2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft

 
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2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
Geschäftsbericht
        2021
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor zehn Jahren haben wir erstmals einen umfassenden Ge-
schäftsbericht veröffentlicht, der Mitgliedern und Interessier-
ten nahebringt, was uns bewegt und welche Projekte unsere
Arbeit prägen. Inzwischen ist viel passiert: Die DDG hat sich als
Fachgesellschaft weiterentwickelt, neue Themenfelder er-
schlossen und sich als Ansprechpartner für Politik, Öffentlich-
keit und Mitglieder weiter etabliert. Das zeigt sich auch in den
Zahlen: Seit 2011 haben wir 1.000 Mitglieder hinzugewonnen.
Inzwischen sind mehr als 600 Einrichtungen zertifiziert und
mehr als 4.400 Kolleg*innen als Diabetologin/Diabetologe an-
erkannt. Das macht uns stolz und bestätigt, dass unsere Arbeit
wahrgenommen wird. Wir werfen mit diesem Bericht, der sich
optisch in einem neuen Gewand zeigt, daher auch einen Blick
zurück in die Vergangenheit. Was hat uns bewegt? Welche The-
men haben die Diabetologie geprägt? Im Umschlag der Titel-
seite können Sie alles noch einmal Revue passieren lassen.
      Das vergangene Jahr stand ganz im Zeichen der Bundes-         elles zur Entstehung, Vorbeugung und Therapie von Diabetes
tagswahlen. Der langjährige gesundheitspolitische Einsatz der       mellitus und Adipositas informiert und ausgetauscht.
DDG für mehr Diabetesprävention hat sich ausgezahlt: Die                 Auch im laufenden Jahr werden wir uns umfassend für
Verankerung eines Kinderwerbeverbots für ungesunde                  die Interessen von Menschen mit Diabetes und deren Begleit-
Lebensmittel sowie die Aufnahme der Nationalen Diabetes-            erkrankungen einsetzen. 2022 fokussieren wir besonders Kin-
strategie (NDS) auf die politische Agenda sind ein toller Erfolg.   der mit Diabetes. Hierzu gehört unter anderem die wirksame
     Auf der Agenda für das laufende Jahr steht natürlich die       Ausgestaltung des Verbotes für an Kinder gerichtete Werbung
Konkretisierung der NDS, damit Diabetesprävention und die           für ungesunde Produkte. Außerdem macht die DDG seit eini-
Versorgung von Betroffenen endlich auf einem breiten Fun-           gen Monaten mit einer Kampagne auf die Ketoazidosehäu-
dament stehen. Weiterhin haben wir mit dem G-BA einen               figkeit bei Kindern und Jugendlichen aufmerksam und klärt
sehr konstruktiven Prozess zur Etablierung eines DMP Adipo-         Eltern und Erzieher*innen darüber auf, wie sie Diabetes bei
sitas angestoßen, das als wichtiger Teil in die NDS Eingang         Kindern besser erkennen können. Zudem fordert die DDG,
finden soll. Darauf muss nun aufgebaut werden, damit Men-           Schulgesundheitsfachkräfte an allen Grundschulen in
schen mit Adipositas Zugang zu einer kontinuierlichen, struk-       Deutschland zu etablieren. Diese Projekte verfolgen wir mit
turierten und qualitätsgesicherten Behandlung erhalten. Die         Nachdruck und sind dazu bereits in Gesprächen mit politisch
DDG hat sich hierfür als Partner angeboten.                         Verantwortlichen.
     Neben dem politischen Ausnahmejahr prägte die weiter-               Wir danken allen, die sich mit großem Engagement in
hin anhaltende Corona-Pandemie unsere Aktivitäten. Der              diese vielfältigen Aktivitäten der DDG einbringen.
Diabetes Kongress zog in 2021 erstmals in den virtuellen Raum
um – und das mit sehr großem Erfolg: Fast 5.400 Teilneh-            Eine angenehme Lektüre wünschen Ihnen
mende haben sich in mehr als 76 Symposien und Foren über
aktuelle Forschungsansätze sowie Entwicklungen in der Prä-
vention und Behandlung von Diabetes informiert. Wenige
Wochen vor der Bundestagswahl veranstaltete die DDG ihre
erste hybride Pressekonferenz mit prominenter Unterstützung
durch Dr. Eckart von Hirschhausen. Die Herbsttagung im
November fand ebenfalls zum ersten Mal in hybrider Form
statt: Etwa 2.800 Teilnehmende in Wiesbaden und weitere             PROF. DR. ANDREAS NEU          BARBARA BITZER
1.400 Interessierte haben sich vor Ort und online über Aktu-        PRÄSIDENT                      GESCHÄFTSFÜHRERIN
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
Jahre DDG Geschäftsbericht

Eyecatcher und Nachdenklichmacher –
die Botschaft hinter der Botschaft

Der Griff zum aktuellen Geschäftsbericht
und was ist das? Jubelnde Fußballweltmeister,
ein einsamer Eisbär, Flüchtlingsströme oder
ein Impfzentrum? Wie passt das zur Stoff-
wechselerkrankung Diabetes und zum Bericht
über die Arbeit der Deutschen Diabetes
Gesellschaft (DDG)?

Seit nunmehr zehn Jahren veröffentlicht
die DDG umfangreiche und inhaltsstarke
Geschäftsberichte. Und stets setzte die Fach-
gesellschaft mit starken Titelbildern in Szene,
was viele Menschen im betreffenden Jahr
besonders bewegte. Wir schlugen den Link:
Auch Diabetes ist gleichzeitig gesamtgesell-
schaftliche Aufgabe, globale Herausforde-
rung und Zeitzeuge rasanter technologischer
Entwicklungen. Unser Ziel war und ist es,
zum Nachdenken anzuregen und Diabetes,
Betroffene sowie Behandelnde auf unge-
wöhnliche Art sichtbar(er) zu machen.
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
2   Geschäftsbericht 2021

                                      Inhalt

                                               Editorial    1
                                               Bericht aus der Geschäftsstelle           4
                                               DDG 2021 auf einen Blick         8
                                               Die DDG Medienarbeit           10
                                               Zwischen COVID-19-Pandemie
                                               und Bundestagswahlen

          14
                            Entwicklungen,     DDG 2021: Entwicklungen,
                                               Entscheidungen, Maßnahmen                 16
                            Tendenzen,
                                               Gemeinsam die Prävention von
                            Zeitgeschehen      Diabetes voranbringen 20
                                               Diabetes – eine weltweite
                                               Herausforderung 22

                                               Klimaschutz und Diabetes             24
                                               Dr. Eckart von Hirschhausen im Interview über
                                               Diabetesprävention und Klimaschutz

                                               COVID-19 und Diabetes           26
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
Deutsche Diabetes Gesellschaft   3

                                            28
                                                               Versorgung,
                                                               Forschung,
                                                               Weiterbildung
                                            Das „DMPplus“     30
                                            Adipositas – mehr als ein Lebensstilproblem             32
                                            Bessere Versorgung in greifbarer Nähe         33
                                            Amputation? Nein danke!     34
                                            Neues aus der Welt der Leitlinien     35
                                            Neues aus der Diabetesforschung        36
                                            Mit Diabetes im Krankenhaus      38
                                            Diabetologische Weiterbildung im Wandel            40

42
                   Ausbildung,
                   Beruf,
                   Alltagsleben
Neues aus der Diabeteswelt     44

Schulgesundheitsfachkräfte:
Einsatz, Nutzen, Machbarkeit      46
Nichts ist unmöglich – mit
Diabetes im Berufsleben 50
„Herr Lauterbach,
übernehmen Sie!“ 52

                                                    66
                                                                          Zahlen,
                                                                          Bilanz,
                                                                          Gesichter
                                                     Bilanz   68
                                                     Einnahmen / Ausgaben         69
Ungesunde und fettige Snacks –
künftig seltener in Kinderzimmern?     54            Erläuterungen zu den wesentlichen
                                                     Veränderungen 70
Das DDG Jahr 2021 in Bildern      56
                                                     Bestätigungsvermerk des unabhängigen
Ehrungen und Preise 2021     62
                                                     Abschlussprüfers 71
                                                     Personen hinter den Funktionen            72
                                                     Impressum     76
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
4     Geschäftsbericht 2021

                                     Bericht aus der
                                     Geschäftsstelle

Gemeinsam für die DDG im Einsatz: das Team der Geschäftsstelle und Präsident Prof. Dr. Andreas Neu.
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
Deutsche Diabetes Gesellschaft   5

                  Corona-Müdigkeit? Auf keinen Fall! Die DDG und das Team
                   der Geschäftsstelle setzten auch im zweiten Pandemiejahr
               erfolgreich angestoßene Prozesse fort und stärkten das politische
                   Engagement der Fachgesellschaft im Superwahljahr 2021.

