Literatur meets Rokoko Die Bücherei im Bahnhof von Veitshöchheim
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Literatur meets Rokoko Die Bücherei im Bahnhof von Veitshöchheim tungsstarkes WLAN), welche hochwertige Video- präsentationen im Lesecafé oder im Königspavillon ebenso ermöglicht wie Bilderbuchkinos in der Kin- derabteilung. 595.000 Euro investierte die Ge- meinde in dieses Projekt. Gut angelegtes Geld, möchte man meinen, wird die besondere Atmo- sphäre der Bücherei doch von den BesucherInnen immer wieder hervorgehoben. Den Mittelpunkt des barrierefreien Erdgeschosses bildet das Lesecafé, im nördlichen Flügel beher- bergt der Blaue Salon die Romanabteilung und der einst von Gottfried von Neureuther als »Wartlokal Nomen est omen: Untergebracht im denkmalge- für allerhöchste Herrschaften« konzipierte Kö- schützten ehemaligen Bahnhofsgebäude (das sie nigspavillon die DVDs und CDs. Der südliche Flügel sich mit dem örtlichen Jugendzentrum teilt), liegt die Bücherei im Bahnhof malerisch am Rande des Ein Blauer Salon, eine Flaniermeile, größten Rokokogartens Deutschlands. eine Lesehöhle für Kinder und Von der Leseterrasse im ersten Stock aus eröffnet eine Spiellokomotive names »Veit« sich ein schönes Panorama auf das Schloss und den weitläufigen, es umgebenden Park. An ihm orien- steht ganz im Zeichen der Literatur für Kinder- und tierte sich auch das Büro bha Architekten, Würz- Jugendliche. Eine neu geschaffene Lesehöhle, ein burg, im Rahmen der im Jahr 2020 durchgeführten Bodentrampolin sowie die Spiellokomotive »Veit« Neugestaltung der Innenausstattung: Die von der im Lesegarten tragen zum Wohlfühlcharakter bei. Wand abgerückten, verwinkelt gestellten Regale er- Weitläufige, gern als »Flaniermeile« bezeichnete, schließen Räume im Raum und spiegeln die laby- natürlich ebenfalls mit Medien bestückte Arkaden rinthartigen Heckensäle vor der Haustür. Überar- verbinden beide Trakte. Die Sachbuchabteilung im beitet wurden im Zuge des Umbaus zudem das Obergeschoss ist in sonnigem Gelb gehalten. In ih- Farb- und Lichtkonzept, die Böden sowie die tech- ren Regalen finden sich Titel zu Wissenswertem von nische Einrichtung (u. a. Glasfaseranschluss, leis- A wie Arbeitsrecht bis Z wie Zeitgeschichte. Der in
diesen Bereich eingeglie- derte, mit Computern ausgestattete Workshop- raum bietet Platz für (Ar- beits-)Gruppen oder Le- sekreise. Außerhalb der derzeit mit 36 Stunden pro Woche recht ausge- dehnten Öffnungszeiten stehen den Literaturlieb- haberInnen drei über Veitshöchheim verteilte Büchertelefonzellen mit Landesvergleich überdurchschnittlichen Pro-Kopf- kostenlosem Lesestoff zur Verfügung. Besucher- sowie -ausleihzahlen niederschlägt. In ihrer Gesamtheit präsentiert sich die Bücherei als Von Kindertheater über literarische Lesungen bis hin eine Art Wohnzimmer für die Bürgerinnen und Bür- zu internationalen Wochen – neben einem in allen Be- ger, in dem sie sich wohlfühlen, sich austauschen, reichen gut ausgebauten Bestand prägten stets neue, weiterbilden oder einfach nur verweilen können. zeitgerechte Ideen das kulturelle Leben in der Büche- Als ein Treffpunkt für Alt und Jung, sozial Stärkere rei. So auch während des Lockdowns, in dem das ak- und Schwächere, Alteingesessene und Neubürger, tuelle Team sich um neue (digitale) Wege der Präsenz auch Immigranten. Bei einer Tasse Kaffee oder zwei bei der Leserschaft bemühte. So bauten Leiterin Dr. können hier die aktuellen Zeitungen eingesehen Astrida Wallat, Stellvertreterin Verena Schmitt, Katha- werden, durch die zentrale Lage kommen Jugendli- rina Otto und Susanne Lohse die Social-Media-Ac- che nach der Schule zum Schmökern, oder erledi- counts auf den Plattformen Instagram und Facebook konsequent weiter aus und gründeten einen eigenen Ein »Wohnzimmer« für die Gemeinde gen ihre Hausaufgaben im Lesecafé. Mütter mit Ein starkes Team für Klein(st)kindern (»Bücherbabys«) nutzen