KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ

 
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KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
KINDER-
      UND
JUGEND-
PROGRAMM
            FÜR
 OBERPFALZ
DIE
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
Kinder- und Jugendprogramm
                                                                                                            für die Oberpfalz
                                                                                                            neufassung 2016

vorbemerkung                                                                                                Die Mitglieder der Arbeitsgruppe, v.l.n.r.:

Im Jahr 1995 wurde erstmals ein gemeinsames Kinder-                                                         Patrick Skrowny (stellv. Vorsitzender des Bezirksjugendrings Ober­pfalz),   Karl Bierl (Geschäftsführer des Bezirksjugendrings Oberpfalz),
und Jugendprogramm von Bezirksjugendring und Bezirk                                                         Martin Merkl (Bezirksjugendringvorstand),                                   Thomas Schieder­(Leiter des Kreisjugendamts Amberg-Sulzbach),
Oberpfalz vorgestellt. Überarbeitete Fortschreibungen                                                       Oliver Schmidt (Sprecher der kommunalen Jugend­arbeit in der Oberpfalz),    Richard Gaßner (Bezirksrat, Fraktionsvorsitzender),
                                                                                                            Tobias Späth (stellv. Leiter der Jugendbildungsstätte Waldmünchen),         Alexandra Lins (Medienfachberatung für den Bezirk Oberpfalz),
folgten in den Jahren 2000 und 2008. Die vorliegende
                                                                                                            Thomas Gabler (Bezirksrat, Kulturreferent des Bezirks Oberpfalz),           Lisa Praßer (Vorsitzende des Bezirksjugendrings Oberpfalz)
Fortschreibung wurde erstellt von einer Arbeitsgruppe,
die in mehreren Sitzungen in enger Kooperation mit der
Geschäftsstelle des Bezirksjugendrings einen Textent-
wurf erarbeitete. Für Textvorlagen zu einzelnen Ab-
schnitten dankt die Arbeitsgruppe den Autoren/-innen:

Günter Bonack (Bezirk Oberpfalz, Pressestelle)
Dr. Heribert Fleischmann (medbo – Medizinische
Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz)
Dr. Stephanie Kandsperger (medbo – Medizinische
Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz)
Philipp Seitz (Bezirksjugendring-Vorstand)               Die Neufassung 2016 des Kinder- und Jugendpro-
Arno Speiser (Regionale Beratungsstelle gegen            gramms wurde vom Bezirksjugendring-Ausschuss
Rechtsextremismus)                                       Oberpfalz am 23.04.2016 einstimmig beschlossen
Ursula Wohlfeld (Bezirk Oberpfalz, Referat               und vom Kulturausschuss des Bezirks Oberpfalz am
Heimatpflege, Kultur und Bildung)                        05.07.2016 einstimmig zur Kenntnis genommen.

                                                                                                                                                                                         KINDER- UND JUGENDPROGRAMM FÜR DIE OBERPFALZ | 1
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
VORWORTE                                                                                                               Endlich ist es soweit, Sie halten die neu überarbeitete,     entwickelt und diskutiert.
                                                                                                                           vierte Fassung des 1995 erstmals veröffentlichten Kin-       Mein herzlicher Dank gilt
                                                                                                                           der- und Jugendprogramms für die Oberpfalz in Ihren          allen, die zur Erstellung
                                                                                                                           Händen.                                                      und Ausarbeitung der
    Diese neu bearbeitete, vierte Ausgabe des Kinder-und       Regensburg werden 2030                                      Alle Kapitel wurden komplett überarbeitet und auf den        vorliegenden Neuauflage
    Jugendprogramms für die Oberpfalz offenbart, wie in-       deutlich weniger junge                                      neuesten Stand gebracht. Viele Themen wurden neu kon-        beigetragen haben.
    tensiv die in diesem Bereich hauptberuflich oder ehren-    Menschen leben als heut-                                    zipiert und sehr viel ausführlicher behandelt als in der     Aus vielfältigen Diskus-
    amtlich engagierten Menschen mit offenen Ohren und         zutage.                                                     bisherigen dritten Fassung, beispielsweise die Abschnitte    sionen sind Positionen
    klarem Blick die Chancen und Probleme junger Men-          Den Machern dieser Neu-                                     zu Partizipation, Migration und Integration, Inklusion und   entstanden, die dem Be-
    schen in der Oberpfalz wahrnehmen.                         auflage kommt das Ver-                                      Suchtprävention, was veränderten wichtigen Themen-           zirksjugendring und dem
    Themen, die jungen Menschen auf den Nägeln bren-           dienst zu, dass sie neben                                   feldern der Gesellschaft und der Lebenswelt von Kindern      Bezirkstag grundlegend
    nen, sind immer auch ein Spiegelbild von Entwicklun-       einer Bestandsaufnahme                                      und Jugendlichen Rechnung trägt.                             und Richtung weisend
    gen in der Gesellschaft. Dominierten laut Shell-Studie     auch die Herausforde-                                       Auch Gliederung und Aufbau des Programms wurden              erscheinen. Es ist klar, dass Jugendarbeit in all ihren Fa-
    2006 bei jungen Menschen noch Sorgen und Ängste            rungen für die Zukunft                                      verändert. Zudem werden neue Arbeitsfelder des Bezirks-      cetten nur geleistet werden kann, wenn die dafür erfor-
    um die eigenen Bildungs- und Arbeitsmarktchancen, so       der Jugendarbeit in der                                     jugendrings dargestellt, beispielsweise der Jugendkultur-    derlichen öffentlichen Mittel bereitgestellt werden. Der
    sehen die Autoren der aktuellen Studie heute eine „Ge-     Oberpfalz klar benennen.                                    service und die Regionalkoordination des Projekts „Schule    Bezirkstag der Oberpfalz hat sich für die Belange der
    neration im Aufbruch“: Die Mehrheit der jungen Men-        Die Verantwortlichen und aktiven Gestalter im Bezirks-      ohne Rassismus – Schule mit Courage“.                        Jugendarbeit auf Bezirksebene stets aufgeschlossen ge-
    schen blicke optimistisch in die Zukunft, immer mehr       jugendring und in den Jugendverbänden und -gruppen          Das Kinder- und Jugendprogramm für die Oberpfalz soll        zeigt, wofür mein herzlicher Dank allen Entscheidungs-
    Jugendliche bezeichnen sich als politisch interessiert     werden darauf Antworten finden und diese umsetzen,          sowohl eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustands sein als       trägern gilt.
    und aktiv, allerdings außerhalb der traditionell gewach-   davon bin ich überzeugt. Der Bezirk Oberpfalz wird sich,    auch neue Anregungen und Impulse für die (zukünftige)        Ich bin sicher, dass auch die Umsetzung der Ziele des
    senen Strukturen von Verbänden und Parteien. Bevor-        wie in den letzten Jahrzehnten, an dem gemeinsamen          Praxis bieten. Es soll den Aktiven der Jugendarbeit, den     vorliegenden Kinder- und Jugendprogramms in partner-
    zugt würden sich junge Menschen projektbezogen für         Gespräch beteiligen und Entscheidungen im Rahmen            politisch Verantwortlichen in der Kommunalpolitik und        schaftlichem Miteinander von Bezirksjugendring und
    soziale Themen engagieren. Diese Einstellung zeigt sich    seiner Möglichkeiten finanziell unterstützen.               allen weiteren Interessierten einen Überblick über Struk-    Bezirkstag erfolgen wird.
    auch beim Thema Migration und Integration, das in der      Mein Dank geht an alle Mitstreiter, die sich aktiv einge-   tur und Themen der Jugendarbeit bieten und zur Diskus-
    Oberpfälzer Jugendarbeit deutlich an Bedeutung ge-         bracht haben bei der inhaltlichen Neufassung dieses         sion der Inhalte und Positionen anregen.
    wonnen hat. Zahlreiche Jugendverbände schaffen hier        Kinder- und Jugendprogramms für die Oberpfalz.              Die Schwerpunkte und Perspektiven des vorliegenden
    bereits vorbildliche Angebote, um junge Menschen mit                                                                   Kinder- und Jugendprogramms wurden in einer Arbeits-         Lisa Praßer
    Migrationshintergrund und minderjährige Flüchtlinge                                                                    gruppe, in der auch Vertreter des Bezirkstags mitwirkten,    Vorsitzende des Bezirksjugendrings Oberpfalz
    in unser Gemeinwesen zu integrieren.
    Völlig neue Herausforderungen kommen auf die Ju-           Franz Löffler
    gendarbeit durch den demoskopischen Wandel zu – in         Bezirkstagspräsident der Oberpfalz
    allen Regionen in der Oberpfalz außer im Ballungsraum

