Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Klimaschutz strategisch planen, auf
Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung
setzen
Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Vorstudie von Ulrike Zeigermann und Michael Böcher

Inhalt
     Abbildungsverzeichnis                                                         S. 1

  1. Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung      S. 2
     setzen
         a. Erfolgsfaktoren für Klimaschutz und Regionalentwicklung
         b. Erfolgsfaktoren für regionale Akteure
         c. Lernen von Modellregionen

  2. Erfolgsfaktoren für Klimaschutz und Regionalentwicklung anhand ausgewählter   S. 5
     Modellregionen
         a. AktivRegion Nordfriesland Nord - Klimaschutz und                       S. 8
             Regionalentwicklung mit einer gemeinsamen Vision voranbringen
         b. Kreis Steinfurt – Energieland2050 - Starke Kooperationen mit           S. 10
             Schlüsselpartnern aufbauen und frühe Erfolge nutzen
         c. Allgäuer Moorallianz - Schlüsselaktivitäten für Klimaschutz und        S. 11
             Regionalentwicklung erfolgreich steuern
         d. Südlicher Steigerwald - „Win-win“-Situationen schaffen und durch       S. 14
             erfolgreiche Nutzerbeziehung starke Beteiligung verankern
         e. Zukunftsregion Altmark - Durch Transparenz, Offenheit und Austausch    S. 17
             Erfolge nachhaltig sichern

  3. Checkliste: Erfolgsfaktoren                                                   S. 20

  4. Literaturverzeichnis                                                          S. 23
Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 : Einsatz der ELER-Fördermittel und nationalen Kofinanzierungsmittel 2014 – 2020 ..... 4
Abbildung 2 : Übersicht der AktivRegion Nordfriesland-Nord .............................................................. 5
Abbildung 3 : Der Erarbeitungsprozess einer gemeinsamen Entwicklungsstrategie in
                  Nordfriesland Nord ........................................................................................................... 6
Abbildung 4 : Vortrag Aktiv Region Nordfriesland Nord ....................................................................... 7
Abbildung 5 : Der « energieland 2050 e.V. » ......................................................................................... 8
Abbildung 6 : Netzwerke des « energieland 2050 e.V. »....................................................................... 9
Abbildung 7 : Intaktes Hochmoor im Blauseemoos ............................................................................ 11
Abbildung 8 : Kerngebiete der Allgäuer Moorallianz. ......................................................................... 12
Abbildung 9 : Gebauter Torfdamm zur Schließung ursprünglicher Entwässerungsgräben. ............... 13
Abbildung 10 : Torfstichkante (Oberirdische Abbaugrenze von Torf) im Stöttener Moos ................... 13
Abbildung 11 : Informationsbroschüre zum Talauenprojekt ................................................................ 14
Abbildung 12 : Talauenprojekt im Südlichen Steigerwald .................................................................... 15
Abbildung 13 : Wasserrückhalt durch den Biber beim Talauenprojekt im Südlichen Steigerwald....... 15
Abbildung 14 : Das Regionaljournal « einSteiger » ............................................................................... 16
Abbildung 15 : Energieatlas der Region Altmark in Sachsen-Anhalt ..................................................... 17
Abbildung 16 : Kooperation der Region mit Forschungseinrichtungen ................................................ 18
Abbildung 17 : Netzdiagramm mit Erfolgsfaktoren............................................................................... 21

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Klimaschutz strategisch planen, auf
Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfung
setzen
Diese Vorstudie hat zum Ziel, anhand einer Untersuchung von fünf Modellregionen, in denen
Klimamaßnahmen bereits erfolgreich mit Ansätzen zur Regionalentwicklung verknüpft wurden,
Erfolgsfaktoren zu entwickeln. Diese Erfolgsfaktoren sollen interessierten Akteuren, welche sich
insbesondere im ländlichen Raum für Klimaschutz einsetzen, bei der Umsetzung von Projekten als
Hilfestellung dienen. Sie sind dabei nicht als detaillierte und erschöpfende Erfolgsgarantie zu
verstehen, sondern als Hinweis auf erprobte Ansätze aus denen gelernt werden kann.

Erfolgsfaktoren im politikwissenschaftlichen Sinne sind Wirkungsmechanismen politischer Prozesse,
die zu den Ergebnissen im konkreten Fall beigetragen haben (Böcher/Krott 2007: 181). Diese
Erfolgsfaktoren können dann von politischen Akteuren zur Erfolgssteigerung ihres Handelns in
politischen Prozessen herangezogen werden, um Praxisprobleme besser bearbeiten und lösen zu
können (Böcher/Krott 2007: 181). (Böcher/Schubert 2014:8)

Diese Vorstudie schließt damit an die politik- und sozialwissenschaftlichen Debatten zu regionalen
Veränderungsprozessen sowie den relevanten Erfolgsfaktoren an. Grundannahme ist, dass der Weg
zur Erreichung regionaler Klimaschutzziele einen regionalen Veränderungsprozess („Transformation“)
darstellt, der nicht selbstverständlich ist.

    a. Erfolgsfaktoren für Klimaschutz und Regionalentwicklung
In der politikwissenschaftlichen Forschung zu Erfolgsfaktoren von Regional Governance (z.B. in der
Klimaanpassung oder ländlichen Entwicklung) werden theoretisch anschlussfähige, allgemeine
Faktoren beschrieben, deren Kenntnis und aktive Nutzung regionalen Klimaschutzprozessen zum
Erfolg verhelfen können. Ausgangspunkt stellen Forschungsprojekte zu Erfolgsfaktoren regionaler
Veränderungsprozesse dar (u.a. Böcher 2014). Gerade bei solchen Prozessen, die auf Regional-
Governance-Prinzipien wie Freiwilligkeit, intersektoraler Kooperation, Mehrebenengovernance und
breite Einbindung gesellschaftlicher Akteure neben Politik und Verwaltung beruhen (Böcher/ Tränkner
2008: 109), wurden schon lange Faktoren diskutiert, die kooperative Regionalentwicklungsprozesse
befördern (u. a. Sauerborn 1996; Fürst/ Schubert 1998; Benz/Fürst/Kilper/Rehfeld 1999; Knieling/
Fürst/ Danielzyk 1999; 2001; Bergmann 2000; Diller 2002; Benz/ Fürst 2003; Lindloff 2003; Hilligardt
2003; Pollermann 2006; Scherer 2006; Ortner 2008; Schwerdtner 2008; Böcher 2009; Fürst 2010;
Giessen 2010; Benz/ Böcher 2012; Böcher 2018).

Wichtig ist, dass die Erfolgsfaktoren vor allem die Prozessdimension regionaler Veränderungsprozesse
im Zusammenspiel mit hierarchischen Anreizen in den Blick nehmen. Die Erfolgsfaktoren beziehen sich
auf den Weg, den regionale Akteure beschreiten, um regionale Ziele zu erreichen. Die Erfolgsfaktoren
leisten einen Beitrag, dass politische Akteure ihre Ziele im politischen Prozess besser erreichen, wozu

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
das Erkennen und Nutzen bestimmter immer wieder relevanter Faktoren politischer Prozesse (z.B. das
Erkennen von Gelegenheitsfenstern, sog. Policy-Windows, Nutzung von Win-win-Situationen oder die
Gewinnung mächtiger politischer Bündnispartner) hilfreich ist (Böcher/ Krott 2008: 179).

   b. Erfolgsfaktoren für regionale Akteure
Ein weiterer wichtiger theoretischer Bezugspunkt stellt die Regional-Governance-Forschung dar, die
regionalpolitische Prozesse, in denen private und staatliche Akteure auf der Ebene einer Region im
Sinne einer Gebietseinheit, die kleiner als ein Bundesland, aber größer als einzelne Gemeinden ist,
gemeinsam an Lösungen geteilter Probleme oder kooperativer Regionalentwicklung arbeiten (Fürst et
al. 2005; Huber at al. 2006; Fürst 2010; Böcher 2016, 2018). Auch hier wird betont, dass neben der
dezentralen eigenverantwortlichen Entwicklung der Region durch ihre Akteure selbst auch
hierarchische Anreize übergeordneter staatlicher Stellen notwendig sind, um solche Prozesse
anzustoßen (Benz 2004; 2007; Böcher 2008).

