Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland - Zusammenstellung der realisierten, geplanten und gescheiterten Modelle
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland Zusammenstellung der realisierten, geplanten und gescheiterten Modelle
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland Zusammenstellung der realisierten, geplanten und gescheiterten Modelle (Stand: Juli 2022) Dr. Matthias Gruhl
Inhalt Inhalt Gegenstand der Expertise 6 Vorgehen 6 Historisches Beispiel 8 Allgemeinmedizinische Abteilung Krankenhaus Thedinghausen 8 Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv 9 SKH Stadtteilklinik Hamburg 9 Ambulant Stationäres Zentrum Templin (ASZ) 11 Kinder-Portalpraxisklinik (KPPK) Wolgast 14 Praxisklinik Travemünde der Sana Klinik AG 16 Pflegehotel Willingen 17 Vorhaben der kGÜv mit fortgeschrittenem Planungsstand 18 Gesundheitsnetz Köln-Süd (GKS) e. V. 18 Gesundheitszentrum Spaichingen 20 SHG-Klinikum Hochwald 22 Planungen von kGÜv-Vorhaben 23 StatAMed 23 Regionales Gesundheitszentrum (RGZ) Niedersachsen 24 PORT-Projekte der Robert Bosch Stiftung 26 Gescheiterte kGÜv-Projekte 27 Gesundheitscampus Kirn 27 Kliniken in Vohenstrauß und Waldsassen der Kliniken Nordoberpfalz AG 28 Ilmtalklinik Pfaffenhofen 29 Krankenhaus Havelberg / Gesundheitszentrum Havelberg 30 Marienhaus Klinikum Ahrweiler 31 Fazit und Ausblick 32 Abkürzungen 34 Impressum 35 5
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland GEGENSTAND DER EXPERTISE Seit 2016 ermöglicht der Strukturfonds nach § 12 Kran- rid-DRG oder im Zusammenhang mit dem bisherigen AOP- kenhausfinanzierungsgesetz (KHG) eine Umwandlung Katalog diskutiert wird – Schnittmengen sind aber möglich. von Krankenhäusern oder einzelnen Abteilungen, die nicht bedarfsnotwendig bzw. wirtschaftlich nicht tragfähig sind, Solche Einheiten werden in der Diskussion oft mit ambu in „nicht akutstationäre örtliche Versorgungseinheiten“. lanten, pflegerischen oder gar rehabilitativen Angeboten Intendiert ist damit, insbesondere im Zusammenhang in Regionalen Gesundheitszentren (RGZ) zusammenge- mit regional konzentrierten Gesundheitsangeboten eine führt. Verbunden ist damit auch die Erwartung, z. B. bei kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) unvermeidbaren Krankenhausschließungen die dann allei- zu fördern. Andere Begrifflichkeiten sprechen in diesem nig vertragsärztliche medizinische (Grund-)Versorgung vor Zusammenhang von Kurzliegerbetten, stationärer Low- Ort mit einem solchen Angebot zu erweitern. Dabei wer- Care-Versorgung, allgemeinmedizinisch orientierten den kurzstationäre Angebote als bedeutender Mehrwert kurzstationären Versorgungsformen, Decision Units (DU), im Vergleich zu einer alleinigen ambulanten Versorgung Ambulant Intermediate Care (AIC), Genesungsbetten, dargestellt. Insofern kann die kGÜv auch als ein Baustein betreuter Übernachtung, Patientenhotels oder von einer für die Umsetzung einer größeren Krankenhausreform Erweiterten Ambulanten Versorgung (EAV). betrachtet werden. Aber auch in städtischen Regionen bie- tet sich die kGÜv für ein bestimmtes Klientel als fachlich Fachlich-inhaltlich sollen hierbei Patientinnen und Patien- angemessene, schonende und ortsnahe Versorgung an. ten versorgt werden, die keiner spezialisierten ärztlichen Versorgung sowie keiner invasiven Maßnahmen oder Auch der Koalitionsvertrag 2021–2025 sieht die kurz- aufwendigen Diagnostik bedürfen. In der medizinischen stationäre Versorgung als Teil von integrierten Gesund- Behandlung stehen die Überwachung, Abklärung und heits- und Notfallzentren vor. Bereits existierende sowie Linderung von nicht vital bedrohlichen Krankheitssymp- geplante, primär ambulant ausgerichtete gesundheitliche tomen im Vordergrund. Voraussetzung ist eine kontinuier Zentren diskutieren ebenfalls, ihr Angebot um eine kurz- liche pflegerische Betreuung der Patientinnen und Patien- stationäre Versorgung zu erweitern (z. B. PORT-Projekte, ten (kurzstationäre Grundversorgung). Ebenso kann eine Gesundheitsregionen in Niedersachsen). frührehabilitative Weiterbehandlung nach Erstintervention in (ortsfernen) stationären Schwerpunktzentren vorgenom- Allerdings stehen den zahlreichen Erwartungen und Hoff- men werden, soweit dort gesundheitsberufliche Expertise nungen im fachlichen und politischen Raum an eine kGÜv genutzt werden kann (kurzstationäre Übergangsversorgung). wenige praktische Erkenntnisse und kaum wissenschaftli- che Expertise gegenüber. Ein akzeptiertes Zielmodell oder Ärztliche Kompetenz muss jederzeit erreichbar sein, kann realistische Vorstellungen zur rechtlichen und strukturellen aber sowohl aus dem stationären als auch vom ambulanten Einordnung der kGÜv liegen nicht vor. Sektor erbracht werden. Eine dauerhafte ärztliche Präsenz ist nicht zwingend. Es handelt sich also um einen sehr beschränkten Ausschnitt des Spektrums der heutigen Vorgehen stationären Leistungen bei niedriger Verweildauer (VWD). Die fachliche Nähe zur allgemeinmedizinischen Versorgung Für diese Expertise wurden die in Deutschland existieren- wird oft betont. Das Diagnosespektrum unterscheidet den Ansätze, die sich an dem Konzept einer kGÜv orientie- sich damit deutlich von demjenigen, was zurzeit als Hyb- ren, zusammengestellt und bewertet. Als Basis dafür dien- 6
Wolgast Travemünde Norden Hamburg Templin Thedinghausen Havelberg Sulingen Niedersachsen Südniedersachsen Essen Willingen Köln Ahrweiler Waldsassen Kirn Vohenstrauß Wadern Stuttgart (RBS) l Historisches Beispiel Pfaffenhofen l (z. T.) Realisiert l Realisierung bald möglich l In Planung l Gescheitert Spaichingen ABBILDUNG 1: Lokalisation unterschiedlicher Modelle der kGÜv in Deutschland ten Abfragen in den zuständigen Länderministerien und den Anspruch der Vollständigkeit und einer gesicherten bei fachkundigen Personen, eigene Kenntnisse sowie eine Aktualität auf. Recherche öffentlich zugänglicher Quellen. In gleicher Art und Weise werden laufende, aber auch gescheiterte Abschließend werden die bisherigen Erfahrungen mit der Planungen für eine kGÜv aufgeführt. im Fokus stehenden Versorgungsform bilanziert und ein Ausblick auf die weiteren Arbeitsschritte für die vollstän- Fast alle der geplanten oder (teil-)realisierten Vorhaben, dige Expertise zur Umsetzung einer kGÜv gegeben. Eine Projekte und Modelle befinden sich noch in einem Ent- fachliche und systemische Bewertung des Bedarfs und wicklungsstadium, sodass sich die jeweiligen Sachstände eine umsetzbare Perspektive zur Implementation einer inzwischen verändert haben können. Daher weist die Auf- kGÜv werden konsekutiv erstellt. listung und Beschreibung der genannten Projekte nicht 7
