Kein Hüsung - Universität Greifswald
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kein Hüsung Vorschau auf die Handreichung zu Fritz Reuters Versepos unter Berücksichtigung des Hörspiels der Fritz-Reuter-Bühne des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin gGmbH Erstellt von Ulrike Stern, Anne Hertel und Christopher Schulz, Kompetenzzentrum für Niederdeutschdidaktik der Universität Greifswald - Stand September 2020 -
Vorwort Fritz Reuters Versepos „Kein Hüsung“ gehört zu den wichtigsten Werken der neuniederdeutschen Literatur, da es trotz seines regionalgeschichtlichen Bezuges grundlegende und zeitlose Fragen zu Freiheit, Gerechtigkeit, Schuld und Flucht aufwirft. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist das Werk mehrfach für die Bühne, als Hörspiel bzw. Hörbuch und sogar als DEFA-Film (1954) bearbeitet sowie ins Englische („No Housing“, Richard Trost) und Niederländische („Geen Thuis“, G.W.C. Westenberg) übertragen worden. Auch die Fritz-Reuter-Bühne Schwerin, die mit Berufsschauspielern arbeitende niederdeutsche Sparte des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin, hat bereits zweimal eine Theaterfassung dieses Werkes auf die Bühne gebracht: In der Spielzeit 1974/75 im Freilichtmuseum Schwerin Mueß und zu ihrem 90jährigen Bestehen in der Spielzeit 2016/17. 2020 wurde die letztgenannte Bearbeitung in Kooperation mit dem Heimatverband Mecklenburg- Vorpommern e.V. und gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern als Hörspiel herausgebracht und steht kostenlos zum Anhören zur Verfügung.1 Das Kompetenzzentrum für Niederdeutschdidaktik (KND) wurde mit der Erarbeitung einer Handreichung für den Niederdeutschunterricht beauftragt. Die Einrichtung des Abiturfaches Niederdeutsch als dritte Fremdsprache ermöglicht Schülerinnen und Schülern ab dem dritten Lernjahr (Jahrgangsstufe 9) die Beschäftigung mit der Ganzschrift oder einzelnen Auszügen, wie sie auch der Rahmenplan Niederdeutsch für die Sekundarstufe I und die gymnasiale Oberstufe empfiehlt.2 Anknüpfungspunkte ergeben sich aber auch mit den Fächern Deutsch, Geschichte, Geografie, Religion/Ethik und Philosophie und innerhalb des Niederdeutschunterrichts im Hinblick auf Autoren wie Johannes Gillhoff und John Brinckman. Die vorliegende Handreichung bezieht sich auf die bearbeitete und gekürzte Fassung des Versepos für die Fritz-Reuter-Bühne Schwerin von Ulrike Stern, Bernd Reiner Krieger und Rudolf Korf aus dem Jahr 2016 und die Audiodateien. In den Arbeitsmaterialien wird die niederdeutsche Orthografie von Prof. Renate Herrmann-Winter verwendet, wenn nicht anders gekennzeichnet. Ein großer Dank gilt den Studierenden der Universität Greifswald, die als studentische Hilfskräfte an der Erarbeitung der vorliegenden Handreihung beteiligt waren: Anne Hertel und Christopher Schulz für die inhaltliche, didaktische und konzeptionelle Mitarbeit; Lucas Jabke für das Lektorat und Till-Hendrik Siemssen-Heimsohn für die technische Betreuung und Umsetzung auf der Website des KND. 1 https://www.heimatverband-mv.de/unsere-themen/niederdeutsche-sprache/kein-huesung.html (Stand 21.8.2020). 2 Vgl. Rahmenplan Niederdeutsch 2017, S. 63. 1
Inhaltsverzeichnis Vorüberlegungen zum Einsatz des Versepos im Unterricht und Konzeption der Handreichung ................ 3 Erstbegegnung und Lektürephase ................................................................................................................. 5 Themenkomplex 1 Zur Lektüre...............................................................................................................10 Themenkomplex 2 Der Autor und sein Werk .........................................................................................14 Themenkomplex 3 Regionalgeschichte ....................................................................................................17 Themenkomplex 4 Brauchtum ................................................................................................................20 Einleitende Zusammenfassung.....................................................................................................................21 Materialien .................................................................................................................................................21 Aneignung .............................................................................................................................................21 Anwendung............................................................................................................................................23 Transfer .................................................................................................................................................25 Zusätzliches Material und weiterführende Hinweise ....................................................................................25 Themenkomplex 5 Migration...................................................................................................................27 Themenkomplex 6 Geschlechterrollen und Geschlechterklischees .........................................................29 Einleitende Zusammenfassung.....................................................................................................................30 Materialien .................................................................................................................................................30 Aneignung .............................................................................................................................................30 Anwendung............................................................................................................................................32 Transfer .................................................................................................................................................36 Zusätzliches Material und weiterführende Hinweise ....................................................................................37 Themenkomplex 7 Dramentheoretische Einordnung..............................................................................38 2
