Entgelte (April 2018) - Finanz Colloquium Heidelberg

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04 Entgelte (April 2018)
       Quelle Neuerung: LG Frankfurt vom 21.12.2017, AZ. 2-10
       O 177/17 (AGB-Klausel ggü. Privatkunden, die die
       Zahlung von Kosten für die Abwicklung der
       einvernehlichen vorzeitigen Rückzahlung eines
       Immobileindarlehens    von   300   Euro   verlangen,   ist
       unwirksam)
Beschreibung: Das Landgericht Frankfurt hatte mit dieser
Entscheidung die AGB-Klausel einer Bank für unwirksam erklärt,
wonach Privatkunden Kosten (Verwaltungsaufwand) von 300 Euro
für die Abwicklung der einvernehmlichen vorzeitigen
Rückzahlung eines Immobiliendarlehens zu zahlen haben. Nach
Ansicht des LG handele es sich bei der Bepreisung der
einvernehmlichen vorzeitigen Darlehensrückzahlung um eine
kontrollfähige Preisnebenabrede. Die angegriffene Klausel
umfasse ebenso die Fälle der § 489 Abs.1, 2, § 490 Abs. 2 BGB
nach Kündigung durch den Verbraucher aufgrund eines
gesetzlichen Kündigungsrechts, somit sämtliche Fälle, in denen
die Vertragsparteien die Rückzahlung einvernehmlich ohne
Streit abwickeln, gleich aufgrund welchen Rechtsgrundes es zur
Rückzahlungsverpflichtung als solcher gekommen ist. Sofern dem
Darlehensnehmer die Rückzahlung aufgrund eines gesetzlichen
Kündigungsrechts zusteht, stellt dies eine unangemessene
Bepreisung einer Leistung dar, die die Bank von Gesetzes wegen
schuldet und das Gesetz in § 488 ff. BGB nicht kennt. Eine
Abwälzung des anlässlich der Abwicklung des Darlehensvertrags
anfallenden Verwaltungsaufwands auf den Darlehensnehmer ist
dem gesetzlichen Leitbild des Darlehensvertrags fremd.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Berufung ist beim OLG
Frankfurt anhängig.
Praxistipp: Der weitere Fortgang (wohl bis zum BGH) sollte
durch die Häuser verfolgt werden. Anhand der bisherigen
Rechtsprechung des BGH etwa zu Darlehensbearbeitungsgebühren
und Darlehenskontoführungsgebühren könnte die Argumentation
des LG Frankfurt jedoch Bestand haben. Dann wären
entsprechende Preisverzeichnisse der Häuser anzupassen.

06  VerbrKrR                     mit         Werbung
(April 2018)
       Quelle Neuerung: OLG Karlsruhe vom 10.10.2017, Az. 17 U
       129/16 (unvollständige Information über Widerrufsfolgen
       im entschiedenen Fall hatte keine Auswirkungen auf
       Widerrufsrecht des Darlehensnehmers
       Beschreibung: (aufgrund der Fülle der Entscheidungen
       sowie aufgrund des anhängigen Revisionsverfahrens
lediglich Leitsatz des Gerichts): In einem weiteren
„Widerrufsfall“ (Vertragsschluss im April 2010 im Wege des
Fernabsatzes) hatte das OLG KA entschieden, dass in Fällen, in
denen nach der in Textform dokumentierten tatsächlichen
Vertragsgestaltung der Eintritt dieser Widerrufsfolge von
vornherein ausgeschlossen ist, es dahinstehen kann, ob eine
unzutreffende Belehrung über die Voraussetzungen der
Wertersatzpflicht gem. § 312d Abs. 6 BGB a.F. die
Widerrufsbelehrung insgesamt verunklart und sie damit
insgesamt nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt. In
diesen Fällen sei ein Belehrungsdefizit in keinem denkbaren
Fall geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des
Widerrufsrecht abzuhalten. Die unvollständige Information über
die Widerrufsfolgen könne daher keine Auswirkungen auf das
Widerrufsrecht des Darlehensnehmers haben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Revision ist beim BGH
anhängig
Praxistipp:. Informatorisch, Entscheidung des BGH ist
abzuwarten.
Quelle Neuerung: OLG Karlsruhe vom 09.01.2018, Az. 17 U
        219/15 (Verwirkung des Widerrufsrechts bei beendeten
        Verbraucherdarlehensvertrag)
        Beschreibung: (aufgrund der Fülle der Entscheidungen
        sowie aufgrund des anhängigen Revisionsverfahrens
        lediglich Leitsatz des Gerichts): In einem weiteren
        Fall zur Verwirkung des Widerrufsrechts hat das OLG KA
entschieden, dass eine Verwirkung in Fällen des Widerrufs
eines auf Wunsch des Verbrauchers einverständlich vorzeitig
beendeten Darlehensvertrags regelmäßig ausscheidet, wenn
abgesehen von der Vertragsbeendigung auf Initiative des
Verbrauchers (im zum entscheidenden Fall gegen Zahlung einer
Vorfälligkeitsentschädigung        bzw.    Nach   Ablauf    der
Zinsbindungsfrist) keinen weiteren Umstände ersichtlich sind,
auf welche die Bank ein schutzwürdiges Vertrauen aufbauen
könnte, der Verbraucher werde von seinem Widerrufsrecht nach
Darlehensablösung keinen Gebrauch machen und die Bank außerdem
keine Vermögensdispositionen in ihrem Geschäftsbetrieb
getroffen hat, so dass ihr aus der verspäteten Ausübung des
Widerrufsrechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.
Das Urteil ist ebenfalls nicht rechtskräftig, Revision ist
beim BGH anhängig
Praxistipp:. Informatorisch, Entscheidung des BGH ist
abzuwarten.