Beinahe gespenstisch leer waren die Büroräume und Flure in       licht, warum die Ausgestaltung der Nationalen Diabetesstra-
der DDG Geschäftsstelle in einigen Wochen des vergangenen        tegie (NDS) mit konkreten und messbaren Maßnahmen nicht
Jahres. Zum Schutz und gemäß der politischen Regelungen          länger aufgeschoben werden darf. Erste Erfolge: Die neue
waren immer nur wenige Kolleginnen zeitgleich in der Ge-         Bundesregierung will Werbung für ungesunde Lebensmittel,
schäftsstelle. Aus dem Homeoffice managte das Team die Pro-      die sich an Kinder richtet, einschränken. Dennoch ist die
jekte und Aufgaben und war für unsere Mitglieder und Gremien     „Ampel“ deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblie-
stets erreichbar. Es gelang uns so auch, das zweite Corona-      ben. Gezielte Maßnahmen und eindeutiges Engagement für
jahr voller Elan und Tatendrang erfolgreich zu gestalten.        den diabetologischen Nachwuchs fehlen leider noch immer –
                                                                 und das, obwohl inzwischen mehr als 8,5 Millionen Menschen
Ein Jahr geprägt von Wahlen                                      in Deutschland an Diabetes erkrankt sind. Unser Auftrag ist
2021 stand ganz im Zeichen der Wahlen – der Wahlen zum           damit klar: Das Thema Diabetes und die Expert*innen, die
Deutschen Bundestag und der Neuwahl des DDG Präsidenten          diese Erkrankung behandeln, müssen endlich deutlich sicht-
und des neuen Vorstandes. Professor Dr. Monika Kellerer über-    barer werden. Besonders in der Corona-Pandemie zeigte
reicht die traditionelle „goldene Amtskette“ im Mai 2021 bei     sich, Menschen mit Diabetes oder Adipositas haben ein
der digitalen Mitgliederversammlung an Professor Dr. Andreas     erhöhtes Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken. Vor die-
Neu. Als Pädiater widmet er seine Präsidentschaft wesentlich     sem Hintergrund steigerten wir im vergangenen Jahr noch
der Aufklärung über Typ-1-Diabetes, der Früherkennung und        einmal unsere erfolgreiche und intensive Medienarbeit: Mehr
der Inklusion von Kindern mit chronischen Erkrankungen.          als 60 Pressemitteilungen, neun Pressekonferenzen und zahl-
Einen Meilenstein setzte die AG Pädiatrische Diabetologie, die   reiche Interviews in TV und Print haben uns als Fachgesell-
im Schulterschluss mit dem Bundesverband der Kinder- und         schaft und unserem Auftrag so viel Medienresonanz beschert
Jugendmediziner (BVKJ) eine große Aufklärungskampagne            wie noch nie.
startete, um über die vier typischen Anzeichen einer Ketoa-
zidose bei Typ-1-Diabetes zu informieren. Mittlerweile hat die   Diabetes und Klimaschutz. Ein Zukunftsthema.
Kampagne mehr als 6.000 Pädiater*innen erreicht. 2021 wurde      Viel Aufmerksamkeit haben wir auch für unsere erste hybride
das Engagement sogar mit dem Springer Medizin Charity            Pressekonferenz im September – wenige Tage vor der Bundes-
Award ausgezeichnet.                                             tagswahl – erhalten. Mit prominenter Unterstützung durch
    Im September dann die mit Spannung erwartete Wahl            den Arzt und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen haben
zum Deutschen Bundestag. Wir haben die Wahlkampfwochen           wir eindringlich auf den Zusammenhang zwischen Klimawan-
im Sommer intensiv genutzt und der Politik erneut verdeut-       del und Gesundheitsschutz hingewiesen, denn Extremwetter-
2021 Geschäftsbericht - Deutsche Diabetes Gesellschaft
6     Geschäftsbericht 2021

Der DDG Vorstand stellt wichtige Weichen.

Endlich wieder Kongressleben live. Zur Diabetes Herbsttagung 2021 wurden mehr als 4.100 Teilnehmende begrüßt.
Deutsche Diabetes Gesellschaft   7

                                       Unser Auftrag ist klar:
                            Das Thema Diabetes und die Expert*innen,
                             die diese Erkrankung behandeln, müssen
                                endlich deutlich sichtbarer werden.

lagen sind vor allem für Menschen mit chronischen Erkrankun-    zu betreuen. Die DDG engagiert sich daher seit geraumer Zeit
gen eine Gefahr. Unser Appell: Die Politik muss Verhältnisse    für die Weiterbildung von medizinischem Fachpersonal. Im
schaffen, die es allen Menschen ermöglichen, gesund zu          vergangenen Jahr haben wir erstmals Weiterbildungsstipen-
leben. Der Griff zu gesünderen und klimafreundlichen Nah-       dien für die Qualifikation zur Diabetolog*in DDG/Diabetes-
rungsmitteln, weniger Fleischkonsum und mehr Bewegung im        berater*in DDG und Diabetesassistent*in DDG vergeben – mit
Alltag können und müssen eine Kehrtwende erreichen – für        großem Erfolg. Insgesamt wurden 90 Stipendien bewilligt.
das Klima und die Gesundheit jedes Einzelnen.                   Entscheidend für diesen Erfolg war dabei auch, dass wir unser
                                                                Kursangebot konsequent weiter digitalisiert haben, um Inte-
Diabetologie nahbar machen – Leitlinien, Praxis-                ressierten trotz der Einschränkungen durch die Corona-
empfehlungen und digitale Projekte                              Pandemie weiterhin ein attraktives Weiterbildungsportfolio
Für unsere starke Kommunikation sind auch unsere Leitlinien     anbieten zu können.
und Praxisempfehlungen entscheidend. Sie setzen sich mit
neuen Forschungserkenntnissen auseinander, bewerten diese       Kongressleben live und digital
und definieren auf dieser Grundlage evidenzbasierte Behand-     Digitale Wege haben wir auch bei unseren Kongressen ein-
lungsempfehlungen. Im vergangenen Jahr wurde die Aktuali-       geschlagen. Der Diabetes Kongress im Mai fand erstmals rein
sierung der Leitlinien „Therapie des Typ-2-Diabetes“ und        digital statt. Dafür wurde die DDG Geschäftsstelle zur zentra-
„Diabetes in der Schwangerschaft“ erfolgreich abgeschlossen.    len Schaltstelle. Die Kolleginnen betreuten Chaträume, lösten
Zahlreiche Praxisempfehlungen rundeten auch 2021 unsere         kleine und große technische Schwierigkeiten und unterstütz-
wissenschaftliche Arbeit ab. Der Sammelband mit den Emp-        ten die Referierenden – alles vom Schreibtisch aus. Die Reso-
fehlungen war u. a. auf der Diabetes Herbsttagung wieder eine   nanz war durchweg positiv. Mehr als 5.300 Teilnehmende durf-
sehr gefragte Veröffentlichung, die in vielen Kongresstaschen   ten wir digital begrüßen. Diesen Schwung haben wir für die
den Weg in die Praxen und Kliniken fand.                        erste hybride Diabetes Herbsttagung im November 2021 auf-
    Mit dem DMPplus und der dazugehörigen elektroni-            genommen, die in Wiesbaden stattfand. Mehr als 4.100 Be-
schen Diabetesakte (eDA) beschreiten wir einen innovativen      sucher*innen (Teilnehmerrekord!) nutzten die Tagung und
neuen Weg. Dieses Zukunftsprojekt werden wir in diesem Jahr     informierten sich vor Ort oder digital über neue praktische
weiter vorantreiben, damit Patient*innen leitliniengerecht,     Erkenntnisse bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes.
bedarfs- und ergebnisorientiert nach neuesten Standards         3.000 Teilnehmende vor Ort haben das persönliche Wieder-
versorgt werden können und nicht zuletzt auch die Medizin       sehen in Wiesbaden, die Gespräche am DDG Stand und die
und vor allem die Patient*innen mit Diabetes von der digita-    lebendige Tagungsatmosphäre sehr genossen. Nach fast zwei
len Vernetzung profitieren.                                     Jahren mit Zoom-Meetings und Webinaren hat allen der per-
                                                                sönliche Austausch und das gemeinsame Lernen unglaublich
DDG: Starker Partner für medizinische Fachkräfte                viel Freude bereitet. Als Fachgesellschaft haben wir uns mit
Ein multiprofessionelles und gut ausgebildetes Behandlungs-     diesen Veranstaltungsformaten weiterentwickelt. Sie bieten
team ist entscheidend, um Menschen mit Diabetes umfassend       große Chancen, die wir auch künftig nutzen möchten.
2021
8    Geschäftsbericht 2021

                              DDG
                             auf einen Blick
               Wie entwickelte sich die DDG im vergangenen Jahr? Wie viele
           Menschen erreicht die Fachgesellschaft? Welche Erfolge wurden erzielt?
                   Wir schlüsseln es auf – mit Zahlen, Daten und Fakten.

