Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung

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Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung
S TAT E O F T H E A R T

                                              Update:
                                         Pilzerkrankungen
                               Infektionskrankheiten zählen zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Lebensbedrohliche
                                 Pilzinfektionen bei schwerkranken Patienten haben in den letzten Jahren dramatisch an
                               Bedeutung gewonnen. Ein Grund dafür ist die steigende Zahl von stark immungeschwächten
 © SPL, picturedesk.com

                                   Patienten, denen der Fortschritt in der Medizin ein längeres Überleben ermöglicht.

                                                                   Cornelia Lass-Flörl*

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Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T

Aktuelle Entwicklungen                                              einer Region. Die bestehende Grunderkrankung, der Grad einer
                                                                    Immunsuppression und der Aufenthaltsort eines Patienten (die
Weltweit existiert mindestens eine Million Pilzarten; beim Men-     geographische Lage) bestimmen weitgehend das Angehen von
schen werden circa 150 Arten als Krankheitserreger eingestuft.      Pilzinfektionen.
Klinisch unterscheidet man zwischen primären und opportu-
nistischen Pilzinfektionen - hervorgerufen durch echte oder         Die Letalität von invasiven opportunistischen Mykosen ist prin-
obligat pathogene Pilze. Primäre Mykosen werden durch patho-        zipiell hoch (30 bis 50 Prozent), hat aber in den letzten Jahren
gene Pilze verursacht, die in Nord- und/oder Südamerika oder        durch eine verbesserte Diagnostik und gezielte Therapie abge-
Afrika vorkommen wie etwa Histoplasma capsulatum (Histo-            nommen. Nachdem diagnostische Schwierigkeiten die Früher-
plasmose), Coccidioides immites (Kokzidiomykose) und Spo-           kennung einer Pilzinfektion oftmals erschweren, wird die pro-
rothrix schenckii (Sporotrichose). Diese Mykosen werden auch        phylaktische Gabe von Antimykotika bei Hochrisikopatienten
als außereuropäische Mykosen bezeichnet; sie infizieren in der      empfohlen. Bewährt hat sich die Prophylaxe zum Beispiel mit
Regel gesunde Menschen. Die Erreger gelangen über die Atem-         Fluconazol oder Posaconazol bei neutropenischen Patienten
luft oder über Hautverletzungen in den menschlichen Organis-        nach Knochenmarktransplantation oder unter zytostatischer
mus. Das natürliche Habitat ist das Erdreich von Hühnerställen,     Therapie sowie bei Lebertransplantation. Hier konnte die Inzi-
Fledermaushöhlen oder verrottenden Bäumen.                          denz von invasiven Mykosen von > zehn Prozent auf unter fünf
                                                                    Prozent gesenkt werden. Eine Folge der Prophylaxe ist aller-
Die häufigsten importierten Histoplasmosen bei Immunkom-            dings die Verschiebung des Erregerspektrums durch Selektion
petenz beobachtet man nach dem Besuch von Fledermaushöh-            von Non-C. albicans beziehungsweise von Non-Aspergillus. Der
len in Endemiegebieten. Opportunistische Mykosen entstehen          breite Einsatz der Candine und Azole (Aspergillus-wirksame
durch das Vorhandensein von prädisponierenden Faktoren be-          Therapie) führt wahrscheinlich zum vermehrten Auftreten von
ziehungsweise wenn das Gleichgewicht der humanen Pilzflora          invasiven Infektionen mit Mucormyzeten; die invasive Aspergil-
