Ansatz und Nutzen von Six Sigma
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Ansatz und Nutzen von Six Sigma Armin Töpfer Inhalt 1. Philosophie und Zielrichtung 2. Inhalt und Umsetzung 3. Wirkungen und Ergebnisse 4. Zusammenhang zwischen Six Sigma und anderen Qualitätsmanagement- bzw. Management-Konzepten 5. Stolpersteine 6. Literatur 1 Philosophie und Zielrichtung „Six Sigma ist als Null-Fehler-Qualitätsniveau viel zu aufwendig und deshalb praxisfern, so dass wir es in unserem Unternehmen nicht anwenden.“ Dies war vor einigen Jahren die Aussage des Vorstands eines großen Technologieunternehmens. Seine Meinung und Einstellung hat er inzwischen grundlegend geändert: Das Unternehmen führt Six Sigma- Projekte zahlreich und nachhaltig durch. Es erwirtschaftet damit inzwischen an Kosten- einsparungen oder Ertragssteigerungen Hunderte von Millionen Euro. Was hat dazu geführt, dass dieses Unternehmen – im Gleichklang mit vielen anderen in den letzten Jahren (siehe Abbildung 1) – Six Sigma als Programm für Null-Fehler-Qualität praktiziert? Beantwortet werden in diesem Einführungskapitel die Fragen „Warum“ und „Wohin“. Der Grund lässt sich in einem einfachen Rechenbeispiel nachvollziehen: Das Unternehmen hatte – wie viele andere – ein Qualitätsniveau von 99% erreicht; ein Prozent Fehlerniveau entspricht dem Durchschnitt der deutschen Industrie und ist ein durchaus respektables Ergebnis. Auf ein Sigma-Niveau umgerechnet bedeutet dies ca. 3,8 Sigma, damit aber 10.724 ppm (parts per million), also 10.724 möglicherweise fehlerhafte Produkte oder Leistungen pro eine Million produzierter Einheiten. Diese Zahl und Relation ist also deutlich weniger akzeptabel als ein Prozent Fehlerniveau. Bei einem Six Sigma-Niveau reduziert sich die Anzahl fehlerhafter Einheiten auf 3,4 ppm (vgl. Breyfogle III 1999, S. 7ff.).
1987 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Motorola Allied Kodak ABB Ericsson Johnson & Signal Johnson General Texas Electric Whirlpool Du Pont Instruments Aeroquip Hownet Raytheon Vickers International Inc. Corp. Siemens PC Systeme ele Navistar spi International Honeywell Amazon Bei Transportation Corp. Air France 3M Am Anfang: Anfang: Niveau Niveau bei 33 -- 4 Heute: Heute: o Einzelne Unternehmen Unternehmen bis 5,8 5,8 o Flugzeug- Flugzeug- und Satellitentechnik, Satellitentechnik, Software für medizinische medizinische Diagnostik Diagnostik über über 66 Abb. 1: Einführung von Six Sigma in der Praxis Es steht außer Frage, dass das Ziel, Null-Fehler-Qualität auf Six Sigma-Niveau zu erreichen, eine hohe Herausforderung, manchmal auch ein unerreichbares Ergebnis ist. Deshalb wird Six Sigma als statistisches Maß und Ergebnis nicht überall das angestrebte Qualitätsniveau sein. Wesentlich ist vielmehr, Six Sigma mit Augenmaß, und dies bedeutet in erfolgs- und ergebnissensiblen Prozessen und Produkten, wie beispielsweise der Flugzeug- und Satellitentechnik sowie der Software für medizinische Diagnostik, anzustreben und zu erreichen. Denn dort führen Fehler bei einem niedrigeren Qualitätsniveau zur Gefährdung von Menschenleben und hohen materiellen Schäden, so dass diese hohen Anstrengungen gerechtfertigt oder sogar erforderlich sind. Bei anderen Prozessen und Produkten lassen sich bei einem Ausgangsniveau von 3 bis 4 Sigma – entsprechend dem obigen Beispiel – auch schon erhebliche Qualitätssteigerungen und damit Kosteneinsparungen bzw. Ertragsverbesserungen erreichen, ohne das statistische Six Sigma-Niveau im Visier zu haben. Die Erkenntnis ist also klar: Das Ziel der Null-Fehler- Qualität gilt generell. Die Nachhaltigkeit der Umsetzung und Erreichung wird allerdings nach der Bedeutung des Prozesses und Produktes priorisiert. Wenn man durchdenkt, welche Kosten mit unzureichender Qualität von Produkten und Leistungen verbunden sind, dann kann sich kein Unternehmen hier Defizite und
