Martin Barsch, Matthias Sandhofer, Christoph Wurzer, Carolin Lindner & Eleni Priglinger - Regenerative Zellen aus Eigenfett
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Regenerative Zellen aus Eigenfett Martin Barsch, Matthias Sandhofer, Christoph Wurzer, Carolin Lindner & Eleni Priglinger Journal für Ästhetische Chirurgie ISSN 1867-4305 J Ästhet Chir DOI 10.1007/s12631-019-0172-9 1 23
Your article is protected by copyright and all rights are held exclusively by Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature. This e-offprint is for personal use only and shall not be self-archived in electronic repositories. If you wish to self-archive your article, please use the accepted manuscript version for posting on your own website. You may further deposit the accepted manuscript version in any repository, provided it is only made publicly available 12 months after official publication or later and provided acknowledgement is given to the original source of publication and a link is inserted to the published article on Springer's website. The link must be accompanied by the following text: "The final publication is available at link.springer.com”. 1 23
Author's personal copy Leitthema J Ästhet Chir Martin Barsch1 · Matthias Sandhofer1 · Christoph Wurzer2,3,4 · Carolin Lindner3,4 · https://doi.org/10.1007/s12631-019-0172-9 Eleni Priglinger3,4 1 Haut-Ästhetik-Venen-Laser Praxis, Österreichisches Zentrum für Lipödem, Linz, Österreich © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von 2 Springer Nature 2019 Liporegena GmbH, Breitenfurt, Österreich 3 Ludwig Boltzmann Institut für experimentelle und klinische Traumatologie im AUVA Forschungszentrum, Linz/Wien, Österreich 4 Österreichisches Cluster für Geweberegeneration, Wien, Österreich Regenerative Zellen aus Eigenfett Abnahmetechnik und Optimierung Der autologe Fetttransfer blickt auf ei- me und Utensilien für einen optimierten und eine bessere Perfusion im Emp- ne bereits 125-jährige Geschichte zurück. Eigenfetttransfer entwickelt. Das Ziel fängergewebe zu erreichen. Dies sollte Der deutsche Chirurg Gustav Adolf Neu- dieser oft viel beworbenen Produkte ist dann in einer Erhöhung der Einheil- ber führte 1893 den ersten dokumentier- eine Verbesserung des Überlebens (Via- rate resultieren. Als Beispiel wäre die ten Transfer von Fettgewebe durch [18]. bilität) der transplantierten Fettpartikel. präoperative Therapie mit Stoßwelle des Über den Ausgang dieser Operation gibt Magnetresonanztomographie(MRT)- Entnahme- als auch des Empfängerare- es keine Niederschrift, jedoch kann nach Untersuchungen von autologen Fett- als zu nennen. Auf diese Thematik wird derzeitigem Wissensstand davon ausge- transplantationen zeigten eine durch- in dieser Sonderausgabe noch separat gangen werden, dass die Transplantation schnittliche Resorption von rund 30 % eingegangen (s. [20]). eines ganzen Lipoms nicht sehr Erfolg [7], also ein Überleben des Transplantats Auch die Vortherapie des Empfänger- versprechend gewesen sein dürfte. Ei- von rund 70 %. areals mit perfusionsfördernden Maß- nige Jahre später erkannte Lexer, dass Zusätzlich zu den verschiedensten nahmen, wie z. B. der Carboxytherapie nur kleine Transplantate überleben und Entnahme-, Transfer,- und Injektions- (CO2-Therapie), ist Gegenstand unserer dass die durch Lipektomie gewonnenen utensilien haben sich einige prä- und aktuellen Forschung. Die Entstehung Fettstücke mit einem Skalpell zerkleinert postoperative Begleittherapien in der einer lokalen Hyperkapnie resultiert in werden müssen, um im Empfängerareal Klinik als vielversprechend gezeigt. Das einer Verbesserung der lokalen Mikro- überleben zu können [14]. Ziel dieser Begleittherapien ist z. B., eine zirkulation, der Freisetzung von Wachs- Erst in den 80er-Jahren des letzten Konditionierung des Entnahmegewebes