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PRAXIS

Leere Vitrinen, volle Schließfächer
Immer mehr Menschen kaufen Gold, der Preis eilt von Rekord zu Rekord. Was
machen die bayerischen Volksbanken und Raiffeisenbanken, um die hohe Nachfrage
zu bedienen?

Autor: Christof Dahlmann, Redaktion „Profil“
Foto: imago/blickwinkel

  Die wichtigsten Infos

            Immer mehr Menschen in Bayern interessieren sich dafür, Gold zu kaufen. Bei

Profil – Das bayerische Genossenschaftsblatt – Ausgabe 10 2020
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vielen Volksbanken und Raiffeisenbanken erhalten sie die Barren in
         unterschiedlichen Gewichten sowie bekannte Münzen wie den Krügerrand.

          Damit Kreditgenossenschaften das Edelmetallgeschäft sicher abwickeln
         können, stehen mehrere Kooperationspartner wie die Reisebank oder die
         Unternehmen pro aurum sowie Solit bereit.

           Neben dem Verkauf von Münzen und Barren kann es sich für Banken lohnen,
         einen sogenannten Goldsparplan anzubieten. Dabei investieren Kunden
         monatlich einen festen Betrag und erhalten, wenn das angesparte Guthaben
         ausreicht, einen Goldbarren.

          Die meisten Kunden interessieren sich dafür, das gekaufte Gold in einem
         Bankschließfach zu lagern.

Ist Gold eine Krisenwährung? Für einige Menschen auf jeden Fall, erzählt Sabine
Knab, Privatkundenberaterin bei der VR-Bank Handels- und Gewerbebank. Das
Kreditinstitut betreibt im Untergeschoss seiner Geschäftsstelle in Augsburg-
Kriegshaber einen „GoldShop“. Dort können Kunden in einem renovierten und mit
Lounge-Möbeln eingerichteten Raum verschiedene Barren und Münzen in
Augenschein nehmen und kaufen. Im Frühjahr des Jahres, zu Zeiten des Lockdowns,
war die Nachfrage extrem hoch. „Die Menschen haben uns das Gold quasi aus den
Händen gerissen. Selbst die Sachen aus den Schau-Vitrinen wollten sie haben. Das
habe ich noch nie erlebt“, sagt Knab.

Wegen der Ausgangsbeschränkungen kam es zu Lieferengpässen bei der Neuware.
Die Bankberaterin musste einige Kunden auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten.
„Ich habe dann eine Liste geführt und mich sofort gemeldet, wenn wir die Münzen
und Barren wieder im Bestand hatten“, sagt sie.

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Sabine Knab (re.) und Werner Goschenhofer von der VR-Bank Handels- und Gewerbebank präsentieren
Barren im „GoldShop" des Instituts. Foto: Christof Dahlmann

Ähnliche Erfahrungen hat Johanna Friedl aus der Abteilung Marktfolge der VR-Bank
Passau gemacht. Sie erzählt, dass die Umsätze im Edelmetallgeschäft des
Kreditinstituts in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind und im
März, April und Mai 2020 ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht haben. Dies betraf
sowohl Münzen als auch Barren. „In der Regel investieren unsere Kunden bevorzugt
in Goldbarren, da diese oftmals das beste Preis-Leistungs-Verhältnis vorweisen. Im
Frühjahr hat das keine Rolle mehr gespielt, die meisten Menschen haben gekauft,
was sie bekommen konnten“, sagt Friedl.

  Warum eilt der Goldpreis von Rekord zu Rekord?

  Das Preisniveau von Gold ist aktuell so hoch wie nie zuvor. Am 7. August 2020
  mussten Käufer für eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls 2.071 US-Dollar
  bezahlen, aktuell liegt der Kurs bei 1.930 Dollar (Stand: September 2020). Vor allem im
  historischen Vergleich sind die Preise extrem hoch, 2005 lag der Jahres-
  Durchschnittspreis von Gold beispielsweise noch bei unter 450 Dollar. Thomas
  Benedix, Senior Portfoliomanager Rohstoffe bei Union Investment, hat mehrere Gründe
  für den hohen Goldpreis ausgemacht. Als wesentlichen Faktor sieht er die Corona-

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Krise: „Um sich gegen die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzusichern, haben
  vor allem westliche Anleger massiv in Gold-ETFs investiert“, sagt er.

