Leitfaden Einführung und zum Einsatz von Dokumenten-managementsystemen
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bayerischer Innovationsring Pilotprojekt „Verwaltungsreform“ des Bayerischen Landkreistags Bayerischer Landkreistag Leitfaden zur Einführung und zum Einsatz von Dokumenten- managementsystemen April 2013 Bayerischer Landkreistag Kardinal-Döpfner-Straße 8 80333 München Telefon +49 (0) 89/286615-0 Telefax +49 (0) 89/282821 info@bay-landkreistag.de www.bay-landkreistag.de
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Elektronische Aktenführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1. Grundsätzliches zur Aktenführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.1. Formen der Aktenführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.2. Organisationsentscheidung der Landrätin/des Landrats. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1.3. Aktenorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.2. Funktionale Anforderungen an die elektronische Aktenführung. . . . . . . . . . . . . . 7 1.2.1. Aktenvollständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.2. Aktenwahrheit/-integrität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.3. Aktennachvollziehbarkeit/-verständlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.4. Aktenverfügbarkeit/-beständigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 1.2.5. Zusammenfassung/Revisionssicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2. Dokumentenmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2.1. Erfassen und Speichern von Dokumenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.1.1. Erfassen von elektronischen Dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.1.2. Erfassen (Scannen) von Papierdokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2.1.2.1. Scan-Strategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.1.2.2. Anforderungen an das Scannen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2.1.2.3. Aufbewahrung von Papierschriftgut nach dem Einscannen. . . . . . . . . . . . . . 14 2.1.3. Erfassen von Metadaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.1.4. Speichern erfasster Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.1.4.1. Speicherformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1.4.2. Besonderheiten bei verschlüsselten und/oder signierten Dokumenten. . . . . . 16 2.1.5. Exkurs: Elektronische Pressespiegel und -archive, Presseartikel. . . . . . . . . . . . . 16 2.2. Bearbeitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 2.3. Aufbewahrung, Archivierung, Aussonderung und Vernichtung. . . . . . . . . . . . . . 17 2.4. Behandlung von Altakten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Abgabe von Akten, Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3.1. Abgabe von Akten an andere Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.1.1. Empfangende Behörde setzt kein Dokumentenmanagementsystem ein . . . . . . 19 3.1.2. Empfangende Behörde setzt ein Dokumentenmanagementsystem ein . . . . . . . 19 3.2. Aktenvorlage bei Gericht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.3. Abgabe von Akten an das zuständige Archiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.4. Akteneinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2
Inhaltsverzeichnis 4. Einführung eines Dokumentenmanagementsystems. . . . . . . . . . . . . . 21 4.1. Hinweise zur Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.1.1. Wesentliche Rahmenbedingungen/Erfolgsfaktoren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 4.1.2. Einführungsschritte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.1.3. Mögliche Einführungsstrategien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2. Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.2.1. Mitbestimmung des Personalrats/Beteiligung der Mitarbeiter/-innen. . . . . . . . 24 4.2.2. Beteiligung des behördlichen Datenschutzbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.2.3. Fachliche Freigaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.3. Technische/organisatorische Aspekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.3.1. Schnittstellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 4.3.2. Speichermedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4.3.3. Berechtigungs- und Zugriffskonzept. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.3.4. Ausstattung mit Monitoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.3.5. Ausstattung mit Scannern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.3.6. Durchführung von Schulungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.4. Ausschreibung, Auswahl und Vergabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Anlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Anlage 1: Praxisbeispiel einer Dienstvereinbarung zwischen dem Landratsamt Mühldorf a. Inn und dem Personalrat zur Einführung bzw. zum Einsatz eines Dokumentenmanagementsystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Anlage 2: Praxisbeispiel für Hinweise und Vorgaben zum Scannen. . . . . . . . . . . . . . . 35 Anlage 3: Grundzüge des Vergaberechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Literatur- und Quellenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Impressum: Herausgeber: Bayerischer Landkreistag Kardinal-Döpfner-Straße 8 80333 München Telefon (089) 286615-0 Telefax (089) 282821 info@bay-landkreistag.de www.bay-landkreistag.de Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Johann Keller Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Landkreistags Herstellung: Sebastian Weiss OHG Werftstraße 11 94469 Deggendorf 3
Vorbemerkung Vorbemerkung Die Umstellung von der papiergebundenen hin zu einer elektronischen Aktenführung und die Einführung bzw. der Einsatz eines entsprechenden Dokumentenmanagementsystems sind derzeit für viele Landratsämter ein Thema. Denn bei der elektronischen Aktenführung entfällt nicht nur der Aufwand, die zunehmenden elektronischen Dokumente und E-Mails auszudrucken und zum Papierakt zu nehmen, sie bietet auch zusätzliche Vorteile: orts- und zeitunabhängige Verfügbarkeit der Akten, gleichzeitiger Zugriff von mehreren Bearbeitern, einfache, schnelle, umfängliche und komfortable Recherchemöglichkeit, schnellere und bessere Auswertung, Darstellung und Verarbeitung, Vermeidung einer fehleranfälligen mehrfachen Erfassung und Pflege von Daten, Beschleunigung der Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen, Erhöhung der Transparenz des Verwaltungshandelns. Wegen der mit der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems verbundenen Umstellung auf eine elektroni- sche Aktenführung handelt es