Kompass 02/12 Zehn Jahre Energie für Wettbewerb - Bundesverband Neue Energiewirtschaft
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Inhalt 2 Editorial 4 Grußwort von EU-Kommissar Günther H. Oettinger 6 Grußwort von Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler 8 Grußwort von Bundesumweltminister Peter Altmaier 10 Grußwort von Bundesverbraucher ministerin Ilse Aigner 12 Zehn Jahre bne — Stimmen aus Politik, Verbänden und Wissenschaft 14 Energie für die Märkte von morgen — die Bilderstrecke 22 Zehn Jahre bne — Stimmen aus Politik, Verbänden und Wissenschaft 24 „Wir brauchen die Großen und die Kleinen“ — Garrelt Duin und Robert Busch im Gespräch mit Klaus Stratmann 27 Einfach umgelegt — Ein Kommentar von Andreas Mihm 28 „Europäisches Design statt kommunaler Flicken teppich“ — Dr. Hans-Martin Huber-Ditzel stellt sich den Fragen von Dr. Joachim Müller-Soares 32 Zehn Jahre bne — Stimmen aus Politik, Verbänden und Wissenschaft 34 Chronik des Wettbewerbs 40 Impressum Kompass 02/2012 1
Liebe Leserinnen und Leser, zehn Jahre bne – das heißt zehn Jahre unermüdlicher Dr. Philipp Rösler, Bundesumweltminister Peter Alt- Einsatz für eine Idee, die nicht immer populär war: Die maier und Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner Schaffung offener und transparenter Energiemärkte, sind sich einig: Der bne hat die Öffnung der Energie- damit Verbraucher schnell und reibungslos zu einem märkte maßgeblich vorangetrieben! Was die relevanten neuen Energieversorger wechseln können. Was ein- Behörden, die tonangebenden Verbände, die führenden fach klingt, ist hochkomplex – und schien in einem jahr- wissenschaftlichen Einrichtungen und die Fraktionen hundertealten Monopolumfeld kaum durchsetzbar. im Bundestag vom bne halten, lesen Sie auf den Sei- Jedenfalls nicht ohne einen klaren gesetzlichen Rah- ten 12, 22 und 32. Einhelliges Credo: Ohne den bne gäbe men und eine strikte Regulierung der Monopolberei- es den Energiemarkt in seiner heutigen Vielfalt nicht! che. Auch in Zeiten der Energiewende ist das für den Die Artikel von Klaus Stratmann, Andreas Mihm bne unverrückbare Maxime. und Dr. Joachim Müller-Soares auf den Seiten 24, 27 Von der Politik wurde diese Erkenntnis lange und 28 machen klar: Gerade in Zeiten, in denen sich i gnoriert. Vor zehn Jahren gab es keinen gesetzlich ge- die Paradigmen der Energiepolitik vollständig ändern, regelten oder gar diskriminierungsfreien Zugang zur muss auf die innovative Kraft des Marktes gesetzt wer- Hauptschlagader des Energiemarktes – den Netzen. Da den. Dabei braucht die Energiewende klare gesetzliche kämpften unabhängige Energieanbieter noch mit Vorgaben, effiziente Strukturen und strikte Rollenver- Dingen wie Punkt-zu-Punkt-Durchleitungen und so- teilungen unter d iskriminierungsfreien, wettbewerb- genannten Single Buyern. Willkürlich geschaffene lichen Bedingungen – und das auch in den kommenden Wechselprämien machten Verbrauchern und unab- zehn Jahren. Mindestens! hängigen Anbietern das Leben schwer. Die Quer subvent ionierung der verbundenen Vertriebe durch Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen unserer das Netz war tägliche Praxis. Jubiläumsausgabe! Der bne hat sich seit dem ersten Tag seiner Gründung für die Abschaffung solcher Absurditäten stark gemacht – mit Erfolg: Eine Chronik dieser Marktö ffnung haben wir ab Seite 34 für Sie zusam- mengestellt. Welche Bedeutung der 2002 von neun Unter- nehmen gegründete bne heute hat, wird durch die Gruß- worte in dieser Publikation verdeutlicht: EU-Kommis- Robert Busch Dr. Hans-Martin Huber-Ditzel sar Günther H. Oettinger, Bundeswirtschaftsminister bne-Geschäftsführer Vorsitzender des bne-Vorstandes Kompass 02/2012 3
Grußwort von Günther H. Oettinger EU-Kommissar für Energie Die Öffnung und Integration der europäischen Energiemärkte ist seit mehr als zehn Jahren in vollem Gang. Vor 1996 — dem Jahr, in dem die Europäische Union die Energiemarktliberalisierung begann — war das Interesse an der Liberalisie- rung des Energiemarktes in einigen Mitgliedsländern noch nicht besonders groß. Die Verbraucher kannten meist nur die Energieversorgung durch ein einziges Unternehmen und waren sich der Tragweite und der Vorteile eines freien Energie- marktes nicht bewusst. Die Vielfalt an Organisationen und Unternehmen, die für die Öffnung des deutschen und grenzüberschreitenden europäischen Energie- marktes unverzichtbar ist, musste erst noch geschaffen werden. Das europäische Bemühen zur Öffnung des Energiemarktes gab den Anstoß zur Gründung des Bundesverbandes Neuer Energieanbieter e. V. im Jahr 2002. Der bne stellt ein lebendiges Zeugnis vom deutschen, aber auch europaweiten Ringen um einen freien, unverfälschten und grenzüberschreitenden Wettbewerb im Energie- sektor dar. Durch die Konkurrenz unter den Energieanbietern konnte eine Viel- falt an Preis- und Leistungsangeboten entstehen. Damit sind wir auf dem Weg zu unserem Ziel: Die Verbraucher können aus verschiedenen Angeboten dasjenige wählen, das ihren Vorstellungen und Bedürfnissen am ehesten entspricht. Seit dem Gründungsjahr des bne ist viel passiert. Der bne ist kontinuierlich gewachsen, 4 Kompass 02/2012
so dass seine Mitgliedsunternehmen heute über drei Millionen Haushalts-, Gewerbe- und Industriekunden mit Strom und Gas versorgen. Der bne hat sich als Sprachrohr netzunabhängiger Energieversorger für einen fairen Wettbewerb etabliert. So hat sich der bne bereits im Vorfeld der Gründung der Bundesnetz- agentur im Jahre 2005 für eine nationale Regulierungsbehörde eingesetzt. Auch im Bemühen um eine Verringerung der Anzahl der Gasmarktgebiete war er erfolgreich. Durch sein ausdauerndes Agieren hat der bne einen bedeutenden Teil dazu beigetragen, dass Fortschritte in der Liberalisierung der Energiemärkte erzielt worden und die Vorteile für Verbraucher sichtbar sind. Die Energiemarktliberalisierung ist aber noch nicht abgeschlossen. Der Euro päische Rat hat sich zum Ziel gesetzt, dass der Binnenmarkt bis 2014 vollständig realisiert sein soll. Das dritte Energiepaket zur Liberalisierung des Energie- marktes enthält wichtige Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen. Gleichzeitig müssen wir mit der europäischen Energiepolitik auf dem Weg zu den gemein samen Energie- und Klimazielen für 2020 vorankommen. Um die europäische Ener- giepolitik erfolgreich umsetzen zu können, werden wir auch in Zukunft auf die Unterstützung des bne angewiesen sein. Ich setze darum auch weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit mit dem bne für einen fairen Wettbewerb in Deutschland und Europa. Beste Glückwünsche zum 10-jährigen Jubiläum! „Durch sein ausdauerndes Agieren hat der bne einen bedeutenden Teil dazu beigetragen, dass Fortschritte in der Liberalisierung der Energiemärkte erzielt worden und die Vorteile für Verbraucher sichtbar sind.“ Kompass 02/2012 5
