Humann-Kurier Mitteilungen des Vereins der ehemaligen Lehrer und Schüler des Carl-Humann-Gymnasiums e.V.

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Humann-Kurier Mitteilungen des Vereins der ehemaligen Lehrer und Schüler des Carl-Humann-Gymnasiums e.V.
Humann-Kurier
    Mitteilungen des Vereins der ehemaligen Lehrer
    und Schüler des Carl-Humann-Gymnasiums e.V.
Heft 45                                                    August 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,          Sie in diesem Heft einige Verände-
liebe Mitglieder des Ehemaligen-        rungen finden. Der sonst übliche
vereins!                                ausführliche Bericht der Schullei-
                                        tung wird durch einen Überblick
Das „C“ im Namen unserer Schule         über den Unterricht in Corona-Zei-
steht ja gemeinhin für „Carl“, könnte   ten ersetzt, dafür gibt es diesmal ei-
allerdings, bezogen auf das             nen ausführlichen Artikel über die
2. Schulhalbjahr 2020, auch für die-    wirklich ungewöhnliche Verleihung
ses fiese Virus stehen, das, ganz       der Abiturzeugnisse inclusive der
abgesehen von seiner Gesund-            Abituransprache des Schulleiters.
heitsgefährdung, für die Schulen
und damit auch für das CHG              Wie jedes Mal, so möchte ich mich
schwerwiegende Folgen hatte. Die        auch in dieser Ausgabe im Namen
schwerwiegendste war sicherlich         des Vorstandes für Ihre Treue und
die Schließung der Schule von           Unterstützung bedanken und alle
März bis Mai. Erst einmal in all den    neuen Mitglieder herzliche willkom-
Jahrzehnten seines Bestehens            men heißen.
wurde das CHG zuvor geschlos-
sen, und zwar im 2. Weltkrieg, als      Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim
Lehrer und Schüler im Rahmen der        Lesen.
Kinderlandverschickung aus Essen
nach Ischgl und in andere Orte in                      _____________
Tirol umziehen mussten.                                      Claudia Gheno
                                                             1. Vorsitzende
Besondere Zeiten erfordern beson-
dere Maßnahmen, und so werden
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2

                          Inhaltsübersicht
    Bericht                                             Seite

    „Schulfrei“ – oder wie Unterricht
                                                           3
    in Zeiten von Corona funktioniert

    Interview mit Herrn Reuter                             5
    Abitur 2020 – in jeder Hinsicht ungewöhnlich           6
    Auf Wiedersehen – zwei Kollegen verlassen das CHG     13
    Verabschiedung von Herrn Grote-Westrich               15
    60 Jahre Abitur am CHG                                16

    Wiedersehen macht Freude –
                                                          18
    Abiturtreffen nach 30 Jahren

    Nachlese aus alten Schülerzeitungen: Ex und Hopp      19
    Theater am CHG: Messer Pomposo                        20
    Unsere Jubilare                                       22
    Gedenken                                              23
    Nachruf auf Dr. Elmar Siebenborn                      23
    Von Macht und der Verantwortung dafür                 25
    Neuanfang am Allerseelentag                           27
    1949 ging das CHG „auf Sendung“                       30
    Neues aus/über Pergamon                               33
    Verwendung der Mitgliedsbeiträge                      34
    Hier könnte Ihr Beitrag stehen!                       35
    Der Ehemaligenverein bittet um Ihre Hilfe             35
    Zur freundlichen Beachtung                            36
    Impressum                                             36
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               „Schulfrei“ – oder wie Unterricht
               in Zeiten von Corona funktioniert
Das „C“ im Namen unserer Schule steht ja eigentlich für „Carl“, könnte aber
für den Großteil des zweiten Schulhalbjahres 2020 auch für das fiese Virus
stehen, das das öffentliche Leben zeitweise fast lahmlegte und immer noch
stark bestimmt.
Auch für die Schulen hat die Pandemie tiefe Einschnitte nach sich gezogen
– bis zur völligen Schließung im März. Ab dem 11. Mai durfte dann wieder
zeitweise Unterricht erteilt werden, unter Beachtung strenger Hygiene- und
Abstandsregeln.
Das CHG hat zunächst die Abi-
turientia beschult, damit die
Abiturprüfungen durchgeführt
werden konnten – übrigens
durchaus erfolgreich, allein
14 Schülerinnen und Schüler
haben das Abitur mit einer „1“
vor dem Komma abgeschlos-                     Maskierte in Sekretariat
sen. Zeitgleich durfte auch die Q1 (für die älteren Semester unter unseren
Lesern: ehemals Oberprima) wieder in den Genuss von Präsenzunterricht
kommen, allerdings auf „Sparflamme“ mit nur wenigen Stunden pro Tag
und in kleinen Gruppen. Auch für die fünften und sechsten Klassen wurde
ein reduzierter Unterricht an der Jacob-Weber-Straße durchgeführt.
                                           Die Bereitstellung von genügend
                                           Räumen für die wesentlich kleine-
                                           ren Lerngruppen und die Beach-
                                           tung der Hygienevorschriften er-
                                           wiesen sich für die Schulleitung
                                           und das Team der damit Beauf-
                                           tragten als echte Herausforde-
                                           rung, immer von häufigen und teil-
                                           weise widersprüchlichen E-Mails
                                           aus Düsseldorf begleitet.
                                           Vor allem in der Zeit der Schlie-
                                           ßung waren Einfallsreichtum und
                                           Engagement der Lehrerinnen und
                                           Lehrer in besonderem Maße ge-
                                           fragt, denn die Ausstattung der
          Plan der Laufwege am CHG         Schulen mit digitalen Medien ist
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bekanntlich nicht gerade üppig - wobei auch die beste Ausstattung den per-
sönlichen Kontakt zum Lehrer nicht 1:1 ersetzen kann.
Aber Not macht bekanntlich erfinde-
risch. Eine AG „Human(n) for Future“
widmete sich während der „schul-
freien“ Zeit dem Anpflanzen von Ge-
müse, Blumen und sogar dem einen
oder anderen Apfelbäumchen und do-
kumentierte ihre Arbeit z.B. in Foto-
strecken oder Videos, die auf die
Homepage der Schule gestellt wurden
und dort angeschaut werden können.
Auch die schon seit Jahren beste-             Die Imker-AG bei der Arbeit
hende Imker-AG war aktiv, baute Insektenhotels, legte Blühstreifen an und
erntete den berühmten Humann-Honig, der in der Schule verkauft wird. Mit
dem Erlös werden dann weitere Naturprojekte finanziert.
Der Lohn für diesen Einsatz war die Auszeichnung „Schule der Zukunft“ im
Rahmen der Kampagne „Schule der Zukunft – Bildung für Nachhaltigkeit“,
die dem CHG am 26. Juni verliehen wurde.
Der Ehemaligenverein gratuliert allen Akteurinnen und Akteuren zu diesem
schönen Erfolg.                                                  Claudia Gheno

Ganz aktuell – Digitalisierung am CHG
Die Schließung der Schulen während der Corona-Krise hat die Bedeutung
der Ausrüstung mit digitalen Medien verstärkt in den Fokus gerückt. Unser
Verein hat im letzten Jahr die Anschaffung von Beamern mit einer vierstel-
ligen Summe unterstützt.
Das CHG hat aber noch weitere Schritte unternommen, um die Digitalisie-
rung voranzubringen. Die Schüler/innen können sich eine neue Stunden-
plan-App herunterladen, um so jederzeit informiert zu sein.
Die Landesplattform LOGINEO bietet für Lehrer/innen und Schüler/innen
sichere E-Mailadressen. Videokonferenzen werden durch die digitale Lern-
plattform „Moodle“, die es ja schon seit einigen Jahren gibt, sicher möglich.
Und in der Person des Ex-Schülers Max Baukrowitz, einem ausgebildeten
Fachinformatiker, verfügt das CHG nun über einen eigenen Schulverwal-
tungsassistenten im Bereich „digitale Medien und pädagogische Medien-
konzepte“.
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Bei allem Fokus auf die Digitalisierung sollte aber nicht vergessen werden,
dass Schule viel mehr ist als die Anwendung digitaler Medien, nämlich eine
Stätte gemeinsamer Bildung und Erziehung.                      Claudia Gheno

                   Interview mit Herrn Reuter
Thomas Reuter leitet das CHG erst seit 2 Jahren, musste aber schon eine
der größten Herausforderungen in der mittlerweile 116-jährigen Schulge-
schichte meistern: die Schließung der Schule wegen der Corona-Pande-
mie. Wie er damit umgegangen ist und wie er die Situation beurteilt, hat er
in einem Interview mit der WELT erläutert, das wir hier in Auszügen wieder-
geben.

