Liverpool Care Pathway for the Dying (LCP) - Leitfaden zur Begleitung von PflegeheimbewohnerInnen am Lebensende

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Liverpool Care Pathway for
          the Dying (LCP)
       Leitfaden zur Begleitung von
PflegeheimbewohnerInnen am Lebensende

              Elke Müller, Peter Oster

   Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung Stuttgart

                    25.11.2010
DANK

Der Liverpool Care Pathway for the Dying (LCP) ist ein weltweit eingesetzter
Leitfaden zur Sterbebegleitung, der aus der Britischen Hospizbewegung hervor
gegangen ist. Im deutschen Sprachraum wird er überwiegend und fast ausnahmslos
auf Palliativstationen in Akutkrankenhäusern eingesetzt. Erfahrungen aus anderen
Settings – z.B. Pflegeheimen, ambulanter häuslicher Versorgung, Hospiz – existieren
deutschsprachig nicht. Auf Initiative von PD Dr. M. Pfisterer, ärztlicher Leiter des
Zentrums Palliativmedizin des AGAPLESION ELISABETEHSTIFTES
EVANGELISCHES KRANKENHAUS Darmstadt wurde die Idee in ein Konzept
umgewandelt, den LCP in zwei der AGAPLESION gGmbH zugehörigen
Pflegeheimen einzuführen und zu erproben. Die Wahl fiel auf das AGAPLESION
ELISABETEHNSITIFT Wohnen & Pflegen, Luise Karte Haus in Darmstadt und den
AGAPLESIONA BETHANIEN LINDENHOF Wohnen & Pflegen Heidelberg. Dr. M.
Pfisterer ist als Ideengeber vor allem in dem Darmstädter Teilprojekt präsent und
unterstützt das Heidelberger Teilprojekt aus der Ferne insbesondere dann, wenn es
Fragen der medizinischen Versorgung auf den Weg zu bringen gilt. Für seine
wertvollen Impulse aus der Ferne ist ihm sehr zu danken.

Vor Ort in Heidelberg sind es eine Reihe weiterer Personen, die das Projekt sehr
unterstützen – hier insbesondere Michael Thomas, Heimleiter des AGAPLESION
BETHANIEN LINDENHOF, der die Durchführung des Projektes durch seine
Befürwortung ermöglichte und sich vor allem für dessen Absicherung einsetzt. Kurt
Hofmann, Pflegedienstleiter, ist immer dann zur Stelle, wenn Personalengpässe zu
meistern sind oder Schulungsangebote für die PflegemitarbeiterInnen in die
vorhandene Planung zu integrieren sind – und dies durch unbürokratische und
zuweilen ungewöhnliche Weichenstellungen. Christina Schwenkschuster, die gleich
in mehreren Funktionen das Projekt voran gebracht hat: als interne
Projektkoordinatorin, stellvertretende PDL und als Wohnbereichsleitung – ihr ist es
ganz wesentlich zu verdanken, dass das Projekt "in der Praxis angekommen ist",
indem sie die MitarbeiterInnen in schwierigen Zeiten zu motivieren weiß, mit
Zielstrebigkeit die abgesprochenen Schritte und Aufgaben verfolgt und komplizierte
Situationen mit den HausärztInnen unerschrocken freundlich meistert. Unterstützt
wird sie dabei von den Wohnbereichsleitungen der anderen beiden Wohnbereiche
Lilly Appelhans und Susan Zschoche. Sowohl ihnen als auch den

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PflegemitarbeiterInnen in den Wohnbereichen Neckartal, Bergstraße und Königstuhl
ist sehr zu danken, weil sie sich auf das gelegentlich ungewisse Abenteuer
einlassen, vertraute Pfade hinter sich zu lassen und neue Wege zu erkunden.

Als Internist, Geriater und Palliativmediziner steuert Dr. Martin Hestermann wichtige
Impulse gerade zur medizinischen Versorgung Sterbender bei und unterstützt die
Pflegefachkräfte darin, mehr Handlungssicherheit zu gewinnen. Auch die
Therapieempfehlungen zu den zentralen Symptomen des Sterbens unterzog er einer
kritischen Prüfung.

Pfarrer Helmut Gehrig ist "der gute Geist" im Hintergrund, der mit seiner
seelsorgerlichen Annäherung an die BewohnerInnen wichtige Anregungen für das
Erleben des Lebensendes einzelner BewohnerInnen gab, die zum Nachdenken
einluden. Wir wünschen uns noch viele solcher Hinweise.

Zu hoffen bleibt, dass allen AkteurInnen bewusst ist, dass sie Anteil an einem
einmaligen Projekt haben, das für die bundesdeutsche Altenpflege und –betreuung
wegweisend ist.

Schließlich ist der Robert Bosch Stiftung Stuttgart zu danken, die bereit war, die
Implementierungsphase zum Projekt zu finanzieren und so entscheidende
Erkenntnisse und Erfahrungen zu ermöglichen.

Heidelberg, im November 2010

Elke Müller, Peter Oster

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Inhalt

0      Zusammenfassung............................................................................................ 6
1      Allgemeine Aufgaben........................................................................................ 8
    1.1      Rahmendaten zum Projekt........................................................................... 8
    1.2      MitarbeiterInnen des Projektes..................................................................... 8
    1.3      Teilnehmende Einrichtung............................................................................ 8
2      Ziele .................................................................................................................. 10
3      Projektvorbereitung ........................................................................................ 11
    3.1    Registrierung in Liverpool........................................................................... 11
    3.2    Registrierung St. Gallen ............................................................................. 11
    3.3    Begleitung/Beratung einer Diplomarbeit..................................................... 12
    3.4    Übersetzungsarbeiten zum LCP im Pflegeheim ......................................... 12
    3.5    Ablauf ......................................................................................................... 13
      3.5.1    Zeitlicher Ablauf des LCP-Projektes.................................................... 13
      3.5.2    Schwierigkeiten ................................................................................... 14
      3.5.3    Probleme............................................................................................. 14
4      Durchführung .................................................................................................. 16
    4.1      Projektverlauf ............................................................................................. 16
    4.2      Änderungen gegenüber der Planung ......................................................... 16
    4.3      Änderung in der Schulungsplanung ........................................................... 16
    4.4      Kooperationspartner................................................................................... 17
    4.5      Mitarbeit der TeilnehmerInnen.................................................................... 17
    4.6      Methoden der Datenerfassung................................................................... 18
5      Nachbereitung ................................................................................................. 19
6      Zielerreichung.................................................................................................. 20
    6.1      Ergebnisse ................................................................................................. 20
    6.2      Definition/Präzisierung klarer Outcome-Parameter .................................... 20
    6.3      Ökonomisierung der KlientInnendokumentation......................................... 21
    6.4      Reduktion der Verlegungsrate ins Krankenhaus "im letzten Augenblick"... 23
    6.5      Resonanz aller Beteiligten.......................................................................... 23
    6.6      Einbeziehung von Angehörigen.................................................................. 24
    6.7      Anwendungsfragen im Zusammenhang mit Übungen zum LCP................ 25
    6.8      Das Sterben diagnostizieren ...................................................................... 26
    6.9      Positive und negative Beobachtungen und Erfahrungen............................ 27
    6.10     Langfristige Auswirkungen ......................................................................... 27
7      Öffentlichkeitsarbeit........................................................................................ 29
    7.1      Aktivitäten................................................................................................... 29
    7.2      Hausinterne Diskussionsplattform – Wissenschafts-besprechung ............. 29
    7.3      Resonanz ................................................................................................... 30
8      Perspektiven .................................................................................................... 31
    8.1      Fortführung des Konzeptes ........................................................................ 31
    8.2      Vertiefende Schulungsangebote ................................................................ 31
    8.3      Überführung des Projektes in andere Einrichtungen .................................. 32
    8.4      Kooperationen ............................................................................................ 32
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8.5      Öffentlichkeitsarbeit.................................................................................... 32
9     Schlussfolgerungen und Ausblick................................................................. 33
    9.1      Interne Erfolge............................................................................................ 33
    9.2      Extern auszurichtende Initiativen................................................................ 34
Literaturhinweise.................................................................................................... 35
Anlagen ................................................................................................................... 36