Grußwort von Dr. Philipp Rösler Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Zehn Jahre Bundesverband Neuer Energieanbieter e. V. — das ist nicht nur ein rundes Jubiläum, sondern auch ein guter Grund, gemeinsam an das Erreichte zu erinnern und neue Ziele abzustecken. Als der Verband im Jahr 2002 gegründet wurde, sah der Energiemarkt in Deutsch- land noch grundlegend anders aus. Seither gab es bereits wichtige Veränderun- gen: Alte Monopolstrukturen wurden aufgelöst, neue leistungsstarke Energiean- bieter sind entstanden. Der bne hat diesen Prozess eng begleitet und sich stets für mehr Markt und Wettbewerb engagiert. Für die Politik war er von Anfang an ein wichtiger und verlässlicher Gesprächspartner, der nicht nur die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen, sondern auch die des Wirtschaftsstandorts Deutsch- land insgesamt im Blick hatte. Dafür danke ich dem Verband und seinen Mit- gliedern sehr herzlich. Das Kernanliegen des bne hat bis heute nichts an Aktualität verloren. Im G egenteil: Bei der Umsetzung der Energiewende kommt es erst recht auf marktwirtschaftliche und wettbewerbliche Strukturen an. Energie muss auch in Zukunft bezahlbar bleiben — im Interesse der Unternehmen am Standort Deutschland genauso wie im Interesse der über 80 Millionen Men- schen in u nserem Land. Und man kann es angesichts der verbreiteten Marktskepsis nicht oft genug sagen: Ein gut funktionierender Wettbewerb ist der beste Beitrag zum Verbraucherschutz. Denn die Energieverbraucher profitieren am meisten von wettbewerbsfreundlichen Strukturen und markt „Der bne hat einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung eines Energiemarktes geleistet, indem er immer wieder „den Finger in die Wunde gelegt“ und auf Verbesserungspotenzial zugunsten des Marktes und der Verbraucher hinge- wiesen hat. Für die nächsten zehn Jahre wünsche ich dem bne, dass er sich seine Aktivität bewahrt und weiterhin eine mahnende Stimme bleibt.“ 6 Kompass 02/2012
konformen P reisen. Ich bin dem bne dankbar, dass er diesen Zusammenhang immer wieder klar benennt. Auch an anderen Stellen haben wir gemeinsam ausgewogene Lösungen für mehr Wettbewerb und Verbraucherschutz gefunden. Ich erinnere etwa an die neue Schlichtungsstelle für Verbraucherbeschwerden im Energiebereich, die vor allem den Dialog zwischen Unternehmen und Kunden fördert. Ein nächster Schritt wird die geplante Markttransparenzstelle sein, mit der wir die Durchsetzung des Wett- bewerbsrechts am Energiemarkt entscheidend stärken. Die Umsetzung der Energiewende bringt zahlreiche weitere Baustellen — etwa bei der Systemintegration der erneuerbaren Energien, aber auch bei der Gewähr- leistung ausreichender Erzeugungskapazitäten und funktionsfähiger Märkte. Über allem steht aktuell die Herausforderung des Netzausbaus. Denn unabhängig von der Art seiner Erzeugung muss der Strom in jedem Fall dahin transportiert werden, wo er gebraucht wird. Dafür benötigen wir in den kommenden zehn Jah- ren in Deutschland mehrere tausend Kilometer neue Stromautobahnen, die auch neuen Anbietern diskriminierungsfrei zur Verfügung stehen müssen. An die Stelle der alten Monopole dürfen keine neuen Engpässe treten — deshalb sind auch hier marktkonforme Lösungen das oberste Gebot. Bei allen diesen Zukunftsfragen wird der bne als Stimme für Wettbewerb und Verbraucherschutz mehr denn je gebraucht. Deshalb gratuliere ich Ihnen nicht nur zu zehn erfolgreichen Jahren, sondern wünsche Ihnen für Ihre wichtige Arbeit vor allem auch in Zukunft viel Erfolg und Energie! Ihr Dr. Philipp Rösler Kompass 02/2012 7
Grußwort von Peter Altmaier Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Seit zehn Jahren steht der Bundesverband Neuer Energieanbieter e. V. für Wett bewerb auf den Energiemärkten — mit zunehmendem Erfolg. Als Bundesumwelt- minister freut mich, dass der bne sich in dieser Zeit stets für die erneuerbaren Energien engagiert und das EEG unterstützt hat. Dabei hat er zu Recht immer da- rauf gedrängt, die erneuerbaren Energien frühzeitig in den Markt zu integrieren — auch das mit Erfolg. Die erfolgreiche Änderung des EEG-Umlagemechanismus mit der Novelle 2009 geht auch auf eine Initiative des bne zurück. Seither vermarkten die Übertragungsnetzbetreiber den EEG-Strom vollständig an der Strombörse. Das war ein großer und wichtiger Schritt für die Marktintegration der erneuerbaren Energien. Auch die vom bne frühzeitig geforderte und unterstützte Marktprämie hat uns hier einen wichtigen Schritt weiter gebracht. All das sind aber nur erste Schritte. Wir brauchen weitere Reformen des EEG. In Zukunft müssen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Netzausbau „Seit zehn Jahren steht der bne für Wettbewerb auf den Energiemärkten — mit zunehmendem Erfolg. Als Bundes- umweltminister freut mich, dass der bne sich in dieser Zeit immer für die erneuerbaren Energien engagiert und das EEG unterstützt hat. Dabei hat er zu Recht immer darauf gedrängt, die erneuerbaren Energien frühzeitig in den Markt zu integrieren.“ 8 Kompass 02/2012
stärker miteinander verzahnen. Darüber reden wir mit den Ländern und zentra- len Akteuren — darunter selbstverständlich auch der bne — im Rahmen der Plattform für erneuerbare Energien. Dort wird es auch um die Frage gehen, wie wir das optimierte Zusammenwir- ken von erneuerbaren Energien, konventioneller Erzeugung und der Nachfrage erreichen. Ich denke, dass das Stromsystem viele Möglichkeiten für mehr Flexibilität bereit hält, um gleichzeitig Versorgungssicherheit zu erhalten, die erneuerbaren Energien zu integrieren und die Kosten zu minimieren. Jetzt geht es darum, diese Möglichkeiten auszuschöpfen. Auch dabei zähle ich auf die Unterstützung des bne. In diesem Sinne wünsche ich dem bne alles Gute zum zehnjährigen Bestehen und weiterhin viel Erfolg beim Einsatz für mehr Wettbewerb und Innovation auf den Energiemärkten. Es grüßt Sie herzlich Ihr Peter Altmaier Kompass 02/2012 9
