Suchtbericht 2016 - Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule/Gesundheitsamt - Stadt Leipzig
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Impressum: Herausgeber: Stadt Leipzig Der Oberbürgermeister Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule Gesundheitsamt Verantwortlich: Dr. Regine Krause-Döring Redaktion: Sylke Lein, Ina Stein, Manuela Hübner Druck: Hauptamt, Zentrale Vervielfältigung und Formularservice Redaktionsschluss: 31. Mai 2016 Foto Deckblatt: https://pixabay.com 2
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, auch in diesem Jahr veröffentlichen wir mit vorlie- Die rege Beteiligung und die kreativen Bei- gendem Suchtbericht Daten der ambulanten und träge im Rahmen des alkoholfreien Cocktail- stationären Suchthilfe, von Projekten der Sucht- wettbewerbes ShakeStar haben viel Aufmerk- prävention sowie des Ordnungsamtes und der samkeit erregt. Diese Aktion hat einmal mehr Polizeidirektion Leipzig. unterstrichen, dass wir Kinder und Jugendli- che in der interaktiven Auseinandersetzung Im Jahr 2015 lag die Zahl der Crystalabhängigen mit diesem Thema gut ansprechen und errei- erstmals über der Zahl der Opiatabhängigen. chen können. Angebote für diesen Bereich konnten ausgebaut Wir haben in diesem Suchtbericht der Selbst- werden. Auf Grundlage des 10-Punkte-Plans zur hilfe einen größeren Platz eingeräumt. Selbst- Prävention und Bekämpfung des Crystalkon- hilfe ist ein unerlässlicher Bestandteil der sums der Landesregierung wurden auch in Leip- Suchthilfe, und wir können in Leipzig auf ein zig zusätzliche Angebote für Menschen geschaf- breit gefächertes Angebotsspektrum hinwei- fen, die Crystal konsumieren. Diese sind nieder- sen. schwellig und setzen in den Lebenswelten der Betroffenen an. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre und freue mich, wenn wir auch darüber in Zugleich dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, einen fachlichen Diskurs eintreten können. dass missbräuchlicher und abhängiger Alkohol- konsum nach wie vor das größte Problem sind. Um einem manifestierten Konsum frühzeitig vor- zubeugen, bleiben Kinder und Jugendliche eine wichtige Zielgruppe der Präventionsarbeit. Prof. Dr. Thomas Fabian Bürgermeister und Beigeordneter für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule 3
Inhaltsverzeichnis 1 Schlaglichter 7 1.1 Ambulante Suchtkrankenhilfe 7 1.2 Aussagen aus den stationären Bereichen 8 1.3 Repression und Angebotsreduzierung 8 1.4 Suchtprävention 8 1.5 Jugendstudie 2015 8 2 Projekte im Arbeitsbereich Suchtbeauftragte 9 2.1 DRUCK-Studie „Drogen- und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland“ 9 2.2 Leipziger Reihe für Suchtprävention 11 2.3 HaLT 12 2.4 ShakeStar 13 3 Suchtprävention und Vernetzung zur Jugendhilfe 14 3.1 Angebote der Stadt Leipzig 14 3.1.1 Kinder- und Jugendschutz 14 3.1.2 Sachgebiet Straßensozialarbeit im Amt für Jugend, Familie und Bildung 17 3.1.3 Allgemeiner Sozialdienst 20 3.2 Suchtprävention an der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig 22 3.3 Angebote freier Träger 23 3.3.1 Jugendhaus Leipzig e. V. – Jugendberatungsstelle „jUkON“ 23 3.3.2 Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V. Projekt Drahtseil 26 3.3.3 Deutscher Kinderschutzbund Ortsverband Leipzig e. V. 27 3.3.4 SZL Suchtzentrum gGmbH/Drug Scouts 32 4 Suchtkrankenhilfe 34 4.1 Suchtberatungsstellen in der Stadt Leipzig 34 4.1.1 Versorgungssituation 34 4.1.2 Klienten in den Suchtberatungs- und Behandlungsstellen 35 4.1.3 Diagnosen und Hauptsubstanzen 36 4.1.4 Substitutionsbehandlung 38 4.1.5 Altersverteilungen 39 4.1.6 Berufliche Situation und überwiegender finanzieller Unterhalt der Klienten 41 4.1.7 Herkunft der Klienten / Staatsangehörigkeit 42 4.1.8 Einige Leistungsarten 42 4.1.9 Fachbereich Familienhilfe des Zentrums für Drogenhilfe 43 4
4.2 Projekt DRAHTSEIL des Diakonischen Werkes Innere Mission Leipzig e. V. 44 4.2.1 Beratungsangebot des Projektes 44 4.3 Stationäre Einrichtungen 47 4.3.1 HELIOS Park-Klinikum Leipzig 47 4.3.2 Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz, Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Schkeuditz 50 4.3.3 Städtisches Klinikum "St. Georg" Leipzig/Klinik für Forensische Psychiatrie 51 4.3.4 Forensische Nachsorgeambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie 52 4.4 Straßensozialarbeit 53 4.4.1 Straßensozialarbeit für drogenabhängige erwachsene Menschen 53 4.4.2 Straßensozialarbeit für alkoholkranke erwachsene Menschen 54 5 Vernetzung Suchtkrankenhilfe und Wohnhilfen 56 5.1 Ambulant betreutes Wohnen 56 5.1.1 Alkoholbereich der SZL Suchtzentrum gGmbH 56 5.1.2 Drogenfreie Wohngemeinschaften der SZL Suchtzentrum gGmbH 57 5.1.3 Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V. 59 5.2 Stationäre Wohnformen 60 5.2.1 Wohnprojekt „Haus Alt-Schönefeld“ am Zentrum für Drogenhilfe 60 5.2.2 Wohnprojekt „Domizil“ der SZL Suchtzentrum gGmbH 62 5.2.3 Verein zur sozialen Rehabilitation von Abhängigkeitskranken (VRA) e. V. 63 5.2.4 Maternus Pflegecentrum Maximilianstift 64 5.3 Notunterbringung 64 5.3.1 Notschlafstelle für drogenabhängige Menschen in der „Alternative I“ 64 5.3.2 Übernachtungshaus für wohnungslose Männer 66 6 Arbeit und Beschäftigung 69 6.1 Zentrum für Drogenhilfe 69 6.1.1 AGH-MAE „BuP – Beschäftigung und Perspektive“ im „Haus Alt-Schönefeld“ 69 6.1.2 „teamWENDEPUNKT“ in der SBB „Alternative II“ 69 7 Selbsthilfe und Ehrenamt 70 7.1 Sucht-Selbsthilfe 71 7.1.1 „Regenbogen“ 71 7.1.2 Ortsverein Blaues Kreuz Leipzig e. V. 72 7.1.3 Die Anonymen Alkoholiker 73 7.2 Ehrenamt in der Suchtkrankenhilfe 73 8 Maßnahmen des Ordnungsamtes der Stadt Leipzig 75 5
9 Rauschgiftlagebild der Polizeidirektion Leipzig 2015 81 9.1 Rauschgiftkriminalität 81 9.1.1 Beschaffungskriminalität 82 9.1.2 Fallentwicklung der Rauschgiftdelikte 83 9.1.3 Sicherstellungsmengen 83 9.2 Tatverdächtigenstruktur 85 9.3 Rauschgifttote 85 9.4 Lokale Schwerpunkte 86 9.5 Prävention 87 9.6 Prognosen und Maßnahmebedarf 87 Tabellenverzeichnis 88 Abbildungsverzeichnis 89 6
