Leitlinie Industrie 2021 Die Industrie in Rheinland-Pfalz - IHK-Arbeitsgemeinschaft ...
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2 LEITLINIE INDUSTRIE 2021 Die Industrie in Rheinland-Pfalz In Rheinland-Pfalz erwirtschafteten 2019 die 2.248 Industrieunternehmen mit 300.818 Beschäftigten einen Umsatz von mehr als 98 Mrd. Euro. Die rheinland-pfälzische Industrie produziert aufgrund ihrer Branchenstruktur überdurchschnittlich energieintensiv. Sieben der zehn umsatzstärksten Industriebranchen gehören zur energieintensiven Industrie. DER PRODUKTIONSSTANDORT RHEINLAND-PFALZ AUS SICHT DER INDUSTRIEUNTERNEHMEN Die Industrie- und Handelskammern haben im Februar und März 2020 ihre Mitgliedsunternehmen um deren Einschätzung des Wirtschaftsstandortes Rheinland-Pfalz gebeten. Die Ergebnisse dieser Umfrage (www.ihk-arbeitsgemeinschaft-rlp.de) sowie die Expertise der IHK-Fachgremien sind in die folgende Positionierung eingeflossen. Die Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz formulieren auf dieser Grundlage folgende Forderungen zur Steigerung des Wertschöpfungspotenzials der Industrie. Infrastruktur erhalten und bedarfsgerecht ausbauen VERSORGUNGSSICHERHEIT ERHALTEN UND Die aktuell angestoßene Novelle des Erneuerbaren Energien STEIGENDE STROMPREISE VERMEIDEN Gesetzes (EEG) muss dazu genutzt werden, hier wirtschaftsför- Um Produkte aus Rheinland-Pfalz weiterhin erfolgreich auf dernde Regelungen zu treffen - sei es in Bezug auf die Eigen- weltweiten Märkten anbieten und verkaufen zu können, müs- energieerzeugung und –versorgung; sei es hinsichtlich einer sen im Energiebereich Versorgungssicherheit, Wettbewerbs- industriegerechten und marktgängigen Weiterentwicklung der fähigkeit und Umweltschutz in einer wirtschaftsgerechten Sektorkopplung. Balance gehalten werden. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen ein intelligentes Energiemanage- UNTERNEHMEN DURCH INTERNATIONAL ment zu marktwirtschaftlichen Bedingungen umgesetzt wer- KONKURRENZFÄHIGE ENERGIEPREISE den kann und innovative (Eigen-)Energiekonzepte der Unter- WETTBEWERBSFÄHIG HALTEN nehmen durch ein hohes Maß an Planbarkeit flankiert werden. Energiekosten stellen aus Sicht der Unternehmen bundesweit Dem Thema Versorgungssicherheit von Unternehmen kommt ein strukturelles und langfristiges Risiko für die Geschäftsent- in diesem Zusammenhang eine immens große Bedeutung zu. wicklung am Standort dar. Die Kosten für Industriestrom sind
3 LEITLINIE INDUSTRIE 2021 inzwischen auf 18,55 Cent je Kilowattstunde im Januar 2020 haben die Fortschritte im Netzausbau mit den steigenden angestiegen. Treiber sind neben der EEG-Umlage hauptsächlich technischen Anforderungen der Industrieunternehmen und die gestiegene Netzumlage sowie die Kosten für Beschaffung, ihrer Dienstleister nicht Schritt halten können. Der Ausbau Netzentgelt und Vertrieb. Mit dem Kohleausstieg und dem muss deshalb noch stärker forciert werden. Nur mit einer Atomausstieg muss künftig der Grünstromanteil weiter erhöht hochleistungsfähigen Breitbandinfrastruktur werden die werden. Auch hier ist für die Industrie mit weiteren Preissteige- Industrieunternehmen auch in Zukunft wettbewerbsfähig rungen zu rechnen. Im Zuge der Diskussion um den Green Deal bleiben können. Wie notwendig die Digitalisierung von auf EU-Ebene sind weitere Kostensteigerungen zu erwarten, Arbeits- und Produktionsprozessen ist, zeigen nicht zuletzt die um höhere CO2 Einsparziele zu ermöglichen. neuen, aufbau- und ablauforganisatorischen Herausforderun- Im Zuge einer auch in Zukunft zuverlässig erfolgenden gen, welche die Coronakrise aktuell und zukünftig an die Energieversorgung ist zudem ein deutlich schnellerer Netzaus- Unternehmen stellt. bau von entscheidender Bedeutung. Deshalb fordert die IHK-Organisation eine stärkere Marktorientierung der Energie- FACHKRÄFTE AUS- UND WEITERBILDEN wende u.a. in Form einer unabdingbaren Technologieoffenheit, Fähigkeiten in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften um Kostenreduzierungspotentiale im Bereich der Energiepreise und Technik (MINT) sind Grundlage sowohl für die Ausbildung heben zu