Grußwort von Ilse Aigner Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz In unseren modernen Gesellschaften ist eine sichere Energieversorgung genauso selbstverständlich wie Wasser und Nahrung. Ohne Energie sind Wachstum und Wohlstand undenkbar. Doch hinter der Energie, die die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher einfach aus der Steckdose beziehen können, steckt ein kompli- zierter Markt mit unterschiedlichsten Akteuren. Es ist ein Markt, der sich in den letzten zehn Jahren radikal verändert hat. 2002 hatten gerade einmal vier Pro- zent der Verbraucherinnen und Verbraucher den Stromlieferanten gewechselt, ein Wechsel des Gasanbieters war gar nicht möglich. Heute — auf einem liberalisier- ten Strom- und Gasmarkt — ist der Lieferantenwechsel einfacher als je zuvor. Die Prozesse sind automatisiert und ein Wechsel ist innerhalb von drei Wochen mög- lich. Seit 2006 haben über acht Millionen Stromkunden und fast zwei Millionen Gas- kunden die Möglichkeiten des Lieferantenwechsels für sich genutzt. Und trotz einiger Hindernisse: Die Liberalisierung ist eine Erfolgsgeschichte für die Verbrau- cherinnen und Verbraucher — aber auch die Energieanbieter! Einen sicherlich noch stärkeren Einfluss auf den Strommarkt hat die von der Bundesregierung im September 2010 beschlossene Energiewende. Sie stellt An- 10 Kompass 02/2012
bieter, Politik, Netzbetreiber aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher vor neue Herausforderungen. Dabei ist klar: Nur mit leistungsfähigen Netzen auf der einen Seite und innovativen Unternehmen auf der anderen Seite wird es uns gelingen, die Energiewende zu einer Erfolgsgeschichte für unser ganzes Land zu machen. Gerade die neuen Energieanbieter sind aufgerufen, die Chancen der Energiewende für sich zu nutzen. Ein Jahrhundertvorhaben wie die Energiewende wird aber auch nur dann zu einem Erfolg, wenn es gleichzeitig gelingt, die Verbraucherinnen und Verbraucher mit- zunehmen. Die gute Nachricht ist: 89 Prozent der Deutschen halten die Energie- wende für wichtig oder sehr wichtig! Nun müssen Politik aber auch Energieanbie- ter gemeinsam dafür Sorgen tragen, dass die Zustimmung weiterhin hoch bleibt. Ich freue mich, dass viele bne-Mitglieder innovative Unternehmen sind, die enga- giert die Energiewende voranbringen. Durch die Interessenvertretung im bne spre- chen sie gemeinsam mit einer Stimme, die in Berlin gehört wird. Der bne ist in den letzten zehn Jahren zu einem geschätzten Ansprechpartner für die Politik geworden. Ich wünsche dem bne für die Zukunft alles Gute und dass er auch auf dem weite- ren Weg die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick behält! Ilse Aigner „Ich freue mich, dass viele bne-Mitglieder innovative Unternehmen sind, die engagiert die Energiewende v oran- bringen. Der bne ist in den letzten zehn Jahren zu einem geschätzten Ansprechpartner für die Politik geworden.“ Kompass 02/2012 11
Der bne ist ein intensiver Verfechter von mehr Markt und Wettbewerb. Damit leistet er einen elementaren Beitrag für das Gelingen der Energiewende. Ich wünsche dem bne, dass er auch in den nächsten 10 Jahren ein starker und kreativer Impulsgeber für wettbewerbliche Ideen in der Energiewelt ist. Thomas Bareiß MdB, Koordinator für Energiepolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Neue Energien brauchen (auch) neue Spieler. Neue Energien brauchen (auch) neue Märkte und Wettbewerb. Der bne hat auf beiden Feldern bisher schon deut- liche Spuren hinterlassen. Und wird dies in Zukunft hoffentlich weiter und noch stärker tun. Dr. Felix Christian Matthes, Forschungs-Koordinator Energie- und Klimapolitik, Öko-Institut e. V. Der bne analysiert seit zehn Jahren die Veränderungen am Energiemarkt kom petent, präzise und schnell. Ich wünsche dem Verband auch für die sicher nicht einfacher werdenden kommenden Jahre der Energiewende eine konsequente Fortführung dieser Arbeit. Dr. Annette Loske, Hauptgeschäftsführerin des VIK Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V. 12 Kompass 02/2012
Viele Ziele der bne-Anfangszeit sind heute erreicht, doch die Regeln für die Energiewirtschaft werden weiter fortentwickelt. Der bne wird dabei weiterhin deutlich machen, wenn beabsichtigte Regeln nicht auf Anhieb ausgewogen sind, da bin ich sicher — und das ist gut so, denn dazu ist er da. Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur Wir haben den bne vor 10 Jahren gegründet, weil faire Märkte einen starken Anwalt brauchen. Der bne erfüllt seine Aufgaben mit Bravour: als kompetenter Partner für Politik und Medien. Gestartet, um starre Märkte aufzubrechen, hat er sich zum Ideengeber für mehr Wettbewerb entwickelt. Heiko von Tschischwitz, Vorstands vorsitzender der LichtBlick AG und Gründungs-Vorstandsvorsitzender des bne Die Mitgliedsunternehmen des bne spielen eine zentrale Rolle bei der Stärkung des Wettbewerbs im Energiesektor. Sie ebnen den Weg in moderne kundenorientierte Energie- dienstleistungsmärkte. Glückwunsch zum Zehnjährigen und weiter so! Rolf Hempelmann MdB, Vorsitzender der Ar- beitsgruppe Energie und energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Kompass 02/2012 13
Energie für die Märkte von morgen Vielfalt, Effizienz und Fairness — das sind unsere Ziele. Damit die Menschen ihre Energie von dem Anbieter beziehen können, der zu ihnen passt. Damit das Licht nicht ausgeht, auch wenn das letzte Atomkraftwerk vom Netz gegangen ist. Damit Energie für alle bezahlbar bleibt.
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Ohne den bne hätte der Wettbewerb eine ganz wesentliche Stimme weniger. Es ist wichtig, dass der bne als Kontra- punkt zu den großen Vier und den kommunalen Stadtwer- ken nicht für Besitzstandswahrung, sondern für offene Märkte e intritt. Ich wünsche dem bne, dass er weiter viel Gehör findet! Prof. Dr. Justus Haucap, Direktor des Düssel- dorf Institute for Competition Economics (DICE) an der Uni- versität Düsseldorf und Mitglied der Monopolkommission Die neuen Energieanbieter leben den Wettbewerbsgedanken. Mit ihrer Dynamik sind sie ein wichtiger Treiber auf den Energiemärkten geworden. Dabei muss der bne sie gerade bei der Energiewende weiterhin tatkräftig unterstützen. Der Wett- bewerb braucht beherzte Akteure! Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes Ich wünsche dem bne, dass er nicht nur „neu“ sondern auch innovativ ist, und die Diskussion um die Energiewende konstruktiv mitgestaltet. Wir freuen uns auf einen bne voll kreativer Energie! Alles Gute für die nächsten 10 Jahre! Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) 22 Kompass 02/2012