tumsfaktoren und der Förderung der Jahrhunderts konnte durch die Einfüh- rung der Liposuktion durch Illouz Fett- gewebe wenigertraumatischentnommen werden [8]. Aber erst die Einführung der Tumeszenzflüssigkeit durch Jeffrey Klein machte eine schonende und nebenwir- kungsarme Entnahme von Fettgewebe in größeren Mengen möglich. In weiterer Folge hat sich der Transfer von, durch Liposuktion gewonnenem Aspirat in der kosmetischen und rekonstruktiven Chi- rurgie weit verbreitet. Das meist reichlich verfügbare und durch Liposuktion leicht extrahierbare Fettgewebe etablierte sich als ideales Füllmaterial für Weichteilde- fekte [21]. Es stellte sich somit mit der zuneh- menden Anzahl an Eigenfetttransplan- Abb. 1 8 Histologischer Schnitt durch die Dermis einer Maus. Schön ersichtlich sind (von oben nach tationen die Frage der Optimierung der unten) die Epidermis (e), Haarfollikelansätze (h), das dermale weiße Fettgewebe (dWAT), Bindegewe- be (b) sowie der Panniculus carnosus (pc), darunter würde das subkutane weiße Fettgewebe (sWAT) Überlebens- und Einheilrate der trans- beginnen (hier nicht mehr ersichtlich). Repräsentatives Bild. Maßstabsbalken =200 μm. (© Ludwig ferierten Fettzellen. So wurden in den Boltzmann Institut für Traumatologie, Wien, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit freundl. Genehmi- letzten Jahren die verschiedensten Syste- gung) Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy Leitthema Angiogenese [2, 26]. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften bei nichtexis- tenten bzw. vernachlässigbaren Neben- wirkungen gehen wir von einer besseren Einheilrate aus und führen diese The- rapie vor jedem Eigenfetttransfer im Empfängerareal durch. Die vermehrte Perfusion ist innerhalb weniger Minuten nach der Einbringung deutlich zu sehen. Unserer Meinung nach überwiegen die perfusionsfördernden Eigenschaften der Carboxytherapie im Gegensatz zu dem in der Literatur beschriebenem oxi- dativ lipolytischen Effekt, der nach 4 bis 6 Behandlungen auftritt [1]. Abb. 2 8 Entnahme von dermalem weißem Fettgewebe (dWAT) direkt subdermal. Die hierfür ver- wendete Kanüle hat nur dermalwärts gerichtete 1-mm-Perforationen. (Zeichnung: Dr. M. Barsch. © M. Barsch, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit freundl. Genehmigung) Fett als Stammzellquelle Neben dem volumisierenden Effekt eines Eigenfetttransfers konnte schon vor ei- Abb. 3 9 Separa- nigen Jahren nachgewiesen werden, dass te Entnahme von dermalem weißem Fett ein reichhaltiges Reservoir für adulte Fettgewebe (dWAT) Stammzellen darstellt [27]. So geht man und subkutanem heutzutage davon aus, dass die Anrei- weißem Fett- cherung von gewonnenem Fettgewebe gewebe (sWAT). mit Stammzellen die Viabilität von Fat- SVF(stromale vasku- läre Fraktion)-Zellen grafts verbessert [25]. Es konnte gezeigt aus dWAT isoliert werden, dass Zell-assistierter Lipotrans- zeigen nach 7 Ta- fer („cell assisted lipotransfer“ [CAL]) gen in Kultur eine postoperative Atrophien reduzieren und erhöhte Zelldich- Angiogenese fördern kann [6, 9]. te und eine leicht erhöhte metabo- Sehr oft besteht neben der Volu- lische Aktivität. misierung eines Areals gleichzeitig der Repräsentative Wunsch zur Reduzierung lokalisierter Bilder. Maßstabs- Fettpolster wie Abdomen, Flanke oder balken = 100 μm, Reiterhose. Da bei einer Liposuktion gleicher Maßstab bei allen Bildern. meist mehr Fettgewebe entnommen Daten als Mittel- wird, als im Empfängerareal transferiert wert ± Standard- werden kann, bietet sich das überschüs- abweichung darge- sige Fett als Stammzellenquelle an. stellt.n = 3.ATPAde- nosintriphosphat. (© Ludwig Boltz- mann Institut für »gewonnenem Die Anreicherung von Fettgewebe mit Traumatologie, Wien, alle Rechte Stammzellen verbessert die vorbehalten. Ab- Viabilität von Fatgrafts druck mit