MASKENPFLICHT IN GERICHTEN UND STAATSANWALTSCHAFTEN - DRB NRW
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BERUF AKTUELL MASKENPFLICHT IN GERICHTEN UND STAATSANWALTSCHAFTEN Vorwort zu reden, fruchten erfahrungsgemäß nur sehr kurz. Vorliegender Artikel ist unabhängig von irgend- Wenn dann noch ein beträchtlicher Teil des Schalls welchen coronabedingten Kontaktbeschränkungen der Maske zum Opfer fällt, ggf. durch Plexiglas- geschrieben worden. Die Vorschläge sind außer- wände noch weiter gedämpft wird, sieht es mit dem unabhängig davon, wer für seine Umsetzung der Verständlichkeit von Aussagen nicht gut aus, verantwortlich ist, sei es der Richter im Sitzungs- vor allem, wenn ein Prozessbeteiligter nicht mehr saal, sei es die Leitung des Gerichtes, die Justiz- 100 % Hörleistung besitzt. verwaltung oder wer auch immer. Sie sind auch unabhängig davon, ob dem erfahrenen Justizju- Außerdem: Kann sich ein Angeklagter der Verurtei- risten sofort der Spruch „Das haben wir noch nie lung entziehen, indem er beim Gericht erscheint, so gemacht“ oder die durch jahrelange Erfahrung aber keine Maske dabeihat? Wie ist mit einem gewonnene Erkenntnis „Dafür ist garantiert kein Verteidiger umzugehen, der ohne Maske erscheint? Geld da“ in den Sinn kommt. Wie mit einem, der Maske und Ersatzmaske mitge- bracht hat, wenn die Sitzung aber unerwarteter- Die Frage, ob das Tragen von Alltagsmasken ein weise so lange dauert, dass auch die Ersatzmaske wirksamer Schutz für den Träger oder Dritte ist, ob total durchfeuchtet ist? Einziger Ausweg wäre, im und ggf. unter welchen Umständen eine Maske zu Gericht Reservemasken vorrätig zu halten, wie auch körperlichen Schäden führt, kann an dieser Stelle immer die Kosten für solche Masken abgerechnet nicht beantwortet werden. Das müssen Leute beur- werden. teilen, die was davon verstehen. Unstreitig dürfte sein, dass das Tragen von Masken unangenehm Daher sind Trennwände zwischen den Prozessbe- ist. Sollte es also eine wirksame andere Schutz- teiligten und Lüftung der Räumlichkeiten die mögli- maßnahme vor dem Covid-19-Virus geben, muss chen Schutzvorkehrungen. zugegriffen werden. Zu 2) – Zuschauer GERICHTE Die genannten Gesichtspunkte gelten natürlich für die Zuschauer im Gerichtssaal nicht. Um die unmit- Hier sind 4 Gruppen zu unterscheiden: telbaren Prozessbeteiligten vor unbemerkt erkrank- 1) Prozessbeteiligte im Sitzungssaal ten Zuschauern zu schützen, sollte der Zuschau- 2) Zuschauer im Sitzungssaal erbereich vom restlichen Gerichtssaal abgetrennt 3) Sonstige Besucher des Gerichts werden. Schließlich kann sich das Gericht nicht 4) Bedienstete der Gerichte aussuchen, ob und ggf. wie viele Zuschauer kommen; jeden Tag werden es i. d. R. andere sein. Zu 1) – Prozessbeteiligte Ob oberhalb einer Abtrennung ein Bereich frei Bei Prozessbeteiligten verbietet sich eine Masken- bleibt, damit der Zuschauer der Verhandlung ohne pflicht, weil besonders bei Zeugen und Angeklagten weitere Hilfsmittel auch akustisch folgen kann, oder die Identität der erschienenen Personen jedenfalls ob beide Bereiche komplett voneinander abge- mit den Mitteln, die während einer Gerichtsver- schlossen werden und eine elektrische Tonübertra- handlung zur Verfügung stehen, nicht zweifelsfrei gung eingebaut wird, muss anhand der Lüftungs- festgestellt werden kann. Man stelle sich vor, es möglichkeiten entschieden werden. Natürlich ist die erscheint eine Person, gibt sich als Frau X aus und zweite Möglichkeit die wirksamere. macht eine Aussage zugunsten des Angeklagten. Es handelt sich bei der erschienenen Person aller- Auch das Ansteckungsrisiko für die Zuschauer dings um jemand anderen mit ähnlicher Statur und muss so weit wie möglich reduziert werden. Hier- ähnlichem Gesicht. Eine eindeutige Erkennung zu können die Abstände zwischen den einzelnen scheitert an der Maske. Sitzen vergrößert werden. Das ist heute schon in der Regel umgesetzt. Und natürlich muss auf die Luft- Hinzu kommt, dass in Gerichtssälen die Akustik qualität geachtet werden, sei es durch das Öffnen häufig nicht optimal ist. Zeugen und Angeklagte von Fenstern oder technische Vorrichtungen. Hier pflegen leise zu sprechen. Ermahnungen, lauter ist auch an das Tragen von Schutzmasken zu 18 rista 5-6/2020
BERUF AKTUELL denken, sofern mehrere Zuschauer vorhanden sein die sich einstmals der sollten. Das darf aber nicht den Blick dafür verstel- Architekt für diesen len, dass damit alle anderen Maßnahmen überflüs- vorgestellt hatte. sig werden. Allerdings: Wenn Kolle- Es ist offensichtlich, dass man Geld in die Hand gen anschließend die nehmen muss, um diese Vorschläge in die Tat Mittagspause miteinan- umzusetzen. Vielleicht kann man nicht alle Säle der verbringen und an entsprechend umrüsten; dafür könnten die ertüch- einem Tisch, notwendi- tigten im Schichtbetrieb genutzt werden. Es gibt gerweise ohne weitere kein Naturgesetz, dass am Nachmittag keine Sitzun- Vorsichtsmaßnahmen, gen mehr beginnen. speisen, sind natür- lich alle besonderen Last, but not least: Wenn es eine Klima- und Vorkehrungen in den Lüftungsanlage gibt, müssen deren Filter regelmä- Diensträumen über- ßig, vielleicht sogar häufiger als sonst, gewechselt flüssig, jedenfalls was werden. Vielleicht müssen sie auch mit einer Reini- eine bestimmte Mittag- gungsstufe, die auch Aerosole herausfiltert, nach- essen- oder Kaffeerun- gerüstet werden. Auch gibt es autarke elektrische de betrifft. Luftfilteranlagen; diese sind natürlich teurer als Masken, aber möglicherweise wirksamer. Eine weitere Sicherheitsmaßnahme, vermutlich sogar die wichtigste, ist Homeoffice. Wenn weniger Zu 3) – Sonstige Besucher des Gerichts Menschen im Gebäude sind, verringert sich das Hier könnte das Ansteckungsrisiko dadurch stark Risiko, einer infizierten Person zu begegnen. Außer- gemindert werden, dass etwa in den Gängen für dem