Legal Operations Personal- und Kompetenzentwicklung im Rechtsmarkt - Es geht um mehr als nur um Jura - Bucerius Law School
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Legal Operations Personal- und Kompetenzentwicklung im Rechtsmarkt Es geht um mehr als nur um Jura. Achim Tschauder März 2021
INHALTSVERZEICHNIS EINLEITUNG 3 WARUM PERSONALENTWICKLUNG WICHTIG IST 3 WARUM PERSONALENTWICKLUNG WEITER AN BEDEUTUNG GEWINNT 4 WAS KANZLEIEN SUCHEN: MEHR DESSELBEN 5 NEUE KOMPETENZEN 6 DAS KOMPETENZRAD 7 VORSCHLAG ZUM VORGEHEN FÜR DIE ANWENDUNG DES KOMPETENZRADS 10 LEGAL OPERATIONS CAMPUS 11 AUTOR 12 2
Einleitung Das Thema Personalentwicklung im Rechts- von Personal- und Kompetenzentwicklungspro- markt ist nicht neu, erfreut sich seit einiger Zeit grammen vorgestellt. und zurecht jedoch erneut großer Aufmerksam- keit. Sei es der Kampf um die besten Talente1, die Entwicklung vom T-shaped2 zum O-shaped Warum Personalentwicklung lawyer3, veränderte Erwartungshaltungen der wichtig ist jüngeren Generationen4 oder schlicht Diskussio- nen über das oftmals als „veraltet“ titulierte Ju- Um auf dem hart umkämpften Talentmarkt er- rastudium, an Themen, Sichtweisen und Mei- folgreich zu sein und die eigene unternehmeri- nungen herrscht wahrlich kein Mangel. sche Existenz und Attraktivität aufrechtzuerhal- ten bzw. auszubauen, bedarf es einer perma- Die nachfolgenden Ausführungen betrachten nenten Anpassung und Veränderung: Das gilt für das Thema Personal- und Kompetenzentwick- Karriere- wie für Vergütungsmodelle, für Ausbil- lung im Rechtsmarkt vor dem Hintergrund neuer dungscurricula wie für die Vielfalt von Kompe- Anforderungen an die betriebliche Aus- und tenzen und Persönlichkeiten – in Kanzleien und Fortbildung in Kanzleien und Rechtsabteilungen, Rechtsabteilungen. getrieben insbesondere von einer zunehmen- den Industrialisierung und Digitalisierung der Blickt man in die letzte Dekade zurück, so sind Rechtsdienstleistung. bemerkenswerte Veränderungen zu konstatie- ren, die in der Dekade zu Beginn des neuen Jahr- Dazu erscheint es hilfreich, den Begriff Personal- tausends noch mit Kopfschütteln quittiert wur- entwicklung als Teildisziplin der Personalarbeit den: Neben Karrierestufen (Counselstatus, Part- zu definieren. Laut Becker umfasst „Personal- nerstatus etc.), Bonus- und Vergütungsmodellen entwicklung alle Maßnahmen der Bildung, der und Benefits (Sabbatical, Kita) ist der nicht-juris- Förderung und der Organisationsentwicklung, tischen Ausbildung sicher die größte Bedeutung, die von einer Person oder Organisation zur Errei- verbunden mit zum Teil erheblichen zeitlichen chung spezieller Zwecke zielgerichtet, systema- und finanziellen Investitionen, zuzuschreiben. tisch und methodisch geplant, realisiert und eva- luiert werden“.5 Wenn auch an einigen Hochschulen in deren Curricula Ansätze zu erkennen sind, die einen er- Personalentwicklung beginnt somit bereits bei weiterten Blick für das spätere berufliche Wir- der Berufsausbildung, inkludiert die Weiterbil- ken der Volljuristen erkennen lassen – eine Re- dung und Förderung von Mitarbeiterinnen und formation der Prüfungsordnungen bzw. deren Mitarbeitern und verbindet beide Handlungsfel- Inhalte mit Blick auf den Arbeitsmarkt ist auch in der über die Organisationsentwicklung. naher Zukunft nicht in der Regelstudienzeit bis Ausgehend von einem Überblick über bisherige zum 2. Staatsexamen zu erwarten. Personalentwicklungsmaßnahmen im Rechts- Die wenigen privaten Hochschulen