freundl. Genehmigung) Die Qualität des Fettes bzw. die Quantität der Stammzellen scheint jedoch nicht in jedem Entnahmeareal gleich zu sein. Ein routinierter Operateur erkennt bei ein und derselben Person regionale Unter- schiede bezüglich der Leichtgängigkeit der Führung der Kanüle. Untersuchun- gen zeigten auch, dass die Bauchregion Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy Zusammenfassung · Abstract J Ästhet Chir https://doi.org/10.1007/s12631-019-0172-9 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Barsch · M. Sandhofer · C. Wurzer · C. Lindner · E. Priglinger Regenerative Zellen aus Eigenfett. Abnahmetechnik und Optimierung Zusammenfassung Fett bietet neben seinem volumisierenden dass mit einer dWAT-Kanüle mehr tote vielerorts verwendete Zentrifugation des Effekt ein reichhaltiges Reservoir für regene- Adipozyten hervorgebracht werden, jedoch Liposuktionsmaterials hatte einen negativen rative Zellen, die eine wichtige Rolle für den mit einer höheren SVF-Zellausbeute. Die Einfluss auf das Überleben der Adipozyten. Einbau und das Überleben eines Fettgrafts aus dWAT isolierten SVF-Zellen zeigten eine Ein Eigenfetttransfer besteht aus vielen spielen. Wir haben den Unterschied zwischen leicht erhöhte Zelldichte und metabolische einzelnen Schritten. Das Ergebnis hängt nicht dermalem weißem Fettgewebe (dWAT) und Aktivität nach Isolierung im Vergleich zu aus nur von der Wahl der Kanülen, sondern auch subkutanem weißem Fettgewebe (sWAT) als sWAT isolierten SVF-Zellen. Im Gegensatz von der Verarbeitung und Reinjektionstechnik auch die Auswirkungen der maschinellen und zur 2-mm-Kanüle war die 1-mm-Kanüle des gewonnenen Gewebes ab. Ziel ist, jeden manuellen Fettabnahme mit verschiedenen schonender in der Fettentnahme und brachte einzelnen Verarbeitungsschritt zu verbessern, Kanülen- bzw. Perforationsgrößen auf die signifikant viable SVF-Zellen hervor. Einen um dem transplantierten Gewebe die Viabilität der Adipozyten und der aus dem negativen Effekt auf das Überleben der bestmöglichen Überlebenschancen zu bieten Fettgewebe isolierten stromalen vaskulären Adipozyten zeigte unser Versuch, Fettgrafts und dadurch das Endergebnis zu optimieren. Fraktion (SVF) untersucht. Zusätzlich mittels 2 Spritzen und Sieb herzustellen. Das verglichen wir, ob eine hohe Zentrifugation Waschen mit NaCl, um die Tumeszenzlösung Schlüsselwörter sowie die Tumeszenzlösung einen Effekt zu entfernen, resultierte in weniger toten Stammzellen · Adipozyten · Tumeszenz · auf diese Zellen haben. Es zeigte sich, Zellen im Liposuktionsmaterial. Auch die Zentrifugation · Kanülen Regenerative cells from autologous fat. Harvesting technique and optimization Abstract In addition to its volumizing effect adipose dWAT cannula but with a higher SVF cell yield. had a negative influence on the survival of tissue provides an abundant source of The SVF cells isolated from dWAT showed a adipocytes. regenerative cells, which play an important slightly increased cell density and metabolic An autologous fat transfer consists of many role in the integration and survival of an activity following isolation in comparison to individual steps. The result is not only adipose tissue graft. This study investigated SVF cells isolated from sWAT. In contrast to the dependent on the choice of the cannula the difference between dermal white adipose 2-mm cannula, the 1-mm cannula was more but also on the processing and reinjection tissue (dWAT) and subcutaneous white protective in the fat removal and resulted technique of the harvested tissue. The aim adipose tissue (sWAT) as well as the impact in significantly more viable SVF cells. The is to improve every single processing step of mechanical and manual fat removal with attempt to recover adipose cells using two in order to provide the transplanted tissue various cannula