Vorüberlegungen zum Einsatz des Versepos im Unterricht und Konzeption der Handreichung Das Versepos „Kein Hüsung“ hat sowohl im Schaffen Reuters als auch im Kanon der niederdeutschen Literatur seit Beginn des 19. Jahrhunderts eine Sonderstellung inne und zählt zu den bedeutendsten Werken aus und über Mecklenburg-Vorpommern.3 Aspekte wie die Frage nach einer Definition von Heimat und Freiheit bilden die Klammer, die die heutigen Leser mit den Figuren des 19. Jahrhunderts verbindet. Was bedeutet Moral, was Sittlichkeit, was Schuld? Wann wird Recht zu Unrecht? Das Schwanken zwischen Aufbegehren gegen vorhandene Strukturen und dem Festhalten an dem Gewohnten ist auch für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 und älter eine Frage und kann genutzt werden, um Sympathie für die Haupt- protagonisten zu entwickeln. Darüber hinaus sind Migrationsbewegungen im Lebensumfeld der Jugendlichen ständig präsent – sei es freiwillig oder gezwungenermaßen, punktuell bei einem Auslandsschuljahr oder dauerhaft für einen neuen Lebensabschnitt, in Fernsehformaten wie „Goodbye Deutschland“ oder in den tagesaktuellen Nachrichten. Auch hier gibt es Anknüpfungspunkte. Je nach Schulstandort kann auch der Blick auf die eigene Ortsgeschichte Bezüge zum Werk ergeben. Wo liegen die Wurzeln für die Struktur des Ortes und der Umgebung? Wie sich zeigt, bestehen Bezüge zu anderen Rahmenplänen wie denen der Fächer Geschichte und Geografie, aber auch Philosophie, Religion, Ethik. Möglich wäre also auch die fächerübergreifende Arbeit zum Beispiel in Projektform. Die Handreichung muss einerseits sachlich-fachlich dem Werk gerecht werden und sich andererseits an didaktischen Methoden zur Erarbeitung einer Ganzschrift und den Vorgaben des Rahmenplans Niederdeutsch orientieren. Dabei spielen sowohl deutsch- als auch fremdsprachdidaktische Prinzipien eine Rolle. Die Handreichung erhebt ausdrücklich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die umfangreiche Themenvielfalt, die sich mit dem Werk verknüpfen lässt, da sie einerseits zum Verständnis des Textes notwendig ist, andererseits durch die Lektüre angeregt wird, wird daher durch sieben Themenkomplexe abgebildet. Im Sinne einer Methodenvielfalt sind die einzelnen Themenkomplexe jeweils unterteilt in die Abschnitte Aneignung – Anwendung – Transfer. Die Materialien unterscheiden wiederum niedriges, mittleres und erhöhtes Anforderungsniveau, um den unterschiedlichen Schulformen, Klassenstufen und sprachlichen Voraussetzungen entgegenzukommen. Auch das Vorwissen, das vorausgesetzt werden kann, muss als heterogen angenommen werden. Niedriges Niveau eignet sich gemäß Rahmenplan Niederdeutsch für Schülerinnen und Schüler des 3. Lernjahrs (Jahrgangsstufe 9), mittleres Niveau für das 4. Lernjahr (Jahrgangsstufe 10), erhöhtes Niveau ab dem 5. Lernjahr (gymnasiale Oberstufe). Themenkomplex 1 (Arbeitstitel „Zur Lektüre“) organisiert die Lektürephase und bietet Materialien zum Erschließen und Fixieren der Inhalte. Da davon ausgegangen wird, dass der Text wie ein fremdsprachlicher Text behandelt werden muss, wird zwischen gemeinsamem Lesen und Stilllesephasen abgewechselt. Die Audio-Dateien unterstützen das Leseverstehen und können das selbstständige laute Lesen vorbereiten. Ein Lesetagebuch, das auf Fotos der Inszenierung von 2016 zurückgreifen kann, hilft, diesen Prozess zu strukturieren und Ergebnisse festzuhalten. Themenkomplex 2 (Arbeitstitel „Der Autor und sein Werk“) beinhaltet biografische Informationen zu Fritz Reuter, auf erhöhtem Anforderungsniveau auch im kontrastierenden Zusammenhang mit dem Autor Klaus Groth, da davon ausgegangen werden kann, dass die Reuter-Biografie schon in anderen Jahrgangstufen behandelt wurde. 3 Die Bedeutung für den Autor zeigen Äußerungen Reuters sowohl während des Schaffensprozesses als auch nach der nicht vorrangig positiven Reaktion durch das Publikum. Vielzitiert sind Zeilen aus Reuters Briefen, die dies belegen. Dort nennt er „Kein Hüsung“ sein liebstes Kind, zitiert seinen Freund Ernst Boll mit der Bemerkung aus der Entstehungsphase des Werkes, das werde das Gelungendste in niederdeutscher Sprache. 3
Themenkomplex 3 (Arbeitstitel „Regionalgeschichte“) bietet regionalgeschichtliche Hintergrundinfor- mationen u.a. zur Verwaltungsgeschichte Mecklenburgs, die zum Verständnis des Werkes unabdingbar sind, sowie Einblick in die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Versepos, z.B. durch kurze Briefauszüge. Themenkomplex 4 (Arbeitstitel „Brauchtum“) beschäftigt sich mit ausgewählten Brauchhandlungen, die im Versepos eine Rolle spielen, und die behandelt werden sollten, um das Textverständnis zu unterstützen. Vertiefend werden auch Materialien zu anderen Bräuchen im Zusammenhang mit der Kornernte, die im Werk nicht explizit angesprochen werden, angeboten. Themenkomplex 5 (Arbeitstitel „Migration“) hat den Schwerpunkt Auswanderung im 19. Jahrhundert und knüpft so an den Themenbereich „Migration und Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft“ in allen Jahrgangsstufen des Rahmenplans Niederdeutsch an. Innerhalb dieses Themen- komplexes sind wiederum zwei Aspekte in den Fokus genommen: Die Überfahrt im Auswandererschiff als leicht nachvollziehbare und Empathie schaffende Situation im Auswanderungsprozess und die Diskussion pro und kontra Auswanderung damals und heute. Zu diesem Zweck dienen u.a. Textauszüge aus einem Auswandererratgeber und Texte von Johannes Gillhoff und John Brinckman. Themenkomplex 6 (Arbeitstitel „Geschlechterrollen und Geschlechterklischees“) folgt ebenfalls dem Rahmenplan Niederdeutsch und lenkt das Augenmerk auf Geschlechterrollen und Geschlechter- klischees im Versepos und darauf aufbauend in weiteren zeitgenössischen Beispielen. Der Fokus wechselt von Jehann auf Marik und nimmt ihre Rolle als Liebende, Tochter, Mutter und schließlich als ebenfalls, wenn auch nur mental, Flüchtende, in den Blick und stellt die Frage, ob ihr nicht mehr als die Opferrolle zukommt und wie sich das Verhältnis der beiden Liebenden im Laufe des Geschehens verändert. Themenkomplex 7 (Arbeitstitel „Dramentheoretische Einordnung“) dient der Analyse nach dramen- theoretischen Aspekten. Eine Einordnung in die hoch- und niederdeutsche Literaturgeschichte knüpft an Wissen aus dem Deutschunterricht an. Zum Teil werden in diesem Bereich auf erhöhtem Anforderungsniveau auch gestrichene Textstellen aus dem Versepos herangezogen, um z.B. die Verknüpfung von Natur-beschreibungen und Entwicklungen in der Handlung herausarbeiten zu können. Durch das Bausteinprinzip kann die Lehrkraft das Unterrichtskonzept gezielt auf die vorhandene Lehr- Lernsituation zuschneiden. Über Schwerpunkte und Reihenfolge der Materialien kann und soll individuell entschieden werden. Der Rahmenplan empfiehlt einen Umfang von 20 Unterrichtseinheiten für die Beschäftigung mit dem Versepos. Da das Werk aber auch auszugsweise bei anderen Themen- bereichen des Niederdeutschunterrichts herangezogen werden kann, soll