Steuerung & Controlling in volatilen Zeiten - Projekt bei der Bayer CropScience
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Simulationen und Szenarien Olaf Cunitz/Philipp Klingmann/Björn Radtke Steuerung & Controlling in volatilen Zeiten – Projekt bei der Bayer CropScience Einleitung Praktiker bewegen zwei wesentliche Fragen: der Bayer CropScience „Finance Acade- 1. Was bedeutet „Volatilität“ aus finanziel- my“ gestaltet. Volatilität ist in aller Munde, bleibt jedoch ler Perspektive – wo und wie wirkt diese Im ersten Abschnitt stellen wir einen oft in der Diskussion der Unternehmenspra- auf Umsatz, Ertrag und Liquidität? Rahmen zur Steuerung unter Volatilität xis ein recht diffuses Phänomen. Einigkeit 2. Wie kann das Controlling auf die stei- und die Ergebnisse einer Fokusstudie mit herrscht meistens in einem Punkt: die gende Volatilität mit der Gestaltung der CFOs und Controllingleitern aus deut- Marktzyklen werden kürzer und die Aus- Unternehmenssteuerung reagieren? schen und europäischen Top-Unterneh- schläge von Schwankungen nehmen zu. Wie ein konsequenter Ansatz zur Ausrich- men vor, während wir im zweiten Ab- tung der Unternehmenssteuerung auf ein schnitt die konkreten Erfahrungen aus volatiles Umfeld umzusetzen ist, wird einem Steuerungsprojekt zu Volatilität bei nachfolgend an einem Projektbeispiel bei der Bayer CropScience schildern. Bayer CropScience dargestellt. Autoren Mit mehr als 7 Mrd. € Umsatz und mehr als 20.000 Mitarbeitern weltweit in 2011 ist Bayer CropScience ein wichtiger Teilkon- ■■ Volatilität wird zunehmend Normali zern innerhalb von Bayer. Der Teilkonzern tät; hierauf muss sich das gesamte Un zählt zu den weltweit führenden, innovati- ternehmen – auch im jeweiligen Steue ven Crop-Science-Unternehmen mit den rungsansatz – einstellen. Tätigkeitsbereichen Pflanzenschutz (Crop ■■ Der Finanzbereich kann wesentliche Protection), Schädlingsbekämpfungsmittel Beiträge zur Steuerung im volatilen Um Olaf Cunitz feld leisten – die Implementierung ge für den nicht-landwirtschaftlichen Ge- ist Head of Controlling der Bayer Crop brauch (Environmental Science) sowie eigneter Steuerungsinstrumente, eine Science AG; Tel.: 0 21 73 / 38 30 40; E-Mail: konsequente Ausrichtung der Control Saatgut- und Pflanzenbiotechnologie (Bio olaf.cunitz@bayercropscience.com ler als Business Partner sowie eine Stei Science). gerung der Flexibilisierung entlang der In 2008 sind die Weltmarktpreise für Wertschöpfungskette. Agrarprodukte massiv eingebrochen (z. B. ■■ Für den Controller als Business Partner für Mais um über 50 % an der Chicago bedeutet dies insbesondere eine besse Board of Trade) – und mit ihnen auch die re Entscheidungsunterstützung und Zu Philipp weltweite Nachfrage für Pflanzenschutz- kunftsorientierung, beispielsweise über Klingmann produkte. Wie die gesamte Branche muss- Szenarien und Simulationen, aber auch te sich auch Bayer CropScience dieser eine gute Kenntnis des Marktumfelds ist Principal bei CTcon und leitet das und der Geschäftsprozesse. Herausforderung stellen. Reaktionen aus Competence Center Chemie; Tel.: 02 28 / ■■ Bayer CropScience hat in einem Pro 2 43 30 31; E-Mail: p.klingmann@ctcon.de dem Controlling zur verbesserten Gegen- steuerung wurden erwartet. jekt die Einflüsse der Volatilität auf das Das Controlling bei Bayer CropScience globale Geschäft analysiert und die Un ternehmenssteuerung sowie Control ist organisatorisch dem lokalen oder regi- lingprozesse konsequent auf die we onalen Geschäft und den operativen sentlichen Volatilitätstreiber fokussiert. Funktionen zugeordnet und berichtet an Die Umsetzung zeigt deutliche Erfolge. das jeweilige Management. Über die glo- ■■ Deutliche Komplexitätsreduktion so Björn Radtke bale Controlling Community unter der wie stärkere Vereinheitlichung und Au ist Partner und