etwa durch Antibiotikagabe verschoben ist. Die wichtigsten op-      lose bei Hochrisikopatienten nimmt tendentiell ab. In Europa
portunistischen Pilzinfektionen werden hierzulande durch Can-       werden sieben bis15 Prozent aller nosokomialen Infektionen
dida (Hefepilze)- und Aspergillus (Schimmelpilze)-Spezies her-      durch Pilze - vorwiegend Candida - verursacht. Bei Septikämien
vorgerufen (fakultativ pathogene Pilze). Aufgrund ihrer niedrigen   von Intensivpatienten gehören sie zu den fünf häufigsten Erre-
Virulenz entfalten diese Erreger ihr pathogenes Potential nur bei   gern. Die Inzidenz von Schimmelpilzinfektionen, die den Haupt-
herabgesetzter Immunsituation. Bei einer aktuellen Bevölke-         anteil der nosokomialen invasiven Pilzinfektionen bei neutro-
rungszahl von 8,2 Millionen liegt die Rate an Candidämien bei       penischen Patienten ausmachen, liegt bei 2,36 Fällen/100.000
2,6/100.000 Einwohner in Österreich. Dies betrifft in zwei Drit-    Personen. Exakte Angaben für Österreich sind schwierig, da es
tel der Fälle Intensivpatienten und in einem Drittel Malignom-      keine flächendeckenden Angaben gibt.
oder Transplantationspatienten. Die Dunkelziffer dürfte etwas
höher liegen. Das Ereignis einer wiederkehrenden Candida-           Weltweit hat sowohl die Anzahl als auch Heterogenität von Ri-
Vaginitis wird mit 2,1/100.000 Einwohner hochgerechnet.             sikopatienten und Pilzarten zugenommen. Epidemiologisch
                                                                    beschäftigt derzeit das vermehrte Auftreten von Infektionen mit
Trotz des generell weltweiten Anstieges von Pilzinfektionen         Candida auris, azol-resistenten Aspergillen, non-Aspergillus
sind große regionale Unterschiede betreffend Erkrankungshäu-        fumigatus wie Fusarium-Spezies und Influenza-assoziierte As-
figkeit und Pilzpathogene festzustellen. Typischerweise kämp-       pergillosen. Die seit Mitte der 1990-iger Jahre auftretenden Azol-
fen Entwicklungsländer gegen Pilzinfektionen, welche mit HIV/       resistenten Aspergillen scheinen allerdings in Österreich eine
AIDS oder unkontrolliertem Diabetes mellitus assoziiert sind;       untergeordnete Rolle zu spielen; zumindest findet man derartige
es dominieren orale und ösophageale Candidiasis, die Kryp-          Isolate im Rahmen der österreichweiten Surveillance nicht. Das
tokokkose und Pneumocystis-Pneumonien. Diese Variabilität           Auftreten von Echinocandin-resistenten Candida-Spezies zeigt
findet ihren Ausdruck in der sogenannten lokalen Epidemio-          mit einer Rate von 0,7 ebenso keine drastische Entwicklung. Im
logie wieder. Diese kann von Land zu Land, von Krankenhaus          Jahre 2018 konnte in Kärnten ein erster Fall von C. auris (Ohrab-
zu Krankenhaus aber sogar von Abteilung zu Abteilung einer          strich) identifiziert werden, ein nachfolgender Ausbruch blieb
medizinischen Einrichtung variieren. Die Ursachen hierfür           allerdings aus. Die neu auftretenden Pilzarten (emerging patho-
sind mannigfaltig und ergeben sich aus der Tatsache von un-         gens) zeigen zahlreiche unterschiedliche Resistenzmuster auf,
terschiedlichen Prädispositionen, Infektionsrisiken, multiplen      es handelt sich hier um primäre (natürliche) Resistenzen. Dieser
Komorbiditäten. Sie reflektieren zum einen das nicht uniforme       epidemiologische Trend basiert auf zwei wesentlichen Faktoren,
klinische Management und zum anderen das Vorhandensein              nämlich einer verbesserten mikrobiologischen Diagnostik und
von lokalen Umgebungsfaktoren wie Klima und Vegetation              einer Antimykotika-induzierten Selektion. Die Verfügbarkeit von      »