Versäumnisse leisten. Im übernächsten Kapitel dieses Artikels wird auf erreichte Wirkungen anhand quantitativer Ergebnisse näher eingegangen. Kosten für schlechte Qualität entstehen vor allem dadurch, dass - Personen, die Fehler machen, Blindleistungen produzieren, - die gleichen oder andere Personen diese Fehler beseitigen müssen, - Kulanz gegenüber Kunden gewährt werden muss, die unter diesen Fehlern litten, und zusätzlich auch - Umsatz- und Ertragseinbußen dadurch entstehen, dass wir Kunden verlieren oder neue Kunden aufgrund des schlechten Qualitätsimages gar nicht erst kommen. Was sind die wesentlichen Umsetzungstreiber der Six Sigma-Philosophie? In Abbildung 2 sind sie plastisch wiedergegeben. Ausgangsbasis sind immer die Kundenanforderungen, die möglichst vollständig und auf jeden Fall wirtschaftlich umgesetzt werden sollen. Qualität ist der geschaffene und nachvollziehbare Wert für den Kunden. Erreicht wird er durch die Verbesserung von Prozessen. Dies ist das Herzstück jeder Six Sigma-Aktivität. Kunde Prozess Qualität Veränderung Ergebnisverbesserung durch o Kosteneinsparung o Umsatz-/Ertragssteigerung Abb. 2: Six Sigma – Umsetzungstreiber
Der enge Bezug zur Unternehmensstrategie ist dadurch gegeben, dass die Qualitätsvision im Geschäftsmodell und in allen wichtigen Prozessen als dominierende Kundensicht verankert wird. Der Weg zu Six Sigma wird dann zu einem kontinuierlichen Verbesserungs- prozess. Allerdings mit dem Ziel, Verbesserungen durch konkrete Projekte und nachhaltige Beseitigung von Fehlerursachen in Quantensprüngen zu erreichen, die sich in zweierlei Hinsicht rechnen, nämlich durch den quantifizierbaren Nutzen für den Kunden und für das eigene Unternehmen. Im Vergleich zu der Entwicklung und frühen Einführung des Six Sigma-Konzeptes durch Motorola in der zweiten Hälfte der 80er Jahre und auch im Vergleich zur Übernahme dieses Gedankengutes in einer Reihe von anderen amerikanischen Unternehmen (siehe Abbildung 1) kam die Welle in europäischen Unternehmen erst in den letzten Jahren ins Rollen, dafür inzwischen aber immer stärker. Was sind die Gründe hierfür? Unterscheiden lassen sich marktbezogene und ressourcenbezogene Gründe: Zum einen werden Produkte immer ähnlicher bezogen auf ihre Bestandteile und ihre Ausstattung. Eine Differenzierung ist deshalb primär nur noch über das kundenorientierte Qualitätsniveau der Marktleistungen erreichbar. Zum anderen führt die Verschärfung des Wettbewerbsdrucks dazu, dass alle Potenziale für Kosteneinsparungen auszuschöpfen sind, um ein konkurrenzfähiges Preisniveau zu erreichen, und zugleich die Möglichkeiten für Umsatz- und Ertrags- steigerungen zu aktivieren sind, um Volumeneffekte zu realisieren. Hinzu kommt, dass eine Differenzierung immer stärker nur noch über Dienstleistungsgeschäfte möglich ist. Qualität ist dann – im Vergleich zur Produktion – in weniger standardisierbaren und beherrschbaren Prozessen auf einem hohen Niveau zu gewährleisten. Diese Anforderung und zu erreichende Wirkung erhält einen noch höheren Stellenwert, wenn – bei einer Konzentration auf Kernkompetenzen und einer Reduzierung der Fertigungstiefe – die Marktleistung in einem Netzwerk mit Wertschöpfungspartnern zu erbringen ist. Six Sigma ist der Hebel, um das Null- Fehler-Qualitätsniveau im Wertschöpfungsverbund sicherzustellen. In Abbildung 3 ist abschließend in diesem Einführungskapitel der Zusammenhang der Messgrößen in einem Six Sigma-Konzept zum besseren Verständnis der Ausführungen in diesem und insbesondere in den beiden folgenden Artikeln wiedergegeben (vgl. Harry/Schroeder 2000, S. 16). Hierbei wird bewusst eine vereinfachte Form der Darstellung gewählt, so dass einige Unschärfen bestehen. Unterschieden werden die Zusammenhänge folgender Kennzahlen, die in der Unternehmenspraxis zu erheben sind.