                                                                                                                                                                              KINDER- UND JUGENDPROGRAMM FÜR DIE OBERPFALZ | VORWORTE | 3
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KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
INHALT
                                                             3     Strukturen und Selbstverständnis von Jugendarbeit
                                                             3.1   Jugendverbände                                                                    50
                                                             3.2   Jugendringe                                                                       52
                                                             3.3   Kommunale Jugendarbeit                                                            54
    0      Vorworte                                          3.4   Jugendarbeit in den kreisangehörigen Gemeinden                                    56
                                                             3.5   Offene Kinder- und Jugendarbeit                                                   58
    1      Die Situation junger Menschen heute
                                                             3.6   Prinzipien der Jugendarbeit                                                       59
    1.1    Eine pragmatische Generation im Aufbruch     8
    1.2    Demographische Daten und Perspektiven        11   4     Der Bezirksjugendring Oberpfalz                                                   64

    2      Arbeitsfelder und Perspektiven                    5     Die Jugendbildungsstätte Waldmünchen                                              70
    2.1    Medienpädagogik                              16
                                                             6     Überörtliche Einrichtungen der Jugendarbeit                                       74
    2.2    Jugendkulturarbeit                           19
    2.3    Partizipation von Kindern und Jugendlichen   22   7     Förderung der Jugendarbeit durch den Bezirk Oberpfalz                             82
    2.4    Ökologie und Nachhaltigkeit                  26
                                                             8     Rechtsgrundlagen                                                                  86
    2.5    Migration und Integration                    28
    2.6    Ehrenamtlichkeit und Fachlichkeit            31         Anmerkungen und Quellenangaben                                                    89
    2.7    Jugendarbeit und Schule                      34
                                                                   Anhang
    2.8    Inklusion                                    37
                                                                   Jugendverbände in der Oberpfalz                                                   91
    2.9    Rechtsextremismus                            39
                                                                   Stadt- und Kreisjugendringe                                                       92
    2.10   Internationale Begegnung                     41         Kommunale Jugendarbeit                                                            93
    2.11   Arbeit und Ausbildung                        42         Kirchliche Jugendstellen                                                          93
    2.12   Gesundheit und Suchtprävention               44         Weitere Adressen                                                                  94
                                                                   Bildnachweise                                                                     95

                                                                                                           KINDER- UND JUGENDPROGRAMM FÜR DIE OBERPFALZ | INHALT | 5
4
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
DIE SITUATION
    JUNGER MENSCHEN
    HEUTE
    1.1   Eine pragmatische Generation im Aufbruch
    1.2   Demographische Daten und Perspektiven

                                                     DIE sITUATION JUNGER MENscHEN | 7
                                                              2 MEDIENPÄDAGOGIK
6
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
ten Herkunftsschichten häufiger an, sie seien politisch interessiert.6

    1.1
                                                                                                                                           Mit dem politischen Interesse ist die Bereitschaft zur Beteiligung an
                                                                                                                                           politischen Aktivitäten verbunden. Die etablierten Parteien profitieren
                                                                                                                                           davon jedoch nicht, denn die Politikverdrossenheit bleibt weiter hoch.
    EINE PRAGMATISCHE GENERATION                                                                                                           Jugendliche bringen den Parteien wenig Vertrauen entgegen, genauso
                                                                                                                                           wie großen Unternehmen, Kirchen und Banken. Das größte Vertrau-

    IM AUFBRUCH                                                                                                                            en genießen Polizei, Gerichte sowie Menschenrechts- und Umwelt-
                                                                                                                                           schutzgruppen.7

                                                                                                                                           Politische Teilhabe
    Seit vielen Jahren schon bieten die Shell Jugendstudien     gene Zukunft, ein Drittel bewertet sie gemischt „mal so,
                                                                                                                                           56 % der Jugendlichen haben sich schon einmal an einer oder meh-
    einen fundierten Einblick in Lebenssituation, Herausfor-    mal so“, und nur 3 Prozent erwarten eine eher düstere
                                                                                                                                           reren politischen Aktivitäten beteiligt. An der Spitze stehen dabei der
    derungen, Verhaltensweisen und Einstellungen junger         Zukunft. Von dieser steigenden Zuversicht profitieren
                                                                                                                                           Boykott von Waren aus politischen Gründen und das Unterzeichnen
    Menschen in Deutschland. Im Herbst 2015 wurde die ­         Jugendliche aus der sozial schwächsten Schicht aller-
                                                                                                                                           von Petitionen. Online-Petitionen sind beliebter als Unterschriftenlis-
    17. Shell Jugendstudie veröffentlicht.1 Sie stützt sich     dings erneut nicht. Schon in der vergangenen Jugend-
                                                                                                                                           ten. Jeder Vierte hat bereits an einer Demonstration teilgenommen,
    auf eine repräsentativ zusammengesetzte Stichprobe          studie äußerte sich nur jeder Dritte von ihnen zuver-
                                                                                                                                           und jeder zehnte engagiert sich in einer Bürgerinitiative. Lediglich 4%
    von 2.558 Jugendlichen im Alter von 12 bis 25 Jahren aus    sichtlich hinsichtlich der eigenen Zukunft. Die oberen
                                                                                                                                           der Befragten haben sich schon einmal in einer politischen Gruppe
    den alten und neuen Bundesländern, die im Zeitraum          sozialen Schichten zeichnen sich hingegen durch einen
                                                                                                                                           oder Partei engagiert.8
    von Anfang Januar bis Mitte März 2015 befragt wurden.       wachsenden Optimismus aus.3
    Im Folgenden sind einige zentrale Ergebnisse skizziert.
                                                                                                                                           Mehr Angst vor Fremdenhass als vor Zuwanderung
                                                                Erstmals beurteilt auch eine Mehrheit der Jugendlichen
                                                                die gesellschaftliche Zukunft optimistisch. In den letz-                   Nur 29 Prozent der Jugendlichen fürchten sich vor Zuwanderung,
    Um es in einem Schlagwort plakativ zusammenzufas-           ten Jahrzehnten war die Zukunft der Gesellschaft von                       aber fast die Hälfte hat Angst vor Ausländerfeindlichkeit.9 Jugendliche
    sen könne die junge Generation in Deutschland 2015 als      den Jugendlichen eher negativ bewertet worden. Aber                        sind im Schnitt offener gegenüber der Zuwanderung geworden. 2002
    „Generation im Aufbruch“ charakterisiert werden. Einer-     auch bei dieser Zukunftsbewertung spielt die soziale                       plädierten 48 % der Jugendlichen, 2006 sogar 58 Prozent, dafür, die
    seits stehen Jugendliche den Anforderungen, die Alltag,     Herkunft eine starke Rolle. Jugendliche aus den oberen                     Zuwanderung nach Deutschland zu verringern. 2015 unterstützen nur
    Beruf und Gesellschaft mit sich bringen, pragmatisch        Schichten sind zuversichtlicher als Jugendliche aus den                    noch 37 Prozent der Jugendlichen diese Aussage.10
    gegenüber. Gleichzeitig folgen sie bei ihrer Zukunftsori-   unteren Schichten.4
    entierung aber auch eher idealistischen Vorstellungen.                                                                                 Wie gestalten Jugendliche ihre Freizeit?
    Sie interessieren sich wieder mehr für gesellschaftspo-     STEIGENDES INTERESSE AN POLITIK – NICHT ABER
                                                                                                                                           Bei den Freizeitaktivitäten hat das Internet in den letzten Jahren deut-
    litische Themen und wollen sich verstärkt in soziale Ge-    AN PARTEIEN
                                                                                                                                           lich an Bedeutung gewonnen. Insgesamt sind es mehr als zwei Drittel
    staltungsprozesse einbringen.2                              Immer mehr Jugendliche zeigen politisches Interesse.                       der Befragten, die internetbezogene Aktivitäten als häufigste Freizeit-
                                                                Im Vergleich zu nur 30 Prozent im Jahr 2002 bezeichnen                     gestaltung bezeichnen. Geselligkeit, Kontakte knüpfen, sich mit ande-
    OPTIMISTISCHER BLICK IN DIE ZUKUNFT
                                                                sich 2015 rund 41 Prozent der Jugendlichen als „politisch                  ren Leuten treffen etc. bleibt dennoch ein zentrales Motiv. Klassische
    Der Optimismus der Jugendlichen in Deutschland ist          interessiert“.5 Generell geben ältere Jugendliche, männ-                   Mediennutzung (Fernsehen, Musik) ist hingegen eher rückläufig.11
    ungebrochen. 61 Prozent blicken optimistisch in die ei-     liche Jugendliche und Jugendliche aus höher gebilde-

                                                                                                                            DIE SITUATION JUNGER MENSCHEN | EINE PRAGMATISCHE GENERATION IM AUFBRUCH | 9
                                                                                                                                                                                2 MEDIENPÄDAGOGIK
8
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
Freizeittypen
                                                                                                                                   1.2
                                                                     Wofür Jugendliche das Internet nutzen
                                                                     Beim alltäglichen Internet-Nutzungsverhalten unter-
     Die Shellstudie 2015 unterscheidet vier Typen der Freizeit-