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0 Zusammenfassung
Fragestellung

Inwiefern gelingt es,
   mit Hilfe des LCP, BewohnerInnen die Sterbephase im (vertrauten) Umfeld des
    Pflegeheims zu ermöglichen (Senkung der Verlegungsrate "im letzten
    Augenblick")
   das Sterben – neben geistig-seelischer Unterstützung – auf der Grundlage der
    Kontrolle der fünf zentralen Symptome nach LCP-Kriterien wie Schmerzen,
    Angst/Unruhe, Atemnot, Bronchialsekretion, Übelkeit/Erbrechen engmaschige zu
    begleiten (4-Stunden-Turnus)
   Angehörige, soweit vorhanden, in das Geschehen einzubeziehen
   die multiprofessionelle Begleitung Sterbender praxisnah zu unterstützen
   interdisziplinäre Entscheidungsfindungsprozesse unter systematischen
    Gesichtspunkten zu lenken
   Stärken und Schwächen in der eigenen Institution aufzudecken
   Schulungsprogramme in Anpassung an die jeweiligen Handlungsfelder zu
    entwickeln bzw. zu ergänzen
   Anforderungen an die Klientendokumentation zu ökonomisierten

Projektdesign/Methoden

Das Projekt folgt dem Design einer Interventionsstudie mit den drei Phasen

a) Basiserhebung/Base-review: quantitative Erfassung von Daten aus der
   BewohnerInnendokumentation nach den Vorgaben des MCPCIL; qualitative
   Analyse von Stärken und Schwächen in der Dokumentation zum Thema Sterben
   (vor der Förderphase durch die RBS Stuttgart)
b) Intervenion: Anwendungsschulungen zum LCP – Einführung und Überblick,
   Anwendungsschulungen in der Praxis; Gespräche und Feldnotizen über
   Besonderheiten hinsichtlich der LCP-Anwendung; Fixierung vertiefender
   Schulungsinhalte, Steuergruppensitzungen
c) Postintervention/Postinterventions-review: wie Base-review, Vorher-Nachher-
   Vergleich, Vergleich mit den Daten der Partnereinrichtung in Darmstadt
   (außerhalb der Förderphase durch die RBS Stuttgart)

Ergebnisse

•   Die zielgerichtete Steuerung von Sterbesituationen im Pflegeheim mit Hilfe des
    LCP unterstützt die frühzeitige Berücksichtigung relevanter Einflussfaktoren auf
    das Lebensende der BewohnerInnen (z.B. die Differenzierung zwischen
    erforderlicher und nicht mehr angemessener Pflege/Therapie)

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•   Sie hat Einfluss auf die Frühzeitigkeit wichtiger Absprachen zwischen
    Pflegefachkräften und HausärztInnen, selbst wenn letztere an einem LCP-
    begleiteten Ablauf kein Interesse zeigen

•   Der LCP regt zu Reflexionsprozessen über die Bedeutung pflegerischen
    Handelns in Sterbesituationen an – z.B. aktivierende Konzepte der Altenpflege
    zugunsten palliativer Aspekte der Pflege zu verlassen

•   Er lenkt die Aufmerksamkeit der Pflegenden (besonders der Pflegefachkräfte) auf
    die individuellen Momente des Sterbens, da die Ziele so offen formuliert sind,
    dass sie von der Pflegefachkraft auf die individuelle Sterbesituation zugeschnitten
    werden müssen (im Sinne einer situationsangemessenen Operationalisierung)

•   Die Anwendung des LCP geht in der Einübungsphase mit einem vermehrten
    zeitlichen Aufwand einher, der von den Pflegefachkräften insbesondere bei
    Arbeitsgipfeln als eher belastend empfunden wird

•   Wünschenswert ist die Überführung der LCP-gesteuerten Dokumentation in das
    vorhandene elektronische DAN-System, das die zeitnahe Protokollierung des
    Pflegeverlaufs von Eingabeterminals in der Nähe der BewoherInnenzimmer aus
    ermöglicht

•   Eine Optimierung der mit dem LCP intendierten Ziele wird in der Zusammenarbeit
    mit einem Palliativen Netzwerk in der Region gesehen, die a) positiven Einfluss
    auf die Kooperationsbereitschaft der bislang nicht erreichbaren HausärztInnen
    haben könnte und b) überdies die Möglichkeit Palliativer Fallbesprechungen
    zwischen allen AkteurInnen unter Einbeziehung der Angehörigen in Aussicht stellt

•   Die Fortführung und Intensivierung der LCP-gesteuerten Sterbebegleitung hat für
    die Projekteinrichtung längerfristig nur dann Sinn, wenn die Partnereinrichtungen
    des Trägers in der Region zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichtet werden.
    Die Projekteinrichtung ist sich ihrer Leuchtturmfunktion bewusst und die
    MitarbeiterInnen sind prinzipiell bereit, daraus folgernde Projekte mit ihrem neuen
    Know-how zu unterstützen.

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1 Allgemeine Aufgaben
1.1 Rahmendaten zum Projekt
Modellprojekt:              Einführung, Erprobung und Evaluierung des Liverpool
                            Care Pathway for the Dying (deutschsprachige Version)
                            in einem Pflegeheim
Bewilligungs-Nummer         32.5.1364.0024.0 (aus Rahmenbewilligungs-Nr.
                            21.2.1364.0008.1
Dauer des Projektes         November 2008 – Juni 2011

Dauer der Förderung         28.10.2009 – 30.09.2010

Antragsteller               AGAPLESION BETHANIEN-KRANKENHAUS
                            Heidelberg, Geriatrisches Zentrum, vertreten durch:
                            Prof. Dr. Peter Oster (ärztlicher Leiter)

1.2 MitarbeiterInnen des Projektes
Dr. phil. Elke Müller          Pflegewissenschaftlerin, externe Projektkoordination,
                               AGAPLESION BETHANIEN-KRANKENHAUS,
                               Geriatrisches Zentrum Heidelberg,
                               Datenerhebungen, Übersetzungsarbeiten,
                               Anwendungsschulungen zum LCP, Sitzungsleitung,
                               Koordination zwischen den kooperierenden
                               Institutionen (25 % einer VZ-Stelle)
Christina Schwenkschuster      Gesundheits- und Krankenpflegerin, BETHANIEN
                               LINDENHOF Heidelberg, Wohnbereichsleitung WB
                               Bergstraße, stellv. PDL, interne Projektkoordination
                               – Koordination der beruflichen Akteure vor Ort, QM-
                               Koordination, (25 % einer VZ-Stelle)
Dr. med. Martin Hestermann     Niedergelassener Facharzt für Innere Medizin,
                               Geriatrie und Palliativmedizin; Schulungen, Kontrolle
                               der Therapieempfehlungen zur Behandlung der
                               zentralen Symptome des Sterbens (Mitarbeit auf
                               Honorarbasis)

1.3 Teilnehmende Einrichtung
AGAPLESION BETHANIEN LINDENHOF                vertreten durch:
Wohnen und Pflegen Heidelberg                 Michael Thomas, Heimleitung
Franz Kruckenbergstraße 2
                                              Kurt Hofmann, Pflegedienstleitung
69126 Heidelberg