Anzahl fehler- freier Einheiten Anteil = fehlerfreier 1- Anteil fehler- freier Einheiten = Fehlerrate Einheiten Anzahl produ- zierte Einheiten = Fehlerquote Performance Anzahl von f (Teile, Montageschritte) Fehlerquellen Defects per million Sigma-Niveau Fehlerquote * 1.000.000 = opportunities (DPMO) (lt. Konversionstabelle) Anzahl der Fehler Anteil 1- =1- Fehlerquote = fehlerfreier Sigma-Niveau Einheiten (lt. Tabelle) Fehlermöglich- keiten (Opportunities for defects) = Gesamt- ausbeute Performance f (Teile, Montageschritte) Abb. 3: Messgrößen und Kennzahlen für die Sigma-Berechnung Der Anteil fehlerfreier Einheiten wird aus dem Quotienten der Anzahl fehlerfreier Einheiten zur Anzahl produzierter Einheiten gebildet. Die zu eins komplementäre Menge ergibt die Fehlerrate. Wird sie durch die Anzahl von Fehlerquellen – aufgrund der Critical-to- quality-characteristics (CTQ) – dividiert, die eine Funktion der Performance, also der Teile und Montageschritte eines Produktes, ist, so resultiert hieraus die Fehlerquote – wiederum bezogen auf die CTQ. Multipliziert mit der Zahl eine Million ergeben sich die Fehlermöglichkeiten pro eine Million Einheiten, also die Defects per million opportunities (DPMO). Aus der Konversionstabelle lässt sich unmittelbar das entsprechende Sigma-Niveau ablesen. In der Praxis liegt die Fehlerrate oft bereits als Prozentsatz vor, so dass nur noch eine Multiplikation mit 10.000 statt mit einer Million erfolgt. Das Six Sigma-Niveau kann auch in der Weise berechnet werden, dass der Anteil fehlerfreier Einheiten, also die Gesamtausbeute, ermittelt wird. Sie setzt sich aus eins minus der Fehlerquote zusammen. Die Fehlerquote wird durch den Quotienten aus Anzahl der Fehler und den Fehlermöglichkeiten (Opportunities for defects) gebildet, die wiederum eine Funktion der Performance, also aus Teilen und Montageschritten, sind. Durch die Festlegung des Streuungsmaßes und des Lagemaßes für Six Sigma wird die Kurzzeitfähigkeit eines Prozesses in eine Langzeitfähigkeit des Prozesses überführt. Konkret
bedeutet dies, dass bei einem Streuungsmaß von 2 Cp die Ergebnisse eines Prozesses im Zeitverlauf möglichst ohne große Abweichungen relativ eng zusammen liegen. Das Lagemaß von 1,5 Cpk kennzeichnet den definierten Qualitätskorridor. Eine Variation der Ergebnisse im Zeitverlauf ist also nur innerhalb dieses Korridors zulässig. Die „echten“ Werte auf Six Sigma-Niveau mit erlaubten 2 Cp als Streuungsmaß um den Mittelwert kennzeichnen also die Kurzzeitfähigkeit des Prozesses. Die Langzeitfähigkeit des Prozesses wird zusätzlich durch die Verschiebung um jeweils 1,5 Cpk rechts und links vom Mittelwert als definierter Qualitätskorridor erreicht. Das Anforderungsniveau an Null-Fehler-Qualität wird hierdurch also praxisbezogen etwas abgemildert.
2 Inhalt und Umsetzung Die Ausführungen zum Inhalt und zur Umsetzung von Six Sigma beantwortet die Fragen „Was“ und „Wie“. Die Six Sigma-Projekte zur Prozessverbesserung zielen darauf ab, nicht nur eine kurzfristige Wirkung im Sinne einer Fehlerbeseitigung zu erreichen. Vielmehr besteht das Ziel darin, durch das Analysieren und Beseitigen der Ursachen von Fehlern nachhaltige Fehlerverhütung zu betreiben. Die dabei entstehenden Kosten sind in der Regel höher als bei „Feuerwehraktionen“ (siehe Abbildung 4), der erzielbare Nutzen und Ertrag übersteigt aber auch diese Kosten. Ziel: Prozessverbesserung 1 Erkennen von Problemen Feuerwehraktion = Fehlerbeseitigungs- kosten 2 Beseitigung von Auswirkungen 3 Analysieren der Ursachen Brandverhinderungs- 4 Eliminieren der Ursachen maßnahmen = Fehlerverhütungs- kosten 5 Stabilisieren des neuen Prozesses Abb. 4: Einführung von Six Sigma Um dies zu erreichen, sind insbesondere fünf Grundsätze wichtig (vgl. Fehr 1999, S. 285): 1 Jeder Verbesserungsvorschlag wird intensiv auf seine Kosten und seinen Nutzen geprüft. 2 Alle Projektziele sind in quantitativ messbaren Größen zu definieren. 3 Einzelne Probleme werden isoliert, um die Projekte nicht zu überfrachten. 4 Kein Six Sigma-Vorhaben soll länger als 90 Tage dauern. 5 Für jedes Projekt muss eine geeignete Person als Projekteigner ausgewählt werden.