sich hierbei in erster Linie um ein Organisationsprojekt (und kein IT-Projekt). Eine aktive Unterstützung des Projekts durch die Landrätin/den Landrat und die übrigen Führungskräfte über die ge- samte Dauer des Projekts hindurch ist dabei ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Einführung. Auch die Mitarbeiter/-innen sollten möglichst frühzeitig eingebunden und über das Projekt und die damit verbundenen Aus- wirkungen auf ihre persönliche Arbeitsweise informiert werden. Um die Landratsämter bei der Umstellung auf eine elektronische Aktenführung zu unterstützen, hat die Projektgrup- pe „Organisation/eGovernment“ unter der Leitung von Landrat Georg Huber, Landkreis Mühldorf a. Inn, in Zu- sammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sowie der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns diesen Leitfaden erstellt. Der Projektgruppe gehören die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Bamberg, Cham, Ebersberg, Kulmbach, Miltenberg, Mühldorf a. Inn, Neu- Ulm, Passau, Roth und Rottal-Inn an, die größtenteils bereits Dokumentenmanagementsysteme eingeführt haben und einsetzen. Auf Basis dieser Praxiserfahrungen wird in Kapitel 1 u.a. eine Empfehlung zur elektronischen Aktenführung ausge- sprochen und es werden die funktionalen Anforderungen an diese dargestellt. Kapitel 2, S. 9 ff., befasst sich mit dem Dokumentenmanagement im Landratsamt und gibt Empfehlungen zum Erfassen, Speichern, Bearbeiten, Aufbewah- ren und Löschen von Dokumenten. In Kapitel 3, S. 18 ff., werden Empfehlungen zur Abgabe von Akten (z.B. an andere Behörden), zur Aktenvorlage bei Gericht sowie zur Akteneinsicht gegeben. Um die Einführung eines Doku- mentenmanagementsystems zu erleichtern, enthält Kapitel 4, S. 21 ff., entsprechende Hilfestellungen. Neben praktischen Handlungsempfehlungen enthält der Leitfaden auch Hilfestellungen zu rechtlichen Fragen. Insbe- sondere konnte in Abstimmung mit dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband die Anforderung an die Revi- sionssicherheit der Aktenführung konkretisiert werden (Kapitel 1.2.5, S. 9). Der Leitfaden wird regelmäßig auf seine Aktualität hin überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben. Die Umstellung auf eine elektronische Aktenführung kann maßgeblich dazu beitragen, dass interne und externe Ver- waltungsvorgänge noch umfassender als bisher elektronisch durchgeführt werden – wie es auch der Zielsetzung des zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem Freistaat Bayern vereinbarten eGovernment-Pakts entspricht.1 Die in diesem Leitfaden enthaltenen Empfehlungen, bei deren Umsetzung stets die örtlichen Verhältnisse zu berück- sichtigen sind, dienen hierbei als Hilfestellung. 1 Im Internet abrufbar unter http://www.cio.bayern.de/imperia/md/content/cio/egovpakt_09.pdf (05.04.2013). 4
Elektronische Aktenführung 1. Elektronische Aktenführung Im Rahmen dieses Kapitels wird zunächst grundsätzlich auf die Aktenführung eingegangen und insbesondere eine Empfehlung zur elektronischen Aktenführung ausgesprochen (Kapitel 1.1); die funktionalen Anforderun- gen an die elektronische Aktenführung werden in Kapitel 1.2, S. 7 ff., erläutert. 1.1. Grundsätzliches zur Aktenführung Die Landratsämter sind, wie alle anderen Behörden auch, zu einer ordnungsgemäßen Aktenführung verpflich- tet.2 Ihnen ist es dabei in der Regel freigestellt, ob sie ihre Akten papiergebunden, elektronisch oder in einer Mischung aus beiden Formen (sog. hybride Aktenführung) führen. Im Rahmen dieses Kapitels werden insbe- sondere die Einsatzbereiche der elektronischen Aktenführung dargestellt (Kapitel 1.1.1), die Organisationshoheit der Landrätin/des Landrats betont (Kapitel 1.1.2, S. 6) und Hinweise zur Aktenorganisation gegeben (Kapitel 1.1.3, S. 6 f.). 1.1.1. Formen der Aktenführung Nach der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO), deren Anwendung den Landkreisen empfohlen wird, sollen Vorgänge vorrangig mit Unterstützung von Informations- und Kom- munikationstechnik (IuK-Technik) bearbeitet und aufbewahrt werden, soweit zwingende Gründe der Rechtmä- ßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht entgegenstehen (§ 10 Abs. 1 i.V.m. § 36 AGO): ➢ R echtlich unzulässig ist eine rein elektronische Aktenführung nach Auffassung des Staatsministeriums des Innern (Schreiben vom 02.11.2009, Az. IZ7-0245.3-4) derzeit bei: Personalakten (vgl. Art. 102 ff. BayBG) (Hinweis: Das Bayerische Beamtengesetz soll dahingehend geän- dert werden, dass Personalakten auch [teilweise oder vollständig] elektronisch geführt werden können.3), Verschlusssachen ab der Geheimhaltungsstufe VS-VERTRAULICH und höher4 (Hinweis: Das o.g. Schreiben des Staatsministeriums des Innern wird derzeit überarbeitet. Danach sollen auch Verschluss- sachen unter bestimmten Voraussetzungen elektronisch geführt werden können. Der Leitfaden wird an- schließend entsprechend aktualisiert), Ordnungswidrigkeitenverfahren (solange noch keine Verordnung i. S. d. § 110b Abs. 1 OWiG erlassen worden ist). ➢ F ragen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ergeben sich z. B. beim Scannen von Papierdokumenten (Kapitel 2.1.2, S. 10 ff.). ➢ D ie Aufbewahrung einzelner Papierdokumente kann auch aus rechtlichen Gründen oder zur Beweissiche- rung weiterhin notwendig oder zweckmäßig sein (Kapitel 2.1.2.3, S.14f.).5 In den o.g. Fällen, in denen eine elektronische Aktenführung nicht oder nur teilweise zulässig, wirtschaftlich oder zweckmäßig ist, kommt eine hybride Aktenführung in Betracht. Unter einer Hybridakte wird eine elektro- nische Akte verstanden, bei der aus rechtlichen oder praktischen Gründen bestimmte papiergebundene Originale (ggf. mit Original-Datenträgern, z.B. auf CD übermittelte Ausschreibungsunterlagen) parallel zur elektronischen 2 gl. etwa Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, § 29 RdNr. 11. V 3 Vgl. Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Leistungslaufbahngesetzes und anderer Rechtsvorschriften, Drucksache 16/15832 vom 27.02.2013, insbesondere auch die Ausführungen zu den Anforderungen an die elektronische Personalaktenführung auf S. 16 der Drucksache, http://www1.bayern.landtag.de/ElanTextAblage_WP16/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000010000/0000010035.pdf (05.04.2013). 4 Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH dürfen ausnahmsweise nach § 47 Abs. 2 VS- Anweisung elektronisch geführt und bearbeitet werden. 5 Vgl. das Schreiben des Staatsministeriums des Innern vom 02.11.2009, Az. IZ7-0245.3-4, Nr. 3. 5