die Bü- eine begeisterte Leserschaft cherei ebenso wie Senioren, die sich zusammenfin- den, um gemeinsam die Welt des Internets zu er- Youtube-Kanal, dessen Inhalte regelmäßig in die Website eingebunden werden. Im Zuge eines entspre- kunden (»Senioren im Internet«). Viel Zuspruch er- fährt der zweimal jährlich auf dem Vorplatz stattfin- chenden Storytellings ging es darum, mal heiter, mal dende Bücherflohmarkt. Kooperationen u. a. mit ernst die Arbeit hinter den Kulissen zu beleuchten so- Kindergärten, Schulen, der Sing- und Musikschule wie das literarische Leben während der pandemiebe- dingten Einschränkungen zu begleiten. In Kooperation der Gemeinde und dem Jugendzentrum sowie ein breites Spektrum an Veranstaltungen runden das mit Würzburg Radio und TV wurden aus dem Blauen von großer Kontinuität geprägte Konzept ab. Seit langen Jahren ist die Bücherei also fest in der Ge- Die Bücherei im Bahnhof in Zahlen und Fakten meinde verankert, was sich nicht zuletzt in den im Einwohnerzahl 9.502 Analoge Medien in Freihandaufstellung ca. 25.000 E-Medien im EMU-Verbund ca. 7.600 Mitarbeiterinnen 4 (3,5 Stellen) Gesamtfläche 849,22 m2 Computerarbeitsplätze 9 Ausleihen pro Jahr ca. 140.000 BesucherInnen ca. 60.000 Facebook Bücherei im Bahnhof Instagram buecherei_im_bahnhof Youtube Bücherei im Bahnhof Internet www.bib.veitshoechheim.de
Salon einige Folgen von »Buchenaus Autorentalk« ge- sendet, sehr erfolgreich war der virtuelle Adventska- lender 2020, auf Youtube gab es einen Imagefilm, Bei- träge zum Welttag der Poesie, musikalisch-literarische Grüße, besondere Buchtipps etc. Gern angeklickt wurde und wird der traditionelle »Tipp der Woche« eines Teammitglieds auf der Website, viele Likes er- halten die sog. Bookfaces, die ein Buchcover durch eine reale Person ergänzen. Ein guter Teamgeist und eine vertrauensvolle Zusam- menarbeit mit der Gemeinde sind essentiell, denn wichtige Projekte werfen ihre Schatten voraus: Im Ja- nuar 2022 soll das Bibliothekssystem gewechselt und damit ein verbesserter Online-Katalog eingerichtet werden. Seit 2018 lautet der offizielle Claim der Gemeinde »Veitshöchheim – so lässt sich’s leben«. Die Bücherei Ein Blick in die Zukunft hat ihn für sich zu einem u. a. als Hashtag bei Insta- Projekte für die kommenden Jahre gram benutzten »So lässt sich’s lesen« variiert, was letztlich die Realität auf geradezu idealtypische Weise Auf der Agenda stehen darüber hinaus ein Relaunch wiedergibt. Dem vierköpfigen Team mit unterschiedli- der veralteten Homepage sowie die Auseinanderset- chem beruflichem Werdegang liegen eine ausge- zung mit den – durch den Denkmalschutz erschwerten prägte Kundenfreundlichkeit ebenso am Herzen wie – Bedingungen zur Einführung von RFID. eine gute Organisation der täglichen Abläufe und In- Für Schulbesuche sind neue Konzepte zu erproben, novationen für die begeisterte, treue Leserschaft, um anzudenken wäre eine Bibliothek der Dinge sowie, so- die sich letztlich alles dreht. Denn was wäre eine noch bald dies pandemiebedingt wieder in vollem Umfang so gut ausgestattete Bücherei ohne all die Menschen, möglich ist, eine Reihe von Präsenzveranstaltungen. die sie tragen? »Lesen ist ein großes Wunder«, wird im Imagefilm von In der nah am derzeitigen Mittelpunkt Europas gele- 2021 die österreichische Schriftstellerin Marie von Eb- genen Bücherei im Bahnhof ist manch illustrer Gast ner-Eschenbach zitiert. Ein Wunder, das die Bücherei ein- und ausgegangen, etwa der Autor Rafik Schami, im Bahnhof jeden Tag aufs Neue erfahrbar macht. Ad der Kabarettist Sebastian Reich mit seinem Nilpferd multos annos – auf viele weitere Jahre! Amanda, die Kinderbuchautorin Cornelia Boese oder die SZ-Journalisten Roman Deininger und Uwe Ritzer. Mancher von ihnen ist gerne wiedergekommen und dies soll natürlich so bleiben. Dr. Astrida Wallat, Oktober 2021
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