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Weitere für das Projekt relevante Einrichtungen (ohne Förderung durch RBS)
Palliativzentrum des Kantonsspitals St.   Dr. med. Steffen Eychmüller (Leitender
Gallen (Schweiz, Koordinationszentrum LCP Arzt Palliativzentrum)
für den deutschsprachigen Raum)
                                          Barbara Grossenbacher-Gschwend
Kantonsspital St.Gallen                   (Verantwortliche Palliativstandard,
Palliativzentrum                          Palliativzentrum)
CH-9007 St. Gallen
Marie Curie Palliative Care Institute der       Deborah Murphy, Associate Director,
Universität Liverpool (MCPCIL,                  Marie Curie Palliative Care Institute
Großbritannien, Registrierung als Anwender,     Liverpool, Directorate Manager,
statistische Auswertung zur Anwendung des       Directorate of Specialist Palliative Care
LCP vor und nach der Implementierung)
Marie Curie Palliative Care Institute
Liverpool
Marie Curie Palliative Care Institute
Liverpool
The Directorate of Specialist Palliative Care
 st
1 Floor Linda McCartney Centre
The Royal Liverpool University Hospitals
Prescot Street
Liverpool L7 8XP
England/UK
AGAPLESION ELISABETHENSTIFT                     Vertreten durch:
Darmstadt, Wohnen und Pflegen (Luise            Frank Huhn (Heimleitung/ Pflegedienst-
Karte Haus, Partnerprojekt und Vergleichs-
                                                leitung)
einrichtung zur Absicherung der
gewonnenen Erkenntnisse                         PD Dr. Mathias Pfisterer (Leitender Arzt;
Erbacher Straße 29
                                                Zentrum für Palliativmedizin am
                                                AGAPLESION ELISABETHENSTIFT
64287 Darmstadt                                 EVANGELISCHES KRANKENHAUS
                                                Darmstadt)
                                                Anita Steininger (Pflegefachkraft
                                                Altenpflege, WBL, stellv. PDL, interne
                                                Projektkoordination)

                                                                                       9
2 Ziele
   − Modellhafte Erprobung des praktischen Einsatzes des LCP im Pflegeheim
   − Erkenntnisgewinnung zu dessen Einführung im Hinblick auf dessen a)
     unternehmensweite Implementierung (AGAPLESION Wohnen und Pflegen)
     und b) dessen bundesweite Implementierung
   − praxisnahe Unterstützung der multiprofessionellen Begleitung Sterbender
   − Aufdeckung von Stärken und Schwächen in der eigenen Institution
   − Entwicklung von Schulungsprogrammen in Anpassung an das Handlungsfeld
     Pflegeheim (Schwerpunkt: Anwendung des LCP)
   − Schaffung von Grundlagen für die Qualitäts(-weiter-)entwicklung in der
     Begleitung Sterbender
(nach Grossenbacher-Gschwend & Eychmüller 2007).

Hinsichtlich der Anwendung des LCP in der geförderten Projekteinrichtung werden
darüber hinaus folgende Ziele angestrebt:

   − Interdisziplinäre Entscheidungsfindungsprozesse unter systematischen
     Gesichtspunkten zu flankieren – hier vor allem zwischen MitarbeiterInnen der
     Pflege im Pflegeheim und niedergelassenen HausärztInnen sowie der
     Seelsorge und gegebenenfalls anderen involvierten Berufen
   − klare Outcome-Parameter zu definieren/zu präzisieren und damit
   − Anforderungen an die KlientInnendokumentation zu ökonomisieren
   − den Datenschutz zu fördern
   − die Verlegungsrate ins Krankenhaus "im letzten Augenblick" zu reduzieren

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3 Projektvorbereitung
Die Anwendung des LCP ist an verschiedene Bedingungen geknüpft. Zu Beginn
steht daher die Entscheidung, sich an zwei Stellen zentral registrieren zu lassen. Die
Registrierungen sind sinnvoll, ermöglichen sie doch zum einen die Gewinnung eines
weltweiten Datenpools, der auswertbare Daten zur Anwendung des LCP im
internationalen und interkulturellen Vergleich gestattet. Zum anderen werden auf der
Grundlage der quantitativen Ergebnisse Empfehlungen für Schulungsthemen in den
Einzelprojekten angeboten, Veränderungsprozesse vor Ort auch von außen
begleitet, und Daten für das Benchmarking einer Einrichtung gewonnen.

3.1 Registrierung in Liverpool
Die Registrierung beim Marie Curie Palliative Care Institute in Liverpool (MCPCIL) ist
verpflichtend und geht mit der retrospektiven Ersterhebung von 20 Dokumentationen
zuletzt Verstorbener in der Antrag stellenden Einrichtung einher. Gegenwärtig erfolgt
die Registrierung noch kostenfrei. Die Daten werden statistisch im Sinne einer
Deskription ausgewertet und als Basisdatenfundus aus Liverpool rückgemeldet. Das
gleiche Verfahren wird in der Postinterventionsphase eingesetzt, um einen vorher-
nachher-Vergleich zu ermöglichen. Die Arbeiten zur Registrierung in Liverpool
fanden November 2008 bis März 2009 statt und wurden von der
Pflegewissenschaftlerin vorgenommen. Eine Rückmeldung der Daten erfolgte im
April 2009 in englischer Sprache.

3.2 Registrierung St. Gallen
Die Registrierung in St. Gallen hat den Zweck, LCP-Initiativen im deutschsprachigen
Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) zu bündeln und ein konsentiertes
Vorgehen der Einzelprojekte zu ermöglichen. Dazu finden mindestens einmal jährlich
Arbeits- und Abstimmungstreffen statt. Auch werden Schulungsmaterialien und
Informationsbroschüren zur Verfügung gestellt. Bislang ist das hier beschriebene
Projekt das einzige, das im deutschsprachigen Raum in Einrichtungen der Altenhilfe
angesiedelt ist. Da die Initiativen vor allem im akutstationären Bereich in Deutschland
zunehmen, ist daran gedacht, diese in einer eigenen Koordinierungsstelle in
Deutschland zusammen zu fassen. Die Teilnahme an Konsentierungstreffen erfolgte
im Oktober 2007 in der Universitätsklinik Köln (Zentrum für Palliativmedizin) und im
März 2008 sowie im April 2010 im Kantonsspital St. Gallen (Palliativmedizinisches

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Zentrum). Darüber hinaus finden zeitnah erforderliche Entscheidungen und
Rückmeldungen im Emailverkehr statt.

3.3 Begleitung/Beratung einer Diplomarbeit
Zum Zeitpunkt der Registrierungsarbeiten für Liverpool wurde eine Diplomarbeit an
der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt begleitet (Theresa Kowalew:
Sterbende Menschen im Pflegeheim. Der Liverpool Care Pathway als Bezugsrahmen
zur Darstellung der IST-Situation, Erstbegutachtung durch die
Pflegewissenschaftlerin des Projektes). Dies geschah vor dem Hintergrund, dass das
Projekt ursprünglich als Interventionsprojekt mit Vergleichscharakter zwischen zwei
Einrichtungen der Altenhilfe angelegt war, das von einem gemeinsamen Förderer
unterstützt würde. Der Untersuchungsteil der Diplomarbeit konzentrierte sich auf die
Partnereinrichtung im Darmstadt und war mit den Erhebungsschritten im
AGAPLSION BETHANIEN LINDENHOF parallelisiert. Die Literaturrecherche und -
analyse sowie die Erkenntnisse aus der Datenerhebung brachten bereits zu diesem
frühen Zeitpunkt des Projektes zielführende Einsichten für das gesamte Projekt
(Kowalew 2009).

3.4 Übersetzungsarbeiten zum LCP im Pflegeheim
Das Interventionsprojekt wurde mit der zum damaligen Zeitpunkt gültigen Version 11
begonnen. Mit Hilfe der angelsächsischen Version für Nursing Homes und der
deutschsprachigen "Masterversion" (Grundlagenversion) wurde eine adaptierte
Pflegeheimversion durch die Pflegewissenschaftlerin erarbeitet. Nach Überprüfung
im Koordinationszentrum in St. Gallen wurde diese Version November 2009 bis Mai
2010 in die Erprobungsphase aufgenommen.