Geschäftsführer bei CTcon, Führung des Leiters Controlling werden tomatisierung in den Standardprozes einer führenden Top-Managementbe einheitliche Standards, Prozesse und Sys- sen und Aktivitäten des Controllings ratung für Unternehmenssteuerung. teme durchgesetzt. Die Personalentwick- schaffen die notwendigen Kapazitäts Tel.: 02 11 / 57 79 03 76; E-Mail: b.radtke@ lung im Controlling wird ebenfalls über potenziale für eine bessere Unterstüt ctcon.de die Controlling Community, sowie maß- zung des volatilen Geschäfts. geschneiderte Qualifikationsprogramme ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012 39
Simulationen und Szenarien Herausforderungen für den 2. Flexibilitätssteigerung entlang der Wert- zen/Controlling adressiert werden, sind Finanzbereich schöpfungskette: das Aufzeigen von An- Effizienzgewinne in anderen Aufgaben satzpunkten zur Kostenflexibilisierung feldern der Controller unabdingbar. Volatilität ist ein exogener Faktor und lässt im Geschäft durch das Controlling wird Hier wird das Thema „Standardisierung sich nicht beeinflussen – jedoch können von Managern und Controllern einhel- und Automatisierung“ im Reporting Unternehmen lernen mit der Volatilität lig als wesentlicher Hebel eingeschätzt. häufig genannt, ebenso deutliche Ver- umzugehen und sie zu beherrschen. Nur wenige Controller sehen sich aller- einfachungen in der Planung. Als zu bearbeitende Stoßrichtungen, um dings bisher als ausreichend nah am Ge- Weitere vertiefende Einschätzungen aus Volatilität in den Griff zu bekommen, wer- schäft, um diese Aufgabe voll erfüllen den Interviews nachfolgend zu den drei den häufig genannt: zu können. Auch berichten sie meist Controlling-Kernprozessen Planung, Fore- ■■Verbesserung der Prognosequalität und von der hohen eigenen Kapazitätsbin- casting und Reporting: Nutzung der richtigen Frühwarnindikato- dung durch „Controlling-Standardauf- ren – wobei sich hier oft das Problem einer gaben“, die von einer tieferen Auseinan- (Budget-)Planung fehlenden Maßnahmenableitung stellt: dersetzung mit den Wertschöpfungs- Über den weitestgehend einheitlich ge- wer entscheidet wann über das Ergreifen prozessen abhält. nannten verstärkten Einsatz von Szenarien welcher Maßnahmen, bevor es zu spät ist? 3. Anpassung von Organisation und Quali- und Simulationen in den zentralen Con ■■Steigerung von Entscheidungs- und Reak- fikation im Finanzbereich: die Botschaft trollingabteilungen hinaus, zeigte sich bis- tionsfähigkeit – beinhaltet sowohl das in den Fokusinterviews war sehr ein- her in den teilnehmenden Unternehmen Schaffen geeigneter Institutionen, wie deutig: Die besten Instrumente und kein konsistenter Trend zu den Auswirkun- auch Strukturen im Unternehmen, die es Prozesse zur Volatilitätssteuerung be- gen gestiegener Volatilität auf den Pla- erlauben getroffene Entscheidungen zü- wirken wenig, wenn die Controller nungsprozess. Nach wie vor ist in den meis gig umzusetzen. nicht als „Business Partner“ agieren ten Unternehmen das fixe Jahresbudget ■■Aktive Diversifikation – in mehreren (können). Das bedeutet, wenn Control- mit relativ hohem Detailgrad maßgeb- Dimensionen; so kann dies neben unter- ler nicht über ausreichend Geschäfts- lich als interne Zielsetzung, finanzielle schiedlichen Geschäftsfeldern im Port verständnis verfügen, um sich ad hoc Guidance für die Finanzmärkte und Basis folio auch eine stärkere globale Ausrich- mit den Herausforderungen des volati- für kurzfristige Anreize. In fast allen be- tung bedeuten. len Geschäfts auseinanderzusetzen, sich fragten Unternehmen sind Ansätze wie In der Kombination aus Fokusstudie und nicht ausreichend in der Adressierung Beyond Budgeting kaum von Bedeutung. Projekterfahrungen haben wir vier Hand- der Themen auf die Manager einstellen Stattdessen werden bei signifikanten Prä- lungsfelder identifiziert, in denen der CFO oder sich nicht mitverantwortlich für missenänderungen die Pläne überarbeitet und insbesondere das Controlling für eine das Geschäftsergebnis sehen. – was flexiblere Planungstools erfordert, erfolgreiche Steuerung unter Volatilität 4. Effizienzsteigerung und Komplexitäts welche die Komplexität mehrerer Versio- wesentliche Beiträge liefern sollten: reduktion: Bessere Unterstützung zur nen beherrschbar machen sollen. 