Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeinde-entwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt - Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt
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Leitfaden zur Erstellung von Integrierten Gemeinde- entwicklungskonzepten (IGEK) in Sachsen-Anhalt 1
IMPRESSUM Herausgeber Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt Turmschanzenstraße 30 39114 Magdeburg Ansprechpartner: Karin Schultze Ines Heidler Referat Demografische Entwicklung und Prognosen www.demografie.sachsen-anhalt.de E-Mail: karin.schultze@mlv.sachsen-anhalt.de Download Leitfaden: https://demografie.sachsen-anhalt.de/projekte-und-foerderung/integrierte-gemeindliche- entwicklungskonzepte-igek/ Konzeption, Erstellung, Gestaltung und Satz Dr. Marie Bachmann Dr. Reinhard Aehnelt IfS Institut für Stadtentwicklung und Strukturpolitik GmbH Lützowstraße 93 10785 Berlin www.ifsberlin.de E-Mail: info@ifsberlin.de Stand: Juli 2019 Titelseite Oben links Ortszentrum Ohrsleben (Quelle: IGEK Obere Aller, 2018, erstellt durch Dr. Bock & Partner GbR Halle (Saale)), oben rechts Dorfladen Deersheim eG (Quelle: Renate Hannibal), Mitte links Ortsrundgang des IGEK- Teams mit Verantwortlichen der Ortschaft und der Stadtverwaltung in Rackith (Quelle: IGEK Stadt Kemberg, 2014, erstellt durch Dr. Bock & Partner GbR Halle (Saale)), Mitte rechts Einrichtung der Freiwilligen Feuerwehr im Bereich der Einheitsgemeinde Stadt Kemberg (Quelle: IGEK Stadt Kemberg, 2014, erstellt durch Dr. Bock & Partner GbR (Halle)); Genehmigungen der jeweiligen Autoren zur Verwendung liegen vor. Abbildungen und Fotos Abbildungen und Fotos aus bestehenden Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepten sind jeweils mit einer Quellenangabe gekennzeichnet (Genehmigungen der Autoren zur Verwendung liegen vor). Alle weiteren Grafi- ken ohne Quellenangabe beruhen auf einer eigenen Darstellung (IfS GmbH). Sprache Der Herausgeber weiß um die Bedeutung einer geschlechtergerechten Sprache und befürwortet grundsätzlich den Gebrauch von Parallelformulierungen. Von einer durchgehen den Benennung beider Geschlechter bzw. der konsequenten Verwendung geschlechtsneutraler Bezeichnungen wurde dennoch abgesehen, da dies die Les- barkeit des vorliegenden Leitfadens deutlich erschwert hätte
Inhaltsverzeichnis 1. WORUM GEHT ES? EINFÜHRUNG UND HINTERGRUND ............................................................................................ 1 1.1 Rahmenbedingungen und aktuelle Herausforderungen ......................................................... 1 1.2 Zielsetzung und Nutzen integrierter Konzepte ....................................................................... 2 1.3 Planungstheoretische Einordung ............................................................................................ 4 1.4 Der Weg zum Konzept ............................................................................................................. 4 2. WAS SIND DIE INHALTE EINES KONZEPTES? THEMEN UND HANDLUNGSFELDER ........................................................................................... 5 2.1 Themenschwerpunkte und Querschnittsthemen ................................................................... 5 2.1.1 Gemeinde und Bürgerschaft ........................................................................................... 8 2.1.2 Bevölkerungsentwicklung und Sozialstruktur ................................................................. 9 2.1.3 Bauliche Entwicklung und Ortsbild ................................................................................ 10 2.1.4 Lokale Wirtschaft und Tourismus .................................................................................. 11 2.1.5 Grundversorgung und soziale Infrastruktur .................................................................. 12 2.1.6 Bildung und Betreuung .................................................................................................. 13 2.1.7 Kultur, Freizeit und Erholung ......................................................................................... 14 2.1.8 Verkehr und Mobilität ................................................................................................... 15 2.1.9 Technische Infrastruktur ............................................................................................... 16 2.1.10 Landschaft, Natur und Ressourcenschutz ..................................................................... 17 2.2 Themenauswahl und Zusammenfassung zu Handlungsfeldern ............................................ 18 2.2.1 Empfehlungen zu gemeindespezifischen Anpassungen................................................ 18 2.2.2 Zusammenfassung zu gesamtkommunalen Handlungsfeldern .................................... 19 3. WIE WIRD DAS KONZEPT GEMACHT? DIALOGORIENTIERTE ERSTELLUNG .......................................................................................... 20 3.1 Organisationsstruktur und Dialog ......................................................................................... 20 3.1.1 Organisations- und Arbeitsstrukturen ........................................................................... 22 3.1.2 Beteiligung von Akteuren und Bürgern ......................................................................... 23 3.1.3 Intra- und interkommunale Kooperation ...................................................................... 24 3.1.4 Öffentlichkeitsarbeit...................................................................................................... 25 I
3.2 Bestandsanalyse .................................................................................................................... 26 3.2.1 Bestandserfassung der kommunalen Rahmenbedingungen ........................................ 26 3.2.2 Berücksichtigung vorhandener Konzepte und Pläne .................................................... 27 3.2.3 Profile der Gemeinde und einzelner Ortschaften ......................................................... 27 3.2.4 Stärken-Schwächen-Analyse und Einschätzung Handlungsbedarf ............................... 28 3.3 Leitbild, Entwicklungsziele und Handlungskonzeption ......................................................... 29 3.3.1 Leitbildprozess ............................................................................................................... 29 3.3.2 Ableitung der Entwicklungsziele.................................................................................... 30 3.3.3 Handlungskonzeption mit Maßnahmen und Projektideen ........................................... 