          4.174                                                                5.371
    Teilnehmende an der hybriden                                          Teilnehmende am digitalen

                                   9.281
     Diabetes Herbsttagung 2021                                             Diabetes Kongress 2021

                     86                     Mitglieder
             Stipendiat*innen                      Neue Mitglieder 2021: 364
      Reisestipendien Kongresse 2021

Diabetes-                                                                          Arbeitsgemein-
assistent*innen                                            Ausschüsse                     schaften

                      10                                                  6

                        90                                                 50
                                                    Kommis-
                                                    sionen     9                          20
                                   43
            37

                                                                          15
Diabetes-                       Diabetolog*innen         Regional-
berater*innen                                            gesellschaften

Gewährte Weiterbildungsstipendien DDG 2021                                Gremien 2021
Deutsche Diabetes Gesellschaft   9

                                            61                            1,6 Mrd.
                16                         Presse-
                                          meldungen
                                                                            Printkontakte           376.501
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                    809
                                              2.150
                                                                                                              User*innen
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             Diabetolog*innen DDG                Fachpsycholog*innen DDG                         Zertifizierte
                        davon 2021: 141                     davon 2021: 6                   Diabeteszentren DDG
                                                                                                   davon 2021: 113

            104                                       98                            290
       Zertifizierte Diabetes-               Kliniken für Diabetes-          Zertifizierte Fußbehandlungs-
      zentren Diabetologikum                 patient*innen geeignet                   einrichtungen
              davon 2021: 28                          davon 2021: 29                   davon 2021: 106

        5.890                                   8.817                                  3.690
     Diabetesberater*innen DDG              Diabetesassistent*innen DDG              Wundassistent*innen DDG
                davon 2021: 290                        davon 2021: 214                          davon 2021: 139

                307                                    321                              101
      Diabetes-Pflegefachkräfte DDG            Pflegende mit Fortbildung            Trainer*innen für die
              67 DPFK Langzeit                     Basisqualifikation                 Basisqualifikation
               240 PFK Klinik                     Diabetes Pflege DDG                Diabetes Pflege DDG
                        davon 2021: 16                   davon 2021: 77                     davon 2021: 25
10   Geschäftsbericht 2021

                 Die DDG Medienarbeit
                  Die anhaltende COVID-19-Pandemie und die Bundestagswahlen
                       prägten das Jahr 2021. Mehr denn je fand sich die DDG
                   in einem Spannungsfeld zwischen Aufklärung und politischer
                                       Positionierung wieder.
Deutsche Diabetes Gesellschaft   11

Immer mehr entwickelt sich die DDG bundesweit zu einem der        die Medienreichweite bei insgesamt 1,55 Milliarden – so hoch
gefragtesten Ansprechpartner für Journalist*innen, wenn es        wie nie zuvor. Besonders online steigerte sich die Wahrneh-
um Ursache, Folgen und Therapien des Diabetes mellitus geht.      mung der Fachgesellschaft, was dem derzeitigen Trend bei
Darüber hinaus war auch im zweiten Jahr der Corona-Pan-           Berichterstattungen entspricht.
demie der Zusammenhang zwischen einer COVID-19-Erkran-
kung und dem Diabetes als möglicher Risikofaktor für schwere      Bewährungsprobe erfolgreich absolviert: Online-
Krankheitsverläufe immer wieder Gegenstand für Berichter-         Pressekonferenzen
stattungen. Nahezu täglich erreichen die Pressestelle Anfra-      Mit insgesamt neun Pressekonferenzen war die DDG 2021 wie-
gen. Das Superwahljahr war für die DDG aber auch ein guter        der sehr präsent in den Terminkalendern der Journalist*innen
Anlass, verstärkt auf die stille Diabetes-Pandemie und ihre       vertreten. Wie auch im ersten Coronajahr konnte die DDG
gesundheitspolitische Bedeutung aufmerksam zu machen              durch das Online-Format deutlich mehr Medienvertreter*in-
und klare Signale an die Politik und die neue Bundesregierung     nen erreichen als in Präsenzveranstaltungen. Räumliche und
zu senden.                                                        zeitliche Hindernisse werden aufgehoben. Ein weiterer Vorteil
     In Zeiten von Fake News und steigender Wissenschafts-        der Digitalisierung von Presseveranstaltungen: Interessierte
skepsis ist es besonders wichtig, sachlich korrekt zu informie-   können sich das Video der Pressekonferenz nachträglich an-
ren und aufzuklären. Seit Jahren setzt sich die DDG dafür ein,    sehen, wovon viele tatsächlich auch Gebrauch machen. Diese
Informationen zu Diabetes und seinen Folgeerkrankungen            Möglichkeit macht die Inhalte der DDG nachhaltiger und
aus der Wissenschaft für die Öffentlichkeit zu übersetzen und     transportiert sie in die breitere Öffentlichkeit.
die Politik für diese Themen zu sensibilisieren. 2021 mit der
Bundestagswahl und diversen Landtagswahlen war daher              Erstmals: Hybrid-Pressekonferenz in Berlin
auch ein sehr politisches Jahr für die DDG. In Pressemitteilun-   Als spannende Ergänzung zum Online-Format veranstaltete
gen, auf Pressekonferenzen und in persönlichen Stellung-          die DDG dieses Jahr ihre Herbst-Pressekonferenz in hybrider
nahmen kommunizierten Vertreter*innen der DDG stetig ihre         Form. Wenige Tage vor der Bundestagswahl versammelten sich
politischen Forderungen wie die Notwendigkeit einer strikten      im Haus der Bundespressekonferenz fünf Journalist*innen
Umsetzung der Nationalen Diabetesstrategie. Ein besonderer        persönlich, um sich über gesundheitspolitische Themen rund
Fokus lag dabei auf gesundheitspolitischen Maßnahmen wie
der Prävention des Diabetes und seinen Folgeerkrankungen,
der Förderung von Diabetesforschung und Nachwuchspolitik

                                                                       9
sowie einer verbesserten Diabetestherapie.

Die DDG als wichtiger Ansprechpartner zum Thema                                    Pressekonferenzen haben
Diabetes                                                                            wir 2021 online und
Mehr als 60 Pressemeldungen zu gesundheitspolitischen For-                        teils in Präsenz veranstaltet.
derungen, neuen Erkenntnissen aus den Bereichen Forschung,
Diagnostik und Therapie, Folgeerkrankungen, Prävention und
natürlich im Zusammenhang mit COVID-19 veröffentlichte die
DDG im Jahr 2021. Mit einem erfreulichen Ergebnis: 2021 lag
12    Geschäftsbericht 2021

Prof. Dr. Sebastian Meyhöfer und Prof. Dr. Werner Kern setzen die Journalist*innen bei der Diabetes Herbsttagung ins Bild (links).
Pressekonferenz live: Anne-Katrin Döbler und Prof. Dr. Andreas Neu bei der Diabetes Herbsttagung 2021 (rechts).

um Diabetes zu informieren. Gleichzeitig verfolgten rund 60                         DDG Medienpreise
Medienvertreter*innen bundesweit das Geschehen am Bild-                             Im Rahmen der Diabetes Herbsttagung im November vergab
schirm. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Eckart von                        die DDG zum achten Mal ihre renommierten Medienpreise für
Hirschhausen, der sein Herzensthema Klima- und Gesund-                              herausragende journalistische Beiträge. Mit dem diesjährigen
heitsschutz besonders einbrachte. Die DDG nutzte die Presse-                        Motto „Diabetes in Corona-Zeiten: Risiken und Versorgungs-
konferenz außerdem dazu, um ihre politischen Botschaften                            lage für chronisch Kranke in der Pandemie“ wollte die Fach-
rund um Prävention, Versorgung und Nachwuchs in der Dia-                            gesellschaft auf die Herausforderungen für Menschen mit
betologie im Vorfeld der Bundestagswahl noch einmal zu ver-                         Diabetes im Zuge der Corona-Krise aufmerksam machen und
deutlichen. Der persönliche Austausch vor Ort war ein schöner                       für deren Bedürfnisse sensibilisieren. Insgesamt sind wieder
Erfolg, doch weiterhin bleibt klar: Digital erreicht die DDG                        mehr als 30 Einreichungen eingegangen, aus denen die Jury
mehr Publikum.                                                                      vier Sieger*innen auswählte.