                    Wie groß ist Ihr Kollegium?
                    Reuter: Wir haben etwa 80 Lehrer.
                    Also kann man sagen, dass grob 20 Prozent Ihrer Leh-
                    rerschaft schon mal ausfällt.
                    Reuter: Genau. Da muss man schon schauen, wie man
                    das auffängt. Mit den Q2-Schülern, die jetzt Abi ma-
                    chen, geht sicherlich einiges, die sind ja schon älter.
                    Aber wenn jetzt der Schulbetrieb in größerer Form los-
                    gehen soll, dann wird es schwierig.
…
Am Freitag drei Wochen vor den Osterferien kam die Nachricht, dass die
Schulen schließen würden. Wie lange hatten Sie Zeit, bis ein Konzept für
die Shutdown-Zeit stehen musste?
Reuter: Zwei Tage plus Wochenende. Montag und Dienstag hatten wir zur
Vorbereitung, da waren die Schüler schon nicht mehr da.
Wie geht man bei der Planung an so etwas heran, um das Lernen für alle
zu gewährleisten? Man kann ja nicht davon ausgehen, dass alle Kinder zu
Hause Zugang zu Laptops oder Tablets haben – andererseits auch nicht
die anderen im großen Stil ausbremsen.
Reuter: Nein, davon kann man nicht ausgehen. Und deshalb muss man
sagen, dass die Situation vor den Osterferien eine andere war als die, die
jetzt kommt. Den Shutdown zu gestalten, das war zwar sehr anstrengend,
aber einfach. Da ging es weniger um Lernfortschritt, sondern wir hatten
Wiederholungen, Übungsphasen, Wochenarbeitspläne. Was jetzt kommt,
wird schwierig. Allein die Frage: Wie gestaltet man die kommenden Unter-
richtsangebote? Man kann vieles, was zu Hause gemacht werden soll, ja
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auch nicht überprüfen. Mittwoch lief dann der Online-Unterricht. Über ver-
schiedene Plattformen, die es so gibt.
…
Wie viel Prozent des Unterrichtsstoffes kriegen Sie in der aktuellen Situa-
tion über digitale Angebote und ähnliches durch?
Reuter: Man kann auf digitalem Weg nicht einfach so die Unterrichtspro-
gression abbilden. Digital muss man anders arbeiten. Was neuen Unter-
richtsstoff angeht, ist das Schuljahr daher größtenteils gelaufen. Aber ein
paar Wochen Unterrichtsausfall wegen Corona können die Schullaufbahn
nicht zerstören.
…
Spüren Sie durch die Krise mehr Zusammenhalt als Schulgemeinschaft?
Reuter: Ja, in jedem Fall. Man hat ein gemeinsames Ziel. Was in einer Si-
tuation, wenn alles ganz normal dahinplätschert, nicht unbedingt so gege-
ben ist. Viele Probleme, die man vorher hatte, stellen sich auf einmal als
Pseudoprobleme heraus oder treten gar nicht mehr auf. Alltagsprobleme,
meinetwegen Vertretungsstunden, über die sich jemand ärgert. So was ist
weg. Alle arbeiten sehr engagiert, das sehe ich positiv.
Ihre Prognose für die Schule ist also: Wir schaffen das?
Reuter: Ja. Ich glaube nicht, dass ein paar Wochen ohne den Unterricht,
wie wir ihn kennen, den Untergang für diese Generation auslösen werden.
Auf gar keinen Fall. Man lernt ja auch andere Dinge – aktuell eben enorm
viel im digitalen Bereich. Schule ist sehr, sehr wichtig, auch auf der sozialen
Ebene. Aber die aktuelle Situation ist verkraftbar.

Erschienen in der WELT vom 19.04.2020. Das Interview führte Florian
Städler.
Wir danken der Redaktion der WELT für die freundliche Genehmigung, das
Interview in Ausschnitten abzudrucken.

      Abitur 2020 – in jeder Hinsicht ungewöhnlich
In meinen vielen, vielen Jahren Erfahrung mit Schule – sowohl als Schülerin
als auch als Lehrerin – habe ich schon etliche Arten von Abiturfeiern erlebt.
Vor 50 Jahren habe ich, wie alle meines Jahrgangs, mein Zeugnis im Sek-
retariat abgeholt, aus Protest gegen die in unseren Augen überholten und
verstaubten Abiturfeiern der Schule.
Am CHG wurde ich als junge Kollegin von dem ersten Abistreich über-
rascht, damals, ich glaube, es war 1980 oder 1981, waren alle Treppenauf-
gänge mit Schulbücherwänden zugestellt. Abiturzeugnisse wurden im
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Steeler Stadtgarten, im Blumenhof der Gruga, in der „Dampfe“ in Borbeck,
später in der Turnhalle und sogar in den beiden Steeler Kirchen vergeben-
St. Laurentius und Friedenskirche- und in den letzten Jahren im Hotel Franz
an der Steeler Straße. Sehr bitter, vor allem für die Abiturientinnen und Abi-
turienten, war das Jahr 2009, als eine anonyme Bombendrohung an der
Schule das Aus sowohl für die Feier als auch für den Abiball bedeutete.
Und dann, 2020, kam Corona.
Als der Anruf von Schulpfarrer Herrn Dahlhoff kam, dachten einige vom
Vereinsvorstand zunächst an einen Scherz: Abiturfeier im mobilen Autokino
am Flughafen Essen/Mülheim? Schnapsidee, kommt gar nicht in Frage,
das waren so die ersten spontanen Reaktionen. Aber dann, nach einigen
Bedenken und langen Gesprächen mit dem Schulleiter und Herrn Dahlhoff,
kamen wir zu der „Erkenntnis“, dass die „Schnapsidee“ vielleicht doch nicht
so schnapsig sei und so beschlossen wir, als Verein zum Gelingen beizu-
tragen. Und was soll ich sagen? Es war wirklich eine gelungene und dar-
über hinaus äußerst denkwürdige, bei strahlendem Sonnenschein und
Temperaturen um die 30° unter freiem Himmel ohne Schatten allerdings
auch recht schweißtreibende Angelegenheit.
Nach einer kurzen ökumeni-
schen Andacht, gestaltet von
Herrn Dahlhoff, Herrn Dr. Ge-
schwinder und einem Team
von Abiturienten und Abituri-
entinnen, überraschte, pas-
send zum Kino als Veranstal-
tungsort, ein sehr witziger
Filmeinspieler mit dem Schul-
leiter Herrn Reuter in der
Hauptrolle, der, angelehnt an
den Kultfilm „Easy Rider“, auf
einem heißen „Ofen“ der
Marke „Schwalbe“ zur Abitur-                  Ein besonderer Festort
feier brauste.
Nach der Rede von Herrn Reuter, die Sie in dieser Ausgabe nachlesen kön-
nen, und einer kurzen, herzlichen Ansprache der Elternvertreterin Frau
Jung folgte dann die feierliche Übergabe der Zeugnisse an die Abiturientia,
wobei drei Abiturienten, die das Abitur mit der Traumnote 1,0 abgeschlos-
sen hatten, der besondere Ehrenpreis des Ehemaligenvereins durch die
Vorsitzende überreicht wurde (s. Fotos).
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Es war eine ganz besondere, leicht verrückte und ganz sicher für alle Be-
teiligten unvergessliche Abiturfeier 2020.
P.S. Leider wurde im Autokino kein Eis verkauft – das hätte bei den Tem-
peraturen sicher reißenden Absatz gefunden.                 Claudia Gheno

Vielen Dank an Nina Schloemer, die mir ihren Artikel auf der Homepage
sozusagen als Gedächtnisstütze zur Verfügung stellte.

Rede des Schulleiters
Hey Abiturientia, seid ihr da?