31 3.3.4 Vorhabenprioritäten und Leitprojekte .......................................................................... 31 3.4 Konzepterstellung und Beschluss .......................................................................................... 32 3.4.1 Text- und Kartenerstellung ............................................................................................ 32 3.4.2 Offenlage der Entwurfsfassung und Abstimmung ........................................................ 33 3.4.3 Politische Bestätigung und Bekanntmachung ............................................................... 33 4. WIE GEHT ES NACH DER KONZEPTERSTELLUNG WEITER? IMPLEMENTIERUNG UND NACHHALTIGE STEUERUNG ............................................................. 34 4.1 Verstetigung und Umsetzung ................................................................................................ 34 4.2 Monitoring und Controlling ................................................................................................... 34 ANHANG .................................................................................................................................... 36 Muster IGEK-Gliederung.................................................................................................................... 37 Muster Profil/Steckbrief .................................................................................................................... 38 Muster Projektformular .................................................................................................................... 39 Datenquellen für Bestandsanalyse.................................................................................................... 40 Angaben zur Leerstandserfassung .................................................................................................... 43 Angaben zum Flächenmanagement .................................................................................................. 44 Fördermöglichkeiten ......................................................................................................................... 45 Beispiele für innovative Projekte und Initiativen .............................................................................. 47 Quellen und weiterführende Literatur .............................................................................................. 50 II
1. WORUM GEHT ES? grafischer Wandel). Die ländlichen Räume sind vom EINFÜHRUNG UND HINTERGRUND demografischen Wandel besonders stark betroffen, da durch fehlende Beschäftigungs- und Ausbildungs- möglichkeiten besonders junge Menschen die Regio- Mit diesem Leitfaden sollen die Träger eines Inte- nen verlassen. Hierdurch sinken die Steuereinnahmen grierten Gemeindeentwicklungskonzeptes (IGEK), die der ländlichen Gemeinden und die Kaufkraft der Be- Gemeinden oder Verbandsgemeinden im Land Sach- völkerung. In der Konsequenz der sinkenden Bevölke- sen-Anhalt, bei der Vorbereitung, Durchführung und rungszahlen kommt es zu Unterauslastungen der Inf- Umsetzung eines IGEK unterstützt werden. Hierzu er- rastruktur und zu Schließungen von Einrichtungen folgt nach einer kurzen Einführung (Kapitel 1) ein wie Schulen, Arztpraxen, Einkaufsläden, Gaststätten, Überblick über die relevanten Themen und Hand- Postfilialen sowie zu Ausdünnungen des Öffentlichen lungsfelder eines IGEK (Kapitel 2). Strukturiert nach Nahverkehrs. Diese Entwicklungen bewirken, dass den einzelnen Phasen der Konzepterstellung werden noch mehr Menschen abwandern bzw. zu wenige konkrete Hinweise zur Durchführung gegeben (Kapi- Menschen zuwandern. tel 3). Darüber hinaus erfolgen Hinweise zur Weiter- führung nach der Konzepterstellung (Kapitel 4) und es Abbildung 1 werden auch Vorlagen und Hinweise als weitere Hil- Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in Sachsen-Anhalt (2014-2030) festellung zur Verfügung gestellt (vgl. Anhang). In der Prozentuale Veränderung zunächst folgenden Einführung wird auf die Rahmen- bedingungen und aktuellen Herausforderungen (Kapi- tel 1.1), Zielsetzung und Nutzen integrierter Konzepte Gemeinde (Kapitel 1.2), eine planungstheoretische Einordnung Landkreis / (Kapitel 1.3) und auf den Weg zum Konzept (Kapitel kreisfreie Stadt 1.4) eingegangen. 1.1 Rahmenbedingungen und aktuelle Her- ausforderungen Wirtschaftlicher Strukturwandel und massiver Bevöl- kerungsrückgang haben die Gemeinden des Landes Sachsen-Anhalt im letzten Vierteljahrhundert vor Datenquelle: Statistisches Landesamt große Herausforderungen gestellt. Zwischen 1990 Sachsen-Anhalt, 6. Regionalisierte und 2017 hat sich die Bevölkerungszahl von Sachsen- Bevölkerungsprognose Sachsen- Anhalt, 2016 Anhalt von 2,9 auf 2,2 Mio. um knapp ein Viertel re- duziert (-23 Prozent). In den meisten Klein- und Mit- Zwar kommt dem ländlichen Raum eine große und telstädten und den ländlichen Gemeinden des Landes wachsende Bedeutung als ökologischer Ausgleichs- zeichnet sich (noch) keine Trendwende bei der Bevöl- raum und als Erholungsraum zu. Doch gleichzeitig ist kerungsentwicklung ab. Gemäß der 6. Regionalisier- im ländlichen Raum die Sicherung von Angeboten der ten Bevölkerungsprognose des Landes Sachsen- Daseinsvorsorge und die Versorgung der Bevölkerung Anhalt aus dem Jahr 2016 ist bis zum Jahr 2030 mit mit Gütern und Dienstleistungen zu gewährleisten. einem weiteren starken Bevölkerungsrückgang zu rechnen (-11,0 Prozent). Lediglich in den beiden Neben dem demografischen Wandel gehören zu den Großstädten Magdeburg und Halle (Saale) werden weiteren Herausforderungen bzw. großen ökonomi- keine Bevölkerungsverluste bis 2030 prognostiziert schen, technologischen, gesellschaftlichen und öko- (vgl. Abbildung 1). logischen Trends, die auch im ländlichen Raum Aus- wirkungen zeigen: Die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen rühren aus zu geringen Geburtenzahlen, Abwande- • Wandel der Arbeitswelt / Wandel zur Wissensge- rungen und der damit einhergehenden weiteren sellschaft Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung (demo- • Digitalisierung / technologischer Fortschritt 1
