaten weiter analysiert wird, spielen andere Elemente – etwa das Funktionieren der Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden in der Praxis – bei der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung auftreten, und mögliche Lösungen bzw. Gegenmaßnahmen aufgezeigt werden. Sämtliche Informationen und Daten, die in diese Bestandsaufnahme eingeflossen sind, wurden durchgehend vertraulich und anonym behandelt. Der Bericht enthält demzufolge keine Angaben zu einzelnen FIU. 27 Ebd., S. 5-7. 28 In dem Bericht wird in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass ein wichtiges organisatorisches Element – neben dem "Status" einer FIU – ihre Einbettung in größere Organisationen ist, da sich dies auf ihre Autonomie auswirkt. Siehe: Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information, a.a.O. 29 Siehe: ECOLEF-Studie, a.a.O., S. 162. 30 Siehe unsere vergleichende Analyse (Teil II): Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and United Kingdom, Abschnitt 1.1. 31 Ebd. PE 598.603 17
Ex-post-Folgenabschätzungen Bewertung der Fähigkeit der FIUs, ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen, eine größere Rolle. 2.2. Ressourcen Was die personellen Ressourcen angeht, so variiert gemäß dem Bericht für die FIU- Plattform die Zahl der Mitarbeiter, die speziell mit den FIU-Kernaufgaben (d. h. Entgegennahme von Meldungen verdächtiger Transaktionen, Analysen, Informationsweitergabe und internationale Zusammenarbeit) befasst sind, zwischen den Mitgliedstaaten erheblich: zwischen fünf (in Irland) und 289 Beschäftigten (in Deutschland).32 Auch die Prozentzahlen der mit diesen Kernaufgaben befassten FIU- Mitarbeiter gehen weit auseinander: Sie liegen zwischen 33 % (in Malta) und 100 % (im Vereinigten Königreich). FIUs können indessen auch andere Aufgaben wahrnehmen, etwa die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Herausgabe von Leitlinien für die meldenden Stellen zur Gestaltung der Meldungen, die Überwachung der meldenden Stellen und Vorschläge für Sanktionen bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten während der Überwachung/Kontrollen. 33 Diese Mitarbeiterzahlen dürfen jedoch nicht zu stark vereinfachten Schlüssen führen: Wie in dem Bericht für die FIU-Plattform angeregt wird, sollte nämlich die Angemessenheit der verfügbaren personellen Ressourcen vor dem Hintergrund der jeweiligen Arbeitsbelastung der FIU, insbesondere dem Meldeaufkommen, der Art der durchgeführten Analysen und der Informationsweitergabe und des Umfangs des internationalen Austauschs bewertet werden.34 So sind beispielsweise in Deutschland im Jahr 2014 ca. 24 000 Meldungen verdächtiger Transaktionen eingegangen. 35 Irland hat demgegenüber im Jahr 2012 etwa 12 400 Verdachtsmeldungen erhalten.36 Beim Haushaltsvolumen können die Zahlen dem Bericht für die FIU-Plattform zufolge extrem weit auseinanderliegen: zwischen 600 000 EUR und mehr als 14 Mio. EUR pro Jahr.37 Auch hier gilt allerdings, dass diese Unterschiede nicht unbedingt hilfreich sind, um zu bewerten, ob die Finanzausstattung der FIU ausreicht, damit diese die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen können. Aussagekräftiger sind in diesem 32 Für Kanada, Frankreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich werden in der vergleichenden Analyse folgende Zahlen genannt: 350 Mitarbeiter (Kanada); 150 Mitarbeiter (Frankreich); 20 Mitarbeiter (Schweiz); 150 Mitarbeiter (Vereinigtes Königreich). Siehe: Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and United Kingdom (Einleitung). 33 Siehe hierzu: ECOLEF-Studie, a.a.O., S. 149. 34 Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information, a.a.O., S. 12. 35Siehe: Financial Intelligence Unit (FIU) Deutschland - Jahresbericht 2014. 36Siehe: Department of Justice and Equality of Ireland, Anti-Money Laundering Compliance Unit, Statistikbericht, 2012. 37 Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information, a.a.O., S. 13. PE 598.603 18
Evaluierung der Zusammenarbeit zwischen den FIU Zusammenhang Angaben zur budgetären Unabhängigkeit der FIU. Wie sowohl in der ECOLEF-Studie als auch in dem Bericht für die FIU-Plattform dargelegt wird, erhöht die Budgetunabhängigkeit die Fähigkeit der FIU, die für ihre funktionellen Anforderungen erforderlichen Beträge eigenständig zu verwalten. Weniger als die Hälfte der EU-FIUs haben im Rahmen des Berichts für die FIU-Plattform angegeben, dass sie über einen eigenen Haushalt verfügen, das heißt über Mittel, die speziell (und ausschließlich) ihnen für die Deckung ihrer Ausgaben zugewiesen und von ihnen unabhängig verwaltet werden. Die Mehrzahl der EU-FIUs hat angegeben, dass ihr Haushalt Teil des Haushaltsplans einer größeren Einrichtung ist.38 In der ECOLEF-Studie wird darauf hingewiesen, dass diese Abhängigkeit, insbesondere in Zeiten von Mittelkürzungen, zu Problemen führen kann39 In dem Bericht für die FIU-Plattform wird festgestellt, dass die verfügbaren finanziellen, personellen und technischen Mittel im Großen und Ganzen für ausreichend erachtet werden, um den derzeitigen Bedarf der EU-FIUs