Jahrespressekonferenz                                                               Kategorie Fernsehen
Den Auftakt der Medienaktivitäten bildet in jedem Jahr die                          „Sollten Diabetiker sich gegen COVID-19 impfen lassen?“ – So
Jahrespressekonferenz der DDG – kombiniert mit dem parla-                           lautet der Titel des diesjährigen prämierten YouTube-Videos
mentarischen Jahresempfang. Auch dieses Jahr musste der                             von Bastian Niemeier, der eine Frage in den Fokus rückt, die –
Jahresempfang aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen, die
Pressekonferenz wurde jedoch digital veranstaltet. Thematisch
stand bei der Pressekonferenz am 2. März 2021 das Superwahl-
jahr im Fokus. Es wurde auf die stille Diabetes-Pandemie auf-

                                                                                              462
merksam gemacht und noch einmal intensiv auf den hohen
Bedarf einer politischen Umsetzung der Nationalen Diabetes-
strategie gedrängt. Dabei nahmen die Referierenden das neue
DMP Adipositas in den Blick, das betroffenen Menschen erst-
mals Zugang zu präventiven Maßnahmen ermöglicht, und er-
                                                                                                                                     Mio.
örterten, wie sich Diabetes- und Adipositasprävention in
Deutschland konkret umsetzen lässt. Auch die Bedeutung der                                        Leser*innen wurden mit
Corona-Pandemie für Menschen mit Diabetes mellitus stand                                           Printmedien erreicht.
wieder im Mittelpunkt. Interessant war auch ein neuer Blick auf
die Berufswahl bei Diabetes.
Deutsche Diabetes Gesellschaft   13

Gefragte Ansprechpartnerin für die Medien: DDG Geschäftsführerin Barbara Bitzer (links).
Pressearbeit mit prominenter Unterstützung durch Dr. Eckart von Hirschhausen (rechts).

                                                             1,09Leser*innen wurden mit
                                                                                                  Mrd.
                                                                  Onlinemedien erreicht.

gerade zu Beginn des Impfangebots – viele Menschen mit                           Am Beispiel eines jungen Mannes, der am Coronavirus er-
Diabetes beschäftigt hat. Bastian Niemeier, der selbst an Dia-                   krankt war, berichtet der Beitrag davon, wie infolge der Infek-
betes Typ 1 erkrankt ist, gibt in seinem Video in einem sehr                     tionskrankheit ein Typ-1-Diabetes entstehen kann.
ratgeberorientierten Frage-Antwort-Schema Auskunft zu zahl-
reichen Fragen, etwa ob Diabetespatient*innen eine erhöhte                       Kategorie Online
Impfpriorität haben, welche Risiken bestehen und wie Men-                        Menschen mit Diabetes gehören zur Corona-Risikogruppe –
schen mit Typ-1-Diabetes die Impfung vertragen haben.                            das ist seit Langem bekannt, doch viele Fragen sind damit
                                                                                 noch ungeklärt, etwa ob das für alle Diabetesformen gilt, was
Kategorie Print                                                                  Studienerkenntnisse zu dem Thema sagen und worauf Be-
Um „die Krise als Chance“ geht es im gleichnamigen Artikel                       troffene besonders achten sollten, um sich möglichst gut vor
von Antje Harders, der in Focus-Gesundheit erschienen ist.                       einer Infektion zu schützen. Antworten auf diese Fragen gibt
In ihrem Beitrag stellt die Autorin Menschen mit Diabetes in                     der Podcast „Klartext Corona: Worauf müssen Diabetes-Er-
den Fokus, die – dank Digitalisierung und neuer Therapie-                        krankte besonders achten? Ein Update“ von Peter Glück, der
optionen – gestärkt aus der Corona-Krise hervorgegangen                          in diesem Jahr in der Kategorie Online mit dem DDG Medien-
sind. Am Beispiel zahlreicher Protagonist*innen zeigt die                        preis ausgezeichnet wird.
Autorin auf, wie Menschen mit Diabetes ihrer Erkrankung
gerade in der Corona-Pandemie begegnet sind.                                     www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/pressebereich/
                                                                                 medienpreis/medienpreise-2021

Kategorie Hörfunk
Den Preis in der Kategorie Hörfunk erhält David Beck für seinen
SWR-Beitrag „Kann das Coronavirus Diabetes Typ 1 auslösen?“.
14   Geschäftsbericht 2021

     Entwicklungen,
       Tendenzen,
     Zeitgeschehen
                        Die DDG hat das zweite Coronajahr mit viel Elan und Tatendrang
                          gemeistert. Im Wahljahr stellten wir entscheidende politische
                       Weichen für eine zukunftsfeste Diabetologie und mehr Engagement
                            für Präventionsfragen. Dafür haben wir uns in Politik und
                                        Gesellschaft sichtbar positioniert.
15
16   Geschäftsbericht 2021
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen   17

         DDG 2021: Entwicklungen,
            Entscheidungen,
              Maßnahmen
                           Was hat die DDG im letzten Jahr bewegt
                   und welche Pläne stehen für das Jahr 2022 auf der Agenda?

Anfang April trafen sich DDG Präsident Professor Dr. Andreas
Neu und Barbara Bitzer im Rahmen der DDG Klausurtagung
auf Schloss Weitenburg im Neckartal, um zusammen mit
Anne-Katrin Döbler, Leiterin von Thieme Communications,
über die großen, aktuellen Themen der DDG zu sprechen.
    Im Interview beleuchten DDG Präsident und Geschäfts-       Um Prävention, Patientenversorgung und Forschung im Inte-
führerin unter anderem, welche Erwartungen sie an die neue     resse der Menschen mit Diabetes voranzutreiben, braucht es
Bundesregierung und aktuelle Legislaturperiode haben und       konkrete politische Maßnahmen. Die DDG sieht hier vor allem
wie die DDG die Diabetologie zukunftssicher aufstellen will.   bei der Versorgung von Menschen mit Diabetes großen Hand-
Das vollständige Interview finden Sie auf dem DDG YouTube-     lungsbedarf.
Kanal.

                                                               „Ganz konkret müssen folgende
„Wir wünschen uns mehr                                         Punkte angegangen werden:
politischen Mut und weniger                                    der Ausbau und Erhalt von
Stillstand. Zwar findet Diabetes                               Lehrstühlen, der Erhalt und die
im Koalitionsvertrag im Rahmen                                 Sicherung von diabetologischen
des Nationalen Präventionsplans                                Fachabteilungen, eine ausrei-
Erwähnung, aber konkrete                                       chende Finanzierung und Nach-
Maßnahmen für mehr Präven-                                     besserung des DRG-Systems,
tion oder eine Ausgestaltung                                   ein besonderes Entgelt für
der Nationalen Diabetesstrategie                               vulnerable Gruppen wie multi-
vermissen wir weiterhin.“                                      morbide, ältere Patient*innen
BARBARA BITZER
                                                               und Kinder.“
                                                               PROF. DR. ANDREAS NEU
18   Geschäftsbericht 2021