  Auch das Niedrigzinsumfeld trägt zu der Entwicklung bei: Da die Realrenditen in den
  USA auf dem niedrigsten Niveau seit 2012 liegen, hat sich die Nachfrage nach dem
  gelben Edelmetall dort stark erhöht. Ebenfalls Auswirkungen auf den Goldpreis hat der
  Strategiewechsel der US-Notenbank Fed. Diese hatte erklärt, ihr Inflationsziel von zwei
  Prozent künftig nur noch im Durchschnitt über einen längeren Zeitraum erreichen zu
  wollen. „Da die Fed zudem keine Anhebung der Leitzinsen plant, könnte dies
  mittelfristig zu weiter fallenden Realrenditen führen. Gold wäre demnach noch lange
  als Inflationsschutz gefragt“, sagt Benedix. Der Rohstoff-Experte erwartet deshalb für
  dieses Jahr weiterhin einen hohen Goldpreis. Einzige Ausnahme: Wenn noch 2020 ein
  Impfstoff zugelassen wird, der dabei hilft, die Pandemie wirksam einzudämmen. „Das
  würde dazu führen, dass die Unsicherheit aus den Finanzmärkten weicht und die
  Anleger nennenswerte Mittel aus den ETFs abziehen. In so einem Szenario würde der
  Goldpreis voraussichtlich deutlich nachgeben“, sagt Benedix.

Die Kunden der Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld kaufen ebenfalls seit
einiger Zeit verstärkt Gold. Tobias Weyer, Regionalleiter des unterfränkischen
Kreditinstituts, fragt sie regelmäßig nach ihren Motiven. Dabei hat er erfahren, dass
die Kunden einerseits wegen des Allzeithochs und der begleitenden
Medienberichterstattung in Zeitungen, Radio und TV auf Gold aufmerksam werden.
„Das Thema ist derzeit einfach sehr präsent. Ein Beispiel: Bei der Fahrt auf die
Arbeit höre ich regelmäßig Antenne Bayern. Dort gibt es aktuell ein Quiz, bei dem
die Anrufer eine Feinunze Gold gewinnen können. Außerdem war zuletzt ein
Edelmetallexperte zugeschaltet, der weiter steigende Kurse prophezeit hat“, sagt
Weyer.

Andererseits beobachtet Weyer, dass viele Kunden wegen der Auswirkungen der
Corona-Pandemie auf die Wirtschaft verunsichert sind. „Einige Menschen haben
wenig Vertrauen in die Wertstabilität des Euros. Sie befürchten, dass sich die
Europäische Zentralbank mit den Kaufprogrammen übernimmt und deshalb ein

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Kollaps der Wirtschaft droht“, sagt der Regionalleiter der Bank. Gold,
klassischerweise der „sichere Hafen in Krisenzeiten“, gewinnt folglich enorm an
Attraktivität. Alexander Teubner, Produkt- und Marketingmanager bei der Volksbank
Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg, fügt einen weitere Grund hinzu:
Die aktuelle Niedrigzinsphase. „Da es für klassische Sparprodukte wie das Sparbuch
oder Tagesgeld keine bis geringe Zinsen gibt, bietet sich Gold als gute
Anlagealternative an“, sagt er.

  Gold kaum Spekulationsobjekt

  Aufgrund der Rekordpreise für Gold könnte der ein oder andere Besitzer auf die Idee
  kommen, seine Bestände mit Gewinn zu verkaufen. Bei den bayerischen Volksbanken
  und Raiffeisenbanken gibt es jedoch wenige solcher Anfragen. „Die meisten unserer
  Kunden haben ihr Gold behalten. Sie nutzen es als Wertaufbewahrungsmittel und nicht
  als Spekulationsobjekt“, sagt Tobias Weyer von der Volksbank Raiffeisenbank Rhön-
  Grabfeld. Ähnliche Erfahrungen hat Sabine Knab von der VR-Bank Handels- und
  Gewerbebank gemacht: „Im Vergleich zum Vorjahr verkaufen tatsächlich mehr Kunden
  Gold, allerdings auf einem geringen Niveau. Fast alle Besitzer halten an ihren
  Beständen fest oder investieren weiter.“

