Update: Pilzerkrankungen - Österreichische Ärztezeitung
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S TAT E O F T H E A R T Update: Pilzerkrankungen Infektionskrankheiten zählen zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Lebensbedrohliche Pilzinfektionen bei schwerkranken Patienten haben in den letzten Jahren dramatisch an Bedeutung gewonnen. Ein Grund dafür ist die steigende Zahl von stark immungeschwächten © SPL, picturedesk.com Patienten, denen der Fortschritt in der Medizin ein längeres Überleben ermöglicht. Cornelia Lass-Flörl* 26 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 1/2 | 25. Jänner 2020
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T Aktuelle Entwicklungen einer Region. Die bestehende Grunderkrankung, der Grad einer Immunsuppression und der Aufenthaltsort eines Patienten (die Weltweit existiert mindestens eine Million Pilzarten; beim Men- geographische Lage) bestimmen weitgehend das Angehen von schen werden circa 150 Arten als Krankheitserreger eingestuft. Pilzinfektionen. Klinisch unterscheidet man zwischen primären und opportu- nistischen Pilzinfektionen - hervorgerufen durch echte oder Die Letalität von invasiven opportunistischen Mykosen ist prin- obligat pathogene Pilze. Primäre Mykosen werden durch patho- zipiell hoch (30 bis 50 Prozent), hat aber in den letzten Jahren gene Pilze verursacht, die in Nord- und/oder Südamerika oder durch eine verbesserte Diagnostik und gezielte Therapie abge- Afrika vorkommen wie etwa Histoplasma capsulatum (Histo- nommen. Nachdem diagnostische Schwierigkeiten die Früher- plasmose), Coccidioides immites (Kokzidiomykose) und Spo- kennung einer Pilzinfektion oftmals erschweren, wird die pro- rothrix schenckii (Sporotrichose). Diese Mykosen werden auch phylaktische Gabe von Antimykotika bei Hochrisikopatienten als außereuropäische Mykosen bezeichnet; sie infizieren in der empfohlen. Bewährt hat sich die Prophylaxe zum Beispiel mit Regel gesunde Menschen. Die Erreger gelangen über die Atem- Fluconazol oder Posaconazol bei neutropenischen Patienten luft oder über Hautverletzungen in den menschlichen Organis- nach Knochenmarktransplantation oder unter zytostatischer mus. Das natürliche Habitat ist das Erdreich von Hühnerställen, Therapie sowie bei Lebertransplantation. Hier konnte die Inzi- Fledermaushöhlen oder verrottenden Bäumen. denz von invasiven Mykosen von > zehn Prozent auf unter fünf Prozent gesenkt werden. Eine Folge der Prophylaxe ist aller- Die häufigsten importierten Histoplasmosen bei Immunkom- dings die Verschiebung des Erregerspektrums durch Selektion petenz beobachtet man nach dem Besuch von Fledermaushöh- von Non-C. albicans beziehungsweise von Non-Aspergillus. Der len in Endemiegebieten. Opportunistische Mykosen entstehen breite Einsatz der Candine und Azole (Aspergillus-wirksame durch das Vorhandensein von prädisponierenden Faktoren be- Therapie) führt wahrscheinlich zum vermehrten Auftreten von ziehungsweise wenn das Gleichgewicht der humanen Pilzflora invasiven Infektionen mit Mucormyzeten; die invasive Aspergil- etwa durch Antibiotikagabe verschoben ist. Die wichtigsten op- lose bei Hochrisikopatienten nimmt tendentiell ab. In Europa portunistischen Pilzinfektionen werden hierzulande durch Can- werden sieben bis15 Prozent aller nosokomialen Infektionen dida (Hefepilze)- und Aspergillus (Schimmelpilze)-Spezies her- durch Pilze - vorwiegend Candida - verursacht. Bei Septikämien vorgerufen (fakultativ pathogene Pilze). Aufgrund ihrer niedrigen von