                                                                                                                                   DEMOGRAFISCHE DATEN UND
                                                                     scheidet die Shell Studie drei große Bereiche: Unterhal-
     gestaltung. In der Gruppe der „kreativen Freizeitelite“ (19
                                                                     tung, Information und interaktiver Austausch.15
     Prozent aller Jugendlichen) sind Jugendliche aus der oberen
                                                                     Im ersten Bereich finden sich Aktivitäten wie „Videos, Fil-
     Schicht häufiger anzutreffen. Jüngere, und hier vor allem
     männliche Jugendliche, sind dagegen vermehrt unter den
     „Medienfreaks“ (27 Prozent) zu finden. Für diese stehen
                                                                     me, Fernsehen“, „Musik runterladen oder hören“, „Chats“
                                                                     sowie „Spiele, Gamen“ und „auf soziale Netzwerke zu-
                                                                                                                                   PERSPEKTIVEN
                                                                     greifen“.
     Computerspiele, Videos und „Rumhängen“ im Vordergrund.
                                                                     Im zweiten Bereich kommen Aktivitäten wie „Nach In-
     „Gesellige Jugendliche“ (30 Prozent) bilden die größte Grup-                                                                  Bayern steht vor erheblichen demographischen
                                                                     formationen suchen, die ich gerade brauche“, „Mich in-
     pe. Für diese eher älteren Jugendlichen aus den mittleren                                                                     Veränderungen – neben der landesweiten Alterung
                                                                     formieren, was in Politik und Gesellschaft passiert“, „Das
     Schichten stehen gemeinsame Aktivitäten mit Freunden                                                                          der Bevölkerung werden die absoluten Bevölkerungs-
                                                                     Netz für Schule, Ausbildung oder Beruf nutzen“ sowie
     verstärkt auf dem Programm. Eine vierte Gruppe sind die                                                                       zahlen in Bayern zwar vorerst noch zunehmen, spätes-
                                                                     „E-Mails versenden“ zusammen.
     „Familienorientierten“ (24 Prozent). Diese vermehrt weibli-                                                                   tens ab 2023 wird aber mit einer kontinuierlichen
                                                                     Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren im In-
     chen Jugendlichen aus den mittleren Schichten unterneh-                                                                       Bevölkerungsabnahme im Freistaat gerechnet.
                                                                     ternet entstandenen Social Media-Infrastruktur sind im
     men viel mit der Familie. Auch Fernsehen und Internet sind
                                                                     dritten Bereich des interaktiven Austausches Aktivitäten
     für sie häufige Freizeitaktivitäten.12
                                                                     wie „Meinen Blog schreiben“, „Bewertungen zu Produk-
                                                                                                                                   Dies ergibt sich aus der regionalisierten Bevölkerungsvor-
                                                                     ten oder Dienstleistungen schreiben“, „Fotos, Videos oder
     Allgegenwärtiges Internet                                                                                                     ausberechnung 2012 – 2032 des Bayerischen Landesamts für
                                                                     Musik ins Internet hochladen“ enthalten. Damit erschlie-
     Immer länger Online                                                                                                           Statistik und Datenverarbeitung.17
                                                                     ßen sich Jugendliche nicht nur passiv die vorgefundenen
     Im Jahr 2015 ist die Online-Vollversorgung Wirklichkeit ge-                                                                   Dabei wird die demographische Entwicklung regional sehr
                                                                     Inhalte, sondern bringen sich aktiv mit eigenen Inhalten
     worden: 99 Prozent der Jugendlichen haben Zugang zum                                                                          unterschiedlich ausfallen: Oberbayern kann in den kommen-
                                                                     ein. Auf der Grundlage der unterschiedlichen Nutzungs-
     Internet. Sie nutzen im Durchschnitt 2,3 Zugangskanäle, wo-                                                                   den 20 Jahren mit einer deutlichen Bevölkerungszunahme
                                                                     dimensionen entwickeln die Autoren der Shell-Studie
     bei das Smartphone mit 81 % an der Spitze liegt. Zudem ist                                                                    rechnen. Die Regierungsbezirke Mittelfranken, Schwaben
                                                                     eine Typologie. Sie unterscheiden fünf Gruppen:16
     die junge Generation immer länger im Netz: Durchschnitt-                                                                      und Niederbayern werden eine stabile Einwohnerentwick-
                                                                     --- Info-Nutzer (eher weiblich, besser gebildet und           lung vorweisen können. Weite Teile der Oberpfalz, ausge-
     lich 18,4 Stunden verbringen die Jugendlichen wöchentlich
                                                                         etwas älter)                                              nommen Stadt und Landkreis Regensburg, und besonders
     online, 2006 waren es noch weniger als 10 Stunden.13
                                                                     --- Medienkonsumenten (eher jünger, mehr Jungen               die Regierungsbezirke Unterfranken und Oberfranken müs-
     Kritischer Blick auf Datennutzung                                   als Mädchen)                                              sen sich auf merkliche Bevölkerungsverluste einstellen.
     Gleichzeitig sind die Jugendlichen über die Problematik der
                                                                     --- Digitale Vielnutzer (eher männlich und besser
     Datennutzung im Internet informiert und sehen diese auch
                                                                         gebildet)
                                                                                                                                   Gravierend betroffen: die nördliche Oberpfalz
     kritisch. Mehr als vier Fünftel von ihnen glauben, dass große
                                                                     --- Gelegenheitsnutzer (eher jünger, eher niedrige/mitt-      Innerhalb der Oberpfalz ist im Landkreis Tirschenreuth
     Konzerne wie Google und Facebook mit ihren Nutzern und
                                                                         lere Bildung)                                             (-13,0%) der größte Rückgang zu erwarten, eine ebenfalls
     deren Daten viel Geld verdienen. Obwohl mehr als die Hälfte
                                                                                                                                   starke Bevölkerungsabnahme wird für die Landkreise Am-
     der Jugendlichen angibt, häufig oder sehr häufig Facebook       --- Interaktiv orientierte Selbstdarsteller (eher älter
                                                                                                                                   berg-Sulzbach (-8,1%) und Neustadt a.d. WN (-7,8%) und für
     zu nutzen, fällt das Vertrauen in dieses Unternehmen sehr           und eher männlich)
     gering aus.14