and perforation sizes on the syringes and a sieve had a negative effect with the best possible chance of survival and viability of adipocytes and the stromal vascular on the survival of adipocytes. Washing with therefore to optimize the final result. fraction (SVF) isolated from the adipose tissue. NaCl to remove the tumescence solution Additionally, it was investigated whether resulted in less dead cells in the liposuction Keywords high centrifugation and tumescence solution material. Centrifugation of the liposuction Stem cells · Adipocytes · Tumescence · had an effect on these cells. It was found material, which is used in many places, also Centrifugation · Cannula that more dead adipocytes occurred with a um 20 % weniger Stammzellen beinhal- den Schichten trennt (. Abb. 1) und Wir gehen davon aus, dass man bei se- tet als die Trochanter- oder Gesäßregion beim Menschen teilweise nur mehr als parater Entnahme des dWAT (. Abb. 2) [22]. Platysma vorhanden ist. und nischenspezifischer Reinjektion Diese unterschiedlichen Fettgewebs- mit speziellen Infiltrationskanülen mit Dermales Fett kompartimente sollten im Sinne einer 0,5–1 mm Perforationen, die nur an der Nischenspezifität betrachtet und im dermalen Seite der Kanüle zu finden sind, Das subkutane Fettgewebe ist nicht, wie Rahmen der Eigenfetttransplantation bessere klinische Ergebnisse erzielt. in vielen Lehrbüchern vermittelt wird, berücksichtigt werden. Zum Vergleich von regenerativen eine homogene, gleichmäßig aufgebaute Mikroskopisch präsentiert sich das Zellen aus dermalem und subkutanem Masse, sondern gliedert sich in das der- dermale Fett mit kleinen Lobuli und dich- Fett wurde das Liposuktionsmaterial male weiße Fettgewebe (dWAT) und das ten Bindegewebssepten und das tiefere mit phosphatgepufferter Kochsalzlösung subkutane weiße Fettgewebe (sWAT) [5]. subkutane Fett mit weicheren Lobuli und (PBS) gewaschen und anschließend en- Der Panniculus carnosus ist eine deutlich weniger Bindegewebsanteilen zymatisch mittels Kollagenase verdaut, Schicht quergestreifter Muskulatur, der [19]. zentrifugiert und das Zellpellet mit Ery- bei primitiven Säugetieren diese bei- throzytenlysepuffer inkubiert, um rote Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy Leitthema Abb. 4 8 KanülengrößeundÜberlebensfähigkeitderAdipozytenundStammzellen.aFettgewebewurdemittelsdWAT(dermales weißes Fettgewebe)-Kanüle, Coleman-Kanüle, Kanülen mit 1 mm und 2 mm Lochdurchmesser abgenommen. Morpholo- gie des abgenommenen Fettgewebes in kleinen Inserts zeigt feineres Gewebe mit dWAT-Kanüle und der Kanüle mit 1 mm Lochdurchmesser. Repräsentative Bilder. Maßstabsbalken =1 cm, Maßstab bei allen Bildern gleich. b Liposuktionsmaterial mit Calcein-AM (grün = lebend; Invitrogen, Wien, Österreich), Ethidium homodimer I (rot = tot; Sigma, Wien, Österreich), Hoechst (blau = alle Zellkerne; Invitrogen, Wien, Österreich) gefärbt zeigt mit allen Kanülen viable Adipozyten. Repräsentati- ve Bilder. Maßstabsbalken = 100 μm, gleicher Maßstab bei allen Bildern. c Die SVF(stromale vaskuläre Fraktion)-Zellausbeute (n = 5) nach enzymatischer Isolation zeigt einen tendenziellen Anstieg mit der dWAT-Kanüle, die Viabilität (n =3–13) war mit der Kanüle mit 1 mm Lochdurchmesser signifikant höher verglichen zu dWAT und 2 mm. Daten als Box-Plots dargestellt. *p < 0,05. (Fotos der Kanülen inklusive Details: © Dr. Matthias Sandhofer/Dr. Martin Barsch, Linz. Alle übrigen: © Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie, Wien, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit freundl. Genehmigung) Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy höhten Proliferation und metabolischen Aktivität hervorbringt (. Abb. 3). Kanülengröße In dem Moment, in dem Fettgewebe aus derSubkutis entnommenwird, istdas Ge- webe unphysiologischen Einflüssen