1. Einsatz neuer Steuerungsinstrumente Volatilitätssteuerung aus Finanzen/Con- Weiterhin besteht noch Potenzial in ei- 2. Flexibilitätssteigerung entlang der trolling bedeutet in aller Regel auch ner stärkeren Nutzung des Hedgings von Wertschöpfungskette einen erweiterten Kapazitätsbedarf für Risiken. Zwar ist das Hedging von Wäh- 3. Anpassung von Organisation und Qua- diese Themen. Da in den meisten Unter- rungs- und insbesondere Ölpreisrisiken lifikation im Finanzbereich nehmen parallel klare Erwartungen an weit verbreitet – allerdings wird dies oft 4. Effizienzsteigerung und Komplexitäts- eher sinkende Gesamtkosten für Finan- zum ausschließlichen Thema von Treasu- reduktion Die von uns befragten Praktiker verbinden folgende Kernaussagen und Erfahrungen Abb. 1 | Herausforderungen für den Finanzbereich mit diesen Feldern (Abbildung 1): 1. Einsatz neuer Steuerungsinstrumente: nach Volatilität befragt, ist der Ausbau Unternehmen müssen lernen Volatilität zu beherrschen durch der vorwärts-gerichteten Instrumenten- • Verbesserung der Prognosequalität und Nutzung der richtigen Frühwarnindikatoren landschaft meist der erste Antwortreflex • Steigerung von Entscheidungs- und Reaktionsfähigkeit in der Diskussion mit CFOs und Con • Aktive Diversifikation trollern. Insbesondere Szenarien, Simu- lationen und Sensitivitätsanalysen wer- den vielfach als „bereits im Einsatz“ be- Aufgabenbereiche des Controllings bei der Volatilitätssteuerung nannt. Deutlich zu hören sind aber auch erste kritische Stimmen von Anwendern, 1 2 3 4 die auf die schwere Vermittelbarkeit Flexibilitäts- Einsatz Anpassung von Effizienz- steigerung komplexer Instrumente im Management neuer entlang der Organisation & steigerung & hinweisen und auf eine Überforderung Steuerungs- Qualifikation Komplexitäts- Wertschöpfungs- instrumente im Finanzbereich reduktion von Managern, in Entscheidungsprozes- kette sen mit einer Vielzahl möglicher Zu- kunftszustände aus diesen Instrumenten konfrontiert zu werden. 40 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012
Simulationen und Szenarien ry bzw. Corporate Finance-Abteilungen zweckmäßiger Dashboards oder Cockpits Umsetzung mit und durch die gesamte gemacht und nur wenig mit der operativen („Pull-Reporting“) wird nach den Ein- Controlling Community, gesteuert Planung verzahnt. Hauptgründe für die schätzungen die statischen Berichte zu- durch das Bayer CropScience Zentral- unzureichende Nutzung dieser Finanzins- künftig zu größeren Teilen ersetzen. Keine controlling trumente sind nach unserer Wahrneh- Einigkeit besteht zu den Zeiträumen, in Abbildung 2 stellt die Maßnahmen im Pro- mung: relativ hohe Kosten, fehlende Kom- denen sich das „Pull-Reporting“ auf brei- jekt nach Aufgabenpaketen dar. petenz außerhalb der Fachabteilungen, ter Fläche durchsetzt. Der Forderung nach fehlendes Wissen um Hedgingmöglichkei- höherer Kosteneffizienz wird begegnet ten im operativen Geschäft und – daraus durch zahlreiche laufende oder geplante Instrumente zur folgend – geringe Akzeptanz durch das Reporting-Initiativen mit Fokus auf Stan- Volatilitätssteuerung Management. dardisierung (KPIs, Struktur, Wertflüsse, Layout) und Automatisierung transaktio- Die Identifikation von Volatilitätstreibern Forecasting naler Reportingprozesse (Datenverarbei- (Abbildung 3) bildet den ersten Schritt Fast alle Unternehmen geben