Leitfaden zur Software-auswahl - Maßanzug oder anzug von der Stange - argumente für die Standard- und die individualsoftware - Mittelstand 4.0-Agentur

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Leitfaden zur Software-auswahl - Maßanzug oder anzug von der Stange - argumente für die Standard- und die individualsoftware - Mittelstand 4.0-Agentur
Leitfaden

Leitfaden zur Software-Auswahl
Maßanzug oder Anzug von der Stange –
Argumente für die Standard- und die Individualsoftware
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Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

Einleitung                                                 Gliederung
Unternehmer, Inhaber und Führungskräfte stehen täg-            1. Begriffsklärungen
lich in der Pflicht, ihre Unternehmen gegenwartsfähig
                                                                       a. Integrierte Software-Lösungen
zu gestalten und zukunftsfähig zu entwickeln. Immer
stärker muss hierbei auch die Informations- und Te-                    b. Standard-Software
lekommunikationstechnologie berücksichtigt werden
                                                                       c. Individual-Software
– diese hat sich in den letzten Jahren sehr rasant
aus einem Nischendasein hin zu einer Querschnitts-
                                                               2. Argumente für die Standard-Software
technologie in den Unternehmen entwickelt. Heute
stellen die Verfügbarkeit und Nutzung integrierter
                                                               3. Argumente für die Individual-Software
IT-Systeme für viele Unternehmen einen entscheiden-
den Wettbewerbsvorteil dar - sie sind Grundlage und
                                                               4. Kriterien zur Entscheidungsfindung
Rückgrat auch der künftigen Wettbewerbsfähigkeit in
einer immer digitaleren Unternehmensumwelt!
                                                               5. Empfehlungen
Dabei sind Einführung und Betrieb einer alle Unter-
                                                               6. Checkliste zur Entscheidungsfindung
nehmensbereiche berührenden IT-Lösung allerdings
mit nicht zu unterschätzenden Kosten und Aufwän-
den verbunden. Um hier das Risiko von Fehlentwick-
lungen und Geldverschwendung zu minimieren, steht
bereits ganz am Anfang eine strategische Entschei-
dung an.

Braucht Ihr Unternehmen einen Maßanzug, also eine
ganz individuell nur für Ihr Unternehmen noch (wei-
ter) zu entwickelnde Software-Lösung?

Oder ist Ihr Unternehmen geeignet für den Einsatz
und die Nutzung eines Anzugs von der Stange, also
einer so genannten Standard-Software-Lösung?

Dieser Leitfaden bietet Ihnen eine Hilfestellung für
eine strategische Entscheidung zu integrierten Lö-
sungen der Unternehmens-IT an: hierunter sind soge-
nannte ERP (Enterprise-Ressource-Planning/Planung
der Unternehmens-Ressourcen) und CRM (Customer-
Relationship-Management/Kundenbeziehungsma-
nagement) – Systeme zu verstehen.

Auf den folgenden Seiten werden Sie eine kurze Be-
griffsklärung finden, gefolgt von Argumenten sowohl
für den Einsatz standardisierter als auch individuel-
ler Software-Lösungen. Abschließend erhalten Sie
praxistaugliche Tipps wie Sie herausfinden, welcher
„Anzug-Typ“ Sie und Ihr Unternehmen schlussendlich
sind.

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Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