Der Diabetesprävention kommt eine besondere Bedeutung zu:
Laut aktuellem Koalitionsvertrag möchte die Bundesregierung
mit einem Nationalen Präventionsplan gegen Krankheiten wie
beispielsweise Diabetes gezielt vorgehen – doch wie genau, ist
nicht bekannt. Die DDG vertritt einen klaren Standpunkt:         Es gibt immer mehr Menschen mit Diabetes und gleichzeitig
                                                                 immer mehr Diabetolog*innen, die in den nächsten Jahren in
                                                                 den Ruhestand gehen. Wir laufen in ein Versorgungsdefizit.
„Wir brauchen konkrete und                                       Professor Neu erläutert im Interview, wie die DDG mehr Men-
                                                                 schen für das Fach Diabetologie begeistern möchte.
verbindliche Maßnahmen, die
alle Menschen im Alltag errei-
chen. Dazu zählt ein umfassen-                                   „Die Sicherung des Nachwuchses
des Kinderwerbeverbot, aber                                      ist der DDG ein wichtiges Anlie-
auch fiskalische Instrumente,                                    gen. Mit unserem Promotions-
beispielsweise eine gesunde                                      förderprogramm leisten wir
Mehrwertsteuer.“                                                 einen wichtigen Beitrag, um
BARBARA BITZER
                                                                 mehr Medizinstudierende für
                                                                 eine Karriere in der Diabetologie
                                                                 zu begeistern. Wir brauchen
                                                                 deshalb ausreichend Ausbil-
                                                                 dungskapazitäten an allen
                                                                 Hochschulen und Lehrkranken-
                                                                 häusern.“
                                                                 PROF. DR. ANDREAS NEU

Andreas Neu, DDG Präsident
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen   19

Auch die Digitalisierung ist ein Thema, das der DDG sehr am
Herzen liegt. Unter anderem sollen digitale Lösungen auch die
sektorenübergreifende Versorgung verbessern. Welche Kon-
zepte für die Zukunft der Diabetologie relevant sind, erklärt
Barbara Bitzer.

„Diabetes ist eine sehr datenin-
tensive Erkrankung und bietet
sich daher als Blaupause für die
Digitalisierung in der Medizin
an. Gemeinsam mit Hausärzt*in-
nen, niedergelassenen und kli-
nisch tätigen Diabetolog*innen
arbeiten wir an einem DMPplus
mit dem Kernstück der elektro-
nischen Diabetesakte (eDA). Die
eDA wird eine leitliniengerechte
Versorgung von Menschen mit
Diabetes erleichtern, die Vernet-
zung aller Akteur*innen verbes-
sern und auf der Basis eines
                                                                 Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG
angekoppelten Diabetesregisters
Forschung ermöglichen.“
BARBARA BITZER

Im Videointerview erfahren Sie außerdem, welche drei Ent-
scheidungen Professor Dr. Neu und Barbara Bitzer als Erstes
treffen würden, wären sie und nicht Professor Dr. Karl Lauter-
bach Bundesgesundheitsminister*in.

                                                                                    Sehen Sie hier
                                                                                    das vollständige Interview:
                                                                                    https://youtu.be/p7nPAiw4jzA
20   Geschäftsbericht 2021
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen   21

                Gemeinsam die
            Prävention von Diabetes
                 voranbringen
      Ein Nationaler Präventionsplan soll der steigenden Prävalenz von Diabetes und
       anderen nichtübertragbaren Erkrankungen in Deutschland entgegenwirken.

                                             VON PROF. DR. KARL LAUTERBACH

Das Zurückdrängen von Diabetes hat eine besondere bevöl-        kungen verankert werden. Daher sieht der Koalitionsvertrag
kerungsmedizinische Bedeutung. Nach Datenlage der Diabe-        etwa im Bereich Ernährung vor, dass wissenschaftlich fun-
tes-Surveillance am Robert Koch-Institut sind in Deutschland    dierte und auf Zielgruppen abgestimmte Reduktionsziele für
etwa sieben Millionen Menschen an Diabetes mellitus er-         Zucker, Fett und Salz formuliert werden. Ein wegweisendes
krankt. Jährlich erkranken mehr als eine halbe Million Men-     Vorhaben ist auch, die an Kinder gerichtete Werbung für
schen neu. Die Tendenz ist steigend. Das bedeutet, dass immer   Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt bei
mehr Menschen unter dieser ernst zu nehmenden Krankheit         Sendungen und anderen Formaten für unter 14-Jährige zu
leiden, die in vielen Fällen mit gravierenden Folgeerkrankun-   verbieten.
gen und erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität
verbunden ist.                                                  Digitale Versorgung
     Diese Entwicklung gilt es zu stoppen. Daher werden wir     Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat Menschen mit Diabe-
den Kampf gegen Diabetes weiter verstärken. Wie im Koali-       tes schwer getroffen. Zum einen, weil Diabetes das Risiko für
tionsvertrag vorgesehen, soll ein Nationaler Präventionsplan    einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 erhöhen
geschaffen werden – mit konkreten Maßnahmen auch zu             kann. Zum anderen nahmen viele Diabetespatienten aus
Diabetes. Es geht uns vor allem darum, die lebensstilbezoge-    Angst, sich mit COVID-19 zu infizieren, ihre regelmäßigen
nen Ursachen von Diabetes und nichtübertragbaren Erkran-        Untersuchungen nicht ausreichend wahr. Diesen Patientinnen
kungen insgesamt zu bekämpfen. Denn eine Reihe weiterer         und Patienten kann die Digitalisierung etwa durch Online-
nichtübertragbarer Erkrankungen, wie Krebs, Herz-Kreislauf-     Schulungen oder Videosprechstunden helfen. Mit Beginn der
und chronische Atemwegserkrankungen, werden – ebenso            Corona-Pandemie hat die Nutzung der Videosprechstunde in
wie Diabetes – durch einen ungesunden Lebensstil mitver-        der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung stark
ursacht. Unser Ziel ist deshalb, sowohl die Gesundheitsförde-   zugenommen und leistet so einen Beitrag zur Aufrechterhal-
rung als auch die Prävention von nichtübertragbaren Erkran-     tung der Versorgung und zum Infektionsschutz – auch im
kungen in einer gemeinsamen Strategie zu bündeln. Ein           Bereich der Diabetesversorgung.
derart krankheitsübergreifender Ansatz kann wichtige Syner-          Ich bin der Deutschen Diabetes Gesellschaft sehr dankbar,
gien nutzen. Er kann zudem Ressourcen schonen, indem            dass sie sich mit großer fachlicher Expertise dafür einsetzt,
Mehrfachstrukturen vermieden werden.                            Diabetes einzudämmen und die Versorgung von Diabetes-
     Ernährung und Bewegung als die Grundpfeiler der Dia-       patienten weiter zu verbessern. Bitte unterstützen Sie im
betesprävention sollten ebenbürtig auch in der Prävention       Interesse Ihrer Patientinnen und Patienten auch weiterhin
aller anderen weit verbreiteten nichtübertragbaren Erkran-      die Impfkampagne der Bundesregierung!

PROF. DR. KARL LAUTERBACH
Bundesminister für Gesundheit und
Mitglied des Deutschen Bundestages
22   Geschäftsbericht 2021

                      Diabetes – eine
                 weltweite Herausforderung

                                               51     63
                                         Nordamerika und Karibik

                                              + 24%

                                                                      537
                                                                      Erwachsene leben weltweit
                                                                                                   Mio.

                                                                            mit Diabetes.

                                                                        32       49
                                                                   Mittel- und Südamerika

                                                                       + 50%
Die zehnte Ausgabe des Diabetes Atlas der International Dia-
betes Federation (IDF) verdeutlicht das alarmierende Wachs-
tum der Volkskrankheit Diabetes mellitus: 537 Millionen Men-
schen weltweit haben Diabetes. Das entspricht mehr als einem
von zehn Erwachsenen, wobei in einigen Ländern sogar einer
von fünf Erwachsenen betroffen ist. Im Jahr 2030 werden es
voraussichtlich 643, im Jahr 2045 784 Millionen Betroffene sein.
    Mehr als 90 Prozent aller Menschen mit Diabetes haben
einen Typ-2-Diabetes. Die wachsende Anzahl an Menschen
mit Typ-2-Diabetes wird durch ein komplexes Zusammen-
spiel sozioökonomischer, demografischer, ökologischer und
genetischer Faktoren gefördert. Zu den wichtigsten Faktoren
zählen die Urbanisierung, eine alternde Bevölkerung, sin-
kende körperliche Aktivität und zunehmendes Übergewicht                           Angaben in Millionen

und Adipositas.                                                                       Stand 2021         Prognose für das Jahr 2045
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen   23

                                                          784                                      Mio.
                                                  Menschen werden im Jahr 2045
                                                 voraussichtlich mit Diabetes leben.

    61        69
      Europa

  + 13%

                                                                    90        152
                       73   136                                    Südostasien
         Mittlerer Osten und Nordafrika
                                                                  + 68%
                   + 87%
                                                                                                           206       260

                                                                                                          Westlicher Pazifik

                                                                                                            + 27%
    24            55

                                                     6,7
         Afrika

  + 134%
                                                                                     Mio.
                                                   Menschen sind 2021
                                                  an Diabetes gestorben.

