Management der Alveolitis sicca/ Ostitis circumscripta mit Socketol-Paste
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MATERIALIEN UND MEDIKAMENTE 607 Rada Pejicic Dominique Bichsel Management der Alveolitis sicca/ Silvio Valdec Ostitis circumscripta mit Socketol®-Paste Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Poliklinik für Oralchirurgie, Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich KORRESPONDENZ Rada Pejicic Klinik für Mund-, Kiefer- und Die Alveolitis sicca/Ostitis circumscripta ist eine typische Komplikation Gesichtschirurgie und Poliklinik für Oralchirurgie nach Zahnentfernungen. Socketol® eignet sich aufgrund seiner guten Zentrum für Zahnmedizin analgetischen und antiseptischen Eigenschaften als medikamentöse Universität Zürich Einlage zur Behandlung dieses Krankheitsbildes. Plattenstrasse 11 CH-8032 Zürich Tel. +41 44 634 32 90 E-Mail: Das Auftreten einer Alveolitis sicca (AS), syno- Typisches Leitbild einer AS ist der Zerfall rada.pejicic@zzm.uzh.ch nym auch als dry socket oder dolor post extra- des Koagulums, das sich hierbei grau-grün- cionem bekannt, wird in der Literatur mit lich präsentiert oder vollständig fehlen kann REDAKTION einer Häufigkeit bis zu 4% angegeben, bei (Abb. 2). Halitosis oder ein besonders starker PD Dr. Dr. med. Heinz-Theo 3. Molaren im Unterkiefer ggf. etwas häufiger Begleitschmerz kann, muss aber nicht zwin- Lübbers (Daly et al. 2012). gend auftreten. Praxis für Mund-, Kiefer- und Risikofaktoren stellen Rauchen, ungenü- Zur Vermeidung einer AS wird als medika- Gesichtschirurgie gende Mundhygiene, vorausgegangene Infek- mentöse Unterstützung nur eine chlorhexi- Archstrasse 12 tionen (Perikoronitis) dar. Diskutiert wird dinhaltige Mundspülung als wirtschaftlich CH-8400 Winterthur auch ein Zusammenhang mit oralen Kontra- angesehen (Rueppel et al. 2016). Die Socke- Tel. +41 52 203 52 20 zeptiva (Blum 2002). tol®-Paste wurde primär für die Therapie der E-Mail: info@luebbers.ch Abb. 1 Socketol®-Paste SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 131 7/8 2021 P
608 MATERIALIEN UND MEDIKAMENTE A B Abb. 2 A) Klassische klinische Präsentation einer Alveolitis sicca mit zerfallenem Koagulum vier Tage nach Extraktion des Zahnes 25; B) Intraalveolär applizierter Jodoform-Gazestreifen mit Socketol® nach Entfernung des zerfallenen Koagels und Spülung der Alveole Tab. I Vermeidung der Alveolits sicca durch folgende prophylaktische Massnahmen (modifiziert nach Rueppel et al. 2016) Zeitpunkt Massnahmen Präoperativ –– sorgfältige Anamnese und radiologische Diagnostik –– adäquate Mundhygiene zur Plaquereduktion –– präoperative Spülung mittels 0,2% Chlorhexidingluconat-Lösung für mindestens 30 Sekunden Intraoperativ –– möglichst gewebeschonende Zahnentfernung und sorgfältige Wundversorgung –– Etablierung eines stabilen Koagulums Postoperativ –– Instruktion des Patienten über postoperatives Verhalten –– nur vorsichtige Mundspülung und Zahnreinigung in den ersten 24 Stunden –– Rauchkarenz –– 2× tägliche Spülung mittels 0,2% Chlorhexidingluconat-Lösung ab dem 2. bis zum 7. postoperativen Tag SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 131 7/8 2021P
MATERIALIEN UND MEDIKAMENTE 609 AS entwickelt. Weitere prophylaktische Mass- nahmen zur Risikoreduktion sind in Tabelle I Kurzinformationen zusammengefasst. –– Socketol® ist ein Medikament zur symptomatischen und kausalen Behandlung der Alveolitis sicca. Wirkmechanismus –– Die Wirkung ist analgetisch und antiseptisch. Die analgetische Wirkung von Socketol® –– Indirekte Applikation in die Alveole auf einem Jodoform-Gazestreifen beruht auf dem Gehalt von Lidocain. Es wirkt –– Streifenwechsel nach 1–3 Tagen lokal schmerzstillend und lindert rasch den –– Kontraindikationen