Materielle Ungleichheit, "Mietenwahnsinn" und Wohnungsnot

Die Seite wird erstellt Raik Seidel
 
WEITER LESEN
12

     Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“
     und Wohnungsnot
     Hintergründe eines Kardinalproblems
     der Gesellschaftsentwicklung

     Christoph Butterwegge

     Zusammenfassung
         Die Wohnungs- und Lebenssituation von Menschen ohne Vermögen und mit geringen Einkommen hat
     sich in den letzten 25 Jahren in Deutschland massiv verschlechtert. Gründe für diese Entwicklung liegen im
     staatlich begünstigten Immobilienboom, wachsender ungleicher Vermögensverteilung und damit einherge-
     henden steigenden Preisen sowie einem deutlich geringeren und verteuerten Wohnraumangebot. Dies geschah
     im Zuge der Neoliberalisierung und Finanzialisierung des Wohnungsmarktes. Die Problematiken sozialräum-
     licher Ungleicheit, Segregation, Wohnungslosigkeit und der Mangel an gesellschaftlicher Teilhabe haben sich
     in der Zeit der Corona-Pandemie zugespitzt. Dies trifft besonders auf sozial benachteiligte und marginaliserte
     Menschen zu. Verstärkter öffentlicher Wohnungsbau kann hier für Abhilfe sorgen.

     Schlüsselwörter: Wohnungslosigkeit, soziale Ungleichheit, Segregation, Vermögensungleichheit, Reichtums-
     verteilung, gesellschaftliche Teilhabe, öffentlicher Wohnungsbau

     Summary
         The housing and living situation of people without assets and with low incomes has deteriorated massively
     in Germany over the past 25 years. The reasons for this development lie in the state-subsidized real estate boom,
     the growing unequal allocation of wealth and the associated rising prices as well as the significantly lower
     and more expensive housing supply. This happened in the course of the neoliberalization and capitalization of
     the housing market. The problems of socio-spatial inequality, segregation, homelessness and the lack of social
     participation have come to a head during the time of the corona pandemic. This is particularly true of socially
     disadvantaged and marginalized people. Increased public housing construction can provide a remedy here.

     Keywords: homelessness, social inequality, segregation, wealth inequality, wealth allocation, social participa-
     tion, public housing

     Wenn ein Land ökonomisch, materiell und kul-              was zu vermehrter Wohnungs- und Obdach-
     turell auseinanderdriftet, gehört sein Zerfall in         losigkeit führt. Weshalb diese Ungleichheit des
     sozialräumlicher Hinsicht zu den brisantesten             Wohnens entstanden und zuletzt gewachsen
     Folgen. Mit der sich vertiefenden Kluft zwi-              ist, wird im Folgenden genauso behandelt wie
     schen Arm und Reich nimmt auch die sozial-                die Frage, was man dagegen tun kann.
     räumliche Ungleichheit in Form der residenti-
     ellen Segregation deutlich zu. Einerseits ziehen
     sich Wohlhabende, Reiche und Hyperreiche                  Die materielle Ungleichheit wächst:
     teilweise in Luxusquartiere (Gated Communi-               Auseinanderentwicklung bei den
     tys) hinter hohe Mauern zurück, wo sie häu-               Einkommen und den Vermögen
     fig von privaten Sicherheitsdiensten bewacht
     werden; andererseits werden Arbeitslose und               Der Bonner Ökonom Moritz Schularick hat
     Arme wegen steigender Mieten vermehrt aus                 zusammen mit Thilo N. H. Albers (Humboldt-
     ihren angestammten Quartieren verdrängt,                  Universität zu Berlin) und Charlotte Bartels

                                                                                       rausch, 10. Jahrgang, 4-2021, 12–22
Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“ und Wohnungsnot                                                  13

(Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung,           vermögens konzentrieren sich beim reichsten
DIW) die Vermögensverteilung in Deutschland             Prozent der Bevölkerung und das reichste Pro-
von 1895 bis 2018 untersucht. Demnach war die           mille kommt immer noch auf 20.4 Prozent des
Vermögensungleichheit am stärksten im Kai-              Nettogesamtvermögens (vgl. Schröder et al.,
serreich ausgeprägt, wo das reichste Prozent            2020, S. 517).
der Bevölkerung auf knapp 50 Prozent des Ge-                Aufgrund des Immobilienbooms im Ge-
samtvermögens kam (vgl. Albers et al., 2020,            folge der globalen Finanzkrise 2007/08 hat
S. 39, 54, 34). Heute sei die Ungleichheit um die       sich die sozioökonomische Ungleichheit ver-
Hälfte geringer, im vergangenen Vierteljahr-            schärft. Da sich das Immobilieneigentum bei
hundert habe sie jedoch wieder deutlich zuge-           den Hochvermögenden konzentriert, haben die
nommen. Während die obere Hälfte der Vertei-            steigenden Preise für Häuser und Wohnungen
lung ihr Nettovermögen im Zeitraum zwischen             zur Vertiefung der Kluft zwischen Arm und
1993 und 2018 mehr als verdoppelte, besaß die           Reich beigetragen. Wie die Ökonomen Till Bal-
ärmere Hälfte der Bevölkerung weniger als               denius, Sebastian Kohl und Moritz Schularick
ein Vierteljahrhundert zuvor; ein Haushalt der          (2019, S. 19) belegten, hat das reichste Zehntel
reichsten zehn Prozent war im Jahr 1993 durch-          der Deutschen am stärksten vom jüngsten Im-
schnittlich 50-mal, im Jahr 2018 aber schon 100-        mobilienboom profitiert und ist zwischen 2011
mal reicher als ein Haushalt der unteren Hälfte.        und 2018 allein durch die Preisexplosion auf
Was die Struktur des Privatvermögens betrifft,          diesem Markt inflationsbereinigt um knapp 1.5
so bestand gut die Hälfte aus Immobilienbesitz          Billionen Euro reicher geworden. Während die
und rund ein weiteres Viertel aus Produktiv-            Mittelschicht, bei der Immobilienbesitz einen
kapital.                                                größeren Teil des Gesamtvermögens ausmacht,
    Markus M. Grabka und Christian Wester-              aufgrund der massiven Wertsteigerungen
meier betrachteten den Zeitraum von 2002 bis            ebenfalls nicht unwesentliche Vermögenszu-
2012, in dem die Vermögensungleichheit anhal-           wächse verzeichnete, ging die untere Hälfte der
tend hoch blieb. Zuletzt lag das durchschnitt-          deutschen Vermögensverteilung mangels Woh-
liche Nettovermögen der Erwachsenen bei gut             nungseigentums praktisch leer aus.
83 000 Euro. Wegen der großen Differenz zum                 Während einige Unternehmerfamilien den
Median, welcher bei knapp 17 000 Euro lag und           Industriesektor und hyperreiche Finanzfürsten
angibt, wie viel die mittlere Person in einer           den Bankensektor und das Kreditwesen, damit
nach der Höhe ihres Nettovermögens geordne-             jedoch auch andere Teile der Volkswirtschaft
ten Reihe besaß, war die Vermögensungleich-             beherrschten, besaßen 40 Prozent der Bevöl-
heit sehr groß.                                         kerung laut DIW-Präsident Marcel Fratzscher
                                                        (2016, S. 43) überhaupt kein nennenswertes Ver-
    „Gut ein Fünftel aller Erwachsenen verfügte         mögen, auf das sie im Alter oder im Krankheits-
    über kein persönliches Vermögen – bei sieben        fall zurückgreifen konnten. Demnach lebten
    Prozent waren die Verbindlichkeiten sogar höher     über 30 Millionen Menschen gewissermaßen
    als das Bruttovermögen.“ (Grabka & Wester-          von der Hand in den Mund, waren sie doch nur
    meier 2014, S. 156)                                 eine Kündigung oder eine schwere Krankheit
                                                        von der Armut entfernt.
Unter den Staaten der Eurozone wies Deutsch-                Mit 15.9 Prozent erreichte die Armuts-
land vor Österreich die höchste Vermögensun-            (gefährdungs)quote 2019 einen Rekordstand
gleichheit auf.                                         im vereinten Deutschland. 13.2 Millionen
     Zuletzt haben Carsten Schröder, Charlotte          Menschen in Deutschland hatten weniger als
Bartels, Konstantin Göbler, Markus M. Grab-             60 Prozent des bedarfsgewichteten mittleren
ka und Johannes König frühere DIW-Unter-                Haushaltsnettoeinkommens zur Verfügung,
suchungsergebnisse im Rahmen eines For-                 was für Alleinstehende 1 074 Euro im Monat
schungsprojekts für den Sechsten Armuts- und            entsprach. Die höchsten Armutsrisiken wiesen
Reichtumsbericht der Bundesregierung aktua-             Erwerbslose (57.9 Prozent), Alleinerziehende
lisiert. Dabei griffen sie auf eine Spezialstich-       (42.7 Prozent) und Nichtdeutsche (35.2 Prozent)
probe von Daten des Sozio-oekonomischen                 auf. Kinder, Jugendliche und Heranwachsende
Panels (SOEP) zurück, nahmen eine Sonderbe-             waren ebenfalls stark betroffen, während das
fragung von Vermögensmillionären vor und                Armutsrisiko der Senior(inn)en seit geraumer
bezogen die Reichenliste eines Wirtschaftsma-           Zeit am stärksten zunimmt. Während junge
gazins ein, um auch Hyperreiche im Rahmen               Menschen manchmal jahrzehntelang im Be-
dieser Sonderauswertung zu berücksichtigen.             reich des Wohnens, der Gesundheit und der
Demnach entfallen heute 67.3 Prozent des Net-           Freizeitgestaltung sowie von Bildung und Kul-
togesamtvermögens auf das oberste Zehntel               tur benachteiligt sind, wird Senior(inn)en der
der Verteilung, 35.3 Prozent des Nettogesamt-           Lohn für ihre Lebensleistung verweigert.

rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
14                                                                                            Ch. Butterwegge

         Unberücksichtigt bleiben hierbei sowohl           Wie die Ungleichheit während und
     die Quellen (Kapital, Lohnarbeit und Grund-           wegen der Covid-19-Pandemie wuchs
     eigentum) wie die Qualität der jeweiligen
     Einkommen, was den Bochumer Sozialwis-                Aufgrund der Covid-19-Pandemie, der Kolla-
     senschaftlern Renate Dillmann und Arian               teralschäden des zweimaligen bundesweiten
     Schiffer-Nasserie (2018, S. 29) als wesentlicher      Lockdowns (weitgehender Stillstand des öf-
     Mangel der Einkommensstatistik erscheint:             fentlichen Lebens) sowie der von ihm verur-
                                                           sachten oder zumindest verschärften Rezession
        „Der ökonomische Zusammenhang zwischen             hat die Verteilungsfrage in jüngster Zeit noch
        der Einkommensart und der Einkommenshöhe           an Bedeutung gewonnen. Die österreichischen
        ist kategorisch ausgeschlossen und der Gegen-      Ökonomen Franziska Disslbacher und Patrick
        satz der Einkommensquellen zum quantitativen       Mokre (2020, S. 3) weisen deshalb in einem
        Unterschied vermeintlich qualitativ gleicher       Beitrag über den Household Finance and Con-
        ‚Einkommensbezieher‘ verharmlost.“                 sumption Survey (HFCS) der Europäischen
                                                           Zentralbank zu Recht darauf hin, dass man
     Lohn- und Kapitaleinkünfte drifteten nach der         vor allem die Vermögensverteilung in nächster
     Vereinigung von BRD und DDR immer stärker             Zeit aufmerksam beobachten muss, weil ihrer
     auseinander. Die hohen Zuwachsraten der Ge-           Meinung nach die Gefahr besteht, dass sich die
     winneinkommen gingen zulasten der Lohnein-            sozioökonomische Ungleichheit im Gefolge der
     kommen, deren Anteil am Volkseinkommen                Coronakrise weiter zuspitzt, wodurch sich der
     rückläufig war (vgl. Mittelbach, 2013, S. 380 ff.).   Graben zwischen Arm und Reich verbreitern
     Nach dem 3. Oktober 1990 erreichten nur ganz          würde.
     wenige Ostdeutsche das oberste Einkommens­                Bereits während des ersten Lockdowns
     perzentil, dessen Anteil am Volkseinkommen            im Frühjahr 2020 wurde erkennbar, dass ein
     dadurch zunächst erheblich sank, während die          großer Teil der Bevölkerung bis weit in die
     untere Hälfte einen Zuwachs verzeichnete (vgl.        Mittelschicht hinein trotz eines relativ hohen
     Bartels, 2018, S. 56). Somit bewirkte die sukzes-     Lebens- und Sozialstandards sowie entgegen
     sive Annäherung des ostdeutschen Einkom-              den Beteuerungen der politisch Verantwort-
     mens- und Ungleichheitsniveaus an das west-           lichen, die Bundesrepublik Deutschland sei
     deutsche eine vorübergehende Reduktion der            eine „klassenlose“ Gesellschaft mit gesicher-
     Ungleichheit zwischen beiden Landesteilen.            ter Wohlständigkeit all ihrer Mitglieder, nicht
     Die „Inter-Gruppen-Ungleichheit“ schwächte            einmal kurze Zeit ohne seine ungeschmälerten
     sich ab und das gesamtdeutsche Ungleichheits-         Regeleinkünfte auskommt (vgl. Butterwegge,
     niveau sank, bis ab Mitte der 1990er-Jahre die        2021, S. 136 ff.). Dies hat zur Entfremdung stark
     Angleichung nachließ, sodass die Ungleich-            verunsicherter Bevölkerungsteile vom parla-
     heit in Gesamtdeutschland wieder stieg (siehe         mentarischen Repräsentativsystem und zur
     Spannagel, 2013, S. 174).                             größeren Zerrissenheit der Republik beige-
         Seither hat eine „gigantische Umverteilung        tragen. Wirtschaftliche, soziale und politische
     zugunsten der Kapitaleinkünfte“ stattgefun-           Ungleichheit hängen nämlich eng miteinander
     den, wie der Ökonom Heinz-J. Bontrup (2018, S.        zusammen (vgl. hierzu: Butterwegge, 2020).
     127, 129) errechnete:                                     Einerseits hat die pandemische Ausnahme-
                                                           situation 2020/21 teilweise seit Langem beste-
        „Hätte nämlich die Lohnquote in allen Jahren       hende Missstände, soziale Ungleichheiten und
        bei ihrem Höchstwert von 1993 [72.4 Prozent;       politische Versäumnisse aufgedeckt oder noch
        Ch.B.] gelegen, so hätten die abhängig Beschäf-    klarer zutage treten lassen, was mit der infla-
        tigten von 1991 bis 2017 insgesamt 1 744.3 Mrd.    torisch benutzten Metapher eines Brennglasses
        Euro mehr an Einkommen verbuchen können. So        ausgedrückt wurde. Andererseits verschärf-
        haben realiter die Bezieher der Kapitaleinkünfte   ten die Pandemie selbst, die letztlich von den
        die gut 1.7 Bio. EUR erhalten.“                    staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen (wie-
                                                           derholter Lockdown, Kontaktverbote sowie
     Denn die Lohnquote erreichte im Jahr 2007 mit         Einreise- und Ausgangsbeschränkungen) mit
     63.6 Prozent einen Tiefstand und erholte sich         ausgelöste oder zumindest verstärkte Rezessi-
     bis zum Jahr 2017 nur auf 68.5 Prozent. Obwohl        on und die stark auf Wirtschaftsunternehmen
     die Anzahl der abhängig Beschäftigten im Jahr         bzw. ihre sozialversicherungspflichtig Beschäf-
     2019 auf einen Rekordwert stieg, war die Lohn-        tigten zugeschnittenen Hilfspakete, „Rettungs-
     quote nicht höher als zur Jahrtausendwende.           schirme“ und Finanzhilfen die sozioökonomi-
                                                           sche Ungleichheit weiter.
                                                               Nie wurde deutlicher, dass die materielle
                                                           Ungleichheit in einer „marktwirtschaftlichen“