Realisiert werden diese Grundsätze durch die Ausrichtung, die einbezogenen Personen und die Umsetzung der Six Sigma-Projekte (vgl. Abbildung 5). Der zentrale Hebel sind dabei alle wesentlichen Kundenanforderungen, also die bereits erwähnten Critical-to-quality- characteristics (CTQ), die umfassend für den Kunden und profitabel für das Unternehmen zu erfüllen sind. Hierzu werden die als wichtig erkannten Werttreiber gestaltet. Der Maßstab und das Anspruchsniveau für sie ist Null-Fehler-Qualität. Diese Sichtweise und diese Fokussierung stellen sicher, dass Six Sigma-Projekte in Übereinstimmung mit der Unternehmensstrategie ausgewählt werden. Wie bereits angesprochen, ist Six Sigma auf die Verbesserung der Geschäftsprozesse ausgerichtet. Design for Six Sigma (DFSS), also die Gestaltung von Forschung und Entwicklung in der Weise, dass mit innovativen, aber „robusten“ Produkten eine hohe Kundenzufriedenheit und ein hohes Ertragsniveau erreicht werden, schafft hierzu in der ersten Phase der Wertschöpfung bereits die Grundlage. Ausgewählt werden sollten Probleme, die bisher mit dem vorhandenen Wissen nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten. Bezogen auf die Projektauswahl sollte insbesondere bei der Einführung von Six Sigma am Anfang nicht das Einfachste, aber auch nicht das schwierigste Problem ausgewählt werden. Die Six Sigma-Methode ist bei physischen Produkten und bei Dienstleistungsprozessen anwendbar, und zwar in der direkten Wertschöpfung und in unterstützenden Prozessen. o Kundenzufriedenheit o Strategieorientierung Ausrichtung o Prozessorientierung o Projektauswahl o Aktive Mitwirkung des Managements o Erprobtes Qualifizierungskonzept Personen o Klare Rollenverteilung o Nachhaltige Steuerung o Messen o Bewährte Tool-Box/Standardisierte Umsetzung Vorgehensweise o Transparenz Abb. 5: Six Sigma – Charakteristika
Wichtig ist bei Vorhaben derartiger Tragweite, dass das Management aktiv mitwirkt. Dies gilt insbesondere auch für die Unterstützung der Unternehmensleitung. In amerikanischen Unternehmen ist für die Bezeichnung der Rollen eine spezielle Nomenklatur entwickelt worden, auf die nachstehen eingegangen wird. Da die Durchführung von Six Sigma-Projekten einiges an speziellen Kenntnissen und Fähigkeiten erfordert, ist ein erprobtes Qualifizierungskonzept eine wesentliche Erfolgs- voraussetzung. Geleitet werden die Projekte von in einem vierwöchigen Training speziell ausgebildeten Fachkräften, den sogenannten Black Belts in Anlehnung an den Meistergrad für die hohe Körperbeherrschung in asiatischen Kampfsportarten (vgl. Magnusson et al. 2001, S. 39ff.). Die Ausbildung umfasst zum Beispiel Statistik und den Einsatz von Qualitätsmanagement-Tools als harte Faktoren, aber auch ein Kommunikations-, Verhandlungs- und Führungstraining als weiche Faktoren. Beauftragt werden die Black Belts von Führungskräften mit entsprechender Durchsetzungsmacht in der Linie, sogenannten Champions. Unterstützt werden sie von den sogenannten Master Black Belts, die ebenfalls dem (Senior) Management angehören. Alle wichtigen Führungskräfte erhalten ebenfalls eine verkürzte Six Sigma-Ausbildung zum Green Belt. Die Schulung sollte schnell und stufenweise erfolgen, zeitlich nur kurzfristig der Projekt- umsetzung vorgelagert. Hierdurch entsteht im Unternehmen eine mehrstufige Six Sigma- Organisation mit einer klaren Rollenverteilung. Sie ist dann vor allem gut und schlagkräftig, wenn sie mit der Linienorganisation möglichst deckungsgleich ist. Als Faustformel gilt, dass ca. 2% der Mitarbeiter eines Unternehmens zum Black Belt ausgebildet werden sollten. Da sie über ein hohes analytisches und umsetzungsorientiertes Wissen verfügen, stellen sie für das Unternehmen zugleich einen wichtigen Führungsnach- wuchs dar. Kehren sie im Rahmen von Karrierekonzepten nach einer bestimmten Zeit in eine Linienfunktion zurück, dann wird dadurch zugleich das Unternehmen mit Six Sigma-Denken und -Handeln in allen Bereichen und auf allen Ebenen durchsetzt. Aufgrund eines klar strukturierten Projektablaufes nach der DMAIC-Methode (Define- Measure-Analyse-Improve-Control) werden die Projekte stringent auf Ursachen-Wirkungs- Analysen und Verbesserungsmaßnahmen hin gesteuert (vgl. Pande et al. 2000, S 150f.; vgl. Harry/Schroeder 2000, S. 22f.). Herausfordernde Verbesserungsziele sind dabei die Norm und nicht die Ausnahme. Messen ist eine periodische Aktivität, um die Ausgangssituation, die Einflussgrößen und die Ergebnisse eindeutig nachvollziehen, analysieren und gestalten zu können. Jedes Messen muss einen Bezug zum (internen oder externen) Kunden und seinem Nutzen haben. Eingesetzt werden hierzu bewährte Qualitätsmanagement-Instrumente.