• Globalisierung / Internationalisierung Rahmen der Erstellung weiterer Integrierter Gemein- • Migration / Integration und Inklusion deentwicklungskonzepte gegeben und die strategi- • soziokultureller Wandel / Wandel von Werten und sche Qualität der IGEK weiter geschärft werden. Lebensstilen • erhöhte Mobilität / neue Mobilitätsformen • ökologische Erfordernisse (Flächenverbrauch, Bio- 1.2 Zielsetzung und Nutzen integrierter diversität, Klimawandel) Konzepte • Ressourcenmangel / Energiewende. Die Komplexität der aktuellen und zukünftigen Her- Bedingt durch die starke Bevölkerungsabnahme und ausforderungen erfordert kommunal abgestimmte eine notwendige Bündelung der Kräfte, unter ande- Strategien und Lösungen, die in integrierten Konzep- rem um kommunale Einrichtungen wirtschaft- ten unter breiter Beteiligung der lokalen Akteure und lich/effizient betreiben zu können, wurde in Sachsen- Bürger entwickelt/erarbeitet werden sollen, um so Anhalt eine Gemeindegebietsreform durchgeführt, eine breite Akzeptanz zu erfahren. die mit Beginn des Jahres 2011 abgeschlossen wurde. Die 218 neu gebildeten Gemeinden müssen sich so- Durch den Perspektivwechsel von der lokalen zur ge- wohl im ländlichen wie auch im städtischen Bereich samtkommunalen Betrachtung vergrößern sich so- Fragen der Entwicklung stellen. Dazu sind Entwick- wohl das Spektrum der inhaltlichen Themen als auch lungskonzepte notwendig, die herausarbeiten, wie in die Anforderungen an den Prozess und die Prozess- den neuen politischen Strukturen die aktuellen kom- steuerung. plexen Herausforderungen gelöst werden können. Bedarfsgerechte Anpassung an den demografischen Da der Ebene der neu geschaffenen Gemeinden in Wandel Sachsen-Anhalt die räumlichen Ebenen für die ver- schiedenen formellen und informellen Entwicklungs- Mit einem IGEK sollen für alle Bereiche der kommu- konzepte und Planwerke nicht entsprachen, wurde nalen Entwicklung, die durch den demografischen durch das Ministerium für Landesentwicklung und und sozioökonomischen Wandel betroffen sind, die Verkehr (MLV) und das Ministerium für Umwelt, notwendigen Anpassungserfordernisse und Anpas- Landwirtschaft und Energie (MULE) im Zeitraum 2012 sungsstrategien aufgezeigt werden. Hierzu müssen bis 2013 in zehn Modellgemeinden die Erstellung ei- Perspektiven und Strategien für die zukünftige Ent- nes Integrierten Gemeindlichen Entwicklungskonzep- wicklung der gesamten Gemeinde mit ihren Ortschaf- tes (IGEK) gefördert. ten (bzw. Orts-/Stadtteilen) erarbeitet werden. Durch den Blick auf die gesamtkommunale Ebene sollen Lö- Aufbauend auf den Ergebnissen und Erfahrungen in sungen zur Stärkung der zentralen Funktionen sowie den zehn Modellgemeinden wurde in Sachsen-Anhalt zur Sicherung der Lebensqualität gefunden werden. 2014 ein Entwurf für einen Leitfaden für Kommunen "Integrierte Gemeindliche Entwicklungskonzepte Fach-/ressortübergreifender, ganzheitlicher Ansatz (IGEK) in Sachsen-Anhalt" erstellt (Quelle: MLV 2014) und eine Richtlinie über die Gewährung von Zuwen- Durch das große Spektrum der inhaltlichen Themen dungen zur Förderung von Integrierten Gemeinde- ist bei der Erstellung eines IGEK ein ganzheitlicher An- entwicklungskonzepten erlassen (RIGEK, RdErl. des satz von großer Bedeutung, in dem die verschiedenen MULE vom 16.9.2015). Fächer bzw. Ressorts in Verbindung miteinander ge- sehen werden (integrativer Ansatz). In Fachkonzepten Im Jahr 2018 erfolgte eine Evaluierung einer Auswahl und rein sektoralen Betrachtungen werden die Aus- zwischenzeitlich erstellter Integrierter Gemeindeent- wirkungen auf andere Themen und Wechselwirkun- wicklungskonzepte in Sachsen-Anhalt, in der vor al- gen häufig zu wenig oder gar nicht berücksichtigt. lem der Gesamtprozess der Erstellung sowie die bis- herige Zielerreichung der Gemeindeentwicklungskon- Beteiligung und Einbeziehung der Akteure und Be- zepte untersucht wurden (Quelle: Nexus 2018). Basie- völkerung rend auf den Erkenntnissen dieser Evaluierung soll Die Einbeziehung der Bürger und Akteure bei der Er- den Gemeinden durch den vorliegenden überarbeite- arbeitung eines IGEK ermöglicht eine frühe und um- ten Leitfaden eine Orientierung und Anregung im 2
fassende Identifizierung der relevanten Handlungs- Optimierter Einsatz von Finanz- und Fördermitteln felder aus verschiedenen Perspektiven innerhalb ei- ner Gemeinde. Die einzelnen Ortschaften der Ge- Vor dem Hintergrund der angespannten kommunalen meinden mit ihren verschiedenen Erfordernissen Haushalte ist ein optimierter und abgestimmter Ein- werden so beteiligt und es können bereits während satz knapper Finanz- und Fördermittel zwingend der Erstellung Multiplikatoren für die spätere Umset- (Konsolidierung der kommunalen Haushalte). Gleich- zung gefunden werden. Die Beteiligung und Mitwir- bleibende Infrastrukturausstattungen führen bei sin- kung der Bürger und Akteure kann eine langfristige kenden Einwohnerzahlen in der Regel zu Kostenstei- Stärkung und Aktivierung des bürgerschaftlichen En- gerungen pro Einwohner (Kostenremanenz). Daher ist gagements unterstützen. eine weitere Zielstellung der IGEK, innerhalb und zwi- schen den Gemeinden Synergieeffekte zu fördern und Inhaltliche und räumliche Schwerpunktsetzungen nicht mehr bedarfsgerechte Investitionen zu verhin- dern. Wesentlich bei der Erstellung eines IGEK ist die Ab- stimmung und Priorisierung der inhaltlichen und Abgestimmtes Steuerungs- und Kontrollinstrument räumlichen Schwerpunkte der zukünftigen Gemein- für 15 Jahre deentwicklung. Aufbauend auf strategisch-konzeptio- nellen Aussagen zu den relevanten kommunalen Mit den IGEK sollen sich die Gemeinden selber eine Themen werden Handlungsstrategien und (Leit-)Pro- Orientierungshilfe und einen Handlungsleitfaden für jekte identifiziert, die die strategische Ausrichtung auf die langfristige Entwicklung geben (Zeithorizont 15 der lokalen und gesamtkommunalen Ebene konkreti- Jahre). IGEKs sollen darüber hinaus auch die Funktion sieren. eines Steuerungs- und Kontrollinstruments erfüllen, mit dessen Hilfe überprüft werden kann, in welchem Umfang die gesetzten Ziele der Gemeindeentwick- lung tatsächlich erreicht wurden. Abbildung 2 3