Intensivpatienten gehören sie zu den fünf häufigsten Erre- Virulenz entfalten diese Erreger ihr pathogenes Potential nur bei gern. Die Inzidenz von Schimmelpilzinfektionen, die den Haupt- herabgesetzter Immunsituation. Bei einer aktuellen Bevölke- anteil der nosokomialen invasiven Pilzinfektionen bei neutro- rungszahl von 8,2 Millionen liegt die Rate an Candidämien bei penischen Patienten ausmachen, liegt bei 2,36 Fällen/100.000 2,6/100.000 Einwohner in Österreich. Dies betrifft in zwei Drit- Personen. Exakte Angaben für Österreich sind schwierig, da es tel der Fälle Intensivpatienten und in einem Drittel Malignom- keine flächendeckenden Angaben gibt. oder Transplantationspatienten. Die Dunkelziffer dürfte etwas höher liegen. Das Ereignis einer wiederkehrenden Candida- Weltweit hat sowohl die Anzahl als auch Heterogenität von Ri- Vaginitis wird mit 2,1/100.000 Einwohner hochgerechnet. sikopatienten und Pilzarten zugenommen. Epidemiologisch beschäftigt derzeit das vermehrte Auftreten von Infektionen mit Trotz des generell weltweiten Anstieges von Pilzinfektionen Candida auris, azol-resistenten Aspergillen, non-Aspergillus sind große regionale Unterschiede betreffend Erkrankungshäu- fumigatus wie Fusarium-Spezies und Influenza-assoziierte As- figkeit und Pilzpathogene festzustellen. Typischerweise kämp- pergillosen. Die seit Mitte der 1990-iger Jahre auftretenden Azol- fen Entwicklungsländer gegen Pilzinfektionen, welche mit HIV/ resistenten Aspergillen scheinen allerdings in Österreich eine AIDS oder unkontrolliertem Diabetes mellitus assoziiert sind; untergeordnete Rolle zu spielen; zumindest findet man derartige es dominieren orale und ösophageale Candidiasis, die Kryp- Isolate im Rahmen der österreichweiten Surveillance nicht. Das tokokkose und Pneumocystis-Pneumonien. Diese Variabilität Auftreten von Echinocandin-resistenten Candida-Spezies zeigt findet ihren Ausdruck in der sogenannten lokalen Epidemio- mit einer Rate von 0,7 ebenso keine drastische Entwicklung. Im logie wieder. Diese kann von Land zu Land, von Krankenhaus Jahre 2018 konnte in Kärnten ein erster Fall von C. auris (Ohrab- zu Krankenhaus aber sogar von Abteilung zu Abteilung einer strich) identifiziert werden, ein nachfolgender Ausbruch blieb medizinischen Einrichtung variieren. Die Ursachen hierfür allerdings aus. Die neu auftretenden Pilzarten (emerging patho- sind mannigfaltig und ergeben sich aus der Tatsache von un- gens) zeigen zahlreiche unterschiedliche Resistenzmuster auf, terschiedlichen Prädispositionen, Infektionsrisiken, multiplen es handelt sich hier um primäre (natürliche) Resistenzen. Dieser Komorbiditäten. Sie reflektieren zum einen das nicht uniforme epidemiologische Trend basiert auf zwei wesentlichen Faktoren, klinische Management und zum anderen das Vorhandensein nämlich einer verbesserten mikrobiologischen Diagnostik und von lokalen Umgebungsfaktoren wie Klima und Vegetation einer Antimykotika-induzierten Selektion. Die Verfügbarkeit von » 1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 27