Viele Volksbanken und Raiffeisenbanken bieten ihren Kunden an, Barren in
unterschiedlichen Gewichten sowie bekannte Münzen wie den Krügerrand aus
Südafrika, den „australischen Nugget“ mit Känguru-Motiv oder die österreichische
Philharmoniker zu kaufen. Dazu kooperieren beispielsweise die VR-Bank Handels-
und Gewerbebank sowie die VR-Bank Passau mit der Reisebank. Die Volksbank
Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld bezieht ihr Edelmetall hingegen über das
Unternehmen pro aurum. Viele Institute haben einen kleinen Bestand vor Ort, zudem
können die Kunden Gold bestellen, das die Partner-Unternehmen am nächsten Tag

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liefern.

Objekt der Begierde: Der südafrikanische Krügerrand. Foto: imago images / Eibner

Mit einem Sparplan zum Goldbarren

Ein relativ neues Produkt, welches Volksbanken und Raiffeisenbanken im Bereich
Edelmetalle anbieten können, ist der sogenannte Goldsparplan. Das Prinzip
funktioniert so: Anleger investieren monatlich einen festen Betrag und erhalten,
wenn das angesparte Guthaben ausreicht, einen Goldbarren. Der wird
normalerweise im Tresor eines Partnerunternehmens gelagert, auf Wunsch erhalten
die Kunden ihr Gold geliefert.

Die Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg bietet ihren Kunden
seit Sommer 2019 an, im Rahmen eines Sparplans Gold, aber auch Silber, Platin und
Palladium zu erwerben. Dazu kooperiert das Kreditinstitut mit der Firma Solit. Das
Unternehmen bewahrt seine Bestände in einem Freilager in der Schweiz auf.
Dadurch müssen die Kunden nicht die normalerweise fällige Mehrwertsteuer zahlen,
die beim Erwerb von Silber, Platin und Palladium anfällt. „Das ist ein großer
Wettbewerbsvorteil und bietet zusätzliche Absatzchancen“, sagt Produkt- und
Marketingmanager Alexander Teubner.

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„Unsere Kunden nehmen die Gold-Sparpläne sehr gut an.“

 Alexander Teubner, Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg

Der Mindestbetrag für einen Sparplan liegt pro Monat bei 50 Euro, zudem sind
Einmalkäufe ab 2.000 Euro möglich. Die Kunden der Bank haben die Möglichkeit, via
Smartphone-App auf ihr Depot zuzugreifen und eigenständig Transaktionen
durchzuführen. Das ergänzt die Omnikanal-Strategie des Instituts. Mit dem Start ist
die Bank zufrieden: „Unsere Kunden nehmen das Angebot sehr gut an und
profitieren von einer attraktiven Anlagealternative. Auch wir als VR Bank Starnberg-
Herrsching-Landsberg konnten hier überdurchschnittliche Erträge erzielen“, sagt
Alexander Teubner.

Das Gold lagert in Schließfächern

Wenn Kunden bei ihrer Hausbank Gold kaufen, dann lagern sie das Edelmetall
häufig in den Bank-Schließfächern. „Der Trend geht eindeutig in diese Richtung“,
sagt Sabine Knab von der VR-Bank Handels- und Gewerbebank. Die Gründe liegen
auf der Hand: Die wenigsten Kunden haben einen eigenen Tresor und bei einer
passenden Zusatzversicherung sind mit dem Schließfach auch große Goldmengen
abgesichert. Einen hohen Bedarf an dem Angebot gibt es auch bei der VR-Bank
Passau: „Wir verzeichnen eine sehr hohe Auslastung und bieten Schließfächer nur
noch für Kunden an“, sagt Mitarbeiterin Johanna Friedl. Die Volksbank
Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld hat in ihrer Hauptgeschäftsstelle in Bad Neustadt vor
Kurzem sogar die Anzahl der Schließfächer erhöht, um die gestiegene Nachfrage zu
bedienen. Keine Frage: Ein Ende des Gold-Booms ist derzeit nicht abzusehen.

WEITERFÜHRENDE LINKS

         Informationen über Edelmetalle bei der VR-Bank Passau

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Das Solit Edelmetalldepot bei der Volksbank Raiffeisenbank Starnberg-Herrsching-Landsberg

         Die Webseite zu Edelmetallen bei der Volksbank Raiffeisenbank Rhön-Grabfeld

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