können bzw. zum Erhalt der internationalen Wettbe- in den technischen Berufen wie auch für ein technisches werbsmöglichkeiten schneller wirksam werden zu lassen. Hier Studium. Daher sollten diese Befähigungen intensiver vermit- ist von der Politik ein noch engerer Schulterschluss mit der telt werden, denn die Innovationsfähigkeit der Industrie hängt rheinland-pfälzischen Wirtschaft zu suchen, um zum Beispiel von gut qualifizierten Mitarbeitern ab. Damit junge Menschen mittels einer Umweltallianz marktorientierte Systeme zu auch ökonomische Kompetenzen erwerben und marktwirt- entwickeln. schaftliche Zusammenhänge sowie unternehmerische Ent- scheidungen im Berufsleben besser nachvollziehen können, INFRASTRUKTUR ERHALTEN UND muss dem Thema Wirtschaft in den Lehrplänen deutlich mehr BEDARFSGERECHT AUSBAUEN – Beachtung geschenkt werden. INDUSTRIE- UND GEWERBEFLÄCHEN SICHERN: Durch ein langfristig ausgerichtetes und bedarfsorientiertes VERFÜGBARKEIT QUALIFIZIERTER FACHKRÄFTE Industrie- und Gewerbeflächen-Management sollen auch SICHERSTELLEN zukünftig zusammenhängende Industrie- und Gewerbeflächen Gerade die Verfügbarkeit von Fachkräften ist für Unternehmen wie auch auf KMU in Preis und Parzellierung ausgerichtete der Industrie von hoher Wichtigkeit. Unzufrieden sind die Flächen in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden. Unternehmen vielfach mit Vorbildung und den bis dato Landes- (LEP V) und Regionalplanung sollten dieses Ziel durch erlangten Kompetenzen ihrer Auszubildenden. Hier muss die zeitgemäße Planungsinstrumente (z.B. Gewerbeflächen-Monito- Landesregierung durch geeignete moderne Unterrichtsmittel, ring, Gewerbeflächenkonzepte, Flächenpoollösungen, interkom- neue Lehrkonzepte und diesbezüglich fortgebildete Lehrkräfte munale Kooperationen) unterstützen. Ebenso sollte die Möglich- gegensteuern. Schulen und Schüler selbst müssen fit gehalten keit zur Nachverdichtung (höhere Bebauungsdichten) und werden für die Vermittlung der benötigten Kompetenzen, auch Qualifizierung bestehender Gewerbegebiete geprüft werden. im Bereich der Digitalisierung. Die Ausbildungsordnungen müssen diesbezüglich schnell und ROHSTOFFVERSORGUNG mit Vorlauf für die Betriebe modernisiert werden. Zudem sollte Die zur Versorgung dringend benötigten heimischen Roh- die Zahl der Ausbildungsberufe übersichtlich bleiben, um in den stoffvorkommen wie zum Beispiel Sande, Kiese, Tone, ländlichen Regionen das Berufsschulangebot zu sichern. Natursteine sowie Nutzwälder werden bislang nicht ausrei- chend für eine weitere wirtschaftliche Nutzung geschützt. Die STEUERN UND ABGABEN SOWIE Standortgebundenheit der Rohstofflagerstätten lässt Verlage- RESILIENZ DER UNTERNEHMEN rungen der Leistungserstellung nicht zu. Es gilt daher Wichtige Standortfaktoren für Unternehmen und insbesondere langfristig tragfähige Abbaupläne für die Nutzung der Industrieunternehmen sind Steuern und Abgaben. Sie sollten so Rohstoffe in regionalen Dialogen zu erarbeiten. Wichtige ausgestaltet sein, dass Leistung und Investitionen gefördert sowie Rohstoffvorkommen sollten grundsätzlich gesichert und von die Innovationskraft unterstützt werden. Kommunale Abgaben konkurrierenden Nutzungen wie Siedlungsflächen oder wie Grund- und Gewerbesteuer dürfen die Wettbewerbsfähigkeit Schutzgebieten freigehalten werden. der Unternehmen nicht beeinträchtigen. Die pandemiebedingt erwarteten Steuermindereinnahmen sowie der gestiegene Druck DIGITALISIERUNG VORANTREIBEN UND LEISTUNGS- der Aufsichtsbehörden auf die Kommunen, ausgeglichene FÄHIGE INFRASTRUKTUR SICHERSTELLEN Finanzhaushalte unter Ausschöpfung aller potentiellen Einnah- Die Nutzung digitaler Kommunikationswege und digitale memöglichkeiten vorzulegen, lassen befürchten, dass sich viele Geschäftsmodelle setzen eine leistungsfähige digitale Infra- rheinland-pfälzische Kommunen aus Steuer- und Abgabensicht struktur voraus. Diese wird von den Unternehmen aller zu wirtschaftlich weniger attraktiven Standorten entwickeln – mit Größenklassen nur als ausreichend bewertet. Offensichtlich entsprechenden Auswirkungen auf die unternehmerischen