Update: Pilzerkrankungen » sehr guten Candida- und Aspergillus-wirksamen Medikamenten Therapie innerhalb von zwölf Stunden die beste Prognose. Ver- fördert das Auftreten von anderen Pilzarten. Bei Letzteren können zögerungen von 24 bis 48 Stunden können die Letalität verdrei- Pilzinfektionen dann als persistierende oder refraktäre Mykosen, fachen. Kommensale wie Candida albicans besiedeln vor allem als Relapse oder Durchbruchsmykosen auftreten. Die Wahl der den Nährstoff-reichen Verdauungstrakt des Menschen, ohne da- zielgerichteten Therapie erfordert eine korrekte Artbestimmung bei ins Gewebe einzudringen. Kommt es zu einer Schwächung mit Resistenz-Testung. der menschlichen Immunabwehr auf Grund von schwerwie- genden Erkrankungen oder medikamentös durch die Gabe von Krankheitsbilder und Symptome Steroiden, kann der Pilz zum Krankheitserreger werden und ins Gewebe eindringen. Tab. 1 gibt einen Überblick über die wich- Die klinischen Symptome von Pilzinfektionen sind unspezifisch tigsten Erreger, Risikofaktoren und Übertragungsmechanismen. und unterscheiden sich vielfach nicht von bakteriellen Infekti- onen. Abhängig von der Grunderkrankung des Patienten und Candida albicans, non C. albicans & Candida auris den zugrundeliegenden Manifestationen dominieren Fieber Candida albicans ist der häufigste Erreger von invasiven Mykosen über 38,5°C oder Hypothermie unter 36°C, Nicht-Ansprechen und Candidämien (>90 Prozent). Eintrittspforten sind vorwiegend auf Antibiotika, eventuell septischer Schock, Multiorganversa- intravasale Katheter oder der Gastrointestinaltrakt. Candida glab- gen und Gerinnungsstörungen. Entscheidend für die Prognose rata ist der zweithäufigste Erreger, kolonisiert bevorzugt Harnwege ist eine frühzeitige Therapie. Bei Candidämie hat eine adäquate und Darm und verursacht Infektionen bei Patienten mit viszeral- Tab. 1: Die wichtigsten Pilze im Überblick: Übertragung und Epidemiologie Hefen Schimmel Kommentare C. albicans A. fumigatus Mucorales Scedosporium Pathogen C. glabrata Cryptococcus A. terreus (Mucor, Rhizopus, spezies* C. parapsilosis neoformans A. flavus Rhizomucor, Fusarium Candida spezies Aspergillus spezies Absidia spezies) spezies** Taubenkot Luft Habitat Boden, Obst, Pflanzen Natürl. Erdreich Erde ** Vorkommen in Gastrointestinaltrakt Staub Bioabfall wärmeren Gebieten Haut (Mikroflora) Gräser Bauarbeiten tragung Inhalation * ZNS Befall Über- Endogene Infektion Inhalation Inokulation (Wunde) * Kolonsation bei CF Beinahe-Ertrinkungsunfälle (Scedosporien)* Patienten Pneumonie Rhino-orbito-zerebra- Fusarium kann in Organ Candidämie Meninigits Blutstrominfektion** Pneumonie gastrointestinal-kutan; Blut nachgewiesen (Blutstrominfektion) Pneumonie (Kutane Formen) Pneumonie werden Ver- lauf lokal disseminiert lokal disseminiert Hämatologoische T Zell Defekte Stammzelltransplantation Neoplasie (HIV) Abdominalchirurgie Organtransplantation Akute myeloische Akute myeloische ICU Steroidtherapie Diabetes mellitus Leukämie Leukämie Akute myeloische Akute myeloische Dialysepflicht Neutropenie Leukämie Leukämie ZVK und parenterale Aspergillus-wirksame Chronische Risikofaktoren COPD Ernährung Therapie*** Immunsuppression ***Klassische Durchbruchinfektion Einsatz von Defero- Verletzung bei Garten- Steroidtherapie Influenzapneumonie unter zb Voriconazol xamin arbeiten oder Caspofungin Antibiotika Multiple Kolonisation Multiple Erhöhte exogene Exposition (Bauarbeiten) Besiedelung Genetische Dispo- Chronische Chronische meta- sition für Toll-Like HIV / AIDS Granulomatose bolische Azidose Rezeptoren Genetische Dispo- TH17-Defekte und sition für Toll-Like Steroide Dektin- 1 Signalwege Rezeptoren CF = cystische Fibrose; ZNS = zentrales Nervensystem Quelle: Lass-Flörl C. 28 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 1/2 | 25. Jänner 2020