Ohne die Arbeit des bne wäre es heute um den Wettbewerb im Energiemarkt sehr viel schlechter bestellt. Ich wünsche dem bne — vor allem aber den Verbrau- cherInnen — dass Oligopole in der Energiewirtschaft in 10 Jahren nur noch in Geschichtsbüchern zu finden sind. Oliver Krischer MdB, Sprecher für Energie- und Ressourceneffizienz der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Ohne den bne sähe die deutsche Energielandschaft anders aus. Kompetente inhaltliche Politikberatung jenseits von Ideologie und konsequentes Eintreten für Wettbewerb im deutschen Energiemarkt sind die Alleinstellungsmerkmale des bne. Auf die geleistete Arbeit der letzten 10 Jahre kann der bne wahrlich stolz sein. Dr. Henning Borchers, bne-Gründungsgeschäftsführer und Geschäftsführer der DSE Direkt-Service Energie GmbH Die Energiemarktliberalisierung wurde in Deutschland nicht gerade mit offenen Armen empfangen — es war der bne, der den Wettbewerbern Gehör verschafft hat. Nun geht es darum, die Liberalisierung mit dem raschen Aus- bau der erneuerbaren Energien zu harmonisieren. Prof. Dr. Uwe Leprich, Wissenschaftlicher Leiter des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme (IZES) an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saarbrücken Kompass 02/2012 23
„Wir brauchen die Großen und die Kleinen“ Die Energiewende ist nicht ohne die kleinen Energieun- investitionen kann man nicht nach dem Muster ternehmen zu stemmen, die Netzentgelte müssen ge- von Bürgerwindparks stemmen. Ich sehe da aber rechter verteilt werden und die Entwicklung eines neuen durcha us auch Chancen für kleinere Unterneh- Marktdesigns darf Erneuerbare nicht ausnehmen — in men. Das können und sollen nicht die Großen unter diesen Punkten sind sich der neue NRW-Wirtschafts- sich ausmachen. minister Garrelt Duin (SPD) und bne-Geschäftsführer Busch: Das Thema Offshore ist aus unserer Sicht Robert Busch einig. Klaus Stratmann hat sie interviewt. mit einigen Problemen behaftet. Außerdem braucht man für den Ausbau der Offshore-Windkraft noch Stratmann: Herr Minister, Nordrhein-Westfalen ist die die Leitungen, die den Windstrom in den Süden und Heimat großer Energiekonzerne. Setzen Sie bei der Westen schaffen. Dennoch sehe ich da eine Menge Energiewende auf die großen Tanker der Branche oder Chancen für unsere Mitgliedsunternehmen. Und sie auf die Schnellboote? nehmen diese Chancen auch wahr. Duin: Wir haben mit Eon und RWE zwei große Konzerne Duin: Genau. Es gibt eine Reihe wunderbarer Kon hier im Land. Jede Meldung über Arbeitsplatzabbau sortiumsprojekte. Da sind Stadtwerke und k leinere, dort besorgt uns. Die beiden Unternehmen und ihre Mit- unabhängige Unternehmen mit im Boot. Das ist eine arbeiter liegen uns natürlich am Herzen. Eon und RWE lebendige Entwicklung. Und das ist auch gut so. werden auch künftig eine wichtige Funktion haben, weil wir nicht alles mit den kleineren Unternehmen werden Mit dem rasanten Ausbau der Erneuerbaren insge- schaffen können. Zugleich gilt, dass gerade die Kleinen samt sinkt die Auslastung konventioneller Kraftwerke Lösungen anbieten, für die die Großen nicht schnell drastisch, Neuinvestitionen in konventionelle Kraft- genug sind. Unter dem Strich gilt also: Wir brauchen werke werden zurückgestellt, obwohl wir dringend die großen und die kleinen Unternehmen der Branche. neue Kraftwerke brauchen. Was ist dagegen zu tun? Busch: Wir brauchen dringend wettbewerbliche Manche Aufgaben lassen sich aber nur mit kapital- K apazitätsmechanismen. Das Vorhalten von gesi- kräftigen Großunternehmen stemmen. Nehmen Sie die cherter elektrischer Leistung muss honoriert wer- Offshore-Windkraft. den – unabhängig davon, ob diese Kapazität durch Duin: Natürlich ist das eine Herausforderung, der Gaskraftw erke, durch zusammengeschaltete de sich die großen Konzerne stellen. Solche Milliarden zentrale Anlagen oder durch Technologien bereit 24 Kompass 02/2012
gestellt wird, die wir uns heute noch gar nicht vor jeder Marktteilnehmer so viel Geld verdienen kön- stellen können. nen, dass sich Investitionen lohnen, gleichzeitig muss die Stromversorgung sicher, bezahlbar und klima Würde es nicht bereits ausreichen, wenn die Strom freundlich sein. Es ist eine lohnende Aufgabe, sich mit erzeuger sich verpflichten würden, geplante Kraft- diesen Fragen ideologiefrei auseinanderzusetzen. werksstilllegungen aufzuschieben und die Anlagen Eine Arbeitsgruppe in meinem Ministerium widmet als Notfallreserve bereit zu halten? Dann könnte man sich bereits dem Thema. es sich ersparen, in langwierigen Prozessen kom plizierte Mechanismen zu entwickeln. Wann brauchen wir Kapazitätsmechanismen — heute Busch: Sie spielen auf das Angebot von Eon an. Das oder in fünf Jahren? Unternehmen droht damit, im Süden Kraftwerke ab- Duin: Wir haben schon viel Zeit verloren. Ich glaube zuschalten und übt so Druck auf die Netzagentur nicht, dass wir noch weitere fünf Jahre ins Land gehen aus, die natürlich ein Interesse daran hat, dass die lassen dürfen. Wir müssen da sehr viel schneller sein. Kraftwerke in Betrieb bleiben. Das Unternehmen Es geht um Investitionen mit langem zeitlichem Vorlauf. will sich seine Bereitschaft, die Anlagen am Netz zu Busch: Wir brauchen schnell eine Lösung und müssen behalten, fürstlich honorieren und sich die Vorhal jetzt forciert an dem Thema arbeiten. Selbst wenn wir tekosten erstatten lassen. Diesen Vorschlag halte ich schon jetzt einen Kapazitätsmarkt erfunden hätten, für völlig unannehmbar. Das Verfahren ist intrans wäre noch kein einziges Kraftwerk gebaut. parent, wettbewerbsfern und verknappt außerdem das Angebot auf dem Großhandelsmarkt. Das wie Welche Rolle spielen die erneuerbaren Energien in derum entfaltet eine preistreibende Wirkung für den einem künftigen Marktdesign? gesamten Markt. Wesentlich sinnvoller und kosten- Duin: Wenn ich ein neues Marktdesign entwerfe, darf günstiger wäre es, einzelne Kraftwerke echten Kapa- ich dabei jedenfalls die Erneuerbaren nicht ausneh- zitätsmechanismen zu unterwerfen. men. Es ist aus meiner Sicht unhaltbar zu sagen, die Grundprinzipien des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Sehen Sie das auch so, Herr Duin? seien unantastbar, alles müsse so bleiben wie es ist. Es Duin: Die Diskussion ist ja erst am Beginn. Es ist wird Veränderungen geben, die sich in das gesamte überzogen, wenn Bundeswirtschaftsminister Philipp System einfügen müssen. Rösler (FDP) im Zusammenhang mit der Debatte über Kapazitätsmärkte schon vor Planwirtschaft warnt. So versuchen Sie der Frage auszuweichen, wie das Von solchen Begrifflichkeiten sollten wir uns verab- EEG kurzfristig und konkret geändert werden muss … schieden. Es geht um ein neues Marktdesign und um Duin: Nein, das tue ich nicht. Aus meiner Sicht die Frage, welche Energieträger und welche Kraft- sind zwei Elemente unverzichtbar. Die Attraktivität werke künftig welche Funktion haben. Dabei muss des E igenverbrauchs von EEG-Strom muss gestei- Garrelt Duin: „Zugleich gilt, dass gerade die Kleinen L ösungen anbieten, für die die Großen nicht schnell genug sind. Un- ter dem Strich gilt also: Wir brauchen die großen und die kleinen Unternehmen der Branche.“ Kompass 02/2012 25