        Quelle Neuerung: LG Düsseldorf vom 15.12.2017, Az. 10 O
        143/17 (Unwirksamkeit einer AGB-Klausel, die die
        Regelung des § 193 BGB generell abbedingt
        Beschreibung: Die beklagte Bank hatte in ihren
        Darlehensbedingungen folgende Klausel verwendet:
        „Abbedingung von § 193 BGB: Die Parteien bedingen die
        Regel des § 193 BGB ab, wonach dann, wenn an einem
bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine
Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist
und der bestimmte Tag oder letzte Tag der Frist auf einen
Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich
anerkannten allgemeinen Feiertag oder an einen Sonnabend
fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag
tritt. Durch das Abbedingen dieser Regelung kann
beispielsweise die Fälligkeit einer Rate auch an einem
allgemeinen Feiertag, einem Sonnabend oder einem Sonntag
eintreten.“
Das LG Düsseldorf hatte mit der generellen Abbedingung des §
193 BGB in den Darlehensbedingungen für sämtliche Fristen
damit auch eine unzulässige Verkürzung der 14-tägigen
Widerrufsfrist als auch der 30-tägigen Rückgewährsfrist
gesehen, da gemäß herrschender Kommentarmeinung bei der
Berechnung der Widerrufsfrist § 193 BGB für anwendbar gehalten
wird. Von den Verbraucherschützenden Vorschriften über das
Widerrufsrechts dürfe jedoch allenfalls zugunsten der
Verbraucher abgewichen werden. Die Abbedingung des § 193 könne
jedoch zu einer unzulässigen Verkürzung des Widerrufsrechts
führen, wenn das Fristende auf ein Wochenende oder einen
Feiertag fallen würde.
Das Urteil ist ebenfalls nicht rechtskräftig, Berufung ist
beim OLG Düsseldorf anhängig
Praxistipp: Verbraucheranwälte könnten sich diese Entscheidung
derzeit zu Nutze machen, jedoch ist die Entscheidung der
Berufungsinstanz noch abzuwarten.

        Quelle Neuerung: LG Arnsberg vom 17.11.2017, Az. 2 O
        45/17   (Verbraucherdarlehensvertrag,       hier   Kfz-
        Finanzierungsdarlehen         muss     Hinweis      auf
        außerordentliches kündigungsrecht des Verbrauchers nach
        § 314 BGB enthalten)
        Beschreibung: In dieser Entscheidung hatte das LG
        Arnsberg zur Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung eines
Verbraucherdarlehensvertrags     (Kfz-Finanzierungsdarlehens)
ausgeführt, dass der Verbraucherdarlehensvertrag klare und
verständliche Angaben über sein Kündigungsrecht enthalten
muss. Der Darlehensvertrag enthalte die gem. § 492 Abs. 2 BGB
erforderlichen Angaben nach Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB nicht,
wenn der Verbraucher nicht hinreichend über sein
Kündigungsrecht aufgeklärt worden ist. Nach Art 247 § 6 Abs. 1
Satz 1 Nr. 5 EGBGB müsse der Verbraucherdarlehensvertrag klare
und verständliche Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei
Kündigung enthalten. Der Verbraucher sei daher vollumfänglich
darüber zu informieren, ob ihm ein Kündigungsrecht zusteht
oder nicht. Zwar müsse der Darlehensnehmer nicht über alle
möglichen Lösungsrechte informiert werden, nach der
Gesetzesauslegung aber über alle möglichen Kündigungsrechte.
Das Gericht schloss sich der in der Rechtsprechung teilweise
vertretenen Meinung, dass nur über das ordentliche
Kündigungsrecht zu belehren sei, aus v. G. ausdrücklich nicht
an.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Berufung ist beim OLG Hamm
anhängig
Praxistipp: Zunächst informatorisch, die Entscheidung des OLG
Hamm bleibt abzuwarten, wie dieses eine Belehrung über das
außerordentliche Kündigungsrecht einschätzt. Wahrscheinlich
wird danach zu dieser streitigen Rechtsfrage noch eine Klärung
durch den BGH erfolgen müssen.