1.3 Planungstheoretische Einordung sowie die regionalen Teilgebietsentwicklungspläne (TEP). Auch die Bauleitplanung mit den Flächennut- 1 zungsplänen (FNP) und den Bebauungsplänen (B- Integrierte Gemeindeentwicklungskonzepte (IGEK) Pläne) auf der Ebene der Gemeinde gehören ebenso gehören zu den informellen Planungsinstrumenten, wie Landschaftspläne, Umweltprüfungen, Vorhabens- sind somit rechtlich nicht abschließend geregelt, er- und Erschließungspläne, Sanierungs- und Entwick- halten aber durch den Beschluss der Gemeindever- lungsmaßnahmen sowie Satzungen zu den formellen tretung eine verwaltungsinterne Selbstbindung. Als Instrumenten. Die genannten Planungsinstrumente leitbildorientierte konzeptionelle Rahmenplanung sind bei der Erstellung eines IGEK zu berücksichtigen sind die Ergebnisse von Entwicklungskonzepten, (vgl. Kapitel 3.3.2). wenn sie von der Gemeinde offiziell beschlossen wurden, jedoch bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen (BauGB § 1 Abs. 6 Nr.11). 1.4 Der Weg zum Konzept Auch die Integrierten Stadtentwicklungskonzepte (ISEK/INSEK) gehören zu den informellen Instrumen- Die Gemeinde (oder Verbandsgemeinde) ist der Trä- ten. Diese werden für größere Gemeinden bzw. Städ- ger eines IGEK. Zunächst sind daher im Gemeinderat te erstellt. In Sachsen-Anhalt ist in einer Anlage zur eine Diskussion und ein entsprechender Beschluss zur RIGEK festgelegt, dass die 45 Städte, die Mittel aus Erstellung eines IGEK notwendig. Darauf aufbauend dem Städtebauförderprogramm Stadtumbau be- können für die Erstellung des IGEK Fördermittel be- kommen haben und ein Stadtentwicklungskonzept antragt werden. Hierzu stehen in Sachsen-Anhalt zwei erstellt haben, keine Förderung zur Erstellung eines verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: IGEK erhalten. Es ist jedoch möglich, ein bestehendes (Stadtentwicklungs-)Konzept mit einem Gemeinde- • Richtlinie IGEK zur Förderung ländlicher Städte entwicklungskonzept gleichstellen zu lassen, ggf. mit und Gemeinden, 75 Prozent Förderanteil, maximal notwendigen Ergänzungen (dazu ist eine Antragstel- 50.000,- Euro lung beim zuständigen ALFF – Amt für Flurneuord- • Förderprogramm Demografie für Konzepte mit nung und Forsten notwendig, vgl. RIGEK). starker demografischer Orientierung, 80 Prozent Förderanteil, maximal 80.000,- Euro. Weitere informelle Planungsinstrumente sind Regio- nale Entwicklungskonzepte (REK), Integrierte Ländli- Ausnahme: Bezieht die Gemeinde Fördermittel aus che Entwicklungskonzepte (ILEK) und Kreisentwick- dem Städtebauförderprogramm Stadtumbau und ge- lungskonzepte (KEK). Darüber hinaus gibt es auch hört zu den 45 Stadtumbaustädten im Land Sachsen- Mischformen wie beispielsweise Integrierte Stadt- Anhalt, können keine Fördermittel für ein IGEK bean- entwicklungs-/Regionalkonzepte (ISREK). Ebenfalls tragt werden (hier steht die Städtebauförderrichtlinie nur informelle Instrumente stellen Fachkonzepte/- zur Verfügung, Förderanteile: 33 Prozent Bund, 33 pläne (z.B. für Sozialplanung, Schulentwicklung, Ein- Prozent Land, 33 Prozent Kommune). zelhandelsentwicklung, Integration, Hochwasser- Nach Erhalt des Fördermittelbescheides für die Erstel- schutz), Machbarkeitsstudien, Gestaltungskonzepte, lung des IGEK schreibt die Gemeinde die Erstellung Dorferneuerungskonzepte etc. dar. aus und beauftragt ein Planungs- oder Architektur- Zu den formellen Planungsinstrumenten, die im Bau- büro. Neben fachlichen, planerischen Fähigkeiten gesetzbuch und den Raumordnungsgesetzen der Län- sind auch prozesssteuernde und moderative Kompe- der geregelt sind, gehören hingegen der Landesent- tenzen empfehlenswert (Bürgerbeteiligung, Öffent- wicklungsplan (LEP), die Regionalen Entwicklungsplä- lichkeitsarbeit). Zu überlegen ist, ob eine Steuerungs- ne (REP) der fünf Planungsräume in Sachsen-Anhalt /Lenkungsgruppe bereits für den Prozess des Verga- beverfahrens einzurichten ist (vgl. Kapitel 3.1.1.). 1 Gelegentlich werden die IGEK in Sachsen-Anhalt auch als Inte- Für die Erstellung eines IGEK ist eine Bearbeitungszeit grierte Gemeindliche Entwicklungskonzepte bezeichnet. In anderen Bundesländern werden z.T. abweichende Bezeichnungen verwen- von 12-15 Monaten einzuplanen. Der Ablauf und Pro- det: IKEK – Integrierte kommunale Entwicklungskonzepte (Hessen, zess der Erstellung eines IGEK (vgl. Kapitel 3) sowie NRW), GEKO – Gemeindeentwicklungskonzepte (Saarland), GEK – die abschließende Implementierung eines IGEK (vgl. Gemeindeentwicklungskonzepte (Bayern), GEK – Gemeindliche Entwicklungskonzepte (Thüringen). Kapitel 4) wird in separaten Kapiteln erläutert. 4
2. WAS SIND DIE INHALTE EINES • Bauliche Entwicklung und Ortsbild KONZEPTES? • Lokale Wirtschaft und Tourismus • Grundversorgung und soziale Infrastruktur THEMEN UND HANDLUNGSFELDER • Bildung und Betreuung • Kultur, Freizeit und Erholung Bevor im nächsten Kapitel detaillierte Hinweise für • Verkehr und Mobilität alle Phasen der Erstellung eines IGEK gegeben wer- • Technische Infrastruktur den (vgl. Kapitel 3) werden in diesem Kapitel zunächst • Landschaft, Natur und Ressourcenschutz. die möglichen thematischen Inhalte eines IGEK vorge- stellt. Dazu werden Themenschwerpunkte und Quer- Diese zehn Themenschwerpunkte werden nachfol- schnittsthemen beschrieben (vgl. Kapitel 2.1) und da- gend in einzelnen Kapiteln beschrieben und mit Bei- ran anschließend Hinweise zur Themenauswahl und spielen aus bereits erstellten IGEKs verdeutlicht (vgl. Zusammenfassung zu Handlungsfeldern (vgl. Kapitel Kapitel 2.1.1 bis Kapitel 2.1.10). Sie stellen den inhalt- 2.2) gegeben. lichen Rahmen für die Bestandsanalyse sowie für die Erarbeitung von Leitbild, Entwicklungszielen und Handlungskonzeption (vgl. Kapitel 3). 2.1 Themenschwerpunkte und Quer- schnittsthemen Ergänzend zu diesen zehn Themenschwerpunkten gibt es weitere Themen bzw. Entwicklungen und übergeordnete Zielstellungen, die als Querschnitts- Das große inhaltliche Spektrum der IGEK erfordert themen in mehreren Themen zu beachten sind und seitens der Gemeinden eine Auseinandersetzung mit zunächst vorgestellt werden: sehr vielen verschiedenen Themen. Folgende zehn Themenschwerpunkte wurden identifiziert: • demografischer Wandel • Integration / Inklusion • Gemeinde und Bürgerschaft • Digitalisierung • Bevölkerungsentwicklung und Sozialstruktur • Klimaveränderungen. Abbildung 3 5
Weitere mögliche Querschnittsthemen wie Nachhal- jekte und Beispiele aus der Praxis informiert 2 tigkeit , Flächenverbrauch, Familienfreundlichkeit (www.demografie.sachsen-anhalt.de). und Generationengerechtigkeit sind bei den ver- schiedenen Themenschwerpunkten ebenfalls zu be- Integration/Inklusion rücksichtigen. Die Vielfalt der Gesellschaft wächst (Pluralisierung der Demografischer Wandel Lebensverhältnisse/-stile, Zuwanderung), woraus ge- änderte Bedürfnisse und Aufgaben in verschiedenen Die demografischen Entwicklungen im Gebiet einer Bereichen entstehen. Als Querschnittsaufgabe soll In- Gemeinde sind in einem IGEK als wichtiger Themen- tegration/Inklusion eine Teilhabe und Chancengleich- schwerpunkt separat und umfassend zu behandeln heit aller Einwohner einer Gemeinde sicherstellen. (vgl. Kapitel 2.1.2). Die Auswirkungen des demografi- Die Einbeziehung einer kleineren Gruppe in eine grö- schen Wandels sind jedoch in nahezu allen Bereichen ßere Gruppe kann dabei integrativ (als eine Teilgrup- der gemeindlichen Entwicklung festzustellen und stel- pe) oder inklusiv (gleichberechtigt, ohne Gruppenzu- len somit auch ein Querschnittsthema dar. gehörigkeit) vollzogen werden (vgl. Abbildung 4). Schrumpfungsprozesse haben Auswirkungen auf wei- Abbildung 4 tere Bereiche wie die infrastrukturelle Ausstattung (Unterauslastung) und die Siedlungsentwicklung (Leerstand). In ländlichen Räumen sind Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Schulen, Postfilialen, Läden und Arztpraxen durch Schließung bedroht. Dadurch werden ländliche Räume weniger attraktiv für Ansied- lungen von Gewerbe und den Zuzug junger Familien. Der demografische Wandel kann so zu einer Abwärts- spirale führen. Für Strategien der Gemeinden heißt Bei der sozialen und gesellschaftlichen Integration/In- das, dass alle Maßnahmen und Konzepte die demo- klusion geht es um die Berücksichtigung und Einbe- grafische Entwicklung berücksichtigen müssen und ziehung verschiedener Altersgruppen, sozialer Milieus neue Wege nötig sind, um der veränderten Bevölke- sowie kranker oder behinderter Menschen, aber auch rungsstruktur Rechnung zu tragen. Mobilität in ländli- um eine Akzeptanz und Gleichberechtigung/Partizi- chen Räumen, Anbindung an den ÖPNV, flächende- pation verschiedener Kulturen, Religionen, Ethnien/ ckende Breitbandversorgung, Ärzteversorgung, Dorf- Nationalitäten und Genderzugehörigkeiten. Netzwer- läden sind hier wichtige Themen. ke, Begegnungsangebote und Möglichkeiten zur Teil- Betroffen sind sowohl die Quantitäten als auch Quali- habe können darüber hinaus die Identität, die lokale täten verschiedener Angebote. Denn es verändert Bindung, das Zugehörigkeitsgefühl und das (soziale) sich nicht nur die Nachfragemenge insgesamt, son- Engagement der Einwohner einer Gemeinde stärken. dern es kommt auch zu einer Verschiebung der Be- Integration und Inklusion findet auf der kommunalen dürfnisse nach Altersgruppen: Die Nachfrage nach Ebene statt, beginnt in der Dorfgemeinschaft, im Ver- Angeboten für Kinder und Jugendliche nimmt ab und einsleben, auf dem Spielplatz, in der Schule und im gleichzeitig steigen die Anforderungen und Mengen Betrieb. Bürgerschaftliches Engagement stärkt den der Angebote für ältere Menschen (z.B. Pflegeeinrich- gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirkt vor Ort tungen, Barrierefreiheit). vorbeugend gegen Entfremdungsprozesse (Demokra- Seit 2018 gibt es in Sachsen-Anhalt ein aktualisiertes tiemüdigkeit, Ausgrenzungsphänomene, Rechtsext- Handlungskonzept „Nachhaltige Bevölkerungspolitik remismus). in Sachsen-Anhalt“. Im Demografie-Portal des Landes In Sachsen-Anhalt gibt es hierzu einen Integrationsbe- wird umfangreich über aktuelle Veranstaltungen, richt (2018), einen Bericht zur Inklusion („Auf dem Wettbewerbe, Fördermöglichkeiten, erfolgreiche Pro- Weg zur Inklusion“, 2015) und einen Landesaktions- plan („einfach mitmachen“ Unser Weg in eine inklusi- 2 Im Mai 2019 wurde von der Landesregierung Sachsen-Anhalt eine ve Gesellschaft, 2013). „Nachhaltigkeitsstrategie“ beschlossen. 6
Digitalisierung Klimaveränderungen Die Digitalisierung umfasst nahezu alle Gesellschafts- Die durch den Menschen verursachte globale Erwär- und Wirtschaftsbereiche und beschreibt die Trans- mung der Erde, häufig als „Klimawandel“ bezeichnet, formation von analogen zu digitalen Prozessen. In- ist auf eine Zunahme der Treibhausgase durch meh- formations- und Kommunikationstechnologien (I&K) rere Belastungsfaktoren/Verursacher zurückzuführen ermöglichen Automatisierungen, Vernetzungen und (vor allem: Energiewirtschaft, Verkehr, Industrie, Innovationen (E-Mails, Smartphones, Navi, Online- Landwirtschaft, Feuerungsanlagen/Heizung). Tempe- Handel, Streaming-Dienste etc.). raturanstiege, Klimaschwankungen und zunehmende Extremwetterereignisse sind die spürbaren Folgen Auch im ländlichen Raum sind durch die Digitalisie- der Klimaveränderungen, von denen auch die Ge- rung bereits Veränderungen festzustellen (z.B. Nah- meinden im ländlichen Raum betroffen sind (Land- versorgung/Online-Handel/e-commerce, digitale Ver- wirtschaft, Dürren, Überschwemmungen, Hochwas- waltung/e-Government, Mobilitätsportale). Für die ser etc.). zukünftige Entwicklung sind weitere Potentiale zu prüfen und zu nutzen (z.B. Online-Marktplätze, Co- Klimaschutz beginnt vor Ort: Klimaschutzmaßnahmen Working-Spaces, Homeoffice/Telearbeit, E-Health/ und Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung sind auch Telemedizin, Pflegeroboter, Car-/Bike-Sharing, e- im ländlichen Raum von großer Bedeutung und in vie- Ticket-Buchung, ÖPNV-on-demand, Digital Farming, len Gemeinden gibt es bereits Klimaschutzkonzepte kommunale Geoportale, smart grids). Es gibt vielfälti- und/oder zur Koordination Klimaschutzmanager. Kli- ge Ideen und Handlungsansätze zur Entwicklung der maschutzmaßnahmen sind eng mit der Nutzung von Gemeinden im ländlichen Raum zu „smart villages“ Energieeinsparpotenzialen und Steigerung der Ener- bzw. „digitalen Dörfern“. gieeffizienz (energetische Sanierungen, flächenspa- rende Siedlungsentwicklung, vgl. Kapitel 2.1.3), einer Abbildung 5 nachhaltigen Landwirtschaft (extensive Tierhaltung, Reduktion Düngemittel, vgl. Kapitel 2.1.4), dem Schutz der Natur (Aufforstungen, vgl. Kapitel 2.1.10), einer klimafreundlichen Mobilität (ÖPNV, Elektromo- bilität, vgl. Kapitel 2.1.8) sowie einer veränderten Energieproduktion (erneuerbare Energien, dezentrale Anlagen, vgl. Kapitel 2.1.9) verbunden. Weiterführende Literatur zum Thema Klimaschutz www.digitale-doerfer.de und ländlicher Raum gibt es vom Umweltbundesamt Die Verfügbarkeit des Internet und eine umfassende und vom Deutschen Institut für Urbanistik (vgl. Quel- Breitbandversorgung als Teil der technischen Infra- lenangaben im Anhang). Für die drei Bundesländer struktur (vgl. Kapitel 2.1.9) ist dafür eine grundlegen- Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es ein de Basis. Dies gilt besonders für global agierende Regionales Klimainformationssystem (ReKIS), welches klein- und mittelständische Unternehmen jenseits der Klimadaten und Klimainformationen zur Verfügung Zentren/Metropolen („hidden champions“) und jün- stellt (www.rekis.org). gere Menschen. Seitens der Landesregierung Sachsen-Anhalt gibt es Seit 2018 gibt es in Sachsen-Anhalt eine Digitale zum Thema Klimaveränderungen eine Broschüre Agenda (https://digital.sachsen-anhalt.de). Hier ist „Beobachteter Klimawandel in Sachsen-Anhalt“ von vermerkt, dass gemeindliche Digitalisierungskonzepte 2018, eine „Strategie des Landes zur Anpassung an als Bestandteil eines IGEK definiert und eingeführt den Klimawandel“ von 2019 (Fortschreibung) sowie werden können und die Erstellung aus Mitteln der ein „Klima- und Energiekonzept Sachsen-Anhalt Gemeinschaftsaufgabe Agrar- und Küstenschutz (KEK)“ von 2019. (GAK) gefördert werden kann (Quelle: Digitale Agen- da, S. 44). 7