die Handreichung einen schnellen und flexiblen Zugriff ermöglichen.4 Sämtliche Materialien sind mit Links und QR-Codes zur Website des Kompetenzzentrums für Niederdeutschdidaktik versehen, wo sie zum Download bereitstehen, aber auch im Unterricht online genutzt werden können.5 Dies hat den Vorteil, dass Hinweise und Anregungen aus der Praxis aufgenommen und die Materialien auch zukünftig ergänzt werden können. Die Audiodateien auf der Website des Heimatverbandes werden ebenfalls verlinkt. Jeder Themenkomplex wird mit weiterführenden Hinweisen und Empfehlungen abgeschlossen, um Anregungen für mögliche zusätzliche Beschäftigung zu geben, die in der Handreichung aus Platzgründen nicht weiterverfolgt werden können. Über der Kenntnis des Werkes hinaus ist nicht nur die Wissensaneignung, sondern auch der Sprach- erwerb Ziel der Handreichung. Dabei werden in den verschiedenen Themenkomplexen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Neben dem grundlegendem Kompetenzerwerb beim lauten Lesen, Rezitieren und bei Übungen zum Hörverstehen seien als Beispielaufgaben das Verfassen einer Rezension über das Werk, das Erarbeiten einer Theaterszene oder das Umarbeiten einer Textstelle in ein Comic genannt. 4 Vgl. Rahmenplan Niederdeutsch 2017, S. 63/64 und S. 70/72 5 Website des KND: www.germanistik.uni-greifswald.de/knd, dort unter Service -> Didaktische Materialien. 4
Erstbegegnung und Lektürephase Vor der eigentlichen Lektüre des Textes durch die Schülerinnen und Schüler sollte die Lehrkraft eine kurze Erstbegegnung mit dem Versepos organisieren. Dies dient nicht nur der Lesemotivation, sondern kann auch dazu genutzt werden, um die Schülerinnen und Schüler für bestimmte thematische Aspekte zu sensibilisieren. Für die Erstbegegnung stehen mehrere methodische Möglichkeiten zur Verfügung, die abhängig von Lernstand und Vorwissen ergänzt und kombiniert werden können: Sammeln von Vorwissen: - Reuters Biografie und Werk sind in den vorherigen Jahren schon Unterrrichtsthema (siehe RP) - Ein Gutshaus im Ort oder ein Heimatmuseum im Einzugsbereich bieten Anknüpfungspunkte zur Lebenswelt der Lernenden - Vorwissen zur Regionalgeschichte aus dem Geschichtsunterricht - Aspekte aus dem Geografieunterricht/Landeskunde: Landkreise in M-V im Vergleich mit dem Landesaufbau im 19. Jh. (Kartenarbeit) Betrachtung von Bildmaterial: - Inszenierungsfotos als Bilderreihe, die in eine mögliche Reihenfolge gebracht werden müssen (kann auch mit niederdeutschen Bildbeschreibungen kombiniert werden und so Schreib- bzw. Sprechanlass bieten (siehe TK1.A5) - Comic DE MUURD ohne Texte – worum könnte es gehen? (siehe TK1.A3) Ausschnitt aus Medien/Filmmaterial: - z.B. der Beginn von „Titanic“ (1997): Warum freut sich Leonardo DiCaprios Rolle Jack so sehr, das Ticket für die Überfahrt nach Amerika zu gewinnen? - Lied „I like to be in America“ aus „West Side Story“ mit unterschiedlichen Sichtweisen auf das „Gelobte Land“ Anknüpfung an Themenkompex „Wer bin ich“ im RP Niederdeutsch: - familiäre Biografiearbeit/Stammbaum -> Wer oder was waren meine Vorfahren? Eine selbstständige Lektürephase wird nicht empfohlen, vielmehr sollte ein schrittweises gemeinsames Erschließen mit Hilfe der Audiodateien im Fokus stehen. Gleichwohl bietet sich eine kapitelweise Ausgliederung zum eigenständigen Lesen bzw. Lesen und Hören zu Hause in Kombination mit einzelnen Aufgabenstellungen an. Das Textbuch ist eine für die Inszenierung und das Hörspiel gekürzte und bearbeitete Fassung des Versepos. In der Orthografie folgt der Text, auf den sich die folgenden Materialien beziehen, soweit möglich den Regeln von Prof. Renate Herrmann-Winter. Es kann aber auch eine Textvariante in Originalschreibweise genutzt werden, da der RP Niederdeutsch eine Lektüre im Original vorschlägt.6 Reuter beschreibt die Ereignisse chronologisch und an wichtige Termine im bäuerlichen Jahresablauf geknüpft. Eine Ausnahme bildet das letzte Kapitel DAT ENN, das nach einem Zeitsprung von zehn Jahren spielt. Im Folgenden seien die einzelnen Kapitel von Textbuch und Versepos und ihr jeweiliger Inhalt gegenübergestellt. 6 Folgt der Volksausgabe der „Sämtlichen Werke“ aus dem Jahr 1900 5
Hörspiel Versepos DE NOT [Reuter: DE NOTH] Juni. Jehann wartet auf Marik. Unter dem Herzen trägt sie sein Kind. Damit sie heiraten können, bevor ihr Übertreten des 6. Gebotes sichtbar wird, brauchen sie aber ein Heim. Jehann berichtet, was er alles dafür unternommen hat: Er hat sich erkundigt, ob sie beide in die Gebiete des Herzogs ziehen können. Die Aus-sichten dafür sind schlecht, aber ihnen bleibt ja immer noch die Möglichkeit, es so wie die Kramersdörper zu machen und nach Amerika zu gehen. Marik aber lehnt ab, sie kann ihren kranken Vater auf keinen Fall zu-rücklassen. Jehann will ihren Gutsherrn um Hüsung bitten. Er ist sein bester Knecht, jung, gesund und gewillt, hart zu arbeiten. Marik weiß allerdings, dass der Herr ihnen nicht helfen wird, denn es gibt da etwas, was Jehann nicht weiß. --- DE BRAND Ein Gewitter ist aufgezogen. Als der Blitz einschlägt und den Müllershof in Brand setzt, befielt der Herr den Knechten und Mägden, sein Haus zu schützen, statt dort zu löschen. Doch der kleine Sohn des Müllers ist noch im Haus. Jehann widersetzt sich dem Herrn und rettet das Kind aus dem Feuer. Er zieht damit den Ärger des Herrn auf sich. DE SCHIMP Ein Sonntagmorgen. Der alte Knecht Daniel spricht Jehann darauf an, wie sehr er sich im Vergleich zu früher verändert hätte. Er sei jähzorniger geworden, unzufriedener. Daniel rät ihm zu Zurückhaltung, kann den jungen Mann aber besser verstehen, als dieser denkt: Auch Daniel war einst verliebt in eine junge Frau, doch diese Liebe zerbrach an der Willkür und Macht seines Herrn, der sich das Recht der ersten Nacht nahm. Jehann ist entsetzt über diese Enthüllung, über die Duldsamkeit des Alten und die Flucht in sei-nen Glauben. Würde ihm so etwas geschehen, er würde sich zur Wehr setzen! DE HASS DE HASS Juli. Eine Pause beim Mähen der Felder. Jehann und Marik Juli. Eine Pause beim Mähen der Felder. Jehann und Marik kuscheln sich abseits von den anderen anein-ander, da kuscheln sich abseits von den anderen anein-ander, da erscheint gut gelaunt der Herr. Jehann will die Gelegenheit erscheint gut gelaunt der Herr. Jehann will die Gelegenheit nutzen und ihn um ein Heim und die Erlaubnis zum nutzen und ihn um ein Heim und die Erlaubnis zum Heiraten bitten. Marik fürchtet die Ablehnung und behält Heiraten bitten. Marik fürchtet die Ablehnung und behält Recht: Als der Herr erfährt, wer Jehanns Braut ist, verhöhnt Recht: Als der Herr erfährt, wer