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T chirurgischen Eingriffen. Candida parapsilosis wird häufiger bei In Abhängigkeit von der örtlichen Epidemiologie können auch pädiatrischen Intensivpatienten nachgewiesen. Diese Spezies neigt Aspergillus flavus, Aspergillus niger und Aspergillus terreus auf- zur Biofilm-Produktion an Kathetern; eine exogene Übertragung treten. Eine Infektion erfolgt gewöhnlich durch das Inhalieren durch mangelhafte Händehygiene wird diskutiert. Candida tropi- der Konidien (Fruchtkörper), die wegen ihrer geringen Größe calis gilt als virulenter Vertreter bei hämatologischen Patienten und von zwei bis drei µm bis zu den Bronchiolen vordringen. As- geht mit einer höheren Letalität (60 Prozent) einher. Candida krusei pergillus-Infektionen bei nicht-immunsupprimierten Patienten wird etwas seltener isoliert und wenn, dann bevorzugt bei hämato- sind selten und treten nur als lokale Infektionen (Otitis externa, logisch-onkologischen Patienten mit Neutropenie. Candida auris Sinusitis), bei vorgeschädigter Lunge als Aspergillom oder als wurde erstmals 2009 in Asien bei einer Otomykose nachgewiesen. allergisch-bronchopulmonale Aspergillose auf. Die invasive As- Seitdem breitet sich Candida auris weltweit aus. Zuletzt wurden pergillose manifestiert sich zumeist pulmonal; in Abhängigkeit in den USA, Großbritannien und Indien zahlreiche Erkrankungen der Immunitätslage sind Disseminationen möglich. Die Klinik und schwer beherrschbare Ausbrüche erfasst. In Österreich wur- der pulmonalen Aspergillose ist unspezifisch und geht mit Fie- de bislang ein Isolat detektiert; der Patient brachte diesen Erreger ber (meist vor Auftreten von pulmonalen Infiltraten), Husten, vermutlich aus dem Ausland mit. Dieser Hefepilz ist gegen viele Hämoptoe, bei Pleurabeteiligung thorakale Schmerzen oder Antimykotika resistent; er kann zu Harnwegs- und Wundinfekti- Pleurareiben einher. onen sowie Sepsis führen. Candida auris hat eine starke Tendenz, an Oberflächen zu haften und Patienten zu kolonisieren. Mucormyzeten, Fusarien, Scedosporien In den letzten Jahren kam es zu vermehrtem Auftreten von In- Cryptococcus neoformans fektion mit Mucormyzeten bei immunsupprimierten Patienten. Kryptokokken sind Hefepilze, die in Erde, Staub sowie vor allem Die Genera der Mucorales (Rhizopus, Mucor, Rhizomucor, in Vogelkot von Tauben vorkommen. In Europa erworbene Absidia, Cunninghamella, Apophysomyces und Saksenaea) Kryptokokkosen werden meist durch die Hefe Cryptococcus verursachen angioinvasive Infektionen und präsentieren sich neoformans verursacht; die Erkrankung kommt vor allem bei Ab- klinisch als rhino-orbito-zerebrale, pulmonale, disseminierte, wehrschwäche vor. Mit einer Mortalitätsrate von 25 Prozent tritt kutane oder gastrointestinale Infektionen. Die Mortalität kann Cryptococcus gattii auf; diese Vertreter sind hochvirulent und be- abhängig von der Grundkrankheit des Patienten nahezu 100 fallen Gesunde. Die Infektion erfolgt durch Inhalation der Hitze- Prozent betragen. Gefährdet für Mucormykosen sind Patienten, und Austrocknungs-resistenten Erreger. Wichtigster Manifestati- die immunsupprimiert sind, an Diabetes mellitus leiden, Steroi- onsort neben der Lunge ist nach hämatogener Streuung das ZNS. de einnehmen oder wegen Eisenüberladung mit Deferroxamin Die Kryptokokkose erfolgt durch Inhalation von Pilzsporen; in der behandelt werden. Bei Immunkompetenten ist eine Mucor- Lunge entstehen oftmals nur diskrete Läsionen. Gefährdet sind mykose sehr selten und tritt dann meistens nach Trauma auf. Patienten mit T-Zell-Defekten (HIV mit geringen CD4-Zahlen Diese Fadenpilze sind ubiquitär verbreitet; die Infektion erfolgt z.B.