Bereits im Dezember 2009 wurde anlässlich einer internationalen Arbeitstagung zum
LCP in Liverpool die Version 12 (englisch) konsentiert und den anderssprachigen
Projekten zur Übersetzung freigegeben. Auf dem deutschsprachigen Arbeitstreffen in
St. Gallen im April 2010 wurde die erste Übersetzungsfassung diskutiert und vier
Wochen später für die erste Erprobung freigegeben. Da das hier beschriebene
Projekt nach wie vor das einzige im Altenhilfebereich ist, wurde die Teilnahme an
dieser neuen Erprobungsphase erwartet (s.a. Pkt. 4.3).

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3.5 Ablauf
 3.5.1 Zeitlicher Ablauf des LCP-Projektes
2008       2009                                                                      2010                                                                          2011
N    D     J   F     M   A                    M    Jn    Jl    A   S    O   N   D    J    F   M    A   M    Jn     Jl    A    S   O                       N   D    J   F    M    A    M      J

Base-Renview: 20                              Konkretisierung der           Anwendungsschulungen Version 11, Anwendung                                        Verstetigungsprozesse
Bewohnerdokumen-                              Projektziele und –schritte,   in der Praxis (Sterbende)                                                         (punktuelle Begleitung) (Haus
tationen (MCPCIL)                                                                                                                                             A und B)
                                              Akquise von                   Teilnehmende Beobachtung und Kurzinterviews
Literaturrecherche                            Projektgeldern                                                                                                  Ergänzende
                                                                            Anwendungsschulungen Version 12, Anwendung                                        Schulungsangebote (Haus A
qualiat. Dokumen-                             Schulungen Version 11         in der Praxis (Sterbende + komplex

                                                                                                                                  Abschlussbericht RBS
                                                                                                                                                              und B)
                         Ergebnisdiskussion

tenanalyse                                                                  Pflegebedürftige)
                                                                                                                                                              (Vergleich mit
                                                                            Broschüre "Palliative Begleitung am Lebensende"                                   Paralleleinrichtung – Haus A
                                                                                                                                                              und B
                                                                            Verfahrensregelung Initiierung LCP-Einsatz
                                                                                                                                                              Postinterventions-Review von
                                                                                                                                                              je 20 LCP-begleiteten
                                                                                                                                                              Dokumentationen (MCPCIL)

                                                                                                                                                              Abschlussbericht Teilprojekt
                                                                                                                                                              DA

                                                                                                                                                              Gesamtübersicht beide
                                                                                                                                                              Teilprojekte

                                                                                           Intervention (Haus A)
    Vorarbeiten Haus A                        Basisphase (Haus A)                        (Förderung durch RBS)                                           Postinterventionsphase (Haus A)

    Vorarbeiten Haus B                              Basisphase m. Unterbrechungen (Haus B)                          Intervention (Haus B)                                   Postintervention

 Abb. 1 zeitlicher Ablauf in Haus A und B

 Vorbereitende Arbeitsschritte fanden bereits, wie zuvor dargestellt, vor der
 Förderphase durch die Robert Bosch Stiftung Stuttgart statt. Während der 10-
 monatigen eigentlichen Förderphase war der Wechsel der LCP Version 11 zu
 Version 12 aus den oben genannten Gründen zu bewältigen. Dieser Wechsel ging
 zwangsläufig mit einer neuen Schulungsrunde einher, die allerdings weniger
 aufwendig war als zur Version 11, da die zentralen Ideen und wesentliche Prinzipien
 erhalten blieben. Diese zweite Schulungsrunde fand im Juni 2010 statt und
 konzentrierte sich auf a) eine Übersicht verschaffende Einführung für die
 Wohnbereichsleitungen bzw. deren Vertretungen im Rahmen der
 Steuergruppensitzung sowie der Stärkung ihrer Rollen als MultiplikatorInnen, b) eine
 allgemeine Einführung in zwei Plenarsitzungen, um möglichst viele MitarbeiterInnen
 zu erreichen und c) im Zuge der Anwendungsschulungen in der Pflegepraxis, bei der
 die Pflegewissenschaftlerin tageweise einen Frühdienst auf jedem Wohnbereich
 begleitete.

 Fragen und Probleme wurden durch wöchentliche Begleitungsrunden der
 Pflegewissenschaftlerin vor Ort oder durch Telefonate zwischen externer und interner
 Projektkoordinatorin geklärt.

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3.5.2 Schwierigkeiten
In Abstimmung der Projektschritte mit den kooperierenden Einrichtungen – hier vor
allem mit dem MCPCIL und dem Palliativzentrum in St. Gallen – erwies es sich in der
Interventions- und Postinterventionsphase als ausgesprochen schwierig, innerhalb
der zur Verfügung stehenden Zeit die erforderliche Anzahl unter LCP-Begleitung
verstorbener BewohnerInnen zu erhalten: sowohl für den Base-review als auch den
Postintervention-review sind jeweils 20 Dokumentationen erforderlich. Da beim Base-
Review retrospektiv vorgegangen wurde, spielte der Zeitfaktor keine Rolle. Für die
Postinterventionsphase stellten sich allerdings Engpässe ein, für die mehrere Gründe
in Betracht zu ziehen sind: zum einen starben die BewohnerInnen plötzlich und
unvorhersehbar, so dass der LCP nicht initiiert werden konnte. Oder eine akute
Zustandsverschlechterung ging mit der Verlegung in ein Krankenhaus einher. Ein
dritter Grund war die unsichere Entscheidungsfindungssituation vor allem in der
Nacht und an Wochenenden, wenn die primären EntscheiderInnen (vor allem
HausärztInnen und Wohnbereichsleitungen) nicht im Dienst waren. Dann wurde aus
Absicherungsgründen eine Verlegung in ein Krankenhaus initiiert.

Ein weiterer Grund ist im Fehlen eines ambulant arbeitenden Palliativnetzwerkes vor
Ort zu sehen, das in schwierigen Entscheidungssituationen hätte herangezogen
werden können (ein entsprechendes Netzwerk befindet sich im Raum Heidelberg im
Aufbau, dessen Start wird für Mitte 2011 erwartet). Insbesondere der letztgenannte
Punkt deckte einen eindeutigen strukturellen und verfahrensbezogenen
Handlungsbedarf auf.

Um aber dennoch mit dem LCP vertraut zu werden, schlugen die Pflegefachkräfte
dieser Einrichtung von sich aus vor, die Handhabung des LCP unabhängig von
strukturell zu regulierenden Voraussetzungen zunächst nur berufsgruppenintern in
einem "geschützten Rahmen" einzuüben und entschieden sich hierzu für
BewohnerInnen mit komplexer Pflegebedürftigkeit.

3.5.3 Probleme
Da der LCP einen multidisziplinären Ansatz verfolgt, ist es unabdingbar, dass vor
allem HausärztInnen und Pflegefachkräfte der Pflegeheime, aber auch
SeelsogerInnen und gegebenenfalls andere berufliche AkteurInnen an der
Entscheidungsfindung, ob jemand sterbend ist, beteiligt werden. Um die
HausärztInnen in das Projekt und seine Ziele einzuführen, wurden dieser Zielgruppe

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drei Informationstermine angeboten. Dazu wurden sie in persönlichen Anschreiben
eingeladen. Die Resonanz auf dieses Angebot war allerdings sehr gering und ging
mit mehreren Verschiebungen einher, bis es ganz aufgegeben wurde. Aufgewogen
wird diese Situation durch den Umstand, dass einer der Hausärzte, Palliativmediziner
und Geriater, mit 42 (44) von 99 BewohnerInnen einen hohen Anteil betreut und sich
aktiv in das Projekt einbringt.