1. Begriffsklärungen
Vermutlich und hoffentlich werden nur wenige Ent-          Negative Praxisbeispiele:
scheider auf die Idee kommen, gängige Bürosoftware
zum Erstellen von Textdokumenten, Tabellenkalkula-         Wenn Sie die Warenentnahme aus Ihrem Materialla-
tionen oder Präsentationen ganz neu und individuell        ger händisch von einem Blatt Papier abtippen, um die
für den Einsatz in den unternehmenseigenen Büros           Daten in das Produktionssystem einzugeben, so sind
entwickeln zu lassen. Die am Markt befindlichen, ein-      diese Systeme NICHT integriert.
schlägig bekannten Produkte sind integraler Bestand-
teil des modernen Büroalltags. Wenn auch jedes Un-         Die manuelle Aufnahme von Warenausgängen in eine
ternehmen grundsätzlich einzigartig ist, so werden         Excel-Tabelle führt nicht dazu, dass weiterbearbei-
durch diese Produkte die geforderten Funktionalitä-        tende Unternehmensbereiche (Buchhaltung, Einkauf
ten doch nahezu gänzlich erfüllt und stehen nicht zur      etc.) automatisch über den Vorgang informiert wer-
Disposition. Sie haben hier fast nur zu entscheiden,       den. Die Aufnahme der Daten setzt keinen weiteren
ob Sie das Produkt eines der großen Hersteller oder        Prozessschritt in Gang.
lieber eine lizenzkostenfreie Software (Open Source)
nutzen möchten. In Ihren grundsätzlichen Funktiona-        Obige Beispiele zeigen bereits deutlich die Effizi-
litäten, der Bedienung und dem Erscheinungsbild un-        enzeinbußen (manuelle Datentransfers) und mögli-
terscheiden sich die Lösungen nur minimal.                 che damit verbundene Fehlerquellen („Tippfehler“)
                                                           auf. Zu Recht ist also eine Entscheidung zur Ein-
Ein wenig anders sieht es allerdings mit so genann-        führung eines die im Unternehmen eingesetzten IT-
ten integrierten IT-Systemen aus. Diese haben eben         Systeme miteinander verknüpfenden ERP-Systems
nicht nur die Aufgabe, Funktionen der allgemeinen          gefallen!
Bürokommunikation zu erfüllen bzw. zu unterstützen
– vielmehr erwartet man von einem solchen System           Grundsätzlich stehen nun zwei mögliche Modelle
die Unterstützung und Abbildung von Geschäfts-             zur Auswahl
prozessen des Unternehmens. Idealerweise sind in
einem integrierten System alle oder zumindest die
                                                              1. Standard-Software (SSW)
wesentlichen IT-Komponenten Ihres Unternehmens
                                                                 Bezeichnet durch spezialisierte Dienstleister
(zum Beispiel Produktionssysteme, Kundendaten-
                                                                 für den anonymen Markt entwickelte Soft-
banken, Warenwirtschaftssysteme, Lagerverwal-
                                                                 ware, die entweder an die Bedürfnisse des
tungssysteme, ...) so sinnvoll miteinander verknüpft,
                                                                 Kunden angepasst werden muss („Customi-
dass die relevanten Daten möglichst automatisiert, in
                                                                 zing“) oder sogar die Anpassung des Kun-
Echtzeit, einmalig, nachvollziehbar und medienbruch-
                                                                 den an die Software erfordert. (Vgl. Gabler
frei zur weiteren Verwendung und Verfügung stehen.
                                                                 Wirtschaftslexikon, Stichwort Standard-Soft-
                                                                 ware)

Grundlage dafür sind im Wesentlichen die                      2. Individual-Software (ISW)
                                                                 Bezeichnet eine für ein spezielles Unterneh-
u Datenbankbasiertheit des Systems (die relevan-                 men entwickelte und betriebene Software,
  ten Daten aller einzelnen Komponenten werden                   entweder durch unternehmensinternes IT-
  in Echtzeit und ausschließlich in einer zentralen              Personal oder einen externen Lieferanten.
  Datenbank gespeichert) und                                     ISW ist immer einzigartig und neuartig. (Vgl.
u Schnittstellen der einzelnen Komponenten des                   Gabler Wirtschafts-lexikon, Stichwort Indivi-
  Systems (definierte Punkte, an denen die digita-               dual-Software)
  len Daten automatisch von einem der obigen Sys-
  teme für die weitere Verwendung in die zentrale
  Datenbank fließen.                                       Ausgangspunkt für die vorzubereitende strategische
                                                           Entscheidung ist idealerweise nicht das einzusetzen-
                                                           de Software-Produkt, sondern die Fragestellung, wel-
                                                           ches Vorgehen am besten zum eigenen Unternehmen
                                                           bzw. dem eigenen Geschäftsmodell passt. Für beide
                                                           Strategien gibt es gute Argumente.