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland HISTORISCHES BEISPIEL Allgemeinmedizinische Abteilung Krankenhaus Thedinghausen STANDORT / REGION ➜ Thedinghausen (Kreis haft ist – oder leiteten das Krankenhaus sogar. Leider Verden / Niedersachsen) lassen sich Spuren dieser intersektoralen allgemeinmedizi- nischen Berufsausübung nur noch in der Literatur finden, WEBSITES ➜ https://www.hausarzt.digital/kultur/ die aber keinen Aufschluss über die nähere Ausgestaltung eckart-sturm-22464.html der Behandlung oder die behandelten Krankheitsbilder ➜ https://www.praxis-dr-roepke.de/praxis/geschichte-der- geben. praxis (jeweils abgerufen am 02.08.2022) Auch in der DDR sollen in Einzelfällen1 stationäre Unter- PROJEKTBESCHREIBUNG Im ländlichen Raum war bringungsmöglichkeiten an Polikliniken (als Trägerinnen der es früher nicht ungewöhnlich, dass die jeweiligen Land- ambulanten Versorgung) angebunden gewesen sein. ärztinnen und -ärzte bettenführende Einheiten in Kran- kenhäusern betreuten oder, wie in Thedinghausen, eigen- 1 Vgl. https://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Poliklinik (abgerufen am 31.07.2022) verantwortlich ein allgemeinmedizinisches Krankenhaus aufbauten und betrieben. Die in vierter Generation durch die Familie Röpke geführte landärztlich-allgemeinmedizinische Praxis wurde bereits 1897 durch ein Krankenhaus mit fünf Betten ergänzt, das, erweitert um 20 allgemeinmedizinische Belegbetten, bis 1993 betrieben wurde. Auch andere örtliche Allgemein medizinerinnen und -mediziner, wie Eckart Sturm, der spätere Lehrbeauftragte und Honorarprofessor der Univer- sität Göttingen, behandelten ihre allgemeinmedizinischen Patientinnen und Patienten in diesem Krankenhaus. Das Gebäude wird inzwischen als Langzeitpflegeeinrich- tung genutzt, das dazugehörende Schwesternheim wurde vor einigen Jahren abgerissen. BEWERTUNG Die Verbindung zwischen allgemein medizinischer Praxis und stationären Versorgungseinrich- tungen war früher in (West-)Deutschland – zumindest im ländlichen Raum – nicht unüblich. Allgemeinmedizinerin- nen und -mediziner praktizierten dabei entweder beleg- ärztlich – was heute für die Allgemeinmedizin nicht statt- 8
Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv MODELLE MIT (TEIL-)REALISIERTER KGÜV SKH Stadtteilklinik Hamburg STANDORT / REGION ➜ Hamburg BEZUG ZUR KGÜV Die SKH Stadtteilklinik Hamburg nimmt nicht an der Notfallversorgung teil. Die Patientinnen WEBSITE ➜ https://www.stadtteilklinik-hamburg.de und Patienten werden nach einem obligaten Vorgespräch (abgerufen am 02.08.2022) zwischen der Ärztlichen Leitung der Klinik und dem zuweisenden niedergelassenen Arzt innerhalb von 24 bis PROJEKTBESCHREIBUNG Ein privater Eigentümer 48 Stunden stationär aufgenommen. Der Paradigmen mehrerer Krankenhäuser in Hamburg betrieb in einem sozi- wechsel besteht in der Transformation kleiner Kliniken alen Brennpunkt der Stadt eine psychiatrisch-somatische in Einrichtungen der „stationären Allgemeinmedizin“ als Klinik mit 82 Betten und trennte sich 2015 von der soma- jeweils einzige „Fachabteilung“ des Krankenhauses (mit tischen Abteilung. Als neuer Träger übernahm ein pharma deutlich reduzierter Bettengesamtzahl und kurzen Verweil- zeutisches Unternehmen diesen Teil des Hauses sowie dauern) und einer obligaten sektorenübergreifenden Kom- Teile der angegliederten Praxisräume. Der Eigentümer munikation im Vorfeld der stationären Behandlung – gegen- dieser SKH Stadtteilklinik Hamburg gründete zusätzlich wärtig erfolgt diese lediglich unidirektional im Nachhinein vor Ort ein allgemeinmedizinisch-internistisch ausgerich- über den Entlassungsbrief. Die Behandlungsführung im tetes Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) sowie ein Krankenhaus obliegt einer leitenden Ärztin bzw. einem bundesweites Netz onkologischer MVZ. Die Klinik ist im leitenden Arzt, die bzw. der auch die medizinische Koordi- Krankenhausplan der Stadt Hamburg mit 15 Betten aus nation übernimmt. Die Sicherung der fachübergreifenden gewiesen, wobei ca. acht belegärztlich genutzt werden Versorgung erfolgt durch regionale assoziierte Beleg- und und fünf für eine „internistisch-allgemeinmedizinische“ Konsiliarärztinnen und -ärzte sowie durch telemedizinische Abteilung zur Verfügung stehen.2 Zusatzangebote. Flankierend unterstützen spezialisierte Pflegekräfte der jeweiligen Regionalklinik sowie der SKH Die Stadtteilklinik engagiert sich intensiv für die Verbes- Stadtteilklinik Hamburg die Hausärztinnen und -ärzte bei serung der medizinischen Versorgung an ihrem Standort, der dringlichen Versorgung der umliegenden Senioren- einem prekären Hamburger Stadtteil, und ist Partnerin des wohnanlagen, z. B. bei der Indikationsstellung einer even- ehemaligen Innovationsfondsprojektes „INVEST“ im nahe tuell notwendigen Krankenhausbehandlung bzw. der gelegenen Stadtteil Billstedt / Horn. In diesem Rahmen Ermöglichung einer Behandlung der Bewohnerinnen und wurde auch eine Dependance des Gesundheitskiosks am Bewohner in ihrer gewohnten Umgebung, um eine Kran- Standort der Klinik eingerichtet. kenhauseinweisung zu vermeiden.3 Das Modellvorhaben wird auf der Basis von Verträgen nach § 140a Sozialgesetzbuch (SGB) V fortgeführt. 9