                                                                                                                                                                      DIE SITUATION JUNGER MENSCHEN | DEMOGRAFISCHE DATEN UND PERSPEKTIVEN | 11
                                                                                                                                                                                                                     2 MEDIENPÄDAGOGIK
10
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
die Stadt Weiden (-5,7%) prognostiziert. Mit einer deut-   --- Wird es den Organisationen der Ju-
     Hier die genauen Zahlen zur Bevölkerungsprognose (in Tausend)
                                                                     lichen Zunahme können die Stadt Regensburg (+7,1%)             gendarbeit gelingen, angesichts des
                                          2012     2032     +/-      und der Landkreis Regensburg (+6,0%) rechnen.18                zahlenmäßigen Rückgangs die Struk-
     Kreisfreie Stadt Amberg              41,6     39,7     -4,4                                                                    turen der Jugendarbeit zu erhalten
                                                                     Verschiebung der Altersstruktur                                und genügend ehrenamtliche Kräfte
     Kreisfreie Stadt Regensburg          138,3    148,1    7,1
                                                                                                                                    zu gewinnen?
                                                                     Für die Jugendarbeit besonders gravierend ist dabei die
     Kreisfreie Stadt Weiden i. d. OPf.   41,7     39,3     -5,7
                                                                     zahlenmäßige Entwicklung innerhalb der Altersgrup-         --- Wird sich wegen der Abnahme der
     Landkreis Amberg-Sulzbach            103,4    95       -8,1     pen. Während die Gesamtbevölkerung der Oberpfalz bis           Personen im erwerbsfähigen Alter
     Landkreis Cham                       125,6    120,1    -4,4     2032 lediglich geringfügig um 1,7 % abnimmt, sinkt der         ein Fachkräftemangel ergeben bzw.
                                                                     Bevölkerungsanteil der unter 18-Jährigen um 14,2%, bei         verstärken?
     Landkreis Neumarkt i. d. OPf.        127,1    126,7    -0,3
                                                                     den 65-Jährigen oder Älteren ist dagegen eine Zunahme
     Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab    95,8     88,4     -7,8     um 46,1% zu erwarten.                                      --- Wird es für ausbildungswillige Be-
     Landkreis Regensburg                 184,3    195,4    6        Dies hat Auswirkungen auf das Durchschnittsalter, das          triebe zunehmend schwierig wer-
                                                                     oberpfalzweit von 2012 bis 2032 von 43,3 auf 47,5 stei-        den, Lehrstellen zu besetzen? Bereits
     Landkreis Schwandorf                 142,9    139,6    -2,4
                                                                     gen wird. Auch hier gibt es eine regionale Differenzie-        jetzt zeigt sich eine solche Tendenz
     Landkreis Tirschenreuth              73,9     64,3     -13      rung. Das höchste Durchschnittsalter in der Oberpfalz          im Bereich des Handwerks.
     Regierungsbezirk Oberpfalz           1074,7   1056,7   -1,7     im Jahr 2032 ist für den Landkreis Tirschenreuth (49,6
                                                                                                                                --- Kann der Zuzug von jungen Flücht-
                                                                     Jahre) und die nördliche Oberpfalz, ein weniger hohes
                                                                                                                                    lingen die Verschiebung innerhalb
                                                                     Durchschnittsalter für Stadt Regensburg (44,1 Jahre)
     Entwicklung des Durchschnittsalters:                                                                                           der Altersgruppen abmildern und
                                                                     und Landkreis Regensburg (47,1 Jahre) zu erwarten.
                                                                                                                                    dem Mangel an Auszubildenden und
                                                   2012     2032
                                                                                                                                    an Fachkräften entgegenwirken? Welche politischen
                                                                     Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Entwicklung des
     Kreisfreie Stadt Amberg                       45       48,3                                                                    Rahmenbedingungen müssten dazu gegeben sein             j­ unger Menschen fördern und es ihnen ermöglichen,
                                                                     Durchschnittsalters: Betrachtet man den sogenann-
                                                                                                                                    bzw. geschaffen werden?                                  die Welt in der sie leben und in der sie einen stetig klei-
     Kreisfreie Stadt Regensburg                   41,7     44,1     ten Jugendquotienten (die Anzahl der 0 – 19-Jährigen
                                                                                                                                                                                             ner werdenden Bevölkerungsanteil bilden, aktiv und
     Kreisfreie Stadt Weiden i. d. OPf.            45       48,5     je 100 Personen im Alter von 20 – 64 Jahren), so ist bis   --- Kann die Änderung der Altersstruktur zu einer sozial­    ihren Lebenswirklichkeiten entsprechend noch stärker
                                                                     2032 lediglich in der Stadt Regensburg eine Steigerung         politischen Gewichtsverschiebung zu Lasten der
     Landkreis Amberg-Sulzbach                     43,8     48,8                                                                                                                             mitzugestalten. Besondere Beachtung sollen dabei in-
                                                                     von 24,4 auf 26,7 vorausberechnet, überall sonst in der        ­Jugend führen, da die Senioren als Wählerpotenzial
     Landkreis Cham                                43,8     48,6                                                                                                                             novative Ansätze finden, die den aktuellen Lebens- und
                                                                     Oberpfalz sinkt der Jugendquotient.                             an Bedeutung gewinnen?                                  Sozialräumen junger Menschen gerecht werden und
     Landkreis Neumarkt i. d. OPf.                 42,6     47,7
                                                                                                                                                                                             die geeignete Instrumente zur Partizipation, auch in ei-
                                                                     Konsequenzen für Politik und                               BJR-Fachprogramm „Demografie und
     Landkreis Neustadt a. d. Waldnaab             43,4     48,4                                                                                                                             ner fortschreitend digitalisierten Welt, berücksichtigen.
                                                                     Jugendarbeit?                                              Partizipation“
     Landkreis Regensburg                          42,7     47,1                                                                                                                             Die aktive Mitwirkungskultur soll gestärkt und junge
                                                                     Zur Frage, welche Konsequenzen sich aus der demogra-       Beim Bayerischen Jugendring ist ein Fachprogramm             Menschen durch das Erfahren und das Gestalten realer
     Landkreis Schwandorf                          43,7     47,9     fischen Perspektive für die Jugendarbeit und Jugendpo-     „Demografie und Partizipation“ in Planung. Damit             Einflussmöglichkeiten über das bestehende Maß hin-
     Landkreis Tirschenreuth                       44,8     49,6     litik ergeben, existieren wohl mehr Fragen als Antwor-     möchte der Bayerische Jugendring die Partizipation           aus handlungsermächtigt werden.19
                                                                     ten:
     Regierungsbezirk Oberpfalz                    43,3     47,5

                                                                                                                                                                    DIE SITUATION JUNGER MENSCHEN | DEMOGRAFISCHE DATEN UND PERSPEKTIVEN | 13
                                                                                                                                                                                                                    2 MEDIENPÄDAGOGIK
12
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
ARBEITSFELDER
     UND
     PERSPEKTIVEN
     2.1    Medienpädagogik
     2.2    Jugendkulturarbeit
     2.3    Partizipation von Kindern und Jugendlichen
     2.4    ökologie und Nachhaltigkeit
     2.5    Migration und Integration
     2.6    Ehrenamtlichkeit und Fachlichkeit
     2.7    Jugendarbeit und schule
     2.8    Inklusion
     2.9    Rechtsextremismus
     2.10   Internationale Begegnung
     2.11   Arbeit und Ausbildung
     2.12   Gesundheit und suchtprävention

                                 ARBEITsFELDER UND PERsPEKTIVEN | 15
14
KINDER-JUGEND- PROGRAMM OBERPFALZ
2.1
     MEDIENPÄDAGOGIK
     Medienpädagogik beschäftigt sich mit allen pädagogisch      ist durch Mobilität und ständige Verfügbarkeit geprägt.
     relevanten Aspekten und Themen der Medien und hat die       Heranwachsende informieren sich im Netz, kommuni-
     Förderung von Medienkompetenz zum Ziel.                     zieren in Instant Messengern, posten und liken in sozia-
     Aufgrund der enormen Bedeutung von Medien in allen          len Netzwerken, spielen Games und kommentieren die
     Lebensbereichen von Heranwachsenden zählen medien-          Videos ihrer Stars in Videoportalen.
     pädagogische Angebote unumstritten zu den Angeboten         Die Entwicklungsgeschwindigkeit neuer medialer Platt-
     der Jugendarbeit. Dabei gilt es nicht nur, den Blick auf    formen im Internet und daraus resultierender Verhal-
     Heranwachsende zu lenken, sondern auch Mitarbeiter/-        tensweisen ist dabei rasant. Mit dem exponentiell ge-
     innen der Jugendarbeit dabei zu unterstützen, nicht den     wachsenen Angebot und einer umfassenden Nutzung
     Anschluss an die sich immer schneller drehende Medien-      der Medien durch Kinder und Jugendliche geht deren
     welt zu verlieren.                                          Kompetenz für den Umgang mit diesen Medien nicht
                                                                 immer einher.

     JUGEND UND MEDIEN                                           Wie der Nachwuchs mit den „neuen Medien“ verant-
                                                                 wortungsbewusst umgeht, muss gelernt werden –              anzueignen, mit ihnen kritisch, genussvoll und refle-        in zu werden. Aktive Medienarbeit fördert die ästhe-
     „Digitale Medien prägen das Aufwachsen junger Men-                                                                     xiv umzugehen und sie nach eigenen inhaltlichen und          tisch-kulturelle Kompetenz und das Entdecken eigener
                                                                 ständig und dauerhaft. Genau dies ist das zentrale Ziel:
     schen wie nie zuvor.“ 20 Vor allem das Internet hat bei                                                                ästhetischen Vor­stellungen, in sozialer Verantwortung       Fähigkeiten. Darüber hinaus kann zielgerichtetes, refle-
                                                                 Es geht um die nachhaltige Bildung und Förderung von
     Heranwachsenden weiterhin an Relevanz zugelegt. Laut                                                                   sowie in kreativem und kollektivem Handeln zu gestal-        xives und kollektives Handeln, Konfliktfähigkeit, koope-
                                                                 Medienkompetenz.
     der Shell Jugendstudie 2015 „… ist die Online-Vollversor-                                                              ten.“ 23                                                     ratives Arbeiten und argumentatives Vorbringen von
     gung Wirklichkeit geworden: 99 Prozent der Jugendli-                                                                   Jahrelange Erfahrungen in der Projektarbeit haben die        Meinungen eingeübt und gefestigt werden.
     chen haben Zugang zum Internet. (…) Zudem ist die jun-
                                                                 MEDIENKOMPETENZ DURCH AKTIVE
                                                                 MEDIENARBEIT STÄRKEN                                       aktive Medienarbeit als eine sehr effektive Methode zur
     ge Generation immer länger im Netz: Durchschnittlich                                                                   Erreichung dieses Ziels bestätigt. Das Konzept der akti-     Die sich immer schneller verändernde Medienwelt, das
     18,4 Stunden verbringen die Jugendlichen wöchentlich        Medienkompetenz kann verstanden werden als „Fähig-
                                                                                                                            ven Medienarbeit mit den Prämissen soziales, projekt­        schier unüberschaubare Angebot der heutigen Medien-
     online, 2006 waren es noch weniger als 10 Stunden.“ 21      keit, auf der Basis strukturierten zusammenschauenden
                                                                                                                            orientiertes und handelndes Lernen ermöglicht, vom           landschaft mit ihren teils kontroversen Darstellungen
     Jugendliche gehen inzwischen vorwiegend mit mobi-           Wissens und einer ethisch fundierten Bewertung der
                                                                                                                            passiven Konsumenten/-in zum aktiven Produzenten/-           und der Umgang mit persönlichen und sensiblen Daten
     len Endgeräten ins Internet. 22 Das Nutzungsverhalten       medialen Erscheinungsformen und Inhalte, sich Medien