Elektronische Aktenführung Akte geführt werden (müssen).6 Mit einer hybriden Aktenführung können jedoch folgende Nachteile verbunden sein: zusätzlicher Aufwand, etwa bei Bearbeitung und Aufbewahrung der Vorgänge, erschwerte Rekonstruktion des Vorgangs (z. B. für die Vorlage an andere Stellen), höhere Fehleranfälligkeit, Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeiter/-innen (Doppelbelastung durch elektronische und papiergebun- dene Aktenführung).7 Empfehlung: ✓ V orgänge sollten vorrangig elektronisch bearbeitet und aufbewahrt werden, soweit zwingende Gründe der Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit nicht entgegenstehen (vgl. § 10 Abs. 1 i.V.m. § 36 AGO). ✓ S oweit eine rein elektronische Aktenführung nicht in Betracht kommt (siehe oben S. 5), sollten die Akten in hybrider Form geführt werden, soweit dies wirtschaftlich ist. Die elektronische Akte sollte dabei die „führende“ Akte sein, d.h. dass alle aktenrelevanten Dokumente (soweit rechtlich zulässig) soweit wie möglich elektronisch erfasst und elektronisch geführt werden. Dies gilt ausdrücklich auch für Dokumen- te, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Beweissicherung parallel in Papierform geführt werden müssen. ✓ P apierdokumente liegen beim Absender oftmals in elektronischer Form vor. Ist ein Einscannen dieser Do- kumente weder wirtschaftlich noch zweckmäßig/praktikabel (z.B. großformatige Planunterlagen), sollte versucht werden, sich diese vom Absender in elektronischer Form zusenden zu lassen. 1.1.2. Organisationsentscheidung der Landrätin/des Landrats Die Entscheidung über die Form der Aktenführung trifft die Landrätin/der Landrat aufgrund ihrer/seiner Orga- nisationshoheit und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Bei der Umstellung von einer papiergebundenen auf eine elektronische bzw. hybride Aktenführung sollten Zeit- punkt, Umfang und die Durchführung der Aktenführung z.B. in einer Dienstvereinbarung festgelegt werden (vgl. als Praxisbeispiel die Dienstvereinbarung zwischen dem Landratsamt Mühldorf a. Inn und dem dortigen Personalrat, Anlage 1, S. 31 ff.).8 1.1.3. Aktenorganisation Auch elektronische Akten müssen nach einem Aktenplan verwaltet und aufbewahrt werden (vgl. § 27 Abs. 1 AGO i.V.m. § 36 AGO). Der Aktenplan gewährleistet die strukturierte Zuordnung von Dokumenten zu Vor- gängen und deren Zuordnung zu Akten.9 6 gl. zur Aktenvollständigkeit Kapitel 1.2.1, S. 7. V 7 Vgl. das Schreiben des Staatsministeriums des Innern vom 02.11.2009, Az. IZ7-0245.3-4, Nr. 1. 8 Vgl. auch Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwaltungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 4 ff. 9 Vgl. hierzu auch die Abbildung im Glossar, Begriff „Akte“, S. 43. 6
Elektronische Aktenführung Empfehlung: Die Aktenorganisation sollte nach dem vom Bayerischen Landkreistag mit herausgegebenen „Einheits- aktenplan für die bayerischen Gemeinden und Landratsämter“ erfolgen (im Internet abrufbar unter http://www.gda.bayern.de/publikationen/eapl/, (05.04.2013). Wesentliche Vorteile dabei sind: ✓ Eine einheitliche Aktenstruktur erleichtert den elektronischen Austausch bzw. die elektronische Abgabe von Akten (vgl. hierzu Kapitel 3, S. 18 ff.). ✓ Der Verwaltungsaufwand für die Erstellung, Pflege und Aktualisierung eines eigenen Aktenplans wird auf ein Minimum reduziert. Die Wirtschaftlichkeit der Schriftgutverwaltung wird so verbessert. ✓ Ein ergänzend angebotener Katalog, der regelmäßig fortgeschrieben wird, listet für jedes Aktenzeichen konkrete Aufbewahrungsfristen auf; dies erleichtert die Aktenaussonderung und ermöglicht eine zeitnahe Entlastung der Registraturen bzw. der Dokumentenmanagementsysteme. ✓ Viele Anbieter von Dokumentenmanagementsystemen bieten den Einheitsaktenplan standardmäßig und ohne Aufpreis als Teil der Produktpalette an oder können diesen ohne übermäßigen Aufwand in ihrem System hinterlegen.10 Den Landratsämtern steht es jedoch grundsätzlich frei, auch eigene Aktenpläne zu verwenden. Soweit eigene Aktenpläne verwendet werden, kann ein vereinfachter Datenaustausch auch dadurch erreicht werden, dass vor dem Austausch der eigene Aktenplan in den Einheitsaktenplan „übersetzt“ wird. 1.2. Funktionale Anforderungen an die elektronische Aktenführung Unabhängig davon, ob Akten papiergebunden, elektronisch oder in hybrider Form geführt werden, müssen die Akten den nachfolgenden Anforderungen gerecht werden bzw. folgende Aktenfunktionen erfüllen: Aktenvollständigkeit (s. Kapitel 1.2.1, S. 7 f.) Aktenwahrheit/-integrität (s. Kapitel 1.2.2, S. 8) Aktennachvollziehbarkeit/-verständlichkeit (s. Kapitel 1.2.3, S. 8) Aktenverfügbarkeit/-beständigkeit (s. Kapitel 1.2.4, S. 8) Revisionssicherheit (s. Kapitel 1.2.5, S. 9) Dies bezieht sich nicht nur auf die Erledigung der Sachaufgaben (einschließlich der transparenten Dokumen- tation von Entscheidungsabläufen), sondern auch auf die handelnden Personen (personale Verantwortlichkeit), d.h. aus den jeweiligen Verwaltungsvorgängen muss ersichtlich sein, welches Mitglied der Verwaltung zu wel- chem Zeitpunkt welchen Informationsstand hatte/haben konnte und in welchem Umfang am Verwaltungshan- deln mitgewirkt hat.11 Die nachfolgenden Anforderungen gelten daher für alle aktenrelevanten Dokumente und Vorgänge sowie die dazugehörigen Metadaten und Bearbeitungsvorgänge/-vermerke (Geschäftsgangvermerke, Verfügungen, Aktenvermerke, Zeichnungen, Mitzeichnungen oder Kenntnisnahmen). „Dokumente sowie die zugehörigen entscheidungserheblichen Bearbeitungsschritte sind dann aktenrelevant, wenn sie zum späteren Nachweis der Vollständigkeit, zur Nachvollziehbarkeit und für die Transparenz des Verwaltungshandelns inner- halb der Verwaltung als auch gegenüber Dritten beweisfest vorzuhalten sind.“12 10 gl. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.), Digitale Unterlagen Nr. 3: Die Einführung der elektronischen Vorgangsbear- V beitung bei den Landratsämtern in Bayern, S. 7 f. 11 Vgl. Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwal- tungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 9 ff. 12 Arbeitsgruppe IT-gestützte Verwaltungsarbeit des Unterausschusses Allgemeine Verwaltungsorganisation des Arbeitskreises VI der In- nenministerkonferenz/Kooperationsausschuss Automatisierte Datenverarbeitung Bund/Länder/Kommunaler Bereich, Grundsatzpapier „Aktenrelevanz von Dokumenten“, S. 2. 7