sind da markt werden die (ernüchternden) Ergebnisse schon weiter und in der privaten Wirtschaft ha- einer Analyse von Stellenanzeigen für Rechtsan- ben nationale wie internationale Kanzleien die- wälte der JUVE Top20 Kanzleien präsentiert. Ab- sen Ausbildungsauftrag längst in ihre HR- und schließend wird das Kompetenzrad als Visuali- Employer Branding-Strategien integriert. Weil sierungsmethode für die qualitative Selbstein- die Bedürfnisse der (internen und externen) schätzung, sowie für die Ableitung und Planung ______________________ 1https://lawyers-magazine.com/kanzleien-im-wandel-so-ang-park- Hartung, T. Wegerich, 234–241. Frankfurt a. M: FAZ Buchverlag. egon-zehnder/, abgerufen am 5.2.2021. 2 http://www.amanismathers.com/technolawgic/2014/2/21/t-shaped- 5 Becker, Manfred, 2020. Personalentwicklung [online]. socialnet Lexi- lawyer, abgerufen am 4.2.2021. 3 https://www.oshapedlawyer.com, abgerufen am 4.2.2021. kon. Bonn: socialnet, 03.06.2020 [Zugriff am: 04.02.2021]. Verfügbar un- 4 Kahles, W. 2014. Baby-Boomer, Generation X, Generation Y, Millenni- ter: https://www.socialnet.de/lexikon/Personalentwicklung. als – nur Modewörter? In Der Rechtsmarkt in Deutschland, Hrsg. M. 3
Mandanten zugenommen haben, weil die An- dienstleistung zunehmend (auch) unter be- sprüche der künftigen Kolleginnen und Kollegen triebswirtschaftlichen Aspekten analysiert wird, an lebenslanges Lernen eine zentrale Determi- wird sich die bisweilen noch sehr traditionelle nante für die Auswahl des künftigen Arbeitge- Rechtsfunktion vermutlich in eine agilere, kos- bers darstellen und eine kompetente Berater- teneffektivere und diversere Struktur verwan- persönlichkeit aus mehr als nur Fachwissen be- deln. steht. In der neuen Realität wird sich die Zusammen- Lernkurven bestimmen die Karriere ebenso wie setzung von Rechtsteams aber noch mehr ver- Auslastung und Fachwissen: die Weiterbildungs- ändern: Anwälte werden Teil von multidiszipli- angebote, nach Themen und Seniorität struktu- nären Teams mit unterschiedlichen Fähigkeiten riert, mit Pflichtkursen und „freiwilligen“ Kursen und Fertigkeiten. Tatsächlich könnte der Anteil lesen sich wie kleine Lehrpläne. Es begann mit der juristischen Arbeit, der von Paralegals, Da- Angeboten zu Kommunikations- und Verhand- tenanalysten, operativen Experten und anderen lungsführungstechniken, ergänzt durch Themen Spezialisten in der Rechtsfunktion erledigt wird, wie Führung und Feedback. Die „3 M“ der be- bis zu dem Punkt steigen, an dem Juristen fast zu triebswirtschaftlichen Betrachtung (Markt-Man- einer Minderheit werden. In einigen Teilen des dant-Mandat) bekamen (und haben) eine noch Rechtsmarkts (Inkasso, Massenverfahren) ist höhere Aufmerksamkeit und sind heute in kei- dies bereits heute Realität. nem individuellen Business- oder Karriereplan, Das erforderliche Know-how in puncto Transfor- ganz gleich ob Associate, Counsel oder Partner mation ist jedoch in den seltensten Fällen hinrei- mehr wegzudenken. Überzeugende Beispiele chend vorhanden. Kooperationen mit Hoch- sind verschiedene Angebote, denen sicher auch schulen (und nicht deren juristischen Fakultä- ein Kompetenz- und Ressourcenbindungsge- ten) sind längst keine Seltenheit mehr. Ge- danke innewohnt, berufsbegleitend einen mischte Teams aus in- und externen Wissensar- „Mini“ oder vollwertigen MBA zu erlangen – beitern treiben diese Veränderungen voran – nicht minder gefördert als der Weg zum Steuer- weil beide Blickwinkel sich ergänzen. berater, CPA o.