Bei regionalen Veränderungsprozessen, die bestimmte politisch-inhaltliche Ziele wie den Klimaschutz
verfolgen, handelt es sich um politische Prozesse (Böcher/ Tränkner 2008: 109). Das heißt, die Ziele
werden nicht automatisch erreicht, sondern unter beteiligten Akteuren auf verschiedenen politischen
Ebenen politisch verhandelt und gesteuert („multi-level governance“), die mitunter unterschiedliche
Interessen und Machtpotenziale haben (Böcher/ Nordbeck 2014). Zugleich wissen wir aus dem
wissenschaftlichen Wissenstransfer, dass die Verfügbarkeit klimawissenschaftlicher Erkenntnisse
allein keine ausreichende Basis darstellt, um gesellschaftliche Akteure zum Handeln zu bewegen
(Böcher/ Krott 2016). Vielmehr müssen wissenschaftliche Erkenntnisse immer in sogenannten
Prozessen der Integration auf die Interessen und Anforderungen der gesellschaftlich relevanten
Akteure ausgerichtet werden.

Theoretische Erkenntnisse der Politikwissenschaft können Hinweise geben, welche Faktoren ihre
Erfolgswahrscheinlichkeit steigern (Böcher/ Tränkner 2008: 109-110). Die Erfolgsfaktoren beziehen
sich insbesondere auf Prozesse, das heißt das Handeln der beteiligten Akteure und die Möglichkeit,
dass zielführende Kooperationen entstehen. Sie nehmen jedoch auch in den Blick, dass das Handeln
der Akteure „vor Ort“ immer in einem politischen und institutionellen Rahmen stattfindet, d.h. es
existieren Rahmenbedingungen wie z.B. politische Zielvorgaben und Förderprogramme wie die NKI als
Anreize übergeordneter politischer Ebenen (Böcher/ Tränkner 2008: 109-110) gibt. Das Handeln
politischer Akteure ist eben auch durch die institutionellen Rahmenbedingungen beeinflusst (Böcher/
Nordbeck 2014).

   c. Lernen von Modellregionen
Regionen bieten eine geeignete Ebene für das Zusammenwirken von Akteuren, durch die eine
Verbindung von regionaler Wertschöpfung, Identität und Kultur erreicht und Synergien zwischen
verschiedenen Interessen hergestellt werden können. Sie besitzen somit einerseits großes Potenzial,
sind jedoch gleichzeitig sehr divers, teilweise strukturschwach und von Herausforderungen, wie dem
demographischen Wandel oder dem Klimawandel, in unterschiedlichem Maße betroffen.

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Regionen bezeichnen hier nicht nur politische bzw. administrative Einheiten unterhalb der
Länderebene (wie Landkreise, Regierungsbezirke und Metropolregionen), sondern auch (kulturelle)
Einheiten wie „das Münsterland“. In diesem Sinne können z.B. auch mehrere Landkreise zusammen
eine Klimaschutz- Dachmarke für eine Region entwickeln.

Insbesondere im ländlichen Raum gibt es die größten Herausforderungen durch den Klimawandel, aber
auch die meisten Möglichkeiten für Klimaschutz und Klimaanpassung, von denen sich gleichzeitig
positive Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region versprochen wird. Die Europäische
Union fördert deshalb Projekte zur integrierten ländlichen Entwicklung im Rahmen des „Europäischen
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)“, u.a. durch den LEADER-
Ansatz, bei dem Lokale Aktionsgruppen (LAGs) den Prozess bestimmen und zum Motor der regionalen
Entwicklung werden. LEADER steht für "Liaison Entre Actions de Développement de l'Économie Rurale"
(Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft). Die folgende Tabelle zeigt
den Einsatz der ELER-Fördermittel und nationalen Kofinanzierungsmittel 2014 - 2020 nach
Förderbereichen der Länderprogramme.

      Abbildung 1 : Einsatz der ELER-Fördermittel und nationalen Kofinanzierungsmittel 2014 – 2020
      nach Förderbereichen der Länderprogramme in Prozent (Gesamtmittel von rund. 14,1 Mrd. Euro)
      Quelle: BMEL (Stand Mai 2015).

In der Tabelle wird deutlich, dass „Umwelt/Klima/Forst“ einen zentralen Förderbereich darstellt. Eine
Vernetzung der beteiligten Akteure aus den verschiedenen Regionen und Bundesländern zum
Erfahrungsaustausch wird durch die Deutsche Vernetzungsstelle Ländliche Räume (dvs) gefördert.
Darüber hinaus fördert das Bundesprogramm chance.natur bereits seit 1979 Naturschutzmaßnahmen.
Es gibt daher bereits zahlreiche Projekte, in denen Erfolge in den Bereichen Natur- und Klimaschutz
sowie Klimaanpassung erzielt wurden und aus deren Erfahrungen andere Projekte wiederum lernen
können. Die in dieser Vorstudie ausgewählten Modellregionen wurden in Absprache mit Expert*innen
auf dem Gebiet ländlicher Entwicklung und Klimaschutz, adelphi research und der dvs ermittelt. Sie
dienen exemplarisch der Illustration einzelner Erfolgsfaktoren, obwohl in den meisten Modellregionen
tatsächlich alle Faktoren erfüllt sind, diese sich gegenseitig positiv verstärken und dadurch zum Erfolg
beitragen.

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
AktivRegiön Nördfriesland Nörd
   a. Klimaschutz und Regionalentwicklung mit einer
      gemeinsamen Vision voranbringen

Um in Regionen, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, auf aktuelle Probleme zu reagieren,
braucht es vor allem eine gemeinsame Vision für Klimaanpassung und Regionalentwicklung.
Klimaschutzmaßnahmen können jedoch insbesondere in strukturschwachen ländlichen Regionen ein
großes Potenzial bedeuten, um untrennbar miteinander verbundene ökologische, wirtschaftliche und
soziale Probleme in einem integrierten Ansatz zu lösen.

Ein gewisser Problemdruck ist notwendig, um Veränderungsprozesse in der Region anzustoßen.
Dadurch entsteht nicht nur die Bereitschaft und gesellschaftliche Akzeptanz zur Lösung der
Problemlage durch diverse Projekte und Maßnahmen, sondern es können sich auch sogenannte
Politikfenster („Policy Windows“) ergeben, durch die längerfristige politische Lösungen durchgesetzt
werden können (Kingdon 1984).

Die AktivRegion Nordfriesland Nord an der
Nordseeküste (Schleswig-Holstein) umfasst eine
Fläche von rund 900 km² mit etwa 60.000
Einwohnern. Durch die küstennahe Lage und den
damit verbundenen Kampf um Land und die
starke Betroffenheit vom demographischen
Wandel ist in der wirtschaftlich schwachen und
ländlich geprägten Region der Problemdruck
(Böcher/Schubert 2014: 13) sowohl objektiv als
auch subjektiv nach eigenem Empfinden deutlich
spürbar. Gleichzeitig besteht hohes Potential im
Bereich Klimaschutz als Pionierregion der
Windkraftnutzung mit den ersten Windparks zu
Beginn der 1990er Jahre, Möglichkeiten für den
Ausbau von Solarenergie und die energetische
Nutzung von Biomasse durch die ländliche
Struktur und hohe Affinität der Bevölkerung zu         Abbildung 2 : Übersicht der AktivRegion Nordfriesland-Nord
erneuerbaren Energien.                                 Verwaltungskarte Schleswig-Holstein 1 : 250.000.
                                                       Quelle : AktivRegion Nordfriesland Nord 2020a.
Ausgehend von dieser allgemeinen Bestandsaufnahme der regionalen Gegebenheiten haben
kommunale Vertreter gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft, aus der Zivilgesellschaft (120 NGOs)
sowie mit interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern aus der Region 2014 in einem
umfassenden Beteiligungsprozess die Stärken und Schwächen der Region analysiert und daraus

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Schwerpunktthemen und Schlüsselaktivitäten für die aktuelle LEADER-Förderperiode 2014-2020
abgeleitet.