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland TABELLE 1: Von der AOK Rheinland / Hamburg anerkanntes Leistungsspektrum der SKH Stadteilklinik Hamburg* BELEG-DRG 2021 BELEG-DRG-TEXT 2021 DRG-PARTITION 2021 D61Z Gleichgewichtsstörung, Hörverlust und Tinnitus M F73B Synkope und Kollaps, Alter > 13 Jahre oder mehr als ein Belegungstag M G67C Ösophagitis, Gastroenteritis, gastrointestinale Blutung, Ulkuserkrankung und verschiedene Erkrankungen M der Verdauungsorgane ohne bestimmte oder andere komplizierende Faktoren, ohne äußerst schwere CC G71Z Andere mäßig schwere Erkrankungen der Verdauungsorgane M I75B Schwere Verletzungen von Schulter, Arm, Ellenbogen, Knie, Bein und Sprunggelenk ohne CC oder M Entzündungen von Sehnen, Muskeln und Schleimbeuteln ohne äußerst schwere oder schwere CC Q61B Andere Erkrankungen der Erythrozyten ohne äußerst schwere CC M V60B Alkoholintoxikation und Alkoholentzug oder Störungen durch Alkoholmissbrauch und M Alkoholabhängigkeit ohne psychotisches Syndrom, ohne HIV-Krankheit Z65Z Beschwerden, Symptome, andere Anomalien und Nachbehandlung M * Persönliche Mitteilungen LEISTUNGSSPEKTRUM Die SKH Stadtteilklinik ermöglichen seit Jahren den Betrieb dieser Einrichtung. Hamburg hat einen Vergütungsvertrag mit der AOK Die hier gesammelten Erfahrungen sollen in das Projekt Rheinland / Hamburg über die in Tabelle 1 aufgeführten des Innovationsfonds StatAMed (siehe Seite 23) einfließen. Diagnosis Related Groups (DRGs) abgeschlossen. Allerdings sind die Rahmenbedingungen anders zu bewer- Die AOK betont, dass sich das Leistungsspektrum sehr an ten als in ländlichen Regionen. Durch ihre Einbindung in die den spezifischen Gegebenheiten dieser stadtteilbezogenen sehr gut ausgestattete Hamburger Krankenhauslandschaft Klinik in einer Großstadt orientiert und für andere Settings kann die SKH Stadtteilklinik Hamburg jederzeit auf Hoch- durchaus erweiterbar sei. leistungsmedizin zurückgreifen. Somit besteht für das Haus auch keine Veranlassung, an der Notfall- oder Regelversor- gung teilzunehmen. Ein wirtschaftlicher Betrieb konnte bis BEWERTUNG Die SKH Stadtteilklinik Hamburg ist eine heute, soweit bekannt, noch nicht erreicht werden. der Referenzinstitutionen für die kGÜv. Sowohl 2 Vgl. https://www.hamburg.de/contentblob/4950786/18b6b255b711f60 17dfbd5ad7d0ddf7a/data/krankenhausplan2020-anhang.pdf (abgerufen » die Versorgungsleistung (ambulant-stationäre am 31.07.2022) stadtteilbezogene Versorgung), 3 In Anlehnung an eine Selbstdarstellung der SKH Stadtteilklinik Hamburg: » das für die stationäre Versorgung ausgewählte www.stadtteilklinik-hamburg.de Zielspektrum, » die vertragliche Anerkennung durch einige Krankenkassen und damit » eine finanzielle Absicherung sowie » die rechtliche Konstruktion in Form einer Belegklinik 10
Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv Ambulant Stationäres Zentrum Templin (ASZ) STANDORT / REGION ➜ Templin (Landkreis Bei der Neuorganisation der Akut- und Notfallversorgung Uckermark / Brandenburg) wurden drei wesentliche Versorgungselemente neu imple- mentiert und in das Gesamtkonzept der Notfallversorgung WEBSITE ➜ https://www.asz-templin.de (abgerufen eingebettet: am 08.02.2022) » die Triage, PROJEKTBESCHREIBUNG An dem bestehenden » die Ärztliche Bereitschaftspraxis (ÄBP) und Krankenhaus der Sana Gruppe in Templin wurde im » die Decision Unit (DU). Rahmen der ersten Förderwelle des Innovationsfonds das Projekt „IGiB-StimMT – Strukturmigration im Mittelbereich In der Triage wird der Versorgungsbedarf von Akut- und Templin“ gestartet. Erreicht wurde das Projektziel über die Notfallpatientinnen und -patienten eingeschätzt. In der Migration des Sana Krankenhauses Templin, des KV Regio- ÄBP werden Patientinnen und Patienten mit akuten, aber Med Zentrums Templin, weiterer ambulanter Versorgungs- nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen medizinisch ver- angebote von Vertragsärztinnen und -ärzten und von sorgt. MVZ am Standort sowie des im Projekt aufgebauten Koordinierungs- und Beratungszentrums (KBZ) in ein Das ASZ wurde nach der Projektphase am 30. März 2022 Ambulant-Stationäres Zentrum (ASZ) in einer Trägerpart- feierlich eröffnet. Nach vier Jahren Projektlaufzeit bestätigte nerschaft. Die erforderlichen Umbaumaßnahmen wurden der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesaus- aus Mitteln des Strukturfonds nach § 12 KHG gefördert. schuss (G-BA) am 1. April den Erfolg des Modellprojektes mit der Empfehlung zur Überführung in die Regelversor- Das ASZ soll in die Rechtsform einer GmbH geführt gung. werden. Für eine Trägerpartnerschaft des ASZ Templin kommen nach derzeitigem Recht und dem Stand der BEZUG ZUR KGÜV Die im ASZ Templin integrierte Gespräche nachfolgende Partnerinnen infrage: DU stellt eine Übergangsversorgung vor einer stationären Versorgung für minderschwere Erkrankungen dar. Ziele » Sana Kliniken Berlin-Brandenburg GmbH sind die Vermeidung stationärer Aufnahmen durch ein » Kommune Stadt Templin niederschwelliges wohnortnahes Angebot im Rahmen der » Gesund in Templin GmbH (Managementgesellschaft Neustrukturierung der Akut- und Notfallversorgung und des Arztnetzes Gesund in Templin e. V.) die Steigerung der Versorgungssicherheit. Hier werden » Kassenärztliche Vereinigung (KV) Brandenburg4 Patientinnen und Patienten über einen Zeitraum von maxi- mal 24 Stunden überwacht sowie pflegerisch betreut und Das Leistungsspektrum des lokalen Krankenhauses wurde beobachtet, für die nicht sofort entschieden werden kann, von bisher 120 auf 96 Betten angepasst. Momentan sind ob eine ambulante Behandlung ausreichend oder eine sta- für den neuen Krankenhausplan des Landes Brandenburg tionäre Aufnahme erforderlich ist. Zeigt sich, dass eine neben einer sehr geringen Bettenzahl in der Chirurgie und stationäre Behandlung erforderlich ist, werden die Pati- Gynäkologie rund 70 Betten für die internistische Abtei- entinnen und Patienten in die stationäre Versorgung über- lung mit geriatrischem Schwerpunkt vorgesehen. Die inter- nommen bzw. in ein entsprechend spezialisiertes Kranken- nistische Abteilung beinhaltet auch die im Rahmen des haus geleitet. Die DU wird vom Krankenhaus betrieben Innovationsfonds-Projektes entwickelte Überwachungs und über eine Sonderregelung auch als stationäre Leistung einheit (Decision Unit). Abbildung 2 auf der folgenden abgerechnet. Der Zugang erfolgt durch die Zuweisung von Seite stellt die Versorgungsstruktur des ASZ Templin Ärztinnen und Ärzten der Rettungsstelle. Sie treffen die grafik dar. Entscheidung zur Aufnahme in die Überwachungseinheit. Durch die Integration der Überwachungseinheit in die Rettungsstelle wird eine unmittelbare personelle und pro- zessuale Anbindung an die Rettungsstelle gewährleistet. 11