Robert Busch: „Übrigens können Verbrau- cher auch selbst etwas tun. Ein Anbieter wechsel kann die nächste Steigerung der EEG-Umlage lässig überkompensieren.“ gert werden, außerdem sollten wir den Neubau von private Verbraucher und Teile der Wirtschaft diese EEG-A nlagen stärker mit dem Bau von Speicher Belastung akzeptieren. kapazitäten verbinden. Gilt das auch für die Netzentgelte? Teile der strom- Einen Riesenfortschritt in Richtung Marktintegration int ensiven Industrie sind ja Ende vergangenen Jahres werden Sie so nicht erreichen … bei den Netzentgelten ebenfalls deutlich entlastet Busch: Natürlich muss man die Entwicklung eines worden. neuen Marktdesigns und die Weiterentwicklung des Duin: Diese Entscheidung der Bundesregierung ist EEG in einem großen Zusammenhang sehen. Das ist zu weit gegangen. Die betroffenen Unternehmen räu- allerdings die mittelfristige Perspektive. Kurzfristig ist men hinter vorgehaltener Hand ein, dass die zusätz die Direktvermarktung von EEG-Strom der richtige liche Entlastung bei den Netzentgelten weit über das Weg. Insofern ist das Marktprämienmodell ein guter erforderliche Maß hinausgegangen ist. Das müssen Ansatz. Klar, wir reden über ein sehr junges Modell, das wir zurück drehen. in den nächsten Jahren noch fortentwickelt werden Busch: Die zusätzlichen Entlastungen bei den Netz- muss. Aber klar ist auch: Der direkt vermarktete Strom entg elten sind ausufernde Privilegien. Da muss nach- fällt aus dem Umlagesystem heraus und trägt somit zur gesteuert werden. Bei der EEG-Umlage teile ich die Senkung der EEG-Umlage bei. Das ist ein guter Weg, Auffassung von Herrn Duin, dass die Gesellschaft die- den wir konsequent weiter verfolgen müssen. Denn das se Kosten grundsätzlich tragen muss – wenn sie die EEG war für den Einstieg in die Erneuerbaren gut, jetzt Energiewende will. müssen wir eine marktnahe Strategie finden. Wie können private Verbraucher angesichts des zu Zunächst werden wir aber einen kräftigen Anstieg e rwartenden starken Anstiegs der EEG-Umlage ent- der EEG-Umlage sehen. Sind die zuletzt noch deutlich lastet werden? Was halten Sie davon, die Strom- erweiterten Ausnahmen bei der EEG-Umlage für die steuer für private Verbraucher zu streichen? Industrie noch vertretbar? Busch: Darüber kann man durchaus nachdenken. Duin: Das ist eine Last, die auf alle anderen Strom Duin: Das ist eine sozialpolitische Debatte. Die Steuer- verbraucher umverteilt wird. Mir ist völlig klar, dass senkungsidee halte ich für einen Schnellschuss. das auf Kritik stößt. Dennoch bin ich überzeugt, Busch: Übrigens können die privaten Verbraucher auch dass wir diese Last tragen müssen, wenn wir die In- selbst etwas tun. Ein Anbieterwechsel kann die nächste dustrie nicht vergraulen wollen. Es gehört eben Steigerung der EEG-Umlage lässig überkompensieren. auch mit zur Wahrheit, dass die Energiewende Geld kostet. Wenn wir die Energiewende schaffen und Klaus Stratmann ist Korrespondent des Handelsblattes gleichzeitig Industriestandort bleiben wollen, müssen in Berlin. 26 Kompass 02/2012
Einfach umgelegt Ein Kommentar von Andreas Mihm Das Umlegen von Kosten einiger auf viele verhält sich und per Zwangsabgabe finanzierte Energieplan brei- zum Wettbewerb etwa so wie die Sparanstrengungen tet sich schnell aus. Er verdrängt Akteure, erschwert der Athener Regierung zu ihren Sparzusagen oder wie Marktprozesse, führt zu mehr Regulierung und fall- der Umwelt- zum Wirtschaftsminister. Wobei auch weisen Eingriffen, die langfristig denkenden Investo- Letzterer sich nicht mehr davor scheut, das Risiko des ren das Geschäft erschweren und verleiden. Schon be- (Offshore-)Investors zu minimieren, indem er Ver- darf es einer zusätzlichen, vom Verbraucher gezahlten braucher für Lieferausfälle im Netz und dadurch be- Prämie, um die an die EEG-Umlage gewöhnten Öko dingte Vermögensschäden des Anlagenbetreibers in strom-Anbieter langfristig „an den Markt zu bringen“. Haftung nimmt. Da ist es nur konsequent, dass lebhaft nach Während beim Wirtschaftsminister ordnungs- weiteren staatlich finanzierten Anreizen gerufen wird, politische Fehlgriffe noch zu Irritationen führen, die bequemerweise allesamt auf den Strompreis um- haben wir uns das beim Umweltminister längst abge- legt werden können. Alte Kraftwerke, die wegen der wöhnt. Zu dessen Favoriten gehören wahlweise Prä- durch den Ökostrom bedingten Verschiebung der mien zur Einführung neuer oder zum Ausmustern al- Merit Order keinen Gewinn mehr abwerfen, sollen ter Gerätschaften wie Kühlschränke, Fernsehgeräte per Verfügung der Netzagentur weiter für Krisen- oder (Elektro-)Autos. Jüngst punktete das Haus Alt- zeiten am Netz bleiben, selbst wenn den Eigentü- maier beim Sanitärgewerbe mit der Idee eines Finanz- mern die dafür gewährte Prämie nicht reicht. Ande- zuschuss’ zur Heizungssanierung. Wobei die Kosten rerseits will bei ungewissen Aussichten niemand letztlich auf die Verbraucher umgelegt werden. Da in neue Kraftwerke investieren. Schon sind umlage freut sich jeder, der gerade erst ein paar Tausender finanzierte Prämien im Gespräch für all jene, die in eine neue Heizanlage gesteckt hat, dass er sei- neue Kraftwerke bauen. Ist erst einmal die Erzeu- nen Effizienzgewinn gleich sozialisieren darf. gungsseite durchgeplant, wird die Politik auch Mittel Erst recht zeigt sich das bei der Mutter aller Ener finden, den Vertrieb zu bändigen. Reicht nicht letzt- giekostenumlagen, dem Erneuerbare-Energien-Ge- lich ein gut kontrolliertes Stadtwerk für die lokale setz. Nach dem EEG werden in diesem Jahr mehr Versorgung? als 17 Milliarden Euro umverteilt, am Markt vorbei, So bewegt sich die deutsche Energiepolitik ohne Wettbewerb, ohne Risiko für die Erzeuger. Schritt für Schritt in die falsche Richtung. So hatten Stimmen die Voraussagen für 2013, wird die Umlage wir uns die Energiemarktliberalisierung nicht vor auf mehr als 22 Milliarden Euro steigen. Das wäre gestellt. Die Politik hat sie, der Kalauer muss jetzt gut das Doppelte dessen, was der „Solidarbeitrag“ sein, einfach umgelegt. auf die Einkommensteuer dem Bund einträgt. Steigende Kosten und Ineffizienzen sind Andreas Mihm ist Wirtschaftskorrespondent der nur eine Seite der Medaille. Der staatlich gesteuerte Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Berlin. Kompass 02/2012 27