                                                      Bereits im Erarbeitungsprozess der Integrierten
                                                      Entwicklungsstrategie         der      AktivRegion
                                                      Nordfriesland Nord wurde darauf geachtet, eine
                                                      breite Öffentlichkeit in die Debatte einzubeziehen
                                                      und u.a. durch Pressemitteilungen Informationen
                                                      bereit zu stellen, Prozesse auf der Website
                                                      transparent     zu     machen      und     weitere
                                                      Diskussionsformate für interessierte Personen
                                                      durch ein Onlineforum anzubieten. In der Analyse
                                                      von Entwicklungsbedarf und Potentialen wurden
                                                      u.a. Bevölkerungsentwicklung, Raum- und
                                                      Siedlungsstruktur, Daseinsvorsorge, Wirtschaft
                                                      und Arbeitsmarkt, Natur und Umwelt, Bildungs-
                                                      situation, kulturelle und soziale Strukturen und
                                                      übergeordnete Entwicklungsplanungen erfasst.

                                                        In der Entwicklungsstrategie 2015-2020 der
                                                        AktivRegion Nordfriesland Nord wurden
Abbildung 3 : Der Erarbeitungsprozess einer gemeinsamen
Entwicklungsstrategie in Nordfriesland Nord             basierend auf der Ausgangslage verschiedene
Quelle: AktivRegion Nordfriesland Nord 2020b (S.54).    Schwerpunktthemen entwickelt, die sich in
 Schlüsselaktivitäten zu (1) Klimawandel und Energie, (2) Nachhaltige Daseinsvorsorge und (3)
 Wachstum und Innovation unterteilen lassen und gemeinsam zu nachhaltiger Regionalentwicklung
 beitragen sollen.

Damit die Veränderungsprozesse demokratisch legitimiert sind und eine gemeinsame Vision für
Klimaschutz entsteht, welche einen verbindlichen Handlungsrahmen für diverse Schlüsselpartner
bildet und zu Beteiligung verschiedener Nutzergruppen motiviert, ist bei der Erarbeitung von
Klimastrategien und -maßnahmen die Einbeziehung aller relevanten Akteure wichtig. Die Region
entwirft auf der Grundlage ihrer spezifischen Ausgangsbedingungen (Stärken- und Schwächenanalyse)
eine Lösungsstrategie, in welcher der erwartete Nutzen und die damit verbundenen
Werteversprechen in einem Leitbild mit überprüfbaren (quantitativ oder qualitativ angelegten) Zielen
und Zwischenzielen definiert werden. Konkrete Ziele und fachliche Schwerpunkte für
Schlüsselaktivitäten, welche gemeinsam einen Beitrag zur Erreichung des Leitbildes von Klimaschutz
und Regionalentwicklung leisten sollen, sind notwendig, um die Erreichung der Ziele fortlaufend zu
evaluieren und (frühe) Erfolge sichtbar zu machen.

Es wird deshalb auch von Anfang an definiert, wie die Organisations- und Beteiligungsstruktur für
diverse Schlüsselpartner und Nutzergruppen aussehen soll (Nutzerbeziehungen und
Kommunikationskanäle), welche Schlüsselressourcen zur Verfügung stehen und welche
Kostenstruktur sich daraus ergibt, und wie das Evaluierungskonzept gestaltet sein soll. Um die Wirkung
von regionalen Maßnahmen für den Klimaschutz hervorzuheben, ist es außerdem essentiell, ein CO2-
Einsparmodell zu entwickeln.

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
In der Entwicklungsstrategie 2015-2020 der AktivRegion Nordfriesland Nord wurden basierend auf der
Ausgangslage verschiedene Schwerpunktthemen entwickelt, die sich in Schlüsselaktivitäten zu (1)
Klimawandel und Energie, (2) Nachhaltige Daseinsvorsorge und (3) Wachstum und Innovation
unterteilen lassen und gemeinsam zu nachhaltiger Regionalentwicklung beitragen sollen.

Als „Energie-Modellregion des Landes Schleswig-Holstein“ und „Bioenergie-Region“ besteht großes
Potenzial und umfangreiches Wissen über erneuerbare Energien und Biogas. Maßnahmen zur
nachhaltigen Nutzung erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz in Nordfriesland
Nord werden daher sowohl unter dem Aspekt des Klimaschutzes aufgegriffen, als auch unter dem
Aspekt des regionalen Arbeitsmarktes. Ein Kernthema ist deshalb: „Intelligente Energieverwendung
und -produktion ausbauen, darstellen und kommunizieren“ (LAG Entwicklungsstrategie 2014-2020).
Dahinter verbergen sich zahlreiche Projekte, die gleichzeitig zu Klimaschutz, Mobilität, erneuerbare
Energien und Regionalentwicklung fördern, wie beispielsweise:
•    Voruntersuchung Klimaschutz
•    E-Carsharing Klixbüll & E- Mobilität Sprakebüll
•    Jugend gestaltet nachhaltige Zukunft
•    eE Dörpsmäher Klixbüll
•    Mobilitätskonzept Nordseeakademie Leck
•    Wind- und Wärmemodellregion Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog & Schnelllader Niebüll
•    E-Kühlfahrzeug und Ladestation für die Tafel in Husum
•    Ladesäulennetz AktivRegion Nordfriesland Nord
•    Klimaschutz Kirchenkreis Nordfriesland.

                                                                                  Quelle : Regionalmanagement AktivRegion Nordfriesland Nord/ Rietz
                                                                                  Abbildung 4 : Vortrag Aktiv Region Nordfriesland Nord

Zum Weiterlesen:
https://www.aktivregion-nf-nord.de/aktivregion/aktivregion-nordfriesland-nord/

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Klimaschutz strategisch planen, auf Wirtschaftlichkeit und Wertschö pfung setzen - Erfolgsfaktoren für Regionalentwicklung und Klimaschutz
Kreis Steinfurt – Energieland 2050
    b. Starke Kooperationen mit Schlüsselpartnern aufbauen und
       frühe Erfolge nutzen

Regionale Veränderungsprozesse für Klimaschutz und Regionalentwicklung sind dann erfolgreich,
wenn ihnen die Kooperation mit einflussreichen und durchsetzungsfähigen Schlüsselpartnern aus
verschiedenen Sektoren – z.B. aus der Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Wirtschaft – gelingt,
welche über finanzielle, personelle, informationelle oder (macht-)politische Ressourcen verfügen, die
dem gesamten Prozess zugutekommen (Böcher/Tränkner 2008: 115). Diese starken Partnerschaften
können dazu verhelfen, weitere Unterstützer zu gewinnen und Nutzergruppen zu erschließen, wichtige
Türen zu öffnen und frühe Erfolge sichtbar zu machen (Böcher/Schubert 2014: 15-18) und
Klimaschutzmaßnahmen insgesamt auf ein stärkeres gesellschaftliches Fundament zu stellen.

Durch das strategische Nutzen bereits erzielter Erfolge, kann die gesellschaftliche Akzeptanz von
regionalen Veränderungsprozessen weiterhin gesteigert werden (Böcher/Tränkner 2008: 114), bereits
beteiligte Schlüsselpartner und Nutzergruppen motiviert sowie neue Partnerschaften aufgebaut
werden. Beispielsweise können so skeptische Akteure von Wirksamkeit neuartiger
Klimaschutzmaßnahmen und deren Nutzen für Regionalentwicklung überzeugt werden. „Erfolge
fördern Kooperation“ (Böcher/Schubert 2014: 16).