1 Schlaglichter 1.1 Ambulante Suchtkrankenhilfe 2015 wurden 4.260 Klientinnen und Klienten mit Alkohol- und Drogenproblemen, bei Glücksspielsucht und/oder übermäßigem Medienkonsum sowie deren Angehörige in den Suchtberatungs- und Behand- lungsstellen beraten. Unter den Klientinnen und Klienten in Leipziger Suchtberatungs- und Behandlungsstellen befanden sich 3.736 Bürger, die selbst von einer Suchterkrankung betroffen waren. Es handelte sich um 1.109 Frauen und 2.627 Männer. Hauptproblembereiche waren substanzbezogene Störungen (Alkohol, Me- dikamente und andere Drogen) sowie verhaltensbedingte Süchte (hauptsächlich Glücksspielsucht). 524 Bürger kamen als Angehörige zur Beratung, darunter 399 Frauen und 125 Männer. Die Zahl der Klienten und Klientinnen in den Beratungsstellen hat zugenommen. Trotz der guten Ver- sorgungssituation in Leipzig im Verhältnis zu anderen Regionen in Sachsen konnte die Nachfrage nach kurzfristigen Beratungsterminen nicht erfüllt werden. Die Wartezeiten für die Vergabe von Erstge- sprächen beliefen sich auf zwei bis sechs Wochen. Die Mehrheit der Betroffenen konsumierte mehr als eine Substanz (Alkohol oder Drogen). Klienten mit einer Alkoholabhängigkeit oder Glücksspielsucht missbrauchten häufig zusätzlich Alkohol, Medika- mente und Drogen. Die Kombination von Substanzmissbrauch und Medienabhängigkeit stieg vor allen in den jüngeren Klientengruppen. Die Zahl der Beratungsgespräche zu Drogenproblemen stieg stetig an, demgegenüber sank die Zahl derer, die primär wegen Alkoholproblemen versorgt werden konnten. Stimulanzien: Es zeigte sich eine deutliche Verschiebung der Diagnosen in den Suchtberatungs- und Behandlungstellen zugunsten der Menschen mit Stimulanzienabhängigkeit („Crystalkonsum“). Diese Klientengruppe hat sich um das Zwölffache vergrößert und führte zu einer vielfachen Veränderung der Aufgabenfelder der Suchtberater und Therapeuten. Cannabis: Nachdem die Diagnosehäufung bis 2014 auf gleichem Niveau pendelte, stieg die Zahl der Konsumenten mit dieser Hauptdiagnose wieder leicht an. Vor allem unter jungen Klientengruppen sind steigende Tendenzen und Kombinationen mit anderen Drogen oder Medienmissbrauch zu beobach- ten. Opioide (meist Heroin): Die Hauptdiagnose Heroinabhängigkeit fiel weiter geringfügig zurück. Heroin wurde weiterhin konsumiert, trat aber sehr häufig in Kombination mit Stimulanzienabhängigkeit auf. Die Mehrfachabhängigkeit wird in der Statistik nicht abgebildet. Alkohol: Der rückläufige Trend dieser Diagnose spiegelt die sich über Jahre veränderte Versorgungs- situation von Menschen in Suchtberatungsstellen wider. Durch den steigenden Bedarf werden mehr Menschen mit Drogenabhängigkeit betreut. Mit längeren Wartezeiten im Aufnahmeprozess kommt es zu einer Verschiebung der Klientengruppen und es werden zunehmend mehr drogenabhängigen Men- schen betreut. 7
1.2 Aussagen aus den stationären Bereichen Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am HELIOS Park-Klinikum Leipzig Im Vergleich zu 2014 hat die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit der Hauptdiagnose Cannabis zu- genommen. Die Jugendlichen mit polytoxikomanem Konsum angegebenen Jugendlichen haben Cry- stal und Cannabis auf Abhängigkeitsniveau konsumiert. Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz, Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Schkeuditz Der Gesamtzustand der Patientinnen und Patienten hat sich deutlich verschlechtert. Reine Opiatab- hängige fanden sich nur noch wenige unter den Aufgenommenen. Auch die Hauptdiagnose Cannabi- noide waren nur in geringer Zahl vertreten. Die Klinik berichtet, dass sich viele Cannabisabhängige in der Gruppe der multiplen Substanzgebraucher befanden, insbesondere in der Gruppe der 26- 40-Jäh- rigen. Bei multiplen Substanzgebrauchern fanden sich erstmals viele sehr junge Patientinnen und Patienten. Gegenüber früheren Beobachtungszeiträumen wurden kaum noch opiatabhängige, dafür viel mehr crystalabhängige Menschen behandelt. 1.3 Repression und Angebotsreduzierung Laut Polizeilicher Kriminalstatistik wurden im Jahr 2015 im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig im Stadtgebiet 1.434 Fälle erfasst (2014: 1.888). Der Anteil der Rauschgiftdelikte an der Ge- samtkriminalität lag bei 1,9 % und war damit im Vergleich zum Vorjahr (2,4 %) rückläufig. Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Leipzig wurden im Jahr 2015 neun Rauschgifttote (2014: fünf) registriert. 1.4 Suchtprävention Neben den bewährten Ansätzen und Maßnahmen der Suchtprävention fand 2015 erstmalig ShakeStar, ein Wettbewerb für alkoholfreie Cocktails, statt. 14 Teams und Einzelpersonen traten gegeneinander an und wetteiferten um den besten Cocktail, der schließlich von einer professionell angeleiteten Jury gekürt wurde. Die Veranstaltung war sehr erfolgreich und wurde von allen Akteuren als unbedingt zu wiederholen bewertet. Wie der Wettbewerb war auch der Bau einer mobilen Bar, die für alkoholfreie Veranstaltungen in Schule und Jugendhilfe kostenlos ausgeliehen werden kann, wesentlicher Bestand- teil des proaktiven Bausteines im HaLT-Projekt 2015. Beide Maßnahmen tragen dazu bei, für eine ver- antwortungsbewusste Partykultur, die sich nicht allein über den zur Verfügung gestellten Alkohol defi- niert, zu werben. 1.5 Jugendstudie 2015 Das Amt für Jugend, Familie und Bildung veröffentlichte mit der 5. Auflage der Jugendstudie erneut die Ergebnisse einer umfassenden Befragung von Schüler/-innen in Leipzig. Erhoben wurden u. a. ver- schiedene Daten zum Substanzkonsum. Der regelmäßige Alkoholkonsum von Jugendlichen von 12 bis 17 Jahren lag mit 15 % zwei Prozentpunkte über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Besonders auffällig war, dass es unter Gymnasiasten weniger Nichttrinker gab als unter Schüler/-innen anderer Schulformen. 8
Erfreulicherweise ist der Anteil der Nichtraucher im Vergleich zu 2010 von 63 % auf 73 % gestiegen. Cannabis haben bereits 24 % der Jugendlichen einmal probiert. Die Anzahl der Jugendlichen bis 18 Jah- re, die bereits Cannabis konsumiert haben, ist im Vergleich zu 2010 um sechs Prozentpunkte auf 19 % gestiegen und lag elf Prozentpunkte über dem bundesweiten Durchschnitt. Diese und weitere Ergebnisse fließen in die Planung suchtpräventiver Aktivitäten ein und sind nachzulesen unter: www.http://www.