Parallel dazu wurden Informationspakete für diejenigen HausärztInnen
zusammengestellt, deren PatientIn als sterbend eingeschätzt wurde, um sie
situationsnah auf dem schnellen Wege wenigstens ansatzweise über das Projekt zu
informieren (dieses Informationspaket setzt sich zusammen aus: einem Blankobogen
des LCP, diversen Veröffentlichungen zum LCP sowie einem Protokoll der
Einrichtung, in dem die Entscheidung zur Anwendung des LCP erläutert wird. Es wird
dann an die HausärztInnen ausgeteilt, wenn deren BewohnerInnen LCP-gestützt
betreut werden). Die Resonanz der angesprochenen HausärztInne auf dieses
Informationspaket lässt sich mit freundlich gleichgültig am ehesten umschreiben.
Dennoch gelang es in zwei Situationen, den Anspruch eines multidisziplinären
koordinierten Vorgehens zu verwirklichen (weitere Ausführungen s. Pkt. 6.1).

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4 Durchführung
4.1 Projektverlauf
Nimmt man eine Einteilung des Projektes in Basisphase (1) – Interventionsphase (2)
– Postinterventionsphase (3) vor, so liegen die Phasen (1) und (3) außerhalb der
eigentlichen Förderphase durch die Robert Bosch Stiftung Stuttgart, die Phase (2) ist
direkter Gegenstand der Förderung (s.a. Zeittafel zum zeitlichen Ablauf, Pkt. 3.5.1).
Abschließende Ergebnisse sind erst dann zu erwarten, wenn diese mit den
Erkenntnissen in der Paralleleinrichtung verglichen worden sind. Dies wird März bis
Mai 2011 der Fall sein. Teilergebnisse, die ausschließlich das hier beschriebene
Projekthaus betreffen, lassen sich aber auch jetzt schon gut darstellen.

4.2 Änderungen gegenüber der Planung
Wie unter den Punkten "Schwierigkeiten" und "Probleme" dargelegt, waren
verschiedene Faktoren ausschlaggebend dafür, dass vom geplanten Verlauf
abgewichen werden musste. Dies betraf zum Einen Verzögerungen im Projektablauf
durch veränderte Fördermodalitäten, zum Anderen die Schwierigkeit, die geforderte
Anzahl von 20 BewohnerInnen in einer überschaubaren Zeit LCP-unterstützt zu
begleiten. Weitere nicht absehbare zeitliche Verschiebungen ergaben sich durch den
Umstand, dass die Rückmeldung zum Base-review nicht, wie vom Institut in
Liverpool in Aussicht gestellt, nach sechs Wochen erfolgte, sondern sich drei Monate
hinzog.

4.3 Änderung in der Schulungsplanung
Obwohl zunächst geplant worden war, ein thematisch aufeinander aufbauendes
Schulungsprogramm mit vertiefenden Aspekten zu entwickeln, wurde dieser Ansatz
während der Intervention verlassen, um sich zunächst auf die reine
Anwendungsschulung zu konzentrieren. Diese Entscheidung wurde aufgrund
zeitweiser Personalengpässe vor allem in den Sommermonaten und des Wechsels
von Version 11 nach 12 beschlossen. Zentrale Themen wie "Begleitung von
BewohnerInnen in der Sterbephase", "Trauerkultur: Begleitung Sterbender" und
"medikamentöse Palliativversorgung" wurden im Rahmen vorhandener Ressourcen
angeboten. Das zuerst geplante Vorgehen hätte sonst zu weiteren Belastungen der
PflegemitarbeiterInnen geführt. Dadurch erklärt sich aber, weshalb der ursprünglich
beantragte Etat für DozentInnenhonorare nur zu einem Bruchteil verbraucht wurde.

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Aus diesem veränderten Vorgehen ergab sich die Konsequenz, den MitarbeiterInnen
zur Erleichterung der Übungsschritte einen LCP-Bogen mit Mustereinträgen zur
Verfügung zu stellen, der relvante Aspekte von sterbenden Menschen im Pflegeheim
aufgreift und der sowohl von der internen Projektkoordinatorin und dem
kooperierenden Hausarzt auf Praxisnähe überprüft wurde (s. Anlage 5)

4.4 Kooperationspartner
Die unmittelbaren und die mittelbaren Kooperationspartner wurden bereits in der
Auflistung unter Pkt. 1.3 genannt. Als unmittelbare Kooperationspartner fungieren die
MitarbeiterInnen des Luise-Karte-Hauses in Darmstadt, das als AGAPLESION
ELISABETHENSTIFT DARMSTADT Wohnen & Pflegen zum selben Träger gehört
wie der AGAPLESION BETHANIEN LINDENHOF in Heidelberg. Aus der
Parallelisierung der Erprobung des LCP in beiden Einrichtungen erwarten wir eine
Ergebnislage, die für weitere Initiativen in diese Richtung verwertbar sind. Erste
Erfahrungen, Einsichten und Erkenntnisse aus dem hier beschriebenen Projekthaus
deuten bestätigend in diese Richtung.

4.5 Mitarbeit der TeilnehmerInnen
Anfänglich wurde das Projekt im Pflegealltag als zusätzliche Mehrarbeit
wahrgenommen. Auch war die Tatsache, dass die stellvertretende PDL extra für das
Projekt frei gestellt war und damit eine Entlastung darstellte, nicht allen immer als
solche gegenwärtig. Dennoch war die Bereitschaft, sich auf das Thema LCP
einzulassen, insgesamt sehr hoch. Dies zeigte sich insbesondere darin, dass die
ersten LCP-Einsätze erst nach wiederholtem Aufsuchen der Wohnbereiche initiiert
werden konnten. Mit wachsender Sicherheit in der Anwendung wuchs die
Eigeninitiative zu LCP-begleiteten Sterbesituationen. Darüber hinaus zeigten sich
nach ersten praxisnahen Begleitungen zur Anwendung des LCP deutliche
Entwicklungssprünge: "… das hat jetzt aber mal gut getan, dass ich das unter
Anleitung machen konnte. Vieles ist jetzt viel klarer und ich weiß, wie ich welche
Einträge vornehmen muss. Das hat mir vorher manches Mal gefehlt." (PFK 4). So
vergrößerte sich der Kreis derjenigen, die sich als MultiplikatorInnen in ihrem
Wohnbereich zur Verfügung stellten, von selbst, ohne dass dies immer "angeordnet"
werden musste. Inzwischen fühlen sich neben den drei Wohnbereichsleitungen bzw.
deren Vertretungen jeweils ein bis zwei Pflegefachkräfte in der Lage, weniger
erfahrene KollegInnen in der LCP-Anwendung zu unterstützen.

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Darüber hinaus wurde eine Verfahrensregelung zur Initiierung des LCP entwickelt,
die den Einstieg für alle MitarbeiterInnen erleichtert. Sie hat inzwischen die Funktion
einer Checkliste erhalten. Wegen ihres konkreten Praxisbezuges wurde sie als
Anregung in der Paralleleinrichtung in Darmstadt aufgegriffen.