2.1.1 Gemeinde und Bürgerschaft Eine Gemeinde zeichnet sich darüber hinaus aber auch durch weitere „weiche“ Merkmale aus, die die Zur Einordnung und Beschreibung der äußeren Rah- Bürgerschaft betreffen: menbedingungen einer Gemeinde können folgende • Traditionen, Brauchtum, Ortsgeschichte Merkmale herangezogen werden: • kommunale Identität, Alleinstellungsmerkmale, • räumliche Lage innerhalb von Sachsen-Anhalt Besonderheiten, Image • administrative Zugehörigkeit (Landkreis, regiona- • Sozialleben, dörfliches Miteinander, Feste ler Planungsraum) • Vereinskultur/-wesen (z.B. Sportvereine) • Raumtyp (Umlandgemeinde, ländlicher Raum) • Ehrenamt, bürgerschaftliches Engagement (z.B. • zentrale Funktion (Grund-/Mittelzentrum) Freiwillige Feuerwehr, Kirchen, Nachbarschaftshil- • Gemeindetyp (Einheitsgemeinde, Mitgliedsge- fen, Unterstützung von Integration, Flüchtlingshil- meinde einer Verbandsgemeinde) fe). • Verwaltungsgliederung/-sitz und innergemeindli- Für das Sozialleben sind aktive Gruppen und Vereine che Gliederung (Ortschaften, Ortsteile) von großer Bedeutung. Traditionelle Strukturen än- • Mitgliedschaften und Koorperationen dern sich jedoch und es sind Veränderungen zu eher • Flächenausdehnung (Größe), Flächennutzung flexiblen und ggf. nur temporären Formen des ehren- • kommunale Finanzkraft (Steuereinnahmen/EW, amtlichen Engagements möglich. Eine Anpassung des Schulden/EW). bürgerschaftlichen Engagements an den demografi- schen Wandel ist notwendig. Abbildung 6 Lage der Gemeinde Muldestausee in der Planungsregion Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg Quelle: IGEK Muldestausee, 2018 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 8
2.1.2 Bevölkerungsentwicklung und Sozial- Als Grundlage für die Bevölkerungsprognose kann die struktur 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose bis zum Jahr 2030 des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt Da die Bevölkerungsentwicklung für so gut wie alle aus dem Jahr 2016 verwendet werden (eine aktuelle- anderen Themenbereiche der entscheidende Faktor re Bevölkerungsprognose ist für 2020 geplant). ist, sollte die Situation und Entwicklung anhand fol- Die Sozialstruktur einer Gemeinde kann anhand der gender Merkmale möglichst genau und umfassend nachfolgenden Merkmale eingeordnet werden: beschrieben werden (Entwicklung der letzten zehn Jahre und Prognose der nächsten zehn bis 15 Jahre: • Haushalte (Anzahl, Größe) • Familienstand, Alleinerziehende • Bevölkerungsentwicklung mit natürlicher Bevölke- • Qualifikation/Bildungsabschlüsse rungsentwicklung (Geburten, Sterbefälle) und • Beschäftigungs-/Erwerbstätigenquote Wanderungsbewegungen (Zuzüge, Wegzüge) • Arbeitslosigkeit (relative Arbeitslosenquote) • Altersaufbau/-struktur (Altersklassen, Jugend-/ • Transferabhängigkeit, Sozialleistungen (SGB II- Altenquotienten, Hochbetagte) Quote, SBG XII-Quote, Pflege/SGB XI) • Bevölkerungsprognose/Szenarien (auch nach Ziel- • Pflege (Empfänger von Pflegeleistungen) /Altersgruppen) • Einkommen (Einkünfte pro Steuerpflichtiger) • Bevölkerungszusammensetzung (Ausländer, Per- • Kaufkraft. sonen mit Migrationshintergrund, Zuwanderung/ Migration). Die Erfassung der Bevölkerungsentwicklung und der Sozialstruktur sollte in einem sozial innovativen stra- tegischen Planungsinstrument fachübergreifend An- Abbildung 7 wendung finden. Natürliche Bevölkerungsentwicklung und Wanderungsbewegungen nach Ortsteilen im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016 Quelle: IGEK Petersberg, 2018 (erstellt durch: Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH) 9
2.1.3 Bauliche Entwicklung und Ortsbild Zur Leerstanderfassung und zum Flächenmanage- ment gibt es im Leitfaden an gesonderter Stelle wei- Eine nachhaltige, flächensparende Entwicklung der terführende Hinweise (vgl. Anhang). Siedlungsstruktur ist von großer Bedeutung (Innen- Für die Bewertung der Siedlungsstruktur, der Wohn- entwicklung, integrierte Wohnstandorte, Anbindung und Lebensqualität, der Identifikation der einheimi- Nahverkehr). Zu berücksichtigen sind die notwendi- schen Bevölkerung, der Attraktivität für potenzielle gen Anpassungen an den demografischen Wandel Neubürger sowie eines (ggf. touristisch nutzbaren) (Barrierefreiheit, neue Wohnformen). Der siedlungs- Image ist das Ortsbild von großer Bedeutung. Folgen- strukturelle Zustand und die bauliche Entwicklung ist de Aspekte gehören dazu: anhand folgender Merkmale beschreibbar: • Ortsbildprägende Gebäude (Lage, individueller • Bebauungsstruktur (Baualter, Sanierungsstand) Charakter, identitätsstiftende Wirkung) • Wohnraumversorgung/-bedarf (Wohnungsange- • Baukultur (bau-/kulturgeschichtliches Erbe) bot/-qualität, Miet-/Kaufpreise, Bautätigkeit) • Denkmalschutz (Gebäude, Bauwerke) • Leerstand, Umnutzung und Rückbau (Wohnen, • Ortszentrum, Freiraumsituation und Wohnumfeld Gewerbe, Infrastruktur, ungenutzte Hofstellen) (Plätze, Treffpunkte, Aufenthaltsqualität) • Fördergebietskulissen (Dorfentwicklung, Städte- • städtebauliche Qualitäten (Straßen, Fußwege, Be- bauförderung) leuchtung) • Energetischer Sanierungsbedarf (Steigerung der • Problemlagen, untergenutzte Flächen Energieeffizienz) • Ortseingänge/-ränder • Siedlungsflächenentwicklung, Bauleitplanung (Flä- • Ortstypische Bau- und Gestaltungsmerkmale (Ge- chennutzungsplanung, Bebauungsplanung) staltungsrichtlinien). • Flächenmanagement (Flächenpotentiale, Baulü- cken, Brachflächen). Abbildung 8 Defizite bei Baustruktur, Leerstand und Nutzungen in Hoym (Ausschnitt), Bestandsaufnahme 2017 Quelle: IGEK Stadt Seeland, 2017 (erstellt durch: Wenzel & Drehmann PEM GmbH) 10