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.1_Dez1_Allgemeine_Ver- waltung/12_Statistik_und_Wahlen/Stadtforschung/Jugend_in_Leipzig_2015.pdf 2 Projekte im Arbeitsbereich Suchtbeauftragte 2.1 DRUCK-Studie „Drogen- und chronische Infektionskrankheiten in Deutschland“ Das Robert-Koch-Institut führte in Kooperation mit Einrichtungen der Drogenhilfe ab April 2012 für drei Jahre eine Studie bei intravenös Drogen konsumierenden Menschen durch. Bei der DRUCK-Studie handelte es sich um einen Sero- und Verhaltenssurvey bei injizierenden Drogengebraucher/-innen, der in mehreren Städten in Deutschland mit größeren Drogenszenen erfolgte. Die DRUCK-Studie wurde vom Bundesministerium für Gesundheit gefördert. Ziel der Studie war die Gewinnung von Informatio- nen zu Infektionsrisiken und Verhaltensweisen von Menschen, die sich Drogen spritzen. Außerdem soll- te durch eine Untersuchung von Blutproben festge- stellt werden, wie häufig Infektionskrankheiten vor- kommen, die durch Drogenkonsum oder sexuell übertragen werden können. Es handelt sich dabei um Hepatitis B, Hepatitis C und HIV. DRUCK-Studie in Leipzig – Zusammenfassung: Das Gesundheitsamt hat an der DRUCK-Studie mitgewirkt. Die Datenerhebung fand vom 25.10. bis 04.12.2012 an vier Tagen pro Woche statt. In diesem Studienzeitraum konnte an 21 Studientagen die Datenerhebung für die DRUCK-Studie durchgeführt werden. Unmittelbar vor Beginn der Rekrutie- rungsphase wurden alle Mitarbeiter/-innen, die an der DRUCK-Studie beteiligt waren, für ihre jeweili- gen Funktionen (Studienleitung, Couponmanagement, Testberatung, Interview und Studienärztin) von Mitarbeiter/-innen des Robert-KOch-Institutes geschult. Methoden: Intravenös konsumierende Drogenabhängige, die innerhalb der letzten 12 Monate in Leipzig Drogen gespritzt haben und mindestens 16 Jahre alt waren, wurden von Oktober bis Dezember 2012 durch ein modifiziertes Schneeballverfahren rekrutiert und in zwei Leipziger Beratungsstellen der Straßensozial- arbeit untersucht. 9
Neben einem ausführlichen fragebogengestützten Interview wurden Kapillarblutproben auf Filterpapier getropft und anonym auf Marker für HIV, HCV und HBV untersucht. Den Teilnehmer/-innen wurde ein anonymer HIV-Schnelltest angeboten, zusätzlich bestand die Mög- lichkeit, die Ergebnisse der HIV- und HCV-Testungen in einem Beratungsgespräch zu erfahren. Ergebnisse (Abkürzungen s. Abkürzungsverzeichnis S. 11): Unter den 130 untersuchten IVD, medianes Alter 29 Jahre, 22 % Frauen, und 9 % nicht in Deutschland geboren, hatten 76 % innerhalb der letzten 30 Tage Drogen injiziert, wobei Heroin (68 %) und Metham- phetamin (67 %) die am häufigsten aktuell konsumierten Substanzen waren. 49 % berichteten, aktuell Material beim Drogenkonsum mit anderen geteilt zu haben. Hafterfahrung wurde von 83 % berichtet mit einer mittleren Gesamthaftdauer von 3,6 Jahren. 18 % der jemals Inhaftierten gaben i.v.-Drogenkonsum in Haft an. Die Seroprävalenz von HIV betrug 0 %, von HCV 42 %, wobei eine aktive Infektion mit nachweisbarer Virus-RNA in 23 % vorlag. Darunter waren sieben Personen mit einer HCVRNA positiven Probe ohne Nachweis von Antikörpern. Damit war der Anteil von frischen HCV Infektionen in der Serokonversion vergleichsweise hoch. Die HBV-Prävalenz lag bei 5%, darunter waren drei aktive Infektionen (2 %). Die Anti HBs-Seroprävalenz als Marker einer Impfung betrug 26 %. 69 % wiesen keine HBV-Marker auf und waren somit suszeptibel (anfällig) für eine Infektion. In der Wissensabfrage zeigte sich die Notwendigkeit für eine gezielte Wissensvermittlung, insbesonde- re bei weniger bekannten Übertragungswegen von HCV, zur HBV-Impfung und zur HIV-Therapie und Postexpositionsprophylaxe. 46 % der TN wünschten die Durchführung eines anonymen HIV-Schnelltestes, und 72 % nahmen eine Kurzberatung aufgrund von Wissensdefiziten oder ihres Wunsches nach einer Testergebnismitteilung oder Schnelltestung in Anspruch. Schlussfolgerungen: Während kein/e Teilnehmer/in positiv auf HIV getestet wurde, zeigen die hohe HCV-Prävalenz und die niedrige HBV-Impfprävalenz der Leipziger Studienpopulation die Notwendigkeit intensivierter Präventi- onsstrategien, verstärkter Impfangebote und des besseren Zugangs zur Therapie von Infektionen, ins- besondere HCV. Die Möglichkeit der Testung von und Beratung zu Infektionskrankheiten sowie ein HIV-Schnelltestan- gebot in Einrichtungen der Drogenhilfe hat sich als gut akzeptiert erwiesen und sollte in ein Regelange- bote überführt werden. Zeiten der Inhaftierung sollten besser genutzt werden, um Prävention, Testung, Beratung, Behandlung und Impfung v.a. bei IVD durchzuführen. Multivariate Analysen zur Identifikation von schützenden und Risiko-Faktoren werden für die Gesamtstudienpopulation durchgeführt und se- parat publiziert. Der vollständige Bericht des Robert-Koch-Institutes vom Juli 2015 enthält die Ergebnisse der DRUCK- Studie in Leipzig und kann unter www.leipzig.de/suchthilfe nachgelesen werden. Der Bericht und weitere Informationen sind auch unter www.rki.de/druck-studie abrufbar.1 1 Herausgeber und Textquelle: Robert Koch-Institut (RKI) 10
Abkürzungsverzeichnis: Quelle: RKI 2.2 Leipziger Reihe für Suchtprävention Die Leipziger Reihe ist ein Fortbildungsangebot für Fachkräfte aus den unterschiedlichsten Hilfeberei- chen, Lehrerinnen und Lehrer sowie Justiz und Polizei. In Abstimmung mit dem Arbeitskreis Suchtprä- vention der Stadt Leipzig werden monatlich aktuelle Themen der Suchthilfe und Suchtprävention auf- gegriffen. Die Weiterbildungen werden gemeinsam von Gesundheitsamt, Bereich Suchtbeauftragte und dem Amt für Jugend, Familie und Bildung, Fachbereich Kinder- und Jugendschutz organisiert. 2015 fanden folgende Veranstaltungen statt: 11
Tabelle 1: Veranstaltungen der Leipziger Reihe für Suchtprävention Datum Titel der Veranstaltungen Anzahl der Teilneh- menden 22.01.2015 Alkohol- und Cannabiskonsum im Jugendalter 20 09.02.2015 Kinder aus suchtbelasteten Familien 26 25.-27.02.2015 Move - motivierende Kurzintervention bei drogenkonsumie- 16 renden Jugendlichen 15.04.2015 Neue psychoaktive Substanzen 18 06.05.2015 Methoden der Alkoholprävention 14 15.06.2015 Alkoholkonsum in der Schwangerschaft 18 23.09.2015 Drogen & Psychosen 28 27.10.2015 Was ist verboten, was ist erlaubt? 16 12.11.2015 Gesundheitsrisiko statt Höhenflug – Informationen und Dis- 11 kussion zu Energy-Drinks 03.-04.12.2015 Diversity-Training 23 Quelle: Gesundheitsamt, 2016 2.3 HaLT Im Berichtsjahr wurden 97 Jugendliche in die Uniklinik eingeliefert. Es fanden 50 Brücken- und 44 El- terngespräche statt. 2015 wurden drei Risiko-Checks angeboten, an denen 16 Jugendliche teilnah- men. Mit sieben Familien wurden Abschlussgespräche geführt. Im Jahresvergleich stellen sich die Zahlen wie folgt dar: Abbildung 1: Leistungen des HaLT-Projektes im Jahresvergleich 120 104 103 95 97 100 eingelieferte 78 75 Patienten 80 75 67 66 67 65 63 60 Brückengespräche Anzahl 60 50 44 Elterngespräche 40 34 22 Teilnehmende an 17 16 20 12 Risiko-Checks 0 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: Gesundheitsamt, 2016 12
Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick anders aussehen, wurden mit dem HaLT-Projekt alle rele- vanten Jugendlichen erreicht. Wie schon 2014 befanden sich unter den eingelieferten Jugendlichen sehr viele, die nicht in einer HaLT-assoziierten Krankenkasse Mitglied waren. Darüber hinaus wurden 2015 sehr viele Jugendliche ausschließlich ambulant betreut - ein Brückenge- spräch konnte demnach nicht eingeleitet werden. In wenigen Fällen waren die Auffälligkeiten bzw. der Verlauf so problematisch, dass die Ärztinnen und Ärzte andere Maßnahmen (alternativ zu HaLT) ein- leiten mussten. Außerdem wurden fünf Jugendliche (UmA) stationär betreut, die Leistungen nach dem Asylbewerber- leistungsgesetz erhalten und somit nicht über HaLT abgerechnet werden. Hier die Verteilung der Fälle im Detail: Tabelle 2: Verteilung der HaLT-Fälle HaLT-Fälle 50 „Falsche“ Krankenkasse 21 Ambulante Fälle 17 Asylbewerberleistungsgesetz 5 Andere Erklärung wie besonders schwerer Verlauf 4 Summe 97 Gesundheitsamt, 2016 2015 wurden 28 Jungen und 22 Mädchen im HaLT-Projekt betreut. Der Altersdurchschnitt lag bei 15,5 Jahren. Der Durchschnittspromillewert betrug 1,9‰, wobei der Wert der Mädchen mit 1,74 ‰ deutlich unter dem der Jungen mit 2,32 ‰ lagen. Wie in den Vorjahren war die mit Abstand wichtigste Bezugsquelle für den Alkohol Freunde (27 Nen- nungen). In neun Fällen haben die Jugendlichen den Alkohol selbst gekauft, immer ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz. Leider erteilten die Familien keine Schweigepflichtsentbindungen, so dass diese Vorkommnisse vom Ordnungsamt nicht weiterverfolgt werden konnten. 25 Klienten gaben an, selten oder regelmäßig zu rauchen. Daneben hatten 14 Jugendliche Erfahrun- gen mit Cannabis und vier mit anderen Substanzen wie Crystal und Ecstasy. Diese vier wurden an die „Drogensprechstunde“ des Helios Park-Parkklinikum und das Projekt Drahtseil vermittelt. 2.4 ShakeStar Im Berichtsjahr wurde wieder die bundesweite Aktionswoche „Alkohol – weniger ist besser!“ ausgerufen. Die Stadt Leipzig organisierte in diesem Zusammenhang gemeinsam mit freien Trägern der Sucht- und Jugendhilfe erstmalig „ShakeStar“ - einen Wettbewerb für alkoholfreie Cocktails. 13
Ziel war zu zeigen, dass gute Stimmung auf einer Party und Alkohol nicht zwangsläufig zusammengehören. Im Rahmen der Veranstaltung sollte für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol sensibilisiert werden. Es gab zwei unterschiedliche Wettbewerbe: 1. Im Wettbewerb für Tüftler & Feinschmecker entwickelten die Teilnehmenden ihren Cocktail im Vorfeld und brachten ihre Zutaten selbst mit. An diesem Wettbewerb nahmen neun Teams teil. 2. Im Wettbewerb für Spontane & Schnelldenker wurden die Zutaten gestellt und die Teilnehmen- den mussten spontan vor Ort entscheiden, welche Cocktail sie daraus kreieren. An diesem Wettbewerb nahmen sechs Teams teil. Unter den Teilnehmenden waren Leipziger Schulen, eine Beschäftigungsprojekt, der Stadtschülerrat, Familien und Einzelpersonen vertreten. Alle waren hoch motiviert und sehr engagiert: tolle Namen, konzentrierte Zubereitung, Eiswürfel mit eingefrorenen Holunderblüten, ein mit Blumen dekorierter Cocktail und natürlich spannende Mixturen zeugten davon. Die Jury bewertete alle Getränke gewissen- haft. Die gesamte Veranstaltung war geprägt von einer fröhlichen und entspannten Stimmung, zu der nicht zuletzt die Band Wundertüte ihren Beitrag leistete. Der Wettbewerb war sehr gelungen und soll wieder durchgeführt werden. 3 Suchtprävention und Vernetzung zur Jugendhilfe 3.1 Angebote der Stadt Leipzig 3.1.1 Kinder- und Jugendschutz Kinder und Jugendliche wachsen in Leipzig in einer pluralistischen Gesellschaft auf und damit bieten sich ihnen viele Möglichkeiten zur Entwicklung eigener Wert- und Lebensvorstellungen. Gleichzeitig benötigen sie Orientierungshilfen, um sich in einem sicheren Handlungsfeld bewegen und bei Bedarf, abgrenzen zu können. „Jugendschutz“ impliziert zunächst einen eingrenzenden und bewahrenden Charakter vor potenziellen Gefährdungen. Dies ist jedoch nicht der Kerngedanke des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII). 14
Hier wird viel mehr auf den befähigenden und fördernden Aspekt hingewiesen: Kinder und Jugendliche sollen in die Lage versetzt werden, mit Risiken umzugehen. Dies setzt verschiedene Kompetenzen voraus, die es u. a. durch Angebote des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes zu fördern gilt und durch die junge Menschen selbstbestimmt und in Abwägung von Risiken und Nutzen Verhaltens- entscheidungen treffen lernen. Potenzielle Gefährdungen für junge Menschen finden sich insbesondere in den Themenbereichen Sucht und Drogen, Gewalt und Mobbing, neue Medien, Liebe/Sexualität aber auch in den Bereichen Sekten, Kulte und totalitäre Gruppen. Die Stadt Leipzig fördert zur Verwirklichung der o. g. Zielstellungen Angebote freier Träger der Jugend- hilfe u. a. als Maßnahmen des erzieherischen Kinder- Jugendschutzes gemäß § 14 SGB VIII. Dazu ge- hören • Diakonisches Werk, Innere Mission Leipzig e. V.: ◦ Projekt: Drahtseil • Deutscher Kinderschutzbund OV Leipzig e. V. ◦ Projekt: Free Your Mind ◦ Projekt: Kinder- und Jugendtelefon ◦ Wege durch den Mediendschungel • SZL Suchtzentrum gGmbH ◦ Projekt Drug Scouts Abbildung 2: Anzahl der Projekte im Bereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz nach Themen 400 350 300 250 Anzahl 200 334 150 249 264 100 211 50 106 111 76 90 33 32 2 0 Sucht- allg. Lebens- Gew alt- Medien Sekten/Kulte Liebe & prävention kompetenzförd. prävention Sexualität 2014 2015 Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2016 Die freien Träger der Jugendhilfe führten im Bereich Suchtprävention mehr als 264 Projekte durch. Hauptzielgruppen sind junge Menschen unter 27 Jahre, Eltern und MultiplikatorInnen. Im Jahr 2015 konnten 2.980 junge Menschen und 4.635 Eltern, MultiplikatorInnen und Freiwillige erreicht werden. Der Bereich Jugendmedienschutz wird neben dem Fachbereich Kinder- und Jugendschutz im Amt für Jugend, Familie und Bildung auch von freien Trägern der Jugendhilfe bedient. Inhaltliche Verbindung zur Suchtprävention besteht insbesondere in der Prävention zur Computerspiel- und Onlinesucht sowie der Glücksspielsucht. 15