                                                                                                                         3
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

2. Argumente für die Standard-Software (SSW)
Verfügbarkeit                                                Schnittstellen
Standard- oder Branchensoftware stellt im Begriff            Standardsoftwareprodukte sind (herstellerabhängig
schon eines von Beginn an klar heraus: es gibt sie           unterschiedlich diversifiziert!) auf die Integration an-
bereits, sie muss nicht erst entwickelt, programmiert        derer Produkte „vorbereitet“. Sie enthalten vielfach
und getestet sondern kann relativ kurzfristig einge-         bereits vorgefertigte Schnittstellen zu (standardisier-
setzt werden.                                                ten) unternehmensinternen Sub-Systemen.

Kosten                                                       Individualisierung/Customizing
SSW kann gekauft oder gemietet werden. Die Kos-              Standardsoftware kann an Kundenbedürfnisse ange-
ten für die Nutzung werden durch den Anbieter be-            passt werden. Kernprozesse und Kernfunktionalitäten
kannt gegeben und sind somit kalkulierbar. Es gibt           sind hiervon allerdings in der Regel ausgenommen,
verschiedene Lizenzmodelle: Kauf der Software, Kauf          um den erworbenen Reifegrad (den Standardisie-
einer Anzahl von Lizenzen, Miete einer Anzahl von Li-        rungsgrad) nicht zu verwässern. Customizing ist nur
zenzen) und Bezahlmodelle (Kauf der Software, mo-            in einem relativ geringen Umfang möglich und verur-
natliche/jährliche Miete der Software, pay-per-use, ...)     sacht hohen Aufwand und hohe Kosten. Der Einsatz
Technischer Support, die Einführung der SSW sowie            von Standardsoftware verlangt zumeist die Anpas-
Release-Wechsel (neue Versionen) können weitere              sung der Unternehmensprozesse an die Vorgaben
Kosten verursachen.                                          der Software.

Erprobtheit                                                  Dokumentation
Andere Unternehmen der bezeichneten Branche set-             Standardisierte Software ist zumeist sehr gut doku-
zen diese Software bereits erfolgreich ein. Die SSW          mentiert. Die Gefahr der Abhängigkeit des Nutzers
funktioniert also bereits in der Praxis. Damit einher        vom Entwickler/Lieferanten (Insolvenz, Marktbereini-
geht in der Regel ein höherer                                gung) ist daher als gering einzuschätzen.