ä. Labs werden gegründet und – in der „guten al- ten Zeit“ undenkbar – Kooperationen zwischen Warum Personalentwicklung wei- Marktteilnehmern geschmiedet, um die eigenen Lernkurven zu beschleunigen. ter an Bedeutung gewinnt Die verstärkte Suche nach Experten für Projekt- Über die Entwicklung des Rechtsmarkts wurde management, Legal Operations, Datenanalyse und wird allerorten diskutiert, gelegentlich phi- und IT unterstreichen die unaufhaltsamen losophiert und hin und wieder auch gestritten. Transformationsprozesse und deren Bedeutung Einig sind sich Marktteilnehmer zumindest da- gleichermaßen. Zu den bereits erwähnten Kom- rin: vieles wird nicht so bleiben wie es war (siehe petenzen gesellen sich nun weitere methodi- hierzu Tschauder, Die Industrialisierung des sche und fachliche Dimensionen hinzu. Rechtsmarkts, Februar 2019, www.legal-opera- tions.com). Die aktuell allerorten gesammelten In reiferen Rechtsmärkten, insbesondere in den Erfahrungen in puncto „Home-Office“, veran- USA und UK, sind diese Rollen bereits etabliert schaulichen das doch sehr pointiert. Einst un- und akzeptiert, in Kanzleien ebenso wie in denkbar – heute Realität und Zukunft zugleich. Rechtsabteilungen. In dem Maße, wie Prozesse verbessert und stan- Ein Blick in die Teilnehmerverzeichnisse der in- dardisiert werden, wie Technologie nicht nur ternationalen Legal Operations-Veranstaltun- Abläufe automatisiert, sondern komplette Auf- gen zeigt die Vielfalt der Rollen und Aufgaben. gabenbereiche digitalisiert und die Rechts- 4
Neue Rollen im Rechtsmarkt © Achim Tschauder Abbildung 1: Neue Rollen im Rechtsmarkt Einige dieser Rollen, häufig mit einem Fokus auf Technologie, sind auch hierzulande bereits etab- liert, weitere werden folgen. Trotz aller Euphorie für Legal Tech und Digitali- sierung im Allgemeinen darf man wohl erwar- ten, dass Rechtsberatung im Kern immer ein „people‘s business“ bleiben wird. Juristische Ex- zellenz ist und bleibt, zumindest außerhalb der Commodity, ein maßgebliches Differenzierungs- merkmal für nachhaltig erfolgreiche Anwältin- Abbildung 2: Gewünschte Bewerberprofile nen und Anwälte. Aber es wird nicht reichen in „Was sie mitbringen“ einem Markt, der – wohl oder übel – zunehmend (Stellenzeigen JUVE TOP20, KW4/2021, n=194) industriell geprägte Merkmale aufweist. Die Ergebnisse dieser Stichprobenauswertung Bemerkenswert in diesem Kontext, dass, zumin- sind insofern bemerkenswert, als dass (nahezu) dest bei großen Kanzleien, nahezu unverändert alle Kanzleien sich andernorts als „innovativ“ das klassische Anwaltsprofil gesucht wird. und „technologiefreundlich“ beschreiben, bei Hackathons und Legal Tech-Initiativen engagie- ren und oft hauseigene, teils auch extern organ- Was Kanzleien suchen: Mehr des- sierte Fortbildungsprogramme in anderen Kom- petenzfeldern anbieten. selben Zusätzliche Kompetenzen sind gefordert, aus Eine Auswertung der Stellenanzeigen für Rechts- Sicht der Kanzleien um im Wettbewerb um die – anwälte der JUVE TOP 20 (2019) Kanzleien, ab- je nach Gusto – anspruchsvollsten/interessan- gerufen im Zeitraum 25.