In 90 durchgeführten Projekten konnten 1.240 Personen unter 27 Jahre und 663 teilnehmenden Eltern, MultiplikatorInnen und Ehrenamtliche Inhalte des Jugendmedienschutzes vermittelt werden. Als Basis gesunden Aufwachsens junger Menschen in unserer Gesellschaft fördert die Stadt Leipzig explizit auch Maßnahmen zur allgemeinen Lebenskompetenzförderung. Die darin enthaltenen Fähig- keiten gelten in der Forschung als eine Art „Schlüssel des gesunden Aufwachsens“. Diese Fähigkeiten ermöglichen es jungen Menschen, mit belasteten Lebenssituationen umgehen zu können und sich trotz (massiver) psychischer Belastungen und widrigster Lebensumstände zu gesunden Erwachsenen zu entwickeln. 2015 wurden im Leistungsbereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz insgesamt 334 Projekte der allgemeinen Lebenskompetenzförderung mit 4.576 teilnehmenden jungen Menschen unter 27 Jah- re und 776 Eltern und MultiplikatorInnen/Freiwilligen durchgeführt. Abbildung 3: Anzahl der Teilnehmenden nach Themenkategorien und Nutzergruppen 5.000 4.500 4.000 3.500 Anzahl 3.000 2.500 4.576 2.000 1.500 3.006 2.980 2.817 2.842 1.000 1.654 1.127 1.240 500 347 449 0 Sucht- allg. Lebens- Gew alt- Medien Sekten/Kulte prävention kompetenzförd. prävention 2014 2015 Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2016 Dem Fachbereich Kinder- und Jugendschutz obliegt die Fachkoordination der Projekte der freien Trä- ger im Leistungsbereich erzieherischer Kinder- und Jugendschutz und die Verantwortung für die Ver- netzungs- und Vermittlungsangebote zu Kooperationspartnern vor Ort. Eine bedarfs- und ressourcen- orientierte Steuerung ist dabei Bestandteil der Koordination. Im Jahr 2015 lag der suchtpräventive Arbeitsschwerpunkt des Fachbereiches Kinder- und Jugend- schutz im Themenbereich Alkoholprävention. Im Rahmen der DHS-Suchtwoche „Alkohol? - Weniger ist besser“ war der Fachbereich zusammen mit der Koordinatorin für Suchtprävention beim Gesund- heitsamt und dem AK Suchtprävention der Stadt Leipzig an der Planung und Durchführung des alko- holfreien Cocktailwettbewerbes „ShakeStar 2015“ im Schreberbad Leipzig beteiligt. Mittels freundlicher und engagierter Unterstützung der Leipziger Kinderstiftung, der Sächsischen Lan- desvereinigung für Gesundheitsförderung und der Produktionsschule Schauplatz gelang es zudem, eine mobile alkoholfreie Cocktailbar zu bauen und diese mit nötigem Equipment auszustatten. Im Sin- ne einer nachhaltigen und positiv besetzten Suchtprävention ist diese „HaLT-Bar“ seit dem Sommer für interessierte Einrichtungen (Vereine, Schulen etc.) kostenlos ausleihbar. Sie kam u. a. beim Sommer- fest der Offenen Freizeittreffs und im Rahmen des Ferienpasses zum Einsatz. 16
Wie in vorangegangenen Jahren war der Fachbereich Kinder- und Jugendschutz Ansprechpartner bei Hinweisen auf Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz, insbesondere dem Verstoß gegen Abgabe- bestimmungen von Alkohol und Tabakwaren an Minderjährige. Hinweise kamen sowohl aus Einrich- tungen der Jugendhilfe als auch von Privatpersonen. In der Regel erfolgte die Information an das Ord- nungsamt, die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens, eine verstärkte Kontrolltätigkeit des Ordnungsamtes an abgebende Gewerbetreibende als auch Gespräche mit den Jugendlichen als päd- agogische Maßnahme. 3.1.2 Sachgebiet Straßensozialarbeit im Amt für Jugend, Familie und Bildung 2015 gab es seitens der drei Teams des SG Straßensozialarbeit des Amtes für Jugend, Familie und Bildung Kontakt zu Drogen konsumierenden jungen Menschen. Sowohl um den Hauptbahnhof, in der Innenstadt als auch in der Eisenbahnstraße und Umgebung sind junge konsumierende Menschen an- zutreffen. Drogenhandel und Drogenkonsum mit unterschiedlichen Folgeerscheinungen bestimmen bei einigen den Alltag. Auch in Zukunft bleibt es ein Ziel, diesen jungen Menschen Angebote zur Le- bens- und Problembewältigung zur Verfügung zu stellen. Die Herausforderungen im Umgang mit Cry- stal-Konsumenten sind nach wie vor groß. Gemäß den drogenpolitischen Leitlinien der Stadt Leipzig wird vorrangig im Bereich Risiko- und Scha- densminimierung (risk and harm reduction) gearbeitet. Ziel ist es, Lebenslagen zu stabilisieren, Motiva- tion und Zugang zur Inanspruchnahme höherschwelliger Einrichtungen aufzubauen und einen Einstieg in abstinenzorientierte Angebote zu ermöglichen. In den kommunalen Gremien wird sich für gegensei- tige Akzeptanz und Balance zwischen Repression und Hilfesystem eingesetzt und verbindliche Koope- rationen zu Einrichtungen der Jugend-, Sozial- und Suchtkrankenhilfe gepflegt. Team Südost Das Team Südost arbeitet im Rahmen der aufsuchenden Arbeit im Innenstadtbereich und im Pla- nungsraum Ost-Südost. Das Team arbeitet mit jungen Menschen, deren Lebensmittelpunkt die Straße ist bzw. die im öffentlichen Raum auffällig werden. Die Adressaten im Innenstadtbereich, vorrangig am Hauptbahnhof, weisen komplexe Problemlagen wie fehlende Schul- und Berufsabschlüsse in Verbindung mit Schulden, Wohnungslosigkeit, Delin- quenz und/oder einem schlechten gesundheitlichen Zustand auf. Sie praktizieren häufig einen miss- bräuchlichen Alkoholkonsum zum Teil in Kombination mit unreflektiertem (mangelndes Risikobewusst- sein) Konsum von Cannabis. Ein geringer Teil konsumiert politoxikoman, häufig in Verbindung mit Me- thamphetamin/Crystal oder Heroin. 17
Das Konsumverhalten in Bezug auf Methamphetamin/Crystal hat sich im Vergleich zu 2014 kaum ge- ändert, allerdings gibt es wieder eine leichte Zunahme von Heroinkonsum. Das Probierverhalten bei Crystal beginnt mitunter schon im Jugendalter, oft über Tage und Wochen; typische Abhängigkeitsmuster sind in dieser Phase nicht zu erkennen. Durch die lang andauernde Wir- kung von Methamphetamin und dem damit verbundenen Anschein drogenfreier Phasen kommt es erst nach Jahren zu einer Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsum und möglichen Folgen. Der Konsum bzw. Missbrauch legaler und illegaler Substanzen wird unter allen Adressaten häufig the- matisiert. Das ausliegende Aufklärungs- und Informationsmaterial zu Substanzen und deren Wir- kungsweisen wird interessiert angenommen. Nach wie vor bleibt Drogenkonsum im öffentlichen Raum (vor allem Alkohol) ein typisch männliches Verhalten. Team Ost Die Arbeit mit Drogen gebrauchenden jungen Menschen bleibt ein wesentliches Element der Arbeit des Teams Ost. Oftmals haben illegale Substanzen in der Biographie dieser jungen Menschen einen besonderen Stellenwert eingenommen. Die Hilfebedarfe sind durch eine Bündelung defizitärer Lebensumstände indiziert. Die Klientel, die durch Streetwork sowie durch die vorgehaltenen Öffnungs- und Busstandzeiten erreicht wird, ist im Alter von 18 bis 26 Jahren. Das „Aktionsprogramm zur Verbesserung des Hilfesystems und der Erhöhung der Sicherheit im Leipzi- ger Osten“ will eine ausgewogene Balance zwischen unterstützenden und repressiven Aktionen her- stellen und Lösungen, sowohl für Anwohner/-innen als auch für Drogenkonsumenten zu finden. Inner- halb der Beratungen des Aktionsbündnisses wurde weiter am Aufzeigen und Lösen von Problemlagen im Bereich der Eisenbahnstraße mitgewirkt. Im Aktionsbündnis wurde auch thematisiert, dass sich der Konsum