Reifegrad                                                    Weiterentwicklung/Verbesserung
Schwachstellen und Fehler der Software sind durch            Ureigenstes Interesse des Entwicklers einer Software
anwendende Unternehmen über den Zeitverlauf be-              ist die permanente Verbesserung und Pflege des Pro-
reits identifiziert worden und werden (wurden) durch         duktes anhand aktueller Nutzerbedarfe und Markt-
den Anbieter sukzessive behoben.                             entwicklungen. Standardsoftwareprodukte sind
                                                             daher gerade hinsichtlich zugrundeliegender Stan-
Branchenorientiertheit                                       dards regelmäßig marktaktuell (z.B. SEPA-Formate,
Die Software wurde mit der Zeit immer stärker an die         Währungsformate, Mehrwertsteuersätze etc.). Wei-
Erfordernisse der bezeichneten Branche angepasst.            terentwicklungen orientieren sich allerdings nicht an
Sie bietet die branchenbezogenen Funktionalitäten            individuellen Anforderungen eines einzelnen Kunden,
unter Verzicht auf „überflüssige“ Komponenten.               sondern an den Anforderungen einer ganzen Bran-
                                                             che.
Modularität
Aus verschiedenen Bausteinen (Modulen) können die            Einführung der Software
individuell notwendigen Funktionalitäten bedarfsge-          Robuste Anbieter und Dienstleister verfügen bezüg-
recht zusammenstellt werden. Sich später ergeben-            lich der Einführung von Standardprodukten über Er-
de Bedarfe können durch Integration/Extraktion ein-          fahrungswissen und eine gewisse Routine. Diese
zelner Module sehr einfach und kurzfristig realisiert        Projekte sind keine Neuheiten oder Einzelfälle, son-
werden.                                                      dern teilweise selbst schon standardisiert und da-
                                                             durch weniger fehleranfällig. Allerdings ist auch die
Skalierbarkeit                                               Einführung einer SSW nicht „über Nacht“ realisierbar
In der Regel bieten die Software-Dienstleister stan-         – Datenübernahmen, Ablaufänderungen, Schulungen
dardisierte Lösungen für unterschiedliche Unterneh-          und „Eingewöhnungen“ der Nutzer an neue Systeme
mensgrößen an. Wenn das Unternehmen wächst                   nehmen Zeit in Anspruch. Damit kann ein Produktiv-
(Mitarbeiter/Nutzerzahl), kann die Software „mit-            verlust verbunden sein.
wachsen“.
                                                             Unternehmerische Fokussierung
Prozess-Optimierung                                          Genutzt werden die benötigten Funktionalitäten der
Der durch die Software vorgegebene Workflow (Ar-             Software für das individuelle Business. Das nutzende
beitsabläufe/Prozesse) kann helfen, bisher unökono-          Unternehmen kann sich auf seine Kernkompetenzen
mische (tradierte) Prozesse effizienter zu gestalten.        bzw. sein Business konzentrieren, ohne zusätzlich
                                                             noch interne IT-Expertise aufbauen zu müssen.

                                                                                                                           4
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

3. Argumente für die                                        4. Kriterien zur Entscheidungsfindung
   Individual-Software (ISW)
Individualität                                              Einführungszeit
ISW ist auf die individuellen unternehmerischen Be-         Die Einführung einer ISW nimmt vergleichsweise viel
darfe und Anforderungen des nutzenden Unterneh-             Zeit in Anspruch - Aufnahme und Modellierung der
mens (Kunde) zugeschnitten. Daraus resultiert eine          abzubildenden Prozesse, die Programmierung der
hoher Grad an                                               Software selbst sowie regelmäßig wiederkehrende
                                                            Funktionstests bis zum Erreichen der Einführungs-
Innovation                                                  reife sind langwierige Prozesse. Agile Entwicklungs-
Jede individuell entwickelte Software stellt grund-         methoden können die Entwicklungszeit für die ISW
sätzlich eine Innovation dar.                               deutlich reduzieren.

Prozessabbildung                                            Prozess-Abdeckung
ISW spiegelt die Einzigartigkeit der individuellen un-      Eine ISW ist ausschließlich an den individuellen Un-
ternehmerischen Kernprozesse wider.                         ternehmensprozessen des Kunden ausgerichtet und
                                                            bildet diese passgenau ab.
Einführungszeit
Die Entwicklung einer ISW nimmt bis zur Einsatzreife        (Eine SSW bildet die Kernprozesse vieler Unternehmen
in der Regel einige Zeit in Anspruch. Mit einem struk-      einer Branche ab, die nicht zwangsläufig mit eigenen
turierten und realistischen Projektplan kann jedoch         Prozessen übereinstimmen – möglicherweise müs-
der zeitliche Rahmen abgesteckt werden. Agile Pro-          sen Unternehmensprozesse an die Software ange-
jektmanagement-Methoden verkürzen Softwareent-              passt werden!)
wicklungsprojekte zudem erheblich!
                                                            Bei einer Individualentwicklung hingegen besteht
Kosten                                                      das grundsätzliche Risiko von Fehlentwicklungen der
Die Software ist Eigentum des Auftraggebers/Kun-            Software am Unternehmensbedarf vorbei. Korrektu-
den. Lizenzgebühren fallen nicht an. Technischer            ren schlagen mit Mehrbedarfen an Zeit und Geld zu
Support und Weiterentwicklung durch den Lieferan-           Buche.
ten können Betriebskosten verursachen. Vergleichs-
weise hohe Kosten von mehreren zehntausend Euro
können durch die individuelle Entwicklung einer ISW
bis zur Einsatzreife entstehen.