                                                                                     rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“ und Wohnungsnot                                                  15

bzw. kapitalistischen Gesellschaft beinahe au-          die mangelnde Ruhe, welches ihn zwang, die
tomatisch zu gesundheitlicher, Wohn- und Bil-           Schulaufgaben bei weniger Ruhe in der Kü-
dungsungleichheit führt. Die finanzschwächs-            che zu machen, sondern das knappe Familien-
ten Bevölkerungsgruppen wie Obdach- und                 budget.
Wohnungslose, aber auch andere Bewohner/in-                 Umgekehrt ließen sich der mehrmalige
nen von Gemeinschaftsunterkünften wie Straf-            Lockdown sowie die Schließung von Schulen
gefangene, Geflüchtete, (süd)osteuropäische             und Kinderbetreuungseinrichtungen im Ei-
Werkvertragsarbeiter/innen der Subunterneh-             genheim mit Garten erheblich leichter ertragen,
men von Großschlachtereien bzw. Fleischfab-             und die Ansteckungsgefahr war für Besser-
riken und ausländische Saisonarbeiter/innen,            verdienende, die häufig im Homeoffice arbei-
Migrant(inn)en ohne gesicherten Aufenthalts-            ten oder mit dem eigenen Auto statt in vollen
status, Menschen mit Behinderungen, Pflegebe-           Bussen und Bahnen zum Büro fahren konnten,
dürftige, Suchtkranke, Prostituierte, Erwerbs-          sehr viel geringer. Und bezüglich der Bildung
lose, Geringverdiener/innen, Kleinstrentner/            gilt in Abwandlung eines Sprichwortes: Wo
innen und Transferleistungsbezieher/innen               eine Villa ist, ist auch ein Weg – zum Abitur,
(Empfänger/innen von Arbeitslosengeld II,               zum Studium und zur beruflichen Karriere
Sozialgeld, Grundsicherung im Alter und bei             (vgl. hierzu ausführlicher: Butterwegge & But-
Erwerbsminderung sowie Asylbewerberleis-                terwegge, 2021, S. 105 ff., 169 ff.).
tungen), gehörten keineswegs zufällig auch zu               Durch wochenlange Kontaktverbote, Aus-
den immunschwächsten. Vielmehr erhöhen so-              gangsbeschränkungen und Einrichtungs-
zial mitbedingte Vorerkrankungen wie Adipo-             schließungen wurde die ohnehin brüchige Le-
sitas (Fettleibigkeit), Asthma, Diabetes mellitus       bensgrundlage der ärmsten Menschen (Bettler/
(Zuckerkrankheit) oder COPD (Raucherlunge),             innen, Pfandsammler/innen und Verkäufer/
katastrophale Arbeitsbedingungen (z. B. in der          innen von Straßenzeitungen) zerstört, weil feh-
Fleischindustrie) sowie beengte und hygienisch          lende Passant(inn)en und die Furcht der ver-
bedenkliche Wohnverhältnisse das Risiko für             bliebenen davor, sich zu infizieren, manchmal
eine Infektion mit SARS-CoV-2 bzw. für einen            zum Totalausfall der Einnahmen führten, was
schweren Covid-19-Krankheitsverlauf.                    stärkere Verelendungstendenzen in diesem
    Die gravierenden Ungleichgewichte beim              Sozialmilieu nach sich zog. Die finanzielle Be-
Einkommen und beim Vermögen prägten fast                lastung von Transferleistungsbezieher(inne)n,
alle Lebensbereiche der Menschen sowie deren            Kleinstrentner(inne)n und Geflüchteten nahm
subjektives Erleben und die psychosozialen Fol-         durch die Schließung der meisten Lebensmit-
gen der Pandemiekrise. Arbeitsbedingungen,              teltafeln, von Hamsterkäufer(inne)n geleerte
Wohnverhältnisse und Gesundheitszustand                 Regale mit preiswerten Grundnahrungsmitteln
(Anzahl, Art und Schwere der sozial beding-             wie Nudeln oder Mehl und steigende Preise bei
ten Krankheiten) übten einen signifikanten              Frischeprodukten zu.
Einfluss auf das Infektions-, Morbiditäts- bzw.             In einer modernen Klassengesellschaft gibt
Mortalitätsrisiko von Personengruppen aus,              es nicht bloß unvorstellbar Reiche (Multimilli-
die schon deshalb ganz unterschiedlich von der          ardäre) auf der einen und extrem Arme (Woh-
Pandemie betroffen waren. Hieß es früher auf-           nungs- und Obdachlose) auf der anderen Seite
grund der je nach Geschlecht rund zehn Jahre            des sozialen Spektrums. Vielmehr sorgt das
höheren Lebenserwartung von Wohlhabenden                bestehende Wirtschaftssystem auch dafür, dass
und Reichen „Wer arm ist, muss früher ster-             manche Reiche auf Kosten der Armen immer
ben“, so änderte sich diese Faustregel durch die        reicher, die Armen jedoch gleichzeitig zahlrei-
Pandemie geringfügig: „Wer arm ist, muss eher           cher werden. Unter dem Druck der Coronakri-
sterben“, hieß es nunmehr, weil das Risiko, an          se, die zu Einkommensverlusten durch Kurz-
der Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) zu            arbeit, Geschäftsaufgaben und Arbeitslosigkeit
sterben, für Wohlhabende und Reiche sehr viel           geführt hat, kauften mehr Familien bei Lebens-
niedriger war.                                          mittel-Discountern ein, um Haushaltsgeld zu
    Wenn eine Familie auf zwei Zimmern in               sparen, wodurch die Besitzer solcher Laden-
einer Hochhaussiedlung am Stadtrand wohn-               ketten wie Aldi Nord und Aldi Süd, die ohnehin
te, tat sie das wohl kaum der tollen Aussicht           zu den vermögendsten Bürgern gehören, noch
wegen, sondern weil ihr das Geld für eine               reicher geworden sind. Dieter Schwarz, Eigen-
größere Bleibe in einer besseren Wohngegend             tümer von Lidl und Kaufland, hatte sein Privat-
fehlte. Letztlich war der Grund für das höhe-           vermögen, das die Welt am Sonntag (20.09.2020)
re Infektionsrisiko dieser Eltern nicht ein häu-        auf 41.8 Milliarden Euro taxierte, allein in den
fig überfüllter Aufzug und der Grund für die            vergangenen zwei Jahren laut dem US-ame-
Bildungsbenachteiligung ihres Nachwuchses               rikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes um
keineswegs das fehlende Kinderzimmer und                14.2 Milliarden Dollar gesteigert. Für die Aldi-

rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
16                                                                                         Ch. Butterwegge