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland ABBILDUNG 2: Versorgungsstruktur ASZ Templin Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg – Strukturmigration im Mittelbereich Templin Ambulant-stationäres Zentrum (ASZ) Neue Versorgungsmodule • Adressiert • Fördert sektoren- fallzahlintensive übergreifende Versorgung Koordinierungs- und Sektorenübergreifende Krankheitsbilder • Erfüllt Bedarf nach Beratungszentrum (KBZ) Behandlungspfade • Ausrichtung sozialgesetzbuch- auf regionalen übergreifender Beratung Versorgungsbedarf Ärztliche Bereitschaftspraxis Decision Unit (DU) • Verbessert ambulante (ÄBP) • Selektiert ambulant- Versorgung sensitive Fälle • Entlastet die • Vermeidet stationäre Rettungsstelle Aufnahmen • Reduziert Kosten Rettungsstelle • Reduziert Kosten Sana Krankenhaus Templin Rettungsstelle Quelle: https://innovationsfonds.g-ba.de/downloads/beschluss-dokumente/156/2022-04-01_IGiBStimMT_ Evaluationsbericht.pdf, S. 5 (abgerufen am 01.08.2022), © inav GmbH (mit freundlicher Genehmigung des inav) 12
Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv LEISTUNGSSPEKTRUM Das Leistungsspektrum stationäre Struktur dar. Eine rechtlich verbindliche Aus umfasst Erkrankungen von Patientinnen und Patienten gestaltung und eine dauerhaft geklärte Finanzierung sind in allen Altersgruppen mit unklarer Symptomatik oder bisher nicht erreicht worden. Überwachungserfordernis, bei denen aufgrund ihres Zustandes die Entscheidung zur ambulanten oder statio Das ASZ mit der DU wurde sowohl investiv über den nären Weiterbehandlung noch nicht abschließend getrof- Strukturfonds als auch über Mittel des Innovationsfonds fen werden kann. Beispielhafte Symptome sind unklarer mit einem insgesamt hohen Millionenbetrag gefördert. Thoraxschmerz, Krampfanfall, Alkoholintoxikation, Exsik- Damit hatte das Projekt außergewöhnlich gute Startchan- kose, Bluthochdruck, Gelenkluxation mit Analgosedierung, cen, die sicherlich in dieser Form nicht zu verallgemeinern allergische Reaktion, Hypoglykämie, Gallenkolik, Nieren sind. kolik sowie unklarer Bauch-, Rücken- oder Kopfschmerz. Auch die DU wurde während der Projektlaufzeit aus Es erfolgt eine ärztliche Ersteinschätzung und Aufnahme Mitteln des Innovationsfonds finanziert. Nach Auslaufen auf der Überwachungseinheit, die Befunderhebung inklu- der Förderung gelang es nicht, eine Anschlussfinanzierung sive Verlaufskontrollen (z. B. Labor, Sonografie) sowie die zwischen den Leistungserbringerinnen und -erbringern und Einleitung einer Therapie (z. B. Schmerztherapie, spasmo- den Krankenkassen abzusichern.5 Die Kosten der Behand- lytische Therapie, antiallergische Therapie, Volumenthera- lungen in der DU werden vorübergehend von der Sana pie). Während des Aufenthaltes werden die Vitalparameter Kliniken AG getragen. Dies unterstreicht die beschränkte überwacht und, soweit erforderlich, weitere Fachärztinnen Übertragbarkeit von Modellen in die Regelversorgung. und -ärzte im Rahmen eines telemedizinischen Konsils hin- zugezogen. Wichtig ist die durchgehende pflegerische Ver- 4 Vgl. https://www.wido.de/fileadmin/Dateien/Dokumente/Publikationen_ Produkte/GGW/2021/wido_ggw_012021_bohm_et_al.pdf (abgerufen sorgung. Spätestens nach 24 Stunden wird ärztlicherseits am 01.08.2022) eine Entscheidung zur ambulanten oder stationären Wei- 5 vgl. ebd., S. 12 terbehandlung getroffen. BEWERTUNG Die Decision Unit kann in Verbindung mit den anderen Elementen aus der Konzeption des ASZ Templin durchaus als ein beispielgebendes Projekt für eine kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung ange sehen werden. Das dort angebotene Leistungsspektrum zur Behandlung minderschwerer Erkrankungen sowie die Schwerpunktsetzung auf Überwachung und Pflege entsprechen dem Spektrum der kGÜv. Es zeigt sich, dass durch einen Abbau von stationären Betten und die Umwandlung in Überwachungsbetten in der DU eine sinn- volle Stratifizierung von klinischer Versorgung möglich ist. Die Integration der DU in die Krankenhausversorgung entlastet zwar die vollstationäre Versorgung, ist aber an sich keine Innovation in der Krankenhauslandschaft. Zahlreiche andere Häuser haben seit Längerem mit der gleichen Intention sogenannte Aufnahmestationen etab- liert. Insofern ist die DU als Teil eines ambulant-stationär übergreifenden Gesundheitszentrums zwar eine wichtige Ergänzung des vorhandenen Spektrums, allerdings stellt sie in Templin keinen Ersatz für eine nicht mehr vorhandene 13
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland Kinder-Portalpraxisklinik (KPPK) Wolgast STANDORT / REGION ➜ Wolgast (Landkreis Die ärztliche Versorgung erfolgte anfangs durch die ande- Vorpommern-Greifswald / Mecklenburg-Vorpommern) ren nahe gelegenen Pädiatrien, die pflegerische Versorgung durch das Krankenhaus Wolgast. Im weiteren Verlauf wur- WEBSITE ➜ https://www.kreiskrankenhaus-wolgast.de/ den weitere Flächen im Haus für eine Gemeinschaftspraxis de/abteilungen/kinder-portalpraxisklinik (abgerufen am der drei vor Ort niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzte 02.08.2022) eingerichtet. Diese verlagerten ihre Praxissitze in das Kran- kenhaus und übernahmen weitgehend die Betreuung der PROJEKTBESCHREIBUNG Neben einem Universitäts Portalklinik. klinikum und einem größeren Krankenhaus im Süden des Landkreises Vorpommern-Greifswald mit sowohl pädia- Das Institut für Community Medicine der Universitäts trischen als auch geburtshilflichen Abteilungen gibt es in medizin Greifswald evaluierte die KPPK 2017/2018 im der Region im Abstand von 30 Kilometern zwei kleinere Rahmen des Projektes „Regionale Versorgung in Mecklen- Häuser in Wolgast und Anklam, in denen bis 2016 jeweils burg-Vorpommern“. Im Evaluationszeitraum wurden über schlecht ausgelastete Pädiatrien und geringe Geburtenzah- zwölf Monate 3.666 Kinder behandelt, davon zwei Drittel len vorzufinden waren. Zum Einzugsgebiet beider Häuser in der KPPK und ein Drittel in der Chirurgie. Die folgende gehört die Insel Usedom, für die als Urlaubsgebiet saisonal Tabelle führt die häufigsten Behandlungsanlässe nach ein höherer Bedarf insbesondere für pädiatrische Notfälle ICD-10 in der KPPK auf. besteht. Bis einschließlich 2015 einigten sich die beiden Krankenhausträger sowohl untereinander als auch mit den Krankenkassen und dem Land auf ein abgestimmtes Leis- TABELLE 2: Die häufigsten Behandlungsanlässe tungsangebot. Danach wurden Pädiatrie und Gynäkologie / in der KPPK Geburtshilfe im Kreiskrankenhaus Wolgast am 1. Feb- ICD-10-DIAGNOSEN ANZAHL (N) ruar 2016 eingestellt, im südlich gelegenen Anklam aber erhalten. Die Schließung löste in Wolgast heftige und lang J06.9 Akute Infektion der oberen Atemwege 184 anhaltende Bürgerproteste aus. A09.9 Gastroenteritis und Kolitis 87 B34.9 Virusinfektion 70 Um die kindermedizinische