Elektronische Aktenführung 1.2.1. Aktenvollständigkeit Aktenvollständigkeit bedeutet, dass alle Dokumente/Informationsträger, die zu einem bestimmten Verwaltungs- vorgang gehören, jederzeit vollständig nachgewiesen und bereitgestellt werden können. Es muss sichergestellt sein, dass bei Bedarf alle aktenrelevanten Dokumente/Informationsträger/Informationen, die Bezug zum Gang des Verfahrens, zur Sachverhaltsermittlung und zur Entscheidungsfindung aufweisen, in der elektronischen Akte enthalten oder so nachgewiesen sind, dass ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Akte klar, eindeutig und dau- erhaft bestimmt ist und sie ohne Weiteres mit der elektronischen Akte vorgelegt werden können.13 Hybride Aktenführung Im Sinne der Aktenvollständigkeit müssen bei einer hybriden Aktenführung die elektronischen und papierge- bundenen Bestandteile (ggf. mit Original-Datenträgern, z. B. auf CD übermittelte Ausschreibungsunterlagen) wieder zusammengeführt werden können. Eine hybride Aktenführung setzt daher voraus, dass die elektronischen und papiergebundenen Aktenbestandteile grundsätzlich nach denselben Kriterien regis- triert, abgelegt und vom Dokumentenmanagementsystem gemeinsam verwaltet werden und durch Fundstellenverweise oder Kopien von den elektronischen auf die papiergebundenen Aktenbestand- teile verwiesen wird (und umgekehrt). Mit der Registratur sollte abgestimmt werden, wie die Bereitstellung der Papierunterlagen erfolgt.14 1.2.2. Aktenwahrheit/-integrität Der Grundsatz der Aktenwahrheit/-integrität geht über den der Aktenvollständigkeit hinaus und verlangt, dass alle Aktenbestandteile und aktenrelevanten Dokumente (einschl. entscheidungsrelevanter Metadaten und Verarbeitungsvorgänge/-vermerke) zutreffend und unverfälscht wiedergegeben werden. Die Möglichkeit der Ma- nipulation des Aktenbestandes muss durch technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen sein.15 1.2.3. Aktennachvollziehbarkeit/-verständlichkeit Nach dem Grundsatz der Aktennachvollziehbarkeit/-verständlichkeit muss (auch) eine elektronisch bzw. hybrid geführte Akte nach Darstellung und Aufbau aus sich heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Insbesondere bei hybriden Akten ist auf eine (auch für Dritte) verständliche und nachvollziehbare Bereitstellung der Akten zu achten (siehe hierzu Kapitel 3, S. 18 ff.).16 1.2.4. Aktenverfügbarkeit/-beständigkeit Aktenverfügbarkeit/-beständigkeit bedeutet, dass alle aktenrelevanten Dokumente innerhalb der Aufbewahrungs- fristen (s. hierzu Kapitel 2.3, S. 17 f) jederzeit vollständig, zutreffend und in benutzbarer Form eingesehen, ausge- wertet und bearbeitet werden können. Diese Anforderung umfasst die Bereitstellung für die weitere Bearbeitung, die Abgabe an andere Behörden, die Vorlage vor Gericht, die Auswertung im Rahmen der Rechnungsprüfung, 13 gl. hierzu ausführlich: Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung V elektronischer Verwaltungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 12 ff. sowie Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Akte, S. 9 ff. 14 Vgl. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.), Digitale Unterlagen: Entstehung – Pflege – Archivierung: Empfehlungen für die Behörden des Freistaates Bayern, S. 16 und Gruschka, Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen (Scan- Dienstanweisung und weitere Fragestellungen), in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2006, S. 82. 15 Vgl. Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwal- tungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 21 ff. 16 Vgl. Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwal- tungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 27 ff. 8
Elektronische Aktenführung / Dokumentenmanagement die Einsichtnahme durch berechtigte Dritte sowie die Anbietung und Übergabe der Unterlagen an das zuständige Archiv im Rahmen der Aktenaussonderung.17 1.2.5. Zusammenfassung/Revisionssicherheit Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nach den (allgemeinen) funktionalen Anforderungen an die elektronische Aktenführung sichergestellt sein muss, dass zumindest für die “Lebensdauer” einer Akte (vgl. die nachfolgende Abbildung zu Kapitel 2) der Nutzungszugriff (Lesen, Bearbeiten, Zugang zu Protokollierungsdaten etc.) gewährleistet ist und hierbei die Verfügbarkeit, Vollständigkeit, Integrität, Vertraulichkeit, Unverfälschbar- keit, Nachprüfbarkeit und Verkehrsfähigkeit der aktenrelevanten Dokumente, Vorgänge und Akten sicherge- stellt sind.18 Mit der Einhaltung dieser Anforderungen ist aus Sicht des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands grund- sätzlich auch die notwendige Revisionssicherheit der Akten gewährleistet, soweit nicht erweiterte spezialgesetz- liche Anforderungen an die elektronische Aktenführung bestehen (vgl. beispielsweise §§ 37, 71, 82 KommHV- Kameralistik, §§ 33, 67, 69 KommHV-Doppik, § 147 AO und die IMBek vom 06.02.2008, Az.: IB4-1512.5-9, AllMBl 2008, 157).19 2. Dokumentenmanagement Ein Dokumentenmanagementsystem unterstützt dabei, aktenrelevante Dokumente systematisch zu erfassen und zu speichern (Kapitel 2.1, sogleich unten, und Kapitel 2.4 zur Behandlung von Altakten, S. 18), zu bearbeiten (Kapitel 2.2, S. 17 f), bis zu ihrer Aussonderung revisionssicher aufzubewahren und nach Abschluss des Aus- sonderungsverfahrens zu löschen bzw. zu vernichten (Kapitel 2.3, S. 17). Die nachstehende Abbildung stellt die aufeinanderfolgenden Phasen dar:20 17 gl. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.), Digitale Unterlagen Nr. 3: Die Einführung der elektronischen Vorgangsbear- V beitung bei den Landratsämtern in Bayern, S. 20 f. und Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungs- gerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwaltungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 32 ff. 18 Vgl. Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwal- tungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 32 und Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltung- sarbeit: Baustein E-Akte, S. 12 f. 19 Vgl. hierzu Gruschka, Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungs- verband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2004, S. 28 ff., Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen (Scan-Dienst- anweisung und weitere Fragestellungen), in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2006, S. 78 ff. sowie Elektronische Archivierung von Belegen in Kommunalkassen: Prüfungserfahrungen, Praxisfragen sowie weitere Hinweise, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2011, S. 53 ff. 20 In Anlehnung an Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Akte, S. 45. 9