an, dass einer tung, Report-Erstellung & Layout). Jedoch zur Anpassung des Steuerungsinstru- der Hauptunterschiede des Forecasts im ist eine konsequente organisatorische Bün- mentariums. Aus Gesprächen mit dem Vergleich zum Budget – neben der höhe- delung von Reporting-Prozessen in ent- Top-Management, sowie Vertretern aus ren Aktualität – in der Unabhängigkeit von sprechenden Competence Centern oder der weltweiten Controlling Community, den Anreizsystemen liegt und damit gerade gar das Outsourcing oder Offshoring nur Marketing, Vertrieb und Marktforschung bei einem volatilen Umfeld eine realisti- bisher vereinzelt zu beobachten. Eine in- konnten die wesentlichen kurz- & mittel- schere Beurteilung der Zukunftsaussichten tensive Prüfung solcher Initiativen steht fristigen Treiber mit einem Horizont von ermöglicht. bei vielen Unternehmen allerdings bereits ein bis drei Jahren identifiziert werden. Die Ausprägung des Forecasts ist jedoch hoch auf der Agenda. Diese Einschätzungen wurden über unternehmensindividuell und stark abhän- quantitative Analysen von Zeitreihen va- gig von den unterschiedlichen Geschäfts- lidiert. modellen und „Prognostizierbarkeit“ von Erfahrungen aus der Umsetzung Das Verständnis über die Ausprägung Absatz- und Beschaffungsmärkten. Häufig bei Bayer CropScience der einzelnen Volatilitätstreiber und eine werden Frühindikatoren mit einbezogen, sinnvolle Segmentierung und Konzentra sind aber wenig mit der Steuerung ver- Im folgenden Abschnitt erläutern wir die tion auf die kritischen Elemente (z. B. Län- zahnt. So findet sich beispielsweise nur sel- Maßnahmen und Erfahrungen in einem der, Produkte, Kunden) sind elementar für ten eine direkte Verknüpfung mit spezifi- gemeinsamen Umsetzungsprojekt bei das weitere Vorgehen. Für Bayer Crop schen Aktions- oder Notfallplänen. Bayer CropScience. Science bedeutet dies die Fokussierung auf Methodisch erfolgt vorwiegend ein Obwohl sich die Agrochemieindustrie die wesentlichen und volatilen Länder. quartalsweises Bottom-Up Forecasting auf deutlich beispielsweise von den prozykli- Während lokale Einflussfaktoren einzel- das Jahresende. Vielfach wird über die Ein- schen Investitionsgütern unterscheidet, ist ne Länderergebnisse massiv und unerwar- führung eines echten Rolling Forecasts auch sie von zunehmender Volatilität auf tet beeinflussen, wirken sich globale Ein- nachgedacht, dies bisher aber kaum konse- den Absatzmärkten betroffen. Die Schwan- flussfaktoren auf weite Teile des Geschäfts quent umgesetzt. kungen auf der Beschaffungsseite sind simultan aus. Aus Sicht von Bayer Crop Beklagt wird die oft unzureichende Sys- ebenfalls spürbar, jedoch im Vergleich zur Science sind dies vor allem Währungsrisi- temunterstützung für den Forecast als Hin- Absatzseite deutlich geringer. Was sind die ken, sowie die Weltmarktpreise für Weizen, dernis für die Umsetzung des Forecast: der Ursachen für die Schwankungen, wenn Soja, Mais etc., welche die Regionen mit Kern Financial Forecasting läuft häufig doch gemeinhin von einer konstant stei- hohen Exportanteilen besonders stark be- mittels MS-Excel-basierter Instrumente – genden Nachfrage nach Nahrungsmitteln treffen. der Hauptnachteil besteht in der fehlenden – und damit auch Pflanzenschutzproduk- Die Auswahl der relevanten Länder er- Unterstützung bei Konsolidierung und ten – ausgegangen wird? Wie kann sich das folgt über die Priorisierung nach den bei- komplexeren Modellierungen, beispiels- Management angemessen vorbereiten und den Kriterien Umsatz und relative Plan/Ist- weise der Wertschöpfungskette und deren reagieren? Welche Rolle spielt hierbei das Abweichung (Abbildung 4). Die Einteilung Auswirkung auf Bestände und Liquidität. Controlling und wie kann es das Manage- in drei Segmente erleichtert die Auswahl ment am besten unterstützen? der