wäre im Falle eines Falles nicht die gesamte Luftaustausch gesorgte würde, sei es durch eine Belegschaft in Quarantäne zu schicken sondern Lüftungsanlage, sei es durch Stoßlüften. nur diejenigen, die in einer bestimmten Zeitspanne zusammengearbeitet haben. Bei Richtern wird das Zusätzlich könnte man den Publikumsverkehr verrin- Arbeiten zu Hause nur wenige Probleme bereiten, gern, wenn im Eingangsbereich eine Servicestelle das geschieht ja in der Regel schon immer. eingerichtet würde, die, soweit der Kontakt mit dem Rechtsuchenden erforderlich ist, einen Großteil der Mitarbeiter in Doppel- oder Dreierbüros bereiten Anliegen des Publikums erledigt. Rückfragen beim unter Corona-Gesichtspunkten größere Probleme. Sachbearbeiter können ggf. telefonisch erledigt Hier müssen alle Möglichkeiten ausgelotet werden, werden. Natürlich werden immer noch Aufgaben ihnen Einzelbüros für Tätigkeiten zuzuweisen, die übrig bleiben, die direkt mit Letzterem geregelt ihre Anwesenheit im Gerichtsgebäude zwingend werden müssen. Wenn aber ein Teil der Anliegen erfordern. der Rechtsuchenden bereits in einem vorgelagerten Bereich bearbeitet werden, wo eine gute Trennung Es sollte kein Tabu sein, die Zimmer von Mitarbei- zwischen Bediensteten und Publikum gewährleistet tern zu nutzen, die an bestimmten Tagen Homeof- werden kann, würden Personenkontakte und damit fice machen. Hierdurch wäre Platz für die Personen auch Ansteckungsmöglichkeiten verringert. Diese gewonnen, die zwingend im Gericht präsent sein Servicestellen könnten etwa mit einer Trennscheibe müssen. nebst Wechselsprechanlage ausgestattet werden. Weiter muss man darüber nachdenken, welche Zu 4) – Bedienstete der Gerichte Tätigkeiten sich jenseits der richterlichen Tätigkeit Soweit Einzelbüros zur Verfügung stehen, besteht zur Erledigung im Homeoffice eignen. Viele Arbeits- kein Coronaproblem. Besuche bei Kollegen sollten plätze werden bereits jetzt von der IT dominiert, so weit wie möglich unterbleiben, Besprechungen auch wenn neben dem Rechner immer noch eine aller Art sollten nach Möglichkeit durch Videokon- Papierakte liegt. Beispiele sind z. B. das Schrei- ferenzen ersetzt werden. Software und Internetpor- ben von Texten, das Veranlassen von Ladungen, tale dafür stehen in reichem Maße zur Verfügung. Kostenberechnungen und nachfolgende Buchun- Ansonsten gilt es, in Besprechungszimmern die gen. Optimal wäre natürlich eine gut funktionieren- Abstände zu vergrößern, Spuckschutzwände aufzu- de elektronische Akte, von der hier aber mangels stellen und eine wirksame Lüftung sicherzustellen. flächendeckender Einführung nicht ausgegangen Zweifelsohne wird das dazu führen, dass ein Raum wird. So könnte es möglich werden, dass in einem nur noch ein Drittel der Menschen aufnehmen kann, rista 5-6/2020 19
BERUF AKTUELL Zu 1) – Zeugen und Beschuldigte. Die Entsprechung von Sitzungen bei Gericht sind Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen. Hier gilt das zu Gerichtssitzungen Gesagte mutatis mutandis. Es müssen allerdings ausreichend große Vernehmungszimmer eingerichtet werden, die dann auch mit Schutzmaßnahmen, wie z. B. Plexi- glaswänden, auszustatten sind. Der Luftaustausch muss gewährleistet sein, sei es durch Fenster, sei es durch Technik. Zu 2) – Besucher Auch hier gilt das zu Besuchern der Gerichte Gesagte entsprechend. Zu 3) – Bedienstete Behördenleiter werden von dem Wunsch Abschied nehmen müssen, dass sie jeden Staatsanwalt binnen Minuten in ihr Dienstzimmer zitieren können. Staatsanwälte und Amtsanwälte sind seit jeher gewohnt, Arbeit zu Hause zu erledigen. Es wird Aufgabe in den einzelnen Abteilungen sein, dass an jedem Tag mindestens ein Staatsanwalt präsent ist, um ggf. anfallende Eil- und Sofortmaßnah- men zu treffen. Auch steht zu erwarten, dass der Bereitschaftsdienst mehr beansprucht wird. Dem muss durch organisatorische Maßnahmen begeg- net werden. Auch bei Bediensteten anderer Laufbahnen gibt Büro zu einer bestimmten Zeit immer nur eine es mit Sicherheit Tätigkeiten, die von daheim aus Person statt deren zwei oder drei anwesend ist. gemacht werden können. Das Potenzial ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. Das zu diesem Thema Es ist keine große Schwierigkeit, dem Mitarbeiter oben Ausgeführte gilt mutatis mutandis ebenfalls zu ermöglichen, von einem heimischen PC auf hier. der gerichtlichen IT-Arbeitsumgebung zu arbeiten. Auch das Diensttelefon kann auf ein beliebiges Schlussbemerkung Telefon, z. B. eines am heimischen Arbeitsplatz, Lieber Leser! Sagen Sie bitte nicht sofort, dass ein umgeleitet werden. Natürlich ist es eigentlich Aufga- bestimmter Arbeitsplatz nicht zumindest teilweise be des Dienstherrn, entsprechende Geräte in ergo- ins Homeoffice verlagert werden kann. Die Corona- nomischer Ausführung nebst Zubehör zur Verfü- krise hat gezeigt, dass Arbeitsstrukturen, die vorher gung zu stellen. Das wird allerdings nicht so schnell vollkommen unvorstellbar waren, möglich sind und umsetzbar sein, wie es die Verhältnisse derzeit entgegen aller Erwartung sogar funktionieren. Man erfordern. Daher muss vorhandenes privates Gerät muss nur etwas darüber nachdenken und ggf. der Mitarbeiter übergangsweise genutzt werden. Arbeitsabläufe ändern, entzerren und trennen. STAATSANWALTSCHAFTEN Ferner sollte man sich Gedanken machen, wie bei eifrigem Lüften im Winter normale Infektionskrank- 1) Die abzuhandelnden Gruppen sind ähnlich wie heiten vermieden werden können. Es macht wenig bei den Gerichten. Statt Sitzungen gibt es in der Sinn, Covid-19 zu vermeiden und Menschen reihen- Staatsanwaltschaft Zeugen- und Beschuldigten- weise an Grippe und grippalen Infekten erkranken vernehmung. zu lassen. Helfen hier Lüfter mit Wärmerückge- 2) Sonstige Besucher der Staatsanwaltschaften winnung, die für einen Bruchteil des Preises einer 3) Bedienstete der Staatsanwaltschaften Klimaanlage eingebaut werden können? Nachden- ken hat noch nie geschadet. Johannes Schüler 20 rista 5-6/2020