07 Kreditrecht, Immo & Fiku
(April 2018)
       Quelle Neuerung: Urt. d. BGH v. 11.10.2018 – IX ZR
       295/16, juris – Fragen zum Verwertungsrecht des
       Insolvenzverwalters beim Mobilienleasing in der
       Insolvenz         des        Leasinggebers          bei
       Vollamortisationsleasing unter Refinanzierung des
Leasinggebers durch Forderungsverkauf der Leasingforderungen
bei paralleler Sicherungsübereignung des Leasingguts
Bereich Unternehmensfinanzierung
Beschreibung:
I. Ausgangslage. Zur Unternehmensfinanzierung gehört auch die
Refinanzierung von Leasingunternehmen des Mobilienleasings
durch den Ankauf der Leasingforderungen durch die
refinanzierende      Bank,   der   zugleich    die   Mobilien
sicherungsübereignet werden.
In diesen Fällen stellt sich in der Insolvenz des
Leasinggebers dann die Frage, ob bzw. inwieweit dessen
Insolvenzverwalter       in   den   üblichen     Fällen    des
Finanzierungsleasing (des Leasingnehmers) bei Vollamortisation
Anspruch auf die Kostenbeiträge nach den §§ 166 ff., 170, 171
InsO hat. Mit dieser Fragestellung hat sich der BGH in dem
Urteil zu IX ZR 295/16 auseinandergesetzt. Der Leasingvertrag
überdauert nach § 108 Ab. 1 Satz 2 InsO die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Leasingebers nur
dann, wenn die Mobilien demjenigen, der ihre Herstellung oder
Anschaffung refinanziert hat, zur Sicherung übertragen wurden.
II. Sachverhalt. Die S. GmbH, über deren Vermögen am
01.06.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war
Leasinggesellschaft auf dem Gebiet des KFZ-Leasing. In ihren
Leasingbedingungen war vorgesehen, dass sie die Ansprüche aus
den Leasingverträgen an Dritte abtreten durfte. Im September
2011 hatte die Schuldnerin mit der später beklagten Bank einen
(praxisüblichen) Rahmenvertrag geschlossen, wonach die
Beklagte bereit war, Leasingforderungen der Schuldnerin
anzukaufen. Die Einzelgeschäfte wurden – ebenfalls
praxisüblich – so abgeschlossen, dass die Beklagte auf Antrag
der Schuldnerin die Forderungen aus Einzelleasingverträgen
ankaufte gegen einen abgezinsten Kaufpreis („Forfaitierung“)
und zwar unter Übernahme des Delkredererisikos des
Leasingnehmers. Die Fahrzeuge wurden an die Beklagte
sicherungsübereignet, bestehende Anwartschaftsrechte ebenfalls
an sie übertragen. Letzteres hat damit zu tun, dass der
Kaufpreis für die Leasingforderungen z. T. für die Bezahlung
des Kaufpreises an den KFZ-Lieferanten/KFZ-Hersteller benötigt
wird, der wiederum unter Eigentumsvorbehalt liefert.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertete der
Insolvenzverwalter einige der verleasten KFZ, den Erlös
leitete er an die beklagte Bank. Er hatte offenbar keine
Verwertungskosten; er forderte jedoch von der Beklagten eine
Feststellungskostenpauschale (vgl. § 171 Abs. 1 InsO; 4 % des
Verwertungserlöses) in Höhe von 6.539,77 €.
Das LG Chemnitz hat die Klage abgewiesen, das OLG Dresden hat
ihr auf Berufung des Insolvenzverwalters stattgegeben. Auf die
zugelassene Revision der beklagten Bank hat der BGH das
Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen.
III. Begründung. Ausgangspunkt des Urteils ist der Umstand,
dass die Beklagte lediglich Sicherungseigentümerin geworden
war, wie sich aus der entsprechenden Formulierung im
Rahmenvertrag ergab. Damit war sie Absonderungsberechtigte und
die §§ 166 ff. InsO sind anwendbar. Allerdings muss der
Insolvenzverwalter an den betroffenen Gegenständen des
Sicherungsrechts unmittelbaren oder mittelbaren Besitz haben.
Im Allgemeinen ist das problemlos der Fall. Hintergrund ist,
so der BGH, dass die Gegenstände im Umlauf- und Anlagevermögen
des Schuldners, an denen Sicherungsrechte bestehen, nach den
Vorstellungen des Gesetzgebers generell in einem „technisch-
organisatorischen Verbund“ mit dem sonstigen Vermögen des
Schuldners stehen. Den Gläubigern soll durch § 166 Abs. 1 InsO
der Zugriff auf derartige Bestandteile des Schuldnervermögens
verwehrt werden, um die wirtschaftliche Einheit des
Unternehmens zu wahren und Fortführungschancen zu nutzen.
Fehlt es an diesem technisch-organisatorischen Verbund der
Gegenstände mit Sicherungsrechten, bedarf es auch keines
Verwertungsrechtes des Verwalters. So ist dies etwa beim
Faustpfand, dessen Gegenstand eben gerade nicht im Besitz des
Insolvenzverwalters ist. Nach diesem Maßstab ist der Begriff
des Besitzes des Verwalters in § 166 Abs. 1 InsO aus dem –
zutreffenden – Blick des BGH zu würdigen; zu dem vom
Gesetzgeber verfolgten und vorstehend umrissenen Zweck ist
„Besitz“ teleologisch zu reduzieren. Im Sinne der zitierten
Norm bedeutet „Besitz“ zwar grundsätzlich den unmittelbaren
und den mittelbaren Besitz im Sinne des Sachenrechts. Die
sicherungsübereignete Sache, die vermietet oder verleast ist
(Urteile „Flowtex“ – IX ZR 26/05, BGHZ 166, 215 Rn. 24 sowie
„Kettenbagger“ – IX ZR 135/05, ZIP 2006, 2390 Rn. 7) erfüllt
die Voraussetzungen des § 166 Abs. 1 InsO. Entscheidend sei
bei mittelbarem Besitz, „dass die gesetzliche Vermutung einer
Eingliederung der Sache in die wirtschaftliche Einheit des
schuldnerischen Unternehmens zutrifft“ (BGH, IX ZR 295/16, Rn.
19 aE). Der mittelbare Besitz reiche aber aus dem Blick des
Gesetzgebers nicht zur Bejahung eines Verwertungsrechts aus,
so der Senat, wenn der Sicherungsnehmer unmittelbarer Besitzer
ist oder eine vergleichbare Position innehabe (Beispiel:
Verpfändete Aktien in Sammelverwahrung). Dasselbe gelte, wenn
der unmittelbare Besitzer eine Rechtsposition gegenüber dem
Schuldner innehabe, die nicht erwarten lasse, dass die
betreffende Sache in einen technisch-organisatorischen Verbund
mit dem sonstigen Vermögen des Schuldners eintreten werde.
Beurteilungszeitpunkt sei derjenige der Insolvenzeröffnung.
Sei die Sache mit der Überlassung an den unmittelbaren
Besitzer im Ergebnis aus dem Vermögen des Schuldners
ausgeschieden, fehle es an diesem Verbund und ein
Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters sei zu verneinen.
Beim Leasingvertrag sei die Anwendung des § 166 Abs. 1 InsO
auf den Sicherungseigentümer des Leasingguts von der konkreten
Vertragsgestaltung zwischen dem (insolventen) Leasinggeber und
dem Leasingnehmer im Hinblick auf die Struktur des mittelbaren
Besitzes des Schuldners abhängig. Ein Verwertungsrecht des
Insolvenzverwalters         scheide     aus,     wenn     beim
Finanzierungsleasing in der Insolvenz des Leasinggebers

     der Leasinggegenstand dem Leasingnehmer für eine feste
     Grundmietzeit ohne ordentliches Kündigungsrecht
     überlassen worden ist und
     der Leasinggeber bei Ablauf der Grundmietzeit eine
     Vollamortisation erlange,      weil der Leasingnehmer
     insgesamt einen Betrag         (einschließlich einer
     vereinbarten Abschlusszahlung, Restwertgarantie,
     Kaufoption, Andienungsrecht oder vergleichbarer
     Leistungen) zahlen müsse, der das vom Leasinggeber
     „eingesetzte Kapital zuzüglich Verzinsung und Gewinn
     erreicht oder übersteigt“ (BGH, a.a.O., Rn. 29).