Notfallbetreuung besser abzu- sichern, wurde 2017 in Wolgast eine pädiatrische Portal- J20.9 Akute Bronchitis 70 praxisklinik als Pilotprojekt eingerichtet – vom Land initiiert H66.9 Otitis media 62 und finanziell unterstützt. Zwischen Land, Krankenkassen und Klinikträger wurden dafür Vereinbarungen getroffen J06.9 Sonstige akute Infektion 62 (inkl. Evaluierung durch das Institut für Community Medi- J03.9 Akute Tinsillitis 56 cine der Universitätsmedizin Greifswald). Konkret wurden ungenutzte Klinikflächen kurzfristig umgerüstet sowie eine R10.4 Sonstige Bauch- und Beckenschmerzen 50 Notfallsprechstunde und zehn „Kurzlieger-Betten“ eröffnet. R50.9 Fieber 50 Diese dienten der kurzen Beobachtung (einige Stunden J02.9 Akute Pharyngitis 46 und ggf. über Nacht) kranker Kinder, die keiner speziellen stationären pädiatrischen Versorgung bedurften. Die Bet- T14.03 Insektenbiss oder -stich 43 ten wurden außerhalb des Krankenhausplanes des Landes R11 Übelkeit und Erbrechen 42 geführt. S00.95 Oberflächliche Verletzung des Kopfes, Teil nicht näher bezeichnet: Prellung 42 Quelle: Aus dem Evaluationsbericht des Instituts für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald – mit freundlicher Genehmigung des Sozialministeriums Mecklenburg-Vorpommern 14
Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv Die Evaluation schlug aufgrund der geringen nächtlichen Mecklenburg-Vorpommern diskutiert, auch an anderen Inanspruchnahme eine Beschränkung der Öffnungszeiten Orten in ähnlichen Konstellationen disziplinbezogene oder vor. -übergreifende Portalkliniken einzurichten. HEUTIGES LEISTUNGSANGEBOT Die Betten / Plätze (inzwischen als Kindertagesklinik im Krankenhausplan aus- gewiesen) stehen weiterhin für die kurzzeitige Betreuung von leichten Fällen zur Verfügung, die ärztliche Betreuung wird im Wesentlichen von den drei niedergelassenen Ärz- tinnen und Ärzten der Gemeinschaftspraxis übernommen. Ihre Leistungen werden über den Einheitlichen Bewer- tungsmaßstab (EBM) vergütet. Außerhalb der Sprechzeiten der pädiatrischen Gemein- schaftspraxis ist die KPPK wie folgt geöffnet: » Montag 18 – 21 Uhr » Dienstag / Donnerstag 17 – 21 Uhr » Mittwoch / Freitag 14 – 21 Uhr » Samstag / Sonntag / Feiertag 10 – 18 Uhr Für den saisonal erhöhten Bedarf war die KPPK in den Monaten Juli und August 2022 durchgängig von 14 bis 21 Uhr geöffnet. Das Konzept wird durch ein telemedizinisches Netzwerk von ambulant tätigen Pädiaterinnen und Pädiatern sowie umliegenden Krankenhäusern ergänzt. BEWERTUNG Das Konstrukt hat sich als erfolgreicher Einstieg in eine regionale ambulant-stationäre Versorgung etabliert. Erstmals wurde als Kompensation für eine statio- när allein nicht mehr haltbare Versorgung mit viel Mühe eine gemeinsame Versorgungsform zwischen dem vertrags- ärztlichen und dem stationären Sektor geschaffen, die nun seit mehr als fünf Jahren besteht. Es zeigen sich aber auch die Grenzen, die für die sektorenübergreifende Versorgung in einem rechtlich nicht abgesicherten Rahmen gegeben sind. Nur mit hohem Aufwand und im Konsens aller invol- vierten Personen und Institutionen war nach langer Vor bereitung eine solche Überlegung umsetzbar. Die im Hin- blick auf eine erste medizinische Ansprechperson deutlich vorgetragenen Erwartungen aus der Bevölkerung mögen den Einigungswillen gefördert haben. 15
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland Praxisklinik Travemünde der Sana Klinik AG STANDORT / REGION ➜ Travemünde (Stadtteil von Ergänzt wird das Kooperationskonzept durch weitere Lübeck / Schleswig-Holstein) Partnerinnen und Partner im Haus – wie z. B. eine physio- therapeutische Praxis, ein Sanitätshaus, eine Apotheke, WEBSITE ➜ https://www.sana.de/luebeck/medizin- eine podologische Praxis sowie eine Dialyse-Praxis.7 pflege/praxisklinik-travemuende (abgerufen am 02.08.2022) BEWERTUNG Die langjährige intersektorale Koopera tion zwischen einem Krankenhaus und Facharztpraxen PROJEKTBESCHREIBUNG Das kommunale Kran über eine Praxisklinik nach § 122 SGB V zeichnet diesen kenhaus auf dem Priwall in Travemünde mit ehemals Standort aus. Das sehr umfassende Versorgungskonzept 129 Betten stellte 2004 seinen Betrieb ein und wurde ist aber nur über eine enge personelle, administrative und von den Sana Kliniken übernommen. 2005 wurde es for- fachliche Absicherung durch die Kompetenz der nahe mal in eine moderne Praxisklinik umgewandelt, die eng liegenden größeren Schwester-Klinik in Lübeck realisier- mit der nahe gelegenen größeren Sana Klinik Lübeck-Süd bar. Das Leistungsspektrum der Praxisklinik ist eher verbunden ist. Für die notwendigen Investitionen konnten spezialärztlich und weniger grundversorgend ausgerichtet. die Sana Kliniken Lübeck einen externen Partner gewin- nen, mit dem langfristige Mietverträge bestehen. Die Praxisklinik ist als wohnortnahes städtisches Angebot gut etabliert, eignet sich aber weniger für ländliche Regio- Im Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein 2017 nen. sind für die Praxisklinik Travemünde 27 Betten ausgewie- sen, 17 davon in der Inneren Medizin, zehn in operativen 6 Vgl. https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/K/ krankenhaeuser/Downloads/Krankenhausplan_2017_BesondererTeil. Fächern.6 Die Verwaltung der Klinik ist komplett in das pdf;jsessionid=E0E2BDAADA3EFD134CE484D725BA1F0F.delivery2- Mutterhaus, das Sana Krankenhaus Süd, ausgelagert. Auch replication?__blob=publicationFile&v=1 (abgerufen am 01.08.2022) Teile der medizinischen Versorgung sind dort angesiedelt: 7 Vgl. https://www.sana.de/luebeck/medizin-pflege/praxisklinik- travemuende/das-konzept (abgerufen am 01.08.2022) So befunden beispielsweise die Radiologinnen und Radio- logen des Sana Krankenhauses Süd die Röntgenaufnahmen aus der Praxisklinik. Auch Patientinnen und Patienten, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, werden im Krankenhaus Süd versorgt, erfahren in der Praxisklinik jedoch, falls notwendig, eine Monitor-Überwachung sowie die notwendige orientierende Diagnostik und werden hier auch für den Transport stabilisiert. Stationäre Patientinnen und Patienten können rund um die Uhr in der Praxisklinik Travemünde aufgenommen werden. Grundlegender Bestandteil des medizinischen Konzeptes ist die enge Kooperation der Sana Klinik in Travemünde mit den Facharztpraxen (drei Gemeinschaftspraxen: chirurgisch-orthopädisch, internistisch sowie HNO), die im Haus angesiedelt sind. Alle Partnerinnen und Partner stellen gemeinsam die 24-Stunden-Notfallversorgung sicher – tagsüber gelingt dies über die Praxen, nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen über die Sana Kliniken Lübeck. 16