BERUF AKTUELL MASKEN IN DER PANDEMIE „Alle Menschen sind klug ...“ Kirchenaustritte etc.) finden bei vielen Gerichten – soll Voltaire gesagt haben – nicht in verschiedenen Dienstzimmern, sondern „… die einen vorher, die anderen nach- nur in einem einzigen Saal statt, um zu vermeiden, her.“ dass viele Personen im Gebäude unterwegs sind. Außerdem wird überall auf die gängigen Abstands- Auch 250 Jahre später in der Coronakrise ist es und Hygieneregeln sowie Einschränkungen der nicht anders. Vor allem sind Fachleute wie Epide- Kontakte hingewiesen (Bodenmarkierungen, weni- miologen, Virologen und Pneumologen, naturge- ger Stühle, Trennwände). mäß aber auch Politiker erst später klug geworden. Mitarbeiter/-innen der Gerichte und Staatsanwalt- Wer sich zu Beginn des Jahres 2020 in einen schaften mussten zeitweise kraft Anordnung des Kälteschlaf versetzen ließ und nur ein halbes Jahr Behördenleiters außerhalb der Dienstzimmer eine danach aufgeweckt wurde, erkannte die Welt nicht Maske tragen. Im Sommer durfte nur noch eine mehr wieder: Überall in Städten und in Geschäf- Bitte bzw. Empfehlung ausgesprochen werden. Seit ten, auch in Bahnen und Bussen bedecken die Oktober sind in allen öffentlichen Bereichen Besu- meisten Menschen Mund und Nase mit Masken. cher und Mitarbeiter zum Tragen einer Mund-Na- Die meisten Großveranstaltungen, Messen, Märk- sen-Bedeckung verpflichtet. te, Konzerte, Volksfeste, ja sogar Karneval sind abgesagt. Fußballspiele finden vor leeren Tribünen In den Sitzungen kann eine Pflicht zum Tragen ohne Zuschauer statt. Selbst die Bedingungen für eines Mund-Nasen-Schutzes für die Verfahrens- private Feiern und Hochzeiten sind reglementiert. beteiligten und Zuhörer durch sitzungspolizeili- Ausgangssperren herrschen in manchen Ländern. che Anordnungen des/der Vorsitzenden geregelt Der ganze Planet findet sich plötzlich im Griff einer werden. Soweit bislang zu beobachten ist, haben tödlichen Pandemie. Vor rund 100 Jahren forderte die Kolleg(inn)en in den Sitzungen überwiegend die Spanische Grippe weltweit zwischen 20 und 50 davon abgesehen, den Beteiligten eine Masken- Millionen Menschenleben, nach manchen Schät- pflicht aufzuerlegen. Einzelne Anwälte haben zungen sogar bis zu 100 Millionen Menschenleben. gleichwohl eine Maske getragen. Seit Anfang Mai, Die Opferzahl der an COVID-19 Verstorbenen hat als der Sitzungsbetrieb wieder zum Laufen kam, längst auch schon die Millionengrenze überstie- gibt es in fast allen Gerichten mobile Acrylglas- gen. wände, und zwar zur festen Montage auf der Rich- terbank und zum Aufstellen auf den Tischen für Wie ist die Justiz mit der Pandemie umgegangen? die Prozessbeteiligten. Darüber hinaus stehen im Im Frühjahr 2020 ist der Sitzungsbetrieb im sog. Eingangsbereich und in den Sälen Desinfektions- Lockdown für ca. 6 Wochen weitgehend zum mittel zur Verfügung. Zuschauerplätze sind teils Erliegen gekommen. Nahezu alle Verhandlungen drastisch reduziert worden. wurden aufgehoben oder weiträumig verlegt. Nur in eiligen, unaufschiebbaren Angelegenheiten (Haft- Übrigens: Für diejenigen, die im Gericht ohne sachen, einstweilige Anordnungen) wurde verhan- Maske erscheinen, sind Einmalmasken in der delt. Wachtmeisterei vorrätig. Im Sinne der Tragepflicht wird bei jedem darauf hingewirkt, im Gerichtsge- Eine Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Na- bäude eine Maske aufzusetzen. sen-Schutzes für das Publikum hat in den Gerich- ten bis in den Herbst nicht bestanden, sondern nur Jede Krise hat auch positive Seiten: Die Digitalisie- eine dringende Empfehlung in Aushängen an den rung der Justiz hat in diesem Jahr teils sprunghafte Eingangsschleusen („wünschenswert“). Ansonsten Fortschritte gemacht. So sind Richter, Staatsan- ist der Publikumsverkehr erheblich eingeschränkt wälte und Rechtspfleger vielfach mit Telearbeits- worden, um den Infektionsschutz zu gewährleis- plätzen ausgestattet worden und haben vermehrt ten. Persönliche Vorsprachen sind nach wie vor in die Möglichkeit wahrgenommen, im Homeoffice zu der Regel nur nach Terminvereinbarung möglich. arbeiten. Die Termine außerhalb der regulären Sitzun- gen (z. B. Rechtsantragstelle, Nachlasssachen, rista 5-6/2020 21
BERUF AKTUELL Seit Wochen (Redaktionsschluss: Ende November 2020) nehmen die Neuinfektionen in ganz Deutsch- land in erschreckendem Maße wieder zu, sodass die 7-Tage-Inzidenzwerte inzwischen flächende- �Ich habe hier auch einen ckend die 50er-Marke überschreiten. Erhebliche Irrtum selber, einen wissen- Beschränkungen der Freiheitsrechte und Schutz- schaftlichen Irrtum in der maßnahmen sind vorprogrammiert. Zu den Schutz- maßnahmen zählt inzwischen auch eine Masken- Vergangenheit begangen, pflicht im Freien, insbesondere in Fußgängerzonen indem ich gesagt habe, und auf Marktplätzen. Im Frühjahr hieß es noch u. a. bei RKI und WHO, dass die Atemschutzmas- Masken sind Unsinn.