Jehanns Braut ist, verhöhnt er ihn und lässt ihn stehen. Marik muss Jehann ihr er ihn und lässt ihn stehen. Marik muss Jehann ihr Geheimnis offenbaren, dass sie sich dem Herrn verweigert Geheimnis offenbaren, dass sie sich dem Herrn verweigert und dieser deshalb einen Hass auf sie hat. und dieser deshalb einen Hass auf sie hat. Jehann reagiert abgestoßen und mit Wut, die er beim Mähen kanalisiert. Erste Risse in ihrer Beziehung werden offenbar. DE GRULL September. Jehann hängt düsteren Gedanken nach. Da kommt unvermutet Marik vorbei. Sie war gerade bei der Herrin, denn eine Nachbarin hatte ihr geraten, die fromme Frau um Hilfe und Beistand zu bitten. Doch Hohn und Demütigung gab es stattdessen, auch vom Pastor, der dabeisaß. Vor der ganzen Gemeinde solle sie auf dem Schandstuhl sitzen, diese mittelalterliche Bestrafung wäre das richtige! Jehann reagiert höhnisch: Die Reichen sind doch die, die sich nur an Gottes Gebote halten, wenn es ihnen passt! Marik fühlt sich von allen verlassen, nicht mal mehr bei Jehann findet sie Halt und Geborgenheit. Jehann ist erschüttert von dieser Offenbarung. DE SORG DE LUST November, Hubertustag. Marik bittet Daniel, dass der Herr November, Hubertustag. Marik bittet Daniel, dass der Herr einen Arzt für ihren Vater holen lassen möge. Der Herr will einen Arzt für ihren Vater holen lassen möge. Der Herr will gerade zur Jagd ausreiten. Als er hört, dass es nur um den gerade zur Jagd ausreiten. Als er hört, dass es nur um den alten und kranken Tagelöhner geht, winkt er ab. Hier ist alten und kranken Tagelöhner geht, winkt er ab. Hier ist doch schon alles zu spät! Doch dann kommt die Nachricht: doch schon alles zu spät! Mit seiner Jagdgesellschaft hetzt Ein Hengst hat Harnbeschwerden! Sofort werden alle er einen stattlichen Hirsch, der extra für diesen Tag Befehle erteilt, einen Tierarzt für das teure Tier zu herangezogen wurde. beschaffen. Voll Bitterkeit erfüllt Daniel den Befehl: „... Die Jagd und die Begegnung des Herren mit zwei stilisierten kümmt mal eins an mi de Reih, denn wull ’k, ik wier ein Bauernfiguren (Buer Swart und Buer Witt) stehen leiwes Veih...“ exemplarisch für die Hierarchien und den Umgang der 6
unterschiedlichen Stände miteinander. Als später die Jagdgesellschaft feiert, tritt besorgt der Inspektor ein: Ein Hengst hat Harnbeschwerden! Sofort werden alle Befehle erteilt, einen Tierarzt für das teure Tier zu beschaffen. Voll Bitterkeit erfüllt Daniel den Befehl: „... kümmt mal eins an mi de Reih, denn wull ’k, ik wier ein leiwes Veih...“ DE DOD DE DOD Marikens Vater liegt auf dem Sterbebett. Er hat längst Marikens Vater liegt auf dem Sterbebett. Er hat längst bemerkt, dass seine Tochter ein Kind erwartet, kann ihr und bemerkt, dass seine Tochter ein Kind erwartet, kann ihr und Jehann aber nur den Rat geben auszuhalten, zu dulden und Jehann aber nur den Rat geben auszuhalten, zu dulden und auf Gott zu vertrauen. Er bittet seinen alten Freund Daniel, auf Gott zu vertrauen. Er bittet seinen alten Freund Daniel, auf die beiden Acht zu geben und stirbt. Jehann fühlt trotz auf die beiden Acht zu geben und stirbt. Brauchhandlungen seiner Trauer Erleichterung, denn nun hält ihn und Marik im Umgang mit den Ver-storbenen werden beschrieben. nichts mehr, und sie können nach Amerika. Doch Marik Nach der Erledigung der nötigen Besorgungen kehrt Jehann will nichts davon hören. Wie kann er in diesem Moment an zu Marik zurück. Er fühlt trotz seiner Trauer Erleichterung, neue Hoffnung, an bessere Tage glauben? denn nun hält ihn und Marik nichts mehr, und sie können nach Amerika. Doch Marik will nichts davon hören. Wie kann er in diesem Moment an neue Hoffnung, an bessere Tage glauben? DE MUURD DE MURD Im ersten Schnee, ohne großes Geleit wurde Oll Brand zu Im ersten Schnee, ohne großes Geleit wurde Oll Brand zu Grabe getragen – „Nich as ein Minsch, nee, as ein Hund!“ Grabe getragen – „Nich as ein Minsch, nee, as ein Hund!“ Jehann hält nun nichts mehr im Ort, es gibt keinen Grund Jehann hält nun nichts mehr im Ort, es gibt keinen Grund mehr, sich unterdrücken zu lassen. Von Brands Bestattung mehr, sich unterdrücken zu lassen. Von Brands Bestattung heimkehrend, platzen in einem heftigen Wortgefecht mit heimkehrend, gehen ihm die Pferde durch, er lässt seine dem Herrn Angst, jahr-zehntelang unterdrückte Wut und Wut an den Tieren aus. Daniel ermahnt zur Mäßigung. In Verzweiflung aus Jehann heraus. Ein Schlag mit der diesem Moment tritt der Herr hinzu. In einem heftigen Reitpeitsche führt zum ersten Mal zu Gegenwehr, und Wortgefecht mit ihm platzen Angst, jahrzehntelang Jehann ersticht seinen Herrn im Affekt. Mit Daniels Hilfe unterdrückte Wut und Verzweiflung aus Jehann heraus. Ein kann er fliehen, bevor der Inspektor erscheint. Schlag mit der Reitpeitsche führt zum ersten Mal zu Gegenwehr, und Jehann ersticht seinen Herrn im Affekt. Er ergreift die Flucht, der Inspektor nimmt mit anderen die Verfolgung auf. Daniel beobachtet und beschreibt das Geschehen, bei dem der Inspektor einen Unfall hat und schwer verletzt wird. DE FLUCH Die Nacht nach dem Mord. Daniel hat sich zum vereinbarten Treffpunkt im Wald geschlichen, bringt Jehann ein wenig Geld für die Flucht. Trotz dieser Hilfe: Er sieht Jehann durch dessen unentschuldbare Tat aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Auch wenn er ihn liebt wie einen eigenen Sohn, sich dergestalt über die gottgegebene Gesellschaftsordnung zu erheben, ist Frevel. Jehann muss erkennen, dass es für ihn und Marik keine gemeinsame Zukunft gibt. Er verflucht die Scheinheiligkeit und Niedertracht in seinem Vaterland und alle, die mit ihren Gesetzen und ihrem Verhalten daran Schuld tragen, dass es so weit kommen musste. Aber auch alle, die sich nicht gegen die herrschende Ungerechtigkeit zur Wehr setzen. Dann verschwindet er in die Nacht. DE VERTWIEFLUNG DE VERTWIEFLUNG Heiligabend. Marik sitzt mit ihrem neugeborenen Sohn in Heiligabend. Marik sitzt mit ihrem neugeborenen Sohn in der kalten Kammer und lauscht auf die un-heimlichen der kalten Kammer und lauscht auf die un-heimlichen Geräusche der Nacht. Kein Lebensmut, keine Hoffnung, Geräusche der Nacht. Kein Lebensmut, keine Hoffnung, kein Gefühl der weihnachtlichen Wärme. Da poltert die kein Gefühl der weihnachtlichen Wärme. Da poltert die Nachbarin mit einer alten Wiege herein. Ihre eigenen Nachbarin mit einer alten Wiege herein. Ihre eigenen Kinder sind groß genug, sie braucht sie nun nicht mehr. Kinder sind groß genug, sie braucht sie nun nicht mehr. Kaum ist die Nachbarin wieder verschwunden, betritt der Kaum ist die Nachbarin wieder verschwunden, betritt der Inspektor die Kate. Er teilt Marik mit, dass sie auf ein Inspektor die Kate. Er teilt Marik mit, dass sie auf ein 7