…
Ich begrüße euch zu eurer Abitur-
feier im Autokino-Ruhr. Ich be-
grüße euch zur größten und auf-
wändigsten Zeugnisausgabe, die
es jemals an unserer Schule gege-
ben hat.
Und ich begrüße selbstverständlich
auch Sie, liebe Eltern, ich begrüße          Ansprache des Schulleiters
die Kolleginnen und Kollegen und ich begrüße die Freunde und Förderer
des Carl-Humann-Gymnasiums.
Seien Sie alle herzlich willkommen auf diesem Flughafen, der einlädt zum
Abheben. Seien Sie willkommen in diesem Autokino unter freiem Himmel,
das das Flair eines Road-Movies vermittelt. Als würden die Abiturienten hier
ihr Zeugnis einstecken und gleich weg in die Zukunft brausen – in ein Leben
nach der Schule. Eine Drive-Through-Abiturzeugnisausgabe – einstecken
und abdüsen. Ist das nicht ein passendes Bild? Das Abi-Zeugnis und ab die
Post. Wie in einem Road-Movie und Road-Movies sind nicht das schlech-
teste Genre. Sie stecken voller Hoffnungen und Wünsche, voller Ziele. Sie
schmecken nach Freiheit und Aufbruch. Nach einer unbekannten Zukunft,
die immer hinter dem Horizont liegt. Warum also nicht?
Doch bevor wir hier weiterdenken, müssen wir erst einmal ein wenig zu-
rückspulen.
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Wie sind wir überhaupt hierher ge-
kommen? Sah es nicht eine Zeit-
lang so aus, als würde es in diesem
Jahr vielleicht gar keine Abiturfeier
geben? Sah es nicht so aus, als
würden Abiturprüfungen gar nicht
stattfinden?
Und dennoch – und obwohl die
Welt, wie wir sie kannten, temporär              Abiturfeier 2020
zusammengebrochen ist – sind wir hier und haben etwas zu feiern.
Wir feiern – und jetzt kommt die wichtige Botschaft des Tages – wir feiern,
dass 92 Schülerinnen und Schüler des Carl-Humann-Gymnasiums auch in
diesem denkwürdigen Jahr das Abitur bestanden haben. Hierzu möchte ich
den Abiturienten und Ihnen, liebe Eltern, ganz herzlich gratulieren!

Man hat es euch in dieser letzten Phase eurer Schulzeit nicht leicht ge-
macht, fast wirkt es so, als hätte sich die Welt gegen euch verschworen,
fast wirkt es so, als solltet ihr es nicht haben, dieses Abitur. Und ihr habt es
dennoch gemacht, habt euch durch die letzten Wochen eben alleine durch-
gewurstelt, habt Mottowoche und Abistreich sausen lassen, habt euch den
neuen Verhältnissen angepasst, habt Prüfungen abgelegt und habt das
Abitur bestanden. Corona zum Trotz! Ist das nicht auch ein Stoff, aus dem
die Filme sind? Gegen eine übermächtige Verschwörung ankämpfen und
es trotzdem schaffen. Das ist großes Kino – so ist euer Abitur.
Und wie ihr es geschafft habt: 22 der 92 Schüler, also etwa ein Viertel, ha-
ben eine 1 vor dem Komma, drei von diesen wiederum haben eine 0 hinter
dem Komma. Das ist eine ganz, ganz starke Leistung!
92 Schülerinnen und Schüler bekommen hier und heute ihr Abiturzeugnis
ausgehändigt, obwohl kurz vor Ende ihrer 8-jährigen oder auch 9-jährigen
Schullaufbahn auf einmal alles anders ist.
Die Welt bleibt plötzlich stehen. Nichts geht mehr. Alles, was normal war,
ist aufgehoben. Alles, was bislang geboten war, gilt nicht mehr. Die Welt
befindet sich im Ausnahmezustand.

Diesem historischen Einschnitt, diesem Lockdown etwas Positives abzuge-
winnen, fällt nicht eben leicht.
Aber doch eine Sache muss man hier nennen, und es ist nicht die geringste:
es ist die Erfahrung.
Was passiert eigentlich, wenn nichts mehr so ist, wie es doch immer zu sein
schien, wenn die sogenannte Normalität komplett aufgehoben ist.
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Geöffnete Geschäfte, Restaurants – gibt es nicht mehr, Flüge ins Ausland,
Grenzübertritte – gibt es nicht mehr, das einfache Händeschütteln, die Um-
armung – gibt es alles nicht mehr – und auch den täglichen Gang zur Schule
gibt es nicht mehr.
Manch einem von euch, dessen Fehlstundenzahl bedenkliche Höhen er-
reichte, wurde jetzt erst, zum Ende seines Schülerlebens, überraschend
klar, wie gern er doch eigentlich zur Schule geht. Wie schön es doch war
Normalität zu haben, wie angenehm, von seinen Beratungslehrern über die
Schulpflicht aufgeklärt zu werden – das ganze tägliche Hickhack, die eige-
nen bescheidenen Versuche die normativen Regeln, das Schulgesetz, etc.
auf eigene Kosten durch sporadisches Schwänzen aufzuheben, wurde
ganz plötzlich an höherer Stelle und sehr großzügig entschieden.
Da wird einem einiges klar – da wird einem mitunter klar wie außergewöhn-
lich diese so eingespielte Normalität ist – wie viel es bedarf, um sie herzu-
stellen. Ja mehr noch – es wird einem klar, wie viel Luxus bereits das ganz
normale Leben bietet. Wie viel Luxus es bedeutet, zum Sportverein zu ge-
hen, zum Frisör, ins Kino, zur Schule.
Aus der Erfahrung dieser Krise wirkt die Normalität auf einmal gar nicht
mehr so normal – sie wirkt vielmehr wie der glückliche Ausnahmefall. Et-
was, wofür es sich lohnt zu kämpfen, etwas, das uns nicht einfach so ge-
schenkt wird.

Ein Dichter hat diesen Zustand einer unhinterfragten Normalität im Luxus
einmal so beschrieben:

Jammernd ausgestreckt in deinem Aeroplan,
fällt dir nicht auf,
wie unheimlich leicht du dahinfährst,
kleine Wolke im Nadelstreifen?

Wasser aus Wasserhähnen,
soviel du willst, Schuhe, nagelneu,
mitten im Winter, aus Leder,
und wenn du in die Hände klatschst,
überall Licht!

[...]

Unerhörte Begebenheiten, einmalig
in der Geschichte des Universums.
11

[…]

Unheimlich. Normal. Ein Jammer.
Du merkst nicht, dass du nichts merkst.

Fließendes Wasser, Freiheit, elektrisches Licht – wer von uns hätte solche
Errungenschaften nicht als völlig normal abgetan, wem wären sie über-
haupt noch aufgefallen. Doch der Dichter Enzensberger hat diesen Zustand
im Titel des Gedichtes als bloße „Episode“ beschrieben – und er muss es
wissen, denn der heute 90-jährige hat als junger Mann bereits schon einmal
den Untergang der normalen Welt im Deutschland der Nazis erleben müs-
sen.
Nun glaube ich zwar nicht, dass man die Erfahrung des zweiten Weltkrieges
mit der jetzigen Krise wirklich vergleichen kann, wie es zuweilen ja ge-
schieht.
Aber dennoch ist diese Erfahrung des Aufhebens aller Normalität funda-
mental. Sie lehrt, was keine Schule der Welt je lehren kann, nämlich dass
sich nichts auf der Welt als selbstverständlich voraussetzen lässt, dass gar
nichts auf der Welt nicht auch ganz anders sein könnte. Und dass wir selber
es sind, die bestimmen, wie ein Normalzustand aussehen soll.
Und erst wenn man die Welt nicht mehr als bedingungslos gegeben hin-
nimmt, weiß man, was man zu tun hat, welche großen Aufgaben vor einem
liegen.
Es geht nämlich darum, diese Welt zu gestalten, und zwar trotz der vielleicht
miserablen Zustände, die man vorfindet – trotzdem - und genau so habt ihr
auf diesen letzten Metern euer Abitur gemacht – trotz allem.
Und genau so sind wir in dieses Autokino geraten – Corona zum Trotz. Eine
Abiturfeier, die seit Generationen stattfindet, abzusagen, ist keine Option.
Wir sind zwar in der Krise, aber wir können sie gestalten.