“ ken keinen Nutzen haben und ein falsches Sicher- (Frank Ulrich Montgomery, heitsgefühl vermitteln … Wir sind also alle ein biss- Vorstandsvorsitzender des Weltärztebundes) chen klüger geworden. Harald Kloos, AG Geldern DIE MASKE IST UNS ERLASSEN Zur Rechtslage bezüglich einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht angeordnet werden Maskenpflicht in Gerichten und dürfe. Die Situation war damals (abgesehen von Staatsanwaltschaften in NRW „Tönnies“) von einem erheblichen Rückgang der Neuerkrankungszahlen nach dem Shutdown im Seit dem Sommer 2020 und dem Infektionsge- Frühjahr und den Bemühungen um eine Wiederauf- schehen in der Schlachterei der Firma Tönnies nahme des regulären Betriebs gekennzeichnet. Die in Rheda-Wiedenbrück ist die Rechtslage zur sogenannte 7-Tage-Inzidenz lag allenthalben deut- Maskenpflicht in Gerichten und Staatsanwaltschaf- lich unter der Grenze von 50 Infizierten je 100.000 ten unübersichtlich geworden. Einwohner. Vor dem 30.06.2020 gab es in der Justiz keine Wie von allen erwartet stiegen zum Herbst die übergreifenden ausdrücklichen Regelungen über Inzidenzzahlen, sodass das Justizministerium mit die Anordnung einer Maskenpflicht in Justizgebäu- Erlass vom 13.10.2020 reagierte. Zwar wurde am den. In einigen Häusern wurde eine Maskenpflicht Verbot der Anordnung einer Maskenpflicht gemäß angeordnet, wobei diese Anordnungen in der Regel Erlass vom 30.06.2020 festgehalten. Es wurde auf das Hausrecht gestützt wurden. Dies ist sicher- jedoch die Möglichkeit eröffnet, ausnahmsweise lich gegenüber den Besuchern eine vertretbare (vorübergehend) eine Pflicht zum Tragen einer Rechtsgrundlage. Etwas komplexer könnten die Mund-Nasen-Bedeckung für die öffentlich zugäng- Rechtsbeziehungen zu den im Haus Tätigen sein. lichen Bereiche eines Dienstgebäudes anzuord- Da es sich um Organisationsentscheidungen zum nen, falls der Inzidenzwert die Grenze von 50 in Gesundheitsschutz auf örtlicher Ebene handelt, der Kommune des Justizstandortes übersteigt. sind möglicherweise bei Änderungen Mitbestim- Diese scharfe Grenze wurde wenig später durch mungstatbestände berührt, sodass die örtlichen einen Erlass vom 30.10.2020 dahin ergänzt, dass Personalvertretungen (Richterrat, Staatsanwaltsrat, eine angeordnete Maskenpflicht erst ab einer Inzi- Personalrat) zu beteiligen wären. Solange eine denz unterhalb von 35 (nicht bereits unterhalb von einvernehmliche Entscheidung getroffen wird, ist 50) wieder aufzuheben sei. die Frage nach der Rechtsnatur und Rechtsgrund- lage einer solchen Anordnung aber eher zweitran- Damit wurde die vom Bund der Richter und Staats- gig (gewesen). anwälte für falsch gehaltene Entscheidung eines Verbotes der Anordnung einer Maskenpflicht Die Erlasslage zwar relativiert. Das Problem ist damit aber nicht Mit Erlass des Ministeriums der Justiz, Abteilung Z, gelöst. Denn irgendwann (hoffentlich bald) werden vom 30.06.2020 (6274 – Z. 6) wurde mit Nachdruck die Infektionszahlen deutlich sinken, sodass angeordnet, dass eine Pflicht zum Tragen einer sich diese Erlasslage wieder auswirken würde. 22 rista 5-6/2020
BERUF AKTUELL Angeordnete Maskenpflichten würden nach dieser Coronaschutzverordnung vom 30.10.2020 ordne- Erlasslage lange vor einstelligen Inzidenzzahlen te eine Maskenpflicht an. Die Neufassung vom wieder aufgehoben werden müssen. 30.11.2020 hat die Reichweite der Maskenpflicht verschärft. Die Coronaschutzverordnung vom Um das zu bewerten, lohnt ein genauerer Blick in 30.11.2020 ist zwar zunächst bis zum 20.12.2020 den Erlass vom 30.10.2020, mit dem der Novem- befristet. Angesichts des Infektionsgeschehens ist ber-Shutdown umgesetzt wurde1. Zur (ausnahms- es aber sehr wahrscheinlich, dass in den nachfol- weise eingeräumten Möglichkeit der Anordnung genden Wochen die Maskenpflicht nicht aufgeho- einer) Maskenpflicht ist dort zu lesen: „Für Zugangs- ben werden wird. beschränkungen zu Gerichten besteht aufgrund der bestehenden Hygieneauflagen einschließlich In beiden Fassungen wird zunächst in § 3 Abs. 2 der Möglichkeit der Anordnung einer Masken- Nr. 1 S. 1 angeordnet: pflicht ab einer Inzidenz von 50 Infizierten pro 1 Die Verpflichtung zum Tragen einer Alltagsmas- 100.000 Einwohnern keine Veranlassung. Es beste- ke besteht unabhängig von der Einhaltung eines hen keine Bedenken, wenn infolge des Absinkens Mindestabstands … in geschlossenen Räumlichkeiten des Inzidenzwertes unter 50 eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum, soweit diese – mit oder ohne auch bis zur Untergrenze von 35 Infizierten weiter Eingangskontrolle – auch Kundinnen und Kunden bzw. aufrechterhalten bleibt.“ Besucherinnen und Besuchern zugänglich sind … Diese Formulierung zeigt sehr deutlich, wie prob- Während die Verordnung vom 30.10.2020 den lematisch ein zentrales Verbot der Anordnung Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter- einer Maskenpflicht ist. Wegen der Kombination einander allerdings noch durch § 3 Abs. 2 S. 2 von Hygieneauflagen und Maskenpflicht beste- einschränkte he für Zugangsbeschränkungen keine Veranlas- 2 In Büroräumen gilt abweichend von S. 1 Nr. 1 die sung. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ohne Pflicht zum Tragen einer Alltagsmaske nur, soweit die Möglichkeit der Anordnung einer Masken- ein Kontakt zwischen Beschäftigten und Kundinnen, pflicht (bzw. ohne die Umsetzung einer solchen) Kunden oder ihnen vergleichbaren Personen ohne durchaus Anlass für Zugangsbeschränkungen zu Einhaltung des Mindestabstandes besteht. Gerichten besteht, weil die Hygieneauflagen allei- gilt nun durch die Neufassung vom 30.11.2020 ganz ne offensichtlich nicht ausreichend sind! Dies generell nach § 1 Abs. 4 S. 2 eine Maskenpflicht in lässt befürchten, dass ohne eine Maskenpflicht ein geschlossenen Räumen, also auch in Büroräumen. Herunterfahren des Geschäftsbetriebs wie im Früh- Es besteht lediglich dann eine ausdrücklich für die jahr 2020 angezeigt wäre. Situation am Arbeitsplatz definierte Ausnahme von der Maskenpflicht, wenn ein Abstand von 1,5 m zu Wenn dann sowohl im Erlass vom 30.10.2020 weiteren Personen sicher eingehalten werden kann als auch im „Fortgeltungserlass“ vom 27.11.2020 (§ 1 Abs. 4 S. 2 der Coronaschutzverordnung vom trotz einiger Einschränkungen grundsätzlich an 30.11.2020). Die im Erlass vom 30.10.2020 noch einem generellen Verbot der Anordnung einer vorhandene Einschränkung der Maskenpflicht auf Maskenpflicht festgehalten wird, gleichzeitig aber möglichen Publikumsverkehr ist also ausdrücklich mit Nachdruck darauf hingewiesen wird, „dass aufgehoben worden! … der Geschäftsbetrieb – und nicht nur ein auf die Erledigung von Eilfällen reduzierter Notbe- § 3 Abs. 5 und 6 enthalten (in