Nebengut ziehen soll, was sie teilnahmslos hinnimmt. Doch Nebengut ziehen soll, was sie teilnahmslos hinnimmt. Doch dann lässt er die Bombe platzen: Das Baby soll nicht mit, es dann lässt er die Bombe platzen: Das Baby soll nicht mit, es soll in Pflege gegeben werden! Marik greift in wilder soll in Pflege gegeben werden! Marik greift in wilder Raserei ihr Kind, läuft damit in die Winternacht und zur Raserei ihr Kind, läuft damit in die Winternacht und zur Herrin. Doch wieder stößt ihr Flehen dort auf taube Ohren. Herrin. Doch wieder stößt ihr Flehen dort auf taube Ohren. Ohnmächtig und im Wahn bricht sie auf dem Weg nach Deutlich setzt Reuter die Herzlosigkeit, Bigot-terie und Hause zusammen, wo Daniel sie findet. Dank der Pflege der Exzentrik der Herrin gegen die Verzweiflung Mariks. Nachbarn überleben das Kind und Marik, aber sie verliert Ohnmächtig und im Wahn bricht Marik auf dem Weg nach den Verstand: „Wat all gescheihn, ehr was’t verswunnen/... Hause zusammen, wo Daniel sie findet. Dank der Pflege der Uns‘ Herrgott harr ein Utwech funnen.“ Nachbarn überleben das Kind und Marik, aber sie verliert den Verstand: „Wat all gescheihn, ehr was’t verswunnen/... Uns‘ Herrgott harr ein Utwech funnen.“ DE NACHT DE NACHT Pfingsten. Ein neuer Frühling ist angebrochen. Daniel Pfingsten. Ein neuer Frühling ist angebrochen. Die Kinder kümmert sich liebevoll um Marik, das Kind wird von der und Erwachsenen genießen die warmen Sonnenstrahlen. Nachbarin aufgezogen. Aber Marik lebt in ihrer eigenen Daniel kümmert sich liebevoll um Marik, das Kind wird von Wirklichkeit, in der sie die weißen Frauen im Teich tanzen der Nachbarin aufgezogen. Aber Marik lebt in ihrer eigenen sieht und rufen hört. Mehrfach will sie diesen Stimmen Wirklichkeit, in der sie die weißen Frauen im Teich tanzen folgen, und einmal ist Daniel nicht rechtzeitig da, um sie sieht und rufen hört. Mehrfach will sie diesen Stimmen aufzuhalten. Marik wird tot im Schilf gefunden. folgen, und einmal ist Daniel nicht rechtzeitig da, um sie aufzuhalten. Marik wird tot im Schilf gefunden und als Selbstmörderin in Schande an der Friedhofsmauer begraben. DE KLÅCH DE KLAG‘ Ein kurzes, zweistrophiges Intermezzo, das Reuter in Ein kurzes Intermezzo, das Reuter in strophischer Form strophischer Form einfügt, um dem Leser die Gelegenheit einfügt, um dem Leser die Gelegenheit zum Innehalten zu zum Innehalten zu geben und um den Zeitsprung zu geben und um den Zeitsprung zu etablieren. Je nach etablieren. Werkausgabe umfasst es vier oder acht Strophen. DAT ENN DAT ENN Zehn Jahre später. Ein Fremder nähert sich dem grau Zehn Jahre später, das Leben im Dorf hat sich gewordenen Daniel. Es ist Jehann! Jehann weiß von Mariks weitergedreht, die Herrin ist ebenfalls schon lange Schicksal und kommt zurück, um seinen Sohn zu holen. Der begraben, ihr Grabstein lobt ihre Tugenden. Der grau Alte fragt ihn, ob er in der so heiß ersehnten Freiheit sein gewordene Daniel angelt am Teich. Ein Fremder nähert Glück gefunden hat. Glück gab es für Jehann nicht, denn sich. Es ist Jehann! Jehann weiß von Mariks Schicksal und der Mord und was er nach sich zog, lag und liegt ihm auf kommt zurück, um seinen Sohn zu holen. Der Alte fragt ihn, dem Gewissen. Aber er kann gegen all die Geschichten, die ob er in der so heiß ersehnten Freiheit sein Glück gefunden Daniel über Auswanderer gehört hat, die elend zu Grunde hat. Glück gab es für Jehann nicht, denn der Mord und was gegangen sind, auch die Geschichten derjenigen stellen, die er nach sich zog, lag und liegt ihm auf dem Gewissen. Aber mutig ihr Schicksal in die Hand nahmen und ihren Kindern er kann gegen all die Geschichten, die Daniel über in Amerika ein besseres Leben aufbauen konnten. Und so Auswanderer gehört hat, die elend zu Grunde gegangen soll es auch seinem Sohn ergehen. Jehann wird seine Tat nie sind, auch die Geschichten derjenigen stellen, die mutig ihr loslassen, aber für seinen Sohn wird sie zum Segen werden: Schicksal in die Hand nahmen und ihren Kindern in „De Dåt is mien! De Segen sien! – Frie sall hei sin! Frie sall Amerika ein besseres Leben aufbauen konnten. Und so soll hei sin!“ es auch seinem Sohn ergehen. Jehann wird seine Tat nie loslassen, aber für seinen Sohn wird sie zum Segen werden: „De Dåt is mien! De Segen sien! – Frie sall hei sin! Frie sall hei sin!“ Die Textfassung wird in drei Varianten zur Verfügung gestellt: 1. mit Inszenierungsfotos von 2016, 2. ohne Inszenierungsfotos und 3. ohne Inszenierungsfotos in der Reuter-Schreibweise für eine Arbeit auf erhöhtem Anforderungsniveau 8
Denkbar wäre folgendes Vorgehen bei der Lektüre: Erstbegegnung DE NOT gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 13:30 DE BRAND – nur bei Stilles Lesen oder Lese-Dauer ca. 8:00 mittlerem und erhöhtem Lehrervortrag Anforderungsniveau DE SCHIMP gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 8:00 DE HASS gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 6:00 DE GRULL gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 7:00 DE SORG gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 4:00 DE DOD gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 10:00 DE MUURD Vorbereitendes Lesen des Lese-Dauer gemäß Audio- Comics zuhause Datei: ca. 7:00 DE FLUCH gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 7:00 DE VERTWIEFLUNG Vorbereitendes Lesen und Lese-Dauer gemäß Audio- Hören zuhause Datei: ca. 17:30 DE NACHT gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 7:00 DE KLÅCH Lautes Lesen, ggf. auswendiger Teil der Audiodatei „Kapitel Vortrag 10: De Nacht“ (ab 6:30), Lese- Dauer gemäß Audio-Datei: ca. 1:00 DAT ENN gemeinsam lesen und hören Lese-Dauer gemäß Audio- Datei: ca. 15:00 Wie die Kapitel mit den unterschiedlichen Themenkomplexen verknüpft werden können, wird auf den folgenden Seiten deutlich. 9
Vorschau auf Themenkomplex 1 Zur Lektüre