Dokumentenmanagement 2.1. Erfassen und Speichern von Dokumenten Im Dokumentenmanagementsystem müssen sowohl elektronische Dokumente als auch papiergebundene Doku- mente erfasst (Kapitel 2.1.1 und 2.1.2, sogleich unten), Vorgänge mit Hilfe von Metadaten eindeutig und wieder auffindbar zugeordnet (Kapitel 2.1.3, S. 14) und anschließend abgespeichert werden (Kapitel 2.1.4, S. 14 ff.). Das Erfassen (Scannen) von Papierdokumenten (Kapitel 2.1.2) stellt wegen der damit verbundenen technischen und organisatorischen Fragen einen Schwerpunkt dieses Kapitels dar. 2.1.1. Erfassen von elektronischen Dokumenten ➢ E in Dokumentenmanagementsystem muss alle Arten von elektronischen Dokumenten erfassen können, mit denen im Landratsamt gearbeitet wird. ➢ D as Dokumentenmanagementsystem muss aber auch mit elektronischen Dokumenten umgehen können, die an das Landratsamt übermittelt werden. Damit diese problemlos weiterverarbeitet werden können, wird empfohlen, spätestens mit der (ggf. zunächst auch probeweisen) Einführung des Dokumentenmanagement- systems zumindest auf der Internetseite (ggf. auch auf dem Briefkopf und/oder der E-Mail-Signatur) klar- zustellen, in welchem Umfang elektronische Dokumente entgegengenommen werden (Art. 3a BayVwVfG). Insbesondere sollte klargestellt werden, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen elektronisch verschlüsselte und/oder signierte Dokumente über- mittelt werden dürfen, welche Dateiformate entgegengenommen werden - ggf. zusätzlich mit Angabe der Programmversion, z.B. „Word für Windows Version 2003 (*.doc)“; vgl. als Praxisbeispiel: http://www.landratsamt-roth.de/ desktopdefault.aspx/tabid-36/206_read-2060/ (05.04.2013).21 ➢ B ei den elektronischen Dokumenten sollte eine Volltextindizierung/Texterkennung (OCR) durchgeführt werden, soweit dies technisch möglich und zweckmäßig ist. 2.1.2. Erfassen (Scannen) von Papierdokumenten Beim Scannen von Papierdokumenten müssen neben der Ausstattung mit geeigneter Technik (s. hierzu Kapitel 4.3.5, S. 29) folgende organisatorische Fragen geklärt werden:22 wer scannt, wo und zu welchem Zeitpunkt wird gescannt (Scan-Strategien), welches Schriftgut wird ggf. nicht oder nur zum Teil gescannt (z.B. umfangreiche gebundene Dokumente),23 in welchem Format wird mit welcher Auflösung und Farbdarstellung (farbig, s/w oder in Graustufen) gescannt (Scanformat), in welchem Format, mit welcher Auflösung und mit welchen Kompressionsverfahren werden die gescann- ten Dokumente digital gespeichert (Speicherformat), wie wird die Übereinstimmung mit dem Original überprüft (Sichtprüfung), mit welchen Metadaten wird das elektronische Dokument unmittelbar oder logisch verknüpft (Metadaten-Erfassung), 21 gl. auch Thum, Neuerungen im Verwaltungsverfahren durch das Gesetz zur Stärkung elektronischer Verwaltungstätigkeiten: Teil 1, Kom- V munalPraxis Bayern (2003), S. 218. 22 Vgl. insgesamt: Rahmenvorschriften der Bayerischen Staatsregierung für die elektronische Aktenführung und das Übertragen und Vernich- ten von Papierdokumenten vom 27.06.2012, Az.: B II 2 – G9/12-1 (AllMBl 2012, 491). 23 Siehe zu weiteren Beispielen: Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E- Akte, S. 49. 10
Dokumentenmanagement wie wird die Vollständigkeit der Übertragung und Speicherung festgestellt (Transferkontrolle) und in welcher Form und in welchem Umfang werden diese Vorgänge protokolliert (Protokollierung).24 Die nachfolgenden Ausführungen dieses Kapitels dienen hierbei als Hilfestellung. Ein Praxisbeispiel für Hinweise und Vorgaben zum Scannen ist als Anlage 2, S. 35 ff. beigefügt. 2.1.2.1. Scan-Strategien Beim Scannen von Papierdokumenten25 kann zwischen folgenden Varianten unterschieden werden: Eingangs-Scan Verfahrens-Scan Abschluss-Scan Zentraler Eingangs-Scan Zentraler Verfahrens-Scan Zentraler Abschluss-Scan Die eingehende Post wird Während der Die abgeschlossenen Vor- zentral, z.B. in der Poststelle, Bearbeitungsphase werden gänge werden zentral, z.B. in zentral gescannt und virtuell in den die Papierdokumente zentral, der Registratur, gescannt und Postlauf gegeben. z.B. in der Poststelle, im in das Dokumenten- Dokumentenmanagement- managementsystem überführt. system erfasst. Eingangs-Scan Verfahrens-Scan Abschluss-Scan im Fachbereich bzw. im Fachbereich bzw. im Fachbereich bzw. Sachgebiet Sachgebiet Sachgebiet Die im Sachgebiet eingehen- Während der Die abgeschlossenen Vor- dezentral de Post wird gescannt und Bearbeitungsphase werden gänge werden im Sachgebiet der/dem Sachbearbeiter/-in die Papierdokumente gescannt und in das über das Dokumenten- dezentral, z.B. in den Dokumentenmanagement- managementsystem einzelnen Sachgebieten, im system überführt. zugeordnet. Dokumentenmanagement- system erfasst. Eingangs-Scan Verfahrens-Scan Abschluss-Scan durch Sachbearbeiter/-in durch Sachbearbeiter/-in durch Sachbearbeiter/-in Der Posteinlauf wird von Während der Die abgeschlossenen Vor- lokal der/dem Sachbearbeiter/-in Bearbeitungsphase werden gänge werden von der/dem eingescannt und den die Papierdokumente von Sachbearbeiter/-in gescannt Vorgängen zugeordnet. der/dem Sachbearbeiter/-in und in das Dokumenten- im Dokumenten- managementsystem überführt. managementsystem erfasst. Vor- und Nachteile der Varianten: Das zentrale Einscannen des Posteingangs kann (z. B. durch Einsatz leistungsfähigerer Technik) effizienter sein, bestehende Organisationseinheiten, wie die Poststelle aber u.U. qualitativ und quantitativ überfordern. Eine Qualitätssicherung ist allenfalls stichprobenartig möglich. Die große Masse erfordert ggf. zusätzliches Personal, da der Aufwand gegenüber der traditionellen Postverteilung beim Scannen höher ist. 24 gl. hierzu Gruschka, Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsver- V band (Hrsg.), Geschäftsbericht 2004, S. 42 f. 25 Welche Papierdokumente ggf. nicht oder nur zum Teil gescannt werden (umfangreiche gebundene Dokumente, Werbung, Zeitschriften etc.) sollte in einer Scan-Dienstanweisung geregelt werden, vgl. Kapitel 2.1.2, S. 10, das Praxisbeispiel für Hinweise und Vorgaben zum Scannen auf S. 35 ff. sowie Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E- Akte, S. 49. 11