Klimaschutz und Klimaanpassung
sind zentrale Herausforderungen
im Kreis Steinfurt in Nordrhein-
Westfalen. Die Region engagiert
sich seit Jahren auf diesem
Gebiet und verfolgt seit 2012
auch das Ziel des Masterplans
100% Klimaschutz, die CO2-
Emissionen bis 2050 um
mindestens 95% zu reduzieren.
Der Energieverbrauch soll zudem
zu 100% aus erneuerbaren
Energien gedeckt werden.
                                   Abbildung 5 : Der « energieland 2050 e.V. »
                                   Quelle: Jahresbericht 2018 « energieland 2050 e.V. » (S.7)

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Der gemeinnützige Verein energieland2050 e. V. wurde im April 2017 gegründet und ist im Amt für
Klimaschutz und Nachhaltigkeit des Kreises Steinfurt angesiedelt. Als Zusammenschluss von über 100
Schlüsselakteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und den 24 kreisangehörigen
Städten und Gemeinden unterstützt er den Kreis Steinfurt bei dem Vorhaben bis 2050 energieautark
zu sein. Die Mitglieder wirken als Promotoren, welche in der Region akzeptiert und angesehen sind
(Reputation/ Charisma/ Legitimation), bei Bedarf sogar persönliche Kosten auf sich nehmen, um
Projekte zu verwirklichen und für die Klimaschutzziele im energieland2050 öffentlich einstehen.

Es geht es darum, durch starke Partnerschaften innovative Konzepte für erneuerbare Energien,
energetische Effizienz und Energieeinsparung unter besonderer Berücksichtigung der regionalen
Wertschöpfung sowie durch intelligente Steuerung nach und nach in der gesamten Region Klimaschutz
durch den Ausbau und die Vernetzung erneuerbarer Energien vorantreiben.

                                                                   Damit       die     dezentral  ausgerichtete
                                                                   Energiewende als Chance für die regionale
                                                                   (Energie-) Wirtschaftsentwicklung etabliert
                                                                   werden kann, wird dabei strategisch und
                                                                   sukzessive      vorgegangen,   um     starke
                                                                   Kooperationen mit Schlüsselpartnern und
                                                                   Promotoren aufzubauen und aufrecht zu
                                                                   erhalten. In den vergangenen Jahren wurden
                                                                   deshalb Strukturen und Netzwerke aufgebaut,
                                                                   welche kontinuierlich gewachsen sind und
                                                                   verstetigt wurden und zu denen Ende 2018
                                                                   über 1000 Privatpersonen, Unternehmen und
                                                                   Institutionen zählten und welche wiederum
                                                                   neue Partnerschaften schaffen. Die beiden
                                                                   LEADER-Vereine        Steinfurter   Land    und
                                                                   Tecklenburger    Land        unterstützen   die
                                                                   Energiewende     im      energieland2050    mit
Abbildung 6 : Netzwerke des « energieland 2050 e.V. »              zahlreichen lokalen Projekten. Unter anderem
Quelle : Jahresbericht 2018 « energieland 2050 e.V. » (S.71)
                                                                   wurde in Zusammenarbeit mit dem Amt für
Klimaschutz und Nachhaltigkeit des Kreises die Servicestelle Wind und die Servicestelle Sonne realisiert.

Die erzielten Fortschritte der Region in Klimaschutz und Regionalentwicklung durch erneuerbare
Energien werden deshalb auch als Verdienst der vielen beteiligten Akteure Angesehen: der Kommunen
und ihren Stadtwerken, der Unternehmen, Kirchen und verschiedener weiterer Institutionen, der
Hochschulen, der Vereine, Verbände und der Bürgerinnen und Bürger. Sie können frühe Erfolge als
wichtige Multiplikatoren verbreiten, da energie-land2050 e.V. durch zahlreiche Pressemitteilungen,
Publikationen, Broschüren, Newsletter, öffentliche Veranstaltungen, Internetseiten und soziale
Netzwerke (u.a. Facebook & Instagram) und Beteiligungsportale (energieland2050-dialog.de) und
engen Kontakt zu seinen Netzwerken und dessen Mitglieder aktuelle Informationen schnell und
zielgruppenorientiert öffentlich macht (Vgl. Jahresbericht 2018).

Zum Weiterlesen: www.kreis-steinfurt.de und www.energieland2050.de

                                                               9
Die Erfolgswahrscheinlichkeit von komplexen Veränderungsprozessen mit einer Vielzahl an
eingebundenen Akteuren für Klimaschutz und Regionalentwicklung steigt, wenn die langfristige Vision
und der daran ausgerichtete Gesamtprozess in Etappenziele und Meilensteine gegliedert wird, um so
regelmäßig Ansatzpunkte zur Überprüfung der Zielerreichung zu haben. Eine solche Planungsstruktur
ist notwendig, um frühe Erfolge sichtbar zu machen und für die Außendarstellung zu nutzen. Erfolge
durch das Erreichen von Teilzielen sollten somit ganz gezielt geplant und vermarktet werden.
Schlüsselpartner können durch dieses zielgerichtete Vorgehen motiviert werden und in die
Verstetigung starker Kooperationen einbezogen werden, ohne eine Überforderung angelegter
Strukturen durch zu schnelles und unkoordiniertes Wachstum zu riskieren. Außerdem können
mögliche Fehlentwicklungen besser erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet
werden. So kann sichergestellt werden, dass Projekte überschaubar und anschlussfähig bleiben.

                                                10
Allgauer Möörallianz
     c. Schlüsselaktivitäten für Klimaschutz und
        Regionalentwicklung erfolgreich steuern
Schlüsselaktivitäten für Klimaschutz und Regionalentwicklung sind dann erfolgreich, wenn es gelingt,
die zahlreichen einzubeziehenden Stakeholder und die Komplexität der zu bewältigenden sozialen,
ökologischen und ökonomischen Herausforderungen durch eine kompetente Steuerung zu managen.
Kompetente Steuerung bildet somit den organisatorischen Kern von Klimaschutz und
Regionalentwicklungsprozessen. Sie beinhaltet zwei zentrale Aspekte: Zum einen die strategische
Initiierung von Schlüsselaktivitäten und Identifizierung der damit verbundenen Potenziale für
Regionalentwicklung. Zum anderen die Organisation und Umsetzung von Prozessen, die zur
zielgerichteten Durchführung der Aktivitäten notwendig sind (u.a. durch Vernetzung, Lernfähigkeit,
Kommunikations- und Vermittlungsfähigkeit) (Böcher/Schubert 2014: 21-22).

                                                              Die Landkreise Oberallgäu und Ostallgäu haben
                                                              sich nach einer anfangs breit angelegten
                                                              Diskussion mit zahlreichen weiteren regionalen
                                                              Akteuren        über       Fördermöglichkeiten
                                                              zusammengeschlossen, um sich mit vereinten
                                                              Kräften für den Moorschutz einzusetzen. Der
                                                              Schutz   der   Moore     hat   im   Kontext    des
                                                              Klimawandels   und     Hochwasserschutzes     eine
                                                              große Bedeutung. Torfböden, welche in intakten
                                                              Mooren    zu    finden    sind,     haben     hohe
Abbildung 7 : Intaktes Hochmoor im Blauseemoos                Speicherkapazitäten für das klimawirksame Gas
Quelle: Allgäuer Moorallianz 2020a/ Herbert Stadelmann
                                                              Kohlenstoffdioxid sowie für Wasser. Zudem
kommen in den Allgäuer Mooren eine Vielzahl hochgradig gefährdeter Tier- und Pflanzenarten vor,
welche durch gezielte Renaturierungs- und Schutzmaßnahmen in ihren natürlichen Habitaten erhalten
werden können. Auch die Zusammenarbeit mit Landwirten kann zum Schutz der Moore beitragen. So
können beispielsweise verbrachte Nass- und Streuwiesen nach Erstpflege an Landwirte vermittelt und
extensiv bewirtschaftet werden.