4 LEITLINIE INDUSTRIE 2021 Ansiedlungs- und Erweiterungsentscheidungen. Einer solchen ten sein. Eine Reduzierung der Planungsstufen durch ein wirtschafts- und wohlstandsschädigenden Entwicklung gilt es integriertes Hauptsacheverfahren, verkürzte Gerichtsverfahren, seitens des Landes umgehend durch hinreichende und aufgaben- eine konsequente Nutzung der Digitalisierung bei allen gerechte Finanzmittelzuweisungen an die Kommunen massiv Verfahren und die Einführung einer europarechtskonformen entgegenzuwirken, um den Unternehmen nicht die für ein Präklusionsregelung sind hierzu anzustreben. Eine Mehrzahl der schnelles Wiedererstarken notwendige finanzielle Luft zu rauben. sehr aufwändigen Verfahren für zu genehmigende Anlagen Ziel muss es sein, die Resilienz der rheinland-pfälzischen Betriebe treffen kleine und mittlere Unternehmen. Hier stößt die nicht irreparabel zu beeinträchtigen. zunehmende Komplexität der Verfahren bei der Planung neuer technische Anlagen und Produktionen sowie die Umsetzung IN DEN SYSTEMATISCHEN ABBAU VON betriebsnotwendiger Ersatzinvestitionen sehr schnell an BÜROKRATIE EINSTEIGEN Grenzen der betriebswirtschaftlichen Praktikabilität. Es sollte Um Bürokratiebelastung systematisch zu senken, sollte das ein deutlich vereinfachtes Verfahren von Wirtschaft und Politik Land verbindlich nach Bundesvorbild die Bürokratiekosten vereinbart werden. quantifizieren, die auf eigene Regulierung zurückgehen. Das Ziel effektiver Gesetzgebung muss ein pragmatischer und INNOVATIONS- UND FORSCHUNGSFÖRDERUNG wirtschaftsfreundlicher Regulierungsrahmen sein, der regelmä- Zur Stärkung des Technologietransfers sollen Hochschulen und ßig überprüft wird und zu welchem die kommende Landesre- Forschungseinrichtungen regelmäßig und engagiert von der gierung mit Vertretern der Wirtschaft konkrete Vorschläge für Landespolitik – auch durch Anreize - ermuntert werden, mit Verbesserungen erarbeiten sollte – beispielsweise wie in der Unternehmen - vor allem mit KMU - zusammen zu arbeiten. Umweltallianz im Nachbarland Hessen. So lassen sich gemein- Mit den vorhandenen IHK-Plattformen besteht ein Instrumen- same Zielvorstellungen entwickeln und konkrete Vorschläge in tarium, das die Kontaktanbahnung für gemeinsame Forschung den politischen Prozess überführen. und Praxisprojekte deutlich vereinfacht. Insgesamt brauchen innovative Unternehmen eine im internationalen Vergleich DAUER UND KOMPLEXITÄT VON PLAN- einfache, transparente, verlässliche, bürokratiearme und vor UND GENEHMIGUNGSVERFAHREN REDUZIEREN allem technologieoffene Forschungsförderung. Es zeigt sich, Plan- und Genehmigungsverfahren blockieren und verteuern dass überbordende Bürokratie gerade kleinere Betriebe darin häufig wichtige Infrastruktur- und Investitionsvorhaben. ausbremst, innovationsorientierte Aktivitäten regelmäßig Maßnahmen des Bundes zur Verfahrensbeschleunigung sollten durchzuführen, da sie häufig keine spezialisierten Abteilungen daher unterstützt und durch Maßnahmen auf Landesebene unterhalten können. Haupthindernisse sind auch hier bürokra- ergänzt werden. Ziel müssen kürzere förmliche Verfahren, tische Hürden im Vorfeld der Projektplanung sowie bei den Vermeidung von Dopplungen und Einhaltung der Planungskos- Abrechnungsmodalitäten öffentlich geförderter Programme. Impressum Herausgeber: Sprecher: Copyright: IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz Ralf Lawaczeck Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Schlossstraße 2 0261/106 219 Ein Nachdruck – auch auszugsweise 56068 Koblenz lawaczeck@koblenz.ihk.de – ist nur mit ausdrücklicher Geneh 0261 106-0 0261 106-219 migung des Herausgebers gestattet. Alle service@koblenz.ihk.de lawaczeck@koblenz.ihk.de Angaben wurden mit größter Sorgfalt www.ihk-koblenz.de erarbeitet und zusammengestellt. Stand: März 2021 Für die Richtigkeit und Vollständigkeit Ansprechpartner: des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Kompetenzteam Industrie und Innovation Änderungen übernimmt die IHK Steffen Blaga keine Gewähr. Daniela Breuer Ralf Lawaczeck Dr. Matthias Schmitt Dr. Ingrid Vollmer
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