adäquaten Instrumente: die wirklich Reporting & Analyse Diese Fragestellungen wurden in drei kritischen Volatilitätsländer, zu beobach- Nach wie vor dominiert die Verwendung Schritten bearbeitet: tende Länder und die kleinen Länder, de- klassischer, papierbasierter und durch das 1. Hypothesenbildung unter Einbezug des ren Schwankungen sich im Gesamtumsatz Controlling verteilter Monatsberichte Top-Management aus dem operativen in der Regel nicht signifikant bemerkbar („Push-Reporting“). Aus dem erhöhten Geschäft und der Controlling-Commu- machen. Bedarf an Ad-hoc-Berichten in einem vo- nity, sowie Abgleich mit Top-Unterneh- latilen Umfeld und ermöglicht durch tech- men vergleichbarer Größe Controlling-Serviceportfolio auf nische Entwicklungen (beispielsweise Ta- 2. Maßnahmenableitung und -spezifi Volatilität ausrichten blet PCs, SAP Business Objects, …) lässt zierung mit Vertretern repräsentativer Die Fokussierung auf Haupttreiber und sich jedoch eine Renaissance von Self-Ser- Pilotländer kritische Volatilitätsländer wird verbunden vice Tools beobachten: das Reporting per 3. Verabschiedung der Maßnahmen durch mit einer Anpassung der Controlling-Ser- Mausklick mittels benutzerfreundlicher, das Top-Management und konsequente vicesgrade und -Instrumente. Kritisch für ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012 41
Simulationen und Szenarien die Umsetzung in der Praxis ist es, die rich- Controllingservicegraden andererseits zu kategorie sind bestimmte Instrumente tige Balance zwischen differenzierter Be finden. zugeordnet: ein einheitliches, auf standar- arbeitung von Volatilitätsclustern einerseits Abbildung 5 verdeutlicht die Umset- disierten Kategorien basierendes Chan- und effizienten, möglichst standardisierten zung für Bayer CropScience. Jeder Länder- cen- und Risiken-Reporting für alle, wäh- Abb. 2 | Maßnahmen im Projekt Handlungsfelder Maßnahmen A • Transparenz über Risiken & Chancen Neue Instrumente zur • Sensitivitätsanalyse für ausgewählte Länder Steuerungs- Volatilitätssteuerung • Korridorplanung auf Ebene Teilkonzern instrumente B • „Assumption Based Planning“ – Transparenz über zugrundeliegende Marktorienierte Planungsannahmen Flexibilitäts- Planung • Vereinfachte Kostenstellenplanung & Standardkostenkalkulation steigerung entlang • Planungsanforderungen und -umfang reduziert der Wertschöpfungs- kette C • Reduktion der Anzahl betroffener Einheiten von mehr als 2/3 durch Fokussiertes die Fokussierung auf Volatilität und Wesentlichkeit Forecasting Anforderungen an den Finanzbereich D Organisation & • Neudefinition der Controlling Rolle Qualifikation Business • Verändertes Training mit Fokus auf Geschäftsverständnis Partnering • Beschreibung von Karrierewegen im Finanzbereich Effizienzsteigerung E • Aufbau Competence Center Reporting, um transaktionale Aktivitäten & Komplexitäts- Effizientes zu bündeln („Datenlieferung“) reduktion Standard Reporting • Nutzung freigesetzter Kapazitäten zur Intensivierung der Volatilitäts- unterstützung Abb. 3 | Relevante Volatilitätstreiber für Bayer CropScience Globale Einflussfaktoren Anstieg des Fremdwährungsrisikos durch den relativen Bedeutungsverlust • Wechselkurse der Märkte der Eurozone; komplexe Währungsbeziehungen beeinflussen BCS Reingewinn • Commodity Hohe Commodity Preise ermöglichen Investitionen der Landwirte in Preise Pflanzenschutz und Saatgut-Behandlung Relevante Volatilitäts- treiber Lokale Einflussfaktoren Bedarf wird getrieben vom Anstieg des BIP, Ernten, Margen und • Nachfrage Verfügbarkeit von Agrarflächen, bepflanzten Flächen, usw. Höherer Preisdruck und Margenerosion durch den steigenden Anteil von • Wettbewerb Generika im Markt für Pflanzenschutzprodukte • Regulierung Regulierungsänderungen und das politische Umfeld beeinflussen Planungs- sicherheit und Profitabilität des Geschäfts • Sonstiges Wetter (zyklische Phänomene bspw. Flut, Monsun), Lagerbestand in den Vertriebskanälen, Inflation, … 42 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012