beiden Fassungen) trieb – aufrechtzuerhalten2 sei“, legt dies einen für das Verständnis der Coronaschutzverordnung intensiven Zielkonflikt zwischen uneingeschränk- und der Maskenpflicht nach § 3 Abs. 2 sowie der tem Geschäftsbetrieb und Verbot einer Masken- Umsetzung in der täglichen Arbeit weitere relevan- pflicht offen. te Ausführungen: (5) Die Verpflichtung nach Abs. 2 kann für Inhaber und Die Coronaschutzverordnung Inhaberinnen sowie Beschäftigte durch gleich wirk- Aktuell wird diese Situation rechtlich von der same Schutzmaßnahmen (Abtrennung durch Glas, Coronaschutzverordnung in den Fassungen Plexiglas o. Ä.) oder das Tragen eines das Gesicht vom 30.10.2020 und 30.11.2020 überlagert. Die vollständig bedeckenden Visiers ersetzt werden. (6) Die Alltagsmaske kann vorübergehend abgelegt 1 Dieser Erlass gilt gemäß Erlass vom 27.11.2020 „bis auf werden, wenn das zur Ermöglichung einer Dienst- Weiteres“ fort. leistung oder ärztlichen Behandlung, auf behördli- 2 Im Erlass vom 30.10.2020 wurde formuliert: „Der che oder richterliche Anordnung oder aus anderen Geschäftsbetrieb der Justiz ist – unter Beachtung der Gründen (z. B. Vortragstätigkeit, Redebeiträge mit Grundsätze zum Infektionsschutz und der Hygieneplä- Mindestabstand zu anderen Personen bei zulässigen ne – uneingeschränkt aufrechtzuerhalten.“ rista 5-6/2020 23
BERUF AKTUELL Veranstaltungen usw., Kommunikation mit einem Auch ohne die zusätzliche Anordnung einer gehörlosen oder schwerhörigen Menschen, zur Maskenpflicht durch die Gerichts- oder Behörden- notwendigen Einnahme von Speisen und Getränken) leitung auf der Basis der Erlasslage des Ministeri- erforderlich ist. ums gelten also für quasi alle Bereiche eines Justiz- gebäudes umfangreiche Maskenpflichten bereits Zwar ist hier nicht ausdrücklich von Gerichten oder unmittelbar aus der Coronaschutzverordnung! Staatsanwaltschaften die Rede. Die „geschlosse- nen Räumlichkeiten im öffentlichen Raum“ umfas- Zu Recht verweist der Erlass vom 27.11.2020 sen aber alle Räume und sonstigen Gebäudeteile daher auf die in der Coronaschutzverordnung zu von Justizeinrichtungen, die dem Publikumsver- treffenden und in Zukunft dort zu erwartenden kehr eröffnet sind, und zwar auch dann, wenn eine Regeln, etwa für besondere Schutzmaßnahmen ab Eingangskontrolle stattfindet. Dabei definiert die einem Inzidenzwert von 200. Umso unverständli- Coronaschutzverordnung (in beiden Fassungen) in cher erscheint es daher, dass angesichts dieser § 1 Abs. 5 den öffentlichen Raum umfassend und Entwicklung gleichwohl beim Thema Maskenpflicht nimmt lediglich den nach Art. 13 Abs. 1 des Grund- zumindest formal an dem nach wie vor bestehen- gesetzes geschützten Bereich heraus. den, wenn auch bereits eingeschränkten Verbot der Anordnung einer Maskenpflicht festgehalten Auch die Coronaschutzverordnung vom 30.10.2020 wird. enthielt in Satz 2 von § 3 Abs. 2 zwar eine Ausnah- meregelung für Büroräume, stellte aber damit Aktuell ist diese Konstruktion aus dem Zusammen- klar, dass gerade auch Büroräume geschlossene spiel der Erlasse vom 30.06.2020, 13.10.2020, Räumlichkeiten im öffentlichen Raum sind und 30.10.2020 und 30.11.2020 zwar irrelevant gewor- damit an sich der Maskenpflicht nach der Corona- den, weil sie von der Coronaschutzverordnung schutzverordnung unterliegen. In der Fassung vom überholt worden ist. Im Sinne eines Signals der 30.11.2020 ist die Geltung der Maskenpflicht auch Fürsorge an alle in der Justiz tätigen Menschen in Büroräumen durch ausdrückliche Erwähnung würden wir uns gleichwohl sehr freuen, wenn das einer Maskenpflicht am Arbeitsplatz in § 1 Abs. 4 Ministerium dies beizeiten korrigieren würde. S. 2 klargestellt. Maskenpflicht im Sitzungssaal Und schließlich ergibt sich aus der Möglichkeit, Schließlich noch zur Maskenpflicht im Rahmen dass nach § 3 Abs. 6 (in beiden Fassungen) richterlicher Sitzungsgewalt: Der Sitzungssaal eine behördliche oder richterliche Anordnung das eines Gerichtes ist grundsätzlich eine geschlos- Ablegen der Alltagsmaske legitimiert, dass die sene Räumlichkeit im öffentlichen Raum, sodass Coronaschutzverordnung an sich auch die tägli- unmittelbar aus der Coronaschutzverordnung eine che Arbeitssituation in den Staatsanwaltschaften Maskenpflicht auch ohne eine gesonderte Anord- und Gerichten (vorbehaltlich § 176 GVG) umfasst. nung auf der Basis der Erlasse gilt. Mit dem Beginn So ist eine richterliche Anordnung zum Ablegen einer gerichtlichen Verhandlung gilt die Sitzungs- einer Maske nur innerhalb einer Verfahrenssituation gewalt der Richterin bzw. des Richters. Diese folgt denkbar. aus § 176 Abs. 1 GVG, der als höherrangiges Recht die Coronaschutzverordnung (und auch Zwar war unter der Geltung der Coronaschutz- eine eventuelle Anordnung der Gerichtsleitung) verordnung vom 30.10.2020 noch eine Einzel- verdrängt. Dies scheint der Verordnungsgesetzge- fallbetrachtung notwendig, welche Bereiche dem ber anders zu sehen oder nicht bedacht zu haben. die Maskenpflicht auslösenden Publikumsverkehr Aus § 3 Abs. 6 der Coronaschutzverordnung (beide eröffnet waren. Die Flure und die Sitzungssäle Fassungen) ergibt sich nämlich, dass eine richter- (zur Maskenpflicht im Rahmen der richterlichen liche Anordnung die Maskenpflicht vorübergehend Sitzungsgewalt weiter unten) gehörten jedenfalls dispensieren kann. Ein Dispens kann aber nur von dazu. Bei den Bürosituationen war relevant, ob das einer fortbestehenden Verpflichtung erteilt werden. Büro grundsätzlich der Abwicklung von Publikums- Und eine richterliche Anordnung kann eigentlich verkehr gewidmet ist. Anders als nach der Corona- nur im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens schutzverordnung vom 30.11.2020 war der Kontakt erfolgen, dürfte also im Sitzungssaal zwingend mit von Beschäftigten untereinander (zunächst) nicht einer richterlichen Sitzungsgewalt einhergehen. erfasst. Das ist aber nun, um es nochmals zu beto- Danach würde nach dem Verständnis der Coro- nen, angesichts des nicht nachlassenden, intensi- naschutzverordnung eine aus dieser Verordnung ven Infektionsgeschehens korrigiert worden. herrührende Verpflichtung zum Tragen der Maske auch nach Aufruf der Sache fortbestehen. Das 24 rista 5-6/2020