aus- gesetzt. Die erste große Hürde ist die Öffnung (Perforation) der Kanüle. Von Abb. 5 8 ViabilitätvonzerkleinertemFettgewebe(Nanofett).DieCalcein-AM(grün = lebend)-Färbung ihrem Durchmesser ist abhängig, in wel- des Fettgewebes zeigt, dass nach 30-maliger Bewegung zwischen 2 Spritzen über einen Luer-Lock- cher Größe die Fettgewebskonglomera- Konnektor viel weniger vitale Zellen nachzuweisen waren als bei unbehandeltem Fett, keine lebenden Zellen nach zusätzlicher Verarbeitung mit einem 500-μm-Gitter. Repräsentative Bilder. Maßstabsbal- te über die Kanüle in die Auffangbehäl- ken = 100 μm, gleicher Maßstab bei allen Bildern. (© Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie, ter bzw. die Spritze gelangen. Auf die- Wien, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit freundl. Genehmigung) sem Weg wirken die Scherkräfte abhän- gig von der Stärke des Unterdruckes auf die Fettzellen. Diese beiden Vorgänge be- wirken einen mechanischen Schaden an den Fettgewebskonglomeraten [13, 16]. In der Literatur sind unterschiedli- che Angaben bezüglich des Diameters der Kanülengröße zu finden [11, 15, 17]. Unserer Meinung nach ist jedoch nicht der Diameter der Kanüle, sondern die Abb. 6 8 Bei 1 mm großen Grafts überleben Adipozyten und SVF (stromale vaskuläre Fraktion). Bei Größe der Öffnung ausschlaggebend. 2 mm durchmessenden Grafts überleben die Adipozyten im Randbereich (hellgelb), innen (dunkel- gelb) nur die SVF. Bei 3 mm Grafts überleben im Zentrum weder Adipozyten noch SVF. (Mod. nach [24]) »Hauttextur Nanofett verbessert die und ergibt in Kombination mit Mikrofett ein besseres Ergebnis Aus diesem Grund entschieden wir uns, die Kanülengröße und die da- mit verbundene Überlebensfähigkeit der Adipozyten und der SVF-Zellen zu untersuchen. Dazu wurden Fettge- webskonglomerate mittels einer dWAT- Abb. 7 8 Untersuchung der Toxizität der Tumeszenzlösung auf Adipozyten. Die Färbung des Liposuk- Kanüle, Coleman-Kanüle und Kanülen tionsmaterials mit Calcein-AM (grün =lebend), Ethidium homodimer I (rot = tot), Hoechst (blau = alle mit 1 mm und 2 mm Lochdurchmesser Zellkerne) zeigt a mehr tote Zellen in nicht gewaschenem Fettgewebe, b weniger viable Adipozyten abgenommen (. Abb. 4). Morphologisch im gewaschenen Fett. Repräsentative Bilder. Maßstabsbalken =100 μm, gleicher Maßstab bei allen Bildern. (© Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie, Wien, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit war das mit der Coleman-Kanüle und freundl. Genehmigung) der Kanüle mit 2 mm Lochdurchmes- ser gewonnene Fettgewebe eher grob, während die dWAT-Kanüle und v. a. Blutkörperchen zu entfernen. Nach er- cells“ (ASC), beinhaltet. Die SVF-Zel- die Kanüle mit 1 mm Lochdurchmesser neuter Zentrifugation wurde das Pellet len wurden analysiert hinsichtlich ihrer sehr feines Fett hervorbrachten. Das Li- mit PBS gewaschen und durch ein 100- Morphologie und ihrer Proliferation posuktionsmaterial wurde mit Calcein- μm-Zellsieb gefiltert. Die so isolierte in der Zellkultur sowie ihrer metabo- AM (grün = lebend), Ethidium homodi- stromale vaskuläre Fraktion (SVF) ist lischen Aktivität mittels Messung der mer I (rot = tot) und Hoechst (blau = alle ein heterogenes Zellgemisch, das unter ATP(Adenosintriphosphat)-Konzentra- Zellkerne) gefärbt, um lebende und tote anderem Präadipozyten, endotheliale tion nach 1 Woche in Kultur. Unsere Zellen zu detektieren. Die Coleman- Vorläuferzellen, Perizyten, hämatopoe- Untersuchungen haben gezeigt, dass Kanüle sowie die Kanülen mit 1 mm tische und mesenchymale Stammzel- dermales Fett SVF-Zellen mit einer er- und 2 mm Lochdurchmesser zeigten len, sog. „adipose derived stromal/stem viele lebende Adipozyten, während die Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy Leitthema Abb. 8 8 Untersuchung der Toxizität der Tumeszenzlösung auf