von illegalen Substanzen verstärkt in den öffentlichen Raum rund um die Eisenbahnstraße verlagerte. Als ein Grund ist die zunehmende Gentrifizierung und der damit einhergehende Verschluss und die Sanierung ehemaliger „Abrissgebäude“ sowie die Umgestaltung von vorhandenen Grünanla- gen anzunehmen. Schwerpunkt war die Verlagerung und Konzentration der Szene in den Bereich Otto-Runki-Platz/Kon- stantinstraße/Jonasstraße/Elsapark. Vermehrte Spritzenfunde im öffentlichen Raum sowie die zuneh- mende Vermüllung des genannten Areals führte z. T. zu erheblichen Beschwerden von Anwohner/-in- nen. Der Konsum im Elsapark und die Entsorgung gebrauchter Nadeln und Pumpen in Hinterhöfen waren Anlass von ämter- und behördenübergreifenden Begehungen und Gesprächsrunden. Das Aktionsbündnis hat die Situation thematisiert und die Herstellung und Anbringung von Spritzen- wurfbehältern beschlossen. Polizeiliche Maßnahmen fanden ebenso statt wie ein radikaler Rückschnitt des Baum- und Buschbestandes der Grünflächen im o. g. Areal. Im Ergebnis kommt es zwangsläufig zu einer Verlagerung in die nähere Umgebung, in andere noch of- fen zugängliche Gebäude. Die Situation im Gebiet Hermann-Liebmann-Straße, Hildegardstraße, Zollikofer Straße, Dornbusch- straße und Konradstraße hat sich dagegen beruhigt. Hier gab es keine besonderen Vorkommnisse oder Hinweise. Der Bereich Koehlerplatz ist weiter beliebter Treffpunkt von Drogen und Alkohol konsumierenden Men- schen. Auch hier ist die Vermüllung der Grünflächen ein großes Problem. Als Konsequenz wurde eine Streetmobilstandzeit des Zentrums für Drogenhilfe, Mobile Alternative, eingerichtet. 2016 soll dort ebenfalls ein Spritzenabwurfbehälter aufgestellt werden. 18
Die Zahl der kontaktierten Drogen gebrauchenden jungen Menschen bleibt insgesamt hoch. Probleme bereitet zunehmend der fehlende Rückzugsraum für den Konsum. Die konsequente Einhaltung der Altersgrenze während der Öffnungszeiten hat zu einem leichten Rück- gang der Besucherzahlen in der Kontakt- und Beratungsstelle geführt. Dennoch gibt es häufigen Kon- takt, vor allem während der Streetwork. Die Klientel, welche das Angebot nutzt, weist z. T. ein polyto- xes Konsummuster auf. Eine Korrelation zu finanziellen Krisensituationen, Straffälligkeit, Arbeits- und Perspektivlosigkeit besteht. Auch 2015 waren Klienten in den verschiedenen Justizvollzugsanstalten. Aufgrund der bestehenden Kooperation mit der JVA Leinestraße gelang es auch über längere Zeiträume in Kontakt mit jungen Menschen zu bleiben und anstehende Probleme aktiv zu bearbeiten. Leider werden nicht wenige junge Menschen nach der Haftentlassung wegen mangelnder Alternativen (wie z. B. der Vermittlung in Arbeit oder Therapie) in kürzester Zeit wieder rückfällig. Team Nord Das Team Nord arbeitet vorrangig in den Ortsteilen Gohlis und Möckern. Es bestehen kontinuierliche Kontakte zu einzelnen jungen Menschen und Cliquen im Alter von ca. 14 bis 21 Jahren. An den Wo- chentagen, am Wochenende und vor allem Freitagabend werden gezielt Cliquen an öffentlichen Plät- zen aufgesucht. Mit wenigen Ausnahmen konsumieren die Angetroffenen regelmäßig und wenig reflektiert Nikotin, bei unter 18-Jährigen oft im Einvernehmen mit den Eltern. Der Konsum von Alkohol spielt bei allen Cli- quen eine wichtige Rolle. Eng an das Treffverhalten gekoppelt wird an Wochenenden häufig exzessiv getrunken. Die Mädchen/Frauen konsumieren eher süße Mischgetränke, die Jungen/Männer vorrangig Bier, Biermischgetränke und Schnaps bzw. Likör. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol- konsum findet auf vielfältige Art und Weise statt und wird durch die Streetworker/-innen sozialpädago- gisch initiiert und begleitet. Grundsätzlich achten die Jugendlichen auch bei exzessivem Konsum auf- einander. Somit bestehen gute Voraussetzungen, Unfälle unter Alkoholeinfluss zu vermeiden und ein- ander im Falle von Überdosierungen helfen zu können. Bei jungen Volljährigen ist eine ablehnende Haltung des gemeinsamen Alkoholkonsums mit Jugendlichen feststellbar. Treffen sich jugendliche Gruppen unter der Woche, kann verallgemeinert beschrieben werden, dass kontrolliert getrunken und Rausch vermieden wird. Der Gebrauch von Cannabis ist verglichen mit dem Konsum von Alkohol weniger verbreitet. Mitunter lehnen Gruppen den Konsum von illegalen Substanzen grundsätzlich ab. In den Cliquen, in denen Cannabis konsumiert wird, reicht der Gebrauch von gelegentlichem über häufigen bis hin zu abhängi- gem Konsum bei Einzelnen. Vor allem Jungen konsumieren regelmäßig und Mädchen lehnen den Konsum eher ab. Andere illegale Substanzen spielen bei den Cliquen eine untergeordnete Rolle und werden in der Re- gel abgelehnt. Das Probierverhalten v. a. von Crystal Meth und Ecstasy im Partykontext wird vereinzelt thematisiert. Junge Menschen, die im Rahmen von Einzelfallhilfen begleitet werden, konsumieren hingegen öfter missbräuchlich/abhängig, mitunter polytoxikoman Alkohol und illegale Substanzen, vor allem Cannabis und Crystal. Das Angebot des Spritzentausches wird selten in Anspruch genommen, woraus ge- schlossen werden kann, dass kaum intravenös konsumiert wird. An verschiedenen Treffpunkten im öffentlichen Raum wird, vorrangig in der wärmeren Jahreszeit, re- gelmäßig Alkohol konsumiert, jedoch überwiegend von Menschen, die vom Altersspektrum keine Ziel- gruppe sind. Das Treffverhalten und daraus folgende Verunreinigungen werden von Anwohner/innen und Gewerbetreibenden als störend empfunden, wodurch Berührungspunkte in der aufsuchenden Ar- beit entstehen. 19
In Kooperation mit dem Gesundheitsamt Leipzig werden auch Frauen aufgesucht, die sich prostituie- ren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Frauen, die polytoxikoman Substanzen gebrauchen. Sie konsumieren Amphetamine/Methamphetamin, vorrangig Crystal, Benzodiazepine und Substitutions- medikamente, zunehmend aber auch Heroin. Die Klientinnen nutzen häufig Rauschmittel, um Trauma- tisierungen und die aktuelle, mitunter prekäre Lebenslage zu bewältigen. Die beim Crystalkonsum er- höhte Libido birgt das Risiko zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr und damit einer vermehrten Über- tragung sexuell übertragbarer Krankheiten. Nightlife Streetwork Das Projekt „Nightlife-Streetwork“ in Kooperation mit dem Verein Mobile Jugendarbeit Leipzig e. V. ist eine monatliche „Vor-Ort-Prävention“ im Partykontext. Über das Verteilen von „One-Night-Stand“- Packs und Kurzberatungen sollen junge Menschen zu Risiken im Partykontext aufgeklärt werden. Ziel ist, dass junge Menschen Verantwortung für sich und andere in diesem speziellen (Party-)Setting über- nehmen. Die sich ergebenen Gespräche und Fragen zu den Themen Alkohol, Drogen und sexuell übertragbare Krankheiten lassen auf einen guten Zugang zur Zielgruppe schließen. Das Projekt wird 2016 fortgeführt. 