                                            Anzahl der von Diabetes                                              Anzahl der an Diabetes

                        81%                                                                        68%
                                            betroffenen Menschen                                                 erkrankten Erwachsenen
                                            weltweit, die in „low                                                weltweit, die in den zehn
                                            income”- und „middle                                                 Ländern mit der höchsten
                                            income”-Ländern leben.                                               Diabetesrate leben.

Quelle: 10. Ausgabe des IDF Diabetes Atlas. Die IDF sammelt diese Daten aus verschiedenen
Quellen, deren Qualität sehr unterschiedlich und deren Vergleichbarkeit darum eingeschränkt ist.
24   Geschäftsbericht 2021

                             Klimaschutz
                             und Diabetes
             Diabetesprävention und Klimaschutz sind zwei Seiten einer Medaille.
            Dr. Eckart von Hirschhausen spricht im Interview über die Auswirkungen
                             der Klimakrise auf unsere Gesundheit.
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen   25

Die Klimakrise hat enorme Auswir-          Ebenen. Auf dem Cover meines Buches        DR. ECKART VON HIRSCHHAUSEN
kungen auf unsere Gesundheit. Muss         habe ich zum Spaß einen Sticker: „3        ist Arzt, Wissenschaftsjournalist und Gründer
                                                                                      der Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde
unser Gesundheitssystem revolutio-         Krisen zum Preis von 2!“. Was ich damit    Menschen“. Er studierte Medizin und
niert und an den Klimawandel               sagen möchte: Klima, Corona und            Wissenschaftsjournalismus in Berlin, London
angepasst werden?                          Koalas hängen eng zusammen. Die            und Heidelberg.

Unbedingt. Und sehr rasch. Die             Klimakrise ist auch eine Gesundheits-
Klimakrise ist die größte Gesundheits-     krise. Und ohne die Zerstörung von
gefahr im 21. Jahrhundert. Wir müssen      Lebensräumen, das Artensterben und
nicht „das Klima“ retten – sondern         den Wildtierhandel hätten wir auch         mit meinem Team möchte ich das
uns! Wenn wir jetzt nicht handeln,         kein Corona. Naturschutz und Tier-         Thema Klimaschutz als Gesundheits-
steuern wir sehenden Auges in eine         schutz sind eben auch Gesundheits-         schutz in die Mitte der Gesellschaft
medizinische Katastrophe. Beispiel         schutz. Dieser Kerngedanke nennt sich      bringen. Wir können noch etwas
Hitze: In der ersten großen Hitzewelle     international „one health“ oder auf        ändern und es lohnt sich, um jedes
2018 hatten wir über 20.000 Hitzetote in   Deutsch: Gesunde Erde – Gesunde            Zehntelgrad zu kämpfen, das man
Deutschland zu beklagen, da fragt man      Menschen. Es geht erst allen besser,       verhindern kann. Jede Tonne CO2, die
sich: Warum ist das kein nationaler        wenn es allen besser geht. Und: Wir        wir nicht in die Atmosphäre über uns
Notfall? Und warum gibt es nicht wie in    müssen Gesundheit global denken.           pusten, fällt uns weniger auf die Füße.
Frankreich in jeder Kommune Hitze-         Um „Tropenkrankheiten“ zu bekom-           Wir müssen uns nur endlich von den
schutzpläne? Gegen Viren kann man          men, brauchen wir heute nicht mehr in      alten Klimaerzählungen lösen: Wie viel
impfen, gegen Hitze nicht. Besonders       die Tropen zu reisen. Die Erreger reisen   Klimaschutz können wir uns leisten –
gefährdet sind Kinder, ältere oder         von allein zu uns. Ein Virus fragt nicht   oder der Wirtschaft zumuten? Wie viele
vorerkrankte Menschen. Gerade auch         nach einem Visum, um Ländergrenzen         Jahrhundertereignisse braucht es noch,
Menschen mit Diabetes, weil ihre           zu überspringen. So wenig, wie ein         um zu erkennen, dass dieses Jahrhun-
Hitzeregulation durch die Gefäß- und       CO2-Molekül in der Atmosphäre fragt,       dert anders ist als alle zuvor? Das
Nervenschädigungen beeinträchtigt          aus welchem Land es kam. Die nächs-        Teuerste, was wir jetzt tun können, ist
ist. Zudem gibt es häufige Komorbidi-      ten zehn Jahre entscheiden darüber,        Nichtstun.
täten mit Adipositas und Herz-Kreis-       wie die nächsten 10.000 Jahre für
lauf-Erkrankungen. Je älter wir werden,    unsere Zivilisation werden. Wir erleben    Was kann jeder Einzelne von uns tun,
desto stärker trifft uns die Hitze.        gerade historische Zeiten. Die Dring-      damit die Klimakrise nicht zu einer
Aber kaum ein Altenheim in Deutsch-        lichkeit, alle unsere Intelligenz, unser   Gesundheitskrise wird?
land ist mit einer Klimaanlage, Ver-       Geld und unsere Kreativität dieser         Der Einzelne hat die größte Wirkung,
schattung oder Dachbegrünung gegen         Aufgabe zu widmen, ist noch längst         wenn er kein Einzelner bleibt. Klar kann
Hitze gewappnet. In unseren Kranken-       nicht in allen Köpfen, Herzen und          man weniger fliegen, sich vorwiegend
häusern gibt es außer auf den Intensiv-    Disziplinen angekommen. Dabei sind         pflanzlich ernähren und schauen, wie
stationen praktisch keine gekühlten        die großen Hebel bekannt: erneuer-         man weniger fossile Energie verheizt.
Räume. Hier braucht es eine intelligen-    bare Energien sofort weiter ausbauen,      Doch die großen gesellschaftlichen
tere Stadtplanung, denn in Städten ist     Kohle in der Erde lassen, Konsum und       Veränderungen, die notwendig sind,
die Hitzebelastung besonders hoch –        Flüge reduzieren, Häuser so bauen,         müssen aus der Politik kommen: rasche
sie werden im Sommer zu Hitzefallen.       dass sie Energie gewinnen statt            Energiewende, Verkehr und Landwirt-
                                           verlieren, und, und, und.                  schaft transformieren. Dafür braucht es
Eine gesunde Lebensführung schützt                                                    Mehrheiten und das Thema muss
nicht nur das Klima, sondern ist auch      Im Pariser Klimaabkommen hat sich          partei- und generationsübergreifend
die beste Vorbeugung gegen viele           die internationale Staatengemein-          gespielt werden. Damit wir jeden
nichtübertragbare Krankheiten – zum        schaft darauf geeinigt, die Erderwär-      Einzelnen mitnehmen, braucht es ein
Beispiel Diabetes Typ 2. Wie können        mung auf möglichst 1,5 Grad zu             attraktives Ziel, ein Wozu, und das
wir das Bewusstsein für diesen             begrenzen. Wie optimistisch sind Sie,      liefern wir: Gesundheit ist der Wert,
Zusammenhang stärken und was               dass das noch umsetzbar ist?               hinter dem alle stehen. Wir haben alles
muss die Politik tun?                      Wenn ich keine Hoffnung hätte, würde       zu verlieren. Und deshalb ganz viel zu
„There is no glory in prevention“ – mit    ich mich ja nicht mit Haut und Haar        gewinnen. Wir können es schöner
dem Verhindern von Krankheiten ist         diesem Thema widmen. Ich habe die          haben als jetzt – und gesünder!
scheinbar kein Blumentopf zu gewin-        Stiftung „Gesunde Erde – Gesunde
nen. Dabei lohnt es sich auf so vielen     Menschen“ gegründet. Gemeinsam             Vielen Dank für das Gespräch!
26   Geschäftsbericht 2021

                               COVID-19
                             und Diabetes
Entwicklungen, Tendenzen, Zeitgeschehen    27

                 Seit Beginn der Pandemie werden mögliche Zusammenhänge
                  zwischen dem Coronavirus und Diabetes mellitus – vor allem
                   Typ-2-Diabetes – untersucht. Wie steht es um das Befinden
                            und die Versorgung der Patient*innen?