beachten (Herz-Kreislauf-Erkrankungen; schwere Leber- und Niereninsuffizienz; Schwangerschaft; Allergien: Zimt, Lokalanästhetika vom Säure hohen Leidensdruck des Patienten. Zusätz- amid-Typ) lich sollen die antiseptischen Bestandteile –– CAVE: differentialdiagnostisch ARONJ ausschliessen Phenoxyethanol und Thymol die weitere In- fektausbreitung verhindern. Daneben ist der möglicherweise antibakterielle und granula- tionsfördernde Perubalsam enthalten. Spülung der Alveole. Danach wird die So- Socketol® wird aufgrund seines eher mil- cketol®-Paste auf einen Jodoform-Gaze den Geschmacks und Geruchs von den Pa- streifen appliziert und in die Alveole einge- tienten gut akzeptiert (Buch et al. 2005). bracht. Durch die Verwendung eines Jodoform-Gazestreifens verstärkt sich die Kontraindikationen und Risiken antiseptische Wirkung. Der Streifenwechsel Socketol® darf bei einer Überempfindlichkeit kann dann im patientenspezifischen Inter- auf Perubalsam oder andere Inhaltsstoffe vall von ein bis drei Tagen durchgeführt nicht angewendet werden. Bei bekannter werden. Zeigt sich im Verlauf weiterhin kei- Allergie auf Zimt ist Socketol® wegen einer ne suffiziente Wundheilung, sollte eine chir- möglichen Kreuzallergie kontraindiziert, urgische Revision als nächster therapeuti- ebenso bei Allergie gegen Lokalanästhetika scher Schritt diskutiert werden. Dies sollte vom Säureamid-Typ. Eine relative Kontra insbesondere bei Risikopatienten mit einer indikation stellt die Anwendung bei Schwan- Antibiose unterstützt werden. geren und Patienten mit schweren Störungen des Reizbildungs- und Reizleitungssystems Abstract English des Herzens, akuter dekompensierter Herz- Pejicic R, Bichsel D, Valdec S: Management of insuffizienz sowie schweren Leber- und Nie- the dry socket with Socketol® paste (in Ger- renerkrankungen dar. man). SWISS DENTAL JOURNAL SSO 131: Literatur 607–609 (2021) Blum I R: Contemporary views on Anwendung Alveolitis sicca or dry socket is a frequent dry socket (alveolar osteitis): a clinical appraisal of standard- Nach einer Lokalanästhesie erfolgt zunächst complication after tooth extraction. It is de- ization, aetiopathogenesis and die Entfernung des zerfallenen Koagulums fined as postoperative pain in and around management: a critical review. mit scharfem Löffel und anschliessender the extraction site, which increases in sever- Int J Oral Maxillofac Surg 31(3): 309–317 (2002) ity at any time between 1 and 3 days after the Buch R, Walter C, Moralis A, Rei extraction accompanied by a disintegrated chert T: Dolor post extractio- blood clot within the alveolar socket with or nem – Die lokale Therapie der Tab. II Inhaltsstoffe der Socketol®-Paste without halitosis. The occurrence of alveolitis Alveolitis mit medikamentösen Einlagen. Dtsch Zahnarztl Z 5: Die Socketol®-Paste enthält pro Gramm Paste: sicca is described in the literature between 3 275–280 (2005) –– 150 mg Lidocainhydrochlorid to 4% for simple extractions and 25 to 30% Daly B, Sharif M O, Newton T, after surgical removal of third molars. Jones K, Worthington H V: Local –– 100 mg Phenoxyethanol interventions for the manage- –– 5 mg Thymol Socketol® is ideally suited as a medica- ment of alveolar osteitis (dry –– 30 mg Perubalsam mentous inlay for the management of this socket). Cochrane Database Syst Rev 12 (2012) condition due to its excellent analgesic and Hilfsstoffe sind Ovis-aries-Wollwachs, Hymetel- Rueppel C, Meier R, Filippi A: Nor- antiseptic properties. It is inserted indirectly male und gestörte Wundheilung. lose, Dimeticon und Eukalyptusöl. into the alveolar socket on a gauze strip. Quintessenz 67: 1225–1232 (2016) SWISS DENTAL JOURNAL SSO VOL 131 7/8 2021P
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