Update: Pilzerkrankungen » immunsupprimierte Patienten. Die wichtigsten Vertreter der rate. Bei immunsupprimierten Patienten nach Organtransplan- Scedosporien sind S. apiospermum und Lomentospora prolificans. tation sowie bei septischen Komplikationen nach abdominal- chirurgischen Eingriffen besteht jedoch die Gefahr einer sekun- Eine Pilzkeratitis, die durch Schimmelpilze der Gattung Fusari- dären Pneumonie nach hämatogener Streuung. um verursacht wird, ist eine besonders schwerwiegende Form der Hornhautentzündung, die schwer zu behandeln ist. In letz- Die Anzucht von Sprosspilzen aus Dauerkathetern (Blasenkathe- ter Zeit berichten europäische Referenz-Zentralen über einen ter, Drainagen) hat nur eine geringe diagnostische Relevanz; die Anstieg solcher Fusariumkeratiden. Betroffen waren Patienten Kolonisation des Materials ist wahrscheinlich. Eine Candidurie ohne zugrundeliegende systemische Grunderkrankungen; viel- (>10 4 KBE/ml von Candida im Urin) ist bei Intensivpatienten häu- mehr korrelierte eine Infektion des Auges mit dem Tragen von fig. Die Unterscheidung, ob es sich dabei um eine Kolonisation oder weichen Kontaktlinsen. Infektion handelt, muss im Einzelfall geklärt werden. Bis zu 30 Pro- zent der nosokomialen Harnwegsinfektionen bei Intensivpatienten Pneumocystis jirovecii werden durch Candida verursacht. Aber nur acht Prozent der Pati- Einzellige Pilze dieser Gattung sind opportunistische, extrazel- enten mit Candidurie entwickeln in der Folge eine Candidämie mit luläre Pathogene mit ausgeprägter Wirtsspezifität für Menschen denselben Erregern. Bei Vorliegen einer Candidurie sollte der Bla- und bestimmte Säugetiere. Bisher konnte kein weiteres natür- senkatheter gewechselt werden. Die Anforderung eines Pilznach- liches Reservoir gefunden werden. Beim Menschen verursacht weises im Stuhl ist diagnostisch unsinnig. Pneumocystis jirovecii bei Immundefizienz - insbesondere bei HIV (CD4-Zellen
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T Antibiotikatherapie mit Penicillinen (durch Kontamination dieser tenzprüfung durchgeführt werden. Einen Überblick über die Antibiotika mit Galaktomannan) oder bei allogener Stammzell- wichtigsten Resistenzmuster gibt Abb. 1. Bei Isolation von Schim- transplantation durch Resorption von Galaktomannan aus dem melpilzen aus klinisch relevantem Material (zum Beispiel Lun- Darm bei Mukositis möglich. Neben dem Nachweis im Serum genbiopsie oder BAL) muss die Pilzgattung bestimmt werden. Die wird der Test auch zum Nachweis in BAL, Liquor und Punktaten großflächige Bedeutung der Resistenztestung für Schimmel ist bis- verwendet. Besonders der Nachweis in BAL scheint frühzeitig auf lang ungeklärt. eine pulmonale Aspergillose hinzuweisen. Molekularbiologische Methoden Routinemäßige Pilz-serologische Überwachungsuntersuchungen Durch die Anwendung von molekularen Verfahren ist künftig sind außer bei Patienten mit schweren Immundefekten nicht zu eine Beschleunigung der Diagnostik von Pilzinfektionen zu er- empfehlen; individuelleAusnahmen (zum Beispiel nach Organ- warten; validierte Verfahren stehen noch aus. transplantationen) sind möglich. Bei komplexen Fragestellungen sollte immer Kontakt