                                                         11
Die       Region      mit       den
unterschiedlichen Kerngebieten der
Allgäuer Moorallianz ist auf der
Karte (Abb.8) abgebildet. Sie macht
die vielfältigen Einsatzgebiete
deutlich, welche ein kompetentes,
flexibles     und     strategisches
Management erfordern.

                                      Abbildung 8 : Kerngebiete der Allgäuer Moorallianz.
                                      Quelle : Allgäuer Moorallianz 2020b

Die Kenntnis politischer Prozesse und Nutzung dieses Wissens, sowie eine kontinuierliche und
sorgfältige Analyse der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sind besonders wichtig, denn regionale
Veränderungsprozesse sind in ein geopolitisches Umfeld eingebettet (Böcher/Schubert 2014: 22). So
kann das Wissen über Verwaltungsabläufe und politische Verfahren beispielsweise gezielt genutzt
werden, um externe Ereignisse, wie neue Förderprogramme, frühzeitig in die eigene Planung
einzubeziehen. Hierbei hilft der regelmäßige Austausch mit einflussreichen Entscheidungsträgern in
der Region. Aktive Umfeldanalyse bildet somit die Voraussetzung für eine strategische und erfolgreiche
Steuerung von Klimaschutz und Regionalentwicklung.

Kurzfristige und langfristige Ressourcen sind entscheidend dafür, in welchem Umfang sowohl
Umfeldanalyse als auch die Organisation und Umsetzung von Schlüsselaktivitäten realisiert werden
können. Da die Bewertung von Klimaschutzprojekten immer hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den
Klimawandel erfolgt, ist zudem die Kooperation mit der Wissenschaft, welche hochwertige und
relevante Forschung durchführen, Prognosen erstellen und wissenschaftlich begründete Optionen für
Klimaschutzlösungen erarbeiten kann, zunehmend wichtig für erfolgreiches Projektmanagement.

                                                     12
Auf Ihrer Website bietet die Allgäuer Moorallianz Informationen für diverse betroffene Zielgruppen,
wie Naturinteressierte, Landwirte & Grundeigentümer, Presse & Medien sowie Menschen, die sich für
Familien- und Freizeitaktivitäten in der Region interessieren. Zudem kommen die Partner der
Moorallianz aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft mit Bildern und Zitaten zu Wort,
welche Ihre Prioritäten und Unterstützung für das Vorhaben schildern. Dadurch wird die Vielseitigkeit
und Bedeutung der Allgäuer Moorallianz unterstrichen und gestärkt.

Abbildung 9 : Gebauter Torfdamm zur Schließung ursprünglicher
                                                                Abbildung 10 : Torfstichkante (Oberirdische Abbaugrenze von Torf) im
Entwässerungsgräben.
                                                                Stöttener Moos
Diese Praxis dient der Wiedervernässung degradierter Moore.
                                                                mit aus der Torfabbau Periode stammenden Holzkonstruktionen zur
Quelle : Allgäuer Moorallianz 2020c
                                                                Lagerung und Trocknung des gewonnenen Torfs.
                                                                Quelle : Allgäuer Moorallianz 2020d / Herbert Stadelmann

Für die effektive Umsetzung des Moorschutzes im Rahmen des chance.natur Naturschutzprojektes
wurde der Zweckverband "Allgäuer Moorallianz" gegründet mit Sitz beim Landratsamt Ostallgäu. Die
Allgäuer Moorallianz kann somit auf notwendige institutionelle, finanzielle und personelle Strukturen
zurückgreifen und bedient sich der Öffentlichkeitsarbeit, einem breiten Service- und Bildungsangebot,
direkter Kontaktpflege, Austausch und Informationstransfer mit europäischen Partnern, u.a. im
Rahmen von Climate-ADAPT, einer Plattform der Europäischen Kommission und der Europäischen
Umweltagentur zum Thema Anpassung an den Klimawandel, um Klimaschutz und Regionalentwicklung
voran zu treiben.

Zum Weiterlesen:
https://www.moorallianz.de/index.php?id=44 und https://www.moorwelten-allgaeu.de/

                                                                13
Sudlicher Steigerwald
    d. „Win-Win“-Situationen schaffen und durch erfolgreiche
       Nutzerbeziehungen starke Beteiligung verankern
Für Klimaschutz und integrierte Regionalentwicklung in ländlichen Räumen ist es zentral, Win-Win
Situationen zu identifizieren und Nutzerbeziehungen durch gezielte Öffentlichkeits- und Umfeldarbeit
zu stärken (Böcher/Schubert 2014: 14-17).

Sektorübergreifende Kooperationen können zu Synergien zwischen Klimaschutz und
Regionalentwicklung betragen. Das gelingt jedoch nur, wenn die einzelnen Projekte so angelegt sind,
dass unterschiedliche Schlüsselpartner einen Nutzen aus der Zusammenarbeit ziehen. Um diverse
Akteure aus unterschiedlichen Sektoren dazu zu bringen, sich für Klimaschutz und Regionalentwicklung
zu engagieren, ist deshalb die Aussicht auf individuelle Gewinne maßgeblich. Beispielsweise können
landwirtschaftliche Betriebe durch ihre Beteiligung an Klimaschutzprojekten Subventionen beziehen,
Naturschützer*innen die Artenvielfalt in einer Region erhalten oder gar erhöhen, die Gastronomie
ihren Umsatz durch mehr Besucher*innen steigern und lokale Händler neue Märkte erschließen – z.B.
durch Angebote für Leihfahrräder, um neu angelegte Radwege zu nutzen.

Im Südlichen Steigerwald in Bayern führten die starken
Hochwässer 1993 und 1995 dazu, dass sich diverse Akteure aus
mehreren Kommunen, dem Amt für Ländliche Entwicklung
Ansbach,     dem     Wasserwirtschaftsamt     Ansbach,     dem
Landschaftspflegeverband Mittelfranken, der Landwirtschaft und
dem BUND Naturschutz in einem Gemeinschaftsprojekt –
„Talauenprojekt“ – engagierten. Da die Landwirtschaft als
Erwerbsquelle       seit     längerem       abnahm,       zuvor
Renaturierungsversuche gescheitert waren und es bis dahin nur
vereinzelte Ansätze zur Förderung von Tourismus und
Regionalentwicklung gab, erfolgte das Projekt unter dem Slogan
„Lebensraum für Mensch und Natur“.
Der Fokus des Talauenprojektes lag somit auf der Schaffung von
Win-Win Situationen:                                             Abbildung 11 : Informationsbroschüre zum
• Durch systematischer Wasserrückhaltung und Renaturierung Talauenprojekt
                                                                 Quelle : STMELF 2017 (S.2.)
     wurden naturnahe Talräume und neue Lebensräume für
     Arten geschaffen (Natur- und Klimaschutzinteressen) und das Risiko für Überschwemmungen
     minimiert (Landwirtschaftsinteressen).
• Es wurden naturnahe und wasserbezogener Freizeiteinrichtungen, ein Netz aus Rad- und
     Wanderwegen entlang der Talauen, sowie dazu begleitend Beobachtungspunkte,
     Holzerlebnispfade, Infotafeln, Wasser- und Abenteuerspielplätze und Picknickplätze angelegt.
     Diese Umbau- und Instandhaltungsarbeiten stärken die lokalen Handwerksbetriebe und förderten
     auf längere Sicht neue Einkommensmöglichkeiten durch einen „sanften Tourismus“

                                                   14
(Regionalentwicklungsziele). Gleichzeitig profitieren                         Bürger*innen          von     der   höheren
      Lebensqualität und den neuen Freizeitangeboten.