Simulationen und Szenarien Abb. 4 | Bayer CropScience Volatilitäts-/Ländermatrix (illustrativ) rend komplexere Analysen auf die kriti- schen Länder fokussiert werden. Durch die geringeren Anforderungen für die klei- Umsatz in m € neren Länder werden dort Effizienzgewin- ne ermöglicht. V Marktorientierte Planung 12 von 80 B Ländern Ein wichtiges Ergebnis des Projekts ist die Neuausrichtung der 3-Jahresplanung weg Zu beobachtende Länder von einer stark zahlengetriebenen Analyse der Finanzkennzahlen und hin zu mehr K Kleine Transparenz über die Marktentwicklung Länder 20 von 80 und die (finanziellen) Auswirkungen auf Ländern Bayer CropScience. Mit der Maßgabe den Markt bei Wachstum und Profitabilität zu übertreffen, spiegelt sich die Marktorientie- 48 von 80 rung bereits in der Top-Down-Zielsetzung Ländern wider. Die Maßnahmen im Einzelnen: Fokus auf ein besseres Verständnis von Relative Umsatzvolatilität* in % Volatilität * Volatilität ist definiert als durchschnittliche Budgetabweichung der Umsätze ■■Stärkere Ausrichtung der Budgetdiskus- der letzten vier Jahre in lokaler Währung sionen auf Marktentwicklung und deren finanzielle Auswirkungen, unterstützt durch standardisierte Foliensätze Abb. 5 | Bayer CropScience Controlling Service-Portfolio Früh- Fokussiertes Flexibilisie- Sensitivitäts- Korridor- Transparenz indikatoren Forecasting rung analyse planung • Annahmen für • Spezieller • Teil der • Analyse- • Nur für Base Case Fokus auf Corporate optionen für Kernprodukte/- • Risiken & Volatilitäts- Forecasts I-III Kosten und länder Chancen, treiber Gewinne Korridorplanung Gegenmaßn. zentral durchgeführt Kritische V Volatilitäts- Umfassender Controlling Support nur C+ länder Zu be- B obachtende Erweiteter Support Ausnahmen Länder gesteuert durch Regionen Kleine Basis- K Länder Support ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012 43
Simulationen und Szenarien ■■Bottom-Up Planung von Chancen & Ri- sches Marktwachstum ergänzt um Chan- zogen. Für die weiteren Länder werden für siken in einheitlichen Standards cen und Risiken, sowie strategische Effek- den verbleibenden Forecastzeitraum Bud- ■■Korridorplanung im Zentralcontrolling te inkl. Annahmen zur Kostenentwick- getwerte angesetzt. Zur Erhöhung der zur Abbildung der Volatilität lung. Diese Elemente finden Eingang in Prognosequalität wird die Methodik um Fokus auf Effizienzsteigerung und Kom- eine Monte-Carlo-Simulation, auf deren einen pragmatischen Ausnahmeprozess plexitätsreduktion: Basis das angestrebte Konfidenzintervall ergänzt, sodass auch Sondereffekte aus ■■Reduktion und Harmonisierung der An- für Umsatz und Ergebnis ermittelt wird weniger volatilen Ländern berücksichtigt forderungen und Detailgrad (z. B. KPIs, und in einem High und Low Case zum werden. Überleitungen, Formate) Ausdruck kommt. Wesentliche Vorteile ■■Vereinfachte und kürzere Kostenstellen- der Korridorplanung sind neben der Plau- Dieses Verfahren hat zwei wesentliche Vor- planung sibilisierung des Base Cases auch die Sen- teile: ■■Top-Down Standardkostenkalkulation sibilisierung des Managements für Volati- 1. Reduktion der am Forecast beteiligten lität und die Vorbereitung auf Alternativ Gesellschaften um mehr als 2/3 – und Korridorplanung als Beispielausschnitt szenarien. damit entsprechend geringerer Auf- für die Planung wand in den Ländern und Regionen Ein wesentlicher Nachteil des klassischen durch Wegfall der Systemerfassung, Ab- Budgetprozesses aus Managementsicht ist, Fokussiertes Forecasting stimmschleifen, Bearbeitungszeiten, dass als Ergebnis letztendlich nur ein fester Konsolidierung etc. Zielwert steht, ggf. ergänzt um