Vorschau auf Themenkomplex 1 Zur Lektüre Einleitende Zusammenfassung Dieser Themenkomplex gibt zum Ein-stieg Einleitende einen Überblick über die Unterschiede zwischen Versepos und Theater- bzw. Zusammenfassung Hörspielfassung. Die Lektürephase wird organisiert und mögliche Materialien zum Erschließen und Fixieren der Inhalte sowie zur fächerübergreifenden Diskussion geboten. Das Hörspiel und die Handreichung beziehen sich auf die bearbeitete und gekürzte Fassung des Versepos für die Fritz-Reuter-Bühne Schwerin von Ulrike Stern, Bernd Zu den Unterschieden Reiner Krieger und Rudolf Korf aus dem Jahr 2016. Eine Bearbeitung für die Bühne zwischen Versepos ist grundsätzlich von verschiedenen, teils organisatorischen Faktoren abhängig: In und Theater-/ welcher Spielstätte wird die Inszenierung aufgeführt? Sind Gastspiele geplant? Hörspielfassung Welche Besetzung ist notwendig, aber auch personell und finanziell umsetzbar? Wie verhält es sich mit der technischen Umsetzbarkeit sowohl bei den Bühnenbauten, als auch bei Kostüm und Maske? Inhaltlich bedingen die Besonderheiten des Mediums Theater die notwendigen Änderungen: Durch das visuelle Element können Situa- tionen, Gefühle oder auch Beziehungen der Figuren untereinander gezeigt und müssen nicht über den Text transportiert werden. Was sonst der Fantasie der Leser überlassen bleibt, wird durch das Regiekonzept, Geräusche und Beleuchtung und nicht zuletzt die Darsteller in eine bestimmte Richtung kanalisiert. Hinzu kommt, dass der Thea- terabend ein in sich geschlossenes Ereignis ist, während das Lesen des Textes in individuellem Tempo und mit Unterbrechungen geschieht. Dies muss bei der Länge der Bühnenfassung, also bei der Dauer der Aufführung, berücksichtigt werden. Realistisch ist eine maximale Stückdauer von 2,5 Stunden inklusive Pause, auch wenn Ausnahmen natürlich möglich sind. Das Abwägen dieser Faktoren führte bei der In- szenierung 2016 zu mehreren teils deutlichen Kürzungen und Umstellungen im Werk. Einige sollen exemplarisch genannt werden: Am eklatantesten ist wohl die Streichung des zweiten Kapitels „De Brand“, in dem ein Blitzeinschlag zum Brand im Haus des Müllers führt. Während der Gutsherr den Dorfbewohnern und Tagelöhnern befiehlt, sein Gutshaus vor einem Übergreifen der Flammen zu schützen, beginnt der Knecht Jehann mit dem Löschen. Er widersetzt sich nicht nur dem direkten Befehl, sondern verletzt den Herren dabei, der den Wagen mit dem Löschwasser aufhalten will. Dass Jehann das Kind der Müllersfamilie aus dem brennenden Haus rettet und von den Dorfbewohnern – und besonders Marik – dafür bejubelt wird, verstärkt die Wut des Herren und seine Missgunst. Dieses Kapitel fügt der Beziehung von Herr und Jehann zwar einen wichtigen Aspekt hinzu, musste in der Bühnenfassung aber aus technischen Gründen entfallen. Die Darstellung des Brandes, die aufgeregten Menschenmassen, die Rettung aus den Flammen etc. wäre zu aufwendig gewesen und die Gefahr zu groß, der Situation nicht gerecht zu werden. Ebenfalls gestrichen wurden u.a. längere Passagen im Kapitel „De Lust“: die Jagd auf den Hirschen als Sinnbild für den Freiheits- und Überlebenskampf und die Niederschlagung desselben durch die überlegene, die herrschende Klasse, sowie die Begegnung des Bauernpaares Buer Swart und Buer Witt mit dem Gutsherrn und der Jagdgesellschaft, die exemplarisch für ihren Stand und sein Denken und Verhalten stehen. Diese drastischen Eingriffe in das Werk wurden für eine auf die eigentlichen Protagonisten konzentrierte Inszenierung notwendig. Das Regiekonzept von Bernd Reiner Krieger baute ge- wissenmaßen auf einem zweifachen Jehann auf: Die Erzählerfigur im Versepos wurde als alter ego von Jehann interpretiert, der sich, alt geworden, an seine Geschichte erinnert und sie dem Publikum erzählt. Die Geschehnisse spielen sich quasi vor seinem inneren Auge noch einmal ab. 11
Dies hatte zur Folge, dass sich der alte und der junge Jehann (gespielt von Andreas Auer bzw. Jens Tramsen) auf der Bühne begegneten, was reizvolle Spannungs- momente erzeugte. Zur Unterstützung dieses Berichtes des alten Jehann wurde die Struktur des Versepos - die Einteilung in Kapitel mit jeweils eigenen Überschriften - übernommen, die auch in den Umbauten zwischen den einzelnen Kapiteln bzw. Szenen visualisiert wurden. Das Kapitel „De Lust“ wurde dabei allerdings im Sinne der inhaltlichen Chronologie in „De Sorg“ umbenannt. Auch beim Personal musste zusammengefasst werden, was Auswirkungen auf die Figurenkonstellation hat: Von der Herrschaftsfamilie tritt nur der Herr selbst, nicht aber seine bigotte Ehefrau auf; beider Kind wird im Gegensatz zum Versepos nicht erwähnt. Während dort auf der Seite der Dorfbewohner unterschiedliche Figuren eine Rolle spielen (die Müllersfrau Fru Rosenhagen, die Nachbarin Toppelsch, der Gutsinspektor, der Statthalter Brümmer, die Bauern Witt und Swart, weitere teils namentlich benannte Knechte, Mägde, Bauern und Kinder), konzentrierte sich die Theaterfassung auf die Hauptfiguren Jehann, Marik, Daniel und Oll Brand und fasste die anderen in nur einer Nachbarsfrau, einem Gutsinspektor und in einer kleinen Gruppe an nicht weiter benannten Bewohnern zusammen, letztere gespielt von Statisten, die auch die offenen Umbauten realisierten. Auch weitere Personengruppen im Umfeld der Herrschaftsfamilie wurden weggelassen. Nicht verzichtet wurde allerdings auf die Kinderrolle des Sohnes von Jehann, den er zehn Jahre nach den Ereignissen zu sich nimmt. Als Grundlage für die Handreichung wird der Text der Theaterfassung bis auf minimale Anpassungen an die Audioaufnahmen beibehalten. Zur Wahl stehen das Textbuch in Reuter-Orthografie und in der Orthografie nach Renate Herrmann- Winter.1 Der Rahmenplan empfiehlt, das Werk im Original zu lesen, da die Theaterfassung aber schon in einer modernen Orthografie vorlag, war der Schritt zu einer Bearbeitung nach Herrmann-Winter nur konsequent, um den Zugang zum Werk zu erleichtern. Auch die Interpunktion wurde in dieser Variante angepasst. Durch diese beiden Textbuchfassungen können die unterschiedlichen Kompetenz- niveaus der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt werden, bei denen von einer großen Heterogenität ausgegangen werden muss. Darüber hinaus ergibt sich daraus die Möglichkeit, einzelne Passagen zu einem Orthografie-Vergleich heranzuziehen. Materialien Materialien Aneignung Aneignung Grundlegendes Niveau: Grundlegendes Niveau Da davon ausgegangen wird, dass der Text wie ein fremdsprachlicher Text behandelt werden muss, wird eine schrittweise gemeinsame Lektüre empfohlen. Es wechseln dabei gemeinsames Lesen und Stilllesephasen. Die einzelnen Kapitel haben eine reine Lesezeit zwischen 4 und 17,5 Minuten. Der Fokus muss dabei auf dem Leseverstehen liegen, eine parallele Nutzung der Audio-Dateien erleichtert dies. Diese können darüber hinaus das selbstständige laute Lesen vorbereiten. Zur Zwischenmotivation dient die Comic-Variante vom Kapitel DE MUURD, die im erhöhten Niveau auch Teil der Anwendungs- und Transferaufgaben ist. TK1.A1. Textbuch des Hörspiels (Herrmann-Winter-Schreibweise) TK1.A2. Textbuch des Hörspiels (Reuter-Schreibweise) TK1.A3. Comic-Variante „DE MUURD“ 1 Herrmann-Winter, Renate: Plattdeutsch-hochdeutsches Wörterbuch, 3. Auflage 1990 und Herrmann-Winter, Renate: Neues hochdeutsch-plattdeutsches Wörterbuch, 2. Auflage 2003, beide erschienen bei Hinstorff 12