2.1.4 Lokale Wirtschaft und Tourismus In einigen Gemeinden bestehen aufgrund der räumli- chen Lage und vorhandener Attraktionen auch Ent- Im ländlichen Raum sind durch den Strukturwandel wicklungspotenziale für den Tourismus: insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft viele • Touristische Infrastruktur (Wegeführungen, Infor- Arbeitsplätze verloren gegangen (z.T. verbunden mit mations-/Leitsysteme, Übernachtung) negativen Folgen für die Pflege der Kulturlandschaft • Ortsbild und Sehenswürdigkeiten (Kirchen, Muse- und das Ortsbild). Potenziale bestehen in der regiona- en, Findlinge, Naturlehrpfade etc.) len Erzeugung, Weiterverarbeitung und Vermarktung. • Kulturlandschaft (Landschaftsbild/-pflege) Für die lokale Wirtschaft sollen in den IGEK die wich- • Kulturrouten tigsten Strukturmerkmale und Entwicklungspotenzia- • Naturraum (Naturpark, Geopark, Biotop) le bzw. -chancen aufgezeigt werden. Hierzu bieten • Professionalisierung (Service, Qualität) sich folgende Merkmale an: • Zielgruppen, Angebotspakete/-pauschalen • Arbeitsmarkt, SVP-Beschäftigte am Arbeitsort (Ar- Für die Betriebe der lokalen Ökonomie und die Tou- beitsplatzbesatz, Pendler) rismuswirtschaft ist der Ausbau der Breitbandversor- • Betriebe (Land- und Forstwirtschaft, Handwerk, gung von zentraler Bedeutung. (vgl. Kapitel 2.1.9). Of- Dienstleistungen, Gewerbe, Industrie, Bergbau) fene Räume (z.B. open labs, Maker spaces, co- • Gewerbestandorte (Gewerbeflächen/-gebiete, working-space) können zur Erhöhung oder Entwick- Gewerbebrachen, Altindustrieflächen) lung der Innovationskraft vor Ort beitragen. • Wirtschaftsförderung (Bestandspflege, Ansiedlun- Der Bereich Einzelhandel/Nahversorgung ist dem gen). Themenschwerpunkt Grundversorgung zugeordnet (vgl. Kapitel 2.1.5). Abbildung 9 Lage der Gewerbestandorte im Gebiet der Verbandsgemeinde Obere Aller Quelle: IGEK Obere Aller, 2018 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 11
2.1.5 Grundversorgung und soziale Infra- Als zentrale Bereiche der Daseinsvorsorge sind die struktur Grundversorgung und soziale Infrastruktur wesentlich für die Funktionsfähigkeit einer Gemeinde. Wenn das Für die Grundversorgung und soziale Infrastruktur ist letzte Einzelhandelsgeschäft schließt, dann ver- eine umfassende Darstellung und Bewertung der fol- schwindet nicht nur die lokale Nahversorgung mit Gü- genden Aspekte/Einrichtungen notwendig: tern des täglichen Bedarfs, sondern es verschwindet häufig auch der soziale Treffpunkt einer Gemeinde • Grund- und Nahversorgung (Lebensmittel/Einzel- (insbesondere für ältere Menschen). Treffpunkte wie handel, Wochenmarkt, Banken, Post, Tankstelle, Gemeinbedarfseinrichtungen sind für ein bürger- Gastronomie etc.) schaftliches Engagement sehr wichtig (vgl. Kapitel • Gesundheitswesen und Pflege (Haus-/Fachärzte, 2.1.1 und Kapitel 2.1.7). Apotheken, Krankenhäuser, ambulante/stationäre Einrichtungen, Tagespflege, Quartiersarbeit) Auch die medizinische Versorgung und Pflegeversor- • Seniorenbetreuung (Sozialstation, ambulant be- gung ist in vielen Gemeinden des ländlichen Raums treute Wohngemeinschaften, Altersheim) nicht ausreichend gewährleistet und Hausarztstellen • Wohnformen für bestimmte Zielgruppen (z.B. be- bleiben oftmals unbesetzt (in Sachsen-Anhalt wird treutes Wohnen, Angebote für Jugendliche) wegen des Landärztemangels bereits eine Landarzt- • Dienstleistungsangebot der Gemeinde (öffentliche quote diskutiert). Um jüngere Menschen und Fami- Verwaltung, Friedhöfe) lien halten zu können bzw. sogar als neue Gemein- • Sicherheit und Gefahrenabwehr (Katastrophen- demitglieder gewinnen zu können, ist es ganz wesent- schutz, abwehrender Brandschutz, Wasserwehr). lich, dass das soziale Angebot einer Gemeinde ge- stärkt, den Zielgruppen bekannt gemacht und die Er- reichbarkeit sichergestellt wird (vgl. Kapitel 2.1.8). Abbildung 10 Grundversorgung, Basisdienstleistungen und Erreichbarkeit von Lebensmittelmärkten Quelle: IGEK Zahna-Elster, 2017 (erstellt durch: Stadt- und Landschaftsplanung Lutherstadt Wittenberg, Bearbeiterin Kristin Hönschker) 12
2.1.6 Bildung und Betreuung Ein qualitativ hochwertiges und regional ausgewoge- nes Netz an Schulen und anderen Bildungseinrichtun- Durch abnehmende Kinder- und Schülerzahlen sind gen ist in allen Landesteilen vorzuhalten. Noch weiter im ländlichen Raum auch Einrichtungen zur Bildung verbesserte Kooperationsbeziehungen zwischen den und Betreuung von Schließung bedroht. Aktuell und einzelnen Schulen sowie zwischen den Schulen und zukünftig sind daher eine hinreichende Kapazität und anderen (außerschulischen) Bildungseinrichtungen Auslastung sowie eine gute Erreichbarkeit von großer können einen wesentlichen Beitrag leisten. Bedeutung zur Standortsicherung. Durch Betriebs- Für den Bereich Betreuung sind insbesondere folgen- schließungen verlagern sich Ausbildungsplätze in grö- de Angebote wichtig: ßere Zentren. • (Klein-)Kinderbetreuung, Kindertageseinrichtun- Für den Bereich Bildung sind nachfolgende Aspekte in gen einem IGEK zu überprüfen: • Außerschulische Kinder- und Jugendarbeit (Be- • Schulangebot (Schultyp, Schulträgerschaft, Schul- treuung von Kindern/Jugendlichen in der Freizeit, standorte, Schülerzahlen) Jugendhilfe). • Ausbildungsplätze (Betriebe, Fachschulen) Dem Bereich Bildung und Betreuung kommt hinsicht- • außerschulische Bildung für unterschiedliche Al- lich einer Attraktivität für Familien eine große Bedeu- tersgruppen (Volkshochschulen, Musik- tung zu (Familienfreundlichkeit). /Kunstschulen) • Wissenschaft („Sommer-Universitäten“, „kreative Die Betreuung von weiteren Gruppen wie Senioren ist Pioniere“). anderen Themenschwerpunkten zugeordnet (vgl. Ka- pitel 2.1.5). Abbildung 11 Schulstandorte, Einzugsgebiete und Schülerzahlen für die Gemeinde Hohe Börde im Schuljahr (2016/2017) Quelle: IGEK Hohe Börde, 2014 (erstellt durch: Dr. Bock & Partner GbR, Halle (Saale)) 13
2.1.7 Kultur, Freizeit und Erholung Zu den kulturellen Angeboten gehören im ländlichen Raum traditionelle Angebote (Brauchtumspflege, Lai- Neben den Angeboten für Bildung und Betreuung enkultur, Feste), die zur Identifikation der Bevölke- stellen attraktive Angebote und Einrichtungen im Be- rung beitragen und auch ein positives Image fördern reich Kultur, Freizeit und Erholung ganz wesentliche (Synergien zum Tourismus). Darüber hinaus sind je- Haltefaktoren für den ländlichen Raum insbesondere doch auch innovative Ansätze der kulturellen Bildung für Jugendliche und Familien dar: notwendig, um gerade jüngere Menschen vor Ort zu halten. Hier bietet sich eine Weiterentwicklung und • Kulturelle Einrichtungen (z.B. Museen, Bücherei- Förderung von Büchereien/Bibliotheken zu multi- en/Bücherbus, Theater, Kino, Kulturhalle, Kirchen, funktionalen Kultur- und Bildungseinrichtungen an, Gedenkstätten, etc.) die als „Dritter Ort“ für Kommunikation sowie Lern- • Freizeit-/Erholungseinrichtungen (Jugendfreizeit- und Bildungsort für (digitale) Kompetenzen eine einrichtungen, Jugendclubs, Seniorentreffs, Frei- nicht-kommerzielle und niedrigschwellige Anlaufstelle zeitpark, Minigolf etc.) für verschiedene Generationen darstellen können • Spiel- und Sporteinrichtungen (Sportstätten, (mit freiem W-Lan, PC-Plätzen, 3D-Drucker, Schu- Schwimmbäder, Spielplätze) lungsangeboten). Ein ähnliches Konzept kann auch in • Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Dorfgemein- Dorfgemeinschaftshäusern umgesetzt werden. schaftshäuser, Bürgerhäuser, Vereinsheime, Schützenhäuser) Einen weiteren Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilha- • Kleingartenwesen (Leerstand, Neustrukturierung, be und gesellschaftlichem Zusammenhalt stellen An- Rückbau). gebote im öffentlichen Raum dar (lebendige Ortsmit- te/Dorfkern, Treffpunkte im Freien, Mehrgeneratio- nenspielplätze). In diesem Zusammenhang wird auch auf den Sportatlas Sachsen-Anhalt verwiesen. Abbildung 12 Einrichtungen der Freizeitgestaltung Quelle: IGEK Zahna-Elster, 2017 (erstellt durch: Stadt- und Landschaftsplanung Lutherstadt Wittenberg, Bearbeiterin Kristin Hönschker) 14