                       VON PROF. DR. WOLFGANG RATHMANN UND PROF. DR. ANDREAS FRITSCHE

Der Einfluss von COVID-19 auf die Stoffwechsellage              Psychologische Aspekte
SARS-CoV-2 hat einen negativen Effekt auf den Insulin-Stoff-    Die COVID-19-Pandemie stellt eine enorme psychische Belas-
wechsel: Das Virus induziert proinflammatorische Zytokine und   tung der Bevölkerung dar. Die Inzidenz von Angst- und Stress-
Immunmediatoren und führt dadurch zur verringerten Insulin-     störungen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes blieb jedoch
sekretion und Insulinresistenz. Beobachtungen während der       zwischen 2019 und Anfang 2021 konstant, depressive Störun-
Corona-Pandemie haben zudem gezeigt, dass bei einem             gen nahmen sogar leicht ab. Ein Grund dafür könnte sein, dass
bestehenden Typ-2-Diabetes höheres Alter, kardiovaskuläre       bei einem hohen Durchschnittsalter von 68 Jahren Menschen
und renale Vorerkrankungen sowie Adipositas mit einem un-       mit Typ-2-Diabetes kaum von den coronabedingten Stress-
günstigen COVID-19-Verlauf assoziiert sind. Bei Übergewicht     faktoren wie Hausunterricht der Kinder, Homeoffice und Angst
sollte das Körpergewicht reduziert werden, um schweren          vor dem Verlust des Arbeitsplatzes betroffen sind.
Krankheitsverläufen sowie einer Hyperglykämie und Insulin-
resistenz entgegenzuwirken. Darüber hinaus verursacht die
Viruserkrankung – im Gegensatz zu anderen akuten Atem-                               PROF. DR. ANDREAS FRITSCHE
wegsinfektionen – eine erhöhte Typ-2-Diabetesinzidenz. Be-                           Vizepräsident und Schatzmeister
                                                                                     der DDG, Stellvertretender Leiter
sonderer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Patho-                            des Instituts für Diabetesforschung
physiologie und Behandlung von Diabetesformen nach                                   und Metabolische Erkrankungen
COVID-19.                                                                            des Helmholtz Zentrums München
                                                                                     an der Universität Tübingen, Lehrstuhl
                                                                                     für Ernährungsmedizin und Prävention,
Versorgungssituation während der Pandemie                                            Innere Medizin IV, Universitätsklinik
Während des ersten Lockdowns im März 2020 wurden in                                  Tübingen

Deutschland Besuchskontakte in Praxen verringert. Der Anteil
der Menschen mit schlecht eingestelltem Typ-2-Diabetes                               PROF. DR. WOLFGANG RATHMAN, MSPH
(HbA 1c-Wert über 7,0 Prozent) oder einem BMI über 30 kg/m2                          stellvertretender Direktor des Instituts
                                                                                     für Biometrie und Epidemiologie am
unterschied sich jedoch von Juni bis November 2020 nicht von                         Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ),
den Vorjahren 2018 bis 2019. Eine mögliche Erklärung wäre,                           Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung
dass die meisten Menschen mit Diabetes eine langjährige                              an der Heinrich-Heine-Universität
                                                                                     Düsseldorf
Routine im Selbstmanagement der Erkrankung haben. Tele-
medizinische Angebote konnten darüber hinaus bestehende

                                                         95
Defizite in der Diabetesversorgung abfedern.

                Mehr Informationen auf
                www.deutsche-diabetes-
                gesellschaft.de
                                                                              Prozent
                                                         der Menschen mit Diabetes
                                                        haben einen Typ-2-Diabetes.
28   Geschäftsbericht 2021
29

 Versorgung,
 Forschung,
Weiterbildung
      8,5 Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes mellitus.
Es ist seit jeher unser Anspruch, die Versorgungs- und Behandlungsstrukturen
  für diese Menschen zu verbessern, die Diabetesforschung voranzutreiben
  und die Weiterbildung praxisnah auszugestalten. Auch 2021 haben wir das
                         zu unserem Leitmotto gemacht.
30    Geschäftsbericht 2021

           Das
        „DMPplus“
     Steigende Diabeteszahlen, sinkende
      Versorgungskapazitäten – wie das
     DMP Diabetes mithilfe neuer digitaler
      Optionen weiterentwickelt werden
      und zu einer besseren Versorgung
      von Menschen mit Typ-2-Diabetes
               beitragen kann.                                  „Ziel der elektronischen Diabe-
                                                                tesakte (eDA) der DDG ist es,
            VON PROF. DR. MONIKA KELLERER UND                   eine versorgungsnahe digitale
                 DIPL.-MED. INGRID DÄNSCHEL
                                                                Struktur zu schaffen, die helfen
                                                                soll, Versorgung flächendeckend,
Das Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes hat in
den letzten zwei Jahrzehnten zu sehr erfreulichen Verbesse-
                                                                transsektoral und interdiszipli-
rungen in der strukturierten Versorgung von Menschen mit        när zu gestalten. Eine direkte
Diabetes geführt. Jedoch erfordern aktuelle und künftige
Veränderungen in den Erkrankungszahlen und in den Versor-
                                                                Kopplung an eine Registerstruk-
gungskapazitäten dringend Nachjustierungen bzw. Ergän-          tur wird es ermöglichen,
zungen, damit die Erfolgsgeschichte DMP Diabetes weiterge-
schrieben werden kann. Gerade auch im Zusammenhang mit          unter anderem Patientenpfade
der Corona-Pandemie sind das Thema Diabetes Typ 2 und die       zu monitorieren und
damit verbundenen Folgeerkrankungen wie unter einem
Brennglas in den Fokus gerückt. Es werden in den kommenden      Behandlungsstrategien
Jahren nicht nur mehr, sondern im Zuge des demografischen       zu evaluieren.“
Wandels auch immer ältere, multimorbide Patient*innen mit
                                                                PROF. DR. DIRK MÜLLER-WIELAND,
eingeschränkter Mobilität zu versorgen sein. Zugleich muss es   VORSITZENDER DER KOMMISSION
unser Anspruch sein, die Erkrankung nicht nur früher, vor dem   DIGITALISIERUNG DER DDG
Eintreten nephrologischer und kardiovaskulärer Folgeschäden,
Versorgung, Forschung, Weiterbildung   31

                                                                 „Mit Einführung der Disease-
                                                                 Management-Programme
                                                                 (DMP) hat sich die Versorgung
                                                                 von Patient*innen mit Diabetes
                                                                 deutlich verbessert. Etwa 20
                                                                 Jahre nach ihrer Einführung
                                                                 bedürfen die DMP allerdings
                                                                 eines Updates, welches neue
                                                                 Behandlungsansätze und digi-
                                                                 tale Versorgungsangebote
zu diagnostizieren und sie fachübergreifend und strukturiert     berücksichtigt. Das DMPplus
zu behandeln. Dieser wachsenden Zahl von betreuungsin-
tensiven Diabeteserkrankten steht insbesondere in struktur-      Diabetes wird hier einen
schwächeren Regionen künftig ein Schwund an Hausarzt-            wichtigen Beitrag
und Facharztpraxen und Diabetes-qualifizierten klinischen
Einrichtungen gegenüber.                                         leisten.“
                                                                 WEIGELDT, BUNDESVORSITZENDER
Die bestmögliche medizinische Betreuung                          DEUTSCHER HAUSÄRZTEVERBAND E.V.