Das ist doch – bei allem Mist, den Corona uns beschert hat – eine gute
Erfahrung. Das ist etwas, das jeder auf den weiteren Weg mitnehmen sollte:
wir können die Dinge gestalten – against all odds.
Es braucht nur einen gemeinsamen Willen und es braucht einen gemein-
schaftlichen Spirit – und ich bin froh und dankbar sagen zu können, dass
wir beides an unserer Schule vorfinden. Das Carl-Humann-Gymnasium mit
all seinen Partnern ist eine Gemeinschaft, die außergewöhnliche Dinge
möglich macht – und eine Abiturfeier eben nicht ausfällen lässt, bloß weil
gerade Corona wütet.
12

Und nun stehe ich hier, die Abiturzeugnisse liegen hinter mir zur Ausgabe
bereit und vor mir sitzt ihr, sitzen Sie in den Autos, die Sonne geht bald
unter, und ich muss noch einmal an ein paar Zeilen aus einem Gedicht von
Wolf Wondratschek denken. Es heißt „In den Autos“ und ich kenne es noch
aus meiner eigenen Jugend:

Wir waren ruhig,
hockten in den alten Autos
drehten am Radio
und suchten die Straße nach Süden.

Ja, genau so kommt es mir vor. Da sitzt ihr da – die Autos sind zwar nicht
mehr so alt wie früher, aber das Radio ist an und danach geht es ab in den
metaphorischen Süden.
Doch wo immer es hingeht – nehmt diese Erfahrung der letzten Monate mit:

Nichts auf der Welt muss für immer so sein, wie es ist.
Ihr werdet immer im Leben auf Umstände treffen, über die die Mehrheit
sagt, das ist einfach so, das geht nicht anders. Glaubt ihnen nicht! Es geht
fast immer anders – werdet niemals zum Opfer der Umstände, sondern
setzt Ideen um, macht Dinge möglich, verfolgt die Dinge, von denen ihr
träumt und an die ihr glaubt – doch lasst es nicht beim Träumen. Seid rea-
listisch. Das Umsetzen von Träumen macht viel Arbeit.

Und nun ab auf der Straße nach Süden!
Thomas Reuter

      Am Flughafen Essen-Mülheim              Das goldene Buch des CHG
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       Ehrung der Abiturienten mit                       Überreichung des Preises für
         den besten Leistungen                             die beste Abiturleistung

                                     Abiturientia 2020

Auf Wiedersehen – zwei Kollegen verlassen das CHG
Herr StD Dr. Mantel wurde pensioniert
1987 kam er an das CHG: ein neuer Kollege mit dem poetischen Vornamen
Nikolaus und dem etwas prosaischeren Nachnamen Mantel – damals noch
ohne Dr. Mit seinen Fächern Geschichte und Latein kam er zu einer Zeit,
als der Erwerb der lateinischen Sprache sogar am CHG, das ja noch bis
zum Jahr 2003 eine eigene Lateineingangsklasse hatte, längst nicht mehr
selbstverständlich war. Herr Mantel, seit 1991 Dr. Mantel, widmete sich der
14

Aufgabe, dem Fach Latein einen festen Platz im Unterrichtsangebot zu si-
chern, mit viel „studio“ und nicht immer „sine ira“. Die Früchte seines Eifers
konnte er besonders in den frühen 1990er Jahren ernten, als Schüler un-
serer Schule im Bundeswettbewerb „Fremdsprachen-Latein“ mehrfach
erste, zweite und dritte Preise belegten.
Häufig begleitete Herr Dr. Mantel,
auch in Begleitung des verstorbe-
nen Herrn Dr. Siebenborn (s. Nach-
ruf), die jährliche Romfahrt der Q1.
Nachdem diese gemeinsame Fahrt
zugunsten verschiedener, an die
Leistungskurse gebundener Studi-
enfahrten aufgegeben wurde, fuhr
Nikolaus Mantel noch zweimal
nach Prag.
Auf allen Fahrten erwies er sich als
profunder Kenner von Kultur und
Geschichte des Gastlandes, aber
auch durchaus als Freund der je-
weiligen kulinarischen Genüsse.
Die letzte Fahrt, die er begleitete,
war die Exkursion nach Auschwitz
2020.
Seit dem Schuljahr 2009/2010
wirkte StD Dr. Mantel als Koordina-
tor der Oberstufe.
Jetzt, nach 40 Jahren im Schuldienst, davon 33 Jahre am Carl-Humann-
Gymnasium, kann Nikolaus Mantel endlich seinen Ruhestand antreten und
hoffentlich in vollen Zügen genießen.

Das Wichtigste wie immer zum Schluss: Seit dem 29. Juni 2020 ist Dr. Ni-
kolaus Mantel Mitglied im Ehemaligenverein. Herzlich willkommen!

Abschied von Herrn Lohoff
Gemeinsam mit Herrn Dr. Mantel hat auch Herr Lohoff (Geschichte und
Sport) das CHG verlassen, nicht in Richtung Ruhestand, sondern auf eige-
nen Wunsch an ein Gymnasium in Dortmund, wo er schon seit einigen Jah-
ren lebt. Alles Gute für Sie, Herr Lohoff.                 Claudia Gheno
15

        Verabschiedung von Herrn Grote-Westrich
Mit einer Träne im Auge …Abschied von einem ganz besonderen Mitglied
der Schulgemeinschaft oder „Wie verabschiedet man einen Hausmeister?“
Am 10. März 2020, nach 30 Jahren an der Jacob-Weber-Straße, ging
Hausmeister Grote-Westrich in den wohlverdienten Ruhestand.
Wenn es je einen Hausmeister gab, der sich mit Leib und Seele „seiner“
Schule verbunden fühlte, so war es sicherlich Günther Grote-Westrich. Die
vielen Tränen, die Schülerinnen und Schüler – nicht nur der Dependance –
bei seiner Verabschiedung vergossen, zeigten deutlich, was ihn neben gro-
ßem Engagement und Hilfsbereitschaft vor allem auszeichnete: ein offenes
Ohr und ein großes Herz für „seine“ Schülerinnen und Schüler.
Herr Grote-Westrich ist seit Jahren Mitglied im Ehemaligenverein und jetzt
auch Träger der Ehrenmedaille des Carl-Humann-Gymnasiums. Er hat sie
sich mehr als verdient!                                      Claudia Gheno

        Vorderseite der Medaille              Rückseite der Medaille
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     Herr Grote-Westrich mit Schülern       Bei der Übergabe der Medaille