Auch in der aktuellen lokalen
Entwicklungsstrategie (2014) werden
durch einen integrierten Ansatz zur
Verfolgung     der      drei    zentralen
Entwicklungsziele (1: Leben und Arbeiten
im    Südlichen     Steigerwald     unter
Berücksichtigung des demografischen
Wandels aktiv stärkten – 2: Freizeit,
Kultur und Tourismus im Südlichen
Steigerwald vernetzen und ausbauen – 3:
Natur und Landschaft gemeinsam pflegen
und erleben) Synergien zwischen
Klimaschutz und Regionalentwicklung
gefördert.                                               Abbildung 12 : Talauenprojekt im Südlichen Steigerwald
                                                         Quelle : STMELF 2017 (S. 22)

Solche Win-Win Situationen führen dazu, dass die Akzeptanz für Klimaschutz und die regionale
Entwicklungsstrategie bei den nicht unmittelbar beteiligten Nutzergruppen steigt: kritische Stimmen
verstummen, wenn deutlich wird, dass Klimaschutz viele Gewinnerinnen und Gewinner hervorbringt.
Zentraler Erfolgsfaktor ist daher, Projekte so zu planen, dass möglichst viele Nutzergruppen gleichzeitig
zu Gewinnern werden und der Mehrwert für die regionale Entwicklung insgesamt erkennbar wird.
Durch erfolgreiche Nutzerbeziehungen kann somit eine breite Beteiligung bereits am Anfang initiiert
und im Verlaufe des Prozesses nachhaltig verankert werden. Ausgewogene Nutzerbeziehungen unter
Berücksichtigung von vielfältigen Beteiligungsprozessen von unten (bottom-up) und von oben (top-
down) sichern den demokratischen Charakter von Klimaschutz und Regionalentwicklung.

                                                                                     Die Lokale Aktionsgruppe - LAG
                                                                                     Südlicher Steigerwald e.V. ist
                                                                                     maßgeblich für die Umsetzung von
                                                                                     Projekten      zur     ökologischen,
                                                                                     wirtschaftlichen, kulturellen und
                                                                                     sozialen Entwicklung der Region
                                                                                     verantwortlich. In der aktuellen
                                                                                     Förderperiode 2014-2020 sind es 29
                                                                                     Projekte, die durch das LEADER-
                                                                                     Programm der Europäischen Union
                                                                                     unterstützt werden und u.a. dazu
                                                                                     dienen in Langenfeld einen
                                                                                     Dorfladen      einzurichten,    den
Abbildung 13 : Wasserrückhalt durch den Biber beim Talauenprojekt im Südlichen       Naturerlebnispfad         Scheinetal
Steigerwald
Quelle : STMELF 2017 S.30
                                                                                     auszubauen, den Platz zu den
                                                                                     Weinbergen naturnah zu gestalten

                                                                 15
oder einen Mehrgenerationenplatz in Haag zu errichten (PM 17.5.2019). Um diese Projekte in
regionalen Wirtschaftskreisläufen erfolgreich zu etablieren, ist das LAG-Management in zahlreichen
Gremien vertreten, u.a. auf dem Lenkungsausschuss der Kommunalen Allianz A7 West, in der der
                                         Deutschen Vernetzungsstelle Ländliche Räume (DVS), im
                                         LEADER-Netzwerk         Bayern,   beim    Treffen    aller
                                         mittelfränkischen LAGn, in der Lenkungsgruppe
                                         Regionalmanagement Frankens Mehrregion und in diversen
                                         themenspezifischen Arbeitskreisen (Jahresbericht 2018).

                                                        Weiterhin werden die geplanten Projekte, die beteiligten
                                                        Akteure und die erzielten Fortschritte regelmäßig nach
                                                        außen kommuniziert, z.B. durch eine Sonderbeilage in der
                                                        Fränkische       Landeszeitung        (14.7.2018)       und
                                                        Pressemitteilungen; Flyer und Informationsbroschüren,
                                                        durch das Regionaljournal „einSteiger“, durch eine Website
                                                        mit umfangreichen Hintergrundinformationen und
                                                        aktuellen Hinweisen sowie durch einen eigenen YouTube-
                                                        Kanal mit Reportagen und Videos. Einzelne Projekte besitzen
                                                        darüber hinaus oft ihre eigene Website und bedienen soziale
                                                        Medien. Ausgehend von 6 Mitgliedsgemeinden im Jahr 1997
Abbildung 14 : Das Regionaljournal « einSteiger »       hat sich durch erfolgreiche Öffentlichkeits- und
macht auf den südlichen Steigerwald aufmerksam.
                                                        Umfeldarbeit die Zahl der beteiligten Gemeinden auf 18
Quelle : Regionaljournal « einSteiger ». Ausgabe 2020
                                                        erhöht (Stand: 2019).

Zum Weiterlesen über den Südlichen Steigerwald:
Internetseite der LAG Steigerwald: http://www.lag-steigerwald.de/
Internetseite des Naturparks Steigerwald: https://www.steigerwald-
naturpark.de/erleben/waldbaden/
Pressemitteilung über das Talauenprojekt vom BUND Naturschutz (2015): https://www.bund-
naturschutz.de/pressemitteilungen/erfolgreiche-bilanz-talauenprojekt-im-suedlichen-
steigerwald.html

Um erfolgreiche Nutzerbeziehungen zu organisieren, reicht es demnach nicht aus, Bürger*innen aktiv
anzusprechen, sondern kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und strategische Umfeldarbeit zur
Identifizierung von Schlüsselpartnern sind wesentliche Erfolgsfaktoren.

Die Öffentlichkeitsarbeit – zielgruppenorientierte Kommunikation nach außen – kann dazu beitragen,
politische Ziele und Prozesse in Projekten transparent zu machen und Erfolge nach außen zu
kommunizieren, um einerseits die Akzeptanz in der Bevölkerung für Klimaschutz und
Regionalentwicklung allgemein und das Projekt im Speziellen zu stärken und andererseits um beteiligte
Akteure zu motivieren und neue Partner zu gewinnen. Zu einer gelungenen Öffentlichkeitsarbeit und
Kommunikation gehört, dass sich diese nach Zielgruppe in ihrer Form unterscheidet und frühzeitig auf
Entwicklungen in der Region reagiert. Deshalb ist eine kontinuierliche Umfeldarbeit unerlässlich. Das
bedeutet, sich regelmäßig mit diversen Nutzergruppen (aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft,
Politik und Verwaltung) auszutauschen und Wirkungen und Entwicklungen auf anderen politischen
Ebenen (Land, Bund, EU) zu erkennen und darauf zu reagieren.

                                                               16
Zukunftsregiön Altmark
    e. Durch Transparenz, Offenheit und Austausch
       Erfolge nachhaltig sichern
Eine Besonderheit bei regionalen Projekten, welche durch Klimaschutz zu Regionalentwicklung
beitragen sollen, besteht darin, dass diese auf neueste Erkenntnisse zum Klimaschutz und zur
wirtschaftlichen Entwicklung Bezug nehmen müssen, um erfolgreich und in der Gesellschaft akzeptiert
zu sein. Fragen der Transparenz, Offenheit und Flexibilität des Prozesses sind somit entscheidend für
ihre Wirksamkeit (Böcher/Tränkner 2008: 116).

Die Altmark ist eine ländlich geprägte und strukturschwache Region in Sachsen-Anhalt, die zu den
Gegenden in Deutschland gehört, die am stärksten vom demographischen Wandel betroffen sind.
Gleichzeitig zeugen eine Vielzahl von Biogas- und Windkraftanlagen sowie umfangreiche Investitionen
in die Nutzung der Solarenergie von der Dynamik der Region. Die Altmark hat sich in den vergangenen
10 Jahren von einer Bioenergie-Region zur energetischen Modellregion entwickelt.