BERUF AKTUELL dürfte schon mit der Normenhierarchie nicht verein- – was sich von selbst versteht – nicht der Auffas- bar sein (Art. 97 GG sei außen vor gelassen). sung der ihm gegenüberstehenden Dienststelle von der Recht- und Zweckmäßigkeit der Maßnahme Dabei handelt es sich letztlich aber um ein Schein- anschließen.“ problem. Zu Beginn der Sitzung dürften wohl alle Anwesenden nach Maßgabe der Coronaschutzver- Das bedeutet: Sollte das Verbot der Anordnung ordnung eine Maske tragen. Wenn eine Unsicher- einer Maskenpflicht noch einmal relevant werden, heit entstehen sollte, was in der Verhandlungssitu- müsste das Problem in jedem einzelnen Gericht, ation gelten soll, oder die Maske abgesetzt werden in jeder einzelnen Behörde gelöst werden. Bei 226 soll, kann das durch eine einfache Äußerung der Gerichten und Staatsanwaltschaften im Land müss- zuständigen Richterin bzw. des Richters geklärt ten im Extremfall also Mitbestimmungsverfahren werden. unter der Beteiligung von bis zu 452 Personalver- tretungsgremien geführt werden. Maskenpflicht und Mitbestimmung Zum Abschluss soll noch eine mitbestimmungs- Dessen ungeachtet verweist diese Entscheidung rechtliche Facette des Themas geschildert natürlich auf eine ausgesprochen interessante, werden. Als im Erlass vom 30.06.2020 erstmals sehr weitreichende Problematik beim Verständnis das Verbot der Anordnung einer Maskenpflicht des aktuellen Mitbestimmungsrechtes. Aber das ist postuliert wurde, haben alle Hauptpersonalver- (vielleicht) einen anderen Artikel wert. tretungen (Hauptpersonalrat, die Hauptrichterräte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und aller Fachge- Bleiben Sie gesund! richtsbarkeiten sowie der Hauptstaatsanwaltsrat) die Auffassung vertreten, dass dieser Punkt auf Christian Friehoff, Rheda-Wiedenbrück der Hauptvertretungsebene mitbestimmungspflich- tig gewesen wäre. Es werde eine generalisierende Entscheidung mit Geltung für das gesamte Land unmittelbar durch das Ministerium getroffen. Da das Ministerium eine andere Auffassung vertritt, haben die Hauptpersonalvertretungen den Verwal- tungsrechtsweg beschritten. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf und nachfol- gend das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen (mit Beschluss vom 09.11.2020., Az. 20 B 1359/20.PVL) haben in Eilentscheidungen einen Mitbestimmungstatbe- stand verneint und dem Ministerium recht gegeben. Eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme läge auf der Ebene der Hauptvertretungen nicht vor. Das Wesen einer (eventuell mitbestimmungspflichtigen) Maßnahme würde vor allem darin bestehen, dass eine Maßnahme auf eine Abänderung eines Zustan- des abziele. Das sei bei dem Verbot der Anordnung einer Maskenpflicht gerade nicht der Fall. Ferner würde eine Maßnahme nicht bereits durch die Direktive des Ministeriums gegenüber den Gerichts- leitungen und Behördenleitungen umgesetzt. Eine Maßnahme würde – wenn überhaupt – erst durch die Umsetzung des Erlasses auf örtlicher Ebene getroffen. Das örtliche Mitbestimmungsver- fahren (unterstellt, ein Mitbestimmungstatbestand wäre gegeben) würde nach Auffassung des OVG auch nicht durch die strikte Bindung der Gerichts- leitung oder Behördenleitung an die Direktive sinn- los werden. Die Bindung beziehe sich „nicht auf den bei der nachgeordneten Dienststelle gebilde- ten Personal- oder Richterrat …; dieser muss sich rista 5-6/2020 25
BLICKE ÜBER DEN TELLERRAND BLICK NACH FRANKREICH JUSTIZKABALE OHNE LIEBE IN FRANKREICH Frankreich ist bekanntlich ein weitgehend zent- gegen die ENM aufgefallen, er forderte sogar ral organisiertes Staatswesen. Dies gilt auch für deren Abschaffung. In Bordeaux werde gefährli- die Ausbildung der Richter und Staatsanwälte. cher elitärer Korpsgeist gezüchtet. Dupond-Moretti Nur wer die Ecole nationale de la magistrature machte sich für eine Öffnung des Richterberufes (ENM) in Bordeaux erfolgreich absolviert hat, kann für Quereinsteiger stark. Damit trug er jedoch Magistrat (Spruchrichter) werden oder sich für Eulen nach Bordeaux, denn mehr als die Hälfte das Parquet entscheiden, das anders als bei uns der Mitglieder der französischen Justiz war zuvor Untersuchungsrichter und Staatsanwälte umfasst. in einem anderen Beruf tätig, zumeist als Anwalt. Der Chefposten an der ENM war vakant. Da die Die Beziehungen zwischen Magistrature, Parquet französische Justiz inzwischen zu zwei Dritteln und Barreau (Anwaltschaft) sind in Frankreich weiblich ist, schien es nur konsequent, dass der gespannt. Beklagt werden vonseiten der Anwälte neue Justizminister Éric Dupond-Moretti erstmals die Überlänge der Verfahren und der Urteilsstau, eine Frau an die Spitze dieser bedeutenden vonseiten der Gerichte die Obstruktion seitens der Einrichtung berief. Die Begeisterung aufseiten der Anwälte … Justiz hielt sich gleichwohl in Grenzen. Niemand hatte etwas gegen Nathalie Roret, nur … sie war So waren die Justizgewerkschaften über die über- in ihrem bisherigen Berufsleben Rechtsanwältin! raschende Personalie „pas amusés“, sie warfen Dupond-Moretti eine Strategie à la Trump vor. Inwiefern ihre Tätigkeit als Spezialistin für Wirt- Er besetze die prestigeträchtige Stelle ohne die schaftsstrafrecht sie für dieses Verwaltungsspit- bisher üblichen Konsultationen mit einer kras- zenamt der Justiz befähigte, ließ der Minister sen Außenseiterin, und dies, ohne ein Programm bei der Verkündung der Personalie offen. Er formuliert zu haben, was sie denn an der ENM selbst war allerdings früher durch heftige Angriffe überhaupt reformieren solle. Das sei unverantwort- lich, entwerte die Institution und sei wohl deren erster Sargnagel. Keine leichte Aufgabe für die neue Direktorin. Viel- leicht hilft ihr, dass sie über erhebliche Mediations- erfahrung verfügen soll. Monsieur Dupond-Moretti war übrigens bis zu seiner eigenen Berufung zum Justizminister am 6. Juli 2020 selbst Rechtsanwalt. Honni soit qui mal y pense.1 1 Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Quelle: Le Monde vom 23.09.2020 26 rista 5-6/2020