Dieses Basieren auf vorhandenem Wissen und Know-how ist ein ausgesprochener Vorteil von Six Sigma, da hierdurch die Akzeptanz eher erhöht, Kosten gespart und der Prozess beschleunigt wird. Die standardisierte Vorgehensweise, das umfassende Messkonzept und die eingesetzten Tools sichern die Transparenz jedes einzelnen Projektes. Diese Transparenz wird dadurch eindeutig erhöht, dass eine Six Sigma-Wissensdatenbank parallel zur Projektdurch- führung aufgebaut wird. Sie schafft die wesentliche Grundlage, um im Zeitablauf und über unterschiedliche Bereiche des Unternehmens hinweg analysieren zu können, ob es bereits ein vergleichbares Problem gab, welche wirkungsvollen Lösungen entwickelt wurden und welche ertragreichen Ergebnisse erreicht werden konnten. 3 Wirkungen und Ergebnisse Mit den vorstehenden Ausführungen wurde ansatzweise bereits beantwortet, was die Anwendung von Six Sigma an Wirkung bringt. Es wurde deutlich, dass Six Sigma nicht nur eine statistische Methode ist, sondern eine Business-Philosophie und eine „Breakthrough- Strategie“ nach dem Motto: „Work smarter, not harder.“ Als grober Erfahrungswert der Unternehmenspraxis gilt, dass die durchschnittliche Ersparnis durch ein Six Sigma-Projekt bei ca. 125.000 Euro liegt. Die generelle Frage ist, wie und für welchen Zeitraum die Effekte berechnet werden. Der Grundsatz geht dahin, dass die Berechnung des Net Benefit ausgesprochen konservativ ist, und zwar sowohl im Hinblick auf die berücksichtigte Zeit von lediglich einem Jahr als auch im Hinblick auf die eindeutig quantifizierbaren und deshalb vorwiegend direkten Kosten- und Nutzengrößen (siehe hierzu Abbildung 6).