                       60 Jahre Abitur am CHG
In den ersten Tagen des März 1959 hatten die 15 Oberprimaner der dama-
ligen O I a nach den mündlichen Prüfungen allesamt das Abitur bestanden.
Mit Erleichterung und Freude schickte man sich an, gemeinsam mit den
Eltern und Lehrern den Abschluss im Restaurant „Hubertusburg“ zu feiern.
In fröhlicher Runde saß man beisammen; Violine, Klarinette und Posaune
aus eigenen Reihen spielten auf. Aber schon zu dieser Feier fehlte der ein
oder andere Klassenkamerad. Der Drang nach Freiheit hinaus in die Welt
war offenbar größer.
In den folgenden Jahren gab es kein regelmäßiges jährliches Treffen, weil
die meisten in einem auswärtigen Studium waren. Die erste große Zusam-
menkunft fand zum 30-Jährigen 1989 in der Schule statt. Wir konnten bei
dieser Gelegenheit im Archivkeller unsere schriftlichen Abiturarbeiten ein-
sehen und bei Bedarf davon Kopien erhalten. Ich habe darauf verzichtet.
Als langjähriger Führer des Klassenbuchs freute ich mich aber darüber,
dass es auch noch vorhanden war. Der Besuch der früheren Tabuzone des
Lehrerzimmers gehörte ebenfalls als beeindruckendes Erlebnis dazu.
Schließlich wurde noch vor dem Eingangsportal in der exakten Aufstellung
wie 1959 ein neues Klassenfoto gemacht. Der Steeler Kurier berichtete
über das Ereignis. Den Abend verbrachten wir gemeinsam mit allen damals
noch lebenden Lehrern bei bester Stimmung im „Siepenkötter“. Ein reger
und gelöster Austausch ist uns noch heute in guter Erinnerung.
Weitere Klassentreffen in späteren Jahren führten uns ins Parkhaus Hügel,
in die Domschatzkammer, zur Zeche Zollverein, zur Abtei in Werden und
durch die Siedlung der Margarethenhöhe. In diesen Jahren verringerte sich
die Zahl der Teilnehmer immer mehr: vier Klassenkameraden waren
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inzwischen gestorben; weitere fünf waren von Essen weggezogen und/oder
hatten gesundheitliche Gründe, die ihnen eine Teilnahme verwehrten.
Gleichwohl wuchs der Wunsch, sich zum 60-Jährigen im Jahr 2019 erneut
zu treffen. Ein Vorkommando machte den Vorschlag, Ende Juni eine
Schiffstour auf dem Baldeneysee zu machen und danach in einem nahen
Biergarten einzukehren. Dazu hatten sich sieben Teilnehmer angemeldet.
Aber die Koordination klappte dann nur bedingt: drei fanden sich nicht an
der Schiffsanlegestelle ein; sie waren direkt zum Biergarten gefahren und
warteten dort bis die Seefahrt beendet war. In munteren Gesprächen bei
Speis und Trank war es so, als hätte man sich nicht länger gesehen. Da
wurde über Themen des Alltags ebenso gesprochen wie über die aktuelle
Tagespolitik. Es wurde von den beruflichen Erlebnissen und Erfahrungen
berichtet und mancher erklärte den Kameraden erst einmal die Welt. Einig-
keit bestand darin, dass die neun gemeinsamen Schuljahre auf dem CHG
eine breite und solide Grundlage für das weitere Leben gebildet haben. Was
daraus erwachsen ist, hat jeder für sich zu vertreten, aber für diese Bil-
dungsbasis können wir nur sehr dankbar sein. Es dauerte nicht lange bis
die Erinnerungen an besonders skurrile Ereignisse aufkamen, bei denen
auch die Eigenarten unserer früheren Lehrer zu Heiterkeit führten. Nicht
zuletzt waren da die Klassenfahrten nach Monschau, Rom und Florenz im
Gespräch. Wir stimmten darin überein: die Schulzeit auf dem CHG war für
unser Leben prägend.
Zum Abschluss machten wir wieder ein Klassenfoto: von den fünfzehn wa-
ren es nur noch sieben.                                      Dieter Klebisch

                Hinten v.l.n.r.: Peter Meyer-Steppat, Ernst Mauruschat,
               Bertold Busse. Vorn v.l.n.r.: Prof. Dr. Karl-Leo Jug, Klaus
                    Rathner, Dr. Dieter Klebisch, Heinrich Kappert
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                 Wiedersehen macht Freude –
                 Abiturtreffen nach 30 Jahren
1989 – Was für ein Jahr, um das Abitur zu machen.
Perestroika und Glasnost, Montagsdemonstrationen in Leipzig, Ausreise
von Tausenden DDR-Bürgern aus der westdeutschen Botschaft in Prag,
Fall der Berliner Mauer und Öffnung der innerdeutschen Grenze – um nur
einige wenige der großen Ereignisse zu nennen.
Interessanterweise hat all dies auf dem Treffen der damaligen Abiturientia
im November, wenn überhaupt, dann nur eine ganz kleine Rolle gespielt.
Es ging vielmehr um das Wiedersehen mit den „alten“ Klassenkameraden
und den Austausch von Anekdoten aus den Jahren am CHG.
Los ging es mit dem Treffen vor dem Portal des CHG. Ich hatte mich bereit
erklärt, die Gruppe durch die Schule zu führen. Der erste Höhepunkt kam
gleich zu Anfang, als die Ehemaligen durch das Portal die Schule betreten
durften – ein Privileg, das sonst nur dem Lehrkörper vorbehalten ist. Nach
dem Motto „Wenn schon, denn schon“ wurde gleich noch ein anderes Tabu
gebrochen, denn die Herrschaften durften durch den sog. Lehrergang ge-
hen, was denn auch gebührend gewürdigt wurde.
Bei der Besichtigung diverser Fachräume, die teils ungläubiges Staunen
(„Mensch, das ist ja alles ganz neu“), teils leise Wehmut hervorrief („Wo
sind denn die alten Bänke, auf denen man so gut kritzeln konnte“), wurde
es dann noch einmal richtig emotional, als einige Schüler in einem der
Schränke im Physik-Vorbereitungsraum die Kaffeetasse ihres ehemaligen
Physiklehrers Andreas Müller erblickten.
Am Abend traf man sich dann im GREND an der Paßstraße, um miteinan-
der zu feiern und weitere Erinnerungen auszutauschen. An diesem Treffen
nahmen auch etliche ehemalige Kolleginnen und Kollegen teil, die in dieser
Jahrgangsstufe unterrichtet hatten. Es war ein sehr schönes, lustiges und
gelungenes Treffen.
(Ich warte allerdings noch auf die eine oder andere Beitrittserklärung …)
                                                             Claudia Gheno
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                       Der Abijahrgang 1989 vor dem Portal

  Nachlese aus alten Schülerzeitungen: Ex und Hopp
Es handelt sich hierbei nicht um einen beliebten Trinkspruch, sondern um
eine Schülerzeitung, die in den 90er Jahren am CHG herausgegeben
wurde und von der ich im kleinen Archiv unseres Vereins fünf Exemplare
gefunden habe. Herausgeber waren Bernhard Arnold, Matthias Braun, Se-
bastian Dullien, Peter Hein und Andreas Langensiepen.

Die erste Ausgabe vom November 1993 zeigt schon die Ausrichtung der
Zeitung an: Das altehrwürdige Logo der Schule wird in einem Papierkorb
versenkt. Ganz schön provokant. Die Inhalte bestätigen diesen ersten Ein-
druck, denn die Artikel sind durchaus kritisch, teilweise mit satirischem Ton.
Ein Beispiel ist die fingierte Todesanzeige für eine nicht stattgefundene Pro-
jektwoche, die nach Auffassung der Autoren dem erbitterten Widerstand
der Mehrheit des Kollegiums zum Opfer fiel.
Am Schluss des Artikels heißt es: „Es bleibt zu hoffen, daß es irgendwann
einmal eine Projektwoche … an unserer Schule gibt. Es wäre schon ein
voller Erfolg, wenn dies vor Ablauf dieses Jahrhunderts geschehen
würde…“
Liebe Autoren und Herausgeber der Zeitung, Ihr Wunsch ist in Erfüllung
gegangen:
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Seit Jahren gibt es, immer vor den Sommerferien, Projekttage, an denen
Lehrer und Schüler gemeinsam Themen erarbeiten und präsentieren. Sic
transit Carl-Humann-Gymnasium.
Bei der Durchsicht der weiteren Exemplare ist mir aufgefallen, dass einige
der Missstände offensichtlich die vielen Jahre bis heute mit einer bekla-
genswerten Zähigkeit überdauert haben, z.B. Klagen über unzureichende
Schultoiletten und Vandalismus.
Die Vermüllung der Schulhöfe durch die Schülerschaft hätte lt. Ausgabe
vom Dezember 1995 sogar fast zu einem Streik von Hausmeister Ingo Diehl
geführt.
Auch „Fahrradklau“ vom Schulhof war damals schon ein Problem – ich er-
innere mich an eine Serie von Fahrraddiebstählen, als Frau Mause Schul-
leiterin war und die offensichtlich von einer organisierten Bande begangen
wurden – und vor allem von Schülern, die den ÖPNV für ihren Schulweg
nutzten, wurde über verspätete und überfüllte Züge und Chaos bei Verbin-
dungen geklagt – auch dies leider immer noch aktueller denn je.
An einen Vorfall, der in Ausgabe vom Mai 1995 geschildert wird, kann ich
mich noch lebhaft erinnern. Ein Team von RTL hatte vom damaligen Schul-
leiter Herrn Stuckmann eine Dreherlaubnis bekommen, es ging um das
Thema “Gewalt an deutschen Schulen“, Stichwort Rütlischule in Berlin-
Neukölln.
Also drehte das Team auf dem Schulhof des CHG, wo aber zum Leidwesen
der Reporter keine Gewaltexzesse stattfanden. Was tun? Einige Schüler
der Oberstufe wurden aufgefordert: „Macht mal Gewalt“, worauf sich diese
eine harmlose Balgerei lieferten. Die Szene wurde dann auf RTL im Zusam-
menhang mit Schülergewalt in Oberhausen gezeigt, wobei weder der Name
des CHG noch der der Schüler genannt wurde. Trotzdem war Herr Stuck-
mann „not amused“.                                             Claudia Gheno