mit einem mikrobiologischen Labor aufge- Therapie von Candida-Infektionen nommen werden. Für die Wahl eines geeigneten Antimykotikums ist die nachgewie- Die Diagnose von selteneren Schimmelpilzinfektionen (Mucor- sene Erregerspezies, der Schweregrad der Erkrankung, das indivi- myzeten, Fusarium- und Scedosporium-Spezies) ist nur durch duelle Risiko des Patienten, seine Organfunktionen, Vorbehand- eine genaue Spezies-Diagnose mittels kulturellem Erregernach- lungen mit Antimykotika sowie die lokale Resistenz-Situation von weis möglich. Bedeutung. Für die Therapie von invasiven Mykosen geben die Leitlinien der European Society of Clinical Microbiology (ESCMID) Speziesbestimmung und Resistenztestung oder Infectious Diseases Society of America (IDSA) entsprechende Die Wahl eines Antimykotikums ist von der Pilz-Gattung/-Spezies Empfehlungen (Abb. 2). Für die Therapie stehen im Wesentlichen abhängig; daher sollte von allen klinisch bedeutsamen Candida- drei Substanzklassen zur Verfügung: Polyene (konventionelles Am- Isolaten möglichst rasch eine Spezies-Identifizierung und Resis- photericin B und Lipidpräparationen), Azole (Fluconazol, Vorico- » Abb. 1: Die wichtigsten Resistenzphänotypen im Überblick Quelle: Lass-Flörl C. 1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 31
Update: Pilzerkrankungen » nazol, Posaconazol, Itraconazol, Isavuconazol) und Echinocandine Candidämie bei neutropenischen Patienten (Caspofungin, Anidulafungin, Micafungin). Da eine verspätete Dia- Bei den meisten Patienten ist ein Echinocandin oder Lipid-for- gnose mit einer hohen Sterblichkeit einhergeht, sollte die Therapie muliertes Amphotericin B zu bevorzugen. Bei Infektion mit C. einer invasiven Mykose bereits vor dem gesicherten Nachweis glabrata sind Echinocandine gut wirksam; bei C. krusei Echino- empirisch (prä-emptiv) begonnen werden. Die exakte Bestim- candine oder Lipid-formuliertes Amphotericin B. Fluconazol ist mung der zugrundeliegenden Erreger ist zunehmend von großer möglich bei Patienten, die nicht kritisch krank sind, keine Azol- klinischer Bedeutung, da die einzelnen Pilzgattungen und Pilzarten Vorbehandlung erhalten haben oder bei denen empfindliche unterschiedliche in vivo- und in vitro-Empfindlichkeiten gegen- Erreger (C. parapsilosis, C. albicans) nachgewiesen wurden. Die über den Antimykotika aufweisen. Abb. 3 gibt einen Überblick über Therapie sollte nach der letzten positiven Blutkultur und, dem die Substanzen und deren Indikationen. Verschwinden der Symptome noch mindestens 14 Tage fortge- führt werden. Candidämie bei nicht-neutropenischen Patienten Wird bei nicht-neutropenischen Patienten C. albicans oder Cryptokokken-Infektionen C. parapsilosis als Erreger nachgewiesen, kann in den mei- Zur Initialtherapie wird liposomales Amphotericin B plus 5-Flu- sten Fällen (abhängig von der lokalen Resistenzsituation) cytosin oder Fluconazol empfohlen, zur anschließenden Erhal- mit Fluconazol therapiert werden. Bei unbekanntem Erre- tungstherapie beziehungsweise Rezidivprophylaxe bei anhal- ger oder Nachweis von Candida non-albicans (C. glabrata, tendem Immundefekt Fluconazol. C. krusei) oder Vorbehandlung mit Azolen sollten ein