-29.01.2021, zeigt ein testen/profitabelsten Mandate die Nase vorn zu recht deutliches Bild: haben, aus Sicht der Rechtsabteilungen, um als „Sie verfügen über ein hervorragend (wahlweise: Business Partner akzeptiert zu werden. überdurchschnittlich) abgeschlossenes Studium, Warum findet dieses Engagement dann keine sprechen exzellent Englisch (bestenfalls im Aus- Erwähnung bei der Suche nach juristischem land erprobt), sind teamfähig, denken und han- Nachwuchs, sprich: in Stellenanzeigen? Auch deln unternehmerisch, sind (juristisch) kreativ, wenn heute von Berufsanfängern keine ausge- überaus engagiert und haben idealerweise pro- prägte Erfahrung in nicht-juristischen Kompe- moviert“. tenzfeldern erwartet werden kann, woher auch, sind diese doch nicht Bestandteil der einschlägi- gen Curricula, so wird das Angebot, in den Aus- bau dieser (zukünftig notwendigen) Kompeten- zen zu investieren, die eigene Attraktivität als 5
Arbeitgeber erhöhen; zumindest für diejenigen, - Verständnis der Kundenanforderungen die nicht nur traditionell Jura praktizieren möch- Die Positionierung einer Kanzlei oder einer ten. Rechtsabteilung wird aus der strategischen Pla- Schwarzmalerei ist nicht angebracht, gleichwohl nung abgeleitet; vorausgesetzt, diese existiert. ist ein „weiter so“ sicher keine Lösung. In ande- Dies soll hier nicht weiter behandelt werden. ren Worten und in Anlehnung an Paul Watzla- Zu den Erwartungen der nächsten Anwaltsgene- wick: „Mehr desselben“ ist eine naheliegende ration gibt es zwischenzeitlich eine Vielzahl an Problemlösungsmethode, allein sie hilft selten hilfreichen Quellen, die übereinstimmend von bei der Problemlösung.6 Und das Problem ist, einem „diverseren“ Anspruch an die zukünftige dass der Markt für hochtalentierte Bewerber Ausgestaltung der beruflichen Karriere berich- nicht nur hart umkämpft ist, sondern dass diese ten als es noch vor 10 Jahren der Fall war.8 Ge- (und Mandanten auch!) deutlich mehr erwarten halt als Differenzierungsfaktor hat längst ausge- als nur die Anwendung der erworbenen Fach- dient: Kultur, Fortbildung und „Purpose“ sind kompetenz. neben den „Headline-Deals“ die zentralen De- terminanten bei der Auswahl des Arbeitgebers. Neue Kompetenzen Ein sorgsam austarierter Mix an fachlichen, me- thodischen, persönlichen und sozialen Kompe- Welche Kompetenzen sind es nun, die zukünf- tenzen, abgeleitet aus der Positionierung der Or- tige und übrigens auch erfahrene Anwälte ne- ganisation und im Einklang mit der individuellen ben der Juristerei aufweisen sollten? Unternehmenskultur, bilden das Fundament für Bei der Beantwortung helfen drei Sichtweisen: nachhaltigen Erfolg. 1. Was erwarten Mandanten von Ihren Anwäl- Die individuelle Ausgestaltung der (geforderten ten? und angestrebten) Kompetenzprofile ist die 2. Wie möchte sich die Kanzlei/Rechtsabtei- Pflicht, die Entwicklung und Umsetzung von lung positionieren? Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung die 3. Wie möchte die nächste Anwaltsgeneration Kür. Wer beides beherrscht, wird sich von der ihren Beruf ausüben? breiten Masse abheben und Wettbewerbsvor- Was Mandanten erwarten, ist kein Geheimnis; teile haben im Streben um die gewünschten Ta- zahlreiche Studien, in Deutschland und in reife- lente, Mandanten und Mandate. ren Rechtsmärkten, Feedbackgespräche mit Allerdings: Kompetenz allein reicht nicht für au- Mandanten oder die aufmerksame Lektüre von ßerordentliche Leistungen. Ausschreibungen, insbesondere jene für Legal Panels, geben hinreichend Anhaltspunkte. Nach North ist Zusätzlich zu juristischer Exzellenz finden sich Leistung = Kompetenz x Motivation x Möglich- nahezu überall die gleichen Stichworte:7 keit.9 - Effizienz und Produktivität Diese Betrachtung verdeutlicht das Dilemma: Ist - Nutzung von Technologie (wo möglich und einer der Faktoren NULL (klein), ist auch das Er- sinnvoll) gebnis NULL (klein). - Anwendung von Projektmanagement-Me- thoden - Kenntnis der Branche der Mandanten ______________________ 6 Paul Watzlawick/John Weakland/Richard Fisch, Lösungen – Zur Theorie 8https://www.talentrocket.de/whitepaper, abgerufen am 5.2.2021 und Praxis menschlichen Wandels, Bern: Hogrefe Verlag, 9. Auflage 9North, Klaus: Kompetenzmanagement in der Praxis: Mitarbeiterkompe- 2019. tenzen systematisch identifizieren, nutzen und entwickeln Mit vielen 7 Wolters Kluwer Future Ready Lawyer 2020; Tschauder, Outside Coun- Fallbeispielen- 2., überarbeite und erweiterte Auflage 2013. – Wiesba- sel Management, November 2019, www.legal-operations.com. den : Gabler Verlag, 2013, Seite 49. 6
Es mag jeder für sich diese Formel durchspielen, Hierbei werden häufig die Ebenen Kenner, Kön- das Ergebnis ist eindeutig. Es braucht das Wol- ner und Experte für die „hard-skills“ und gering len (Motive, Werte, Antriebe), das Dürfen (Re- ausgeprägt, ausgeprägt und stark ausgeprägt geln, organisatorische Rahmenbedingungen), für die „soft-skills“ verwendet. das Wissen (Kenntnisse) und das Können („Ski- Nach North13 kennzeichnen sich die einzelnen lls“), um Kompetenz entwickeln und entfalten zu Ausprägungen wie folgt: können.10 Kenner - Verfügen über theoretisches Wissen mit ge- Das Kompetenzrad ringer Anwendungserfahrung - Können vorstrukturierte Problemlösungen Das Kompetenzrad basiert auf der Arbeit von auf praktische Fragestellungen anwenden Prof. Dr. Klaus North und bietet eine Methode zur Visualisierung der Kompetenzen von Mitar- Könner beiterinnen und Mitarbeitern.11 - Können eigene praktische Erfahrung und Es ermöglicht die Definition von Anforderungs- Wissen in konkreten beruflichen Situatio- profilen für Rollen und Senioritäten (SOLL-Kom- nen anwenden - Verfügen über eigene Problemlösungskom- petenzen) ebenso wie die Verortung vorhande- petenz ner Kompetenzen im Rahmen einer Selbstein- - Haben Defizite in der Entwicklung eigener schätzung (IST-Kompetenzen) und unterstützt Problemlösungsstrategien die Identifizierung von relevanten Handlungsfel- dern der Personalentwicklung. Experte Das Kompetenzrad bietet drei Ebenen zur Dar- - Finden vollkommen selbstorganisiert und stellung von Kompetenzen. Auf der ersten intuitiv neue Lösungswege Ebene erfolgt die grundlegende Einteilung von - Profunde Kenntnis eines oder mehrerer Spezialgebiete Kompetenzen in 4 Kategorien:12 - Liefern wertvolle Beiträge zur Weiterent- Fachliche Kompetenzen umfassen alle für die wicklung des Unternehmens Berufsausübung erforderlichen fachspezifischen Analog lässt sich die Gliederung für die Soft- Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse. Skills gestalten: Methodische Kompetenzen beinhalten Fähig- Gering ausgeprägt keiten zur Planung und Durchführung der Arbeit und sind insofern unabhängig von einer spezifi- - Erfüllt übertragene Aufgaben sorgfältig und schen fachlichen Kompetenz. gewissenhaft - Sucht und orientiert sich an Vorbildern Soziale Kompetenzen beinhalten Fähigkeiten - Ist in komplexen Situationen noch unsicher und Fertigkeiten im Umgang mit anderen. Ausgeprägt Persönliche Kompetenzen umfassen Fähigkei- - Reflektiert eigenes Verhalten und integriert ten und Fertigkeiten im Umgang mit sich selbst. sich angemessen in das Umfeld Auf der zweiten Ebene wird die individuelle Aus- - Gibt Wissen und Erfahrungen weiter, bietet gestaltung der vier Kompetenzen in Form rele- Unterstützung an vanter Fähigkeiten und Fertigkeiten definiert. - Gibt und fordert