2.1.8 Verkehr und Mobilität Im IGEK können für den Bereich Verkehr und Mobili- tät folgende Aspekte relevant sein: Bedingt durch eine zunehmende Funktionstrennung • Schienenpersonen(nah-)verkehr (Bahnanbindung, (Wohnen, Arbeiten, Versorgung nicht am gleichen Bahnhöfe, Haltepunkte) und übriger ÖPNV (Lini- Ort) kommt es zu steigendem Verkehrs- und Pendler- enbusse, Rufbusse, Schülerverkehr) aufkommen. Die öffentlichen (nah-)verkehrlichen An- • alternative Bedienformen (Bürgerbus, Mitfahrsys- gebote wurden in vielen ländlichen Räumen ausge- teme, Ruf-/Sammeltaxi, Car-Sharing, KombiBus) dünnt, so dass es zu einer Zunahme des Individual- • Verkehrswege, Straßen- und Wegenetz (Unterhal- verkehrs kommt. tung, Instandsetzung/Sanierung, Rückbau) Zur Gewährleistung der Mobilität ist eine Anbindung • Pendlerbewegungen/-ströme und Erreichbarkeit (mit/ohne eigenes Auto) in hinrei- • Elektromobilität (Ladestationen, Fuhrpark der chender bzw. attraktiver Quantität und Qualität wich- Kommune/Stadtwerke) tig. Ein funktionierender ÖPNV ist für alle Bevölke- • Verkehrsberuhigung und Parkplatzsituation. rungsgruppen relevant, die aus Alters-, Gesundheits- Zur Mobilität gehören auch mobile Versorgungsange- oder sonstigen Gründen nicht mit dem privaten Pkw bote (fahrende Bibliothek, mobiles Bürgerbüro, mobi- ihre Wege zurücklegen können (dazu gehören neben ler Laden, Marktwagen, medizinische Dienste, Liefer- Schülern und Auszubildenden insbesondere ältere und Kurierdienste), die eingesetzt werden, wenn sich und behinderte Menschen). stationäre Einrichtungen unter betriebswirtschaftli- Der Fokus der gemeindlichen Entwicklung sollte da- chen Gesichtspunkten nicht mehr lohnen. Sie können her auf dem qualitativen Ausbau der ÖPNV-Angebote stationäre Versorgungseinrichtungen ergänzen und liegen (Reduzierung Flächenverbrauch, Klimaschutz). bringen das Produkt zum Kunden (vgl. Kapitel 2.1.5 und Kapitel 2.1.7). Abbildung 13 Busrouten und Haltestellen Quelle: IGEK Stadt Möckern 2014 (erstellt durch: Büro für urbane Projekte) 15
2.1.9 Technische Infrastruktur Insbesondere im Bereich der technischen Infrastruk- tur kommen einer interkommunalen Zusammenar- Für alle Anlagen der technischen Infrastruktur spielen beit und Kooperationen eine besondere Rolle zu (vgl. die aktuellen und zukünftigen Auslastungen – in Ab- Kapitel 3.1.3). hängigkeit der demografischen Entwicklungen sowie Hinsichtlich der Energieversorgung bestehen auch auf technischen Neuerungen – eine wichtige Rolle. Im der Ebene der Gemeinde Herausforderungen aus der IGEK kann die technische Infrastruktur mit folgenden Energiewende sowie Möglichkeiten einer dezentralen Einrichtungen und Angeboten abgebildet werden: Energieversorgung (z.B. Blockheizkraftwerke). Im In- • Wasserver-/entsorgung (Trinkwasser, Abwasser) teresse des Klimaschutzes und der Entlastung der • Energieversorgung (auch erneuerbare Energien kommunalen Haushalte sollen mit Aussagen zum aus Wind, Wasser, Biomasse, Solar/Photovoltaik) Energieverbrauch öffentlicher Einrichtungen Einspar- • Gas potenziale ermittelt werden. • Fernwärme Eine flächendeckende stabile Breitbandversorgung • Geothermie stellt für Wirtschaftsunternehmen, Bildungseinrich- • Abfallentsorgung tungen, kulturelle Einrichtungen, den Nahverkehr/ • Kommunikationsdienste (Telekommunikation, Mobilitätsportale, private Haushalte und die öffentli- Breitband/DSL, Mobilfunk) che Verwaltung eine elementare Standortbedingung • städtische Liegenschaften (z.B. Bauhöfe, Feuer- dar (vgl. Kapitel 2.1). Gerade in ländlichen Räumen wehr). kann ein diesbezüglich gutes Angebot die Attraktivität Die Verkehrsinfrastruktur ist gesondert beschrieben als Wohn- und Lebensstandort erheblich erhöhen (vgl. Kapitel 2.1.8). (z.B. Online-Marktplätze, Homeoffice/Telearbeit). Abbildung 14 Technische Infrastruktur Quelle: IGEK Coswig, 2017 (erstellt durch: Büro für urbane Projekte) 16
2.1.10 Landschaft, Natur und Ressourcen- Zum Schutz der Landschaft und natürlicher Ressour- schutz cen stellt die Reduzierung des Flächenverbrauchs ei- ne wichtige Stellschraube dar, auf die die Gemeinde Große Flächen der ländlichen Räume sind ökologi- konkret Einfluss ausüben kann. Hier kommt der In- scher Ausgleichsraum insbesondere zum Erhalt und nenentwicklung in den Ortsteilen (Nutzung von Bau- zur Verbesserung der biologischen Vielfalt. Natur und lücken, Brachflächen, Revitalisierung/Beseitigung von Landschaft bieten aber auch Möglichkeiten für (Nah-) Leerstand) eine zentrale Bedeutung zu. Damit ver- Erholung und Freizeit (ggf. Tourismus). Der Themen- bunden ist auch eine Überprüfung bestehender Bau- bereich Landschaft, Natur und Ressourcenschutz leitplanungen (vgl. Kapitel 2.1.3). kann in einem IGEK folgende Schwerpunkte haben: Bedingt durch den Klimawandel (vgl. Kapitel 2.1) ist • (Kultur-)Landschaft (Landschaftsbild/-pflege, mit einer Zunahme von Extremereignissen zu rechnen Strukturreichtum, Biotope, geschützte Land- (Starkregen, Sturzfluten, Hochwasser, Hitze, Trocken- schaftsbestandteile, Landschaftsschutzgebiete) heit/Stürme), die zu großen Schäden in der Landwirt- • Schutzgebiete für Natur/Umwelt (Biosphärenre- schaft und bei privaten Haushalten führen können. servate, Vogelschutzgebiete, Feuchtgebiete, FFH- Die Gemeinden müssen Anpassungsmaßnahmen vor- Gebiete, Nationalparke, Naturparke, Naturschutz- nehmen, um lokale Überschwemmungen, Staubver- gebiete, Wasserschutzgebiete) wehungen und Bodenabträge/-erosison so weit wie • Ressourcenschutz (Boden, Wasser, biologische möglich zu minimieren (Gefahrenabwehr). Hierzu ge- Vielfalt/Biodiversität, Mikroklima/Luftgüte) hören neben dem Hochwasserschutz/Deich-bau auch • Anpassung an den Klimawandel (Extremereignis- Gewässerrenaturierungen, Aufforstungen, Struktu- se, Katastrophen-/Hochwasserschutz, Deichbau). relemente in der Landschaft (Hecken zum Schutz vor Winderosion) sowie Begrünungen im Siedlungsbe- reich (Verschattung, Versickerung). Abbildung 15 Schutzgebiete in der Verbandsgemeinde Droyßiger-Zeitzer-Forst Quelle: IGEK Droyßiger-Zeitzer-Forst, 2018 (erstellt durch: KEWOG Städtebau GmbH) 17
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