1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG                                                                                27
Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung
Update: Pilzerkrankungen

»   sehr guten Candida- und Aspergillus-wirksamen Medikamenten                                   Therapie innerhalb von zwölf Stunden die beste Prognose. Ver-
    fördert das Auftreten von anderen Pilzarten. Bei Letzteren können                            zögerungen von 24 bis 48 Stunden können die Letalität verdrei-
    Pilzinfektionen dann als persistierende oder refraktäre Mykosen,                             fachen. Kommensale wie Candida albicans besiedeln vor allem
    als Relapse oder Durchbruchsmykosen auftreten. Die Wahl der                                  den Nährstoff-reichen Verdauungstrakt des Menschen, ohne da-
    zielgerichteten Therapie erfordert eine korrekte Artbestimmung                               bei ins Gewebe einzudringen. Kommt es zu einer Schwächung
    mit Resistenz-Testung.                                                                       der menschlichen Immunabwehr auf Grund von schwerwie-
                                                                                                 genden Erkrankungen oder medikamentös durch die Gabe von
    Krankheitsbilder und Symptome                                                                Steroiden, kann der Pilz zum Krankheitserreger werden und ins
                                                                                                 Gewebe eindringen. Tab. 1 gibt einen Überblick über die wich-
    Die klinischen Symptome von Pilzinfektionen sind unspezifisch                                tigsten Erreger, Risikofaktoren und Übertragungsmechanismen.
    und unterscheiden sich vielfach nicht von bakteriellen Infekti-
    onen. Abhängig von der Grunderkrankung des Patienten und                                     Candida albicans, non C. albicans & Candida auris
    den zugrundeliegenden Manifestationen dominieren Fieber                                      Candida albicans ist der häufigste Erreger von invasiven Mykosen
    über 38,5°C oder Hypothermie unter 36°C, Nicht-Ansprechen                                    und Candidämien (>90 Prozent). Eintrittspforten sind vorwiegend
    auf Antibiotika, eventuell septischer Schock, Multiorganversa-                               intravasale Katheter oder der Gastrointestinaltrakt. Candida glab-
    gen und Gerinnungsstörungen. Entscheidend für die Prognose                                   rata ist der zweithäufigste Erreger, kolonisiert bevorzugt Harnwege
    ist eine frühzeitige Therapie. Bei Candidämie hat eine adäquate                              und Darm und verursacht Infektionen bei Patienten mit viszeral-

    Tab. 1: Die wichtigsten Pilze im Überblick: Übertragung und Epidemiologie

                                                Hefen                                                   Schimmel                                        Kommentare
                             C. albicans                                     A. fumigatus               Mucorales                Scedosporium
       Pathogen

                             C. glabrata                Cryptococcus          A. terreus             (Mucor, Rhizopus,              spezies*
                           C. parapsilosis               neoformans            A. flavus               Rhizomucor,                 Fusarium
                          Candida spezies                                 Aspergillus spezies         Absidia spezies)             spezies**
                                                          Taubenkot                                        Luft
     Habitat

                        Boden, Obst, Pflanzen
     Natürl.

                                                           Erdreich                                        Erde                                        ** Vorkommen in
                         Gastrointestinaltrakt
                                                            Staub                                        Bioabfall                                    wärmeren Gebieten
                          Haut (Mikroflora)
                                                            Gräser                                      Bauarbeiten
     tragung

                                                                                                        Inhalation                                        * ZNS Befall
      Über-

                         Endogene Infektion               Inhalation                               Inokulation (Wunde)                                * Kolonsation bei CF
                                                                                        Beinahe-Ertrinkungsunfälle (Scedosporien)*                         Patienten

                                                                                                                                   Pneumonie
                                                                                                   Rhino-orbito-zerebra-                               Fusarium kann in
       Organ

                             Candidämie                  Meninigits                                                           Blutstrominfektion**
                                                                              Pneumonie            gastrointestinal-kutan;                            Blut nachgewiesen
                         (Blutstrominfektion)            Pneumonie                                                              (Kutane Formen)
                                                                                                        Pneumonie                                           werden
     Ver-
     lauf

                                       lokal  disseminiert                                         lokal  disseminiert

                          Hämatologoische               T Zell Defekte
                                                                                                  Stammzelltransplantation
                             Neoplasie                       (HIV)
                         Abdominalchirurgie                                           Organtransplantation
                                                                           Akute myeloische                                    Akute myeloische
                                 ICU                    Steroidtherapie                              Diabetes mellitus
                                                                              Leukämie                                            Leukämie
                                                                           Akute myeloische                                    Akute myeloische
                            Dialysepflicht                                                              Neutropenie
                                                                              Leukämie                                            Leukämie
                        ZVK und parenterale                                                         Aspergillus-wirksame          Chronische
       Risikofaktoren