Flexibilität
Spezifische Anforderungen und Änderungswünsche
können durch den Hersteller/Lieferanten jederzeit
eingearbeitet bzw. umgesetzt werden. Hierfür entste-
hen weitere Kosten.

Akzeptanz
Die Belegschaft (die Nutzer) wird einer vertraute
Abläufen und Prozesse abbildenden Software mit
hoher emotionaler und motivationaler Akzeptanz be-
gegnen. Basis dafür stellt die frühzeitige Beteiligung
möglichst vieler späterer Nutzer bereits ab Projektbe-
ginn (Konzeption und Entwicklung der ISW) dar.

                                                                                                                          5
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

4. Kriterien zur Entscheidungsfindung
Kostenfaktor                                                   Abhängigkeit vom Hersteller
Die Kosten für eine SSW sind in der Regel besser kal-          Hersteller von SSW sind in zumeist sehr robuste, am
kulierbar – eine bestimmte Anzahl an Lizenzen für              Markt etablierte und international aufgestellte Un-
eine bestimmte Anzahl von Nutzern wird gekauft oder            ternehmen mit einem vergleichsweise großen Kun-
gemietet; Zusatzkosten können durch Customizing                denstamm. Hersteller von Individualsoftware sind
oder technischen Support anfallen. Im Gegensatz                demgegenüber häufig kleinere, regional aufgestellte
dazu ist für eine Individualentwicklung in der Regel           Unternehmen. Hier ist das Risiko von Insolvenzen
eine vergleichsweise höhere Anfangs-Investition für            bzw. Marktbereinigungen ungleich größer. Wenn der
die Entwicklung bis zur eigentlichen Einsatzreife zu           Hersteller einer ISW vom Markt verschwindet, ver-
tätigen. Auch bei ISW können Änderungen und Sup-               schwinden in der Regel auch das Wissen hinsichtlich
port weitere Kosten verursachen.                               der ISW sowie deren Support.