Bei Vollamortisation fehle es daher an einer Basis, um aus dem
mittelbaren Besitz des Schuldners bzw. des Insolvenzverwalters
allein auf den gebotenen technisch-organisatorischen
Zusammenhang mit dem Schuldnervermögen zu schließen. Während
der Grundmietzeit könne der Schuldner den Leasinggegenstand
nicht gegen den Willen des Leasingnehmers an sich bringen, in
der Insolvenz bestehe der Leasingvertrag fort (§ 108 Abs. 1
Satz 2 InsO). Der Leasinggeber selbst erwerbe beim
Finanzierungsleasing vielmehr den Gegenstand nur deshalb, um
ihn dem Leasingnehmer zur Verfügung zu stellen. Die
grundsätzliche Rückgabepflicht des Leasingnehmers am Ende des
Leasingzeitraums sei hier kein hinreichender Aspekt, die von §
166 Abs. 1 InsO geforderte technisch-organisatorische
Einbindung zu begründen.
Anders sei dies allerdings außerhalb einer Vollamortisation
sowie bei anderen Konstellationen des Finanzierungsleasings,
wenn der Schuldner Entscheidungen des Leasingnehmers
beeinflussen könne wie bei Tochtergesellschaften des
Leasingebers oder bei Betriebsaufspaltungen mit beherrschendem
Einfluss des Schuldners auf die Betriebsgesellschaft.
An einem mittelbaren Besitz des Leasingebers fehle es aber
auch bereits dann, wenn die Sicherungsübereignung an die Bank
auf dem Wege der Zession des Herausgabeanspruchs gegen den
Leasingnehmer aus dem Leasingvertrag nach den §§ 929, 931 BGB
erfolgt sei. Der Schuldner verliere dann seinen mittelbaren
Besitz. Es sei dabei nicht nötig, dass alle Ansprüche aus dem
Besitzmittlungsverhältnis abgetreten würden, die Zession
allein des Herausgabeanspruchs sei hinreichend. Der
Leasingnehmer müsse hiervon nichts wissen, er müsse auch nicht
daran mitwirken.
Vorliegend war ungeklärt, wie die betroffenen Leasingverträge
im Einzelnen aussahen, wie die Besitzverhältnisse an den
verfahrensgegenständlichen Fahrzeugen waren und wie die
Sicherungsübereignung vorgenommen wurde. Daher musste der BGH
aufheben und an das OLG Dresden zurückverweisen.
Praxistipp:

     Die Entscheidung ist von Bedeutung für die
     Leasingrefinanzierung beim Finanzierungsleasing sowie
     zum Verständnis des Besitzbegriffes nach Maßgabe des §
     166 Abs. 1 InsO.
     Zum einen bestätigt der BGH hier entgegen Bedenken in
     der Literatur mit der allgemeinen Überzeugung praktisch
     implizit, dass die Leasingrefinanzierung durch
Forfaitierung mit Sicherungsübereignung mobiler
Leasinggüter an deren Finanzier, der Herstellung oder
Kauf finanziert, nach § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO
„insolvenzfest“ ist (vgl. zu der Diskussion bei
Ringstmeier, in: K. Schmidt (Hrsg.), InsO, Kommentar,
19. Aufl. 2016, § 108 Rn. 35–38). Damit einher geht die
rechtliche Werthaltigkeit der im Rahmen des
Forderungskaufs      verkauften     und   abgetretenen
Leasingraten.
Beim Vollamortisationsleasing geht der BGH darüber
hinaus und nimmt dem Insolvenzverwalter auch die
Gläubigerbeiträge, denn § 166 Abs. 1 InsO erfasst sowohl
den Verwertungs- als auch den Feststellungsbeitrag.
Insoweit ist aber das Urteil ggf. ein Pyrrhus-Sieg des
Absonderungsberechtigten, denn der Insolvenzverwalter,
der keinen Besitz an den Gegenständen des
Absonderungsrechts hat und keinen Gläubigerbeitrag
erhält, ist nicht nur nicht zur Verwertung berechtigt,
sondern umgekehrt auch nicht dazu verpflichtet. Er wird
daher, soll er die Verwertung organisieren, einen
Verwertungsvertrag mit dem Gläubiger vorschlagen, der im
Zweifel die gesetzlichen Beiträge überschreitet.
Werden die Leasinggegenstände aufgrund entsprechender
Vereinbarung im Leasingvertrag vom Leasingnehmer am Ende
der   Grundmietzeit    des   Vollamortisationsleasing
übernommen, bedarf es natürlich keiner Verwertung an
Dritte.
Die Entscheidung festigt ferner die Auslegung des
Begriffs des „mittelbaren“ Besitzes für die Zwecke des §
166 ff. InsO; erforderlich für deren Anwendung ist, dass
der Gegenstand der Sicherungsübertragung in den
„technisch-organisatorischen           Verbund“      des
Schuldnervermögens insgesamt im Interesse der Wahrung
von Fortführungschancen eingebunden ist.
Schließlich     werden    die   Institute     bei   der
Leasingrefinanzierung durch Forderungskauf grundsätzlich
darauf achten, dass sie das Sicherungseigentum durch
Zession des Herausgabeanspruchs des Leasingebers gegen
     den Leasingnehmer erwerben (§§ 929, 931 BGB) erwerben,
     weil dann der mittelbare Besitz des Leasingnehmers
     untergeht.
     Wie stets wird man bei der Leasingrefinanzierung auch
     darauf achten, den jeweiligen steuerrechtlichen
     Anforderungen      zu    genügen     und    mit    den
     Sicherungsinteressen     der   finanzierenden     Bank
     abzugleichen.

08 Kreditsicherheiten (April
2018)
       Quelle Neuerung:
       BGH, Beschl. v. 01.03.2018 – IX ZB 95/15, juris =
       JurionRS 2018, 11966 – Pfändungsschutz für
       Mieteinkünfte des Schuldners trotz Insolvenzeröffnung,
       Abtretung und trotz des Haftungsverbands der
Grundschuld
Beschreibung:
Miet-/Pachteinkünfte des Schuldners, aus denen dieser seinen
Lebensunterhalt bestreitet, sind nach Maßgabe des § 850i ZPO
von der Pfändung freigestellt, wie aus dem Leitsatz der
vorstehenden Entscheidung des BGH hervorgeht:
„Ein    Schuldner,    der   seinen   Lebensunterhalt      aus
erwirtschafteten Mieteinkünften bestreitet, kann im
Insolvenzverfahren Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte
beantragen, auch wenn die Mieteinkünfte im Zuge einer
vereinbarten stillen Zwangsverwaltung an einen Gläubiger
abgeführt werden, dem der Schuldner die Mietforderungen als
Sicherheit abgetreten und dem er Grundschulden an den
Mietobjekten bestellt hat.“
Hinweis: Im Übrigen wird auf die eingehende Darstellung der
Entscheidung und ihrer Gründe auf das Rechtsmonitoring (April
2018) des Rechtsgebiets 9 (Sanierung, Abwicklung, Insolvenz)
hingewiesen.