                                                                                                                                                                                       ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN
                                                                                                                                                                                                     ARBEITSFELDER UND|PERSPEKTIVEN | XXX | 17
                                                                                                                                                                                                                        MEDIENPÄDAGOGIK
                                                                                                                                                                                                                    2 MEDIENPÄDAGOGIK
16
2.2
                                                                                                                         JugendKulTurarbeiT
                                                                                                                         Jugendkulturarbeit und kulturelle Jugendbildung sind             gen in der Oberpfalz durch Beratung, finanzielle Förde-
                                                                                                                         wesentliche Aufgabenbereiche und Angebotsformen                  rung, Vernetzung, öffentliche Präsentation und innova-
                                                                                                                         zeitgemäßer und bedürfnisorientierter Jugendarbeit.              tive Projekte zu unterstützen und weiterzuentwickeln.
     machen souveränes Medienhandeln zu einer großen          Die Angebote der Medienfachberatung umfassen derzeit:      Der Bezirksjugendring Oberpfalz kann auf eine lang-
                                                                                                                         jährige Tradition zurückblicken, in der Jugendkultur-            „BUNT GEFäcHERT“ – JUGENDKULTURsERVIcE
     Herausforderung. Perspektivisch wird die Bedeutung
                                                              --- Beratung zu aktuellen Entwicklungen in der Medien-                                                                      OBERPFALZ
     von Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation eher                                                                 arbeit immer einen hohen Stellenwert hatte.
                                                                  landschaft und daraus resultierenden pädagogischen
     zu- als abnehmen.                                                                                                                                                                    Beispielhaft für ein aktuell und seit 2010 laufendes ju-
                                                                  Fragestellungen
                                                                                                                                                                                          gendkulturelles Unterstützungsangebot sei hier der
     MEDIENFAcHBERATUNG FÜR DEN BEZIRK                        --- Organisation und Durchführung von Wettbewerben,        Einige der in der Oberpfalz durchgeführten Projekte ha-          „Jugendkulturservice Oberpfalz“ genannt. In enger Ko-
     OBERPFALZ                                                    wie der KIFINALE (Kinderfilmfestival Oberpfalz), der   ben, teilweise sogar landesweit, Wirkungen bis heute.            operation mit geeigneten Fachreferent/-innen werden
                                                                  JUFINALE (Jugendfilmfestival Oberpfalz) und des        Mitgedacht werden müssen auch die „Schnittmengen“                Workshop-Angebote für verschiedene Kultursparten –
     Anstellungsträger der Medienfachberatung ist der
                                                                  Jugendfotopreises Oberpfalz                            mit anderen Arbeitsfeldern, z.B. der Aktiven Medienar-           Musik, Literatur, Theater, Bildende Kunst und neuerdings
     Bezirk Oberpfalz. Die Medienfachberatung versteht
                                                              --- Entwicklung von Modellprojekten für Kinder und         beit. So sind sicher das Kinder- und das Jugendfilmfesti-        auch für den interkulturellen Bereich – entwickelt. Reali-
     sich als medienpädagogische Servicestelle für Kin-
                                                                  Jugendliche, wie z.B. „Geräuschesammler“, „Filmwerk-   val jugendkulturelle Highlights im Bezirk.                       siert werden diese über Jugendorganisationen auf Orts-
     der, Jugendliche, ehrenamtliche und hauptberufliche
                                                                  statt für Kinder“ oder „Mein Handy und ich“            Der Bezirksjugendring sieht es aber entsprechend sei-            und Kreisebene, die offenen Einrichtungen der Kinder-
     Mitarbeiter/-innen der Jugendarbeit der Oberpfalz. Die
                                                                                                                         nem Selbstverständnis als bezirksweite Fachstelle weni-          und Jugendarbeit sowie über die Gemeindejugendar-
     Medienfachberatung arbeitet im Rahmen einer Koope-       --- Realisierung einer jährlichen medienpädagogischen
                                                                                                                         ger als seine Aufgabe, einzelne kulturelle Bildungsmaß-          beit. Ziel ist, Kinder und Jugendliche aus verschiedenen
     rationsvereinbarung und auf der Basis eines Rahmen-          Fachtagung, z. B. zum Thema Datenschutz, Online-
                                                                                                                         nahmen für Kinder und Jugendliche anzubieten. Hierfür            gesellschaftlichen Bereichen, u. a. aus unterschiedlichen
     konzepts eng mit dem JFF-Institut für Medienpädago-          Games oder Werbung
                                                                                                                         sind in erster Linie die Jugendverbände, die Stadt- und          Altersgruppen und Bildungsniveaus, aus urbanen und
     gik in Forschung und Praxis zusammen. Die Angebote
                                                              --- Fortbildungen und Seminare für Multiplikatoren/-       Kreisjugendringe, die Kommunale Jugendarbeit, die Of-            ländlichen Regionen und auch mit unterschiedlichem
     der Medienfachberatung werden von der Oberpfälzer
                                                                  innen im Bereich der aktiven Medienarbeit mit Video,   fene Kinder- und Jugendarbeit und Gemeindejugend-                kulturellen Sozialisationshintergrund zu erreichen.
     Jugendarbeit sehr gut angenommen, wie stark gestie-
                                                                  Fotografie, Radio und Tablet/Smartphone                arbeit, die kirchlichen Jugendstellen und natürlich die          Entsprechend der Zielsetzung bilden die Workshops
     gene Anfragen vor allem im Bereich Datenschutz, sozia-
                                                                                                                         Jugendbildungsstätte in Waldmünchen zuständig. Auf-              Erfahrungsräume, in denen junge Menschen unter
     le Netzwerke und mobiles Internet, ständig wachsende     --- Veröffentlichung eines digitalen Medienmagazins für
                                                                                                                         gabe des Bezirksjugendrings ist es vielmehr, die Jugend-         fachlicher Anleitung aktiv werden und mit sprachlichen,
     Einsendezahlen bei den Wettbewerben und gut besuch-          die Mitarbeiter/-innen der Oberpfälzer Jugendarbeit
                                                                                                                         kulturarbeit der Jugendorganisationen und Einrichtun-            bildnerischen, rhythmischen, darstellenden und inter-
     te Fortbildungen und Projekte verdeutlichen.
                                                              --- Verleih von medientechnischem Equipment

                                                                                                                                                                                     ARBEITsFELDER UND PERsPEKTIVEN |2 JUGENDKULTURARBEIT 19
18                                                                                                                                                                                                                      MEDIENPÄDAGOGIK |
JUGEND-KULTURFÖRDERPREIS DES
                                                                                                                       BEZIRKS OBERPFALZ
                                                                                                                       Der Bezirk Oberpfalz vergibt seit 2002
                                                                                                                       jährlich den Jugend-Kulturförderpreis, der
                                                                                                                       gelungene kulturelle Aktivitäten junger
                                                                                                                       Menschen würdigen und die Akteure für
                                                                                                                       weiteres Engagement motivieren soll. Der
                                                                                                                       Bezirksjugendring wirkt regelmäßig bei
                                                                                                                       der Jury und der Verleihung des Jugend-
                                                                                                                       Kulturförderpreises mit (siehe hierzu auch
                                                                                                                       Kapitel 7).

                                                                                                                       POPULARMUSIKBEAUFTRAGTE/R
                                                                                                                       Der/die Popularmusikbeauftragte des
                                                                                                                       Bezirks, derzeit ist dies Mathias Wagner,
                                                                                                                       ist Ansprechpartner für Pop- und Rock-
                                                                                                                       musiker, aber auch für Organisatoren von
                                                                                                                       Konzerten und Festivals. Er/sie berät unter
                                                                                                                       anderem bei Fragen rund um Auftritts-
                                                                                                                       möglichkeiten, Vertriebsmöglichkeiten
                                                                                                                       und Promotion, unterstützt die Vernetz­
                                                                                                                       ung und Außenwirkung der Oberpfälzer
                                                                                                                       Pop- und Rockmusikszene und berät den
     kulturellen Ausdrucksformen experimentieren können.      FÖRDERUNG VON JUGENDKULTURARBEIT
                                                                                                                       Bezirk Oberpfalz in Fragen des regiona-
     Leitendes Prinzip des Jugendkulturservice ist es, den
                                                              Die finanzielle Förderung von kulturellen Aktionen und   len Pop-Geschehens und hinsichtlich der
     Organisations- und Kostenaufwand für die Veranstalter,
                                                              Projekten der Jugendverbände aus Mitteln des Bezirks     Künstler/-innen. Auch für die Jugendrin-
     z.B. die Ortgruppe eines Jugendverbandes mit seiner
                                                              Oberpfalz durch den Fördertitel „Jugendtreffen und       ge, Jugendverbände und Jugendzentren/
     ehrenamtlichen Jugendleitung, gering zu halten. Dies
                                                              Jugendkulturmaßnahmen“, aber teilweise auch durch        Jugendtreffs ist er/sie ein interessanter
     wird ermöglicht durch die dezentrale Durchführung der
                                                              die Förderung von „Projekten und Modellmaßnahmen“        Ansprechpartner. Der Bezirksjugendring-
     Workshops am Heimatort, durch die Vermittlung und
                                                              sowie der „Ausstattung von Jugendorganisationen“ ist     vorstand trifft sich mindestens einmal
     Finanzierung der Künstler/-innen bzw. Fachreferent/-
                                                              eine wichtige Unterstützung für die Jugendkulturarbeit   jährlich zu einem Reflexions- und Pla-
     innen und durch die bereits fertig konzipierten Work-
                                                              der Jugendverbände. Es ist darauf zu achten, dass die    nungsgespräch mit dem/der Popularmu-
     shop-Angebote. Nach mehreren Jahren Laufzeit des
                                                              Fördertitel bedarfsgerecht ausgestattet werden.          sikbeauftragten. 24
     Jugendkulturservice ist eine Überprüfung und Weiter-
     entwicklung von Konzeption und Workshop-Angeboten
     in Planung.