Mittleres Niveau Mittleres Niveau Zusätzlich zum Textbuch Kapitel DE BRAND (Schreibung anpassen). Es empfiehlt sich, die Entscheidung für oder gegen die Aufnahme des Kapitels schon zum Beginn der Unterrichtsphase zu fällen, da es sich dabei um das eigentlich zweite Kapitel handelt und sich Konsequenzen für einige Arbeitsblätter ergeben. Da es zu diesem Kapitel im Hörspiel keine Audiodatei gibt, muss hier auf stilles Lesen oder den Vortrag durch die Lehrkraft zurückgegriffen werden.2 TK1.A4. DE BRAND Erhöhtes Niveau Erhöhtes Niveau Auch bei der Beschäftigung auf erhöhtem Niveau sollte das Kapitel DE BRAND (TK1.A4.) in die Lektüre aufgenommen werden. Zusätzlich sollte das Original- Kapitel DE MUURD aus dem Versepos in ungekürzter Form gelesen werden. In beiden Kapiteln sind die Beweggründe und Abläufe, die zum Mord führen, differenzierter dargestellt und bieten somit eine bessere Verständnis- und Diskussions- grundlage. TK1.A5. DE MUURD Anwendung Anwendung Zu den derzeit geplanten Materialien zählen zum Beispiel Arbeitsblätter zur Personencharakteristik und den Inhalten des Werks, ein Padlet mit frei verschiebbaren Inszenierungsfotos zur Fixierung des Handlungsablaufs, ein Arbeitsblatt zu den jahreszeitlichen Bezügen, das an den Themenkomplex 4 „Brauchtum“ anknüpft, Arbeitsanregungen zur örtlichen Einordnung des Werkes mit Bezug zum Themen- komplex 3 „Regionalgeschichte“ u.a.. Die Methode des Lesetagebuches hilft, den Leseprozess zu strukturieren und Ergebnisse festzuhalten. Die unterschiedlichen Anforderungsniveaus spiegeln sich in unterschiedlichen Aufgabenstellungen sowie in der sprachlichen Ausgestaltung. Transfer Transfer Im Transferbereich werden funktionale kommunikative Kompetenzen wie die Sprachmittlung und Text- und Medienkompetenz angeregt, zum Bespiel mit einer Aufgabe wie „Schreibe einen hochdeutschen Zeitungsbericht über den Brand und Jehanns Heldentat.“ (Kap. DE BRAND). Durch die Diskussion von Fragen wie „Was ist Freiheit?“ oder „Wie ist Jehanns Tat einzuordnen: Mord, Totschlag oder Notwehr?“ (Kap. DE MUURD) wird ein fächerübergreifendes Arbeiten mit Bezug zu den Fächern Philosophie/Religion/Ethik angeregt. 2 Dem KND liegt eine Audio-Datei vor, in der das Kapitel von Gerd Micheel gelesen wird. Die Quelle ist derzeit unbekannt, daher wird sie vorerst nicht in die Materialien aufgenommen. 13
Vorschau auf Themenkomplex 2 Der Autor und sein Werk
Vorschau auf Themenkomplex 2 Der Autor und sein Werk Einleitende Zusammenfassung Dieser Themenkomplex beinhaltet Einleitende biografische Informationen zu Fritz Reuter, auf erhöhtem Anforde- Zusammenfassung rungsniveau auch im kontrastierenden Zusammenhang mit dem Autor Klaus Groth, da davon ausgegangen werden kann, dass die Reuter- Biografie schon in anderen Jahrgangstufen behandelt wurde. Zusätzlich werden Materialien zur Entstehung des Versepos angeboten. Materialien Materialien Aneignung Aneignung Grundlegendes Niveau Grundlegendes Niveau TK2.A1. Biografie von Fritz Reuter Der Fließtext vermittelt die Stationen im Leben Reuters und nennt die wichtigsten Werke. Für eine niederdeutsche und kürzere Variante sei auf „Platt mit Plietschmanns“ verwiesen.1 TK2.A2. Video „Goldhofers Zeitreise 66 – Fritz Reuter“ (youtube-Link) Ein ca. 18 minütiges Video zum Leben Fritz Reuters, produziert vom Online- Sender MV1, einer Plattform von privaten TV-Produzenten in und aus Mecklenburg-Vorpommern. TK2.A3 Fritz Reuter über „Kein Hüsung“ Eine Sammlung von Zitaten, vorrangig aus Briefen Reuters an unterschiedliche Adressaten. Mittleres Niveau Mittleres Niveau TK2.A4. Text zur literaturgeschichtlichen Einordnung Reuters Welche literarischen Strömungen sind im 19. Jahrhundert zu beobachten, und wie ist Fritz Reuter als Schriftsteller dort einzuordnen? Obwohl „Kein Hüsung“ auch innerhalb der neuniederdeutschen Literatur eine Sonderstellung einnimmt, soll anhand dieses Grundlagentextes erst einmal eine Verortung des Autors im gesamtsprachlichen Literaturkanon vorgenommen werden. Dieser Text ist als TK7.A1. auch im Themenkomplex 7 „Dramentheoretische Einordnung“ vorhanden. Erhöhtes Niveau Erhöhtes Niveau TK2.A5. Hörspiel „De Ehrengäst“ „Eine niederdeutsche Geisterbeschwörung“ lautet der Untertitel des Hörspiels von Volker Janssen, produziert von NDR und Radio Bremen, erschienen 2019 im Tennemann Buchverlag. Und das ist es auch, denn die Geister von Reuter und Groth sind im NDR-Studio zum Interview geladen, wobei sie sich über ihre Lebensläufe und unterschiedlichen Auffassungen unterhalten und die Zuhörer zu unterschiedlichen Stationen ihres Lebens mitnehmen. Eine unterhaltsame und hochwertige Produktion. Gesamtspieldauer: ca. 53 Minuten, ISBN 978-3-941452-68-8 1 Erschienen im Hinstorff Verlag Rostock 2019, S. 208/209. Der dortige Text enthält allerdings eine fehlerhafte Datumsangabe zur Entlassung aus der Festung Dömitz. Da 2021 eine zweite, überarbeitete Ausgabe erscheinen soll, könnte die genannte Seitenangabe dann veraltet sein. 15
Anwendung Anwendung Um die wichtigsten Daten aus dem Lebenslauf von Fritz Reuter (TK2.A1) zu filtern und in einer anderen Form und einem anderen Medium zu präsentieren, eignet sich die Erstellung eines Zeitstrahls, zum Beispiel mit der digitalen Pinnwand Padlet. Ein Beispiel dafür ist hier zu finden. Auf mittlerem Niveau kann die Einordnung Reuters in den poetischen Realismus anhand eines Textbeispiels nachvollzogen werden, wobei auch der Blick auf weitere Passagen des Versepos geöffnet werden kann. Auf erhöhtem Niveau sollen die biografischen Daten zu Fritz Reuter und Klaus Groth aus dem Hörspiel herausgehört und miteinander verglichen werden. Transfer Transfer Im Transferbereich wird ein Bezug zum Geschichtsunterricht hergestellt, indem die Biografie Reuters mit Daten der Zeitgeschichte gegenübergestellt werden sollen. Als darauf aufbauende Aufgabe für das mittlere Anforderungsniveau ist vorstellbar, dass die Schülerinnen und Schüler in Paararbeit ein Interview mit Fritz Reuter über sein Leben erarbeiten und präsentieren. Wird Klaus Groth ebenfalls behandelt, kann die Aufgabe mit erhöhtem Anforderungsniveau auch als Gruppenaufgabe und mit den drei Personen Interviewer, Reuter und Groth umgesetzt werden. 16
Vorschau auf Themenkomplex 3 Regional- geschichte