09 Sanierung, Abwicklung,
Insolvenz (April 2018)
      Quelle Neuerung: BGH, Beschl. v. 01.03.2018 – IX ZB
      95/15, juris = JurionRS 2018, 11966 – Pfändungsschutz
      für   Mieteinkünfte        des  Schuldners   trotz
      Insolvenzeröffnung,        Abtretung   trotz   des
       Haftungsverbands der Grundschuld
Beschreibung
I. Ausgangslage. In der Insolvenz des Vermieters von
vermieteten Immobilien bestehen die Mietverträge fort (§ 108
Abs. 1 Satz 1 InsO). In der Praxis sind die Immobilien häufig
finanziert. Der finanzierenden Bank stehen zur Absicherung
ihrer Forderungen regelmäßig (vollstreckbare) Grundschulden
ebenso zur Verfügung wie die Sicherungszession der Mieten. Die
Verwertung der Substanz der Immobilien kann durch
Zwangsversteigerung nach dem ZVG geschehen, die Einziehung der
Mieten im Interesse insbesondere der finanzierenden Bank durch
Zwangsverwaltung (vgl. §§ 49 InsO, 15 ff. ZVG zur
Zwangsversteigerung, 146 ff. ZVG zur Zwangsverwaltung). Die
Mietzession (in Gestalt einer „Globalzession“ der Mieten) wird
für die Dauer des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe des § 110
InsO unwirksam. Die sog. dingliche Pfändung der Mieten
aufgrund Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach den §§
829, 835, 836 ZPO scheidet im Insolvenzverfahren ebenfalls
aus, da § 49 InsO unanwendbar ist; die Pfändung aufgrund bloß
schuldrechtlichen Zahlungstitels und die dingliche Pfändung
scheitern zudem jedenfalls an § 110 Abs. 2 InsO, an der
Rückschlagsperre des § 88 InsO und an § 89 InsO sowie an § 91
InsO.
Mit anderen Worten wird der Mietanspruch Massegegenstand,
soweit nicht aufgrund dinglichen Duldungstitels des aus der
Rangklasse 4 des § 10 Abs. 1 ZVG betreibenden
Grundpfandgläubigers die Zwangsverwaltung angeordnet wird.
Der Schuldner persönlich – als natürliche Person – hat daher
als Folge entweder der Pfändung, der Abtretung (oder
Verpfändung) bzw. aufgrund des Insolvenzbeschlags keinen
Anspruch mehr auf die Miete gegen den Mieter als
Drittschuldner. Mietansprüche gehören auf den ersten Blick
auch nicht zu den geschützten und der Insolvenzmasse
entzogenen Vermögensgegenständen nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO.
II. Rechtsproblematik des vom BGH entschiedenen Falles. Die
vom BGH in dem Beschluss zu IX ZB 95/15 beantwortete Frage
geht dahin, ob entgegen der vorstehend umrissenen Rechtslage
dem Schuldner nicht ein gewisser Pfändungsschutz zu gewähren
ist, wenn dieser aus Mieteinnahmen seinen Lebensunterhalt
bestreitet, die Miete also seine einzige Einkommensquelle ist.
III. Sachverhalt. Über das Vermögen des Schuldners, einer
natürlichen Person, wurde am 29.10.2014 das Insolvenzverfahren
eröffnet. Er ist Eigentümer von zwei vermieteten
Mehrfamilienhäusern, deren Erwerb von einer Sparkasse
finanziert wurde. Dieser stehen die Miet-/Pachtansprüche im
Rahmen einer Sicherungszession zur Verfügung; zur Besicherung
der Finanzierung sind ferner Grundschulden zu je ca. 511 T€ an
jedem der Grundstücke eingetragen. Zur Tabelle meldete die
Sparkasse mehr als 2 Mio. € an. Die Insolvenzverwalterin zieht
die Miete/Pacht im Rahmen einer sog. stillen oder kalten
Zwangsverwaltung ein (siehe dazu Cranshaw/Welsch, DZWiR 2017,
101-133) und zwar in Höhe von ca. 6.000 €/Monat, die sie nach
Abzug „eines Betrages für die Feststellung“ an die Sparkasse
auszahlt.
Der Schuldner beantragte, 517,89 € monatlich „pfandfrei“ zu
stellen, da ihm sonst nicht der nach § 850c ZPO pfändungsfreie
Betrag zur Lebensführung zur Verfügung stehe (ab 01.07.2017:
1.133,80 €, § 850c Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das Amtsgericht Frankfurt/Oder als Insolvenzgericht (§ 36 Abs.
4 InsO) hat dem Antrag stattgegeben, das LG Frankfurt/Oder hat
ihn auf Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen. Auf
zugelassene Rechtsbeschwerde des Schuldners hat der BGH den
Beschluss des Landgerichts aufgehoben und zurückverwiesen.
III. Begründung: Der BGH geht von § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO aus,
wonach Gegenstände, die der Zwangsvollstreckung nicht
unterliegen, auch nicht Teil der Insolvenzmasse sind. Satz 2
dieser Vorschrift umfasst u. a. § 850i ZPO. Nach dieser
Bestimmung muss dem Schuldner aus „Einkünften, die kein
Arbeitseinkommen sind“ (§ 850i Abs. 1 Satz 1 ZPO) so viel
verbleiben, als ihm nach Schätzung des Gerichts bleiben würde,
wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeitslohn bestünde. Das
Gesetz übertrage hier, so der Senat, den Pfändungsschutz für
Arbeitseinkünfte auf sonstige Einkünfte des Schuldners. Dazu
gehörten nach der Senatsjudikatur auch solche aus Miete und
Pacht. Der Schuldner solle damit in die Lage versetzt werden,
seinen angemessenen Lebensunterhalt aus Eigenmitteln zu
bestreiten und nicht auf staatliche Leistungen angewiesen sein
(die dann faktisch mittelbar die Gläubigerbefriedigung fördern
würden, denen Einkünfte des Schuldners zuflössen, die unter
der Pfändungsfreigrenze für Arbeitseinkommen liegen).
Die Abtretung an die Sparkasse, so der BGH, sei hier
irrelevant, diese habe insoweit keine gesicherte
Rechtsposition. Zum einen sei diese Sicherungszession nach §
110 InsO nur bis zum 30.11.2014 wirksam gewesen. Ohne Belang
sei, dass diese Norm nur dem Schutz der Masse diene. Die
Abtretung scheitere (bis zur Höhe des pfändungsfreien
Betrages) auch an den §§ 134, 400 BGB, denn Arbeitseinkommen
und ihm gleichgestellte Einkünfte seien nur pfändbar im Rahmen
der §§ 850a ff. ZPO. Das gilt auch, wenn sich die Pfändbarkeit
nicht aus dem Gesetz ergibt, sondern durch Entscheidung des
Prozessgerichts (bzw. des Insolvenzgerichts) auf Antrag des
Schuldners wie im Fall des § 850i ZPO. Diese Norm sei
zwingende Vorschrift des Schuldnerschutzes und nicht
abdingbar. Anders sei dies nur, wenn der Zessionar dem
Schuldner eine „Leistung gewährt, die den Pfändungsschutz
entbehrlich macht“ (Anm. d. Verfassers: Das ist etwa bei der
Lohnzession in den Fällen der Insolvenzgeldfinanzierung der
Fall).
Auch der Haftungsverband der Grundschuld (vgl. §§ 1192 Abs. 1,
1123 Abs. 1 BGB) könne keine Zuweisung der gesamten
Mieteinnahmen an die Sparkasse begründen. Zum einen könne der
Schuldner außerhalb des Insolvenzverfahrens ohne Beschlagnahme
im Rahmen der Immobiliarvollstreckung über die Mieten frei
verfügen. Die Sparkasse hätte den Zugriff auf die Miete
allerdings durch deren dingliche Pfändung (§§ 829, 835, 836
ZPO) oder die Zwangsverwaltung (§§ 148 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs.
2 ZVG) bewirken können. Der dinglichen Pfändung hätte der
Schuldner nach § 850i ZPO begegnen können, nicht aber der
Zwangsverwaltung, da § 149 ZVG keine Freistellung der Mieten
bis zur Pfändungsfreigrenze vorsehe (siehe in dieser Norm aber
die Sonderregelung für landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich
oder gärtnerisch genutzte Grundstücke).
Ob im Hinblick auf die Neufassung des § 850i ZPO (2009) auch
im Fall der Zwangsverwaltung ein Schutz gem. § 850i ZPO bis
zur Pfändungsfreigrenze zu gewähren sei, hat der BGH aus
verfahrensrechtlichen Gründen offengelassen, da die
Zwangsverwaltung eben nicht angeordnet worden sei. Die stille
Zwangsverwaltung begründe aber kein Recht der Sparkasse, da
sie eben nicht der Anordnung der Zwangsverwaltung gleichsteht.
Die   Zurückverweisung      erfolgte,    da   im   bisherigen
Verfahrensverlauf nicht geprüft worden war, in welcher Höhe
ggf. dem Schuldner ein Teil der Mieteinnahmen zu belassen ist.
Praxistipp:

     Die Entscheidung bestätigt zum einen die Zulässigkeit
     der stillen oder kalten Zwangsverwaltung aufgrund
     Vereinbarung    zwischen    Insolvenzverwalter     und
     Grundpfandgläubiger. Sie zeigt aber auch deren Grenzen
     auf: Sie ist keine Beschlagnahme nach Maßgabe des ZVG
     und sie hat daher auch nicht die Folgen der
     Beschlagnahme der Miete oder Pacht für den
Grundpfandgläubiger.
Will der Gläubiger unverkürzt auf Miete/Pacht zugreifen,
bleibt ihm in der Insolvenz des Schuldners allenfalls
die Zwangsverwaltung, naturgemäß unter Abzug der
Verwaltungsaufwendungen         und    abzüglich     der
Zwangsverwaltervergütung. Die stille Zwangsverwaltung
bringt dem Gläubiger insoweit keine Vorteile, als der
Insolvenzverwalter dieselben Aufwendungen aus der Miete
decken muss wie der Zwangsverwalter, da ansonsten die
stille Zwangsverwaltung zu Nachteilen für die Masse
führen würde und daher insolvenzzweckwidrig wäre (siehe
Cranshaw/Welsch, DZWiR 2017, 101 ff.).
In allen anderen Fällen – zur Zwangsverwaltung siehe im
Folgenden – ist § 850i ZPO heranzuziehen. Damit muss dem
Schuldner soviel an Einkünften verbleiben, wie sie ihm
nach Schätzung des Gerichts (Vollstreckungsgericht oder
Insolvenzgericht) verblieben, wenn er Arbeitseinkünfte
hätte, d. h. im Umfang der pfändungsfreien Einkünfte
nach den §§ 850a ff. ZPO. Das gilt auch im eröffneten
Insolvenzverfahren.
Es spricht nach der hier vertretenen Auffassung viel
dafür, dass die Norm auch in der Zwangsverwaltung gilt,
wenn der BGH hier die Frage auch offenlassen musste. Zum
einen spricht bereits § 149 Abs. 3 ZVG dafür, wenn dort
Erträge aus dem für die Urproduktion genutzten
Grundstück zum Unterhalt des Schuldners zur Verfügung zu
stellen sind. Man darf davon ausgehen, dass der
Gesetzgeber das in der vorliegenden Entscheidung
spezifische Problem der für den Unterhalt des Schuldners
verwendeten Miete/Pacht nicht gesehen hat, so dass
entweder § 850i ZPO oder § 149 Abs. 3 ZVG (analog) auf
den Fall des Bestreitens des Lebensunterhalts aus der
Miete anzuwenden sind. Des Weiteren – und das scheint
entscheidend – ist die Immobiliarvollstreckung nach dem
ZVG Teil der Zwangsvollstreckung der ZPO (vgl. § 864
ZPO) und § 850i ZPO dürfte als Pfändungsschutzvorschrift
lex specialis zum ZVG sein, das mit Ausnahme des § 149
Abs. 3 ZPO, der sachlich im Zwangsverwaltungsverfahren
  bei Grundstücken der Urproduktion vorrangig ist, keine
  allgemeinen    Pfändungsschutzvorschriften    enthält.
  Beispielsweise ist auch im Verfahren nach dem ZVG
  grundsätzlich § 765a ZPO anwendbar.
  Die Institute werden in den eher selteneren Fällen wie
  hier prüfen, ob sie einem entsprechenden Antrag des
  Schuldners auf Teilüberlassung von Mieten nach § 850i
  ZPO im Grundsatz wirklich noch generell entgegentreten,
  oder ob sie nicht lediglich Einwendungen insoweit
  erheben, als die Tatsachenangaben des Schuldners zu
  seinen Einnahmen und ggf. Einnahmemöglichkeiten nicht
  zutreffen. Mindestens vorsorglich werden sie auch die
  Zusammenrechnung (analog) § 850e ZPO anregen. Ist
  allerdings die Zwangsverwaltung nicht anhängig, dürften
  sie mit der „Totalablehnung“ des Schuldnerantrags ohne
  substantiierten Vortrag, warum er trotz Anwendung des §
  850i ZPO keinen Anspruch auf Teilfreigabe der Miete hat,
  keinen Erfolg haben. Das gilt auch für den
  Insolvenzverwalter.
  Schließlich darf nicht    verkannt   werden,   dass   der
  Beschluss des BGH eine gewisse „Entwertung“ der
  Mietzession mit sich bringt, ggf. auch eine solche der
  Zwangsverwaltung. Insoweit bleibt aber eine weitere
  Entscheidung des BGH abzuwarten.