Modelle mit (teil-)realisierter kGÜv Pflegehotel Willingen STANDORT / REGION ➜ Willingen (Landkreis Derzeit wird die Kapazität des Pflegehotels Willingen Waldeck-Frankenberg / Hessen) erweitert (bisherige Zahlen: 15 Kurzzeitpflegeplätze, drei Plätze für pflegende Angehörige sowie 24 Tages WEBSITE ➜ https://www.pflegehotel-willingen.de pflegeplätze). Aufgrund der hohen Nachfrage spielen auch (abgerufen am 02.08.2022) betriebswirtschaftliche Argumente eine wichtige Rolle für die Erweiterung auf 58 Kurzzeitpflegeplätze, sieben Plätze PROJEKTBESCHREIBUNG Seit der Eröffnung im Jahr für pflegende Angehörige und 31 Tagespflegeplätze (inkl. 2008 bietet das Pflegehotel in Willingen eine rehabilitativ Tagespflege „aktiv“) sowie für die Ergänzung um ein Prä- orientierte Kurzzeitpflege mit aktivierenden und thera ventionscenter mit zusätzlichen therapeutischen und reha- peutischen Leistungen an, um die sektorenübergreifende bilitativ orientierten Angeboten. Das Gesamtinvestitions- Versorgung zu verbessern – speziell nach Krankenhaus volumen beträgt rund 13 Mio. Euro. Die Erweiterung wird aufenthalten. Die Idee zu einer derartigen Kurzzeitpflege- vom Hessischen Sozialministerium gefördert. einrichtung entwickelte das Pflegehotel Willingen zusam- men mit der Pflegekasse der AOK Hessen und des MDS. Es bestehen enge räumliche und institutionelle Koope Ziel des Angebotes ist es, durch rehabilitativ-therapeuti- rationen mit dem Gesundheitszentrum PORT Willingen sche Maßnahmen wieder eine möglichst hohe Selbststän- Diemelsee e. V. und mit der hausärztlichen Gemeinschaft- digkeit bei den Pflegebedürftigen nach einem Kranken- spraxis im Zentrum Willingens. Praxis und Patientenhotel hausaufenthalt zu erreichen. bilden den Kern des PORT-Projektes. Seit 2018 ist eine Gesundheitslotsin für beide Institutionen tätig. Zur Umsetzung der Idee wurden entsprechende räumliche und ausstattungstechnische Voraussetzungen geschaffen BEWERTUNG Auch wenn im Patientenhotel Willingen sowie die dafür notwendigen medizinisch-pflegerischen, keine sektorenübergreifende Versorgung praktiziert wird, aktivierenden, rehabilitativen und vor allem auch therapeu- so zeigt sich doch – gerade in der Vertragspartnerschaft tischen Maßnahmen entwickelt. Vertraglich vereinbarten mit der AOK und dem PORT-Zentrum –, dass sich statio die Vertragspartnerinnen und -partner die folgenden näre Einrichtungen nach SGB XI durchaus eignen, eine ersten wesentlichen Eckdaten: Übergangsversorgung zwischen einem stationären Kran- kenhausaufenthalt und der Häuslichkeit mit Erfolg zu orga- » Es handelt sich um eine Einrichtung mit einer Zulassung nisieren, wenn entsprechende zusätzliche Ressourcen zur nach § 72 SGB XI. Verfügung stehen. Insofern ist das Patientenhotel in Willin- » Zielgruppe sind Personen, für die zum Zeitpunkt der gen in diesem Rahmen als eine bewährte Facette der kurz- Inanspruchnahme der Kurzzeitpflege eine Leistung der stationären Grund- und Übergangsversorgung zu nennen. medizinisch-geriatrischen Rehabilitation (noch) nicht infrage kommt. » Der Pflegefachkraftanteil muss ca. 75 Prozent betragen, davon mindestens die Hälfte mit Krankenpflegeexamen. » Es müssen fest angestellte Therapeutinnen und Thera- peuten (Physio- und Ergotherapeutinnen und -thera- peuten) vorgehalten werden. » Es ist eine angestellte Case Managerin bzw. ein ange- stellter Case Manager zu beschäftigen, die bzw. der eine koordinierte Überleitung und ein etwaig erforderliches Case Management sicherstellt. » Die für die Vergütungsfindung entscheidenden Äquiva- lenzziffern werden eng abgestuft – analog zur teilstati- onären Pflege. 17
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland VORHABEN DER KGÜV MIT FORTGESCHRITTENEM PLANUNGSSTAND Gesundheitsnetz Köln-Süd (GKS) e. V. STANDORT / REGION ➜ Köln (Nordrhein-Westfalen) BEZUG ZUR KGÜV Zusammen mit der kooperierenden Forschungseinrichtung hat sich das GKS das Ziel gesetzt, WEBSITE ➜ https://www.gks-gesundheitsnetz.de „mehr ambulant vor stationär“ für die von ihnen versorgten (abgerufen am 02.08.2022) Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Dazu wurde ein gestuftes Modell zur Stärkung der Versorgung mit PROJEKTBESCHREIBUNG Das Gesundheitsnetz einem Leit-Katalog für Leistungserbringende entwickelt Köln-Süd (GKS) e.V. besteht seit dem Jahr 2007 und ist ein (siehe Abb. 3), das für bestimmte Krankheitsbilder bereits regionales Ärztenetz, in dem mehr als 90 Ärztinnen und ausformuliert und finanziell kalkuliert ist. Ärzte in 49 Einrichtungen (Arztpraxen, Krankenhäuser) mit- einander verbunden sind. Vertreten sind sowohl Hausärzte Das Modell lässt sich in Zusammenarbeit mit der im Netz als auch Fachärztinnen. Eine Geschäftsstelle kümmert sich integrierten Praxisklinik und den assoziierten Krankenhäu- um die Organisation und das Management im GKS. Im Jahr sern verwirklichen. Je nach Krankheitsschwere beinhaltet 2010 gründete der Verein die GKS-Management GmbH, es vor einer stationären Aufnahme zwei ambulante Inter- die Verträge mit Krankenkassen abschloss. Es bestehen mediate-Care-Behandlungsmöglichkeiten durch die betei- enge Kooperationen mit drei Krankenhäusern, einer Praxis ligten Vertragsärztinnen und -ärzte oder durch das Kran- klinik nach § 122 SGB V und weiteren Leistungserbringe- kenhaus. rinnen und -erbringern in der Region (Physiotherapiepraxis, Apotheken, Krankentransportunternehmen, Reha-Einrich- Die Basisstufe 1 ist die häusliche und ambulante Versor- tung und eine Forschungseinrichtung). gung mit telemedizinischem Monitoring (24/7-Überwa- ABBILDUNG 3: Die Stufen des Leit-Kataloges des GKS Häusliche und ambulante AIC in der Praxisklinik AIC im Krankenhaus 1 Versorgung mit telemedi- zinischem Monitoring 2a (24/7-Überwachung durch medizinisches Personal 2b (24/7-Überwachung durch medizinisches Personal 3 Stationärer Aufenthalt (24/7-Überwachung durch während des Aufenthaltes während des Aufenthaltes medizinisches Personal) vor Ort) vor Ort) ambulant stationär Quelle: Mit freundlicher Genehmigung und Copyright: figus GmbH, Köln. Die Darstellung enthält geringfügige sprachliche Anpassungen. 18