             Theater am CHG: Messer Pomposo
Im November 1952, nur wenige Wochen vor den Zeugniskonferenzen, er-
lebte das CHG eine ganz besondere Veranstaltung. Im Steeler Jugendheim
(wahrscheinlich ist das Gebäude am Hünninghausenweg gemeint) fand
„vor wiederum ausverkauftem Hause…die Wiederholung der ergötzlichen
Abendkomödie “Messer Pomposo de Frascati“ durch eine Schülergruppe
des Carl-Humann-Gymnasiums statt.“ Das Bühnenbild erstellte damals der
Kunstlehrer Studienrat Kober, Regie führte Studienrat Dr. Zimmermann.
Die Darbietung fand „höchsten Anklang und stürmischen Beifall“.
21

Da das CHG damals eine reine Jungenschule war, wurde die weibliche
Hauptrolle der Colombine durch die Schülerin Ruth Kenter aus der UI
(heute Q1) der Viktoriaschule verkörpert. Eine wahrscheinlich für die männ-
lichen Darsteller besonders schöne Form der Schulkooperation.
Hier eine kurze Inhaltsangabe für alle, die das Stück nicht kennen:
Colombine, eine hübsche und lebenslustige Frau, verdreht allen Männern
den Kopf. Ihre Verehrer führt sie an der Nase herum: den dauerverliebten
Harlekin, den Dichter Lorenzo und den arroganten Fernando, Messer Pom-
posos Neffen. Sogar Bombastos, der leicht senile Diener Pomposos, ver-
fällt ihrem Charme. Nur Messer Pomposo, ein ausgemachter Weiberfeind,
wähnt sich gegenüber ihren Verführungskünsten gefeit, aber Colombine
gibt nicht auf. Als Quacksalberin verkleidet kommt sie ins Schloss, um Pom-
poso von allerlei eingebildeten Leiden zu erlösen, und am Ende verfällt ihr
sogar der alte Weiberfeind. Sie aber wählt Harlekin. Am Ende haben alle
gelernt: Mit der Liebe ist nicht zu spaßen.
(Die Zitate stammen aus einem alten Zeitungsartikel, den ich im Archiv un-
seres Vereins gefunden habe, leider ohne Angabe der Zeitung oder des
Verfassers.)                                                   Claudia Gheno

              Deckblatt                              Besetzung
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                          Unsere Jubilare
Wir gratulieren allen Mitgliedern, die 2020 ein rundes oder halbrundes Abi-
turjubiläum feiern konnten:

           Abitur vor…       Namen
            65 Jahren
                             Aloys Behler
             (1955)
            60 Jahren
                             Wilhelm Tonn
             (1960)
                             Winfried Haas
                             Peter Hecking
                             Hans-Gerd Ostermann
             55 Jahren
                             Herwig Laue
              (1965)
                             Franz-Josef Philipps
                             Johannes Vogt
                             Rainer Wülfing
                             Claudia Gheno
             50 Jahren       Georg Langer
              (1970)         Günter Meier
                             Oliver Vornberger
                             Peter Bega
             45 Jahren       Winfried Bega
              (1975)         Heinrich Rosendahl
                             Ulrich Sandkühler
             40 Jahren       Frank-Michael Köhn
              (1980)         Stephan Oertgen
                             Oliver Bruder
             35 Jahren
                             Martina Deußen geb. Köhne
              (1985)
                             Anne Gassmann geb. Schmalhaus
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                             Jens Schmidt
                             Bernd Slominski
                             Renate Schreckling-Kreuz
                             Holger Horst
             30 Jahren
                             Julia Karow
              (1990)
                             Silvia Schön-Feltes

Ihnen allen herzlichen Glückwunsch.
Leider wissen wir nicht von allen Mitgliedern das Jahr ihrer Abiturprüfung.
Falls Sie also dieses Jahr auch ein rundes oder halbrundes Abitur-Jubiläum
feiern, auch Ihnen ganz herzliche Glückwünsche.
Falls Sie nicht sicher sind, ob wir Ihr Abiturdatum gespeichert haben, und
gerne als Jubilar/in genannt werden möchten, schicken Sie uns doch ein-
fach eine E-Mail oder schriftliche Benachrichtigung.
Danke an Sie alle, dass Sie dem Verein und damit dem CHG schon so viele
Jahre die Treue halten.                                       Claudia Gheno

                              Gedenken
Auch in den Jahren 2019 und 2020 hat der Verein leider etliche Sterbefälle
zu verzeichnen:
Werner Scholl, Bernhard Rexing, Heinz Schroer, Gerd Breuer, Karl-Heinz
Rheinländer, Heinz Zumholz und Günter Schott.
Wir werden diesen Ehemaligen, die ihrer alten „Penne“ lange die Treue hiel-
ten, ein ehrendes Andenken bewahren.                         Claudia Gheno

              Nachruf auf Dr. Elmar Siebenborn
Dr. Elmar Siebenborn wurde am 6. August 1942 in Mechern (bei Merzig,
Saarland) geboren. Nach dem Abitur am Gymnasium Merzig studierte er
Germanistik und Klassische Philologie an der Universität des Saarlands und
schloss sein Studium 1969 mit dem 1. Staatsexamen ab. Mit seinem akade-
mischen Lehrer, dem klassischen Philologen Prof. Dr. Robert Schröter, kam
er 1969 an die Ruhr-Universität Bochum und war bis 1976 sein Assistent.

Danach gab er die Hochschullaufbahn auf und wechselte in den Schuldienst.
Im Schuljahr 1977/78 trat er seine erste Lehrerstelle am damals noch ganz
neuen Gymnasium an der Wolfskuhle in Essen (Stadtteil Freisenbruch) an.
1983 wurde er Studiendirektor und Fachleiter für Latein am Studienseminar
Essen II (später Gesamtseminar). In dieser Tätigkeit, die er bis zu seinem
24

Ruhestand 2008 ausübte, bildete er zahlreiche angehende Lateinlehrerinnen
und -lehrer aus.

Dr. Siebenborn war ein weit über die Grenzen Essens hinaus bekannter Ver-
treter eines modernen Lateinunterrichts. Er gehörte zu einer Generation von
Fachdidaktikern, die in den achtziger und neunziger Jahren den Lateinunter-
richt von der jahrhundertelang üblichen Fixierung auf die vollständige Beherr-
schung des grammatischen Systems, die aktive Anwendung der Sprache
und die adäquate Übersetzung der Originaltexte ins Deutsche als einzige
Form der Aneignung wegführte. Er trat dafür ein, die lateinischen Texte ähn-
lich wie einen zeitgenössischen deutschen Text oder den Text einer moder-
nen Fremdsprache lesend-assoziierend zu erfassen und vor der sprachli-
chen Detailarbeit zunächst seine Mitteilungsfunktion zu beachten, wozu auch
die gründliche Interpretation im Anschluss an die Erschließung und Überset-
zung gehörte. Daraus entwickelte er seine – nicht unumstrittene –
transphrastische Texterschließungsmethode, die auch in den Lateinlehrplan
von 1993 einging, bei dem er für wichtige Teilkapitel federführend war.

Er veröffentlichte auch Schulausgaben der Rede "Pro Archia poeta" von M.T.
Cicero (beim Klett-Verlag) und von Caesars "Bellum Gallicum" (beim
Vandenhoeck & Rupprecht Verlag Göttingen).