10   Wertpapiere   Zivil   &
Aufsichtsrecht (April 2018)
Quelle Neuerung: BaFin-Mitteilung vom 23.03.2018 (BaFin
        wird ESMA-Leitlinien zu Anforderungen der MiFID II an
        die Produktüberwachung, Product Governance, anwenden)
        Beschreibung: Anfang Februar hat die Europäische
        Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA die deutsche
        Fassung ihrer Leitlinien herausgegeben, die die
Anforderungen der europäischen Finanzmarktrichtlinie (Markets
in Financial Instruments Directive II – MiFID II) an die
Produktüberwachung (Product Governance) konkretisieren, also
an   die    Entwicklung     und    Vertriebssteuerung       von
Finanzinstrumenten.
Im Mittelpunkt stehen Vorgaben zum Zielmarkt, den
Wertpapierdienstleistungsunternehmen künftig zu bestimmen
haben. Die BaFin erklärt hiermit, dass sie die Leitlinien
anwenden wird.

Gemäß Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 24 Absatz 2 der MiFID II
müssen  Konzepteure   (Manufacturers)  und  Vertreiber
(Distributors)      von     Finanzinstrumenten     ein
Produktfreigabeverfahren vorhalten, um zu verhindern, dass
ihre Interessen mit denen ihrer Kunden kollidieren. In diesem
Verfahren ist unter anderem für jedes Finanzinstrument ein
Endkundenzielmarkt festzulegen. Dabei muss sichergestellt
sein, dass alle einschlägigen Risiken für den jeweiligen
Zielmarkt   bewertet   werden  und   die  beabsichtigte
Vertriebsstrategie für diesen geeignet ist.
Die Leitlinien konkretisieren, wie diese Vorgaben praktisch
umzusetzen sind. Sie geben etwa Kategorien vor, die bei der
Zielmarktidentifizierung herangezogen werden sollten, und
beschreiben Besonderheiten für verschiedene Produkt- und
Dienstleistungsarten.
Praxistipp: Die Leitlinien sind durch die Häuser zu beachten.
11 Komplexe Anlageprodukte
(April 2018)
       Quelle Neuerung: Pressemitteilung der ESMA vom
       27.03.2018 (ESMA führt zum Schutz der Kleinanleger
       Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und Verkaufs
       binärer Optionen und Beschränkung für Differenzgeschäft
       CFD ein)
Beschreibung:      Die    Europäische     Wertpapier-      und
Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat Maßnahmen in Bezug auf das
Angebot von Differenzgeschäften (CFD) und binären Optionen an
Kleinanleger in der Europäischen Union beschlossen. Die
beschlossenen Maßnahmen umfassen:

   1. Binäre Optionen – Verbot der Vermarktung, des Vertriebs
      und des Verkaufs binärer Optionen an Kleinanleger;
   2. Differenzgeschäfte (CFD) – Beschränkung der Vermarktung,
      des Vertriebs und des Verkaufs von CFD an Kleinanleger.
      Diese Beschränkung umfasst mehrere Maßnahmen: Hebel-
      Obergrenzen (Leverage-Limits) bei der Eröffnung von
      Positionen; MarginGlattstellungsvorschrift (Margin-
      Close-out) auf Einzelkontobasis; Negativsaldoschutz auf
      Einzelkontobasis; Unterbindung des Einsatzes von
      Anreizen durch CFD-Anbieter und firmenspezifische
      standardisierte Risikowarnungen.

In Übereinstimmung mit der MiFIR kann die ESMA nur
vorübergehende Interventionsmaßnahmen für einen Zeitraum von
drei Monaten einführen. Vor dem Ablauf dieser drei Monate wird
die    ESMA    prüfen,     ob   eine     Verlängerung      der
Interventionsmaßnahmen um weitere drei Monate erforderlich
ist.
Die ESMA hat gemeinsam mit den zuständigen nationalen Behörden
festgestellt, dass in Zusammenhang mit CFD und binären
Optionen, die Kleinanlegern angeboten werden, erhebliche
Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes bestehen. Diese
Bedenken ergeben sich aus der Komplexität und mangelnden
Transparenz dieser Produkte, den besonderen Merkmalen von CFD
(überaus großer Hebeleffekt) und binären Optionen (strukturell
erwartete negative Rendite und damit verbundener
Interessenkonflikt zwischen Anbietern und Kunden), dem
Missverhältnis zwischen der erwarteten Rendite und dem
Verlustrisiko sowie aus Vermarktungs- und Vertriebsaspekten.
Link zur Pressemeldung:
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Anlage/dl_anlage_
press_release_product_intervention_de.pdf?__blob=publicationFi
le&v=2
Praxistipp: Das Verbot bzw. die Beschränkung der Vermarktung,
des Vertriebs und Verkaufs sind durch betroffene Häuser zu
beachten.