                                                                                COPD
                            Ernährung                                                                   Therapie***            Immunsuppression          ***Klassische
                                                                                                                                                      Durchbruchinfektion
                                                                                                    Einsatz von Defero-      Verletzung bei Garten-
                           Steroidtherapie                                Influenzapneumonie                                                          unter zb Voriconazol
                                                                                                           xamin                    arbeiten
                                                                                                                                                       oder Caspofungin
                             Antibiotika                                                            Multiple Kolonisation
                              Multiple
                                                                                         Erhöhte exogene Exposition (Bauarbeiten)
                            Besiedelung
                         Genetische Dispo-
                                                                              Chronische             Chronische meta-
                         sition für Toll-Like                                                                                       HIV / AIDS
                                                                            Granulomatose            bolische Azidose
                             Rezeptoren
                                                                          Genetische Dispo-
                         TH17-Defekte und
                                                                          sition für Toll-Like                                       Steroide
                        Dektin- 1 Signalwege
                                                                              Rezeptoren
    CF = cystische Fibrose; ZNS = zentrales Nervensystem                                                                                                 Quelle: Lass-Flörl C.

    28                                                                                                                   ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 1/2 | 25. Jänner 2020
Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T

chirurgischen Eingriffen. Candida parapsilosis wird häufiger bei        In Abhängigkeit von der örtlichen Epidemiologie können auch
pädiatrischen Intensivpatienten nachgewiesen. Diese Spezies neigt       Aspergillus flavus, Aspergillus niger und Aspergillus terreus auf-
zur Biofilm-Produktion an Kathetern; eine exogene Übertragung           treten. Eine Infektion erfolgt gewöhnlich durch das Inhalieren
durch mangelhafte Händehygiene wird diskutiert. Candida tropi-          der Konidien (Fruchtkörper), die wegen ihrer geringen Größe
calis gilt als virulenter Vertreter bei hämatologischen Patienten und   von zwei bis drei µm bis zu den Bronchiolen vordringen. As-
geht mit einer höheren Letalität (60 Prozent) einher. Candida krusei    pergillus-Infektionen bei nicht-immunsupprimierten Patienten
wird etwas seltener isoliert und wenn, dann bevorzugt bei hämato-       sind selten und treten nur als lokale Infektionen (Otitis externa,
logisch-onkologischen Patienten mit Neutropenie. Candida auris          Sinusitis), bei vorgeschädigter Lunge als Aspergillom oder als
wurde erstmals 2009 in Asien bei einer Otomykose nachgewiesen.          allergisch-bronchopulmonale Aspergillose auf. Die invasive As-
Seitdem breitet sich Candida auris weltweit aus. Zuletzt wurden         pergillose manifestiert sich zumeist pulmonal; in Abhängigkeit
in den USA, Großbritannien und Indien zahlreiche Erkrankungen           der Immunitätslage sind Disseminationen möglich. Die Klinik
und schwer beherrschbare Ausbrüche erfasst. In Österreich wur-          der pulmonalen Aspergillose ist unspezifisch und geht mit Fie-
de bislang ein Isolat detektiert; der Patient brachte diesen Erreger    ber (meist vor Auftreten von pulmonalen Infiltraten), Husten,
vermutlich aus dem Ausland mit. Dieser Hefepilz ist gegen viele         Hämoptoe, bei Pleurabeteiligung thorakale Schmerzen oder
Antimykotika resistent; er kann zu Harnwegs- und Wundinfekti-           Pleurareiben einher.
onen sowie Sepsis führen. Candida auris hat eine starke Tendenz,
an Oberflächen zu haften und Patienten zu kolonisieren.                 Mucormyzeten, Fusarien, Scedosporien
                                                                        In den letzten Jahren kam es zu vermehrtem Auftreten von In-
Cryptococcus neoformans                                                 fektion mit Mucormyzeten bei immunsupprimierten Patienten.
Kryptokokken sind Hefepilze, die in Erde, Staub sowie vor allem         Die Genera der Mucorales (Rhizopus, Mucor, Rhizomucor,
in Vogelkot von Tauben vorkommen. In Europa erworbene                   Absidia, Cunninghamella, Apophysomyces und Saksenaea)
Kryptokokkosen werden meist durch die Hefe Cryptococcus                 verursachen angioinvasive Infektionen und präsentieren sich
neoformans verursacht; die Erkrankung kommt vor allem bei Ab-           klinisch als rhino-orbito-zerebrale, pulmonale, disseminierte,
wehrschwäche vor. Mit einer Mortalitätsrate von 25 Prozent tritt        kutane oder gastrointestinale Infektionen. Die Mortalität kann
Cryptococcus gattii auf; diese Vertreter sind hochvirulent und be-      abhängig von der Grundkrankheit des Patienten nahezu 100
fallen Gesunde. Die Infektion erfolgt durch Inhalation der Hitze-       Prozent betragen. Gefährdet für Mucormykosen sind Patienten,
und Austrocknungs-resistenten Erreger. Wichtigster Manifestati-         die immunsupprimiert sind, an Diabetes mellitus leiden, Steroi-
onsort neben der Lunge ist nach hämatogener Streuung das ZNS.           de einnehmen oder wegen Eisenüberladung mit Deferroxamin
Die Kryptokokkose erfolgt durch Inhalation von Pilzsporen; in der       behandelt werden. Bei Immunkompetenten ist eine Mucor-
Lunge entstehen oftmals nur diskrete Läsionen. Gefährdet sind           mykose sehr selten und tritt dann meistens nach Trauma auf.
Patienten mit T-Zell-Defekten (HIV mit geringen CD4-Zahlen              Diese Fadenpilze sind ubiquitär verbreitet; die Infektion erfolgt
z.B.
Update: Pilzerkrankungen