     Erben Beate Heister und Karl Albrecht jun. er-        Kindern stärker ausgeprägt als bei der Gesamt-
     gab sich immerhin ein Zugewinn von 6.4 Mil-           bevölkerung.“ (Helbig & Jähnen, 2018, S. I)
     liarden Dollar, wie dem Artikel „Die Reichsten
     werden noch reicher“ von Johannes Pennekamp        Besonders ungleich verteilten sich die in Haus-
     (2021) in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu   halten mit SGB-II-Bezug aufwachsenden Kin-
     entnehmen war.                                     der. Quartiere, in denen über 50 Prozent aller
         Infolge der pandemiebedingten Einkom-          Kinder von Sozialgeld lebten, fanden Helbig
     mensverluste sind wahrscheinlich mehr Giro-        und Jähnen in 36 der 74 Städte, die sie für ihre
     konten von prekär Beschäftigten, Kurzarbei-        Studie ausgewählt hatten.
     ter(inne)n, Soloselbstständigen und Kleinst-            Hendrik Lebuhn, Andrej Holm, Stephan
     unternehmer(inne)n ins Minus gerutscht, wes-       Junker und Kevin Neitzel haben für die Hans-
     halb gerade die finanzschwächsten Kontoin-         Böckler-Stiftung auf der Grundlage von Mi-
     haber/innen hohe Dispo- und Überziehungs-          krozensusdaten die Wohnverhältnisse in den
     zinsen zahlen mussten. Dadurch wurden jene         77 deutschen Großstädten untersucht und da-
     Personen, denen die Banken oder Anteile da-        bei vor allem die Situation verschiedener Ein-
     ran gehören, noch reicher, sofern das Privat-      kommensgruppen berücksichtigt. Wie sich
     kundengeschäft trotz der Pandemie halbwegs         herausstellte, lebten Haushalte mit geringen
     florierte. Obwohl manche Beobachter/innen          Einkommen nicht bloß auf kleinerer Fläche pro
     glaubten, die Pandemie habe das Land zerris-       Mitglied und in Wohnungen schlechterer Qua-
     sen, war das Coronavirus kein sozialer Spalt-      lität, sondern hatten auch eine deutlich höhere
     pilz. Unter den herrschenden Bedingungen           Mietbelastung zu tragen:
     wirkte es allerdings wie ein Katalysator des so-
     zioökonomischen Polarisierungsprozesses, der          „Einkommensungleichheiten werden so in den
     das Land innerlich zerreißt, was einen Großteil       Wohnverhältnissen nicht nur reproduziert,
     seiner Bewohner/innen wiederum zermürbt               sondern sogar noch verstärkt.“ (Lebuhn et al.,
     und gesundheitlich verschleißt.                       2017, S. 80)

                                                        Die das Wohnen als einen zentralen Indikator
     Residentielle Segregation als                      der sozialen Lage und als einen Gradmesser
     sozialräumliche Manifestation der                  der Ungleichheit begreifenden Verfasser der
     Kluft zwischen Arm und Reich                       Studie sprachen von einer „gravierende(n) Pola-
                                                        risierung der Mietbelastungsquoten“, weil die
     Deutlich wie nie zuvor schlägt sich die Klas-      zehn Prozent der Haushalte mit der günstigs-
     sen- bzw. Schichtstruktur heute im Stadtbild       ten Mietkostenbelastung nur 13.6 Prozent ihres
     nieder, wenn auch von lokalen Traditionen und      Haushaltsnettoeinkommens für die Bruttokalt-
     manchen Besonderheiten gebrochen und durch         miete ausgaben, während es von den zehn Pro-
     andere Einflussfaktoren modifiziert. Spürbar       zent mit den höchsten Mietbelastungen über
     ist die sozialräumliche Ungleichheit besonders     47.8 Prozent des Einkommens waren (a.a.O., S.
     in den prosperierenden Großstädten und Met-        78). Die Mietkostenbelastung dieser Gruppe
     ropolregionen der Bundesrepublik.                  betrug das Dreieinhalbfache der Haushalte mit
                                                        der günstigsten Mietbelastung.
        „Die Stadt als Zentrum der individuellen Kon-        Durch die Bundesrepublik verläuft ein tie-
        sumtion und Lebensweise einer Mehrheit der      fer Riss, der sie in ein gesellschaftliches Oben
        Bevölkerung eines Landes ist der Spiegel der    und Unten sowie in wohlhabende und abge-
        Klassengegensätze und ihrer Verschärfung im     hängte Regionen, Kommunen und Stadtvier-
        gegenwärtigen Finanzmarktkapitalismus wie in    tel teilt. Zu beobachten ist außerdem, was man
        einem Brennglas geworden.“ (Krüger, 2020, S.    eine sozioökonomische Sezessionsbewegung
        178)                                            nennen kann: Während die Einkommens-
                                                        schwachen, Geringverdiener/innen und Trans-
     Der Erfurter Hochschullehrer Marcel Helbig         ferleistungsbezieher/innen abgehängt und in
     und Stefanie Jähnen, Mitarbeiterin des Wis-        die Hochhausviertel am Rand der Großstädte
     senschaftszentrums Berlin für Sozialforschung      abgedrängt werden, weichen die materiell Bes-
     (WZB), untersuchten die Entwicklung der re-        sergestellten in gute und separate Wohnviertel
     sidentiellen Segregation in deutschen Städten      bis hin zu Gated Communitys aus. Sie ziehen
     und stellten dabei fest, dass sich diese zuletzt   sich aus freien Stücken in eine Parallelwelt zu-
     erheblich verstärkt hat.                           rück, die Privilegierten vorbehalten bleibt, und
                                                        der eine ganz andere Welt gegenübersteht, die
        „Ähnlich wie in den USA ist die soziale Spal-   nicht selbstgewählt ist und der Unterprivile-
        tung der Städte bei Kindern bzw. Familien mit   gierte nur schwer entfliehen können.