„Europäisches Design statt kommunaler Flickenteppich“ Ein neues Design für den Erzeugungsmarkt ist ein hervorragendes Mittel, um das volatile Angebot und die bislang starre Nachfrage einander anzupassen — wenn es europaweit und wettbewerblich ausgestaltet wird. Kleinteilige, rein national gedachte Lösungen helfen da nicht weiter. Das erl äutert der bne-Vorstandsvorsitzende Dr. Hans-Martin Huber-Ditzel im Interview mit Dr. Joachim Müller-Soares. 28 Kompass 02/2012
Müller-Soares: Herr Huber-Ditzel, alle reden von K apazitätsmärkten. Sie auch? Huber-Ditzel: Niemand in der Branche bezweifelt, dass wir Kapazitätsmärkte brauchen. Über deren Aus- gestaltung kann man zwar trefflich streiten. Fest steht aber: Das Abnahme- und Verbrauchsverhalten von Haushalten und der Industrie ist relativ starr. Wenn die Sonne mal nicht scheint oder der Wind nicht weht, muss trotzdem Leistung zur Verfügung stehen. Das ist die zentrale Herausforderung der Energie wende. Mit Kapazitätsmärkten kann man Angebot und Nachfrage einander anpassen. Reicht es dazu nicht aus, bestehende Gas- und Kohle- kraftwerke entsprechend hochzufahren? Das hat in der Vergangenheit doch auch funktioniert … Das Problem liegt in der Größenordnung der in den Markt strömenden erneuerbaren Energien und dem politischen Ziel, deren Anteil zügig auf 50 bis 80 Pro- zent hochzuschrauben. Mit der Abhängigkeit von fluk- tuierendem Strom aus Sonne und Wind wird das The- ma Kapazitätsmärkte immer wichtiger. Sonst werden neue Gaskraftwerke erst gebaut, wenn es bereits Ver- sorgungsengpässe gibt – also zu spät. Wenn es aber einen Bedarf gibt, dann werden doch Unternehmen automatisch Kraftwerke bauen, insbeson- dere flexible G+D-Anlagen, oder? Wir wissen, dass sich momentan neue Gaskraftwerke nicht rechnen. Der Gaspreis ist noch relativ hoch, die Summe aus Strompreis und CO 2-Zertifikatepreis relativ niedrig. Was ist denn, wenn die EU in den Markt eingreift und die CO 2-Zertifikate verknappt? Bei steigendem CO 2- Preis rechnen sich doch neue Gaskraftwerke, oder? Durch die Verknappung von Zertifikaten den Preis zu manipulieren ist zwar eine Möglichkeit. Es wäre aber wieder ein Eingriff in den Markt, den wir als bne weit weniger akzeptabel finden als eine Lösung über Wettbewerb im Markt. Ihnen wäre also ein politisch bestimmter Kapazitäts- markt lieber? Ja. Investitionen in Gaskraftwerke sind langfristig, die betriebswirtschaftlichen Investitionszeiträume lie- gen über 20 Jahre, deshalb brauchen wir verlässliche Kompass 02/2012 29
„Verteilnetzfusionen und -kooperationen auf breiter Front würden Synergien h eben, die Energiewende vereinfachen — und letztendlich allen Kunden erhebliche Kostenvorteile bescheren.“ Rahmenbedingungen und die sind im Moment nicht die Stabilität einzusetzen. Immerhin ist der Klima- gegeben. Kapazitätsmärkte könnten wie eine über schutz ein Hauptargument für die Energiewende. geordnete „fünfte Regelzone“ funktionieren. Die Auktionen sollten also so gestaltet werden, dass Wir haben doch schon vier Regelzonen in Deutsch- alte CO 2-Schleudern nicht mitmachen? land. Und Sie wollen noch eine? Ja, wobei wir wieder beim Thema CO2 wären. Bei hö- Nein. Wir sagen nur, dass die Ausschreibungen für heren Zertifikate-Preisen würde das der Markt regeln, Kapazitätsmärkte ähnlich laufen und ebenfalls von im Moment haben wir aber sehr niedrige CO2-Preise. der Bundesnetzagentur organisiert werden könnten. Wichtig ist ein Auktionsverfahren unter Wettbewerbs- Die großen Vier RWE, Eon, EnBW und Vattenfall bedingungen – also diskriminierungsfrei. Zudem p ochen darauf, dass deren bestehende Gas- und müssen möglichst viele Unternehmen an der Auktion K ohlekraftwerke mit einbezogen werden. teilnehmen. Verständlicherweise, das würde ich an deren Stelle auch. Aber die CO 2-Emissionen einzelner Anlagen müs- Nur aus Deutschland, oder aus ganz Europa? sen dabei aus meiner Sicht zwingend berücksichtigt Aus ganz Europa. Bei der Regelenergie gab es dafür werden, wenn man es mit dem Klimaschutz ernst meint. schon Beispiele. Wir hatten im vergangenen Winter, als es so kalt war, Netzengpässe. Damals hat ein altes Die großen Vier dominieren auch die Regelzonen. Ölkraftwerk in Österreich, das noch in Reserve war, Weil Sie das Thema vorhin schon angesprochen haben: für die Netzstabilität in Deutschland gesorgt. Wie viele Regelzonen halten Sie in Deutschland für angemessen? Sollten bestehende Gas- und Kohlekraftwerke in die Als bne fordern wir seit langem, aus den vier beste- Auktionen einbezogen werden — oder nur Neubauten? henden eine einzige bundesweite Regelzone zu ma- Eine Begrenzung nur auf neue Kraftwerke ist in der chen. Der Status Quo ist historisch bedingt. Es gab Praxis schwierig. Zudem gibt es einen wichtigen ener- vier große Versorgungsunternehmen, die auch die Ver- giewirtschaftlichen Aspekt: Wir müssen nämlich das sorgungsnetze betrieben und geregelt haben; daraus Problem lösen, dass viele Kraftwerksbetreiber nach resultieren die vier heutigen Regelzonen. Mittlerweile und nach ihre Kapazitäten abbauen, weil sie sich sind bei den Übertragungsnetzen teilweise neue Ge- nicht mehr rechnen. Die Anzahl der konventionellen sellschafter eingestiegen. Mit denen sollte die Bundes- Kraftwerke geht in Relation zu der wachsenden er regierung nach unserer Meinung über eine einzige neuerbaren Energieerzeugung zurück. Das verschärft deutsche Regelzone verhandeln. das Problem der Netzstabilität. Apropos: Auch im Gasmarkt gibt es noch zu vie- le Marktgebiete. Deren Zahl ist seit der Liberalisierung Sollten alle bestehenden Gas- und Kohlekraftwerke immerhin von 19 auf zwei reduziert worden, nicht zu- einbezogen werden? letzt auf ständigen Druck des bne hin. Trotzdem gilt: Eher nicht. Es stellt sich sicher die Frage, ob es Sinn Auch beim Gas wäre ein einziges Marktgebiet ideal für macht, alte Kraftwerke mit hohen CO 2-Emissionen für den Wettbewerb. 30 Kompass 02/2012