Dokumentenmanagement Das dezentrale Scannen verursacht in den Sachgebieten einen Mehraufwand, der sich aber durch die Entlas- tung der Sachgebietsregistratur wieder relativieren kann. Während das Scannen in der Posteingangsstelle sicher routinierter abläuft, verfügt das Sachgebiet über mehr Fachwissen, um eine sichere Zuordnung vor allem der Metadaten zu gewährleisten. Der lokale Scan bindet Ressourcen (Zeit der Sachbearbeiter/-innen, Einzelplatzscanner), ist aber vor allem in Bereichen mit hohem Parteiverkehr unverzichtbar, da die abgegebenen Unterlagen unmittelbar erfasst werden können. Der Aufwand für die/den Sachbearbeiter/-in ist gegenüber der Papierablage etwas höher, gleichzeitig profitiert aber die Qualitätskontrolle und die sichere Zuordnung der Metadaten. Der Eingangs-Scan gewährleistet (vor allem beim zentralen Scannen) eine frühzeitige Erfassung der Dokumente und erschließt damit die vollen Workflowfunktionalitäten des Dokumentenmanagementsystems (Mitzeichnun- gen etc.). Der Verfahrens-Scan ermöglicht die Übernahme der im herkömmlichen Postlauf verteilten Dokumente zu- mindest für die weitere Sachbearbeitung. Insbesondere bei umfangreicheren Scan-Arbeiten kann die Zeit frei(er) eingeteilt werden. Der Abschluss-Scan dient (abgesehen von den Recherchemöglichkeiten) nur noch der platzsparenden Ablage und nicht mehr dem echten Dokumentenmanagement. Er kommt allenfalls für eine hohe Zahl von Routinefäl- len ohne sinnvollen Workfloweinsatz in Betracht. Empfehlung: ✓ E mpfohlen wird der Eingangs-Scan, da hier die Workflowkomponenten optimal genutzt werden können. Ferner ist dadurch in der elektronischen Akte frühzeitig erkennbar, welche Eingänge vorhanden sind. ✓ O b zentral, dezentral oder lokal gescannt wird, hängt stark von den jeweiligen Organisationsstrukturen ab. Scannt die/der Sachbearbeiter/-in selbst, ist die Qualität wohl am höchsten; der (Zeit-)Aufwand aber auch. 2.1.2.2. Anforderungen an das Scannen Scanformat ➢ D as gewählte Scanformat sollte nicht nur die Übereinstimmung des zu scannenden Papierdokuments (Ori- ginal) mit der digitalen Wiedergabe am Monitor sicherstellen, sondern auch die mit dem Original überein- stimmende Ausgabe am Drucker ermöglichen.26 ➢ S tandardmäßig sollte mit einer Auflösung von 300 x 300 dpi gescannt werden. Im Einzelfall kann auch eine höhere Auflösung erforderlich sein, um die Übereinstimmung zwischen dem zu scannenden Papierdokument und der elektronischen Kopie sicherzustellen. Als Mindest-Auflösung werden 200 x 200 dpi empfohlen. ➢ E s sollte grundsätzlich farbig gescannt werden. Ausnahmen kommen insbesondere dann in Betracht, wenn Farbinformationen lediglich als Ausfüllhilfe bei Formularen dienen oder bei selbst erstellten Belegen, bei de- nen der Farbe keine Beweiskraft zukommt – hier genügt eine Übereinstimmung ohne Farbinformationen. ➢ B ei standardisierten Vorgängen (z.B. Kfz-Zulassung) kann es sinnvoll sein, die eingehenden Papierdokumen- te mit dem Ziel zu sichten, für bestimmte Dokumententypen und Papiersorten optimierte Scan-Profile zu hinterlegen, um eine optimale Einstellung für die Auflösung, den Kontrast, die Helligkeit und andere Scan- Parameter zu gewährleisten. 26 gl. Nr. 2.2 der Rahmenvorschriften der Bayerischen Staatsregierung für die elektronische Aktenführung und das Übertragen und Vernich- V ten von Papierdokumenten vom 27.06.2012, Az.: B II 2 – G9/12-1 (AllMBl 2012, 491). 12
Dokumentenmanagement ➢ E s wird empfohlen, grundsätzlich beidseitig zu scannen (Duplexbetrieb), damit auch doppelseitig bedruckte Originale korrekt und vollständig erfasst werden. Die dadurch ggf. erzeugten Leerseiten können durch den Einsatz von Bildverbesserungsprogrammen (vgl. S. 13) wieder entfernt werden.27 Texterkennung ➢ B ei den elektronischen Dokumenten sollte eine Volltextindizierung/Texterkennung (OCR) durchgeführt werden, soweit dies technisch möglich und zweckmäßig ist. Die damit verbundenen Vorteile (insbesondere zusätzliche Suchmöglichkeiten zum Auffinden von Dokumenten, z. B. Volltextsuche) überwiegen in der Regel die Nachteile (insbesondere höherer Speicherplatzbedarf, Scanvorgang dauert länger). ➢ E s kann dabei sinnvoll sein, die Volltexte zeitlich versetzt vom eigentlichen Scanvorgang in das Dokumenten- managementsystem zu übernehmen (der Scanvorgang wird abgeschlossen, die Verarbeitung der erkannten Texte erfolgt zeitversetzt und/oder auf einem anderen Server). ➢ B ei standardisierten Vorgängen (z. B. Kfz-Zulassung) sollte geprüft werden, ob die Texterkennung/ Volltext- indizierung sinnvoll ist, da eindeutige Metadaten ggf. aus dem federführenden Fachverfahren mittels einer Schnittstelle an das Dokumentenmanagementsystem übergeben werden. Qualitätskontrolle ➢ V orbereiten der zu scannenden Dokumente (z. B. Entfernen der Klammern und Eisenteile, Sortierung, Ein- legen von Trennblättern/Barcodes, Überprüfung der Vollständigkeit, …) ➢ Laufendes Prüfen des Scan-Ergebnisses (Seitenanzahl, Vorder- und Rückseite, …): Es ist in Stichproben zu prüfen, ob das Papierdokument ordnungsgemäß und vollständig gescannt wurde und das elektronische Dokument mit dem Papierdokument übereinstimmt (Vergleich Papierdokument – elekt- ronisches Dokument). Über die ordnungsgemäße Formatübertragung sollte ein geeigneter Nachweis darüber geführt werden, wann und durch wen die Dokumente in die elektronische Form überführt worden sind.28 Hinweis: Dokumente mit Sonderformaten oder einer für den Scanner problematischen Papier- oder Druck- qualität sind bei der maschinellen Verarbeitung stets auf Lesbarkeit und Übereinstimmung mit dem Original zu prüfen. Bildverbesserungsprogramme Der Einsatz von Bildverbesserungsverfahren beim Scannen von Dokumenten, die der besseren Lesbarkeit dienen, ist zulässig, wenn hierbei die Übereinstimmung mit dem Original gewährleistet ist. Nicht zulässig sind vom Ori- ginal stark abweichende Farbdarstellungen oder eine „Umkehr der Farben“ (sog. Invertierungen). Die farbgetreue (nicht farbechte) Wiedergabe des Originals am Bildschirm oder am Drucker muss weiterhin gewährleistet sein.29 Zusammenfassende Empfehlungen beim Scannen von Dokumenten: ✓ D ie in diesem Kapitel behandelten organisatorischen und technischen Fragen beim Scannen von Dokumen- ten sollten vor der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems geklärt und in einer Dienstanweisung geregelt werden (vgl. das Praxisbeispiel für Hinweise und Vorgaben zum Scannen in Anlage 2, S. 35 ff.). ✓ Die Dienstanweisung ist zugleich Grundlage für die Ausstattung mit geeigneten Scannern (Anzahl und Leistungsfähigkeit der Scanner, Aufstellorte etc.). 27 gl. auch Gruschka, Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband V (Hrsg.), Geschäftsbericht 2004, S. 43 und Gruschka, Elektronische Archivierung von Buchungsbelegen in Kommunalkassen (Scan-Dienstan- weisung und weitere Fragestellungen), in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2006, S. 90 f. und S. 106 f. 28 Siehe Nr. 2.2 der Rahmenvorschriften der Bayerischen Staatsregierung für die elektronische Aktenführung und das Übertragen und Ver- nichten von Papierdokumenten vom 27.06.2012, Az.: B II 2 – G9/12-1 (AllMBl 2012, 491). 29 Vgl. Gruschka, Elektronische Archivierung von Belegen in Kommunalkassen: Prüfungserfahrungen, Praxisfragen sowie weitere Hinweise, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2011, S. 61. 13