BLICKE ÜBER DEN TELLERRAND BLICK NACH SPANIEN QUERELLA BEI DER STAATSANWALTSCHAFT Da platzte ihm der spanische Kragen. Luis Navajas ist ein Ehrenmann. 2014 wurde er Das war zu viel. nach langer, tadelloser Karriere unter der dama- ligen konservativen Regierung Rajoy zum stellver- In zwei Interviews machte Navajas seinem Zorn tretenden Generalstaatsanwalt Spaniens beför- Luft. Er benannte namentlich Mitglieder der Grup- dert. Nach dem Regierungswechsel behielt er pe in seinem Haus, die ihn unter Druck zu setzen seinen Posten. Als „número dos“ (Nummer zwei) versucht hatten. Er warf ihnen vor, „ideologisch hielt er auch seiner neuen Chefin, Dolores Delga- kontaminiert“ zu sein, um dramatisch mit dem do, den Rücken frei. Ausruf zu enden: „Con esa tropa no voy a la guerra. ("Mit dieser Truppe ziehe ich nicht in den Der anfänglich unentschlossene Umgang der sozi- Krieg.") alistischen Regierung mit der Corona-Pandemie führte zu zahlreichen Strafanzeigen gegen deren Einen solchen Skandal hatte es in der General- Mitglieder, bis hin zum Mordvorwurf. Vor allem staatsanwaltschaft noch nie gegeben. Ideologi- das konservative politische Lager (Partido Popu- sche Differenzen waren bisher stets unter den lar und Vox) sah darin eine gute Gelegenheit, Teppich gekehrt worden. Die Reaktion auf Nava- der sozialistischen Regierung an den Karren zu jas’ scharfe Angriffe war allgemeine Sprachlosig- fahren, sie vielleicht sogar zu Fall zu bringen. keit. Ein heißes Ermittlungseisen, an dem sich in der Generalstaatsanwaltschaft niemand federführend Dass Luis Navajas den Stier so mutig bei den die Finger verbrennen wollte. Navajas übernahm. Hörnern packte, mag auch damit zusammenhän- Dabei erhielt er unwillkommene Hilfestellung aus gen, dass dieses Verfahren sein letzter großer Fall dem eigenen Haus. Kollegen drängten ihn, auf war. Er muss mit der Truppe nicht mehr in den jeden Fall eine Art hinreichenden Tatverdacht zu Krieg ziehen. Im Dezember geht er in Pension. bejahen. Politisch rechts orientierte Mitglieder der Generalstaatsanwaltschaft warfen ihm vor, die Gut, dass derlei bei uns nicht passieren kann ... Causa nicht scharf genug zu verfolgen. Navajas ließ sich nicht beirren. Er ließ sich alle Unterla- (Quelle: El Pais vom 22.09.2020) gen kommen und ermittelte sorgfältig. In seinem Abschlussbericht kam er zu dem Ergebnis, dass es keine Indizien für ein strafrechtlich relevantes Fehl- verhalten der Regierung gebe. Dies führte dazu, dass ihm nun von enttäuschten Staatsanwälten vorge- worfen wurde, er habe sich als „abogado del gobierno“ (Anwalt der Regierung) betätigt. Der (rechtskonservative) Staatsanwaltsbund (Asoci- ación de Fiscales) gab nicht auf. Er forderte die Einberufung einer Versammlung plädierender Staatsanwälte. Navajas müsse in diesem caso extraordinario „Unterstützung“ erhalten, um zum gewünschten Ergebnis zu gelangen. rista 5-6/2020 27
Hol dir das Weihnachtsmarkt-Feeling nach Hause O du fröhliche … Weihnachten steht schon bald vor der Tür! Und wie so vieles in 2020 wird auch das Weihnachtsfest in diesem Jahr von Veränderungen geprägt sein. Alles wird anders – ob wir wollen oder nicht! Aber vielleicht kann sich jeder ein kleines Stück des traditionellen Weihnachtsmarktbesuches nach Hause holen oder ins Büro, überall dorthin, wo man in geselliger Runde die schönen Traditionen zum Jahresende nicht ausfallen lassen möchte! Der Duft von Vanille, Zimt, Bratapfel und Lebkuchen ist schnell gezaubert: Duftöle und Duftkerzen versprühen nicht nur ein ange- nehmes, weihnachtliches Aroma, die Kerzen schaffen zudem auch ein behagliches, feierliches Licht – perfekt, um eine weihnachtliche Stim- mung aufkommen zu lassen. Was schmeckt eigentlich allen, ist schnell gemacht und vermittelt einfach ein Feeling von Weihnachten und Weihnachtsmarkt? Vielleicht konzentriert ihr euch da auf zwei Klassiker: gebrannte Mandeln und Reibekuchen! Beides typische Leckereien und Gerichte, die zur Weihnachtszeit und auf den Weih- nachtsmarkt gehören wie das Christkind. i b e k u c h e n Gebrannte M R e 2 Eier, S alz ZUTATEN fü andeln rtionen: eln, 8 EL Mehl, re 200 g Zuck ine Tüte: r 4 Po N fü b ZUTATE artoffeln, 3 Zwie er, 1 Pk Van 2 g ro ß eK 200 g Man illezucker, 1 deln, 1 TL Z 100 ml Wa ffer, Öl imt sser, und Pfe eibe reib en, G in e r großen R ewürfelte ZUBEREITU ITUN auf e nd g NG: Zucke ZUBERE lten Kartoffeln r würzen. Eier u n, dass die Pfanne geb r, Va en und etw nillezucker und Zimt g e s ch ä P feffe es tä u be Die d wen ig Mehl b niger ben. Ohne as mischen in eine it vie l Sa lz u n . M it so vie l m eh r oder we umzurühre , das Wass er zuge- m en ne n Mandeln d n, zum Ko dazugeb t (es kön nder verrühren . azu chen bring Zwiebeln asse bedeckt is m ite ina hoher Stufe geben und unter stän en. Die lm tlich weiterkoch digem Rüh Kartoffe es orden backen, en, bis der re als 8 EL sein). All ibe k uc hen aus nach Dann die Te mperatur a Zucker trock n auf weise Re men, da lange die M uf mittlere en wird. Portions en in Öl schwim fen lassen. Zucker voll andeln weit Stu errühren, b fe stellen und so sie m ü s s ab op tr ständig bra is der enkrepp un auf Küch karamellis iert ist. Dan und schön ein Backpa n die Mand pier schütt eln leicht ause en, mit Gab auf inanderzie eln 28 abkühlen la hen und rista 5-6/2020 ssen.