4.6 Methoden der Datenerfassung
Wie geschildert, ist ein wesentlicher Bestandteil der Datenerfassung der LCP-
gesteuerten BewohnerInnendokumentation durch die Kooperation mit dem MCPCIL
vorgegeben. Hierzu werden die Daten aus den Dokumentationen in vorgegebene
Erfassungsbögen des MCPCIL übertragen (s. Anlage 1), die dann in ein statistisches
Programm in Liverpool eingelesen werden. Parallel dazu werden von jeder LCP-
Dokumentation Kopien zur systematischen qualitativen Analyse angefertigt, die
gemäß dem Datenschutz anonymisiert, d.h. verschlüsselt werden. Darüber hinaus
erfolgt die Notierung von persönlichen Aussagen der Pflegefachkräfte zur LCP-
Anwendung oder zur Sterbebegleitung handschriftlich als Feldnotizen, um diese für
eine umfassende qualitative Auswertung heran zu ziehen (Glaser & Strauss 2010).
Anlässe zur Protokollierung waren Anwendungsschulungen, monatliche
Steuergruppensitzungen und begleitete Übungsschritte auf den Wohnbereichen. Als
Abrundung wurde am 16.11.2010 – also außerhalb der Förderphase – ein
problemzentriertes Gruppeninterview (Witzel 2000) mit fünf Pflegefachkräften aller
drei Wohnbereiche geführt. Dieses Interview hatte die Dauer von 90 Minuten, konnte
aber nicht von allen Teilnehmerinnen gleichzeitig wahrgenommen werden: drei
Teilnehmerinnen waren 50 Minuten anwesend, zwei Teilnehmerinnen ließen sich
anschließend 40 Minuten befragen (Interviewleitfaden s. Anlage 8). Die Befragung
wurde mit Einverständnis der Befragten auf Tonband aufgezeichnet. Damit die
Aussagen anonymisiert wiedergegeben werden können, wählten die
Teilnehmerinnen selber einen Tarnnamen, mit dem sie zitiert werden. Eine
Verschriftlichung des gesamten Gesprächsverlaufs erfolgt nach Erstellung dieses
Berichtes. Hierin zitierte Gesprächsauszüge erfolgen auf der Grundlage punktueller
Mitschriften. Auch die Analyse des Gesamtinterviews erfolgt zu einem späteren
Zeitpunkt, hier werden die Prinzipien der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring
(2002) zugrunde gelegt.

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5 Nachbereitung
Nachbereitungsaktivitäten sind hauptsächlich im Jahr 2011 vorgesehen.
Gegenwärtig ist auf die winterliche Adventszeit mit zahlreichen
bewohnerInnenbezogenen Aktivitäten Rücksicht zu nehmen, ebenso auf die
bevorstehende Weihnachts- und Jahreswechselzeit, so dass LCP-bezogene
Schulungsinhalte vorübergehend ausgesetzt werden.

Zu den Aktivitäten werden gehören:

─ Fortsetzung der Begleitung von LCP-gesteuerten Sterbesituationen unter
  Verstetigungsgesichtspunkten – hier in Form von Stichproben nach Bedarf
─ Vorbereitung der Diskussion innerhalb der Trägerinstanzen AGAPLESION zur
  weiteren Verbreitung des LCP (nach Projektende in Darmstadt)
─ Vertiefende und weiterführende Schulungsangebote zu Begleitthemen
─ Feierlicher Abschluss der Projektphase für alle beteiligten PflegemitarbeiterInnen,
  Geschäftsleitung, Heimleitung, Pflegedienstleitung (1. Quartal 2011)
─ Durchführung des Postinterventions-review, nachdem die Dokumentation von 20
  LCP-begleiteten Sterbesituationen vorliegt
─ Veröffentlichung der Projekterfahrungen
─ Planung einer Tagung nach Beendigung des Teilprojektes in Darmstadt, um die
  Gesamtdatenlage zur Diskussion zu stellen.

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6 Zielerreichung
6.1 Ergebnisse
Flankierung interdisziplinärer Entscheidungsfindungsprozesse unter
systematischen Gesichtspunkten – hier vor allem zwischen MitarbeiterInnen
der Pflege im Pflegeheim und niedergelassenen HausärztInnen sowie der
Seelsorge und gegebenenfalls anderen involvierten Berufen
In der Projekteinrichtung wurden in der Basis- und der Implementationsphase 107
BewohnerInnen von 31 HausärztInnen betreut. In einer ersten Informationsrunde im
Januar 2010 wurden alle HausärztInnen in einem Kurzbrief über das Projekt in
Kenntnis gesetzt und dazu befragt, inwiefern sie Interesse an weiteren Informationen
haben, die dann in einer Veranstaltung zur Diskussion gestellt werden würden.
Interesse wurde von 9 HausärztInnen bekundet, 2 Hausärztinnen äußerten ganz
gezielt kein Interesse, ein Hausarzt sagte zu, sich in das Projekt aktiv einzubringen.
Bei den übrigen 19 HausärztInnen ist die Interessenlage unklar bzw. es erfolgte gar
keine Rückmeldung. Die Hausärztinnen mit ablehnender Einstellung betreuten
seinerzeit jeweils eine Bewohnerin, die übrigen HausärztInnen sind im Durchschnitt
für 1 bis 3 BewohnerInnen zuständig, der Hausarzt mit der Zusage, sich aktiv
einzubringen, betreut bis heute 42 bis 44 BewohnerInnen. Damit bestätigt sich hier
das im Vorfeld identifizierte Problem, dass die Versorgung Sterbender im Pflegeheim
ganz wesentlich von einer entwickelten Kooperationsstruktur vor allem zwischen
Pflegefachkräften eines Pflegeheimes und den niedergelassenen HausärztInnen
beeinflusst wird (Diakonisches Werk der EKD e.V. 2006).

6.2 Definition/Präzisierung klarer Outcome-Parameter
Vor dem Hintergrund eines Gruppeninterviews, das am 16.11.2010 in der
Porjekteinrichtung durchgeführt wurde und in dem 5 Pflegefachkräfte zu Ihren
Erfahrungen mit dem LCP befragt wurden (Interviewleitfaden s. Anlage 8), lassen
sich folgende Ergebnisparameter benennen, die sehr für den Einsatz des LCP im
Pflegeheim sprechen. Der LCP …

•   bewährt sich als Navigationshilfe in der Begleitung und Versorgung von
    BewohnerInnen am Lebensende durch die zu überprüfenden Ziele – hiervon
    profitieren insbesondere die Pflegefachkräfte
•   erleichtert Entscheidungsprozesse dadurch, dass diese frühestmöglich veranlasst
    werden und alle potenziell zu beteiligenden AkteurInnen (HausärztInnen,
    Pflegefachkräfte, Seelsorge u.a.) die Chance haben, zur Entscheidungsfindung
    beizutragen – diese Chance wurde in Einzelfällen genutzt, anzustreben ist eine

                                                                                     20
generelle und verbindliche Regelung, von der sich alle HausärztInnen
    angesprochen fühlen
•   unterstützt die beteiligten beruflichen AkteurInnen darin, alltägliche und zumeist
    aktivierende Routinehandlungen zu beenden und Handlungsalternativen auf die
    individuelle Situation des Sterbenden abzustimmen
•   begleitet die Pflegefachkräfte darin, die eher allgemein formulierten Ziele des LCP
    auf die individuelle Situation des Sterbenden konkret abzustimmen
    (Operationalisierung)
•   trägt dazu bei, inner- und interdisziplinär bestehende unterschiedliche
    Einstellungen zur Sterbebegleitung offen zu legen und damit diskutierbar zu
    machen
•   regt vor allem die PflegeheimmitarbeiterInnen an, relevante Aspekte der
    Sterbebegleitung zu berücksichtigen, zu reflektieren und erforderliche
    Handlungen rechtzeitig zu initiieren
•   fördert die Eigeninitiative der MitarbeiterInnen, situationsangemessen mit
    betroffenen BewohnerInnen und Angehörigen deren Wünsche und Bedürfnisse
    zu kommunizieren und Lösungen anzubahnen
•   veranlasst die MitarbeiterInnen, zentrale Symptome des Sterbens (Schmerzen,
    Verwirrtheit/Agitiertheit/Delir, Übelkeit/Erbrechen, Atemnot, terminales bronchiales
    Rasseln) in ihrer jeweiligen Relevanz für den/die BewohnerIn (und die
    Angehörigen) wahrzunehmen und Linderung herbei zu führen
•   bestärkt die Pflegefachkräfte darin, gezielt mit den Angehörigen über die
    zentralen Symptome des Sterbens ins Gespräch zu kommen und diese zu
    erläutern – als unterstützende Kommunikationshilfe wird die Broschüre "Palliative
    Betreuung am Lebensende" eingestuft, die nach der Freigabe durch die
    Trägerinstanzen eingesetzt werden soll
•   stellt eine zum AGAPLESION-Leitbild und zum Handbuch Sterben – Tod – Trauer
    des Trägers kompatible Steuerungshilfe dar, die Verabschiedung Verstorbener
    nach den Grundsätzen der Einrichtung zu gestalten und abzuschließen.