Dieses höhere Investment kann sich durch eine lange            Reifegrad
Nutzung der ISW über die Zeit amortisieren.                    Eine Standardsoftware ist in der Regel bereits bei
                                                               mehreren Unternehmen einer Branche in der Nutzung
Rechen-Beispiel:                                               und über den Zeithorizont sukzessive immer weiter
                                                               verfeinert worden bzw. frei von sogenannten „Kinder-
u SSW: Für 50 Mitarbeiter werden 50 Lizenzen zu                krankheiten“. Eine individuelle Entwicklung wird die-
  monatlich 50 €/Nutzer erworben. Im Monat be-                 sen Reifegrad durch ihren anfangs grundsätzlichen
  deutet dies Betriebskosten für die Nutzung der               Innovationscharakter nicht haben.
  SSW von 2500 Euro, im Jahr demzufolge 30.000
  Euro, in fünf Jahren ein Volumen von 150.00 Euro             Schnittstellen
  – allerdings nicht als einmalige Investition.                In einem Unternehmen werden in der Regel mehrere
u ISW: Mit einem Budget von 100.000 Euro wird                  Softwareprodukte in ein „Leitsystem“ zu integrieren
  eine ISW für 50 Mitarbeiter/Nutzer entwickelt. Je-           sein, z.B. vorhandene Buchhaltungssysteme, Pro-
  der Nutzer verursacht also rechnerisch (Betriebs)            duktionssysteme, Lagerverwaltungssysteme usw.
  Kosten von 2000 pro Jahr, gerechnet auf eine                 Eine reife SSW bietet in der Regel bereits vorkonfi-
  fünfjährige Nutzung also 400 Euro pro Jahr. Dies             gurierte Schnittstellen zu den gängigen Produkten.
  entspräche pro Nutzer einer „monatlichen Lizenz-             Bei der Entwicklung einer Individuallösung können
  gebühr“ von etwas mehr als 33 Euro.                          gezielt die individuell benötigten Schnittstellen mit
                                                               „eingebaut“ werden. Ein Nachteil kann es sein, dass
Anmerkung: Im obigen Beispiel sind regelmäßige                 Weiterentwicklungen der angeschlossenen Systeme
Zusatzkosten (Customizing, Support, Nutzerschulun-             Nacharbeiten im Sinne von Anpassungen an der in-
gen, Releasewechsel, Änderungen an der Software                tegrierten ISW erforderlich machen. Eine ISW kann
etc.) nicht berücksichtigt. Das Beispiel stellt keine          unter diesem Aspekt als grundsätzlich flexibler ein-
Abschreibungsrechnung dar!                                     geschätzt werden. Gleichzeitig muss aber der Aspekt
                                                               der überbetrieblichen Datenflüsse (zu Lieferanten,
Flexibilität der Weiterentwicklung                             Kunden, Transporteuren etc.) mitbetrachtet werden:
Die Weiterentwicklung/Verbesserung von SSW wird                SSW-Produkte bringen hierzu in der Regel bereits
durch den Kunden angeregt und vom Hersteller um-               standardisierte Schnittstellen mit. SSW-Produkte ver-
gesetzt. Tätig wird der Hersteller in der Praxis nicht         schiedener Unternehmen lassen sich dadurch leich-
auf eine einzelne Kunden-Anforderung hin, sondern              ter miteinander „verknüpfen“ als etwa zwei individuel-
nur, wenn daraus ein Trend mehrerer Nutzer ableitbar           le Softwareprodukte.
ist. Eine ISW ist hier als deutlich flexibler zu bewerten.

Anpassbarkeit an Veränderungen des Geschäfts
Die größere Flexibilität bei der Weiterentwicklung
führt damit auch zu einer höheren Anpassungsfähig-
keit von ISW an wechselnde oder sich verändernde
Geschäftsfelder. Eine SSW ist bezüglich ihrer indivi-
duellen Anpassbarkeit wenig flexibel. Bei der Eröff-
nung neuer Geschäftsfelder kann die Anschaffung
einer neuen „Branchen-“Lösung notwendig werden.