3.1.3 Allgemeiner Sozialdienst Eltern, Kinder und Familien können sich bei Problemen in Fragen der Erziehung, Trennung und Schei- dung, der elterlichen Sorge und bei familiären Konflikten an den Allgemeinen Sozialdienst (ASD) wen- den. Die sozialpädagogischen Fachkräfte des ASD informieren, beraten und prüfen bei Bedarf die Not- wendigkeit der Vermittlung an andere Fachkräfte und Hilfsangebote. Auf der Grundlage des SGB VIII prüft der ASD auch die Notwendigkeit von erzieherischen Hilfen (HzE) mit den betroffenen Eltern, den Kindern und den Netzwerkpartnern und entscheidet über eine geeignete Hilfe. Außerdem hat der ASD die Aufgabe, gewichtige Anhaltspunkte einer möglichen Kindeswohlgefährdung zu prüfen. Suchtmittelmissbrauch sowohl bei Eltern, Schwangeren und jungen Müttern als auch bei Kindern und Jugendlichen sind in den vergangenen Jahren ein zunehmend zentrales Thema im Hilfeprozess sowie bei der Wahrnehmung des Schutzauftrages bei Kindeswohlgefährdung geworden. Betreute Risikogruppen im ASD Die folgenden Abbildungen zeigen einerseits von 2013 zu 2014 einen starken Anstieg an Fällen, in de- nen eine Suchtproblematik (häufig Crystal in Verbindung mit Cannabiskonsum, vereinzelt Heroin) das Handeln des ASD wesentlich bestimmte. Zum Jahr 2015 verringerte sich der Anstieg wieder deutlich. Die Zahlen zeigen parallel einen Anstieg an Fällen, in denen psychische Erkrankungen die Erziehungs- fähigkeit der Eltern zunehmend einschränken2. Hinter vielen Fällen „psychischer Erkrankung“ verbirgt sich auch eine vorangegangene oder parallele Suchtproblematik, so dass ein Zusammenhang zwi- schen Suchterkrankung und psychischer Erkrankung anzunehmen ist. Der Anstieg der absoluten Zah- len in der Kategorie „andere Sucht“ korrespondiert mit der Beobachtung der Sozialarbeiter/-innen, dass verstärkt Alkoholmissbrauch bzw. Alkoholabhängigkeit zu einer Einschränkung der elterlicher Kompe- tenzen führt. 2 Dabei ist zu beachten, dass es eine Schnittmenge in den Fällen gibt, in denen die Familie zuerst im Eingangsmanagement ohne Hilfe zur Erziehung betreut wurde und anschließend eine Hilfe zur Er- ziehung gewährt wurde. Diese Familien wurden doppelt gezählt. Bei Vorliegen mehrerer Risiko- gruppen ist eine Mehrfachzuordnung nicht möglich. 20
Abbildung 4:Betreute Familien im Rahmen HzE (Fallmanagement) 800 739 700 606 600 501 517 514 500 372 2013 400 Anzahl 300 251 2014 168 183 200 2015 100 0 andere Sucht illegale Drogen psychische Erkrankung Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2016 Abbildung 5: Betreute Familien im Eingangsmanagement 700 606 600 527 500 374 394 400 2013 288 Anzahl 300 275 2014 200 170 169 2015 92 100 0 andere Sucht illegale Drogen psychische Erkrankung Quelle: Amt für Jugend, Familie und Bildung, 2016 Der ASD verfügt seit dem Jahr 2012 über eine definierte Handlungsgrundlage, die den steigenden An- forderungen im Kinderschutz im Zusammenhang mit illegalen Drogen gerecht wird. Die Vernetzung zwischen Jugendhilfe und Suchthilfe ist dabei ein wesentlicher Schwerpunkt, Vernetzungsmöglichkei- ten werden im Einzelfallkontext und in der Mitwirkung im Arbeitskreis pregnant durch die Mitarbeiter/- innen des ASD intensiv genutzt. Ziel des ASD in der Arbeit mit suchtkranken bzw. auch substituierten Schwangeren und Sorgeberech- tigten ist es, die Kooperationsbereitschaft der Mütter und Väter herzustellen und diese partizipatorisch zu beteiligen, um gemeinsam positive Bedingungen für die Entwicklung der Kinder zu gestalten und Voraussetzungen zu schaffen, das Wohl dieser Kinder zu sichern. Bei der Planung, Organisation und Kontrolle notwendiger Hilfen zur Unterstützung suchtbelasteter Familien ist festzustellen, dass betroffe- ne Eltern die erforderlichen Mindestkompetenzen zur Versorgung, Pflege und zum Schutz ihres Kindes oft nicht allein sicherstellen können. In der Arbeit mit dieser Zielgruppe ist in der Regel von längerfristi- gen Hilfeverläufen auszugehen. Die individuell gestalteten Schutzkonzepte wurden in Verantwortung der fallzuständigen Sozialarbeiter/-innen mit verschiedenen Netzwerkpartnern, insbesondere der Suchthilfe geplant, organisiert, umgesetzt und kontrolliert. 21
Trotzdem ist für das vergangene Jahr festzustellen, dass es weniger gelingt, Eltern als aktiven Part in den Prozess einzubinden. In der Folge werden Schutzkonzepte zunehmend durch restriktivere Kon- trollverträge ersetzt. Ambulante Hilfen in Familien mit Drogenproblematik scheiterten häufiger, dies führte zu einem Anstieg stationärer Hilfen für Kinder suchtbelasteter Eltern. Sowohl im Bereich der Hilfen zur Erziehung als auch im Bereich der Suchtberatung besteht aus Sicht des ASD die Notwendigkeit des weiteren Ausbaus spezifischer Angebote für die Zielgruppe drogen- konsumierender Eltern, Schwangerer und junger Mütter sowie drogenkonsumierender Jugendlicher. Parallel sollte der Blick weiter verstärkt auf Prävention gelenkt werden, um in Zusammenarbeit von El- tern, Schule, Helfern im Rahmen HzE und Eingliederungshilfe sowie im Netzwerk die Kinder und Ju- gendlichen besser zu stärken. 3.2 Suchtprävention an der Sächsischen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig In Sachsen sind an den Schulen Beratungslehrer/-innen bestellt, die neben der Beratung von Schüler/- innen, Lehrkräften und Eltern auch für die Initiierung und Anleitung präventiver Konzepte zuständig sind. Seit dem Schuljahr 2014/15 gibt es an jeder weiterführenden Schule eine(n) Suchtbeauftragte(n). Die Steuerung der verschiedenen Angebote obliegt der Koordinatorin/dem Koordinator der Sächsi- schen Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig (SBAL) sowie den jeweiligen Schulreferenten in den schulfachlichen Referaten. Sie bearbeiten • thematische Komplexe der Arbeit der Koordinator/-innen für Suchtprävention • Konzepte zur Förderung der Lebenskompetenz der Schüler/-innen • Konzepte zur Konfliktlösung und Gewaltprävention • drogenspezifische Themen Die Aktivitäten der Koordinatorin für Suchtprävention an der SBAL umfassen folgende Arbeitsschwer- punkte: • Koordination von suchtpräventiven Aufgaben • Kooperation mit dem Referat Unterstützungssystem/Schulpsychologen • Unterstützung der Beratungslehrer/-innen bei ihrer Tätigkeit in den Schulen, z. B. bei der Er- stellung der schulischen Suchtpräventionspläne als Bestandteil des Schulprogramms • Beratung bei der Auswahl von Lehr-, Lern- und Informationsmaterial • Beratung von Lehrer/-innen, Eltern, Schüler/-innen zu suchtpräventiven Fragen • Zusammenarbeit mit Elterngremien und regionalen Anbietern, die im Suchtbereich tätig sind • Vernetzung der Arbeit mit der Fachstelle für Suchtprävention und weiteren suchtpräventiven Angeboten und Projekten • Personelle und qualitative Absicherung des Unterrichtsprojektes „Lions Quest/Erwachsen wer- den“; inhaltliche Ausgestaltung des Wettbewerbs und Zertifizierungsprozesses sowie Mitarbeit im Auswahlverfahren bei der Vergabe des Qualitätssiegels zur Umsetzung dieses Programms • Kooperation mit präventiven Grundschulprojekten • Ansprechpartner für „Prävention im Team“ Initiiert ist ein offener Lehrergesprächskreis für Oberschulen und Gymnasien, wo aktuelle Themen zur suchtpräventiven Arbeit vorgestellt und diskutiert werden können. 22