12    Wertpapier-Compliance
(April 2018)
        Quelle Neuerung: ESMA, Produktintervention zu binären
        Optionen     und    Differenzgeschäften        (CFDs),
        Pressemitteilung vom 27. März 2018, ESMA 71-98-128
        Beschreibung: Die Europäische Wertpapier- und
        Marktregulierungsbehörde ESMA (European Securities and
        Markets Authority) hat am 27. März 2018 ihre
Entscheidung bekannt gegeben, den Vertrieb von binären
Optionen („binary options“) an Privatkunden zu verbieten und
den Vertrieb von finanziellen Differenzgeschäften („Contracts
for Differences“, CFDs) an Privatkunden stark zu beschränken.
Die ESMA reagiert damit auf häufige und hohe Verluste von
Privatkunden, die in solchen Produkten investiert sind.
Die von der ESMA gemäß Artikel 40 der Verordnung (EU) Nr.
600/2014 (Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente –
MiFIR) für den Vertrieb von CFDs beschlossenen Maßnahmen
umfassen

   1. Hebel-Obergrenzen (Leverage-Limits) zwischen 30:1 und
      2:1 (je nach Volatilität des Basiswerts (siehe unten)
      bei Eröffnung einer Position durch Privatkunden:

     30:1 für Hauptwährungspaare;
     20:1 für andere Währungspaare,       Gold   und   wichtige
     Indizes;
     10:1 für     Rohstoffe     (außer   Gold)   und    andere
     Aktienindizes;
     5:1 für Einzelwertpapiere und andere Basiswerte;
     2:1 für Kryptowährungen;

   2. Margin-Glattstellungsvorschrift (Margin-Close-out) auf
      Einzelkontobasis. Dabei wird der Prozentsatz der Margin,
      bei dem CFD-Anbieter ein oder mehrere CFD eines
      Privatkunden glattstellen müssen, standardisiert (50 %
      der erforderlichen Mindest-Margin);
   3. Negativsaldoschutz auf Einzelkontobasis. Durch diese
      Maßnahme wird eine einheitliche Verlustbegrenzung für
      Privatkunden gewährleistet;
   4. Anreizbeschränkung für CFD-Handel;
   5. Standardisierte Risikowarnung, aus der u. a. der
      Prozentsatz der Privatkundenkonten des CFD-Anbieters
      hervorgeht, in denen Verluste verzeichnet werden.

Weitere      Informationen      zu     den    beschlossenen
Produktinterventionsmaßnahmen in Bezug auf binäre Optionen und
CFD sowie ein Q&A-Katalog finden sich auf der Internetseite
der ESMA.
Die ESMA beabsichtigt, die Maßnahmen in den kommenden Wochen
in sämtliche EU-Amtssprachen übersetzen zu lassen.
Anschließend wird die ESMA eine amtliche Mitteilung auf ihrer
Website veröffentlichen. Daraufhin werden die Maßnahmen im
Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die Maßnahmen
in Bezug auf binäre Optionen treten einen Monat und die
Maßnahmen in Bezug auf CFD zwei Monate nach dieser
Veröffentlichung in Kraft.
Gemäß den Vorgaben der MiFIR kann die ESMA nur vorübergehende
Interventionsmaßnahmen für einen Zeitraum von drei Monaten
ergreifen. Vor dem Ablauf dieser drei Monate wird die ESMA
prüfen, ob eine Verlängerung der Interventionsmaßnahmen um
weitere drei Monate erforderlich ist.
Praxistipp: Wertpapierdienstleistungsunternehmen, aber auch
allen übrigen Marktteilnehmern, die mit dem Vertrieb von
binären Optionen oder CFDs an Privatkunden befasst sind, wird
bereits jetzt empfohlen, sich mit den alsbald in Kraft
tretenden Produktinterventionsmaßnahmen auseinanderzusetzen
und deren Umsetzung vorzubereiten.

13 Geldwäscheprävention & -
compliance (April 2018)
       Quelle Neuerung: Konsultationen der BaFin zum Entwurf
       der   Auslegungs-     und   Anwendungshinweise     zum
       Geldwäschegesetz vom 15.03.2018
       Beschreibung:     Mit   der   Veröffentlichung     des
       Konsultationspapiers am 15.03.2018 hat die BaFin die
Sicht ihrer Auslegung des neuen Geldwäschegesetzes vom
23.06.2017 veröffentlicht.
Bis zum 11.05.2018 können noch Ergänzungs- oder
Verbesserungsvorschläge eingereicht werden.
Da es sich bei dem Konsultationspapier noch um einen Entwurf
der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz
handelt, sind Abstimmungen mit den Verbänden noch möglich.
Praxistipp: Auch wenn die Hinweise der BaFin noch nicht
bindend sind, geben diese gute Anhaltspunkte, wie man sich
bereits jetzt zu verhalten hat, um eine regelkonforme
Umsetzung des Geldwäschegesetzes vorzunehmen. Entsprechend
sollte das Konsultationspapier schon jetzt als Grundlage für
Ihre internen Regelungen herangezogen werden.

16    Datenschutzcompliance
(April 2018)
      (Quelle: Bayerisches Landesamt für Datenschutzaufsicht)
      Zu finden im Internet unter :
      https://www.lda.bayern.de/media/baylda_ds-gvo_6_special
      _categories.pdf
      Beschreibung:
Im Wesentlichen hat sich zur bisherigen Definition der
besonderen Arten personenbezogener Daten in § 3 Abs. 9 BDSG
nicht viel geändert. Neu hinzugekommen sind jedoch genetische
Angaben sowie biometrische Daten zur eindeutigen
Identifizierung einer Person.
Bei der Entscheidung über Sanktionen sind die betroffenen
Kategorien von Daten zu berücksichtigen (Art. 83 Abs. 2 g
DSGVO).     Ein   Verstoß,     der  besondere    Kategorien
personenbezogener Daten betrifft, wird danach künftig eher zu
einer höheren Sanktion führen.
Praxistipp:
In die Definition besonderer Kategorien personenbezogener
Daten wurden in der DSGVO gezielt biometrische und genetische
Daten aufgenommen. In der Praxis bedeutet dies, dass
Verantwortliche nun besonders aufmerksam die Auswirkungen
dieser Einordnung verfolgen müssen.
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