Wieso gibt es eigentlich eine Primär-, Sekundär- und Apropos Flickenteppich: Stört Sie die hohe Zahl Minutenreserve innerhalb der Regelzonen? k ommunaler Verteilnetze? Es geht darum, die 50 Hertz Netzfrequenz konstant Ja, und noch mehr stört mich die hohe Zahl der Aus- zu halten. Daher gibt es die verschiedenen abgestuf- nahmen bei der Regulierung. Die Zahlen sprechen ten Vorhaltungen von Regelenergie: die Primär-, für sich: 794 der 869 Stromverteilnetzbetreiber sind Sekundär- und Minutenreserve. Man kann in jedem von vielen Bereichen der Regulierung ausgenom- Segment an Ausschreibungen der Bundesnetzagen- men, weil sie weniger als 100.000 Kunden haben. Das tur teilnehmen, wenn man die Kriterien erfüllt. ist Folge der De-minimis-Regel, die Brüssel nicht zuletzt auf deutschen Druck in die EU-Richtlinie auf- Wie funktioniert das in der Praxis? genommen hat. Halten wir fest: Mehr als 90 Pro- Der Besitzer eines Kraftwerksparks muss bestimm- zent der Stadtwerke müssen kaum Transparenzregeln te Kriterien erfüllen. Dann kann er an den von der befolgen und der Bundesnetzagentur auch so gut Bundesnetzagentur überwachten Ausschreibun- wie nichts über ihre individuellen Netzausbaupläne gen teilnehmen. Im Prinzip funktioniert das wie oder über ihre Netzmodernisierung berichten. Das folgt: Werden Mengen nachgefragt, gebe ich ein macht die bundesweite Koordination des Netz Angebot ab. Wenn ich dann den Zuschlag bekomme, ausbaus sicher nicht einfacher, um es diplomatisch muss ich diese Leistung vorhalten, bis sie vom zu formulieren. Anders gesagt: Diese Regel ist Übertragungsnetzbetreiber abgerufen wird. Dann ein Unding. Eine alte bne-Forderung lautet daher: muss ich mein Kraftwerk laufen lassen; die geleis- Die Bundesregierung muss die De-minimis-Regel tete Arbeit wird separat vergütet. Es gibt verschie so schnell wie möglich reformieren – oder ganz dene Anbieter für Regelenergie im Markt, die alle a bschaffen. Übrigens wäre die Energiewende mit g ewinnorientiert agieren. Letztendlich werden die weniger Netzbetreibern wesentlich einfacher zu Übertragungsnetzbetreiber stets den günstigsten stemmen. Anbieter auswählen. Wie viele Netzbetreiber braucht Deutschland? Die Stadtwerke fordern auch einen Kapazitätsmarkt. Mit Sicherheit nicht 869 Verteilnetzbetreiber allein Wo liegen die Unterschiede zu Ihren Vorstellungen? im Strombereich. Maximal 50 Betreiber reichen Die Energiewende ist vielfältig und geht dezentral völlig, lieber wären mir sogar nur 30 Betreiber. Fusio- vonstatten. Jedes der fast 900 Stadtwerke setzt sich nen, Übernahmen und Kooperationen auf breiter zwar mit dem Thema Energiewende auseinander, Front würden Synergien heben, den Betrieb effizien- aber leider sehr unkoordiniert. Das Vorantreiben der ter machen, die Energiewende vereinfachen – und Energiewende mit so vielen nicht aufeinander abge- letztendlich allen Kunden erhebliche Kostenvorteile stimmten Stadtwerken ist natürlich schwierig. Wir for- bescheren. dern statt diesem Flickenteppich eine gesamteuro päische Betrachtungsweise, übrigens nicht nur für Dr. Joachim Müller-Soares ist Herausgeber Kapazitätsmärkte, sondern auch für die Bereiche und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins Netzausbau und Netzstabilität. BIZZ energy today. Kompass 02/2012 31
Der bne hat den Energiemarkt lebendiger gemacht — Ver- braucher profitieren von individuelleren Produkten. Doch das Ziel „Wettbewerb“ ist noch nicht überall im Energie- markt angekommen. Die nächsten zehn Jahre gilt es weitere Meilensteine zu erreichen. Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e. V. (vzbv) Der angestrebte Umbau des Energiesystems braucht einen leistungsfähigen, auf Wettbewerb ausgerichteten und europäischen Ordnungsrahmen. Gerade auch der bne kann und muss wichtige Beiträge hierfür liefern. Prof. Marc Oliver Bettzüge, geschäftsführender Direktor des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Univer- sität zu Köln (EWI) Mehr Wettbewerb in der Energieerzeugung ist gut. Da haben VKU und bne die gleiche Stoßrichtung. Auch Wettbewerb bei Verbänden kann nicht schaden. Daher Glückwunsch zu zehn Jahren bne und ich bin mir sicher, dass der bne weiter an Bedeutung gewinnen wird. Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Ver- bandes kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) 32 Kompass 02/2012
Der bne ist ein solider Ansprechpartner für die Belange moderner konventioneller und regenerativer Energien. Ideenvielfalt, technikoffenes Denken, ein gesunder Bezug zum Wettbewerb und das entschlossene Eintreten für mehr Marktwirtschaft mögen den bne auch die kommenden 10 Jahre leiten. Klaus Breil MdB, energie politischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Ohne den bne würde der Wettbewerb weniger gut funktionieren. Der bne hat sich stets konsequent, nimmermüde und ohne faule Kompromisse zu einem dis- kriminierungsfreien Wettbewerb im Energiemarkt bekannt; seine unabhängige Stimme ist aus der energiepolitischen Diskussion nicht wegzudenken. Weiter so! Dr. Jan Haizmann, Geschäftsführer des Verbandes Deutscher Gas- und Strom- händler e. V. (EFET Deutschland) Der Energiemarkt ist seit der Liberalisierung im Umbruch. Der bne hat in den vergangenen 10 Jahren wichtige Im pulse geliefert, damit aus dem Umbruch ein Aufbruch wird — für mehr Wettbewerb, neue Akteure und den Ausbau erneuerbarer Energien. Glückwunsch! Dietmar Schütz, Präsi- dent des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e. V. (BEE) Kompass 02/2012 33
10 Jahre Energie für Wettbewerb — eine Chronik 1998 Die Grundlage des verhandelten Netzzugangs sind Formale Öffnung der Energiemärkte durch Umsetzung s ogenannte „Verbändevereinbarungen“; es exis der ersten EU-Energiebinnenmarktrichtlinien. Am tieren keinerlei gesetzliche oder behördliche Rege- 29. April 1998 tritt das erste „Gesetz zur Neuregelung lungen. des Energiewirtschaftsrechts“ (EnWG) in Kraft: In Deutschland werden damit die formalen Voraussetzun 2000 gen dafür geschaffen, dass Verbraucher ihren Energie- Brüssel droht Deutschland mit einem Vertragsverlet- lieferanten frei wählen können. Die Absprachen über zungsverfahren. Daraufhin unterzeichnen verschiede- Vertriebsgebiete in den sogenannten Demarkations- ne Wirtschaftsverbände auf Wunsch der Bundesregie- verträgen werden verboten und erste Wettbewerbsunter- rung auch eine Verbändevereinbarung Gas. Deren nehmen gegründet. Die Regierung unterlässt aber not- wenige Regeln gelten nur für industrielle Verbraucher wendige gesetzliche Rahmenbedingungen zur Ausgestal- und sind zudem wettbewerbsfeindlich. tung des Netzzugangs für Dritte. Sie setzt stattdessen – Die Folge: Die Netznutzung für dritte Gaslieferanten übrigens als einziges EU-Mitglied – auf den „verhan- ist praktisch unmöglich; an einen Gasgroßhandel delten Netzzugang“ für die Öffnung des Strommarktes. ist nicht zu denken. Für den Gassektor wird im EnWG nicht einmal ein Aufgrund der unerträglichen Wettbewerbsbedingun- Netzzugangsmodell erwähnt. Die Bundesregierung gen auf dem Strom- und Gasmarkt gründen die Un unterschätzt die Macht der ehemaligen Monopole; ternehmen best energy GmbH, LichtBlick – die Zu- bedeutende Wettbewerbshindernisse sind die Folge: kunft der Energie GmbH und Yello Strom GmbH im Netzbetreiber September die Initiative Pro Wettbewerb, um netz • legen Nutzungsentgelte nach Gutdünken fest, unabhäng igen Anbietern eine Stimme zu verlei- • erheben Wechselprämien, hen. Die Hauptforderungen: Erlass von Netzzugangs- • s ubventionieren offen ihren Vertrieb mit verordnungen, Ermöglichung einer diskriminie- Einnahmen aus dem Netz. rungsfreien Netznutzung, gleiche Netzentgelte für 34 Kompass 02/2012