Vertreterinnen der SBAL sind Mitglied im Drogenbeirat und im Arbeitskreis Suchtprävention der Stadt Leipzig, nehmen am Drogenrapport teil und sind damit eng vernetzt mit Angeboten der Stadt Leipzig, der Polizeidirektion Leipzig, Zentrale Dienste sowie dem Arbeitskreis Schulsozialarbeit. 3.3 Angebote freier Träger 3.3.1 Jugendhaus Leipzig e. V. – Jugendberatungsstelle „jUkON“ Der Jugendhaus Leipzig e. V. ist ein freier Träger der Jugendhilfe, der seit dem 01.07.2014 die Ju- gendberatungsstelle „jUkON“ betreibt. Die Maßnahme ist ein Angebot für individuell beeinträchtigte und/oder sozial benachteiligte Jugendliche und junge Menschen von 14 bis 27 Jahren. Darüber hinaus werden Eltern, Angehörige und Multiplikatoren angesprochen, die in dieser Übergangs- bzw. Lebens- phase wichtige Bezugspersonen der Jugendlichen und jungen Menschen sind. Darauf abgestimmt bie- tet die Jugendberatungsstelle „jUkON“ ein komplexes Angebot bei sozialen, beruflichen und/oder psy- chosozialen Beeinträchtigungen an. Hierzu zählen • Hilfen bei Schul- oder Ausbildungsschwierigkeiten bzw. -abbrüchen • Hilfen bei Eingliederungsproblemen in die Arbeitswelt und bei Arbeitslosigkeit • Hilfen bei fehlenden Sozialkompetenzen oder bei Problemlagen, die eine gute berufliche und soziale Integration ungünstig beeinflussen können • Sucht und Suchtentwicklung • krisenhafte bzw. hoch problembelastete Situationen • Wohnungslosigkeit • finanzielle Schwierigkeiten/Schulden • delinquente Verhaltensweisen • familiäre Schwierigkeiten sowie • seelische/psychische Beeinträchtigungen. Die Angebote umfassen neben der Beratung in Form von Einzel- und Familienberatung auch Beglei- tung, Krisenintervention, Gruppenangebote und Coachings. Für die Gruppe suchtmittel- konsumierender bzw. suchtmittelabhängiger junger Menschen wird eine Orientierungsberatung ange- boten, in der die Motivation zu einem abstinenten Lebensstil und die Inanspruchnahme weiterführen- der Angebote der Suchthilfe gefördert werden. Dafür besitzen Mitarbeiter/-innen der Jugendberatungs- stelle „jUkON“ spezielle Weiterbildungen wie die MOVE-Ausbildung (Motivierende Kurzintervention konsumierender Jugendlicher). 2015 unterstützte die Jugendberatungsstelle „jUkON“ insgesamt in 566 Fällen mit insgesamt 4.405 Kontakten und 3.440 Beratungen. Das Durchschnittsalter der jungen Menschen lag bei 21,5 Jahren. Die Angebote wurden von weiblichen und männlichen Klienten relativ gleichmäßig genutzt (48 % weib- lich, 52 % männlich). In 189 Fällen (33,5 % der Fälle) bestand ein missbräuchlicher Konsum, eine Suchtgefährdung oder -betroffenheit. Selten jedoch stand bei den Jugendlichen und jungen Menschen die Veränderung des Konsumverhaltens im Vordergrund der Beratung. Es wurden lediglich 33 Orientierungsberatungen mit dem Schwerpunkt Sucht durchgeführt. In der Jugendberatung sind Konsum und Sucht oft Themen ne- ben vielen anderen in einem komplexen Hilfebedarf. Das Thema „Sucht“ tritt daher häufig in den Hin- tergrund und ein Problembewusstsein bezüglich des Konsums ist in vielen Fällen nicht vorhanden. 23
Eine enge Kooperation mit dem Beratungsangebot des Projektes Drahtseil (Diakonisches Werk, Inne- re Mission Leipzig e. V.), welches auf Sucht im Jugendalter spezialisiert ist, ermöglichte in der Regel eine frühzeitige Anbindung der jungen Menschen an eine weiterführende Hilfe. Suchtmittelverteilung Die Jugendlichen konsumierten verschiedene Substanzen, aber es gab auch Fälle stoffungebundener Süchte. Die Verteilung ist in der folgenden Abbildung zusammengefasst. Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der primär konsumierten Substanzen 1,2 18,9 34,8 Cannabis 0,6 Alkohol 0,6 Crystal Kokain Amphetamine polytoxikomaner Konsum 18,3 stoffungebundene Süchte 25,6 Quelle: Jugendhaus Leipzig e. V., 2016 Es zeigte sich außerdem, dass in 20,6 % der Fälle neben dem primären Suchtmittel weitere Substan- zen konsumiert wurden. Zum Großteil trat die Kombination von Cannabis mit Methamphetamin (43,6 %) auf, gefolgt von Cannabis mit Alkohol (35,9 %) und Alkohol mit Methamphetamin (15,4 %). Auch hier zeigt sich, dass im Jugendalter die Substanzen Cannabis und Methamphetamin im illegalen Bereich und Alkohol im legalen Bereich dominieren. Zudem wird deutlich, dass der Konsum mehrerer Substanzen ein häufiges Problem darstellt und eine Potenzierung der Problemlagen nach sich zieht. Junge Menschen Suchtbetroffene bzw. konsumierende junge Menschen suchen Beratung, wobei die Themen sehr viel- seitig sind. Zum Einstieg spielen Konsum und Sucht kaum eine Rolle, sondern andere Probleme. Jun- ge Menschen mit Suchthintergrund haben oft komplexe Problemlagen. Ein Teil von ihnen tritt mit sehr schweren Krisen in den Beratungsprozess ein. Wiederkehrende Themen waren finanzielle Schwierig- keiten und Schulden bis hin zur Wohnungslosigkeit, psychische Auffälligkeiten, fehlende Schul- und Ausbildungsabschlüsse, Arbeitslosigkeit sowie Probleme im Umgang mit Ämtern und Behörden. Es bildet sich oft ein Kreislauf, aus dem die Betroffenen nicht ausbrechen können. Das Problembewusst- sein bezüglich des eigenen Konsums ist oft nur schwach ausgeprägt und die Betroffenen sind häufig nur extrinsisch motiviert, Beratung in Anspruch zu nehmen. Dazu kommt, dass der Grad der Infor- miertheit bezüglich geeigneter Hilfen bzw. Angebote des Suchthilfenetzes in der Regel sehr gering war und Einrichtungen der Suchthilfe kaum bekannt waren. Die erste Stabilisierung, die Schaffung von Problembewusstsein bezüglich des Suchtmittelgebrauchs und die kontinuierliche Anbindung an das Suchthilfenetz sind daher wesentliche Schwerpunkte der Arbeit in der Jugendberatungsstelle „jUkON“. 24
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