»   immunsupprimierte Patienten. Die wichtigsten Vertreter der           rate. Bei immunsupprimierten Patienten nach Organtransplan-
    Scedosporien sind S. apiospermum und Lomentospora prolificans.       tation sowie bei septischen Komplikationen nach abdominal-
                                                                         chirurgischen Eingriffen besteht jedoch die Gefahr einer sekun-
    Eine Pilzkeratitis, die durch Schimmelpilze der Gattung Fusari-      dären Pneumonie nach hämatogener Streuung.
    um verursacht wird, ist eine besonders schwerwiegende Form
    der Hornhautentzündung, die schwer zu behandeln ist. In letz-        Die Anzucht von Sprosspilzen aus Dauerkathetern (Blasenkathe-
    ter Zeit berichten europäische Referenz-Zentralen über einen         ter, Drainagen) hat nur eine geringe diagnostische Relevanz; die
    Anstieg solcher Fusariumkeratiden. Betroffen waren Patienten         Kolonisation des Materials ist wahrscheinlich. Eine Candidurie
    ohne zugrundeliegende systemische Grunderkrankungen; viel-           (>10 4 KBE/ml von Candida im Urin) ist bei Intensivpatienten häu-
    mehr korrelierte eine Infektion des Auges mit dem Tragen von         fig. Die Unterscheidung, ob es sich dabei um eine Kolonisation oder
    weichen Kontaktlinsen.                                               Infektion handelt, muss im Einzelfall geklärt werden. Bis zu 30 Pro-
                                                                         zent der nosokomialen Harnwegsinfektionen bei Intensivpatienten
    Pneumocystis jirovecii                                               werden durch Candida verursacht. Aber nur acht Prozent der Pati-
    Einzellige Pilze dieser Gattung sind opportunistische, extrazel-     enten mit Candidurie entwickeln in der Folge eine Candidämie mit
    luläre Pathogene mit ausgeprägter Wirtsspezifität für Menschen       denselben Erregern. Bei Vorliegen einer Candidurie sollte der Bla-
    und bestimmte Säugetiere. Bisher konnte kein weiteres natür-         senkatheter gewechselt werden. Die Anforderung eines Pilznach-
    liches Reservoir gefunden werden. Beim Menschen verursacht           weises im Stuhl ist diagnostisch unsinnig.
    Pneumocystis jirovecii bei Immundefizienz - insbesondere bei
    HIV (CD4-Zellen
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T