Stammzellen. Die Viabilität von SVF(stromale vaskuläre Frak- tion)-Zellen a (n = 1) direkt nach enzymatischer Isolation aus gewaschenem und nicht gewaschenem Fettgewebe sowie bden daraus gewonnenen, kultivierten „adipose derived stromal/stem cells“ (ASC; n =2) war bei beiden Bedingungen gleich hoch. Daten als Mittelwert ±Standardabweichung dargestellt tion mit Mikrofett ein besseres Ergebnis ergibt. Coleman beschrieb bereits 2009, dass der Radius eines Fettpartikels in- direkt proportional zu dessen Oberflä- che ist [3]. Das heißt, bei gleichbleiben- der Transplantatmenge wird die Kontakt- oberfläche verdoppelt, wenn die Grö- ße der Grafts halbiert wird. Sind die transplantierten Grafts zu groß, resultiert dies in einer zentralen Nekrose, da die transplantierten Fettgewebskonglomera- te nicht mehr durch Diffusion aufrecht- erhalten werden können ([4]; . Abb. 6). Gewebe, das mit kleinen Kanülen ent- nommen wurde, kann auch mit klei- nen Kanülen transferiert werden. Grö- Abb. 9 8 Auswirkungen der Zentrifugation auf die Adipozyten und Stammzellen. a Die Färbung des ßere Fettkonglomerate, die durch eine Liposuktionsmaterials mit Calcein-AM (grün =lebend) zeigt vor der Zentrifugation viele viable Adi- dünnere Kanüle injiziert werden, als sie pozyten, nach der Zentrifugation deutlich weniger. b Daraus gewonnene SVF-Zellen zeigten nach gewonnen wurden, können zur Verstop- 4 Tagen in Kultur eine höhere Zellzahl aus zentrifugiertem Fett. Repräsentative Bilder. Maßstabsbal- ken = 100 μm, gleicher Maßstab bei allen Bildern. (© Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie, fung der Kanülen führen. Durch eine Wien, alle Rechte vorbehalten. Abdruck mit freundl. Genehmigung) verstopfte Kanüle wird mehr Druck auf- gebaut, der sich wiederum negativ auf die Viabilität auswirkt. Zusätzlich kann dWAT-Kanüle, durch den stärkeren me- zu können. Das als „Nanofett“ bezeich- auf diese Weise keine gleichmäßige, reis- chanischen Eingriff auch zu vielen toten nete fließfähigere und homogenere Fett korngroße Applikation der Grafts erfol- Adipozyten führte. Im Gegensatz dazu hat gute Injektionseigenschaften [23], je- gen, und das Risiko für Unregelmäßig- sieht man mit der dWAT-Kanüle eine doch zeigte sich in unseren Untersuchun- keiten erhöht sich. Durch mechanisch Tendenz zu mehr isolierten SVF-Zellen gen, dass nach Zerkleinerung durch 30- geschädigte Adipozyten entstehen ver- verglichen zu den anderen Kanülen. malige Bewegung zwischen 2 Spritzen mehrt Nekrosezonen, die nach Konflu- Die Viabilität der isolierten SVF-Zellen über einen Luer-Lock-Konnektor wenig enz zur Entstehung von Ölzysten führen war signifikant erhöht mit der Kanüle vitale Zellen nachzuweisen sind. Noch können. mit 1 mm Lochdurchmesser im Ver- weniger bzw. fast gar keine Zellen zei- gleich zur dWAT-Kanüle und Kanüle gen sich nach weiterer Verarbeitung mit Tumeszenztechnik mit 2 mm Lochdurchmesser (. Abb. 4). einem 500-μm-Gitter (. Abb. 5). Ein weiteres Paradigma besteht da- Klinische Beobachtungen zeigen je- Durch die Einführung der Liposuktion rin, das Fettgewebe maximal zu verklei- doch, dass transplantiertes Nanofett die in Tumeszenztechnik durch Jeffrey Klein nern, um dieses leichter transplantieren Hauttextur verbessert und in Kombina- [12] galt die trockene Absaugung als ob- Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy solet, und die Tumeszenztechnik ist heut- pozyten, während nach der Zentrifugati- Korrespondenzadresse zutage als sicherste Methode etabliert. on mit 3000 g für 3 min deutlich weniger Die in der Tumeszenzflüssigkeit enthal- sichtbar waren. Die daraus gewonnenen Dr. Martin Barsch, MBA tenen Substanzen wie Lidocain, Adrena- SVF-Zellen zeigten nach 4 Tagen in Kul- Haut-Ästhetik-Venen-Laser Praxis, Österreichisches Zentrum für Lipödem lin, Natrium Bikarbonat und evtl. Triam- tur eine etwas höhere Zellzahl aus dem Starhembergstr. 