                                                                                  rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“ und Wohnungsnot                                                       17

    Von der „Herstellung gleichwertiger Le-                 Die gegenwärtige Wohnungsmisere und der
bensverhältnisse“, die Art. 72 Abs. 2 Grund-            „Mietenwahnsinn“ sind aber nicht vom Him-
gesetz fordert, kann selbst mehr als drei Jahr-         mel gefallen, sondern durch politische Entschei-
zehnte nach der Vereinigung von BRD und                 dungen erzeugt worden. Seit den 1980er-Jahren
DDR noch keine Rede sein. Ein sozialräumli-             überließ die staatliche Wohnungs-, Wohnungs-
cher Ausgleich, wie ihn dieser „politische Leit-        bau- und Stadtentwicklungspolitik priva-
begriff“ vorsieht, der laut Jens Kersten, Claudia       ten Investoren das Feld. CDU, CSU und FDP
Neu und Berthold Vogel (2019, S. 4) ein „Verfas-        schafften zum 1. Januar 1990 das Wohnungsge-
sungsauftrag für öffentliches Handeln“ ist, hat         meinnützigkeitsgesetz ab. Damit hatte der Staat
bisher nicht stattgefunden:                             z. B. genossenschaftlichen Wohnungsbaugesell-
                                                        schaften bis Ende der 1980er Jahre bestimmte
    „Daseinsvorsorge und Infrastrukturen stehen         Steuervorteile gewährt, sie dafür jedoch zur
    nicht überall in angemessenem Umfang zur Ver-       Beschränkung auf eine Kostenmiete und zur
    fügung, um die gesellschaftliche Teilhabe aller     Begrenzung von Gewinnausschüttungen ver-
    Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Dies       pflichtet. Vorher preisgebundene Wohnungs-
    gilt nicht nur für den ländlichen Raum, sondern     bestände gelangten daraufhin auf den Immo-
    auch für viele großstädtische Quartiere, die un-    bilienmarkt, wo es primär um hohe Renditen
    ter Segregation leiden.“                            ging.

In den wirtschaftlich erfolgreichen Ballungs-               „Mit dem Fortfall der Gemeinnützigkeit wurden
zentren greifen vermehrt Wohnungsnot und                    die öffentlichen Wohnungsgesellschaften zum
Mietwucher um sich, weshalb es zumindest                    Beutegut von kapitalistischen Immobilienun-
in den meisten Groß- und Universitätsstädten                ternehmen, die als sogenannte Heuschrecken die
selbst Normalverdiener(inne)n schwerfällt, eine             Wohnungsbestände aufkauften.“ (Krüger, 2017,
bezahlbare Wohnung zu finden. Verschärft                    S. 225)
wird das Problem durch eine sehr niedrige
Wohneigentumsquote der Bundesrepublik, die              Mit vier Finanzmarktförderungsgesetzen schu-
so niedrig ist wie in keinem anderen Land der           fen unterschiedlich zusammengesetzte Bun-
Eurozone (vgl. European Central Bank, 2020,             desregierungen seit 1990 ein günstiges Inves-
Table A1), was mit der extrem starken Kon-              titionsklima und ein ideales Betätigungsfeld
zentration des Vermögens zusammenhängen                 für (institutionelle) Kapitalanleger nicht zuletzt
dürfte. In den Städten wohnen die allermeisten          im Bereich der Immobilien (vgl. Heeg, 2018, S.
Menschen zur Miete, weil die Wohnungen ent-             107 ff.). Mietwohnungen, die eine Mehrheit der
weder reichen Privatleuten oder großen Immo-            Bevölkerung benötigt, um hierzulande men-
bilienunternehmen gehören. Letztere treiben             schenwürdig leben zu können, werden seit-
die Mieten in die Höhe, weil nur Mieterhöhun-           her mit der Folge als Waren ge- und als bloße
gen steigende Renditen für die Aktionäre sol-           Spekulationsobjekte behandelt. Hingegen lei-
cher Konzerne ermöglichen, woran der Erfolg             det der Soziale Wohnungsbau unter Schwind-
ihres Managements gemessen wird.                        sucht, weil ihn die politisch Verantwortlichen
                                                        nicht mehr vorantrieben. Außerdem wurde das
                                                        Mietrecht liberalisiert und der in Deutschland
Ursachen der wachsenden                                 für Vermieter traditionell relativ strenge Kün-
Ungleichheit im Wohnbereich                             digungsschutz gelockert. Mit der sog. Moder-
                                                        nisierungsumlage von elf Prozent führten SPD
Da die Einkommens- und erst recht die Vermö-            und Bündnis 90/Die Grünen zum 1. September
gensverteilung viel ungleicher ist als die Vertei-      2001 eine Beteiligung der Mieter an den Mo-
lung der Miethöhen, finden Personen, Familien           dernisierungskosten ein, und die am 1. Mai
und Haushalte mit geringem Einkommen oft                2013 in Kraft getretene Mietrechtsreform der
keine für sie bezahlbaren Wohnungen.                    schwarz-gelben Koalition erleichterte Zwangs-
                                                        räumungen.
    „Deshalb verschärft der Wohnungsmarkt schon              Die rot-grüne Koalition befreite Gewinne
    durch seine Preisstruktur die Einkommensun-         von Kapitalgesellschaften, die aus dem Verkauf
    gleichheit.“ (Lohauß, 2019, S. 310)                 von Tochterfirmen und Aktienpaketen anderer
                                                        Kapitalgesellschaften resultierten, von der Kör-
Über die Lage, Größe und Ausstattung der                perschaftsteuer – eines der größten Steuerge-
Wohnung bzw. des Eigenheims entscheidet die             schenke an die Unternehmen überhaupt.
finanzielle Leistungsfähigkeit, was dazu führt,
dass die Spaltung der urbanen Quartierswelt                 „Daraufhin stießen etliche Unternehmen ihre
voranschreitet.                                             Beteiligungen ab, welche in der Folge unter ande-

rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
18                                                                                           Ch. Butterwegge

        rem von Private-Equity-Fonds gekauft wurden.      Folgen der Privatisierung
        Auch die Käufer von privatisierten Wohnanla-      öffentlicher Wohnungsbestände
        gen waren meist Private-Equity-Fonds.“ (Metz-     und der Finanzialisierung
        ger, 2020, S. 131)                                des Mietwohnungsmarktes