Antibiotikatherapie mit Penicillinen (durch Kontamination dieser   tenzprüfung durchgeführt werden. Einen Überblick über die
Antibiotika mit Galaktomannan) oder bei allogener Stammzell-       wichtigsten Resistenzmuster gibt Abb. 1. Bei Isolation von Schim-
transplantation durch Resorption von Galaktomannan aus dem         melpilzen aus klinisch relevantem Material (zum Beispiel Lun-
Darm bei Mukositis möglich. Neben dem Nachweis im Serum            genbiopsie oder BAL) muss die Pilzgattung bestimmt werden. Die
wird der Test auch zum Nachweis in BAL, Liquor und Punktaten       großflächige Bedeutung der Resistenztestung für Schimmel ist bis-
verwendet. Besonders der Nachweis in BAL scheint frühzeitig auf    lang ungeklärt.
eine pulmonale Aspergillose hinzuweisen.
                                                                   Molekularbiologische Methoden
Routinemäßige Pilz-serologische Überwachungsuntersuchungen         Durch die Anwendung von molekularen Verfahren ist künftig
sind außer bei Patienten mit schweren Immundefekten nicht zu       eine Beschleunigung der Diagnostik von Pilzinfektionen zu er-
empfehlen; individuelleAusnahmen (zum Beispiel nach Organ-         warten; validierte Verfahren stehen noch aus.
transplantationen) sind möglich. Bei komplexen Fragestellungen
sollte immer Kontakt mit einem mikrobiologischen Labor aufge-      Therapie von Candida-Infektionen
nommen werden.
                                                                   Für die Wahl eines geeigneten Antimykotikums ist die nachgewie-
Die Diagnose von selteneren Schimmelpilzinfektionen (Mucor-        sene Erregerspezies, der Schweregrad der Erkrankung, das indivi-
myzeten, Fusarium- und Scedosporium-Spezies) ist nur durch         duelle Risiko des Patienten, seine Organfunktionen, Vorbehand-
eine genaue Spezies-Diagnose mittels kulturellem Erregernach-      lungen mit Antimykotika sowie die lokale Resistenz-Situation von
weis möglich.                                                      Bedeutung. Für die Therapie von invasiven Mykosen geben die
                                                                   Leitlinien der European Society of Clinical Microbiology (ESCMID)
Speziesbestimmung und Resistenztestung                             oder Infectious Diseases Society of America (IDSA) entsprechende
Die Wahl eines Antimykotikums ist von der Pilz-Gattung/-Spezies    Empfehlungen (Abb. 2). Für die Therapie stehen im Wesentlichen
abhängig; daher sollte von allen klinisch bedeutsamen Candida-     drei Substanzklassen zur Verfügung: Polyene (konventionelles Am-
Isolaten möglichst rasch eine Spezies-Identifizierung und Resis-   photericin B und Lipidpräparationen), Azole (Fluconazol, Vorico-    »
Abb. 1: Die wichtigsten Resistenzphänotypen im Überblick

Quelle: Lass-Flörl C.

1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG                                                                              31
Update: Pilzerkrankungen