Zum Carl-Humann-Gymnasium kam Dr. Siebenborn aufgrund einer Verset-
zung im Schuljahr 1987/88. Er unterrichtete vor allem in der Mittel- und Ober-
stufe.
Zwischen 1994 und 2005 leitete er mehrfach die traditionelle Romfahrt der
angehenden Abiturienten; einmal ging es auch noch weiter in den Süden
nach Sorrent.
Im Schuljahr 2006 – 07 wurde er schwer krank und musste sich umfangrei-
chen Operationen unterziehen. Dennoch kam er, sichtlich geschwächt, in
den Unterricht zurück und wurde beim Erreichen der Altersgrenze 2008 mit
großer Anteilnahme des Kollegiums feierlich verabschiedet.

Bei den Schülern war er aufgrund seines liebenswürdigen Wesens, aber
auch wegen seines manchmal skurril wirkenden Humors sehr beliebt. Legen-
där waren seine schriftlichen Kommentare und Beurteilungen von Klausuren
im Fach Deutsch, die in ihrer Ausführlichkeit teilweise die Länge der Klausu-
ren erreichten, ja sogar übertrafen.
Auch die Kollegen schätzen ihn für seine kollegiale Haltung, seine Zuverläs-
sigkeit und das Niveau seiner Konversation.
25

Nun ist er am 8. April 2020 im Alter von 77 Jahren nach kurzem Krankenlager
an einer erst spät erkannten Krankheit im Kreise seiner Ehefrau und seiner
vier Kinder verstorben.                                       Nikolaus Mantel

          Von Macht und der Verantwortung dafür
Vor 90 Jahren wurde Alfred Herrhausen geboren – seine Penne hat er nicht
vergessen

Der Jubel über den Fall der Berliner Mauer war noch nicht verhallt, die Eu-
phorie noch lebendig, da schockierte in den Morgenstunden des 30. Novem-
ber 1989 eine Nachricht das Land – und unsere Schule: Alfred Herrhausen,
Vorstandssprecher der Deutschen Bank und charismatischer Top-Manager
war tot, brutal ermordet, Opfer eines Attentats der linksterroristischen soge-
nannten „Rote Armee Fraktion“. 40 Jahre zuvor hatte er am Laurentiusweg
sein Abitur absolviert und damit die Basis zu einer atemberaubenden Karri-
ere gelegt. In diesem Jahr 2020 hätte er, hätten wir, seinen 90. Geburtstag
feiern können. Erinnerungen.

Besonders tief dürfte der Schock über den Mord an Alfred Herrhausen beim
Bischof von Essen gewesen sein, Franz Kardinal Hengsbach. Knapp
20 Jahre älter als Herrhausen, war der Gründer des Bistums Essen ein lang-
jähriger Weggefährte, ein Freund und mit ihm ein Motor für diese Region.
Knapp ein Jahr vor dem Attentat hatten die beiden, gemeinsam mit anderen,
den „Initiativkreis Ruhrgebiet“ begründet, im Apostelsaal des Bischöflichen
Generalvikariats im Herzen Essens. Ziel: Ein positives Signal in der und ge-
gen die damalige Strukturkrise.

Ja – Alfred Herrhausen war, bei all seinen (heute würde man wohl sagen
„globalen“) Interessen und Engagements dieser Region und dieser Stadt ver-
bunden geblieben. Er war Steelenser, am 30. Januar 1930 hier geboren.
1930 – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, und kei-
nesfalls im Sinne eines „früher-war-alles-besser“. Gerade einmal 15 war er
bei Kriegsende, im November 1945 (siehe Bericht an anderer Stelle dieser
Ausgabe, d.Red.) wieder Pennäler am Carl-Humann-Gymnasium. Ein Mit-
schüler erinnerte sich: „Als die Schule wieder losging, fingen wir auch an. Wir
waren Banknachbarn, der Alfred und ich. Er war damals schon sehr genau,
in Mathe und Englisch ein As. Man konnte schon die Führungspersönlichkeit
ahnen.“ Das gab Karl-Josef Klostermann später zu Protokoll. – Und die Ver-
bindung reichte noch weiter zurück. Seine Mutter Hella war um 1920
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Schülerin des Steeler Lyzeums gewesen (heute befindet sich in deren Ge-
bäude die Helene-Lange-Schule); ihr Schulleiter war Willy Roskothen – eben
der, der im Krieg und danach am CHG reaktiviert und als „Old King“ bekannt
wurde…
In diesen späten 1940er Jahren schloss Alfred Herrhausen seine Schullauf-
bahn ab. Sein Klassenlehrer in der Oberstufe war Karl Gahlmann, der über
seinen Schüler sagte: „Er war mein bester Schüler. Ich unterrichtete ihn in
der Oberstufe in Mathematik, Physik und Erdkunde; ein sehr angenehmer,
sehr höflicher Mensch. Ein Streber? – Das hatte er gar nicht nötig, um die
Zensuren zu bekommen, die er hatte.“
Ganz ähnlich äußerte sich Herrhausens Con-Abiturient Werner Filthaut, der
spätere Gründungs-Vorsitzende des heutigen Ehemaligenvereins: „Er war
damals schon sehr ehrgeizig, aber kein Streber. Er wusste ganz genau, was
er wollte.“ Der „Ausblick“, die damalige Schülerzeitung des CHG, nennt ihn
in ihrer Nummer 2 im April 1949 als Abiturient der O I a, als einen von 29 Ab-
solventen aus zwei Klassen. Die „Ausblick“-Redaktion gab – nach der obli-
gatorischen Gratulation – der Hoffnung Ausdruck, die Abiturienten möchten
„sich weiterhin mit ihrer Penne verbunden fühlen“. Was Alfred Herrhausen
betrifft – er erfüllte diese Hoffnung und schloss sich dem Ehemaligenverein
nach dessen Gründung spontan an.
Klassenvater Karl „Ente“ Gahlmann hatte in der für ihn typischen Zurückhal-
tung den Kontakt zu seinem weithin bekannt gewordenen Ex-Schüler nicht
forciert. Erst als Herrhausen in späteren Jahren einmal einen Vortrag in Es-
sen hielt, ging er hin. Blieb jedoch im Hintergrund – bis der Manager auf ein-
mal ausrief: „Aber – da ist ja mein alter Mathe-Lehrer!“
Nach dem Abitur hatte Herrhausen in Köln Volks- und Betriebswirtschafts-
lehre studiert und war mit 25 Jahren promoviert worden. Über Stationen bei
Ruhrgas und den Vereinigten Elektrizitätswerken Westfalen (VEW) kam er
1969 zur Deutschen Bank, wo er 1970 bereits in den Vorstand aufrückte.
1985 wurde er einer von zwei Sprechern des Vorstands, 1988 alleiniger
Sprecher. Unter seiner Führung wurde die Deutsche Bank zum unumstritte-
nen „Primus“ in Deutschland. Er persönlich galt als brillanter Kopf in unter-
nehmerischer wie intellektueller Hinsicht, scheute sich nicht anzuecken, bei-
spielsweise mit seinem Anspruch, Banken müssten mit ihrer Macht verant-
wortungsvoll umgehen: „Natürlich haben wir Macht. Es ist nicht die Frage, ob
wir Macht haben oder nicht, sondern die Frage ist, wie wir damit umgehen,
ob wir sie verantwortungsbewusst einsetzen oder nicht.“ – Auch vor unpopu-
lären Vorstößen schreckte er nicht zurück, so als er in den späten 1980er
Jahren vorschlug, armen Ländern ihre Schulden, zumindest teilweise, zu er-
lassen. Die Schuldenkrise der Entwicklungsländer bedrohe den Frieden und
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die ökonomische Wohlfahrt der Menschheit weltweit. Die heftige Kritik und
den massiven Widerstand dagegen konterte er mit der Bemerkung, „keine
Nachhilfe in Solidarität“ zu benötigen. – Diese Idee Herrhausens sollte Jahr-
zehnte nach seinem Tod, den damaligen Protesten zum Trotz, doch im Prin-
zip realisiert werden.
Herrhausen galt als potentielles Ziel der RAF-Terroristen, die sich noch am
Nachmittag des 30. November 1989 der Ermordung bezichtigten. Gleichwohl
– die Attentäter wurden niemals gefasst.                   Rolf Michael Simon

                  Neuanfang am Allerseelentag
Vor 75 Jahren begann am CHG wieder der Unterricht, ein halbes Jahr nach
Kriegsende

Vorbemerkung: Ohne „Corona“ wäre zweifellos in diesem Frühjahr der histo-
rischen Ereignisse vor 75 Jahren wesentlich in- und extensiver gedacht wor-
den. Dies sei hier, selbstverständlich, nicht nachgeholt. Aber wir wollen daran
erinnern, wie es am Carl-Humann-Gymnasium 1945 wieder anfing, wie es
dazu kam und – wie es weiterging.