Dokumentenmanagement 2.1.2.3. Aufbewahrung von Papierschriftgut nach dem Einscannen Papierdokumente, die entsprechend den Anforderungen in Kapitel 2.1.2.2, S. 12 f., gescannt worden sind, dür- fen nach dem Scannen vernichtet werden, wenn30 keine Eigentums- oder Beweisführungsrechte entgegenstehen31, sie dem Landratsamt nicht nur für die Dauer der Bearbeitung übergeben worden sind bzw. keine Rückga- beforderungen geltend gemacht worden sind oder wenn Rechtsvorschriften eine Aufbewahrung der Papierdokumente nicht vorschreiben. Empfehlung: Auch Papierdokumente, die nach dem Einscannen vernichtet werden dürfen, sollten vor der Vernichtung vorübergehend für die Dauer von sechs Monaten aufbewahrt werden, sofern für die Vernichtung kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist (z. B. nach § 71 Abs. 2 KommHV-Kameralistik bzw. § 67 Abs. 2 KommHV- Doppik). Fehlerhaft oder unvollständig gescannte Papierdokumente, die bei der stichprobenartigen Quali- tätskontrolle nicht erkannt worden sind, können so nachträglich noch erfasst werden.32 2.1.3. Erfassen von Metadaten Für eine geordnete Aktenführung sowie für Recherchen in den elektronischen Akten sollten für jedes Dokument mindestens folgende Metadaten erfasst werden, soweit sich diese Daten nicht bereits aus der Akte oder dem Vorgang ergeben: Aktenzeichen Aufbewahrungsfrist ggf. VS-NfD-Einstufung (für Verschlusssachen ab der Geheimhaltungsstufe VS-VERTRAULICH und höher kommt eine elektronische Aktenführung derzeit nicht in Betracht; künftig soll dies jedoch möglich sein, s. Kapitel 1.1.1, S. 5 f.). Bei eingehenden/ausgehenden Schreiben: Schlagwort/Betreff/Titel Dokumentendatum Eingangsdatum bzw. Versanddatum Absender bzw. Adressat (mit Adressdaten)33 Empfehlung: ✓ B ei Vorgängen, die mit Fachverfahren geführt werden (z. B. Kfz-Zulassung), sollen die Metadaten aus dem federführenden Fachverfahren mittels einer Schnittstelle an das Dokumentenmanagementsystem überge- ben werden, so dass die Metadaten nicht manuell erfasst werden müssen (s. auch Kapitel 4.3.1, S. 25 f.). ✓ I st eine Übergabe der Metadaten mittels Schnittstelle durch ein Fachverfahren nicht möglich, können Metadaten dennoch automatisiert übernommen werden, z. B. durch: Barcodeerkennung (z. B. 3D- bzw. QR-Barcode), Optische Zeichenerkennung (OCR). 30 gl. Nr. 2.3 der Rahmenvorschriften der Bayerischen Staatsregierung für die elektronische Aktenführung und das Übertragen und Vernich- V ten von Papierdokumenten vom 27.06.2012, Az.: B II 2 – G9/12-1 (AllMBl 2012, 491). 31 Siehe hierzu ergänzend das Schreiben des Staatsministeriums des Innern vom 02.11.2009, Az. IZ7-0245.3-4, Nr. 5.1.3. 32 Vgl. auch Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Akte, S. 44. 33 Vgl. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.), Digitale Unterlagen Nr. 3: Die Einführung der elektronischen Vorgangsbear- beitung bei den Landratsämtern in Bayern, S. 14 f. 14
Dokumentenmanagement 2.1.4. Speichern erfasster Dokumente Das Dokumentenmanagementsystem sollte es ermöglichen, Dokumente sowohl in ihren Ausgangsformaten als auch in standardisierten Dateiformaten abzuspeichern (s. Kapitel 2.1.4.1). In Kapitel 2.1.4.2, S. 16 f., wird auf die Besonderheiten bei verschlüsselten und/oder digital signierten Dokumenten eingegangen. 2.1.4.1. Speicherformate Es wird empfohlen, die übermittelten, gescannten und selbst erstellten Dokumente (s. Kapitel 2.1, S. 10 f.) möglichst frühzeitig in einem standardisierten Dateiformat ohne dynamische Inhalte abzuspeichern – einge- gangene bzw. gescannte Dokumente nach ihrer Erfassung, selbst erstellte Dokumente nach Fertigstellung der endgültigen Fassung („Reinschrift“). Dadurch können die mit der Umwandlung vom Ausgangsformat in ein langfristig verfügbares Standardformat einhergehenden Risiken (z. B. hinsichtlich Authentizität und Integrität der Daten) verringert sowie der Verwaltungsaufwand und die Kosten für künftig ggf. erforderliche Datenmigra- tionen reduziert werden.34 Soweit die Dokumente für die weitere Sachbearbeitung auch im ursprünglichen, evtl. proprietären Dateiformat (oder mit dynamischen Inhalten) benötigt werden, können diese zusätzlich in dieser Form abgespeichert werden. Als standardisierte Dateiformate, die eine längerfristige Les- und Benutzbarkeit unabhängig von der eingesetzten Hard- und Software gewährleisten, kommen nach dem heutigen Stand der Technik in Betracht:35 Text-, Tabellenkalkulations- und Bildformate PDF/A ASCII (American Standard Code for Information Interchange) ODF (Open Document Format) TIFF (Tagged Image File Format) – mit Einschränkungen, s. Empfehlungen unten JPEG (Joint Photographic Experts Group) – mit Einschränkungen, s. Empfehlungen unten PNG (Portable Network Graphics Format) Multi-Media Formate Audioformate Ogg (Ogg Encapsulation Format) MP4 / MPEG-4 Part 14 Videoformate Ogg (Ogg Encapsulation Format) MP4 / MPEG-4 Part 14 Empfehlungen: ✓ S elbst erstellte Dokumente sollten nach Fertigstellung der endgültigen Fassung („Reinschrift“) ohne dy- namische Inhalte in einem standardisierten Dateiformat (z. B. PDF/A) abgespeichert werden. Soweit die Dokumente für die weitere Sachbearbeitung auch im ursprünglichen Dateiformat (oder mit dynamischen Inhalten) benötigt werden, können diese zusätzlich in dieser Form abgespeichert werden. 34 S iehe hierzu Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hrsg.), Digitale Unterlagen Nr. 3: Die Einführung der elektronischen Vor- gangsbearbeitung bei den Landratsämtern in Bayern, S. 21 f. und Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.), Handlungs- leitfaden zur Aufbewahrung elektronischer und elektronisch signierter Dokumente, S. 22. 35 Vgl. Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (Hrsg.), BSI Technische Richtlinie 03125: Beweiswerterhaltung kryptographisch signierter Dokumente, Anlage TR-ESOR-F: Formate und Protokolle, S. 39 ff. mit zahlreichen Erläuterungen. 15
Dokumentenmanagement ✓ G escannte Dokumente sollten mit höchster verlustfreier Komprimierung im PDF/A-Format abgespei- chert werden, um den benötigten Speicherplatz gering zu halten. Die Speicherung in TIFF- oder JPEG- Formaten hat sich wegen der daraus resultierenden Dateigröße, der Probleme bei der Anzeige von mehr- seitigen und ggf. komprimierten TIFF- und JPEG-Dateien mit Standard-Viewern und der dadurch ein- geschränkten Verkehrsfähigkeit eher als unpraktisch erwiesen. ✓ P DF-Formate ermöglichen infolge der in den meisten Standard-PDF-Viewern zwischenzeitlich imple- mentierten Funktionen zur Integrations- und Authentizitätsprüfung elektronisch signierter Dokumente eine einfache und leichte Handhabung von signierten Dokumenten. ✓ F ür Audio- und Videodateien werden als standardisierte Dateiformate Ogg (Ogg Encapsulation Format) und MP4 / MPEG-4 Part 14 empfohlen.36 2.1.4.2. Besonderheiten bei verschlüsselten und/oder signierten Dokumenten ➢ E lektronische Dokumente, bei denen die durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform rechtswirksam durch eine elektronische Signatur ersetzt worden ist (z.B. nach Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG, § 36a Abs. 2 SGB I, § 87a Abs. 3 AO, § 126a BGB, § 87 Nr. 12 KommHV-Kameralistik, § 98 Nr. 21 KommHV- Doppik), sind gemeinsam mit den Signaturdaten im Dokumentenmanagementsystem abzulegen. Andern- falls kann das Landratsamt die Authentizität, Integrität und formelle Rechtswirksamkeit des Dokuments nicht nachprüfen und belegen. Eventuelle Beweisprobleme aufgrund der fehlenden Ablage der Signatur und sich daraus ergebende Folgen gehen zu seinen Lasten.37 ➢ V erschlüsselte E-Mails sollten unverschlüsselt abgespeichert werden, wenn mit dem Eingang der E-Mail im Landratsamt der Grund für die Verschlüsselung entfällt (reine Transportverschlüsselung). ➢ D er Schutz personenbezogener oder sonst vertraulicher Daten muss durch ein Berechtigungs- und Zugriffs- konzept sichergestellt werden (s. Kapitel 4.3.3, S. 28 f.). 