»   nazol, Posaconazol, Itraconazol, Isavuconazol) und Echinocandine      Candidämie bei neutropenischen Patienten
    (Caspofungin, Anidulafungin, Micafungin). Da eine verspätete Dia-     Bei den meisten Patienten ist ein Echinocandin oder Lipid-for-
    gnose mit einer hohen Sterblichkeit einhergeht, sollte die Therapie   muliertes Amphotericin B zu bevorzugen. Bei Infektion mit C.
    einer invasiven Mykose bereits vor dem gesicherten Nachweis           glabrata sind Echinocandine gut wirksam; bei C. krusei Echino-
    empirisch (prä-emptiv) begonnen werden. Die exakte Bestim-            candine oder Lipid-formuliertes Amphotericin B. Fluconazol ist
    mung der zugrundeliegenden Erreger ist zunehmend von großer           möglich bei Patienten, die nicht kritisch krank sind, keine Azol-
    klinischer Bedeutung, da die einzelnen Pilzgattungen und Pilzarten    Vorbehandlung erhalten haben oder bei denen empfindliche
    unterschiedliche in vivo- und in vitro-Empfindlichkeiten gegen-       Erreger (C. parapsilosis, C. albicans) nachgewiesen wurden. Die
    über den Antimykotika aufweisen. Abb. 3 gibt einen Überblick über     Therapie sollte nach der letzten positiven Blutkultur und, dem
    die Substanzen und deren Indikationen.                                Verschwinden der Symptome noch mindestens 14 Tage fortge-
                                                                          führt werden.
    Candidämie bei nicht-neutropenischen Patienten
    Wird bei nicht-neutropenischen Patienten C. albicans oder             Cryptokokken-Infektionen
    C. parapsilosis als Erreger nachgewiesen, kann in den mei-            Zur Initialtherapie wird liposomales Amphotericin B plus 5-Flu-
    sten Fällen (abhängig von der lokalen Resistenzsituation)             cytosin oder Fluconazol empfohlen, zur anschließenden Erhal-
    mit Fluconazol therapiert werden. Bei unbekanntem Erre-               tungstherapie beziehungsweise Rezidivprophylaxe bei anhal-
    ger oder Nachweis von Candida non-albicans (C. glabrata,              tendem Immundefekt Fluconazol.
    C. krusei) oder Vorbehandlung mit Azolen sollten ein Echi-
    nocandin oder Amphotericin B bevorzugt werden. Bei ZNS-               Aspergillus-Infektionen
    Beteiligung sollte Voriconazol oder eine Kombination mit              Für die Primärtherapie der invasiven pulmonalen Aspergillose
    Voriconazol bevorzugt werden. Bei Therapieversagen und                wird Voriconazol, Isavuconazol oder liposomales Amphotericin
    Vorbehandlung mit Azolen wird ein Echinocandin oder Am-               B empfohlen. Für die Zweitlinien (Salvage)-Therapie existieren
    photericin B empfohlen; bei Vorbehandlung mit einem Echi-             Caspofungin, Micafungin oder Posaconazol. Bei ZNS-Aspergil-
    nocandin Amphotericin B.                                              lose sollte vorzugsweise Voriconazol wegen seiner guten Pene-

       Abb. 2: Therapeutische Möglichkeiten bei invasiven Pilzinfektionen

                                                                                                                           Abhängig vom
                                                                                                                           Pilzpathogen

    Quelle: Lass-Flörl C.

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DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T

tration ins ZNS zumindest als Kombinationspartner eingesetzt                                   gantransplantation oder bei HIV mit CD4-Zellen
Update: Pilzerkrankungen

»   Echinocandine (Caspofungin, Anidulafungin und Micafungin)                   geeigneter Dosierung verwendet werden. Bei kritisch kranken Pa-
    haben eine gute Wirksamkeit gegen Candida-Spezies und teil-                 tienten beziehungsweise hämodynamischer Instabilität, früherer
    weise Aspergillen. Echinocandine sind generell gut verträglich; un-         Azol-Exposition oder hohem Risiko für C. glabrata oder C. krusei
    erwünschte Wirkungen können Blutdruckabfall und Hitzegefühl                 sollte ein Echinocandin bevorzugt werden. Bei invasiven Candida-
    infolge von Histamin-Ausschüttung bei zu schneller Infusion sein.           Infektionen sollten unbedingt intravasale Katheter gewechselt oder
    Zwischen Micafungin und Caspofungin gibt es keinen Unterschied              entfernt werden, da sie eine häufige Eintrittspforte für Erreger sind.
    im therapeutischen Outcome von invasiven Candida-Infektionen.               Bei Patienten mit Peritonitis und Nachweis von Candida in Perito-
                                                                                neal-Abstrichen muss im Einzelfall geklärt werden, ob eine antimy-
    Amphotericin B wird aufgrund der weniger guten Verträglich-                 kotische Therapie erforderlich ist. Da es sich beim Nachweis von
    keit nur noch selten eingesetzt. Die Nephrotoxizität ist bei Lipid-         Candida in Bronchialsekret von nicht-neutropenischen Patienten
    assoziierten Darreichungsformen von Amphotericin B deut-                    in den meisten Fällen um Kolonisationen handelt, ist meist keine
    lich vermindert. Alle Amphotericin B-Verbindungen haben ein                 systemische Therapie erforderlich. In Abb. 5 werden die Möglich-
    sehr breites Spektrum und wirken gegen die wichtigsten Hefen,               keiten der Therapieanpassung bei Nicht-Ansprechen erläutert.
    Schimmel und andere Pilze.
                                                                                Kombinationstherapien
    Fallgruben                                                                  Kombinationen von Amphotericin B mit 5-Flucytosin zeigen
                                                                                einen synergistischen Effekt zum Beispiel bei der Therapie von
    Wegen der Schwierigkeiten bei der Diagnostik lassen sich le-                Kryptokokken-Infektionen. Kombinationstherapien bei Asper-
    bensbedrohliche Pilzinfektionen nicht immer sicher diagnosti-               gillus-Infektionen haben in Studien keine Vorteile bezügliche
    zieren. Abb. 4 zeigt mögliche Faktoren eines Therapieversagens              der Letalität gegenüber Monotherapien gezeigt.
    auf. Es ist sinnvoll, bei Risikopatienten nicht nur bei nachgewie-
    sener Infektion, sondern bereits bei dringendem Verdacht auf                Zusammenfassung
    eine Infektion mit einer Therapie zu beginnen.
                                                                                Infektionskrankheiten durch Viren und Bakterien zählen zu den
    Für die Initialtherapie bei klinisch stabilen Patienten ohne Organ-         häufigsten Todesursachen weltweit; dass auch von Pilzinfekti-
    dysfunktion oder Vorbehandlung mit Azolen kann Fluconazol in                onen eine teils lebensbedrohliche Gefahr ausgehen kann, wird