Ziel des „DMPplus“ ist zum einen der Aufbau einer Matrix, die
den Behandelnden ein Instrument zur Verfügung stellt, das
den Schweregrad der Erkrankung, individuelle Zielwerte und
unter Einbezug der ICF der WHO das Behandlungspotenzial          fondsantrag stellen, nachdem dieses bereits im ersten Ver-
der Patient*innen strukturiert einschätzt. Zum anderen soll      fahrensschritt zur Förderung der Konzeptentwicklung ausge-
daraus eine definierte Schnittstellenbeschreibung für den        wählt wurde. Viele Aspekte aus dem „DMPplus“ finden sich
Übergang der Versorgungsebene mit dem konsequenten Ziel          auch im aktuellen Koalitionsvertrag der Ampelregierung. Dort
ambulant vor stationär unter Einbindung digitaler transsekto-    heißt es unter anderem, dass ein Aufbruch in eine moderne,
raler Versorgungskonzepte ermöglicht werden. So sollen Pa-       sektorenübergreifende Gesundheitspolitik erfolgen und die
tient*innen auch in Zukunft unabhängig von ihrem Wohnort         Digitalisierung vorangetrieben werden soll. Wir hoffen des-
und ihrer Mobilität eine bestmögliche medizinische Betreuung     halb sehr, dass die Entscheidungsträger im Gesundheitswe-
erhalten können. Konkret ist zum Beispiel ein telemedizini-      sen das Potenzial von „DMPplus“ in der Diabetesversorgung
sches Facharztkonsil zum diabetischen Fuß geplant, welches       erkennen und seine Realisierung unterstützen werden.
die Früherkennung verbessern und Amputationsraten verrin-
gern soll. Im Rahmen des „DMPplus“ soll mehr Verbindlichkeit
bei der transsektoralen Versorgung geschaffen werden. Hierzu
bedarf es einer unter allen Beteiligten konsentierten Schnitt-                        PROF. DR. MONIKA KELLERER
stellendefinition, deren Umsetzung dann digital mittels der                           Past Präsidentin der DDG und
                                                                                      Ärztliche Direktorin des Zentrums für
elektronischen Diabetesakte (eDA) als Qualitätsmerkmal er-                            Innere Medizin I im Marienhospital
fasst und analysiert werden kann. Hierzu hat die DDG bereits                          Stuttgart
eine eDA als digitale Diabetes-Plattform, welche vollkommen
interoperabel mit der elektronischen Patientenakte (ePA)
ist, entwickelt. Die eDA ist nicht parallel zur ePA gedacht,
sondern soll vielmehr in diese als „Diabetes-MIO“ integriert                          DIPL.-MED. INGRID DÄNSCHEL
werden.                                                                               Ehrenvorsitzende und Fortbildungs-
                                                                                      beauftragte des Sächsischen Haus-
     Die DDG wird noch in diesem Jahr zusammen mit dem                                ärzteverbandes sowie Schriftführerin
Deutschen Hausärzteverband, dem BVND und weiteren Kon-                                im Bundesvorstand des Deutschen
sortialpartnern für das Projekt „DMPplus“ einen Innovations-                          Hausärzteverbandes e.V.
32   Geschäftsbericht 2021

                  Adipositas – mehr als
                  ein Lebensstilproblem
                        Im Jahr 2021 wurde Adipositas als Erkrankung anerkannt –
                             ein wichtiger Schritt, damit Betroffene zukünftig
                                        adäquate Hilfe bekommen.

                                             VON PROF. DR. MATTHIAS BLÜHER

Adipositas ist als chronische und fortschreitende Erkrankung     Ein Blick in die Zukunft
einer der Hauptrisikofaktoren für die Entstehung des Typ-        Am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB)
2-Diabetes. Weltweit breitete sich Adipositas als „Pandemie in   AdipositasErkrankungen Leipzig bieten wir Menschen mit Adi-
Zeitlupe“ in den vergangenen Jahrzehnten aus und trägt zu        positas seit über zehn Jahren modellhaft eine interdisziplinäre,
verringerter Lebensqualität und Lebenserwartung der Betrof-      leitlinien- und bedarfsgerechte Versorgung an, die von kon-
fenen bei. In Deutschland wurde Adipositas lange Zeit nur als    servativen bis zu chirurgischen Therapiestrategien reicht.
Lebensstilproblem und Risikofaktor für andere Erkrankungen       Allerdings können auch solche integrierten Versorgungs-
angesehen, was dazu geführt hat, dass die Regelversorgung        konzepte eine leitliniengerechte Adipositastherapie nicht voll-
von Menschen mit Adipositas defizitär ist.                       ständig umsetzen, da wichtige Therapiebausteine, wie zum
                                                                 Beispiel eine Erstattung von medikamentösen Therapien zur

              2021
                                                                 Gewichtsreduktion, fehlen.
                                                                       Daneben muss die Aus- und Weiterbildung für „Adiposi-
                                                                 tasspezialist*innen“ vorangebracht werden, um Versorgungs-
                                                                 strukturen für die gesamte Breite der therapeutischen Optio-
                                                                 nen von der Verhaltenstherapie über medikamentöse und
                                                                 chirurgische Ansätze zu schaffen. Die DDG entwickelt dazu
               hat der Deutsche                                  bereits ein Curriculum zur Qualifizierung von Berater*innen
            Bundestag Adipositas als                             für die Adipositastherapie.

            Erkrankung anerkannt.
                                                                                       PROF. MATTHIAS BLÜHER
Erst im vergangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag Adipo-                             Vorstandsmitglied und Mediensprecher
                                                                                       der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e.V.
sitas als Erkrankung anerkannt und damit die formalen Voraus-                          (DAG), Helmholtz-Institut für Metabolismus-,
setzungen für ein strukturiertes Behandlungsprogramm, ein                              Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG),
Disease-Management-Programm (DMP), für Menschen mit                                    Helmholtz Zentrum München an der
                                                                                       Universität Leipzig und dem Universitäts-
Adipositas in Deutschland geschaffen. Das 2021 vom Gemein-                             klinikum Leipzig AöR
samen Bundesausschuss auf den Weg gebrachte DMP Adipo-
sitas hat das Potenzial, die Versorgungssituation von Men-
schen mit Adipositas in Deutschland nachhaltig zu verbessern
und langfristig die Lebensqualität, Krankheitslast und vorzei-
tige Todesfälle zu verringern.
Versorgung, Forschung, Weiterbildung   33

                     Bessere Versorgung
                      in greifbarer Nähe
                      Die Therapie der Adipositas ist langwierig. Um dauerhaft
                       Gewicht zu verlieren, braucht es eine wissenschaftlich
                         fundierte und individuell angepasste Behandlung.

                                          EIN INTERVIEW MIT PROF. DR. JENS ABERLE

Eine Krankheit wie Adipositas lässt         Der Gemeinsame Bundesausschuss           Und wie weit sind wir heute/wie ist
sich häufig nicht allein durch mehr         (G-BA) hat 2021 damit begonnen, ein      der aktuelle Stand?
Bewegung und weniger Essen                  Disease-Management-Programm              Der Prozess steht noch relativ am
bekämpfen, sondern es braucht               (DMP) Adipositas zu entwickeln.          Anfang. Das IQWiG recherchiert und
vielfältige therapeutische Maßnah-          Warum ist das so wichtig? Wie            bewertet zunächst im Auftrag des
men. Wie steht es aktuell um die            würden Patient*innen ganz konkret        G-BA die medizinischen Leitlinien zur
Versorgung der Betroffenen?                  davon profitieren?                       Diagnostik, zur Abgrenzung der
Obwohl Adipositas etwa 16 Millionen         Mit dem geplanten strukturierten         Schweregrade und zu den derzeitigen
Erwachsene und 800.000 Kinder und           Behandlungsprogramm (DMP Adiposi-        Behandlungsempfehlungen der
Jugendliche betrifft, sind die Versor-      tas) rückt eine leitliniengerechte und   Adipositas. Dieser Prozess soll bis
gungsstrukturen in Deutschland              bedarfsorientierte Regelversorgung       August (Erwachsene) beziehungsweise
defizitär. Während die Prävalenz            von Menschen mit Adipositas in           Oktober (Kinder und Jugendliche) 2022
zunimmt, geht die Anzahl der                greifbare Nähe. Das DMP kann             abgeschlossen sein. Bis Juli 2023 muss
spezialisierten Adipositas-Behand-          potenziell die schlechte Versorgungs-    der G-BA dann entscheiden, welche
lungszentren seit Jahren zurück. Die        situation von Menschen mit Adipositas    therapeutischen und unterstützenden
Adipositas-Therapie ist keine Regel-        nachhaltig verbessern. Doch es kommt,    Maßnahmen im DMP verankert
leistung der Krankenkassen, sondern         wie so häufig, auf die Ausgestaltung     werden. So sieht es der Beschluss des
muss in der Regel individuell beantragt     an. Die medizinischen Fachgesellschaf-   Deutschen Bundestags vor.
werden. Das erschwert eine leitlinien-      ten bringen sich daher von Beginn an
gerechte Behandlung, die – neben            aktiv in den Prozess ein.                Vielen Dank für das Gespräch!
einem multimodalen Konzept aus
Ernährung, Bewegung, Verhaltens-
therapie – auch medikamentöse                                                        PROF. DR. JENS ABERLE
und chirurgische Optionen umfassen                                                   Präsident der Deutschen Adipositas-
                                                                                     Gesellschaft e.V. (DAG), Ambulanzzentrum
kann.                                                                                des UKE GmbH, Fachbereich Endokrinologie,
                                                                                     Diabetologie, Adipositas und Lipide

                   Ca.        16
                    Erwachsene in Deutschland
                                                 Mio.
                   sind von Adipositas betroffen.
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