Vorhaben der kGÜv mit fortgeschrittenem Planungsstand chung durch medizinisches Personal). In Stufe 3 erfolgt die stationäre Aufnahme. Interessant sind vor allem die bei- den Stufen 2a und 2b. In Stufe 2a ist eine Ambulant Inter- mediate Care (AIC) in der Praxisklinik und in Stufe 2b eine AIC im Krankenhaus vorgesehen. Für diesen Versorgungs- pfad wurden die Kosten am Beispiel „F62C HI (Herzinsuf- fizienz)“ vorläufig kalkuliert. Danach könnte ein stationärer Aufenthalt in einem typischen Fall dieser Art patientenori- entiert und ressourcenschonend mit 3.100 Euro statt mit 3.600 Euro vermieden werden. BEWERTUNG Es ist beachtlich, dass in einem Ärztenetz Kritik an der zu hohen Einweisungsrate für ambulant-sen- sitive Fälle geäußert wird und dort auch Möglichkeiten zur Umsteuerung erarbeitet werden. In der Analyse des GKS wird geäußert, dass es kein Vergütungssystem für kurzsta- tionäre Versorgung bzw. für das Management von kom- plexem Versorgungsbedarf gebe und die nötige fachärzt liche Expertise oft nicht „zeitgerecht“ zur Verfügung stehe. Von größter Bedeutung sei aber die unzulängliche Ver- zahnung von haus- und fachärztlicher Versorgung. Zurzeit bemüht sich das GKS um die weitere Konkretisierung die- ses Modells. 19
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland Gesundheitszentrum Spaichingen STANDORT / REGION ➜ Spaichingen (Landkreis Tuttlingen / Baden-Württemberg) TABELLE 3: Mögliches Diagnosespektrum des Gesundheitszentrums Spaichingen WEBSITE ➜ https://www.gesundheitszentrum- KRANKHEITSBILDER UND DIAGNOSEN ICD-CODES spaichingen.de (abgerufen am 02.08.2022) Exsikkose E86 PROJEKTBESCHREIBUNG Im Oktober 2019 Bronchitis, akut J20.9 beschloss der Kreistag des Landkreises Tuttlingen als Klinikbetreiber die Schließung des Krankenhauses Chronische Bronchitis, COPD, Bronchiektasen J42 – F44, J47 Spaichingen zugunsten des Krankenhauses in Tuttlingen. Grundlage dafür war ein externes Gutachten zur Verlage- Pneumonie J12, J18 rung der stationären Angebote vom Standort Spaichingen Herzinsuffizienz I50, I11.0 an den Standort Tuttlingen aus medizinischen, organisa- torischen, personellen und ökonomischen Gründen. Die Chronische ischämische Herzkrankheit I25 Schließung wurde – trotz vieler Proteste aus der Bevöl Hypertensive Krise I10.91, I11.91 kerung – zum Ende des Jahres 2019 vollzogen. Diabetesentgleisung E10, E11, E13 Gleichzeitig empfahlen die Gutachtenden eine Weiter- Koprostase K56.4 entwicklung des Standorts Spaichingen im ambulanten Gastritis K29 Bereich, die durch den Aufbau einer neuen sektorenüber- greifenden Versorgung ergänzend zum heutigen Medizi Diarrhö A09, K52, A04 nischen Versorgungszentrum (MVZ) erzielt werden soll. Mangelernährung E44, E43 Ein entsprechendes intersektorales Konzept wurde 2021 fertiggestellt und sieht für das Gesundheitszentrum Spai- Harnwegsinfekte N39 chingen ein innovatives Erweitertes Ambulantes Versor- Schmerzeinstellung R52 gungszentrum vor. In einer Arbeitsgruppe haben sich das Synkope und Kollaps R55 Land Baden-Württemberg, die Krankenkassen, die KV Baden-Württemberg und der Landkreis Tuttlingen auf Herpes zoster B02 eine detaillierte Absichtserklärung verständigt – mit dem Schwindel und Taumel R42 Ziel, ein Erweitertes Ambulantes Versorgungszentrum am Gesundheitszentrum Spaichingen zu etablieren. Das Erwei- Quelle: Aus dem Konzept für ein Gesundheitszentrum Spaichingen – persönliche Mitteilung des Sozialministeriums Baden-Württemberg terte Ambulante Versorgungszentrum wird neben einem Ärztezentrum mit integriertem ambulanten OP, einem Schlaflabor, einer Tagesklinik für Psychiatrie und Psycho- therapie der Vinzenz von Paul Hospital gGmbH sowie weiteren gesundheitsbezogenen Einrichtungen Teil des Die Patientinnen und Patienten können hier für eine Gesamtpakets „Gesundheitszentrum Spaichingen“. Aufenthaltsdauer von bis zu fünf Tagen vorrangig pflege- risch versorgt werden. Eine Ärztin oder ein Arzt kommt BEZUG ZUR KGÜV UND LEISTUNGSSPEKTRUM zur Visite und ist während der Praxissprechzeiten verfüg- Das Erweiterte Ambulante Versorgungszentrum soll ein bar, aber nicht nachts oder am Wochenende. Patientinnen innovatives Projekt mit Vorbildcharakter werden und die und Patienten, bei denen der Bedarf an stationärer Versor- Lücke zwischen stationärer Versorgung und Versorgung gung bereits absehbar ist, werden nicht in dem Erweiter- zu Hause schließen. Das Modell sieht eine bettenführende ten Ambulanten Versorgungszentrum behandelt, sondern Einheit mit etwa zehn bis 15 Betten mit Überwachung in die stationäre Versorgung überwiesen. und Behandlung von kurzzeitig pflege- und behandlungs bedürftigen Patientinnen und Patienten mit den in Tabelle 3 aufgeführten Krankheitsbildern und Diagnosen vor. 20
Vorhaben der kGÜv mit fortgeschrittenem Planungsstand Der Landkreis gründete am 30. Juni 2021 für das Gesund- heitszentrum Spaichingen eine eigene Gesellschaft. Der Kreistag hat die neue Struktur beschlossen. Zurzeit wird der Umbau mit einem Teilneubau geplant. Die Kostenfrage ist noch nicht abschließend geklärt. BEWERTUNG Die vorgesehene Erweiterte Ambulante Versorgung (EAV) entspricht idealtypischen Erwartungen an die kGÜv. An ihrer Ausgestaltung beteiligt war die Oberender AG, die in zwei Gutachten für die Kassenärzt liche Bundesvereinigung (KBV) ein Konzept für die EAV entwickelt hatte. Dieses Konzept wurde für Spaichingen weitgehend übernommen. Sollte das Konzept wie beschrieben und wie in einem gemeinsamen Letter of Intent (LOI) von Stadt, Land, Kassen, KV und Rentenversicherung umrissen realisiert werden, wäre das Erweiterte Ambulante Versorgungszen- trum das Referenzprojekt für eine umfassende sektoren- übergreifende Versorgung inklusive einer kGÜv. Es beste- hen aber noch zu klärende Fragen zur Finanzierung und rechtlichen Einbindung der kGÜv in die Regelversorgung oder in die schwierig handhabbare selektivvertragliche Ver- sorgung (siehe dazu auch auf Seite 28 die gescheiterten parallelen Überlegungen in Vohenstrauß und Waldsassen). 21