                                                                                                                                                                     ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN 2
                                                                                                                                                                                                    | JUGENDKULTURARBEIT 21
20                                                                                                                                                                                                     MEDIENPÄDAGOGIK |
Erfahrungsfelder, Impulse und Gelegenheiten, um sich
                                                                                                                              aktiv einzubringen und ihr direktes Lebensumfeld mit-

     2.3                                                                                                                      gestalten zu können. Eine aktive politische Einbindung
                                                                                                                              dieser Altersgruppen führt nicht nur zu innovativen

     PARTIZIPATION VON KINDERN                                                                                                Ideen für eine lebendige und attraktive Gesellschaft,
                                                                                                                              sondern fördert auch die Identifikation der Jugendli-

     UND JUGENDLICHEN                                                                                                         chen mit ihrem Bezirk, ihrer Stadt oder Gemeinde, da
                                                                                                                              sie sich noch intensiver mit dieser auseinandersetzen.
                                                                                                                              Und genau diese Identifikation erhöht die Wahrschein-
                                                                                                                              lichkeit, dass junge Menschen in ihrer Heimat verwur-
     Jugendpartizipation bedeutet, jungen Menschen Verant-        Gruppierungen und Institutionen stehen.25 Doch die          zelt bleiben. Die jungen Leute müssen folglich motiviert
     wortung für die Gestaltung der Gegenwart und Zukunft         Ursache kann nicht einseitig bei den Kindern und Ju-        werden, politische Verantwortung für ihr Lebensumfeld
     einzuräumen. Und viele Jugendliche wünschen sich mehr        gendlichen gesucht werden. Vielmehr dürfte offensicht-      zu übernehmen. Das Potenzial, dass Jugendliche die zu­
     Entscheidungsrechte, schließlich bleibt ihnen der Zugang     lich sein, dass ein mangelndes Interesse mit fehlenden      künftige Entwicklung ihrer Heimatkommune mitgestal-
     zur zentralen politischen Entscheidungsmöglichkeit ver-      geeigneten Identifikations- und Mitwirkungsmöglich-         ten und sich voller Engagement politisch einbringen
     wehrt: Erst ab 18 Jahren dürfen sie wählen und an der        keiten für Kinder und junge Menschen in Parteien und        möchten, gilt es zu nutzen.
     demokratischen Willensbildung mitwirken.                     politischen Gremien zu tun hat. Die Jugendlichen sind
                                                                  nicht politikverdrossen, sie sind parteienverdrossen.       Gelebte Partizipation
                                                                  Ein gutes Beispiel dafür, dass junge Leute sehr wohl
                                                                  Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen wollen,        Bestes Beispiel für eine gelebte Partizipation und die
     Junge Menschen haben es aber verdient, gehört zu wer-
                                                                  sind die hohen Vertrauenswerte in Nichtregierungsor-        Einsatzbereitschaft junger Leute ist die Jugendarbeit in
     den. Deshalb setzt sich der Bezirksjugendring Oberpfalz                                                                                                                             Senkung des Wahlalters
                                                                  ganisationen. Außerdem sind die Jugendlichen durch-         Bayern. Sie verleiht ihnen eine starke Stimme gegen-
     dafür ein, neue Möglichkeiten der Jugendpartizipation
                                                                                                                              über der Politik und zeigt, dass sich die Jugendlichen     Aufgrund der demografischen Entwicklung richtet die
     zu entwickeln und zu erproben.                               aus bereit, an verschiedenen politischen Aktionen teil-
                                                                                                                              für ihr Lebensumfeld interessieren. In der Jugendarbeit    Politik sich zunehmend an den Interessen der älteren
                                                                  zunehmen. Hierzu zählen etwa das Unterschreiben auf
                                                                                                                              können sich die jungen Menschen in ihren Vereinen,         Generation aus. Dem möchte der Bayerische Jugend-
     Parteienverdrossenheit                                       einer Unterschriftenliste, die Teilnahme und Mitwirkung
                                                                                                                              Verbänden und Organisationen einbringen und auf ihre       ring entgegenwirken. Er plädiert für eine Herabset-
                                                                  an projektgebundenen politischen Aktionen oder einer
     Oft wird in der Öffentlichkeit das relativ geringe Inter-                                                                Wünsche und Bedürfnisse aufmerksam machen.                 zung des aktiven Wahlalters auf 14 Jahre. Solange junge
                                                                  politischen Interaktion im Internet. Deutlich wird insbe-
     esse junger Menschen an traditionellen Politikformen                                                                                                                                Menschen von der politischen Willensbildung in Form
                                                                  sondere, dass für Jugendliche eher ein kurzfristiges und
     konstatiert und beklagt. Ein Indiz hierfür ist die geringe                                                               Auch die eigenen Gremien der Jugendarbeit, sowohl in       von Wahlen ausgeschlossen sind, wird die Politik ihre
                                                                  zeitlich überschaubares als ein dauerhaftes politisches
     Wahlbeteiligung. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass                                                                  den Jugendverbänden als auch in den Jugendringen,          Interessen weiterhin nicht angemessen berücksichti-
                                                                  Engagement in Frage kommt. Projektartige Aktionen
     in weiten Teilen der jungen Generation Skepsis und                                                                       stellen Beteiligungsformen dar, in denen nicht nur ver-    gen. Der Bayerische Jugendring argumentiert damit,
                                                                  haben die höchsten Zustimmungswerte.26
     Misstrauen gegenüber Parteien, Politiker/-innen und                                                                      bands- und jugendringinterne Fragen, sondern auch ju-      dass die Informations- oder Urteilsfähigkeit eines Men-
     ihrer Problemlösungskompetenz bei aktuellen gesell-                                                                      gendpolitische und allgemeinpolitische Themen disku-       schen sich nicht prinzipiell am Alter messen lässt. In
                                                                  Mehr Partizipation!
     schaftlichen Aufgaben besteht. So bestätigt die aktuelle                                                                 tiert werden und Positionen und Forderungen beschlos-      allen Altersklassen gibt es Menschen, die sich kaum bis
     17. Shell Jugendstudie, dass Parteien, wie schon in den      Es ist offensichtlich: Jugendliche brauchen mehr Mit-       sen werden können.                                         gar nicht für Politik interessieren und es gibt solche, die
     früheren Jugendstudien, am unteren Ende der „Vertrau-        spracherecht. Die jungen Leute benötigen Lern- und
     ensskala“ im Vergleich zu anderen gesellschaftlichen