V. l. n. r.: Dr. Henning Borchers, Gründungsgeschäftsführer des bne; bne-Arbeitskreis 2004: Dr. H enning Borchers, Robert Busch, Dr. Sabine Trusiewytsch; bne-Vorstand 2004: Andreas Müller, Thomas Spinnen, Heiko von Tschischwitz, Dr. Gerd Gies, Christian Hagmann, Robert Busch; bne-Fachtagung 2004: Birgit Ortlieb, Almut Stollberg, Norbert Theihs; bne Arbeitskreis 2005: Lisa Thümann, Annette S olzin, Dr. Henning Borchers, Lothar Kriebel alle Marktteilnehmer, Einrichtung einer Regulie vitäten: Durchsetzung und Kontrolle wettbewerb rungsbehörde. licher Prinzipien im Marktgeschehen – insbesondere bei Netzzugang und Netznutzung. 2001 Die Task Force Netzzugang wird im April 2001 vom 2003 damaligen Bundeswirtschaftsminister Werner Müller Weitere Neufassungen der Verbändevereinbarung Gas eingerichtet. Hintergrund: Die Beschwerden über mit entfernungsabhängigen Netznutzungsentgelten B ehinderungen sowohl beim Netzzugang als auch ändern nichts an den fehlenden Rahmenbedingungen beim Lieferantenwechsel häufen sich. Aufgabe der für wirksamen Wettbewerb. Der bne klagt gegen die Task Force ist es, Defizite beim Netzzugang aufzu Verbändevereinbarung, das Landgericht Berlin gibt spüren und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Um dem bne Recht: Die Verbändevereinbarung ist eine die Sachkompetenz zu erhöhen, sind neben vier unzulässige Kartellabsprache – das ist der Anfang vom B eamten aus dem Bundeswirtschaftsministerium Ende des verhandelten Netzzugangs. fünf Experten aus der Energiewirtschaft in der Die EU erlässt im Juni das zweite Energiebinnenmarkt Task Force tätig. Gemeinsam erarbeiten sie einen paket, um die unvollständige Öffnung der Energie- „Best-Practice-Katalog“, der Verhaltensregeln für märkte zu korrigieren. Ziel ist die vollständige Markt- einen schnellen und unkomplizierten Wechsel öffnung mit freier Anbieterwahl für alle Verbraucher des Stromlieferanten aufzeigt. in sämtlichen EU-Mitgliedstaaten. Schwerpunkte: Die Einführung des geregelten Netzzugangs und die Ein- 2002 richtung einer nationalen Regulierungsbehörde, von Die Notwendigkeit einer weiteren Professionali der die Entgeltbildung und weitere Netzzugangsbe- sierung und Bündelung der Interessen neuer Markt- dingungen reguliert werden. Erste Vorschriften zur teilnehmer wird erkannt. Am 25. September 2002 Trennung von Netz und Vertrieb bei integrierten gründen neun Unternehmen den Bundesverband Energieversorgern sollen den diskriminierungsfreien Neuer Energieanbieter e. V. (bne): ares-energie- Netzzugang für Dritte sicherstellen. direkt GmbH, best energy GmbH, BMR-Service GmbH, Electrabel Deutschland AG, LichtBlick – 2004 die Zukunft der Energie GmbH, Rätia Energie AG, Strom-Wechselquote Haushaltskunden zwischen 1998 Riva Energie AG, unit energy stromvertrieb GmbH und 2004: Insgesamt 5 % und Yello Strom GmbH. Die Ziele: Konstruktive Das schreibt die Bundesnetzagentur (BNetzA) in ihrem Mitarbeit bei der Entwicklung eines wettbewerb ersten Jahresbericht aus dem Jahr 2005. Für den Gas- lichen Ordnungsrahmens. Schwerpunkt der Akti markt trifft die BNetzA keine Aussage. Kompass 02/2012 35
V. l. n. r.: bne-Arbeitskreis 2006 u. a. mit Andreas Jahn, Dr. Jochen Starke, Dr. Bernd Kiefer; bne 2006: Dirk Heinze, Andreas Jahn, Florimond Dijkinga; „Wir sind fünf!“ - das bne-Jubiläum: Ingo Kahle, Dr. Herbert Ungerer, Matthias Kurth, Hartmut Schauerte; bne-Fachtagung 2007: Christian Thole, Dr. Heiko Lohmann, Ralf Becker, Dr. Dirk Flandrich 2005 netzunabhängige Gaslieferanten de facto ermöglicht. Hartes Ringen um die Umsetzung des EU-Binnen- Hintergrund ist ein von bne und der Nuon GmbH ein- marktpakets ins deutsche Recht – gegen die Wider- gereichtes Missbrauchsverfahren gegen die Fortschrei- stände der alten Energiewirtschaft und mit einer bung des wegeabhängigen Netzzugangsmodells der z ögerlichen Haltung der Politik. Die Ergebnisse: Netzbetreiber. Die Umstellung auf das Zweivertrags- • Zweites Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) modell zieht sich noch bis zum 1. Oktober 2007 hin. • Die BNetzA wird erstmals mit der Regulierung Unter diesen Netzzugangsbedingungen kann endlich der Netzentgelte und des Netzzugangs im Energie- auch der Gasgroßhandel an der Energiehandelsbörse bereich beauftragt. European Energy Exchange AG (EEX) eingeführt wer- • Erlass der den (Start für das erste Marktgebiet am 1. Juli 2007). – Strom- und Gasnetzzugangsverordnungen – Strom- und Gasnetzanschlussverordnungen Wechselquote Haushaltskunden 2006 – Strom- und Gasnetzentgeltverordnungen Strom: 2,55 % , Gas: 0,04 %* – Grundversorgungsverordnungen 2007 Wechselquote Haushaltskunden 2005 Durch die BNetzA-Festlegung der bundesweit standar- Strom: 2,22 %, Gas: 0,01 %* disierten Prozesse und Formate im Gasmarkt ( GeLi Gas) werden erstmals Marktrollen und Pflichten der Markt 2006 teilnehmer klar definiert. Umsetzungstermin nach Erste Preisblätter der Netzbetreiber werden durch Entwicklung und Implementierung der Datenformate die BNetzA genehmigt. ist der 1. August 2008. Mit der Festlegung bundesweit standardisierter Pro- Mit dem Erlass der Verordnung zum Anschluss von zesse für den Wechsel des Stromanbieters (GPKE) Kraftwerken an das Stromnetz (KraftNAV ) wird der An- sorgt die BNetzA dafür, dass große Zahlen von Wech- schluss neuer Kraftwerke an das Stromnetz vereinfacht. selvorgängen problemlos zu bewältigen sind: Erst- Die bis dato herrschende Preiskontrolle durch die mals werden Regeln für einen automatisierten elek Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt), die bis da- tronischen Datenaustausch definiert, elektronische hin die Allgemeinen Tarifpreise reguliert hat, wird ab- Datenformate vorgegeben und Fristen klar geregelt. geschafft – allerdings durch die bis heute umstrittene In Kraft tritt diese Festlegung am 1. August 2007 – Missbrauchskontrolle im neuen § 29 des Gesetzes nachdem die entsprechenden Datenformate entwi- g egen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ersetzt. ckelt und implementiert worden sind. Durchsetzung des sogenannten Zweivertragsmodells Wechselquote Haushaltskunden 2007 im Gasmarkt: Erst damit wird der Gasnetzzugang für Strom: 6,4 %, Gas: 1,23 %* 36 Kompass 02/2012
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