Eine schöne Idee ist es, einen schmackhaf- ten Punsch zuzubereiten. Rezepte, die man hierzu findet – mit oder ohne Alkohol –, sind durchaus eine Verköstigung wert! - P u n s c h Apfel-Ingw er-Punsch Rosé nen: elken, 3 ker, 4 N in mit Kurkum N für 6 Pe rs ZUTATE ge, ½ Bio-Zitro o ne, 10 0 g Z u c 50 ml R oséwe a (alkoholfre io -O ra n M u s k a tnuss, 7 i) 1B Prise ngen, 1 ZUTATEN fü Zimtsta ocknen und r 6 Person w a sc h en, abtr sen. Den Stück Ingw en ITUNG ne heiß s er, 1 Liter A : 1 Bio-Orange, 1 dau ZUBERE e und die Zitro Saft aus pre alen, 3 Sternanis e, 3 Nelken pfelsaft (n aturtrüb), mengroßes O ran g c h lie ß e nd den nd Zitronensch in , 2 TL Kurk 1 Stange Z Die n . An s n g e n - u atnu ss imt , schäle n Ora Musk ZUBEREITU uma dünn ab einsam mit de lken, Zimt und zufügen und em Ne hin NG Zucker g pressten Saft, Roséwein st und eine siru - Die Bio-Ora ng dem au sge tw a 100 ml u fgelö e in len. Den Sa e heiß abspülen, trock en . E ker a opf geb bis sich der Zuc ach den restlich ochen en W ft auspress en. Den fris nen und d einen T en, Dan ufk kleine Schei ben schnei chen Ingwer ünn abschä- erh itz langsam nsistenz gebild et h at. n (nicht m e hr a ießen. der Orangen den. Den A schälen un d in Ko erwärme r füllen und gen ohl! sc optional Ku hale, Ingwer, Nelken pfel- und O rangensaft partige hinzugeben und In G lä se Z W um rkuma aufk , Sternanis mit lassen). nehmen un ochen. Den en, Zimt u d 15 Topf vom H nd Punsch abse Minuten ziehen lass erd ihen, ggf. n en. Den erwärmen o und genieß ch einmal en. Die Deko zur Weihnachtszeit ist geprägt von Engeln, Sternen, Elchen, Tan- nenzweigen und sehr viel stimmungsvollem Licht! Durch Lichterketten ist ein warmes, gemütliches Licht schnell herbeigezaubert. Ob weiß oder far- big, schlicht um eine Holzdeko oder um Tannenzweige gewickelt oder mit selbst gebastelten Sternchen – da sind euch wirklich keine Grenzen gesetzt. Schnell gemacht – super Wirkung! K leiner Weihnachtsstern Man braucht einen schmalen Papierstreifen. Mit dem Streifen Im Wechsel wiederholen, bis nur noch ca. 1–2 cm übrig sind. vorsichtig eine Schlaufe bilden. Das Ende des Streifens unter dem oben liegenden Streifen Das lange Ende durch die Schlaufe hindurchziehen, ähnlich wie durchziehen, um das Reststück zu verstecken. Jetzt hat man ein bei einem Knoten. flaches Fünfeck. Den Streifen so fest wie möglich zusammenziehen und flach Mit Fingerspitzen und kräftigem Druck in alle 5 Ecken des Sterns drücken. Das kurze Ende zur Mitte knicken. Zacken „hineinkneifen“. Das Ende unter den Streifen schieben. Evtl. überstehendes Ende noch einmal umknicken. Probiert es gleich aus. Den roten Streifen mit Nun beginnt das „Wickeln“. Den Streifen entlang der linken den weißen Sternen einfach abschneiden Kante nach oben knicken. und loslegen. Das Sternchen wenden, Streifen entlang der rechten Kante kni- cken. Gut andrücken! rista 5-6/2020 29
VERMISCHTES SHUTDOWN AM AG RATINGEN Während ansonsten der Justizbetrieb im Lande mehr oder weniger im business as corona-usual läuft, galt am 3. November am Amtsgericht Ratin- gen für kurze Zeit: Rien ne va plus. Die Polizei ließ das Gebäude komplett räumen. Weshalb? Ein aufmerksamer Zeitgenosse hatte vor dem Eingang einen herrenlosen Rucksack bemerkt und die Polizei informiert. Zufällig waren Spezialeinsatzkräfte des LKA ganz in der Nähe in Velbert im Einsatz, um dort ein möglicherweise gefährliches Paket sicherzustel- len. Nach vollbrachter Tat waren sie schnell vor Ort und konnten nach kurzer Zeit für das Amts- gericht Entwarnung geben. Der Rucksack enthielt nur eine Wasserflasche und eine Jacke. Ob der Besitzer die Eingangskontrolle scheute und deshalb den Rucksack sich selbst überließ? Beim Verlassen des Gebäudes scheint er offenbar von einem freudigen Ereignis (Scheidung? Frei- spruch?) so überwältigt gewesen zu sein, dass Durst und Kälte keine Rolle spielten ... DER JURISTEN-JAHRESKALENDER 2021 HEITERKEITEN IN CORONA-ZEITEN: DER JURISTEN- JAHRESKALENDER 2021 VON WULKAN IST ERSCHIENEN! Wulkan hat auch in diesem Jahr wieder rista mit seinen Cartoons bereichert – sein hintersinniger Cartoon illustriert das Leitthema dieses Hefts. Der Kalender kann nur im Direktvertrieb für 20,95 € (zzgl. 5,80 € Versandkosten) per Mail an wulkan@arcor.de bestellt werden. 30 rista 5-6/2020
Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes, erfolgreiches Jahr 2021! Ihre rista rista-Redaktion und Ihr Vorstand des Gesehen in Schweden rista 5-6/2020 31
Akkreditierte Abstammungs- gutachten Von der Überwachung der Probenentnahme bis zur Erstattung des Gutachtens bieten wir den gesamten Service für belastbare Abstammungsgutachten Organisation und Überwachung dokumentierter Probenentnahmen Zuverlässige und zeitnahe Informationen an das Gericht Weltweite Organisation richtlinienkonformer Probenentnahmen Varianten der Abstammungsgutachten Senden Sie Ihren Beweisbeschluss Alle Gutachten sind richtlinienkonform gemäß ganz einfach an: § 23 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 2b GenDG auf Basis von zwei DNA-Isolationen aus zwei Tupfern je Proband. Ihre Gutachter am Institut für Serologie und Genetik > Basis-/Anfechtungsgutachten 390,- €* Prof. Dr. med. Jan Kramer, Dr. rer. nat. Armin Pahl, Triofall, d. h. Kind, Mutter, möglicher Vater; Dipl.-Biol. Stephanie Lobach Testumfang 17 Systeme Lauenburger Str. 67 > Komplettgutachten 580,- €* 21502 Geesthacht Kind, Mutter, sämtliche mögliche Väter; Testumfang 17 Systeme Sie haben noch Fragen? Kontaktieren Sie uns unter: > Vollgutachten 690,- €* T: 04152 - 80 31 62 3-fach-Analyse, d. h. Triofall Kind, Mutter, F: 04152 - 80 33 82 möglicher Vater; Testumfang 31 Systeme E-Mail: info@abstammung.de www.abstammung.de * zzgl. MwSt. und ggf. Probenentnahmekosten
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