                                                                                                                                                          ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN | PARTIZIPATION VON KINDERN UND JUGENDLICHEN | 23
                                                                                                                                                                                                                  2 MEDIENPÄDAGOGIK
22
ist eine stabile intellektuelle Basis erreicht, auch eine   für mehr Mitspracherechte der Jugendlichen und echte        Spielplatz(um)gestaltung und Schulhofgestaltung, die
                                                              grundsätzliche soziale und moralische Urteilsfähigkeit      Beteiligung stark machen.                                   Konzeption und Herausgabe von Kinder- und Jugend-
                                                              ist gegeben. Von diesem Alter an ist es möglich, politi-    Eine wichtige Aufgabe, zu der auch Jugendarbeit ent-        stadtplänen. Aber: Mit (erfolgreichem) Abschluss des
                                                              sche Urteile zu treffen; es wäre auch möglich, sich an      scheidend beitragen kann, ist es deshalb, die bestehen-     Projekts zerfällt zumeist auch die Projektgruppe.
                                                              Wahlen zu beteiligen.“27                                    den Beteiligungsmöglichkeiten zu verbessern und neue        Stellvertretende Formen: In den letzten Jahren haben
                                                                                                                          altersgerechte Partizipationsmöglichkeiten zu entwick­      sich verstärkt Formen stellvertretender Wahrnehmung
                                                              Es gibt jedoch innerhalb der Jugendarbeit auch Zweifel      eln. Die Ergebnisse müssen in einem für die Beteiligten     der Interessen von Kindern herausgebildet. Instanzen
                                                              daran, ob diese Senkung des Wahlalters nicht zu weit-       überschaubaren Zeitraum umgesetzt werden, oder es           einer derartigen Politik für Kinder sind u.a. Kinderbeauf-
                                                              gehend ist und eine Senkung auf 16 Jahre im Hinblick        muss klar gesagt werden, wenn sie nicht umsetzbar           tragte, Kinderanwälte/-innen, Kinderbüros, Kinderkom-
                                                              auf die Interessen und die politische Urteilsfähigkeit      sind. Es gibt eine ganze Palette von Beteiligungsformen,    missionen, verwaltungsinterne Arbeitsgruppen.
                                                              dieser Altersgruppe angemessener ist.                       die sich besonders für junge Menschen eignen. Hier ein
                                                                                                                          sicher nicht vollständiger Überblick:                       Weitere Beteiligungsmöglichkeiten:
                                                              Jugendliche in Entscheidungsfindung                                                                                     --- Ein Meckerbriefkasten mit Rückmeldungen an
                                                              einbeziehen!                                                Viele Beteiligungsformen                                        die Jugendlichen zeigt diesen, dass ihre Meinung
                                                              Fakt aber ist: Die Politik muss ihre Kommunikation stär-    Offene und repräsentative Formen: Hierzu zählen of-             auch Gehör findet. Gute Standorte sind u.a. Schu-
                                                              ker auf die junge Altersgruppe ausrichten. Dazu zählt,      fene Kinder- und Jugendversammlungen, Kinder- und               len, Bahnhöfe, Busbahnhöfe und Freizeitanlagen.
                                                              dass die Jugendlichen aktiv in Entscheidungsfindungen       Jugendparlamente, Kinder- und Jugendbeiräte oder Ju-            Spielplatzbesprechungen oder Kinder- und Jugend-
                                                              einbezogen werden. Beispiele für Partizipationsmög-         gendforen. Alle Anwesenden können dabei ihre Sorgen             sprechtage sind weitere gute Gelegenheiten, um
                                                              lichkeiten gibt es genügend. So sind Jugendparlamente       und Anliegen mit anwesenden Kommunalpolitikern                  den Dialog zu fördern.
                                                              oder Jugendräte und Jugendversammlungen ein erster          diskutieren. Die offene Form beinhaltet aber auch die       --- Für Kinder ein hervorragendes Lernfeld für politische
                                                              Schritt, um den Forderungen, Sorgen und Wünschen der        Gefahr, dass durch die Politiker vieles zerredet wird und       und gesellschaftliche Zusammenhänge sind Stadt-
                                                              Jugendlichen Gehör zu schenken. Für die Politik ergibt      insgesamt nur eine geringe Verbindlichkeit gewährleis-          simulations-Spiele. Die Ferienaktion „Mini-Regens-
                                                              sich daraus aber auch eine besondere Verantwortung:         tet ist. Bei der repräsentativen Form ist darauf zu ach-        burg“, die mit großer Begeisterung angenommen
                                                              Ein Scheinparlament und Pseudopartizipation wird für        ten, den Jugendlichen durch ein verlässliches Budget            wurde, ist ein Beispiel hierfür. In kleinerem Maßstab
                                                              Verdruss, statt für mehr Interesse an der Politik sorgen.   echte Unabhängigkeit zu gewährleisten.                          kommt ein solches Projekt auch für Jugendverbände
                                                              Ernst gemeinte Beteiligung ist mehr als eine Absichts-      Projektorientierte Formen: Für die Mitwirkung in kon-           in Frage, wie das Beispiel „Stadt satt“ der DPSG im
                                                              erklärung. Gelingende Partizipation beinhaltet nachhal-     kreten Projekten sind Kinder und Jugendliche leichter zu        Rahmen eines Jugendzeltlagers zeigte.
                                                              tige Wirkungsmöglichkeiten. Guter Wille alleine reicht      gewinnen. Von daher scheint dies auch im Hinblick auf       --- E-Partizipation: Angesichts der großen Bedeutung
     bestens informiert sind. Trotzdem wird niemand auf die   nicht. Nur durch klare Standards werden die gesetzten       die Erschließung von Möglichkeiten der Beteiligung im           des Internets in der Lebenswelt junger Menschen
     Idee kommen, uninformierten erwachsenen Bürger/-in-      Ziele und Erwartungen erfüllt. So werden Ernüchterung       unmittelbaren Wohnumfeld ein geeigneter Ansatz zu               sollten auch dessen Möglichkeiten zur politischen
     nen das Wahlrecht zu entziehen. Die Entwicklungspsy-     und Enttäuschung bei allen Beteiligten vermieden.           sein. Hierzu zählen etwa Aktionen wie die kinderfreund-         Beteiligung genutzt werden. Interessant dürften
     chologie belegt, dass mit zwölf Jahren die Altersphase                                                               liche Stadt, Stadtdetektiv-Spiele, Spurensicherungspro-         in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des BJR-
     beginnt, in der Jugendliche zu differenziertem Denken    Besonders wichtig ist, dass die Jugendlichen spüren,        jekte, Stadtteilerkundungen, Umweltaktionen, Fragebo-           Modellprojekts „Politische Beteiligung junger Men-
     und Urteilen fähig sind. Professor Klaus Hurrelmann,     dass sie ihre Zukunft aktiv mitgestalten können. Diese      genaktionen, Schreib-, Mal-, Foto- und Videoaktionen,           schen im Internet“ sein “.
     Jugendforscher an der Universität Bielefeld schreibt     Chance will der Bezirksjugendring Oberpfalz den jun-        Zukunftswerkstätten, Zeitungsprojekte, Projekte zur
     in „Das Parlament“ 44/2005: „Mit etwa zwölf Jahren       gen Menschen geben – und sich deshalb gemeinsam

                                                                                                                                                      ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN | PARTIZIPATION VON KINDERN UND JUGENDLICHEN | 25
                                                                                                                                                                                                              2 MEDIENPÄDAGOGIK
24
Ökologie im Alltag                                           --- Berücksichtigung von Energieeffizienz und erneuer­
                                                                                                                                                                                           baren Energien bei Neubau und Renovierung von
                                                                                                                          Der Bezirksjugendring hat 2012 eine 70-seitige Broschü-
                                                                                                                                                                                           Einrichtungen

     2.4
                                                                                                                          re „FAIR – ÖKOLOGISCH – NACHHALTIG – Anregungen
                                                                                                                          für eine zukunftsfähige Jugendarbeit“ veröffentlicht,
                                                                                                                                                                                       Die Bildungsangebote der Jugendbildungsstätte mit
                                                                                                                          in der eine Fülle von praktischen Tipps und Hinweisen

     Ökologie und Nachhaltigkeit                                                                                          zusammengestellt ist. Die Broschüre ist bereits vergrif-
                                                                                                                          fen, aber eine aktualisierte digitale Version steht zum
                                                                                                                                                                                       Umweltstation und Energiepark in Waldmünchen bie-
                                                                                                                                                                                       ten vielfältige Möglichkeiten zur Ökologischen Bildung.
                                                                                                                                                                                       Auch die Angebote der Umweltstationen in Ensdorf, Re-
                                                                                                                          Download auf der Webseite des Bezirksjugendrings zur
                                                                                                                                                                                       genstauf, Neumarkt, Windischeschenbach, Waldsassen
                                                                                                                          Verfügung.
                                                                                                                                                                                       und Arnschwang können vielfältige Anregungen und
                                                                                                                          Hier eine Auswahl praktischer Handlungsmöglichkeiten:
     Ökologische Fragen und Möglichkeiten umweltbe-            mung politische Maßnahmen zum Klimaschutz und zu                                                                        Hilfestellungen geben.30
     wussten und nachhaltigen Verhaltens haben seit            einer Energiewende erforderlich sind.                      --- Bildungsmaßnahmen und Projekte mit ökolo-
     Jahren einen hohen Stellenwert im Bewusstsein             Die 16. Shell Jugendstudie „Jugend 2010“ thematisier-          gischem Thema                                            Bei der Gestaltung von Förderrichtlinien, insbesondere
     vieler junger Menschen. Nicht nur die Mitglieder          te die Einschätzung Jugendlicher zum Klimawandel. 76 ­­                                                                 bei der Investitionsförderung, sind ökologische Ge-
                                                                                                                          --- Maßnahmen zur Energieeinsparung im persönli­ch­
     in denjenigen Jugendverbänden, die sich ausdrück-         Prozent der Befragten hielten den Klimawandel für ein                                                                   sichtspunkte zu berücksichtigen. Sowohl der Bayerische
                                                                                                                              en Alltag, in Geschäftsstellen und Einrichtungen der
     lich mit Umwelt- und Naturschutz befassen, sondern        großes oder sogar sehr großes Problem, das sie stark                                                                    Jugendring wie auch der Bezirksjugendring haben ent-
                                                                                                                              Jugendarbeit
     auch für andere sind solche Themen interessant, vor       beunruhigt. Rund die Hälfte der Jugendlichen gab an,                                                                    sprechende Bedingungen in ihren Richtlinien festgelegt.
     allem weil sie auch in den Medien immer wieder auf-       als persönliche Maßnahme zum Klimaschutz im Alltag         --- Wechsel zu einem Ökostromanbieter
     gegriffen werden.                                         bewusst Energie zu sparen.28
                                                                                                                          --- Verwendung von Recycling-Produkten, z. B.
                                                                                                                              Recyclingpapier, im Haushalt, in Geschäftsstellen
                                                               Offensichtlich hat im Bewusstsein vieler Jugendlicher
                                                                                                                              und Einrichtungen
     Der Themenbereich umfasst viele Facetten: Klimawan-       das verantwortungsvolle und bewusste Alltagshandeln
     del, Atomausstieg, Erneuerbare Energien, Regenwald-       an Bedeutung gewonnen. In der 17. Shell Jugendstudie       --- Benutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel
     vernichtung, Ressourcenverknappung, Müllvermeidung        gaben 66 % der Befragten an, dass es ihnen wichtig sei,    --- Bevorzugung von regionalen, biologisch produ-
     und Müllbeseitigung.                                      „sich unter allen Umständen umweltbewusst zu ver-              zierten und saisonalen Produkten beim Einkauf
                                                               halten“. Vor 5 Jahren hatten dies nur 59 % als wichtig         von Lebensmitteln
     Ein zentrales und globales Thema ist der Klimawandel.     bezeichnet.29
     Um ihn aufzuhalten, muss der Ausstoß von CO2 durch                                                                   --- Achten auf ökologische und Fairtrade-Label bei
     die Verbrennung fossiler Energieträger eingeschränkt      Für die Jugendarbeit ist deshalb nicht nur die jugend-         Kleidung oder Kauf von Secondhand-Kleidung
     werden mit dem Ziel eines Ausstieges aus der fossilen     politische Auseinandersetzung, sondern vor allem auch      --- Nutzung von Tauschbörsen und Repair-Cafés
     Energieerzeugung. Atomkraft ist dabei keine Alterna-      die Frage interessant, was der Einzelne, die Jugendgrup-
     tive, was mit der Katastrophe von Fukushima deutlich                                                                 --- Müllvermeidung und Mülltrennung bei Freizeit-
                                                               pe, der Jugendverband und der Jugendring im eigenen
     wurde. Auch das ungelöste Lagerproblem des Atom-                                                                         und Bildungsmaßnahmen
                                                               Bereich machen können. Jeder und jede Einzelne kann
     mülls darf nicht auf nachfolgende Generationen abge-      einen persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten,        --- Vermeidung von Plastiktüten und Einwegprodukten
     schoben werden. In der Politik setzt sich mehr und mehr   und die Jugendorganisationen können dabei eine Auf-
     die Überzeugung durch, dass in internationaler Abstim-    klärungs- und Vorbildfunktion ausüben.