Arten Nutzen Kosten Zurechenbarkeit o Kosteneinsparung - Prozessbeschleunigung o Schulung - weniger Fehlerkosten o Six Sigma Akteure/ Direkt (Ausschuss/Kulanz) Projektdurchführung o Umsatzsteigerung o Umstrukturierungs- - Mehr Absatz durch aufwand bessere Qualität o Arbeitszeit = o Weniger Personentage für Kundenabwanderung Indirekt o Kürzere Zuarbeit im Unternehmen als Kapitalbindungszeiten Opportunitätskosten Abb. 6: Net Benefit-Analyse eines Six Sigma Projektes Direkt zurechenbar als Projektergebnis sind die aufgeführten Kosteneinsparungen und Umsatzsteigerungen auf der Nutzenseite sowie die abzudeckenden Aufwendungen auf der Kostenseite. Schwieriger wird die Zurechnung indirekter Wirkungen, also strategische Fehlerfolgekosten als Nutzenkategorie, und eingetretene Opportunitätskosten. Nur wenn sie eindeutig und zweifelsfrei innerhalb der zu Grunde gelegten 12 Monate zurechenbar sind, werden sie erfasst. Die Wirkungen von Six Sigma-Projekten in einem Unternehmen lassen sich in folgenden Erfahrungswerten festhalten (vgl. Harry/Schroeder 2000, S. 2): - 20% Erhöhung der Marge - 12-18% Erhöhung der Kapazität - 12% Reduzierung der Anzahl der Mitarbeiter - 10-30% Reduzierung des eingesetzten Kapitals. Diese Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen durch den Einsatz von Six Sigma Einsparungen erzielen in der Größenordnung einer „Hidden Factory“, wie sie aus der Prozess- optimierung bekannt ist. Nach wie vor beeindruckend ist die Ergebnisentwicklung durch Six Sigma-Projekte bei General Electric, seit 1996 damit begonnen wurde. Waren im ersten Jahr die Kosten noch
leicht höher als die Einsparungen, dann hat sich dies im zweiten Jahr bereits nachhaltig geändert. Der erwirtschaftete Nettoertrag von über 2 Mrd. Dollar im Jahre 1999 hat eindeutig Benchmark-Niveau. • Verbesserung der internen In Mio. $ Prozesse interessiert den Kunden nicht 2.500 • Jedes neue Produkt ist 2.000 „DFSS“ – 1.500 Designed For Six Sigma 1.000 • In wenigen Jahren wird die Kultur und das 500 Management unumkehrbar von Six Sigma geprägt sein 0 1996 1997 1998 1999 • Six Sigma wird dabei auf den Erfolg des Kunden Kosten Einsparungen fokussiert sein „Abweichung „Abweichungist istder derTeufel Teufelin inallen allenKundenkontakten“ Kundenkontakten“ Abb. 7: Six Sigma bei General Electric 4 Zusammenhang zwischen Six Sigma und anderen Qualitätsmanagement- bzw. Management-Konzepten In nicht wenigen Unternehmen entsteht ein hohes Maß an Verunsicherung im Hinblick auf einen zweckmäßigen und ertragsreichen Einsatz von Six Sigma dadurch, dass über Jahre bereits eine Reihe von Qualitätsmanagement-Konzepten respektive Management-Konzepten entwickelt, eingesetzt und in ihrer Wirkung verfeinert wurden. Dies sind zum Beispiel – je nach Branche – ISO 9001:2000, QS-9000, VDA 6.1 oder auch das EFQM-Modell und die Balanced Score Card (BSC). Dabei wird vor allem die Frage gestellt, ob dies alles das Gleiche beinhaltet und bewirkt, sich also gegenseitig ersetzen kann. Dies ist generell nicht so, auch wenn einige Überschneidungen nicht von der Hand zu weisen sind. Dies liegt daran, dass der in der Unternehmenspraxis zu steuernde Prozess identisch ist und von den Konzepten lediglich unterschiedliche Fokussierungen, aber auch
Wirkungen erreicht werden. Im Folgenden wird kurz auf den Dreiklang von TQM/EFQM, BSC und Six Sigma eingegangen, da gerade hier eine gute und wirkungsvolle Ergänzung erreicht werden kann. In Abbildung 8 ist die unterschiedliche Ausrichtung jeweils kurz gekennzeichnet. TQM, insbesondere umgesetzt durch das EFQM-Modell schafft mit seinen definierten Kriterien und Inhalten das ganzheitliche System. Das primäre Ziel liegt in der Performance-Bewertung. Sinnvoll ergänzt werden kann diese Philosophie durch das Steuerungskonzept der Balanced Score Card. Hierbei geht es darum, Werttreiber und Key Performance Indicators herauszuarbeiten sowie vor allem auch auf einzelne, relativ selb- ständige Organisationseinheiten herunter zu brechen. Das unternehmensspezifische Konzept mit Steuerungskriterien, Kennzahlen und Messgrößen ist darauf ausgerichtet, die formulierte Vision, Strategie und Ziele zu operationalisieren und so durch Performance-Messung und Verbesserungsmaßnahmen