                                                                                                                             6
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

5. Empfehlungen
Eigene Geschäftsprozesse analysieren und bewerten            Cloud-Lösungen
Die Grundlage jeder strategischen Entscheidung hin-          Große Potenziale zur Effizienzsteigerung liegen für
sichtlich der Digitalisierung Ihrer Geschäftsprozesse        Unternehmen in der Nutzung von Internetbasier-
setzt deren grundsätzliche Kenntnis voraus! Analy-           ten Software-Lösungen (Cloud). Hier nutzen Sie ge-
sieren Sie Ihre Geschäftsprozesse und prüfen Sie, ob         wünschte Funktionalitäten einer funktionierenden
eine SSW diese abzubilden in der Lage ist. Vielfach          Standard-Software für Ihren Geschäftsbedarf, ohne
kann eine Anpassung der analysierten Prozesse an             sich um deren Installation, Entwicklung, Pflege, Si-
die Software ein wesentlicher Schritt hin zu mehr Ef-        cherheit und Infrastruktur (Serverbetrieb) kümmern
fizienz sein – die Softwarevorgabe optimiert Ihre Pro-       zu müssen. Dies ist Sache (Vertragsgegenstand) des
zesse quasi „nebenbei“ gleich mit.                           Anbieters/Betreibers. Ein weiterer Vorteil besteht da-
                                                             rin, dass Sie für die Nutzung der Cloud-Software nur
Wenn sie jedoch feststellen, dass Ihr Geschäftserfolg        dann bezahlen, wenn Sie diese tatsächlichen nutzen
gerade auf innovativen und individuellen Prozessen           – und nicht pauschal auch nach Feierabend und/oder
basiert, sollten Sie dafür eine Individuallösung an-         an Wochenenden. Grundbedingung für Cloud-Com-
schaffen.                                                    puting ist eine stabile Anbindung mit ausreichender
                                                             Bandbreite ans Internet.
Software-Mix?
Sie müssen grundsätzlich keine Entweder/Oder-                Open-Source-Lösung
Entscheidung treffen. Setzen Sie für die allgemei-           Eine Variante der SSW stellt die Open-Source-Soft-
nen, branchenüblichen Geschäftsprozesse eine SSW             ware dar. Besonderes Kennzeichen dabei ist, dass
ein – sehr spezifische, individuelle, innovative, Ihren      der Quellcode der Software mit ausgeliefert wird und
Geschäftserfolg begründende Prozesse können da-              daher für den Nutzer einsehbar und veränderbar ist.
neben durch (integrierbare) Individualentwicklungen          Im Gegensatz zu regulärer Standardsoftware kann
unterstützt werden.                                          also die Open-Source-Software durch den Nutzer
                                                             selbst an die eigenen Bedarfe angepasst werden,
Robustheit/Nachhaltigkeit des Anbieters                      ohne den Hersteller damit beauftragen zu müssen.
Die eingesetzte Software bildet durch ihren integra-         Diese Variante bietet sich für Unternehmen an, die
tiven Charakter (Auswirkung auf alle Unternehmens-           zwar die Vorzüge einer SSW nutzen möchten, selbst
bereiche) das informationstechnologische Rückgrat            aber auch über ausreichend Inhouse-Expertise zur
Ihres Unternehmens – auf das Funktionieren der Soft-         Software-Programmierung verfügen.
ware und deren weitere Betreuung können Sie nur be-
grenzte Zeit verzichten. Daher sollte der Hersteller/        Kunden/Lieferanten/Partner konsultieren!
Anbieter robust und nachhaltig am Markt etabliert,           Binden Sie Geschäftspartner, zumindest die wichtigs-
dazu idealerweise regional angesiedelt oder zumin-           ten, in Ihre Überlegungen zur Digitalisierung Ihrer Ge-
dest präsent sein.                                           schäftsprozesse ein! Das stärkt nicht nur das gegen-
                                                             seitige Vertrauen, sondern schafft auch Verständnis
Customizing minimieren                                       für die im Zuge eines solch tiefgreifenden IT-Projekts
Wenn Sie sich für die Einführung und Nutzung einer           zu erwartenden Probleme/Friktionen im Geschäfts-
SSW entscheiden, sollten Sie unbedingt deren Indi-           ablauf. Weiterhin kann es gut möglich sein, dass Ihre
vidualisierung (Customizing) minimieren! Haben Sie           Geschäftspartner schon über diesbezügliche Erfah-
die SSW individualisiert, so müssen Sie dies auch            rungen verfügen oder Ihnen ein konkretes, selbst be-
bei jeder weiteren Änderung/Verbesserung der SSW             reits eingesetztes System vorschlagen, welches die
(durch den Hersteller) wiederholen!                          künftige Zusammenarbeit nochmals deutlich verbes-
                                                             sern könnte. Gehen Sie mit Ihrem Vorhaben und den
                                                             gelegentlichen (unvermeidlichen) Problemen und Ein-
                                                             schränkungen offen und transparent um.

                                                                Tipps zur Vorbereitung und Durchführung von
                                                                IT-Projekten finden Sie im Leitfaden

                                                                u IT-Projekte erfolgreich durchführen

                                                                                                                           7
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

6. Checkliste „Kriterien der Entscheidungsfindung“
Welche Kriterien sind Ihnen wichtig? Mittels der vorgeschlagenen Kriterien erhalten Sie eine Tendenz für Ihre
strategische Entscheidungsfindung zur Software-Auswahl.