      Abb. 4: Mögliche zugrundeliegende Faktoren eines Therapieversagens

                   * modifiziert nach Lass-Flörl C, Thalhammer F et.al,
                     Experten Statement „Invasive Pilzinfektionen“, Juli 2017

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DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T

häufig unterschätzt. Risikopatienten sind hämatologisch/onko-            • Echinocandine besitzen keine gute Wirksamkeit in tiefen
logische Patienten mit Neutropenie beziehungsweise chronisch               Kompartimenten und sind deshalb zum Beispiel bei Augen-
Kranke. Die Letalität von invasiven Mykosen ist hoch und kann              infektionen oder Meningitis nicht indiziert.
nur durch frühzeitige adäquate Therapie gesenkt werden. Dia-             • Der Einsatz einer chirurgischen Intervention ist im Rahmen
gnostische Schwierigkeiten erschweren jedoch oft die Früh-
erkennung dieser Infektionen.
                                                                           des Infektionsmanagements abzuklären.     ◉
Zur Therapie stehen neben Azolen und dem liposomalem Am-
photericin B gut verträgliche Echinocandine zur Verfügung.

Derzeit sind Infektionen mit resistenten und exotischen Pilzver-         Literatur bei der Verfasserin
tretern auf dem Vormarsch. Hierbei handelt es sich zumeist um
schwierige Durchbruchsinfektionen beziehungsweise Infektionen            *) Univ. Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl
mit sogenannten emerging pathogens wie etwa Candida auris.               Medizinische Universität Innsbruck; Sektion für Hygiene und
                                                                         Medizinische Mikrobiologie; Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck;
Die wichtigsten Fakten sind:                                             Tel.: 0512/9003-70703; E-Mail: cornelia.lass-floerl@i-med.ac.at
• Das Fortschreiten einer Grunderkrankung und die mangeln-
  de Erholung aus einer Phase der Immunschwäche begünsti-                Lecture Board
  gen das Ausbleiben des Behandlungserfolges.                            Univ. Prof. Dr. Florian Thalhammer; Medizinische Universität
• Mangelnde Fokus-Sanierung und die Ausbildung von Biofil-               Wien/Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin
  men machen eine effektive Behandlung von Candida-Infek-                Univ. Prof. Dr. Robert Krause; Medizinische Universität Graz/
  tionen schwierig, auch wenn mikrobiologische Testungen                 Sektion Infektiologie und Tropenmedizin
  einen therapeutischen Effekt vorhersagen.
• Intrinsische Resistenzen wie bei C. krusei, C. glabrata oder A.        Ärztlicher Fortbildungsanbieter
  terreus sollten bekannt sein und beim Therapiekonzept be-              Sektion für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin,
  achtet werden.                                                         Medizinische Universität Innsbruck

  Abb. 5: Therapeutisches Management bei Therapieversagen

            * modifiziert nach Lass-Flörl C, Thalhammer F et.al,
              Experten Statement „Invasive Pilzinfektionen“, Juli 2017

1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG                                                                                     35
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