Chancen Genauso wie die Planung muss der Bayer 2. Fokussierung auf die Marktentwicklung und Risiken. In einem volatilen Umfeld CropScience Forecast-Prozess flexibel und in den wirklich volatilen Ländern kann ein fixes Budget nur scheingenau robust genug sein, um Marktschwankun- sein. Eine Korridorplanung mit einem an- gen abbilden zu können. Hierbei besteht gemessenen Konfidenzniveau hilft dieses ein Konflikt zwischen schneller Anpass- Business Partnering Problem zu überwinden: welchen Umsatz barkeit und einem möglichst durchgän können wir in einem „normalen“ Jahr er- gigen, konsolidierten Finanzgerüst. Dieses Der Controller als Business Partner ist bei zielen? Welche Marge können wir in 3 von Spannungsfeld wird durch eine konse- der Umsetzung der Maßnahmen in mehr- 4 Jahren erreichen? quente Fokussierung auf die Volatilitäts- facher Hinsicht gefordert: Deutlich stärker Die Korridorplanung (Abbildung 6) bei treiber aufgelöst: es werden nur die weni- als bisher muss er sich mit dem Marktum- Bayer CropScience bildet alle relevanten gen kritischen Volatilitätsländer in den feld, den Geschäftsprozessen und wesentli- Einflussfaktoren ab, insbesondere histori- Bottom-Up (Finanz-)Forecast mit einbe- chen Einflussfaktoren auf das Geschäft und Abb. 6 | Bayer CropScience Korridorplanung (illustrativ) Korridorplanung Beispiel: Aufbau des High Case Umsatz Umsatz/ cEBITDA cEBITDA High High Case Case Höhe des Diversifikationseffektes Base abhängig von Case Base gewähltem Case (Plan) Konfidenzniveau Korridorbreite abhängig Low von gewähltem Case Konfidenzniveau Plan Markt Chancen Diversifi- High IST Plan Plan Plan 2014 & Risiken kation Case 2011 2012 2013 2014 44 ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012
Simulationen und Szenarien Abb. 7 | Exemplarische „Business Partnering Maßnahmen“ für das Controlling bei Bayer CropScience. Dimensionen Spezifische Maßnahmen Rolle des CFO-Bereichs/ • Hohe Wertschätzung & Geschäftsorientierung des CFO-Bereichs Positionierung • Business Partnering Auftrag des CFO-Bereichs durch das Top-Management bestätigen • Beteiligung des CFO-Bereichs an Entscheidungen fördern Organisation/Governance • Hohe Nähe zum Geschäft sicherstellen, bei gleichzeitiger Richtlinienkompetenz in der Zentrale • Engerer regulärer Austausch mit dem jeweiligen Management, Einbindung in Gremien sicherstellen (z. B. Absatzforecast) Community Management/ • Controlling Community weiter ausbauen Kommunikation • Mehr funktions- und regionenübergreifende Projekte aufsetzen Career/Talent Management • Rotationsprogramm einführen (funktions- und regionsübergreifend) • Weitere Entwicklung von Karrierepfaden und Talent Pool im CFO-Bereich Qualifikation • Global Finance Academy (Finanzverständnis, Soft Skills) • Neues Modul „Geschäftsverständnis für Controller“ in Finance Academy einführen deren Veränderungen auseinandersetzen. Standardreporting ein weiteres Effizienz- steuerung beschriebenen Maßnahmen- Im Feld Instrumente und Methoden gilt es potenzial, das zu heben ist. Dabei wurde im bündel kann sich Bayer CropScience we- beispielsweise Szenarien, Simulationen und Projekt die existierende Reportingland- sentlich besser auf das volatile Umfeld Sensitivitätsanalysen aufzubauen. Dabei ist schaft und die zugehörigen Prozesse und einstellen. Das Controlling hat dazu er- weniger deren technische Ausführung Berichtssysteme nach klaren Grundsätzen hebliche Beiträge geleistet. Zum einen erfolgskritisch als eine intelligente Integra- optimiert: wurde die (strategische) Entscheidungs- tion in die Steuerungspraxis und das Ent- ■■Fokus auf wenige, entscheidungsrelevante unterstützung für das Management opti- scheidungsverhalten der Führungskräfte. KPIs miert, und zum anderen werden die Res- Schließlich gilt es am Kommunikations- ■■Konsequente Abbildung der