6.3 Ökonomisierung der KlientInnendokumentation
In der Erprobungsphase ging es in erster Linie darum, die alltagspraktische
Tauglichkeit des LCP zu überprüfen. Dies brachte zwangsläufig zunächst ein Mehr
an Arbeit mit sich, bis die "Architektur" des LCP durchschaut und gezielt gehandhabt
werden konnte (s.a. Pkt. 6.7). Allerdings ist gerade in Bezug auf den Abschnitt 2, der
je nach Dauer des Sterbeprozesses bis zu drei oder vier Tagen bearbeitet werden
muss, Kritik zum Arbeitsauswand deutlich geworden: angesichts der vor allem
Nachts und am Wochenende häufig reduzierten Personalsituation fiel es einigen
Pflegefachkräften schwer, alle vier Stunden die Überprüfung der Betreuungsziele
vorzunehmen, wiewohl ihnen klar war, dass dieses Prüfraster helfen soll,

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Veränderungen, die gelindert werden können (z.B. Schmerzen, Atemnot), frühzeitig
wahrzunehmen und zu handeln. Im Hinblick auf das Anliegen, mit dem LCP
Sterbesituationen zu begleiten, kann in jedem Fall von einer gezielten
Herangehensweise gesprochen werden, die regelgeleitete Prozesse steuern hilft, die
ausdrücklich einen individualisierenden Anspruch haben. Vor dem Hintergrund aber,
dass der LCP zahlreiche Ziele und Empfehlungen enthält, die in der bisherigen
Praxis eher zufällig oder nur aufgrund vereinzelter fachlicher Expertise mitgedacht
bzw. zum Tragen kamen (oder nicht), wurde deren verschriftlichte Form oftmals als
zusätzliche Arbeit wahrgenommen: "… Als besonders aufwendig habe ich es
empfunden, wenn ein Bewohner zunächst sterbend schien und wir dann die ganzen
Ziele vom Sterben beachten mussten. Und wenn er sich dann wieder erholte und
dieses Spielchen zwei, dreimal so ging, dann mussten wir jedes Mal von DAN-
Dokumentation auf Papierdokumentation vom LCP umschalten. Im DAN-System war
die Reaktivierung der normalen Dokumentation dann jedes Mal sehr, sehr aufwendig.
Da würde ich mir auf Dauer eine einfachere Lösung wünschen. Ich glaube, sonst
weigern sich auch einige von uns. … aber so, für's Projekt, war's eben eine wichtige
Sache und in Ordnung". (GD 1, Lilie, 1150 – 1158). Für die Zukunft wünschen sich
die MitarbeiterInnen eine Überführung der Papierdokumentation in die PC-gestützte
Dokumentation mit entsprechender Software. Damit wäre es dann auch möglich, die
vierstündlichen Zielkontrollen von bewohnerinnennahen Eingabeterminals aus zu
protokollieren. Andere Gesprächsteilnehmerinnen merkten an: " … Ich finde das toll,
dass wir jetzt mit dem Leitfaden in der Bestimmung von Zielen unterstützt werden.
Gerade der Pflege fällt dieser Schritt (im Pflegeprozess – Ergänzung EM) ja immer
noch schwer und jetzt haben wir gerade für ein schwieriges Thema eine große Hilfe."
(GD 1, Lotusblüte, 99 – 112). … "Das ist was ganz Entscheidendes, was Du gerade
gesagt hast, das hilft uns dann nämlich auch bei anderen Sachen, also, wenn wir zu
anderen AEDLs was aufschreiben müssen." (GD 1, Sternensommer, 117 – 124).

Während der Base-Review-Erhebungen zeigte sich deutlich, dass Einträge zum
Sterben kaum gezielt erfolgten. Auch die AEDL-Sparte " mit existentiellen
Erfahrungen des Lebens umgehen" (Krohwinkel 1998, 2007) wurde kaum für
nachvollziehbare Einträge genutzt. Meistens begrenzten sich diese auf Mitteilungen
zur konfessionellen Zugehörigkeit, vereinzelt auch zur im Bedarfsfall
einzubeziehenden Seelsorge oder Bestattungsinstitut. Parallel zu den Erhebungen
aus den LCP-Bögen für das Postinterventions-Review durch das MCPCIL werden

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daher die normalen PC-gestützten Dokumentationen nicht-sterbender
BewohnerInnen dahin gehend zu überprüfen sein, inwiefern sich auch dort Einträge
zu "existentiellen Erfahrungen des Lebens" (Krohwinkel ebda) verändert haben und
diese Einträge durch das LCP-Projekt inspiriert wurden.

6.4 Reduktion der Verlegungsrate ins Krankenhaus "im letzten
    Augenblick"
Im Projektzeitraum (November 2009 bis September 2010) verstarben in der
Einrichtung insgesamt 27 BewohnerInnen, davon 17 BewohnerInnen ohne LCP-
Begleitung. Davon wiederum wurden 14 BewohnerInnen wegen akuter
Zustandsverschlechterung in ein Krankenhaus verlegt, wo sie auch verstarben; drei
BewohnerInnen starben unvorhersehbar, d.h., sie wurden in den frühen
Morgenstunden tot in ihrem Zimmer aufgefunden.

10 BewohnerInnen wurden insgesamt LCP-gesteuert begleitet, 6 BewohnerInnen in
der German Version12 (ab Juli 2010), davon zwei BewohnerInnen bei komplexer
Pflegebedürftigkeit, ohne zu versterben (Einübung der Initiierung des LCP), vier
BewohnerInnen konnten bis an ihr Lebensende begleitet werden. Zuvor wurden vier
BewohnerInnen mit dem LCP German Version 11 begleitet (bis Juni 2010), davon
zwei BewohnerInnen bis zu ihrem Tod, bei zwei BewohnerInnen erfolgte ein Abbruch
wegen Zustandsverbesserung. Damit stehen für die quantitative Auswertung durch
das MCPCIL gegenwärtig acht Dokumentationen zur Verfügung.

Die Anzahl der im letzten Augenblick verlegten BewohnerInnen zeigt, dass das
Thema auf der Agenda für die laufende Postinterventionsphase bleiben muss. Mit
Blick auf erste Erfahrungen in der Partnereinrichtung in Darmstadt deutet vieles
darauf hin, dass ein funktionsfähiges palliatives Netzwerk in der Region, das zu
Konsultationszwecken um Rat und Hilfe ersucht werden kann, ganz entscheidend
dazu beiträgt, die Verlegungsrate und damit letzen Endes auch Kosten für
Krankenhausaufenthalte zu dämpfen.

6.5 Resonanz aller Beteiligten
Nachdem Vorbehalte und Sorgen gegenüber vor allem dem Bearbeitungsumfang
des LCP ausgeräumt werden konnten und erste hilfreiche Erfahrungen vorlagen,
brachten sich die MitarbeiterInnen der Projekteinrichtung vermehrt mit kreativen
Ideen ein: so regten diese eine Checkliste zum LCP an, die vor allem die
Pflegefachkräfte darin unterstützt, bei Initiierung einer LCP-begleiteten

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Sterbesituation eine bestimmte Abfolge hausinterner organisatorischer und
informierender Schritte umzusetzen. Sie selber gehen davon aus, dass dieser
"Fahrplan" nach erfolgter Verstetigung des LCP nicht mehr erforderlich ist (s. Anlage
6).