Vorschau auf Themenkomplex 3 Regionalgeschichte Einleitende Zusammenfassung Dieser Themenkomplex bietet regio- Einleitende nalgeschichtliche Hintergrundinformationen zur Verwaltungsgeschich- Zusammenfassung te Mecklenburgs, die zum Verständnis des Werkes unabdingbar sind. Ergänzt wird diese Hintergrundliteratur durch einen zeitgenössischen Vortrag über die agrarischen Zustände Mecklenburgs von Moritz Wiggers sowie einen Aufsatz aus dem Jahr 1901, der die Wohn- verhältnisse der Landbevölkerung schildert und eine Querverbindung zum Themenkomplex 6 „Geschlechterrollen und Geschlechter- klischees“ bietet. Der Fokus der vorgeschlagenen Arbeitsaufträge liegt weniger beim Erschließen der Sekundärliteratur als auf dem Herstellen von Bezügen zum Versepos. Die Leseverstehenskompetenz wird im erhöhten Niveau gefördert, wo es einen der Grundlagentexte in niederdeutscher Sprache gibt. Materialien Materialien Aneignung Aneignung Grundlegendes Niveau: Grundlegendes Niveau TK3.A1. Text 1 zur Verwaltungsgeschichte Mecklenburgs „In’t Fürstlich dürft Kein ‘rinner teihn,/de nich geburen wier dorin.“ – Die Verwaltungsstruktur mit einer Dreiteilung in Gebiete des Großherzogs, der Ritterschaft und der Städte und einem feudalen Ständesystem machte die beiden mecklenburgischen Großherzogtümer im 19. Jahrhundert zu den rückständig- sten Gebieten des Deutschen Kaiserreichs. TK3.A2. Text 2 zur Verwaltungsgeschichte Mecklenburgs Während Text 1 eher die Struktur des Landes behandelt, fokussiert Text 2 die Verfassung, deren Grundlage bis 1918 der „Landesgrundgesetzliche Erbver- gleich“ aus dem Jahr 1755 war. Mittleres Niveau Mittleres Niveau TK3.A3. Vortrag von Moritz Wiggers (Ausschnitt) Auf einem volkswirtschaftlichen Kongress in Frankfurt am Main hielt der deutsche Jurist und Politiker Moritz Carl Georg Wiggers (1816-1984) am 14. September 1859 einen Vortrag mit dem Titel „Über die agrarischen Zustände in Mecklenburg-Schwerin“, in denen er die agrarische Gesetzgebung anhand aktueller Zahlen und die Konsequenzen aus den „höchste eigenthümlichen“ Verhältnissen darlegt. Er prangert damit die gleichen Mißstände an, die auch Reuter im Versepos von Jehann beklagen lässt. Siehe auch TK6.A3. Sachtext „,…wiel ik em nich tau Willen was…‘ - Sittlichkeit auf dem Lande“ (Ausschnitt) Dieser Ausschnitt eines Textes von Lily Braun aus dem Jahr 1901 vermittelt grundlegende Informationen über die Wohnverhältnisse auf dem Land und fördert das Verständnis für die Lebens- und Arbeitsumstände von Jehann und insbesondere Marik. Diese werden z.B. im Kapitel DE GRULL angedeutet. Der Text wurde ausgesucht, da es sich um eine Originalquelle handelt, die die Thematik sehr gut beschreibt und verständlich ist. 18
Erhöhtes Niveau Erhöhtes Niveau TK3.A4. Text „De Struktur von dat Land Meckelnborg tau Reuter sien Tieden“ Text 1 zur Verwaltungsgeschichte kann den Schülerinnen und Schülern auch in niederdeutscher Sprache. Für eine leichtere Verständlichkeit wurde er nicht nur übersetzt, sondern auch leicht bearbeitet. TK3.A5. „Herr von Hakensterz und seine Tagelöhner – Kapitel 5“ (Ausschnitt) Schon in diesem hochdeutschen Romanfragment aus den Jahren 1847/50 kritisiert Reuter mit scharfer Satire die Zustände im Land Mecklenburg, besonders im 5. Kapitel, in dem er seine Leser zu einem fiktiven Ballonflug über das Land mitnimmt. Für das Verständnis ist eine vorherige Lektüre der Texte zur Verwaltungsgeschichte (TK3.A1. und TK3.A2.) empfehlenswert. Trotz drastischen Kürzungen hat dieser Ausschnitt noch eine erhebliche Länge, weshalb er nur dem erhöhten Anforderungsniveau zugeordnet ist. Eine Be- schäftigung damit lohnt sich jedoch auch außerhalb von „Kein Hüsung“. Anwendung Anwendung Das über die Sekundärliteratur erworbene Wissen soll anhand folgender möglicher Fragestellungen auf das Versepos übertragen werden: In welchem der drei mecklenburgischen Territorien leben Jehann und Marik? Welche Vor- und Nachteile haben die drei Territorien jeweils? Wo hättest du gern gelebt? Der Vortrag von Moritz Wiggers eignet sich für die Umsetzung mit modernen Mitteln und eine eigene Präsentation durch die Schüler*innen. Hinzugezogen werden kann dafür auch der Text von Lily Braun (TK6.A3.) und auf erhöhtem Niveau der Bericht aus Reuters Romanfragment „Herr von Hakensterz und seine Tagelöhner“. Transfer Transfer Die Möglichkeit eines Vergleiches des Landesaufbaus im 19. Jahrhundert mit dem heutigen Aufbau und der heutigen Verfassung bietet die Verknüpfung der angeeigneten Inhalte mit dem Sozialkundeunterricht, bei entsprechender Kartennutzung auch mit dem Geografieunterricht. Historische Karten sind zum Beispiel auf der Seite http://www.geoportal-mv.de/portal/ zu finden. Die Bezüge zum Geschichtsunterricht liegen auf der Hand. 19
Themenkomplex 4 Brauchtum
Themenkomplex 4 Brauchtum Einleitende Zusammenfassung Der Themenkomplex beschäftigt sich mit Einleitende Zusammenfas- ausgewählten Brauchhandlungen, die im Versepos eine Rolle spielen, und die sung behandelt werden sollten, um das Textverständnis zu unterstützen. Vertiefend werden auch Materialien zu anderen Bräuchen im Zusammenhang mit der Kornernte, die im Werk nicht explizit angesprochen werden, angeboten. Schwerpunkt ist die Wissensaneignung, wobei vor allem Bezüge zum Ge- schichtsunterricht bestehen. Innerhalb des Rahmenplans Niederdeutsch beste- hen Anknüpfungsmöglichkeiten zum Themenbereich „Das öffentliche gesell- schaftliche Leben: Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“ in allen Jahrgangs- stufen. Materialien Materialien Aneignung Aneignung Grundlegendes Niveau: Grundlegendes Niveau empfohlene Textstelle (aus dem Kapitel DE HASS, Zeile 479 bis 495) JEHANN [...] Süh, kiek mål dor! Dor kümmt uns Herr! Hüt is hei fründlich.“ MARIK „Nee, Jehann!“ JEHANN „Kumm mit, Mariken, mit heran! Du mötst em binn’n, ik will em strieken; Wi will’n em noch mål birr’n, Mariken.“ MARIK „Oh, gåh allein. Ik nich. Ik nich!“ JEHANN „Ach, heff Di doch nich häwelig! Wat is denn los? Wat is dorbi?“ MARIK „Oh nee, Jehann; oh, gåh åhn mi! Hei deit ‘t nich, kricht hei mi tau seihn.“ ERZÄHLER Jehann steiht up un geiht allein Un grüßt denn Herrn un sett’t denn Haut Woll up denn Bom un striekt so kasch Un bädt sien lust’gen Riemels gaut; De Herr langt ‘rinner in de Tasch Un hålt ein Dåler ‘rut un winkt. [...] Worterläuterungen: Bom – Sensenbaum, Sensenstiel kasch – munter, lebhaft, auch: schnell Riemels – Reime TK4.A1. PowerPoint-Präsentation zu Bräuchen im Jahreskreis Die Powerpoint-Datei eignet sich als Grundlage für die Vermittlung der neun wichtigsten Termine im Jahr: Dreikönigstag, Fastnacht, Ostern, Pfingsten, Ernte, Tanz, Martinstag, Weihnachten und die sog. Zwölften. Die Präsenta- tion enthält Stichpunkte zu Brauchhandlungen, Zitate und Bilder. 21
Sie können auch lesen