Manage- sourcen über Komplexitätsreduktion, und Interaktionsverhalten sowie am Selbst- mentsicht in System und Berichten Standardisierung und Automatisierung verständnis der Controller zu arbeiten, um ■■Vertikale und horizontale Konsistenz von hierfür effizienter eingesetzt. Von beson- auf Augenhöhe und in gemeinsamer Ver- KPIs über verschiedene Managementebe- derer Bedeutung im Projektansatz war antwortung mit dem Management durch nen & Abteilungen hinweg es, die Ursachen und Auswirkungen der das volatile Fahrwasser zu steuern. Um im ■■Hoher Grad von Standardisierung & Au- Volatilität bei Bayer CropScience zu ver- Feld „Business Partnering“ Veränderungen tomatisierung – notfalls auch zulasten stehen, geeignete Steuerungsinstrumente in breiter Fläche zu erzielen, sind beispiels- von Detailgrad und vermeintlich benö- zu identifizieren und die Controlling- weise Kompetenzmodelle, Personalauswahl tigter Genauigkeit Kernprozesse (Budget-)Planung, Fore- und -entwicklungspfade in aller Regel deut- ■■Einheitliche Sprache, Definitionen und cast, Reporting & Analyse entsprechend lich weiterzuentwickeln. Ein solcher nach- Quellen – single point of truth; anzupassen. Im Hinblick auf den erfor- haltiger Prozess braucht viel Konsequenz, ■■Keine manuellen Anpassungen außer- derlichen Zusatzaufwand neuer Instru- einen langen Atem und intensive Interakti- halb des Systems und graduelles Abschal- mente zur Volatilitätssteuerung musste on mit den Führungskräften aus dem Busi- ten von „Excel-Welten“ bei begrenzten Kapazitäten der entspre- ness. Kurzfristige Performancesprünge sind ■■Ausbau von Self-Service Angeboten für chende Freiraum geschaffen werden. meist wenig realistisch. Auch die Initiativen das Management statt Berichtsgenerie- Letztlich wurde dies über eine allgemeine zur Weiterentwicklung des „Business Part- rung durch das Controlling Reduktion von Anforderungen, sowie ein nering“ bei Bayer CropScience sind lang- ■■Organisatorische Bündelung von Re- stärker standardisiertes und besser auto- fristig angelegt. Eine Maßnahmenauswahl portingleistungen („Shared Services Re- matisiertes Berichtswesen erreicht, wel- ist in Abbildung 7 dargestellt. porting“) – möglich und sinnvoll in Ab- ches die Controller bei den transaktiona- hängigkeit von den Rahmenbedingungen len Aktivitäten der Berichtsgenerierung Im Ergebnis hat sich nicht nur der Anteil und -aufbereitung entlastet. Effizienz im Reporting an transaktionalen Aktivitäten im Re- Im Rückblick waren folgende Faktoren porting zugunsten von Analysen reduziert, maßgeblich für den Erfolg des Projekts: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Um- sondern es konnten auch qualitative Vor- kontinuierliches Top-Management Sup- setzung einer besseren Volatilitätsunter- teile realisiert werden: in den monatlichen port, die Einbindung und Kooperation stützung durch das Controlling ist freie Ka- Berichtsterminen bleibt mehr Zeit für der globalen Bayer CropScience Control- pazität für Analysen. Und gerade diese ist Kommentierung und Maßnahmenemp- ling Community, eine enge Verzahnung durch hohe Bindung im Standardgeschäft fehlungen für das Management. mit Erfahrungen und Initiativen der an- und weiter zunehmenden Kostendruck auf deren Funktionsbereiche des Teilkon- die Finanzfunktion knapp bemessen. Bei zerns sowie ein stringentes Projektma- begrenzten Ressourcen erfordert dies eine Fazit nagement, das die Breite der im Vorhaben Repriorisierung der Controlleraktivitäten. zu adressierenden Themenfelder jeder- Neben dem bereits beschriebenen Ansatz Durch die Umsetzung der auf Basis des zeit auf die gemeinsame Zielsetzung bün- für ein effizienteres Forecasting liegt im vorgestellten Rahmens zur Volatilitäts- delt. ZfCM | Controlling & Management Sonderheft 2 | 2012 45
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