faires und zeitnahes Feed- back Die dritte Ebene erlaubt die Festlegung der indi- viduellen Ausprägung einer Fähigkeit/Fertigkeit. ______________________ 10 Erpenbeck/von Rosenstiel/Grote (Hrsg.), Kompetenzmodelle von Un- 13North, Klaus: Kompetenzmanagement in der Praxis: Mitarbeiterkom- ternehmen, 2013 Schäffer-Poeschel Verlag. petenzen systematisch identifizieren, nutzen und entwickeln Mit vielen 11 https://www.hs-rm.de/de/hochschule/personen/north-Klaus/ Fallbeispielen- 3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018. – Wiesba- 12 Hinweis: Es sind auch abweichende Gliederungen, z.B. in weniger oder den : SpringerGabler Verlag, 2018, Seite 333 ff. mehr Kompetenzen möglich. 7
- Erkennt eigene Schwächen und geht kon- - Handelt im Sinne des Unternehmens/reprä- struktiv mit Kritik um sentiert die Unternehmenswerte - Erfüllt gegebene Versprechen - Setzt Prioritäten und arbeitet selbstorgani- siert und zielorientiert Alle drei Ebenen bilden das Kompetenzrad, bei Stark ausgeprägt voller (aber unwahrscheinlicher und ggfs. auch unerwünschter) Ausprägung wie in Abbildung 3 - Stärkt andere Mitarbeiterinnen und Mitar- dargestellt. beiter - Erkennt Potenziale und fördert diese - Hat eine positive Werthaltung - Kommuniziert und kooperiert offen, trans- parent und konstruktiv Abbildung 3: Kompetenzrad in voller Ausprägung Sind Kompetenzen definiert und die ge- Anspruch einer „Blaupause“ gerecht werden wünschte (oder vorhandene) Ausprägung er- soll. hoben, bekommt das Kompetenzrad eine Die Auswahl der Kompetenzen und die jewei- „Unwucht“. lige Ausprägung dienen als Zielgröße, der Ab- In Abbildung 4 wurde exemplarisch ein Soll- gleich mit der Selbsteinschätzung zeigt Hand- lungsfelder für Maßnahmen der Personalent- Profil für einen Associate im dritten Jahr defi- niert, welches weder den Anforderungen Ih- wicklung. rer Organisation entsprechen muss noch dem 8
Abbildung 4: Kompetenzrad SOLL-Profil Associate 3. Jahr Das Kompetenzrad in dieser Form erlaubt zu- Für die Planung der Personal- und Kompetenz- dem eine Gewichtung der einzelnen Eigenschaf- entwicklungsprogramme erfolgt die Erhebung ten, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Im oberen über ein online-Tool. Dies kann anonym durch- Beispiel wird der Eigenschaft Juristische Exzel- geführt werden, muss aber mindestens ein Kri- lenz eine größere Bedeutung („Wichtigkeit“) bei terium beinhalten, welches eine sachlogische den fachlichen Kompetenzen beigemessen. Dies Gruppierung erlaubt (z.B. Senioritätsstufen). hilft insbesondere bei der Selbsteinschätzung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Über die Gewichtung können den für die Kompetenz- entwicklung Verantwortlichen wichtige Trends und Entwicklungen angezeigt und bei der Pla- nung berücksichtigt werden („Das ist/wird zu- künftig besonders wichtig.“). 9
Schritt 1: 1.1 Erhebung aktueller Rollen und Stellenprofile 1.2 Analyse der Strategie und Ableitung der für die Umsetzung erforderlichen Kompetenzen 1.3 Definition der SOLL-Ausprägung je Rolle/ Senioritätsstufe 1.4 Ggfs. Definition neuer Rollen mit entsprechen- den SOLL-Kompetenzprofilen Schritt 2: 2.1 Definition und Abbildung der Kompetenzprofile und Kriterien im Online-Fragebogen 2.2 Sollte im Rahmen der Selbsteinschätzung auch die (aktuelle/zukünftige) Relevanz von Kompe- tenzen aus Sicht der Befragten erhoben wer- den (Trends, Entwicklung, Verprobung der Ein- schätzung durch HR), sollte zusätzlich eine ent- sprechende Abfragefunktion zur Verfügung ge- stellt werden (siehe Abbildung 5, Slider 0% bis 100%). 