                                                                                                                                                                         ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN | ÖKOLOGIE
                                                                                                                                                                                                                 2 UND NACHHALTIGKEIT | 27
                                                                                                                                                                                                                   MEDIENPÄDAGOGIK
26
Verständnis für und Wissen über andere Kulturen ver-           durch die Flucht selbst und die Herausforderungen ihrer
                                                                                                                        mitteln und damit letztendlich einen Beitrag leisten ge-       Lebenssituation.
                                                                                                                        gen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung. Ein wich-            Die rechtlichen Grundlagen für junge Geflüchtete sind

     2.5                                                                                                                tiger Aspekt und Beitrag zur Integration ist sicher auch
                                                                                                                        die Netzwerkarbeit. So kooperieren in der Oberpfalz Or-
                                                                                                                                                                                       sehr komplex und wurden in den vergangenen Jahren
                                                                                                                                                                                       immer wieder verändert. Neben der UN-Kinderrechts-

     Migration und integration                                                                                          ganisationen bzw. Einrichtungen der Jugendarbeit mit
                                                                                                                        den diversen regionalen und örtlichen Integrationsan-
                                                                                                                                                                                       konvention ist ein wichtiges Gesetz in Bezug auf Kinder-
                                                                                                                                                                                       und Jugendhilferecht für den Umgang mit unbegleite-
                                                                                                                        geboten, u. a. den Jugendmigrationsdiensten verschie-          ten minderjährigen Flüchtlingen (UMF) das Achte Sozi-
                                                                                                                        dener Träger der freien Jugendhilfe.                           algesetzbuch (SGB VIII). Das Gesetz definiert die örtliche
                                                                                                                        Im Rahmen des Fachprogramms Integration von Kin-               Zuständigkeit des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe
     Rund ein Drittel aller jungen Menschen in Bayern                                                                   dern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in             und das Recht aller jungen Menschen auf Förderung
                                                               einem wichtigen Lern- und Begegnungsort. Dabei ist
     haben Migrationshintergrund, Tendenz steigend.31                                                                   die Jugendarbeit des Bayerischen Jugendrings werden            ihrer Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigen-
                                                               Interkulturelle Kompetenz von den Mitarbeiter/-innen
     Aber diese Zahlen spiegeln sich noch nicht wider in                                                                niederschwellige Maßnahmen und Projekte unterstützt,           verantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persön-
                                                               der Jugendarbeit gefordert, sowie das Wissen um Span-
     der Partizipation dieser Kinder und Jugendlichen an                                                                die die Integration und Selbstorganisation ausländi-           lichkeit und regelt den Zugang zu sozialpädagogischen
                                                               nungsfelder zwischen Jugendlichen unterschiedlicher
     den Angeboten und Strukturen der Jugendarbeit.                                                                     scher Kinder und Jugendlicher und junger Menschen              Leistungen auf der Grundlage individueller Bedarfe und
                                                               Herkunft.
                                                               Für Jugendverbände auf allen Ebenen sollten der Um-      aus Zuwandererfamilien in die Kinder- und Jugendar-            struktureller Notwendigkeiten. Es gilt grundsätzlich
                                                               gang mit der Vielfalt und die aktive Gestaltung einer    beit fördern. Dabei kann auch die Arbeit mit jungen Ge-        auch für alle ausländischen Minderjährigen, auch wenn
     Integration als Querschnittsaufgabe                       interkulturellen Öffnung ein bedeutsamer Aspekt ihrer    flüchteten gefördert werden.32                                 sie nur geduldet sind. Gemeinschaftsunterkünfte, die
                                                               Arbeit sein. Dies kann eine Auseinandersetzung mit den                                                                  nicht den Standards der Kinder- und Jugendhilfe ent-
     Eine Querschnittsaufgabe der Jugendarbeit stellt daher                                                             Junge Geflüchtete als neue Heraus-                             sprechen, eignen sich daher weder zur Inobhutnahme
                                                               Idealen des Jugendverbandes und eine Konkretisierung
     die Integration dieser jungen Menschen in die Angebo-                                                              forderung
                                                               der Wertvorstellungen erfordern. Auf der einen Seite
     te der Jugendarbeit dar sowie die Förderung der Selbst-
                                                               steht die Öffnung für neue Kulturen und Werte und die    Die steigende Zahl junger Menschen, die in Bayern Zu-
     organisation in den Strukturen, z.B. die Mitgliedschaft
                                                               Bereicherung der eigenen Arbeit, dem gegenüber die       flucht suchen, bedeutet eine weitere Herausforderung
     der Vereine junger Menschen mit Migrationshinter-
                                                               Wahrung dessen, was den eigenen Verband und seine        und Chance für die Jugendarbeit. Junge Menschen mit
     grund (VJM) im Bayerischen Jugendring. In der Ober-
                                                               Attraktivität ausmacht. Einige Jugendverbände haben      Fluchterfahrung haben oft erhebliche Einschränkun-
     pfalz sind aktuell (August 2016) in drei Jugendringen
                                                               mittlerweile „Integration“ als einen der Schwerpunkte    gen im Zugang zu Bildung und sozialer Teilhabe; häufig
     VJMs vertreten. Auch bei der Jugendhilfeplanung, bei
                                                               ihrer Arbeit festgelegt.                                 fehlen notwendige individuelle Unterstützung und
     der Konzeption von Einrichtungen und in der Vorberei-
                                                                                                                        Frei­zeitangebote. Junge Menschen mit Fluchterfah-
     tung und Durchführung von konkreten Veranstaltun-
                                                               Interkulturelle Öffnung                                  rung, ob sie mit oder ohne Angehörige hier sind, „sind i­ n
     gen sind vielfältige kulturelle Hintergründe zu berück-
                                                                                                                        erster Linie: Jugendliche. Jugendliche, die auf der Suche
     sichtigen.                                                Durch die Begegnung „vor Ort“ zwischen jungen Men-
                                                                                                                        nach einer Perspektive für sich sind, nach einer Zukunft,
     Vergleichsweise stark vertreten sind Kinder und Ju-       schen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund
                                                                                                                        fern von Gewalt und Krieg.“33 Ihre Grundbedürfnisse­
     gendliche mit Migrationshintergrund im Arbeitsfeld der    und durch das gemeinsame Erleben und Handeln kann
                                                                                                                        unterscheiden sich nicht von denen anderer junger
     Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Mit ihren offenen       die interkulturelle Öffnung der Jugendarbeit viele der
                                                                                                                        Menschen, darüber hinaus haben sie aber besondere
     Angeboten sprechen die Jugendtreffs und Jugendzen-        Wirkungen erzielen, wie es auch Internationale Jugend-
                                                                                                                        Bedürfnisse nach Schutz und Unterstützung, bedingt
     tren nahezu alle jungen Menschen an und werden zu         arbeit macht: Zusammengehörigkeitsgefühl steigern,

                                                                                                                                                                           ARBEITSFELDER UND PERSPEKTIVEN | MIGRATION UND INTEGRATION | 29
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