zu decken. Es wird jedoch auch hervorgehoben, dass EU-weit vonseiten der FIU-Mitarbeiter Bedenken laut werden, ob die FIUs auch weiterhin in der Lage sein werden, mit den im Zuge der Umsetzung der vierten Geldwäscherichtlinie erwarteten Entwicklungen Schritt zu halten, wenn die verfügbaren Mittel nicht wesentlich aufgestockt werden. In dem Bericht wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die FIUs gemäß der vierten Geldwäscherichtlinie künftig auf verfügbare nationale Kräfte zurückgreifen müssen, um ausländische Anfragen zu beantworten und Verdachtsmeldungen, die einen anderen Mitgliedstaat betreffen, an die betreffenden ausländischen Partner weiterzuleiten, was das Tätigkeitsspektrum weiter ausdehnt, obwohl die Arbeitsbelastung bereits kontinuierlich zunimmt; zu nennen sind hier insbesondere die Zahl der eingehenden Verdachtsanzeigen, die zwischen den Partner-FIUs ausgetauschten Informationen und die mit den verschiedenen Formen der innerstaatlichen Zusammenarbeit verbundenen Erfordernisse.40 2.3. Meldungen verdächtiger Transaktionen: verschiedene Quellen und unterschiedliche Qualität Die Tätigkeiten der FIU basieren auf Informationen über verdächtige finanzielle Transaktionen. Gemäß der dritten Geldwäscherichtlinie nehmen alle FIUs ausgefüllte Meldungen verdächtiger Transaktionen vonseiten meldepflichtiger Einrichtungen entgegen.41 38Ebd., S. 12. 39ECOLEF-Studie, a.a.O., S. 146. 40 Mapping exercise and gap analysis on FIUs powers and obstacles for obtaining and exchanging information, a.a.O., S. 25. 41 Verpflichtete im Sinne des Artikels 2 der dritten Geldwäscherichtlinie sind: Kreditinstitute; Finanzinstitute; Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steuerberater; Notare und andere selbstständige Angehörige von Rechtsberufen; Dienstleister für Trusts und Gesellschaften; Immobilienmakler; andere natürliche oder juristische Personen, die mit Gütern handeln, sowie Kasinos. PE 598.603 19
Ex-post-Folgenabschätzungen Wenn man Quantität und Qualität der Meldungen der Verpflichteten betrachtet, treten verschiedene Probleme auf. In unserer vergleichenden Analyse (Teil II dieser Studie) wird im Einzelnen erläutert, wie das Meldeverfahren in der Praxis funktioniert. Analysiert wird darin ferner die Herkunft der Verdachtsmeldungen, die die FIUs in den vier untersuchten Ländern (Kanada, Frankreich, Schweiz und Vereinigtes Königreich) entgegennehmen, wobei Folgendes festgestellt wird:42 Erstens: Der Großteil der Meldungen verdächtiger Transaktionen/Tätigkeiten an die FIUs stammt von Finanzinstituten. Nur ein geringer Anteil der Verdachtsmeldungen stammt von Angehörigen der Rechtsberufe und von Wirtschaftsprüfern. Zweitens: Die Anzahl der eingehenden Verdachtsmeldungen korreliert nicht zwangsläufig mit der Größe des betreffenden nationalen Finanzmarkts. Als Beispiel wird in dem Papier die Schweiz genannt, die immer wieder aufgrund des zu geringen Meldeaufkommens in der Kritik steht. Drittens: Für die Finanzinstitute ist die Vermeidung eines Rufschadens ein zentraler Faktor bei der Erfüllung ihrer Meldepflichten: Dies kann entweder zu ausufernden Meldungen oder zu einer zu geringen Zahl von Meldungen führen. Hier besteht die Herausforderung darin zu wissen, wo die Grenze zwischen defensivem Meldeverhalten (zur Vermeidung von Kritik aufgrund einer Nichteinhaltung der Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche) und erkenntnisrelevantem Meldeverhalten zu ziehen ist. Trotz erheblicher methodischer Einschränkungen wurde versucht zu quantifizieren, wie hoch der Gesamtanteil der an die FIUs gerichteten Verdachtsmeldungen war, die von den FIUs analysiert und im Anschluss an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden und die schließlich tatsächlich zu einer strafrechtlichen Verfolgung geführt haben, um eine durchschnittliche "Effizienzquote" für diese Art der Meldepflicht zu bestimmen. In dem Bericht über die Kosten des Verzichts auf EU-politisches Handeln ("Cost of non-Europe") im Bereich der organisierten Kriminalität, den der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments 2016 veröffentlicht hat, wurden beispielsweise die EU-Mitgliedstaaten betrachtet, für die vergleichbare Daten vorlagen (Belgien, die Tschechische Republik, Estland, Deutschland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Rumänien, die Slowakei und Slowenien); auf der Grundlage der EUROSTAT-Daten aus dem Jahr 2013 wurde dabei festgestellt, dass von der Gesamtzahl der Meldungen verdächtiger Transaktionen, die in diesen Mitgliedstaaten ausgefüllt und den jeweiligen FIUs übermittelt wurden, 29 % in der Folge an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden und dass davon wiederum 54 % zu einem Gerichtsverfahren geführt haben. Somit haben etwa 16 % aller eingereichten Verdachtsmeldungen 42Siehe unsere vergleichende Analyse (Teil II): Amicelle A., Berg J. und Chaudieu K., Comparative analysis of Financial Intelligence Units (FIUs) in Canada, France, Switzerland and United Kingdom (Abschnitte 1.2 und 1.3). PE 598.603 20
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