2.3 Durchführung der Online-Umfrage (Selbstein- schätzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbei- ter) Schritt 3: 3.1 Auswertung der Relevanz einzelner Kompeten- zen aus der Selbsteinschätzung und Abgleich mit den vorab definierten SOLL-Kompetenzpro- filen, ggfs. Aktualisierung 3.2 Abgleich der erhobenen IST-Kompetenzen mit den (aktualisierten) SOLL-Kompetenzen und Identifizierung der Defizite (Delta IST/SOLL) Schritt 4: 4.1 Erarbeitung/Anpassung des Personalentwick- lungskonzepts 4.2 Entwicklung und Durchführung geeigneter Maß- nahmen zur Kompetenzentwicklung Abbildung 5: Erhebung des Bedarfs und Selbsteinschätzung (Auszug) Für die Planung und Umsetzung der oben be- schriebenen Maßnahmen sollte ein Team mit Vertreterinnen/Vertretern aller relevanten Rol- Vorgehen zur Anwendung des len und Senioritäten gebildet werden. Kompetenzrads In jedem Fall sollte gewährleistet sein, dass die- Nachfolgend exemplarisch ein Stufenplan für die jenigen, die „bewertet“ werden und auf die das Anwendung des Kompetenzrads zur Erhebung Konzept ausgerichtet ist, an allen wesentlichen und Visualisierung der SOLL- und IST-Kompeten- Schritten beteiligt werden – und sich nicht als zen: „Betroffene“ fühlen. Für die Durchführung sollte ein Zeitraum von 6- 8 Wochen veranschlagt werden. 10
Legal Operations Campus Das Programm orientiert sich strikt an den Be- dürfnissen der jeweiligen Zielgruppen und glie- Getrieben durch die fortschreitende Digitalisie- dert jedes Handlungsfeld entlang eines Kompe- rung ändern sich Erwartungen und Anforderun- tenzmodells: Von Pionier über Fortgeschrittene gen an Juristinnen und Juristen, in Rechtsabtei- bis zu Experten. lungen und Kanzleien gleichermaßen. Rechtsbe- ratung wird als Dienstleistung verstanden, die Unser Anspruch ist es, durch eine ebenso inten- mehr als juristische Exzellenz erfordert. Effizienz sive wie praxisnahe Vermittlung relevanter und Effektivität der Leistungserbringung werden Kompetenzen die Teilnehmenden zu befähigen, dabei entscheidende Erfolgskriterien. Maßnahmen in den jeweiligen Handlungsfel- dern selbständig zu initiieren und umzusetzen. Die aktive Gestaltung dieser Entwicklung erfor- dert eine Vielzahl von Kompetenzbereichen, die Nähere Informationen zum Legal Operations erst langsam Einzug in die akademische und in- Campus finden Sie auf www.law-school.de/exe- nerbetriebliche Ausbildung finden. cutive-education/im-fokus/legal-ops.de und auf www.legal-operations.com/Beiträge. Der Legal Operations Campus der Bucerius Exe- cutive Education schließt diese Lücke und bietet allen Akteuren im Rechtsmarkt das gesamte Spektrum an Qualifizierungsmaßnahmen für eine erfolgreiche persönliche und unternehme- rische Entwicklung im Zeitalter der Digitalisie- rung. 11
Autor Achim Tschauder ist Betriebswirt und war von 2008 bis 2017 Leiter Marketing und Geschäftsent- wicklung Deutschland einer internationalen Großkanzlei. Vor seinem Einstieg in den Rechtsmarkt war er unter anderem als Director Sales für American Express, als Managementberater für Compu- ter Sciences Corporation und als Leiter Operations der KARSTADT Reisebürokette tätig. Er begleitet Rechtsabteilungen und Kanzleien bei der Initiierung und Umsetzung von Legal Operati- ons-Projekten. Kontakt: Achim Tschauder mobile: + 49 (0) 1578 – 3456 237 email: at@legal-operations.com web: www.legal-operations.com 12
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