Eine Anregung aus dem Palliativzentrum des Kantonsspital St. Gallen (Schweiz) als
deutschsprachigem Koordinationszentrum aufgreifend, entwickelten die
MitarbeiterInnen der Projekteinrichtung eine Broschüre "Palliative Betreuung am
Lebensende" (s. Anlage 7), in der Besonderheiten und Veränderungen der
Sterbephase allgemeinverständlich erläutert werden. Nach Durchlaufen aller
institutionsbezogenen Genehmigungsinstanzen soll sie vor allen Dingen für
Angehörige zur Verfügung stehen, um Gespräche über dieses sensible Thema zu
initiieren. Sie ist darüber hinaus impulsgebend für die Partnereinrichtung in
Darmstadt.

Der Seelsorger der Einrichtung, der durch seine Teilnahme an den monatlichen
Steuergruppensitzungen das Projekt sehr förderte, legte das Protokoll eines
Gespräches zwischen ihm und einem sterbenden Bewohner vor, das sehr zur
Diskussion anregte. Es gab den MitarbeiterInnen eine Grundlage für eigene
Reflexionen, eingefahrene Handlungsroutinen zu überdenken und Alternativen zu
suchen.

6.6 Einbeziehung von Angehörigen
Angesichts der sechs abgeschlossenen LCP-begleiteten Sterbesituationen sind
kaum richtungweisende Aussagen von Angehörigen zu treffen, wie diese die
Sterbebegleitung empfunden haben. Die PflegemitarbeiterInnen berichten zwar
wiederholt über positive Äußerungen der Angehörigen bezüglich der "guten
Betreuung", ein Zusammenhang zur LCP-begleiteten Sterbesituation ist jedoch nicht
eindeutig herstellbar, da die Informationslage der Angehörigen zum Projekt nicht
unmittelbar geprüft wurde. Entsprechende Gesprächsinhalte waren zudem immer
auch Gegenstand der Kommunikation zwischen HausärztInnen und Angehörigen, die
die Hausärzte dann an die Pflegefachkräfte weiter gaben. Die Wahrnehmung der
Angehörigen wird daher in der Verstetigungsphase genauer zu verfolgen sein.

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6.7 Anwendungsfragen im Zusammenhang mit Übungen zum LCP
Während der Übungsangebote auf den Wohnbereichen standen Umsetzungsfragen
im Vordergrund wie (s.a. Anlage 2: LCP Version 11, Anlage 3: LCP 12 und Anlage 4:
Angehörigen Informationsblatt):

Komplexität des LCP und Zeitfaktor: Der LCP umfasst bei mehrtägigem Einsatz etwa
20 bis 30 Blattseiten, vor allem durch den Dokumentationsabschnitt 2 hervorgerufen.
Die Frage war daher naheliegend, wie schnell ein dauerhafter Überblick über die
Systematik des LCP möglich ist, um die richtige Eintragungsstelle aufzufinden und
bis zu welchem Zeitaufwand Eintragungen noch zumutbar sind. Auch war Anfangs
viel Sucharbeit erforderlich, um Ziele und ihre Aussagen treffsicher aufzufinden: "…
da kannst Du Dich schon mal zu Tode blättern, vor allem wenn Du in Eile bist."
(Schulung 4, PFK 3)

Kriterien und Vorgehen bei der Feststellung, dass jemand sterbend ist: nachdem die
in Version 11 vorgegebenen vier Merkmale für das Pflegeheim als unzureichend
identifiziert worden waren, wird das Vorgehen in Version 12 als deutlich hilfreicher
erlebt. Vor allem die Möglichkeit, die LCP-gesteuerte Betreuungssituation zu
unterbrechen, weil sich der Allgemeinzustand der betreffenden Person verbessert
hat, wird als Erleichterung wahrgenommen.

Begrenztheit des LCP: Dadurch, dass der LCP zu Übungszwecken auch bei zwei
komplex pflegebedürftigen BewohnerInnen eingesetzt wurde, die nicht sterbend
waren, tauchten weitere Frage auf wie: wie wichtig ist in der terminalen Phase die
Protokollierung von Flüssigkeitsaufnahme und –ausfuhr, von Lagerungswechseln,
aber auch der Einsatz von Risikoskalen etc, weil diese bei externen
Qualitätskontrollen von Bedeutung sind? An dieser Stelle gilt es, mit den externen
Qualitätskontrollinstanzen wie MDK und Heimaufsicht Gespräche zu führen, in denen
über das Projekt ausführlich informiert wird. Eine allgemeine Vorabinformation durch
die Pflegedienstleitung hat stattgefunden.

Kommunikation mit Menschen am Lebensende: Begleitend zu den
Anwendungsübungen tauchten tiefer greifende Fragen auf, die sich darauf
verdichten lassen, wie ein aufmerksameres Erkennen verschlüsselter
Sterbebotschaften der BewohnerInnen erlernbar und erfahrbar gemacht werden
kann und wie entsprechend darauf eingegangen werden kann. Dies war im Weiteren
an Fragen geknüpft wie: Wie gehe ich auf sterbende BewohnerInnen und

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Angehörige zu, um persönliche Wünsche und Sorgen aufzunehmen und den
aktuellen Pflegeplan zu besprechen? Was bedeutet dieser Schritt für BewohnerInnen
mit einer Demenz oder anderen mentalen Beeinträchtigungen?

Gerade bezüglich der Begleitung sterbender Menschen mit Demenz wünschen sich
die MitarbeiterInnen – ähnlich wie bei anderen vorgegebenen Items wie z.B. "ist
komatös" auch die Ankreuzmöglichkeit "ist dement". Zu häufig müssen sonst
Varianteneinträge als Abweichung von "erreichten Zielen" vorgenommen werden, in
denen wiederholt auf die Demenz verwiesen wird, um transparent zu machen,
weshalb bestimmte Betreuungsaspekte nicht so kommuniziert werden konnten wie
bei Menschen ohne Demenz.

Die Anwendung des LCP führte letztlich zu der Erkenntnis, dass die
bwohnerInnenbezogene Sterbebegleitung besonders in schwierigen Situationen mit
der Möglichkeit hätte einher gehen sollen, auf die Konsultation eines externen
Palliativnetzwerkes zurückgreifen zu können. Wahrscheinlich ist, dass sich einige der
erfolgten Verlegungen ins Krankenhaus dadurch hätten vermeiden lassen.

6.8 Das Sterben diagnostizieren
Sterbeverläufe im Pflegeheim stellen sich nicht so linear und "eindeutig" dar wie
meistens im Akutbereich, sondern sie entwickeln sich eher wellenförmig. Student und
Napiwotzky (2007) sprechen auch von einem diskontinuierlichen Verlauf
insbesondere bei nichtonkologischen Erkrankungen und im Alter. Das heißt, eine
plötzliche Zustandsverschlechterung kann für ein akutes Krankheitsgeschehen, das
möglicherweise im Krankenhaus behandelt werden muss, ebenso stehen wie für eine
vorübergehende Befindlichkeits- und Wohlbefindensbeeinträchtigung, aber auch für
den Beginn der Sterbephase an sich. Bei manchen BewohnerInnen kann sich der
Wechsel zwischen Auf- und Abwärtsbewegungen über mehrere Wochen und Monate
hinziehen. Dies zeigt, wie wichtig differenzierende multiprofessionelle
Entscheidungshilfen an dieser Stelle ansetzen müssten. Eine Pflegefachkraft merkt
hierzu an: "Das kannst Du nie mit Sicherheit sagen, ob das jetzt hier was Akutes ist,
oder ob der Sensemann vor der Tür steht. Wenn ich nur an Frau S. denke, wie oft
hatten wir da schon das Gefühl, die verabschiedet sich jetzt, klappt die Augen zu.
Und, was war am nächsten Tag? Hat sie einen angestrahlt wie wenn nichts gewesen
wäre. Das hat sie in diesem Jahr schon dreimal fertig gebracht". (Schulung 1, PFK

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