      Abbildung 15 : Energieatlas der Region Altmark in Sachsen-Anhalt
      Quelle : Marktstammdatenblatt Energieatlas LSA (2019)

Aufgrund seiner guten Ausgangsbedingungen für erneuerbare Energien durch hohe Verfügbarkeit von
land- und forstwirtschaftlichen Flächen und innovative Ideen haben öffentliche (Förder-) Programme
Unternehmen, Kommunen und Haushalte auf diesem Gebiet seit Jahren unterstützt, u.a. 2002-2007
Bundesmodellvorhaben REGIONEN AKTIV – Land gestaltet Zukunft; 2007-2013 ILE Leitprojekt
„Biomasse und Stoffstrommanagement; 2007-2013 RUBIRES (Quelle: Workshop, Björn Gäde 2009).
2009 wurde die Altmark dann als „Bioenergie-Region“ ausgezeichnet. Besonderer Fokus des
Programms lag neben seinem Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele Deutschlands auf der
Ausschöpfung des wirtschaftlichen Potenzials der Bionenergie für den ländlichen Raum und auf
Wissenstransfer.

                                                                17
Zum Zwecke des Wissenstransfers wurden nicht nur Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
angeboten, sondern das Projekt Bioenergie-Region Altmark wurde u.a.
von einer Forschungsgruppe der Umweltpsychologie der Otto-von-Guericke‐Universität Magdeburg
begleitet, welche die Akzeptanzveränderungen untersuchte (Abschlussbericht 2012).

                                                                   Basierend auf diesen Ansätzen,
                                                                  wurde die Wissensvermittlung
                                                                  und Erarbeitung von innovativen
                                                                  Lösungsvorschlägen            für
                                                                  Klimaschutz                  und
                                                                  Regionalentwicklung auch nach
                                                                  dem Programm fort geführt, u.a.
                                                                  durch       ein       modulares
                                                                  Studienangebot       „Profitables
                                                                  Umweltmanagement“             am
                                                                  Standort Stendal der Hochschule
                                                                  Magdeburg-Stendal“, durch das
Abbildung 16 : Kooperation der Region mit Forschungseinrichtungen
                                                                              Forschungsvorhaben
Quelle : Max-Planck-Institut DKTS, Magdeburg / Gabriele Ebel
                                                                  „Untersuchungen zur Effektivität
von Biogas Kleinanlagen in Kombination mit der Milcherzeugung“ (Förderkennzeichen 22014912) oder
durch ein Forschungsprojekt des Max-Planck-Instituts für Dynamik komplexer technischer Systeme in
Magdeburg zur Energiespeicherung aus Biogasanlagen (siehe Abb. 16). Diese Beispiele unterstreichen
die Offenheit für neue Ansätze, um die Region weiter zu entwickeln. Die Zusammenarbeit mit
wissenschaftlichen Institutionen ermöglicht es, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu
regionalspezifischen Klimadaten und technischen Innovationen für erneuerbare Energien in der
Altmark überhaupt erzeugt und berücksichtigt werden konnten (Lernfähigkeit). Zudem trägt die
Beteiligung von diversen Bildungseinrichtungen (auch Schulen, z.B. durch die Kampagne
"Energie.Kennen.Lernen") und Mobilisierung der Öffentlichkeit dazu bei, Nutzerverhalten durch
Lernprozesse kontinuierlich und langfristig zu ändern, weitere Personen zu motivieren
(Akzeptanzsteigerung) und neue Klimaschutzpotenziale zu identifizieren.

Durch Transparenz und Offenheit über Ziele, erwartete Erfolge und die (wissenschaftlichen)
Grundlagen, auf denen diese Annahmen beruhen, kann Vertrauen und Akzeptanz in der Region für die
Durchführung von Klimaschutz und Regionalentwicklungsmaßnahmen geschaffen werden. Möglichem
Widerstand kann zudem vorgebeugt werden, indem gezielt neue Ideen und kreative Ansätze
zugelassen und gefördert werden. Das kann auch helfen, das Projekt an sich weiter zu entwickeln,
sofern hierbei die notwendige Bereitschaft und Flexibilität zur Veränderung vorhanden ist. Flexibilität
bedeutet dabei, auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren zu können und das auf einer breiten
Basis aufgestellte Projekt in neuer Zusammensetzung politischer Gremien oder Unterstützerkreise
fortsetzen zu können. Bereitschaft ist hier insbesondere auf Lernprozesse bezogen.

                                                  18
Da rein wissenschaftliche Studien oftmals schwer verständlich sind, wurden von der
Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt (LENA) außerdem Best-Practice-Projekte in der Altmark
gefördert (Stadt Arendsee, VG Seehausen & Hansestadt Osterburg), welche sich auch beim European
EnergyAward (eea) beworben haben. Durch die Kommunikation von Veränderungsprozessen im
Bereich erneuerbare Energien – u.a. durch den Energieatlas Sachsen-Anhalt – werden Fortschritte
anschaulich und leicht verständlich für die Öffentlichkeit kommuniziert. Das Integrierte ländliche
Entwicklungskonzept Altmark 2015-2020 stärkt zudem die transparente Erfolgskontrolle durch
kontinuierliches Monitoring (S.94 ff.). In dem aktuellen transnationalen Kooperationsprojekt
"Regionale Stromspeicher" diskutieren nicht nur Akteure der Aktionsgruppe „Mittlere Altmark"
regelmäßig ihre Erfahrungen mit erneuerbaren Energien für regionale Wertschöpfung im ländlichen
Raum und Klimaschutz, sondern es erfolgt auch ein internationaler Wissensaustausch mit den Partnern
der lokalen Aktionsgruppe „Thermenland-Wechselland" aus Österreich (Quelle: Altmark.eu ).

Zum Weiterlesen: https://www.altmark.de/ und https://www.altmark.eu/
                https://lena.sachsen-anhalt.de/lena/

Durch den regelmäßigen Austausch von Erfahrungen – nicht nur mit den Partnern, sondern auch im
Rahmen interregionaler Treffen – kann das eigene Projekt selbstkritisch reflektiert und bei Bedarf
angepasst und verändert werden. Dadurch können Problemen im Durchführungs- und
Umsetzungsprozess vorgebeugt werden. Das erfordert jedoch nicht nur qualitativ hochwertige und
regelmäßige strukturierte Evaluationen basierend auf einem kontinuierlichen Monitoring, sondern
auch einen vertrauensvollen Rahmen, in dem Lernprozesse und Austausch stattfinden können.
Eine transparente Erfolgskontrolle und darauf basierende Identifikation und Behebung von Schwächen
des Projekts kann somit dazu beitragen, der Einsatz knapper Ressourcen für die Projektdurchführung
effizient erfolgt, die Wirksamkeit von Maßnahmen erhöht und das Vorgehen nach außen in die
Gesellschaft und gegenüber Partnern legitimiert wird (Böcher 2014b: 34). Durch Austausch, Evaluation
und Lernfähigkeit können somit Erfolge im Bereich Klimaschutz und Regionalentwicklung nachhaltig
sichergestellt werden.