umzusetzen. Total Quality Management Gestalten Strategie/ Kundenorientierung/ Entwicklung Kundenzufriedenheit Prozess- Ganzheitliches steuerung System Unternehmens- Mitarbeiter- führung zufriedenheit Mitarbeiter- zufriedenheit Ressourcen Geschäfts- ergebnisse Balanced Score Card Steuern Leistungs- Kunden- fähigkeit/ zufriedenheit/ Herunter- Markt- Marktaus- brechen auf/für leistungen schöpfung Organisations- einheiten Vision/ Strategie/ Ziele/ Verbesserung/ Innovation Six Sigma Unterneh- Wirtschaft- merische Mit- lichkeit/ Umsetzen/Realisieren arbeiter/Mit- Finanz- Arbeiterzu- ergebnisse friedenheit o Kunden- Inputs Prozess nutzen/ -zufriedenheit o Unternehmens- erfolg/-gewinn Abb. 8: Der Dreiklang sich ergänzender Steuerungskonzepte Genau hier setzt Six Sigma als Philosophie und Konzept ebenfalls an. Denn es hat als zentrale Ergebnisgrößen gleichermaßen den Kundennutzen und die Kundenzufriedenheit sowie den Unternehmenserfolg und -gewinn im Visier. Wie vorstehend beschrieben, liegt der Schwerpunkt allerdings auf dem Erreichen konkreter Projektergebnisse. Die Fähigkeit eines
Unternehmens, diese drei Konzepte auf einem hohen Steuerungs- und Ergebnisniveau zu kombinieren, kennzeichnet letztendlich auch Business Excellence. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die dargestellte Reihenfolge des Einsatzes der drei Konzepte ist sinnvoll und durch die zeitliche Abfolge ihrer Entwicklung auch häufig so gegeben. Sie ist aber keineswegs zwingend. Es gibt Unternehmen, die zunächst auf der Basis von KVP-Erfahrungen und anderen Qualitätsmanagement-Konzepten mit Six Sigma- Projekten angefangen haben. Positive Wirkungen werden sich einstellen. Allerdings fehlt die nachhaltige Steuerung über verschiedene Ebenen der Organisation und vor allem die Integration auf der Basis eines übergeordneten Diagnosesystems. Deshalb wird in diesem Falle häufig der Weg umgekehrt beschritten und in einer zweiten Stufe das EFQM-Modell sowie die Balanced Score Card eingeführt. 5 Stolpersteine Wie immer bei der Umsetzung eines derartig anspruchsvollen Management-Konzepts gibt es eine Reihe von Stolpersteinen, die das Ausmaß und die Qualität der Ergebniswirkungen entscheidend beeinflussen können. In Abbildung 9 sind sechs wesentliche Stolpersteine aufgeführt.
Top-down-Umsetzung Unternehmensleitung geht vorweg/steht nicht nur dahinter Messsystem Sonst „Hochsprung ohne Latte“ Ziel: Herausfordernde Ziele Unternehmens- Sonst kein Quantensprung weiter Six Sigma-Organisation Veränderungs- Kritische Masse definieren und einbinden als Black Belts und Optimierungs- Qualifizierungsprogramm Nachhaltiges Training der Mitarbeiter für prozess Six Sigma-Verbesserungsprojekte Wissensmanagement Wissens- und Erfahrungsdaten auch für internen Zugriff Abb. 9: Stolpersteine im Six Sigma-Prozess Der erste Punkt kennzeichnet eine unzureichend aktive Steuerungsfunktion der Unter- nehmensleitung. Hiervon hängt nicht nur die konsequente Umsetzung auf nachgeordneten Ebenen ab, sondern vor allem auch die dokumentierte Bedeutung dieses Vorhabens und Konzeptes im Unternehmen. Nur wenn die Unternehmensleitung an der Spitze der Bewegung steht, wird das Management auf breiter Front folgen. Hierzu gehört auch ein Training in den Grundbestandteilen von Six Sigma für die Unternehmensleitung, um so das vernetzte Verständnis deutlich zu verbessern, um auch auf diese Weise den Stellenwert von Six Sigma im Unternehmen zu dokumentieren und um zugleich die Qualität notwendiger Entscheidungen im Rahmen von Six Sigma-Projekten zu erhöhen. Diese Zielsetzung setzt ein eindeutiges und klar strukturiertes Messsystem voraus. Insbesondere die Berechnung des Net Benefit als formuliertes Ergebnis hat eine zentrale Bedeutung. Auch hier gilt die Erkenntnis, dass Messen die notwendige Voraussetzung für Verstehen und Verbessern ist. Die Metapher „Hochsprung ohne Latte“ kennzeichnet die Situation unzureichender Messgrößen als Basis plastisch. Werden Six Sigma-Projekte gestartet, dann sind nicht selten die formulierten Ziele sehr zögerlich. Dies ist aufgrund fehlender Anwendungserfahrungen und aufgrund des bewussten Vermeidens von Risiko verständlich, verschenkt aber die Chance eines Quantensprungs durch