Echi- nocandin oder Amphotericin B bevorzugt werden. Bei ZNS- Aspergillus-Infektionen Beteiligung sollte Voriconazol oder eine Kombination mit Für die Primärtherapie der invasiven pulmonalen Aspergillose Voriconazol bevorzugt werden. Bei Therapieversagen und wird Voriconazol, Isavuconazol oder liposomales Amphotericin Vorbehandlung mit Azolen wird ein Echinocandin oder Am- B empfohlen. Für die Zweitlinien (Salvage)-Therapie existieren photericin B empfohlen; bei Vorbehandlung mit einem Echi- Caspofungin, Micafungin oder Posaconazol. Bei ZNS-Aspergil- nocandin Amphotericin B. lose sollte vorzugsweise Voriconazol wegen seiner guten Pene- Abb. 2: Therapeutische Möglichkeiten bei invasiven Pilzinfektionen Abhängig vom Pilzpathogen Quelle: Lass-Flörl C. 32 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 1/2 | 25. Jänner 2020
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T tration ins ZNS zumindest als Kombinationspartner eingesetzt gantransplantation oder bei HIV mit CD4-Zellen
Update: Pilzerkrankungen » Echinocandine (Caspofungin, Anidulafungin und Micafungin) geeigneter Dosierung verwendet werden. Bei kritisch kranken Pa- haben eine gute Wirksamkeit gegen Candida-Spezies und teil- tienten beziehungsweise hämodynamischer Instabilität, früherer weise Aspergillen. Echinocandine sind generell gut verträglich; un- Azol-Exposition oder hohem Risiko für C. glabrata oder C. krusei erwünschte Wirkungen können Blutdruckabfall und Hitzegefühl sollte ein Echinocandin bevorzugt werden. Bei invasiven Candida- infolge von Histamin-Ausschüttung bei zu schneller Infusion sein. Infektionen sollten unbedingt intravasale Katheter gewechselt oder Zwischen Micafungin und Caspofungin gibt es keinen Unterschied entfernt werden, da sie eine häufige Eintrittspforte für Erreger sind. im therapeutischen Outcome von invasiven Candida-Infektionen. Bei Patienten mit Peritonitis und Nachweis von Candida in Perito- neal-Abstrichen muss im Einzelfall geklärt werden, ob eine antimy- Amphotericin B wird aufgrund der weniger guten Verträglich- kotische Therapie erforderlich ist. Da es sich beim Nachweis von keit nur noch selten eingesetzt. Die Nephrotoxizität ist bei Lipid- Candida in Bronchialsekret von nicht-neutropenischen Patienten assoziierten Darreichungsformen von Amphotericin B deut- in den meisten Fällen um Kolonisationen handelt, ist meist keine lich vermindert. Alle Amphotericin B-Verbindungen haben ein systemische Therapie erforderlich. In Abb. 5 werden die Möglich- sehr breites Spektrum und wirken gegen die wichtigsten Hefen, keiten der Therapieanpassung bei Nicht-Ansprechen erläutert. Schimmel und andere Pilze. Kombinationstherapien Fallgruben Kombinationen von Amphotericin B mit 5-Flucytosin zeigen einen synergistischen Effekt zum Beispiel bei der Therapie von Wegen der Schwierigkeiten bei der Diagnostik lassen sich le- Kryptokokken-Infektionen. Kombinationstherapien bei Asper- bensbedrohliche Pilzinfektionen nicht immer sicher diagnosti- gillus-Infektionen haben in Studien keine Vorteile bezügliche zieren. Abb. 4 zeigt mögliche Faktoren eines Therapieversagens der Letalität gegenüber Monotherapien gezeigt. auf. Es ist sinnvoll, bei Risikopatienten