  Kriterien                        SSW                          ISW                          Eigene Präferenz

  Zeit (bis zur Verfügbarkeit)     kurz                         lange

  ROI                              kurz                         lange

  Erprobtheit                      hoch                         gar nicht

  Reifegrad                        hoch                         minimal

  Kosten

   - Investitionsvolumen           mittel bis hoch              hoch bis sehr hoch

   - Kalkulierbarkeit              sehr hoch                    mittel

   - Skalierbarkeit                hoch                         gering

  Innovationscharakter             niedrig                      sehr hoch

  Prozessabdeckung                 mittel                       sehr hoch

  Flexibilität                     mittel                       hoch

  Individualisierbarkeit           gering                       sehr hoch

  Weiterentwicklung                mittel                       sehr hoch

  Herstellerabhängigkeit           mittel                       sehr hoch

  Betriebskosten                   mittel                       mittel

  Schnittstellen                   vorbereitet                  vorzubereiten

  Unternehmensorientiertheit       niedrig                      sehr hoch

  Branchenorientiertheit           sehr hoch                    gering

  Skalierbarkeit der SW            hoch bis sehr hoch           gering

                                                                                                                          8
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

Über Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse
In der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Pro-                                   „Mittelstand-Digital“ setzt sich zusammen aus den
duktions- und Arbeitsprozesse“ werden bundesweit                                           Förderinitiativen „Mittelstand 4.0 – Digitale Produk-
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren, ein Kompetenz-                                           tions- und Arbeitsprozesse“, „eStandards: Geschäfts-
zentrum Digitales Handwerk und vier Mittelstand                                            prozesse standardisieren, Erfolg sichern“ und „Ein-
4.0-Agenturen im Rahmen des Förderschwerpunkts                                             fach intuitiv – Usability für den Mittelstand“.
„Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Trans-
formation der Unternehmensprozesse“ vom Bun-                                               Weitere Informationen finden Sie unter
desministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)                                           www.mittelstand-digital.de
gefördert. Der Förderschwerpunkt unterstützt Unter-
nehmen beim intelligenten Einsatz von modernen In-
formations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
und stärkt damit ihre Wettbewerbsfähigkeit.

                                                                                    Hamburg
 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hamburg
                                                                 Oldenburg

                                                                                                                   Berlin
                                                                                                                                       Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation
                                                                                    Hannover
 Kompetenzzentrum Digitales Handwerk                                                                                                   Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Berlin
 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Hannover

                                                             Dortmund
 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Dortmund
 Mittelstand 4.0-Agentur Prozesse                                                                                           Dresden

                                                                                                             Chemnitz
                                                                                                 Ilmenau                               Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz

                                                             Koblenz                                                                   Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Ilmenau

                                                                                              Bayreuth
                                                           Darmstadt
                                                                                                                                       Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Darmstadt

                                                             Kaiserslautern
 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kaiserlautern

                                                                                                             Regensburg
                                                                               Stuttgart                                               Mittelstand 4.0-Agentur Handel
 Mittelstand 4.0-Agentur Cloud
 Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Stuttgart                                                       Augsburg
                                                                                                                                       Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg

                                                  Kompetenzzentren der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“
                                                  Agenturen der Förderinitiative „Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“
                                                  Kompetenzzentrum Digitales Handwerk               Regionale Schaufenster

                                                                                                                                                                                    9
Maßanzug oder Anzug von der Stange - Argumente für die Standard- und die Individualsoftware

Quellen                                                    Weiterführende Links und Literatur

                                                           Weiterführendes und ergänzendes Informations-
Springer Gabler Verlag (Herausgeber),
                                                           material finden Sie kostenlos zum Download unter
Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort:
                                                           www.mittelstand-digital.de/DE/wissenspool.html
Standardsoftware
                                                           u Leitfaden IT-Projekte erfolgreich durchführen
Springer Gabler Verlag (Herausgeber),
Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort:
Individualsoftware                                         u Gabler Wirtschaftslexikon
                                                             www.wirtschaftslexikon.gabler.de

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  Danny Kensa                                              Stand: November 2016
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