12, 4020 Linz, Österreich cinolon können Auswirkungen auf die zentrifugierten Fett. martin@drbarsch.at zu transplantierenden Adipozyten und Der Eigenfetttransfer und die Gewin- die SVF haben. Für Prilocain wurde eine nung von Stammzellen werden derzeit zytotoxische Wirkung auf Stammzellen noch unterschätzt. Diese Therapiemög- Einhaltung ethischer Richtlinien bereits nachgewiesen [10], aus diesem lichkeiten werden aber in Zukunft ei- Grund sollte dieses Lokalanästhetikum, ne wichtige Funktion im Fachgebiet Interessenkonflikt. M. Barsch, M. Sandhofer, C. Wur- zumindest wenn ein Eigenfetttransfer ge- der Dermatologie einnehmen. Umso zer, C. Lindner und E. Priglinger geben an, dass kein plant ist, nicht verwendet werden. wichtiger ist es, sichere und schonende Interessenkonflikt besteht. Abnahme-, Verarbeitungs- und Injekti- Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren » Die Tumeszenztechnik ist heute als sicherste Methode onstechniken zu etablieren, um natür- liche, reproduzierbare und nachhaltige durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Ergebnisse zu erlangen. etabliert Literatur Fazit für die Praxis Klein beschrieb die maximale sichere Do- 1. Brandi C, D’aniello C, Grimaldi L et al (2001) Carbon dioxide therapy in the treatment of localized sis von Lidocain von 50 mg/kg Körperge- 4 Das zu transplantierende Gewebe adiposities: clinical study and histopathological wicht (KG). Wir haben bei den Eingrif- sollte bereits durch eine entspre- correlations. Aesthetic Plast Surg 25:170–174 fen in dieser Studie eine Obergrenze von chende Abnahmetechnik schonend 2. Brandi C, Grimaldi L, Nisi G et al (2010) The role of carbon dioxide therapy in the treatment of chronic 35–45 mg/kgKG festgesetzt. Im Rahmen behandelt werden. Mechanische Ein- wounds. In Vivo 24:223–226 des Eigenfetttransfers wird das Fettgewe- flüsse wie eine Zentrifugation wirken 3. Coleman SR, Mazzola RF (2009) Fat Injection. From be mit NaCl gewaschen und nach erneu- sich v. a. negativ auf die Viabilität der Filling to Regeneration. 2nd edition, Thieme, New York tem Absetzen und Entfernung der Flüs- Adipozyten aus. 4. Del Vecchio D, Rohrich RJ (2012) A classification of sigkeit das gereinigte Fettgewebe trans- 4 Kleine Kanülen mit Lochdurchmesser clinical fat grafting: different problems, different plantiert. von 1 mm eignen sich für die Trans- solutions. Plast Reconstr Surg 130:511–522 5. Driskell RR, Jahoda CA, Chuong CM et al (2014) Die Lebend/Tot-Färbung des Lipo- plantation von Eigenfett. Größere Defining dermal adipose tissue. Exp Dermatol suktionsmaterials zeigt weniger tote Fatgrafts können durch Perfusion 23:629–631 Zellen im gewaschenen Fett im Ver- nicht mehr ausreichend ernährt wer- 6. Gentile P, Orlandi A, Scioli MG et al (2012) A comparative translational study: the combined gleich zum ungewaschenen Fett, aber den und sterben ab, was zu einer use of enhanced stromal vascular fraction insgesamt auch weniger viable Adipozy- reduzierten Einheilrate führt. and platelet-rich plasma improves fat grafting ten, was darauf hindeutet, dass mit dem 4 Das dermale Fett sollte als eigene maintenance in breast reconstruction. Stem Cells Transl Med 1:341–351 Waschvorgang nicht nur tote Zellen Entität angesehen werden und die 7. Herold C, Ueberreiter K, Cromme F et al (2010) weggewaschen werden, sondern auch Transplantation nischenspezifisch MRT-Volumetrie der Mamma zur Kontrolle der einige viable Adipozyten. (. Abb. 7). erfolgen. Dermales Fett zeigt eine Fettresorptionsrate nach autologem Lipotransfer. Handchir Mikrochir Plast Chir 42:129–134 Wir konnten auch keine Toxizität von höhere Zelldichte und metabolische 8. Illouz YG (1984) Illouz’s technique of body Lidocain auf die SVF-Zellen und der Aktivität. contouring by lipolysis. Clin Plast