nicht nur bei nachgewie- sener Infektion, sondern bereits bei dringendem Verdacht auf Zusammenfassung eine Infektion mit einer Therapie zu beginnen. Infektionskrankheiten durch Viren und Bakterien zählen zu den Für die Initialtherapie bei klinisch stabilen Patienten ohne Organ- häufigsten Todesursachen weltweit; dass auch von Pilzinfekti- dysfunktion oder Vorbehandlung mit Azolen kann Fluconazol in onen eine teils lebensbedrohliche Gefahr ausgehen kann, wird Abb. 4: Mögliche zugrundeliegende Faktoren eines Therapieversagens * modifiziert nach Lass-Flörl C, Thalhammer F et.al, Experten Statement „Invasive Pilzinfektionen“, Juli 2017 34 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 1/2 | 25. Jänner 2020
DFP-Literaturstudium S T A T E O F T H E A R T häufig unterschätzt. Risikopatienten sind hämatologisch/onko- • Echinocandine besitzen keine gute Wirksamkeit in tiefen logische Patienten mit Neutropenie beziehungsweise chronisch Kompartimenten und sind deshalb zum Beispiel bei Augen- Kranke. Die Letalität von invasiven Mykosen ist hoch und kann infektionen oder Meningitis nicht indiziert. nur durch frühzeitige adäquate Therapie gesenkt werden. Dia- • Der Einsatz einer chirurgischen Intervention ist im Rahmen gnostische Schwierigkeiten erschweren jedoch oft die Früh- erkennung dieser Infektionen. des Infektionsmanagements abzuklären. ◉ Zur Therapie stehen neben Azolen und dem liposomalem Am- photericin B gut verträgliche Echinocandine zur Verfügung. Derzeit sind Infektionen mit resistenten und exotischen Pilzver- Literatur bei der Verfasserin tretern auf dem Vormarsch. Hierbei handelt es sich zumeist um schwierige Durchbruchsinfektionen beziehungsweise Infektionen *) Univ. Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl mit sogenannten emerging pathogens wie etwa Candida auris. Medizinische Universität Innsbruck; Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie; Schöpfstraße 41, 6020 Innsbruck; Die wichtigsten Fakten sind: Tel.: 0512/9003-70703; E-Mail: cornelia.lass-floerl@i-med.ac.at • Das Fortschreiten einer Grunderkrankung und die mangeln- de Erholung aus einer Phase der Immunschwäche begünsti- Lecture Board gen das Ausbleiben des Behandlungserfolges. Univ. Prof. Dr. Florian Thalhammer; Medizinische Universität • Mangelnde Fokus-Sanierung und die Ausbildung von Biofil- Wien/Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin men machen eine effektive Behandlung von Candida-Infek- Univ. Prof. Dr. Robert Krause; Medizinische Universität Graz/ tionen schwierig, auch wenn mikrobiologische Testungen Sektion Infektiologie und Tropenmedizin einen therapeutischen Effekt vorhersagen. • Intrinsische Resistenzen wie bei C. krusei, C. glabrata oder A. Ärztlicher Fortbildungsanbieter terreus sollten bekannt sein und beim Therapiekonzept be- Sektion für Hygiene, Mikrobiologie und Sozialmedizin, achtet werden. Medizinische Universität Innsbruck Abb. 5: Therapeutisches Management bei Therapieversagen * modifiziert nach Lass-Flörl C, Thalhammer F et.al, Experten Statement „Invasive Pilzinfektionen“, Juli 2017 1/2 | 25. Jänner 2020 ÖSTERREICHISCHE ÄRZTEZEITUNG 35
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