Es war der 2. November 1945, ein Freitag, Allerseelentag. In der Friedens-
kirche und in der Kapelle des Waisenhauses (Franziska-Christine-Stiftung,
die Laurentiuskirche war nach Bombenschäden noch nicht wieder geöffnet,
d.Red.) wurde mit zwei Festgottesdiensten der Schulbetrieb nach Kriegs-
ende wieder aufgenommen, ein Neubeginn wahrhaftig. Der reguläre Unter-
richt begann am darauffolgenden Montag, dem 5. November 1945.
„Regulären“ Unterricht hatte es allerdings schon lange vor der Kapitulation
im Mai, ein halbes Jahr zuvor, nicht mehr gegeben. Bereits am 15. Februar
1943(!) waren die ersten 36 Schüler aus U II und O II (Unter- und
Obersekunda, also zehntes und elftes Schuljahr) als Flakhelfer eingezogen
worden. Nach dem ersten Großangriff auf Essen am 5. März 1943 fiel der
Unterricht für die meisten Klassen aus, weil das Schulgebäude zur
Notunterkunft für Ausgebombte umfunktioniert wurde. Im Juli 1943 und im
Januar 1944 wurden die nächsten Pennäler eingezogen, teils sogar aus der
Obertertia (Kl. 9). Das Kollegium (notabene – damals gab’s weder
Schülerinnen noch Lehrerinnen am CHG, das einzig weibliche Wesen war
Frl. Buchholz, die Sekretärin) unterrichtete diese Flakhelfer, teils sogar in
deren Stellungen. Zunächst noch in Essen, aber im Oktober 1944 wurden
55 „Humänner“ nach Stettin versetzt. Mit ihnen ging Walter Linnenborn, der
sie dort betreute und nach Möglichkeit auch unterrichtete.
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Wir erinnerten im vorjährigen „Kurier“ an unseren „Pille-Pat“ – dies war ein
weiterer Beweis, wie sehr er „seinen Jungs“ verbunden war. Diese Schüler
wurden noch kurz vor Toresschluss zum Militär oder zum Volkssturm einge-
zogen, einige kamen in Kriegsgefangenschaft, ein Sechzehnjähriger fiel noch
1945.

Einschub: Der britische Historiker Ian Kershaw hat in einer fundamentalen,
tiefgreifenden Studie untersucht, dass, wie und warum das „Dritte Reich“ bis
zum Schluss funktionierte. Man stelle sich heute vor, dass noch am 23. Ap-
ril 1945 Fußballspiele ausgetragen wurden – der FC Bayern München schlug
die „Löwen“ vom Lokalrivalen 1860 mit 3:2. Noch im April 1945 wurden Löhne
und Gehälter regulär gezahlt, wurden bis in die letzten Kriegstage ausländi-
schen Studenten die bewilligten Stipendien ausgezahlt. Die Verwaltungsbü-
rokratie lief weiter, ja – es wurden noch Bauanträge beschieden… - Aber, für
die Schulen, darauf weist Kershaw ebenfalls hin, galt dies schon lange nicht
mehr.

Das Schuljahr 1943/44 (Beginn im Herbst) hatte schon nicht mehr regulär
starten können. Auch vom CHG waren bereits zuvor viele Pennäler in die
„Kinderlandverschickung“ (KLV) geraten. Natürlich wurden sie von einem Teil
des Kollegiums begleitet. Zunächst in die Tschechoslowakei, dann nach Ti-
rol. Und zwar nach Galtür und einem zweiten Ort, der in diesem Jahr Schlag-
zeilen machte: Nach Ischgl… Damals wohl noch ein weitestgehend unbe-
kannter Wintersportort, dessen Hoteliers möglicherweise die einquartierten
Schüler und Lehrer gern begrüßten, zumal Berlin dafür zahlte.
Während die älteren Schüler bereits 1944 zurückgeholt und dienstverpflichtet
wurden (siehe oben), blieben die jüngeren bis 1945 in Tirol. Der Unterricht
wurde regelmäßig erteilt, ernsthaft krank wurde auch keiner. Allerdings
wurde die Situation nach dem Mai 1945 unangenehm, zumal die Gelder aus
Berlin jetzt ausblieben. Einige Schüler kamen in ein neues Lager, andere
machten sich – gegen ausdrückliche Verbote – auf eigene Faust auf den
Heimweg und kamen auf teils abenteuerlichen Wegen nach Steele zurück.
Alle anderen wurden im September und Oktober heimgebracht.
Das Schulgebäude war lange Zeit von schweren Schäden verschont geblie-
ben. Aber beim letzten Großangriff auf Essen traf eine Bombe am
11. März 1945 den Schulhof und richtete auch am Bau etlichen Schaden an.
Artilleriebeschuss hatte das Dach des Schulgebäudes und der alten Turn-
halle abgedeckt, die Fensterscheiben waren zerbrochen, teilweise fehlte der
Bodenbelag. Als im Sommer 1945 erste Gerüchte über die Wiedereröffnung
der höheren Schulen die Runde machten, trafen sich Lehrer mit älteren
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Schülern und setzten das CHG soweit instand, dass im November der Un-
terricht wieder beginnen konnte.

Ende der Geschichte? Nein, nicht ganz. Denn da gab’s noch zweierlei:

Am besagten 5. November 1945 gingen 521 Schüler an den Start, zu Os-
tern 1946 waren es 646, ein weiteres Jahr später bereits 694. 1939 waren es
332 gewesen, nicht einmal die Hälfte. Die hatten in den Bau hineingepasst,
denn eigentlich wies das CHG nur gerade einmal neun Klassenräume auf.
So fehlten nur ein Jahr nach Kriegsende bereits – ohne Berücksichtigung von
Kriegsschäden – sieben Unterrichtsräume. Also mussten Räume geteilt wer-
den, auch der alte Zeichensaal blieb nicht verschont. Und zweitens: Im alten
Bau am Laurentiusweg war damals (und bis 1957) noch ein zweites Gymna-
sium untergebracht – die Humboldt-Schule mit ähnlich hohen Schülerzahlen.
Das bedeutete Schichtunterricht (vormittags/nachmittags et vice versa) – und
dieser betraf zeitweise auch die benachbarte Laurentiusschule, in der Räume
und später auch eine Baracke auf dem Schulhof (der legendär gewordene
„Schacht Zwo“) belegt werden mussten.
Über allem schwebte dazu die entscheidende inhaltliche Frage: Wie sollte es
weitergehen? Sollte die gute alte Penne wieder altsprachliches Gymnasium
werden, das sie ja bis 1936 gewesen war? Damals war sie, quasi per „ordre
de mufti“, zur „Deutschen Oberschule“ gemacht worden. Das bedeutete: ab
Sexta (Kl. 5) Englisch, ab Quarta (7) Latein, keine dritte Fremdsprache mehr,
damit auch Verzicht auf Griechisch – und Hebräisch durfte eh nicht mehr ge-
lehrt werden. Also: Altsprachlich? Es dürfte gewiss Befürworter gegeben ha-
ben – aber Schulleitung und Kollegium wollten diese Entscheidung nicht al-
lein treffen. Und die Eltern sprachen sich mehrheitlich dafür aus, dass das
CHG ein neusprachliches Gymnasium werden sollte. So geschah es.
In den 50er Jahren kam der mathematisch-naturwissenschaftliche Zweig
hinzu, der keine 20 Jahre später einer der unzähligen Schul-„Reformen“ zum
Opfer fiel, die so typisch für die spätere Schul-Politik wurden.
Aber das ist ein anderes Thema.                               Rolf Michael Simon

Quellen:
„100 Jahre Höhere Schule Essen-Steele, 1854-1954“; (Festschrift zum Jubi-
läum des Carl-Humann-Gymnasiums)
„Almanach der Heimat 1951 im 1000-jährigen Steele“
Ian Kershaw: Das Ende (The End, Hitler’s Germany 1944-45) München 2011
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