herausfordernde Ziele. Und hierdurch wird dann zugleich auch das Niveau für zukünftige Projekte eingepegelt. Ebenfalls von zentraler Bedeutung ist die Six Sigma-Organisation. Insbesondere den Champions kommt als Auftraggeber und Promotoren für Six Sigma-Projekte eine wichtige Funktion zu. In gleichem Maße gilt dies für die Black Belts als Hauptakteure. Um Six Sigma- Projekte nicht zu Einzelveranstaltungen verkommen zu lassen, muss relativ schnell die definierte kritische Masse an Black Belts im Unternehmen erreicht werden. Entscheidend ist dabei, die richtigen Personen für diese Funktion auszuwählen. In der Regel sind es nicht die, die relativ viel Zeit haben, sondern die, die das geforderte Persönlichkeitsprofil aufweisen. In direktem Zusammenhang steht hiermit das Qualifizierungsprogramm. Six Sigma erfordert von der Höhe und vom Inhalt her eine echte Investition in die personenbezogenen weichen Erfolgsfaktoren des Unternehmens. Dies muss der Unternehmensleitung und auch den betroffenen Führungskräften und Spezialisten im Unternehmen möglichst frühzeitig klar sein. Um eine hohe Akzeptanz und Motivation für Six Sigma im Unternehmen zu erreichen, ist eine gute Informations- und Kommunikationspolitik für alle Mitarbeiter sowie auch eine persönliche Entwicklungsstrategie für die Black Belts wesentlich. Beides kennzeichnet Aspekte des Wissensmanagements. Sie werden ergänzt durch die inhaltliche Wissens- datenbank mit einer breiten, aber abgestuften Zugriffsmöglichkeit auf die an früherer Stelle genannten Bausteine. Das Ziel ist, aus jedem Projekt durch möglichst konkrete Erfahrungen zu lernen und dieses Wissen in weiteren Projekten zu nutzen. Das Ergebnis einer Anwendung von Six Sigma ist eine Kulturveränderung im Unternehmen in verschiedener Hinsicht. Sie wird wesentlich geprägt, getrieben und getragen durch die Transparenz und damit den Umgang mit Six Sigma-Projektinformationen, die vor allem auch zum internen Benchmarking und als Grundlage für Incentive-Konzepte verwendet werden. Insgesamt verändert Six Sigma den „genetischen Code“ eines Unternehmens, da Fehler anders bewertet, Fehlertoleranzen anders gesehen und Verbesserungsprogramme anders gehändelt werden. 6 Literatur Breyfogle III, F.W. (1999): Implementing Six Sigma – Smarter Solutions Using Statistical Methods, New York et al. 1999.
Fehr, B. (1999): Das Geheimnis Six Sigma, in: Manager Magazin, 29. Jg., 11/1999, S. 276- 285. Harry, M./Schroeder, R. (2000): Six Sigma – The Breakthrough Management Strategy, Revolutionizing the World’s Top Corporations, New York 2000. Magnusson, K./Kroslid, D./Bergman, B. (2001): Six Sigma umsetzen – Die neue Qualitätsstrategie für Unternehmen, München 2001. Pande, P.S./Neuman, R.P./Cavanagh, R.R. (2000): The Six Sigma Way – How GE, Motorola, and Other Top Companies Are Honing Their Performance, New York 2000.
Wir über uns M+M Six Sigma Akademie Die M+M Six Sigma Akademie wurde im Jahr 2004 von Prof. Dr. Armin Töpfer gegründet und unterstützt seitdem namhafte Unternehmen aus Produktion und Dienstleistung bei der erfolgeichen Anwendung und Einführung von Six Sigma. Sie bietet Ihnen aus einer Hand alles was Sie brauchen, um einen Einstieg und Ausbau von Six Sigma erfolgreich zu vollziehen. Dazu gehört unser Angebot aller Formen der Six Sigma Qualifizierung vom Basisseminar und Essential Seminar über Champion Training, Green Belt Training, Black Belt Training bis hin zum Master Black Belt Training. Andererseits gehört dazu die aktive Leitung/Unterstützung von Six Sigma Projekten im Rahmen unseres Angebotes Six Sigma Consulting. Darüber hinaus verfügen wir über weitgehende Erfahrungen bei der Integration von Six Sigma in Ihr Unternehmen vom QM-System bis hin zur Kopplung an Strategie, Controlling- und Zielsysteme. Profitieren Sie von unserer langjährigen Six Sigma Erfahrung sowohl im Produktions- als auch im Dienstleistungsbereich. Mit den M+M Six Sigma Seminaren – inhouse oder in unserer M+M Six Sigma Akademie® – haben Sie die Möglichkeit, das Rüstzeug für die erfolgreiche Anwendung von Six Sigma in Ihrem Unternehmen zu erwerben. M+M Six Sigma Akademie Weitere Informationen unter www.six-sigma-akademie.de oder www.m-plus-m.de © Prof. Dr. Armin Töpfer
Sie können auch lesen