Kurzstationäre Grund- und Übergangsversorgung (kGÜv) in Deutschland SHG-Klinikum Hochwald STANDORT / REGION ➜ Wadern (Landkreis Merzig- BEWERTUNG Die geplante Portalklinik wird im Hin- Wadern / Saarland) blick auf das Diagnosespektrum ähnlich ausgerichtet wie das für die kGÜv denkbare Leistungsspektrum. Die Einrich- WEBSITE ➜ u. a. https://www.saarland.de/masfg/ tung bleibt aber ein Krankenhaus, wenn auch mit integrier- DE/aktuelles/aktuelle-meldungen/aktuelle-meldungen_ ten ambulanten Praxen. Ähnlich wie in Travemünde (siehe 2021/aktuelle-meldungen_2021-07/aktuelle-meldungen_ Seite 16) wird die enge Kooperation mit dem Krankenhaus 20210716_hochwald_klinik.html (abgerufen am in Merzig eine wichtige Unterstützung für das Modell dar- 02.08.2022) stellen. Das Vorhaben orientiert sich eher an dem angel- sächsischen Vorbild der Community Health Hospitals. Die PROJEKTBESCHREIBUNG Das Krankenhaus der für Deutschland innovative Überlegung, bewusst ein Klein- ehemaligen Marienhaus-Gruppe in Wadern wurde 2017 krankenhaus mit einem eingeschränkten Leistungsspekt- geschlossen. Sowohl die Stadtverwaltung Wadern als auch rum, aber einem intersektoralen Angebot für eine ländlich eine 800 Mitglieder zählende „Bürgerinitiative Nordsaar- unterversorgte Region neu zu bauen, sollte aufmerksam landklinik“ setzen sich seit dem Aus des Krankenhauses begleitet werden. massiv für eine Ersatzeinrichtung am Standort ein. Letztendlich wurde politisch entschieden, der öffent- lich-rechtlichen Saarland-Heilstätten GmbH (SHG) eine Planung für diese Region zu übertragen. Das Ergebnis ist das Projekt „SHG-Klinikum Hochwald“. Die SHG plant in Wadern eine Portalklinik, die ambulante sowie niedrig- schwellige teilstationäre und stationäre Angebote verbin- det. Gleichzeitig soll die Notfallversorgung für die Hoch- waldregion ausgebaut werden. Der Stadtrat der Stadt Wadern hat 2021 einstimmig den Aufstellungsbeschluss für das Projekt „SHG-Klinikum Hochwald“ gefasst. Insge- samt sollen in Wadern über 25 Mio. Euro investiert wer- den. Ende 2021 wurde eine Förderung des Landes über rund 15 Mio. Euro bereitgestellt. BEZUG ZUR KGÜV Die intersektoralen Gesundheits- dienstleistungen sollen durch eine enge Verzahnung zwi- schen ambulanten und stationären sowie telemedizini- schen Anbindungen an bestehende Kompetenznetzwerke der SHG und der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte der Region erbracht werden. Vorgesehen ist neben der Unterbringung von ambulanten Strukturen (Arztpraxen) auch die Vorhaltung von 30 Klinikbetten, ergänzt durch jeweils zehn Plätze zur tagesklinischen Versorgung im Fachbereich Psychiatrie sowie Kinder- und Jugend psychiatrie. In den Klinikbetten sollen niederschwellige allgemeinmedizinische, internistische sowie chirurgische Krankheitsbilder versorgt werden. Die hierfür erforder- liche medizintechnische Infrastruktur wird vorgehalten. Eine enge Kooperation mit dem SHG-Krankenhaus in Merzig ist vorgesehen. 22
Planungen von kGÜv-Vorhaben PLANUNGEN VON KGÜV-VORHABEN StatAMed STANDORTE / REGIONEN ➜ Essen (Nordrhein- Bezugspersonen und Angehörige der Patientinnen und Westfalen), Norden (Landkreis Aurich / Niedersachsen), Patienten werden ebenfalls in die Planung einbezogen. Sulingen (Landkreis Diepholz / Niedersachsen), Kranken Das Modell sieht eine sektorenübergreifende Behandlungs- haus Groß-Sand (Wilhelmsburg / Freie und Hansestadt planung sowie ein Case Management vor, mit dem die Hamburg) sowie ein weiterer Standort in Südniedersachsen interdisziplinäre Versorgung koordiniert wird. Dazu gehört u. a. eine telemedizinische Nachsorge, die sich an die stati- WEBSITE ➜ https://www.aok.de/pk/cl/rh/inhalt/neue- onäre Versorgung anschließt. Regionale Netzwerk-Ärztin- versorgungsform-baut-eine-bruecke-zwischen-ambulanter- nen und -Ärzte werden über telemedizinische fachärztliche und-stationaerer-behandlung (abgerufen am 02.08.2022) Konsile eingebunden. Sogenannte „flying nurses“ über- nehmen die bedarfsorientierte poststationäre häusliche PROJEKTBESCHREIBUNG 2021 hat die AOK Versorgung der Patientinnen und Patienten. Das Projekt Rheinland / Hamburg mit mehreren Konsortialpartnerinnen wird in der ersten Stufe in Hamburg, Niedersachsen und und -partnern (u. a. SKH Stadtteilklinik Hamburg GmbH, Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Vorbild und beteiligt ist Universität Hamburg / Hamburg Center for Health Econo- die SKH Stadtteilklinik Hamburg (siehe Seite 9). mics (HCHE) / Prof. Dr. Jonas Schreyögg, Institute for Health Care Business GmbH (hcb) / Prof. Dr. Boris Augursky) Das Projekt hat eine erste Förderung der Innovationsfonds einen Projektvorschlag zur „Transformation des Patienten- erhalten. Innerhalb einer gesetzten Frist wird zurzeit ein pfades durch ein sektorenübergreifendes kurzstationäres umfassender Antrag im Detail ausgearbeitet. Im Septem- allgemeinmedizinisch orientiertes Versorgungsmodell ber / Oktober 2022 erfolgt die Entscheidung des Gemein- (StatAMed)“ beim Innovationsfonds eingereicht. Die in dem samen Bundesausschusses (G-BA) über eine Gesamtförde- Projekt zu etablierende neue Versorgungsform umfasst rung. Im Falle der Bewilligung ist mit einem Projektstart im eine kurzstationäre allgemeinmedizinische Behandlung in Sommer 2023 zu rechnen. strukturschwachen ländlichen und städtischen Regionen. Sie besteht aus einer kleinen Klinik mit einer allgemein BEWERTUNG Der Antrag greift die Grundlagen und medizinischen Abteilung und je nach regionalem Bedarf Inhalte für eine kGÜv vollständig auf. Bei einer Gesamt- wenigen operativen Belegbetten, allerdings ohne Notauf- bewilligung wären innerhalb von drei Jahren wichtige nahme. Die StatAMed-Einrichtungen sollen über eine Erkenntnisse für eine Etablierung dieser neuen Versor- medizintechnische Basisausstattung und eigene Allgemein- gungsform zu erwarten. medizinerinnen und Internisten sowie Pflegende verfügen. Vor der stationären Aufnahme einer Patientin oder eines Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die hohen Förder- Patienten erfolgt ein strukturiertes Einweisungsgespräch summen des Innovationsfonds eine Ausrollung der Erfah- zwischen der einweisenden Haus-ärztin oder dem einwei- rungen erschweren, da die Startbedingungen außerhalb senden Facharzt und der medizinischen Koordinatorin bzw. des Innovationsfonds deutlich schlechter sind. Ebenso ist dem medizinischen Koordinator der Klinik, um das Behand- frühstens in vier Jahren mit einem abschließenden Votum lungsziel und den Behandlungsplan gemeinsam festzulegen des G-BA über das Gelingen des Projektes zu rechnen, also und einen nahtlosen Behand-lungsübergang zu ermöglichen. in der Mitte der nächsten Legislaturperiode. 23
Sie können auch lesen