2.1.5. Exkurs: Elektronische Pressespiegel und -archive, Presseartikel Wird einem Empfänger eine Presseschau in elektronischer Form übermittelt, handelt es sich um einen elektroni- schen Pressespiegel. In einem elektronischen Pressespiegel nach § 49 UrhG (sog. VG Wort-Pressespiegel) dürfen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom 11.7.2002 (Fundstelle: NJW 2002, 3393) ausschließlich Artikel aus Zeitungen und anderen lediglich Tagesinteressen dienenden Informationsblättern ent- halten sein, so dass Artikel aus wissenschaftlichen und Fachzeitschriften nicht übernommen werden dürfen. Ein elektronischer Pressespiegel nach § 49 UrhG (VG Wort) darf jedoch nur für eine Woche archiviert werden. Er darf lediglich behördenintern verbreitet werden und nur in einer Form zugänglich gemacht werden, die sich nicht zur Volltextsuche eignet. Enthalten elektronische Pressespiegel Artikel, die nicht von den Rechten der VG Wort umfasst sind (insbes. wissenschaftliche und Fachzeitschriften) oder sollen die Artikel länger als eine Woche aufbewahrt werden, er- gibt sich ein Vergütungsanspruch der Presse-Monitor GmbH (PMG). Die Lizenzierung solcher elektronischer Pressespiegel/Pressespiegelarchive verursacht jedoch nicht unerhebliche Kosten und sollte im Hinblick auf den örtlichen Bedarf und die entstehenden Kosten gründlich geprüft werden. Entsprechendes gilt, wenn nur einzelne Presseartikel zum Vorgang genommen werden sollen. Auch insoweit besteht bei einer Aufbewahrung von länger als einer Woche ein Vergütungsanspruch der Presse-Monitor GmbH (PMG), so dass auch insoweit zwischen dem örtlichen Bedarf und den entstehenden Kosten abgewogen werden sollte. 36 gl. auch Gruschka, Elektronische Archivierung von Belegen in Kommunalkassen: Prüfungserfahrungen, Praxisfragen sowie weitere Hin- V weise, in: Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband (Hrsg.), Geschäftsbericht 2011, S. 60. 37 Siehe Schreiben des Staatsministeriums des Innern vom 02.11.2009, Az. IZ7-0245.3-4, Nr. 5.2.2. 16
Dokumentenmanagement Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände hat mit der PMG und der VG Wort einen Rahmen- vertrag über die Erstellung und Nutzung elektronischer Pressespiegel und elektronischer Pressespiegelarchive ab- geschlossen. Damit besteht für die Landkreise eine vertragliche Grundlage zur Regelung der Vergütungspflicht, ohne einzelvertragliche Vereinbarungen zu ersetzen. Hinweis: Die für Papierpressespiegel geltende Bagatellgrenze von sieben Exemplaren wird von der VG Wort und der Presse-Monitor GmbH (PMG) für elektronische Pressespiegel nicht anerkannt, da diese leichter als Papierpres- sespiegel eine größere Verbreitung finden.38 2.2. Bearbeitung Ein Dokumentenmanagementsystem dient nicht nur der bloßen Erfassung und Ablage von Dokumenten (s. hierzu Kapitel 2.1, S. 10 ff.), sondern unterstützt durch seine Workflowkomponenten darüber hinaus bei einzelnen Bearbeitungsschritten, insbesondere bei der Beteiligung fachlich betroffener Organisationseinheiten im Rahmen der Mitzeichnung.39 Werden zur Bearbeitung von Vorgängen Fachverfahren eingesetzt, sollte zwischen diesem und dem Dokumentenmanagementsystem eine Schnittstelle realisiert werden.40 Werden Dokumente im Laufe der Bearbeitung verändert/ergänzt, muss die ursprüngliche Fassung des Doku- ments erhalten und eine neue Version bzw. ein neues Dokument (mit entsprechenden Metadaten) angelegt werden (Versionierung). Ebenso muss das (zulässige) Löschen bzw. Sperren von Dokumenten nachvollziehbar dokumentiert/protokolliert werden (vgl. auch Art. 12 BayDSG).41 Mit dem Abschluss der Bearbeitung (z.A.-Verfügung) darf der abgeschlossene Vorgang nicht mehr verändert werden. Sofern er nachträglich wieder auflebt, darf er nur noch ergänzt werden. beginnt eine Transferfrist, nach deren Ablauf die Akte zur kostengünstigeren Langzeitspeicherung in ein Ablagesystem übernommen („transferiert“) werden kann. Es wird eine Transferfrist von drei bis fünf Jah- ren empfohlen. Der Transfer der Akten und Vorgänge aus dem Dokumentenmanagementsystem sollte jedoch nicht vor Abschluss der örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfung erfolgen.42 beginnt in der Regel die Aufbewahrungsfrist zu laufen (s. hierzu sogleich Kapitel 2.3). 2.3. Aufbewahrung, Archivierung, Aussonderung und Vernichtung Aufbewahrung Innerhalb der Aufbewahrungsfristen müssen alle Aktenbestandteile und aktenrelevanten Dokumente (inkl. der Metadaten und Bearbeitungsvermerke [Geschäftsgangvermerke, Verfügungen, Aktenvermerke, Zeichnungen, Mitzeichnungen oder Kenntnisnahmen]) jederzeit vollständig, zutreffend und unverfälscht und (auch für Dritte, z. B. Gerichte) in benutzbarer Form eingesehen, ausgewertet und bearbeitet werden können (vgl. Kapitel 1.2.2, S. 8). Wie bei papiergebundenen Vorgängen beginnt die Aufbewahrungsfrist auch bei elektronischen Vorgängen mit der „z.A.“-Verfügung, sofern der Vorgang nicht nachträglich wieder auflebt oder nichts anderes bestimmt ist (z.B. 38 S iehe Schreiben des Bayerischen Landkreistags vom 25.03.2008, Az. VI-314-0/st, und vom 21.10.2009, Az. VI-314-0/tr (jeweils mit Rah- menvertrag) sowie die ergänzenden Schreiben zu den Tarifanpassungen. 39 Vgl. hierzu Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Akte, S. 33 ff. und Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Vorgangsbearbeitung. 40 Siehe hierzu Kapitel 4.3.1, S. 25 f. 41 Siehe hierzu auch Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektroni- scher Verwaltungsakten - eine Orientierungshilfe, Abs. 25. 42 Vgl. zur Langzeitspeicherung auch Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationskonzept elektronische Verwaltungsarbeit: Baustein E-Akte, S. 45 ff. 17
Sie können auch lesen