Surg 11:409–417 daraus gewonnenen ASC feststellen, 4 Durch die mechanische Zerkleine- 9. Jiang A, Li M, Duan W et al (2015) Impro- vement of the survival of human autologous da die Viabilität der Zellen bei beiden rung von Fett zu Nanofett erhält man fat transplantation by adipose-derived stem- Bedingungen gleich hoch ist (. Abb. 8). eine geringe Anzahl an vitalen Zellen. cells-assisted lipotransfer combined with bFGF. 4 Eine toxische Wirkung der Tumes- ScientificWorldJournal 2015:968057 10. Keck M, Janke J, Ueberreiter K (2009) Viability Zentrifugation zenzflüssigkeit auf die SVF konnten of preadipocytes in vitro: the influence of wir in unseren Tests nicht nachwei- local anesthetics and pH. Dermatologic Surg Die Zentrifugation von Fettgewebe soll sen, aber im nicht verarbeiteten 35:1251–1257 (official publication for American Society for Dermatologic Surgery [et al.]) die unerwünschten Bestandteile wie Ery- Liposuktionsmaterial Hinweise auf 11. Kirkham JC, Lee JH, Medina MA 3rd et al (2012) The throzyten, Öl und Tumeszenzflüssigkeit negative Einflüsse auf die Adipozy- impact of liposuction cannula size on adipocyte entfernen und so reineres Fett für den ten. viability. Ann Plast Surg 69:479–481 12. Klein JA (1987) The tumescent technique for lipo- Transfer bereitstellen. Deshalb haben wir suction surgery. AM J Cosmetic Surg 4:1124–1132 die Auswirkungen der Zentrifugation auf 13. Lee JH, Kirkham JC, Mccormack MC et al (2013) die Adipozyten und die Stammzellen un- The effect of pressure and shear on autologous fat grafting. Plast Reconstr Surg 131:1125–1136 tersucht. 14. Lexer E (1910) Freie Fetttransplantation. In: Dtsch. Wie in . Abb. 9 aufgeführt, zeigen sich med. Wschr, S 640 vor der Zentrifugation viele viable Adi- Journal für Ästhetische Chirurgie
Author's personal copy Leitthema 15. Li FC, Chen B, Cheng L (2014) Breast augmentation with autologous fat injection: a report of 105 cases. Ann Plast Surg 73(Suppl 1):S37–S42 16. Mojallal A, Auxenfans C, Lequeux C et al (2008) Influence of negative pressure when harvesting adipose tissue on cell yield of the stromal-vascular fraction. Biomed Mater Eng 18:193–197 17. Mysore V, Force IDT (2008) Tumescent liposuction: standard guidelines of care. Indian J Dermatol Venereol Leprol 74(Suppl):S54–S60 18. Neuber G (1893) In: Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Springer, Berlin, S 66 19. Sandhofer M, Anderhuber F (2010) Den alternden Fettkörpern des Gesichts begegnen. In: Astheti- sche Dermatologie & Kosmetologie, S 22–25 20. Sandhofer M, Barsch M, Wurzer C et al (2019) In-vivo-Aktivierung von regenerativen Zellen im Fettgewebe für die Gesichtsrejuvenation. J Ästhet Chir 12. https://doi.org/10.1007/s12631-019- 0173-8 21. Simonacci F, Bertozzi N, Grieco MP et al (2017) Pro- cedure, applications, and outcomes of autologous fat grafting. Ann Med Surg (Lond) 20:49–60 22. Sinna R, Delay E, Garson S et al (2010) Breast fat grafting (lipomodelling) after extended latissimus dorsi flap breast reconstruction: a preliminary report of 200 consecutive cases. JPRAS 63:1769–1777 23. Tonnard P, Verpaele A, Peeters G et al (2013) Nanofat grafting: basic research and clinical applications. Plast Reconstr Surg 132:1017–1026 24. Ueberreiter K (Hrsg) (2016) Autologe Fettge- webstransplantation. Springer, Berlin Heidelberg 25. Yoshimura K, Sato K, Aoi N et al (2008) Cell-assisted lipotransfer for cosmetic breast augmentation: supportive use of adipose-derived stem/stromal cells. Aesthetic Plast Surg 32:48–55 (discussion 56–47) 26. Zenker S (2012) Carboxytherapy: carbon dioxide injectionsinaestheticmedicine. PrimeEur2:42–50 27. Zuk PA, Zhu M, Mizuno H et al (2001) Multilineage cells from human adipose tissue: implications for cell-based therapies. Tissue Eng 7:211–228 Journal für Ästhetische Chirurgie
Sie können auch lesen