                                                19
Zusammenfassung und Ausblick
Basierend auf der politikwissenschaftlichen Forschung zu Erfolgsfaktoren von Regional Governance
und Forschungsprojekten zu Erfolgsfaktoren regionaler Veränderungsprozesse (u.a. Böcher 2014)
wurden anhand von fünf Modellregionen im Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung theoretisch
anschlussfähige und allgemeine Faktoren identifiziert, deren Kenntnis und aktive Nutzung regionalen
Klimaschutzprozessen zum Erfolg verhelfen können.
Die AktivRegion Nordfriesland Nord diente als Beispiel, um zu zeigen, wie Klimaschutz und
Regionalentwicklung mit einer gemeinsamen Vision vorangebracht werden können. Die Rolle starker
Kooperationen mit Schlüsselpartnern und Nutzung früher Erfolge wurde im Steinfurter Land besonders
deutlich. Die Allgäuer Moorallianz unterstrich die Notwendigkeit einer systematischen und
kompetenten Steuerung von Schlüsselaktivitäten für Klimaschutz und Regionalentwicklung. Wie
wichtig es ist, „Win-win“-Situationen zu schaffen und durch erfolgreiche Nutzerbeziehung starke
Beteiligung zu verankern wurde im Südlicher Steigerwald gezeigt. Schließlich machte die
Zukunftsregion Altmark klar, wie durch Transparenz, Offenheit und Austausch Erfolge nachhaltig
gesichert werden können. In Modellregionen sind alle Erfolgsfaktoren in überdurchschnittlichem
Maße vorhanden. Die abschließende Checkliste dient der Selbstüberprüfung weiterer
Klimaschutzprozesse.

                                                20
Checkliste Erfölgsköntrölle
                                                       Im Folgenden werden die Erfolgsfaktoren für Klimaschutz
                                                       und Regionalentwicklung kurz zusammengefasst. Eine
                                                       Überprüfung und Bewertung der Faktoren für Vorhaben oder
                                                       Projekte in der eigenen Region kann zum Beispiel in Form
                                                       eines Netzdiagramms oder in systematischer Form mit Hilfe
                                                       des Business Model Canvas (BMC) erfolgen.
Abbildung 17 : Netzdiagramm mit Erfolgsfaktoren.
Quelle : Eigene Darstellung

 Erfolgsfaktor                                     Kurzerklärung/ Frage
 Gemeinsame Vision                                 Eine Vision vermittelt ein erstrebenswertes Bild der Zukunft
                                                   und verdeutlicht, warum
                                                   die Entwicklung (hier: mit Blick auf Klimaschutz und
                                                   Regionalentwicklung) wünschenswert ist.
      -     Problemdruck und                       Wenn in einer ländlichen Region herrschende Klima- und
            Lösungswille                           Strukturprobleme als solche von vielen erkannt werden und
                                                   Akteure gemeinsam nach Lösungen suchen, schafft das
                                                   Chancen für eine regionale Klimaschutz- und
                                                   Regionalentwicklungsprojekte.
      -     Werteanagebot und                      Werteangebote verdeutlichen allen Beteiligten die generelle
            Nutzerversprechen                      Richtung der gewünschten Entwicklung. Dieses
                                                   Nutzerversprechen motiviert die Beteiligten für die
                                                   Veränderung und trägt dazu bei, die Aktivitäten der Beteiligten
                                                   effizient zu koordinieren.

 Starke Kooperationspartner          Veränderungsprozesse, wie Klimaschutz und
                                     Regionalentwicklung basieren auf dem Beteiligungs-prinzip.
                                     Strukturen zur Mitwirkung erhöhen Legitimation, Akzeptanz
                                     und die erfolgreiche Umsetzung von Projekten.
      -     Informierte und          Der Erfolg von Klimaschutzprojekten und die langfristige
            vertrauensvolle          Verstetigung der regionalen Initiative hängen maßgeblich
            Schlüsselpartnerschaften davon ab, ob es gelingt, starke Partner zu gewinnen, die den
                                     regionalen Veränderungsprozess bzw. einzelne Projekte durch
                                     ihre Ressourcen unterstützen oder diese selbst durchführen.
      -     Funktionierende          Zielgerichtete Beziehungen und Kommunikation umfassen eine
            Kommunikationskanäle     zielgruppenspezifische Bandbreite an Verfahren zur aktiven
            und Beziehungen          und passiven Beteiligung durch diverse
                                     Kommunikationskanäle.
      -     Promotoren als           Personen mit besonders hohem Engagement (Promotoren)
            „Zugpferde“ nutzen       tragen wesentlich zum Erfolg eines regionalen
                                     Veränderungsprozesses zum Klimaschutz bei, sofern sie auch
                                     anerkannt sind und dafür sorgen, dass der Prozess notfalls
                                     auch ohne sie weitergehen würde.

 Strategische                                      Nachvollziehbare und überschaubare Schlüsselaktivitäten und
 Schlüsselaktivitäten                              Meilensteine erhöhen die Sichtbarkeit und Motivation zur
                                                   Mitwirkung.

                                                               21
-   Frühe Erfolge von         Nichts überzeugt so sehr wie Erfolge. Klimaschutzprojekte
       Schlüsselaktivitäten      sollten deshalb so organisiert werden, dass frühe Erfolge
       nutzen                    entstehen und diese regelmäßig kommuniziert werden. Das
                                 schafft Akzeptanz und motiviert.
   -   Schaffung von „Win-       Wenn Projekte und Schlüsselaktivitäten so angelegt sind, dass
       Win“-Situationen          verschiedene Interessengruppen und Stakeholder gleichzeitig
                                 einen Nutzen daraus ziehen, sind die Chancen für eine
                                 erfolgreiche Realisierung größer.
   -   Überschaubarkeit und      Klar abgrenzbare und insgesamt nicht zu viele Projekte der
       Anschlussfähigkeit        regionalen Initiative zum Klimaschutz sind leichter zu
                                 überschauen und zu steuern. Die Erfolgsaussichten steigen
                                 zudem, wenn man die Projekte an aktuellen
                                 Rahmenbedingungen ausrichtet.

Kompetentes                      Für erfolgreiches Prozessmanagement braucht es eine Fülle an
Prozessmanagement                intellektuellen, personellen, finanziellen und institutionellen
                                 Gegebenheiten, um analytisches Denken,
                                 Strategieentwicklung, einen angemessenen Methoden- und
                                 Kommunikationseinsatz zu ermöglichen.
   -   Schlüsselressourcen und   Das Prozessmanagement kann nur dann erfolgreich geleistet
       Qualität der              werden, wenn dafür
       Investitionen             ausreichende Schlüsselressourcen zur Verfügung stehen. Diese
                                 Schlüsselressourcen betreffen die kurz- und langfristige
                                 Sicherung finanzieller Mittel, Personal, Sachausstattung,
                                 regionale Anerkennung und Akzeptanz.
   -   Prozessmanagement         Durch kontinuierliche Wirkungsanalyse können Probleme
       und Wirkungsanalyse       antizipiert und abgewendet sowie neue Potenziale und
                                 Entwicklungschancen identifiziert werden.

Effektive Austausch- und         Austausch zwischen Akteuren sorgt für einen erfolgreicheren
Lernprozesse                     regionalen Anpassungsprozess für Klimaschutz und
                                 Regionalentwicklung. Hierbei ist insbesondere der Austausch
                                 und die Vernetzung mit der Wissenschaft wichtig.
   -   Lernfähigkeit             Miteinander zu lernen bedeutet, kontinuierlich an
                                 Verbesserungen zu arbeiten und den Prozess und die aus ihm
                                 hervorgehenden Projekte einer stetigen Rückkopplung und
                                 Anpassung zu unterziehen.
   -   Transparenz, Offenheit    Eine kreative Offenheit der Akteure erzeugt und erhält die
       & Flexibilität            Innovationskraft im Hinblick auf Projekte, Produkte und
                                 Prozesse. Ein ausreichendes Maß an Flexibilität ermöglicht
                                 schnelles und pragmatisches Reagieren, falls innere und
                                 äußere Veränderungen dies erfordern. Transparenz, Flexibilität
                                 und Offenheit sorgen für eine höhere Legitimation.
   -   Kooperation mit der       Durch Kooperation mit der Wissenschaft kann gewährleistet
       Wissenschaft und          werden, dass vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse zum
       angemessene               Klimaschutz berücksichtigt werden und Erkenntnisse aus der
       Vermittlung               Praxis gleichzeitig in die Forschung einfließen. Dies erfordert
                                 jedoch eine angemessene und verständliche Vermittlung in
                                 beide Richtungen.

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