     Folglich war die hierzulande später als in den       Auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt ha-
     angelsächsischen Staaten einsetzende Finanzi-        ben Wohnimmobilien-AGs zuletzt erheblich an
     alisierung des Immobilienmarktes kein Rück-          Bedeutung gewonnen. Sie erreichen zwar nur
     zug des Staates aus diesem Bereich, sondern ein      einen Marktanteil von etwa vier Prozent, dieser
     rasanter Aufstieg besonders kapitalkräftiger         konzentriert sich jedoch auf die lukrativen Me-
     Eigentümer, der von Parlament, Regierung und         tropolregionen, weil Konzerne wie Deutsche
     Verwaltung unterstützt wurde.                        Wohnen, LEG und Vonovia nicht in der Fläche
          Philipp P. Metzger (2020, S. 228) hat die Fi-   präsent sind (vgl. Metzger, 2020, S. 194). Der
     nanzialisierung des Mietwohnungsmarktes              von „Deutsche Annington“ in „Vonovia“ um-
     in der Bundesrepublik mit jener in den USA           benannte Immobilienriese gehört seit 2015 zu
     verglichen und auf einen wesentlichen Unter-         den 30 wertvollsten börsennotierten Konzer-
     schied hingewiesen: Während sie in den Ver-          nen, die im Deutschen Aktienindex (Dax) gelistet
     einigten Staaten eine stärker individualisierte      sind, und seit 2020 sogar zu den größten bör-
     Form angenommen und zu einer „Eigentümer-            sennotierten Konzernen Europas, gelistet im
     nation privat verschuldeter Haushalte“ geführt       Euro Stoxx 50. Seine exorbitanten Profite erwirt-
     habe, sei die Finanzialisierung in Deutschland       schaftete das Unternehmen durch Luxussanie-
     auf eine Mieternation getroffen, weshalb weni-       rungen und Wertsteigerungen seines wachsen-
     ge große Unternehmen als Hauptakteure do-            den Immobilienbestandes, rüde Methoden der
     miniert hätten, ohne dass sich Privathaushalte       „Entmietung“ und gesetzlich erlaubte Mieter-
     maßlos überschulden mussten.                         höhungen von bis zu elf bzw. acht Prozent nach
          Seit dem 1. Januar 2004 sind auch in Deutsch-   Modernisierungsmaßnahmen.
     land die in den USA kurz nach dem Zweiten                Auch die Deutsche Wohnen, der vor allem in
     Weltkrieg entstandenen Hedgefonds, seit dem          der Bundeshauptstadt und im Rhein-Main-Ge-
     1. Januar 2007 auch die sog. REITs („Real Estate     biet viele Mietshäuser gehören, schaffte es nach
     Investment Trusts“) gesetzlich zugelassen, wel-      Gewinneinbußen der Lufthansa während der
     che in den USA bereits 1960 eingeführt wurden.       Covid-19-Pandemie in den Dax. Seither droh-
     Dabei handelt es sich um steuerbegünstigte           ten ihren Mieter(inne)n aufgrund der hohen
     Immobilien-Aktiengesellschaften, denen zwar          Renditeerwartungen ausländischer Investoren
     der Kauf von Bestandsimmobilien verboten             und großer Vermögensverwalter einerseits
     war, durch deren Geschäftsmodell sich der Pri-       noch rigidere Praktiken des Immobilienkon-
     vatisierungsdruck aber weiter erhöhte. Obwohl        zerns. Andererseits entschied sich die Unter-
     stadtentwicklungs-, sozial- und demokratiepo-        nehmensspitze aufgrund des Negativimages
     litische Argumente, die Sebastian Klus (2020, S.     und des am 26. September 2021 erfolgreichen
     89) rekapituliert, gegen eine Privatisierung öf-     Berliner Volksbegehrens „Deutsche Wohnen
     fentlicher Wohnungsbestände sprachen, haben          & Co. enteignen!“ offenbar für einen weniger
     der Bund, aber auch manche Länder und viele          rücksichtslosen Umgang mit den Mieter(inne)n.
     Kommunen, dem neoliberalen Zeitgeist gehor-          Hier dürfte auch ein Grund dafür liegen, dass
     chend, teilweise ihren gesamten Wohnungsbe-          Vonovia und Deutsche Wohnen im Mai 2021 be-
     stand – häufig sogar zu Schleuderpreisen – an        kanntgaben, nach der Billigung durch das Bun-
     US-amerikanische Investmentgesellschaften,           deskartellamt und die Aktionäre per Megafu-
     internationale Finanzinvestoren und börsenno-        sion den größten Immobilienkonzern Europas
     tierte Immobilienkonzerne verkauft. Dadurch          bilden zu wollen, was ihnen im dritten Anlauf
     beraubten sich die Gebietskörperschaften auf         gelang.
     Jahrzehnte selbst der Möglichkeit, eine zielge-          Die meisten Kapitalanleger fürchteten nach
     richtete Stadtentwicklungspolitik zu machen          der globalen Finanz-, Weltwirtschafts- und
     und vor allem die Wohnungsversorgung ein-            europäischen Währungskrise 2007/08 und da-
     kommensschwacher Bevölkerungsgruppen zu              nach weitere Bankpleiten und Börsenzusam-
     sichern.                                             menbrüche, weshalb „Betongold“ in der Fol-
                                                          gezeit immer beliebter wurde. Aufgrund des
                                                          Immobilienbooms nach dieser schockartigen
                                                          Krisenerfahrung hat sich die sozioökonomi-
                                                          sche Ungleichheit in Deutschland verschärft.
                                                          Da sich das Immobilieneigentum bei Wohlha-
                                                          benden, Reichen und Hyperreichen (Hochver-

                                                                                    rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“ und Wohnungsnot                                                    19

mögenden) konzentriert, haben die Wertsteige-               schärft, als eine Umverteilung von unten nach
rungen bei Häusern und Wohnungen erheblich                  oben stattfindet.“ (Hubeli, 2020, S. 100)
zur Vertiefung der Kluft zwischen Arm und
Reich beigetragen.                                      Gleichzeitig sinkt die Zahl der Sozialwohnun-
    Vor allem in attraktiven Stadtlagen stiegen         gen seit mehreren Jahrzehnten kontinuierlich.
die Immobilienpreise und in deren Gefolge               Momentan fallen jährlich dreimal mehr Sozial-
die Mieten zum Teil drastisch. BlackRock & Co.          wohnungen aus der Mietpreis- und Belegungs-
haben als Eigentümer und Vermieter riesiger             bindung heraus, als neu hinzukommen. Gab
Wohnungskomplexe maßgeblich zur Mietenex-               es zur Jahrtausendwende immerhin über 2.5
plosion in deutschen Städten beigetragen (vgl.          Millionen öffentlich geförderte Wohneinheiten,
Buchter, 2020, S. 26 ff.; Rügemer, 2020, S. 47 ff.).    waren es nach Angaben der Bundesregierung
Neben seinem Engagement im Bereich der Ge-              am 31. Dezember 2019 nur noch 1.14 Millionen.
werbeimmobilien stieg BlackRock auch in den             Mit der am 1. September 2006 in Kraft getre-
Wohnungsbau ein. Internationale Finanzin-               tenen Föderalismusreform hat sich der Bund
vestoren haben fortan mit deutschen Immobi-             zunächst ganz aus diesem Bereich zurückge-
lien spekuliert und diesen für die Bevölkerung          zogen. Zwar wurden die den Ländern für eine
existenzwichtigen Lebensbereich noch stärker            Übergangszeit zugesagten Kompensationsmit-
ihrer Profitlogik unterworfen. Mit den Eigentü-         tel im Gefolge der „Flüchtlingskrise“ 2015/16
merstrukturen auf dem Mietwohnungsmarkt                 mehr als verdoppelt, dadurch ließ sich der
veränderten sich auch die Geschäftspraktiken            Niedergang des Sozialen Wohnungsbaus aber
der Vermieter. Während private Kleinvermie-             nicht aufhalten.
ter/innen häufig nur dann Mieterhöhungen                    Andrej Holm bemängelt allerdings zu
vornehmen, wenn nach langer Zeit ein Mieter-            Recht, dass Sozialwohnungen in Deutschland
wechsel erfolgt, schöpfen Immobilienkonzer-             nur für eine gewisse Zeit der Mietpreis- und
ne auch gegenüber Bestandsmieter(inne)n den             Belegungsbindung unterliegen. Er hält den so-
rechtlichen Rahmen für Wohnungsmodernisie-              zialen Wohnungsbau nicht für ein effektives
rungen und Mieterhöhungen voll aus, um die              Förderinstrument, weil das Zweifache des Bau-
Rendite ihrer (Groß-)Aktionäre zu erhöhen.              preises an die finanzierenden Banken einerseits
    Ein weiterer Hauptpreistreiber auf dem              und die Eigentümer zwecks Sicherung der Ei-
deutschen Mietwohnungsmarkt ist Airbnb, ein             genkapitalverzinsung andererseits fällig werde:
US-amerikanisches Internetportal zum Ver-
mieten von Wohnungen an Tourist(inn)en,                     „Die öffentliche Hand zahlt doppelt für etwas,
welches ursprünglich „Airbedandbreakfast“                   das schon nach wenigen Jahren einem Privat-
(Luftmatratze und Frühstück) hieß und dessen                mann oder einer Investitionsgesellschaft ge-
Geschäftsmodell für eine spürbare Reduktion                 hört.“ (Holm, 2014, S. 163)
des Wohnungsbestandes in begehrten Orten
der Bundesrepublik gesorgt hat, sofern diese
nicht – wie etwa Düsseldorf – die Zweckent-             Gegenmaßnahmen
fremdung eines Teils ihres regulären Miet-              von einer Bodenreform
wohnraumbestandes durch Verabschiedung                  über die Mietpreisbremse
einer Wohnraumschutzsatzung verhinderten.               bis zum öffentlichen Wohnungsbau
    Nach den Immobilienpreisen stiegen kei-
neswegs nur in bevorzugten Stadtlagen auch              Raumordnungs-,        Stadtentwicklungs-   und
die Mieten für Normal- und Geringverdiener/             Wohnungspolitik dürfen nicht an den Kapi-
innen. Längst müssen viele Haushalte einen              talverwertungsinteressen von (Groß-)Inves-
Großteil ihres Einkommens für Mietzahlun-               toren, müssen vielmehr an den Bedürfnissen
gen aufwenden, was ihnen nur einen geringen             der (potenziellen) Bewohner/innen von Stadt-
Spielraum für Anschaffungen und andere not-             teilen orientiert sein. Ertragserwartungen von
wendige Ausgaben lässt. Mieter/innen wurden             Finanzinvestoren und Wohnbedürfnisse von
gewissermaßen enteignet, weil sie in dieser             Mieter(inne)n sind weitgehend unvereinbar.
Phase extrem niedriger Hypothekenzinsen kei-            Kaum irgendwo versagt das kapitalistische
ne adäquaten Einkommenszuwächse verzeich-               Wirtschaftssystem m. E. so eklatant wie bei der
neten.                                                  Wohnungsversorgung.
                                                            Da sich der Markt als unfähig erwiesen hat,
    „Wenn Miet- und Bodenpreise (trotz billigen         eine adäquate Wohnungsversorgung für alle
    Geldes) steigen, wird das Einkommen lohnab-         Bevölkerungsschichten sicherzustellen, muss
    hängiger Mieter/innen in Kapital- und Boden-        sie als öffentliche Aufgabe begriffen und vom
    vermögen transferiert. Das heißt, dass sich die     Staat aus Gründen der sozialen Verantwortung
    Enteignung der Mieter/innen insofern ver-           für seine Bürger/innen gewährleistet werden,

rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
20                                                                                             Ch. Butterwegge

     dass niemand wegen seines geringen Vermö-                „Es kann nicht angehen, dass Bodeneigentümer
     gens und seines zu niedrigen Einkommens                  für jeden öffentlichen Eingriff Entschädigung
     auf der Strecke bleibt. Statt die „immobilien-           erhalten, die Gewinne, die ihnen durch öffentli-
     wirtschaftliche Landnahme“ deutscher Städte              che Entscheidung, also beispielsweise durch die
     zu fördern, müssen Parlamente, Regierungen               Zuerkennung von Baurecht, erwachsen, aber für
     und Verwaltungen laut Andrej Holm (2014, S.              sich behalten können.“
     171 f.) den „Ausstieg aus einer profitorientier-
     ten Wohnungspolitik“ vollziehen. Dies fällt den       Mit einer Bodenwertzuwachssteuer könnte
     politisch Verantwortlichen immer schwerer,            man die Spekulation mit Grundstücken weni-
     weil die Macht der Immobilienwirtschaft und           ger lukrativ machen und leistungslose Gewin-
     der großen Wohnungsunternehmen ständig                ne abschöpfen. Durch erweiterte Satzungsbe-
     wächst.                                               fugnisse würden die Kommunen in die Lage
         Der ehemalige Münchner Oberbürgermeis-            versetzt, die Stadtentwicklung effektiver im
     ter und spätere Bundesminister für Raumord-           Sinne des Gemeinwohls mitzugestalten.
     nung, Bauwesen und Städtebau, Hans-Jochen                 Mit einer halbherzigen „Mietpreisbremse“
     Vogel, hat bis zu seinem Tod im Juli 2020 im-         für Teilwohnungsmärkte, die CDU, CSU und
     mer wieder die zentrale Bedeutung des Bodens          SPD zum 1. Juni 2015 eingeführt, aufgrund
     und der Bodenpreise hervorgehoben. Da es              unbefriedigender Erfahrungen mit diesem In-
     sich beim Grund und Boden um eine „Grund-             strument zweimal „nachgeschärft“ und gleich-
     voraussetzung menschlicher Existenz“ handle,          zeitig bis zum 31. Dezember 2025 verlängert
     die man nicht „dem unübersehbaren Spiel der           haben, ist das Problem des Wohnungsmangels
     Marktkräfte“ überlassen könne, müsse hier poli-       für Einkommensschwache jedenfalls nicht zu
     tisch angesetzt werden, wolle man das Problem         lösen. Die mancherorts geradezu skandalösen
     der Preisexplosion im Wohnungsbereich lösen,          Zustände auf dem Mietwohnungsmarkt kön-
     meinte Vogel (Vogel, 2019, S. 48):                    nen nur durch eine grundlegende Kurskorrek-
                                                           tur in der Wohnungspolitik beseitigt werden.
        „Die Wertschätzung des knappen und unent-              Da sich Räumungsklagen und Zwangsräu-
        behrlichen Gutes Boden darf sich nicht länger in   mungen ausgerechnet in den Großstädten mit
        spekulativen Gewinnerwartungen ausdrücken,         ihren angespannten Mietwohnungsmärkten
        sollte vielmehr im Sinne einer nachhaltigen und    seit geraumer Zeit mehren (vgl. Holm, 2014, S.
        gemeinwohlorientierten Nutzung erfolgen, die       121), ist die Verankerung eines „Grundrechts
        den Boden als wesentliche Grundlage der Da-        auf Wohnraum“ in der Verfassung überfällig,
        seinsvorsorge sowohl für die heutige Bevölke-      für das Frank-Walter Steinmeier zu Beginn der
        rung als auch für die kommenden Generationen       1990er Jahre in seiner juristischen Dissertation
        anerkennt.“                                        „Das polizeiliche Regime in den Randzonen sozia-
                                                           ler Sicherung. Eine rechtswissenschaftliche Unter-
     Folgerichtig schlug der SPD-Politiker eine            suchung über Tradition und Perspektiven zur Ver-
     Kommunalisierung vor, d. h. die Überführung           hinderung und Beseitigung von Obdachlosigkeit“
     wohnbaurelevanter Grundstücke in Gemeinde-            plädiert hat. Staat und Behörden müssten, for-
     eigentum.                                             derte der spätere deutsche Außenminister und
                                                           Bundespräsident Steinmeier (1992, S. 394 f.),
        „Sie scheiden damit aus den Markt-Gütern aus,      per Grundgesetzauftrag „zum Bau und Erhalt
        deren Preise mit der Absicht des Wertzuwachses     preisgünstigen Wohnraums für breite Bevölke-
        und des Vermögensgewinnes nach den Regeln          rungskreise“ verpflichtet werden, und es dürfe
        von Angebot und Nachfrage in die Höhe getrie-      keine Wohnung z. B. wegen aufgelaufener Miet-
        ben werden. Denn ihre Wertsteigerung kommt         schulden geräumt werden, bevor nicht „zumut-
        nur noch den Gemeinden zugute.“ (Vogel, 2019,      barer Ersatzwohnraum“ zur Verfügung stehe.
        S. 71)                                                 Zweckmäßiger als eine Wiederbelebung des
                                                           sozialen Wohnungsbaus in der überkommenen
     Zu einer neuen und gerechten Bodenordnung             Form wären die Ausweitung des öffentlichen
     gehörte für Vogel, dass eine Gemeinde woh-            Wohnungsbaus, sinnvollerweise ergänzt durch
     nungsrelevantes Eigentum nicht mehr an Pri-           eine soziale Mietpreisgestaltung, sowie eine
     vatleute verkauft, sondern bloß noch in Erb-          Wiederherstellung der Wohnungsgemeinnüt-
     pacht vergibt, damit sie die Kontrolle über den       zigkeit, um die Aktivitäten genossenschaftli-
     Boden behält.                                         cher und kommunaler Wohnungsbaugesell-
         Ergänzend befürwortete Vogel (2019, S. 33)        schaften staatlicherseits zu stimulieren. Andrej
     die Einführung eines Planungswertausgleichs,          Holm, Sabine Horlitz und Inga Jensen (2017,
     was er mit „ganz elementaren Gerechtigkeitser-        S. 22 ff.) nennen fünf Prinzipien einer Neuen
     wägungen“ begründete:                                 Wohnungsgemeinnützigkeit, wie sie es nennen:

                                                                                      rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
Materielle Ungleichheit, „Mietenwahnsinn“ und Wohnungsnot                                                        21

1.	Gewinnbeschränkung und Orientierung an              Butterwegge, Ch. (2021). Ungleichheit in der Klassen-
    den Aufwendungskosten;                                  gesellschaft (2. Aufl.). Köln: PapyRossa.
2.	die Inhaber/innen eines Wohnberechti-               Dillmann, R. & Schiffer-Nasserie, A. (2018). Der
    gungsscheins und besonderer Diskriminie-                soziale Staat. Über nützliche Armut und ihre Ver-
    rung unterliegende Personen wie Menschen                waltung. Hamburg: VSA.
    mit Migrationshintergrund oder Geflüchte-           Disslbacher, F. & Mokre, P. (2020, 26.05.). HFCS –
    te, Alleinerziehende, kinderreiche Familien             Licht im Dunkeln der Vermögensverteilung.
    oder aus therapeutischen Einrichtungen                  Makronom. Abgerufen von https://makronom.
    entlassene Menschen als Zielgruppe ge-                  de/hfcs-licht-im-dunkeln-der-vermoegens
    meinnütziger Wohnungsunternehmen;                       verteilung-36058
3.	die Leistbarkeit der Wohnkosten und ein-            European Central Bank. (2020,). The household
    kommensabhängige Miethöhen;                             finance and consumption survey – wave 2017.
4.	die Zweckbindung der Mittel und revolvie-               Statistical tables. Frankfurt a. M. Abgerufen
    render Fonds;                                           von https://www.ecb.europa.eu/home/pdf/
5. Mietermitbestimmung.                                     research/hfcn/HFCS_ Statistical_Tables_
Würden die Kommunen in Deutschland fi-                      Wave_2017.pdf?906e702b7b7dd3eb0f28ab5582
nanziell dazu in die Lage versetzt, könnten sie             47efc5
durch eigene Bautätigkeit mehr Wohnungen für            Fratzscher, M. (2016). Verteilungskampf. Warum
auf einem preisbildenden Markt eher Chancen-                Deutschland immer ungleicher wird. München:
lose schaffen. Außerdem sollten die bestehen-               Hanser.
den Gestaltungsspielräume der kommunalen                Grabka, M. M. & Westermeier, Ch. (2014). Anhal-
Wohnungspolitik von den Städten konsequen-                  tend hohe Vermögensungleichheit in Deutsch-
ter genutzt werden. Beispielsweise kann die                 land. DIW Wochenbericht, 9, 151–164.
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnun-                Heeg, S. (2018). Die gebaute Umwelt als Finanz-
gen durch Soziale Erhaltungs- bzw. Milieu-                  anlage. Instutionelle Investoren als Stadtge-
schutzsatzungen und Nutzung des kommuna-                    stalter. In B. Emunds, C. Czingon & M. Wolff
len Vorkaufsrechtes ebenso erschwert werden                 (Hrsg.), Stadtluft macht reich/arm. Stadtentwick-
wie die Verdrängung einkommensschwacher                     lung, soziale Ungleichheit und Raumgerechtigkeit
Bevölkerungsschichten aus den Innenstädten                  (S. 105–124). Marburg: Metropolis.
mittels Luxusmodernisierungen.                          Helbig, M. & Jähnen, S. (2018). Wie brüchig ist die
                                                            soziale Architektur unserer Städte? – Trends und
                                                            Analysen der Segregation in 74 deutschen Städ-
Literatur                                                   ten (Discussion Paper P 2018-001). Wissen-
                                                            schaftszentrum Berlin für Sozialforschung
Albers, T. N. H., Bartels, C. & Schularick, M. (2020,   Holm, A. (2014). Mietenwahnsinn. Warum Wohnen
   8. März). The distribution of wealth in Germa-           immer teurer wird und wer davon profitiert. Mün-
   ny, 1895–2018. (ECONtribute Policy Brief 1).             chen: Knaur
   Universität Bonn/Universität zu Köln.                Holm, A., Horlitz, S. & Jensen, I. (2017). Neue Woh-
Baldenius, T., Kohl, S. & Schularick, M. (2019). Die        nungsgemeinnützigkeit. Voraussetzungen, Modelle
   neue Wohnungsfrage. Gewinner und Verlierer des           und erwartete Effekte (2. Aufl.). Berlin: Rosa-Lu-
   deutschen Immobilienbooms. Macrofinance Lab.             xemburg-Stiftung.
   Universität Bonn.                                    Hubeli, E. (2020). Die neue Krise der Städte. Zur
Bartels, C. (2018). Einkommensverteilung in                 Wohnungsfrage im 21. Jahrhundert. Zürich: Rot-
   Deutschland von 1871 bis 2013: erneut steigen-           punkt.
   de Polarisierung seit der Wiedervereinigung.         Kersten, J., Neu, C., Vogel, B. (2019). Gleichwerti-
   DIW Wochenbericht, 3, 51–58.                             ge Lebensverhältnisse – für eine Politik des
Bontrup, H. J. (2018). Wohnst du noch…? – Immobili-         Zusammenhalts. Aus Politik und Zeitgeschichte.
   enwirtschaft und Mieten kritisch betrachtet. Ham-        Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 46, S.
   burg: VSA.                                               4–11.
Buchter, H. (2020). BlackRock. Eine heimliche Welt-     Klus, S. (2020). Die Privatisierung kommunaler
   macht greift nach unserem Geld (2. Aufl.). Frank-        Wohnungsbestände als Herausforderung für
   furt a. M.: Campus.                                      die europäische Stadt. In B. Schönig & L. Voll-
Butterwegge, C. & Butterwegge, Ch. (2021). Kinder           mer (Hrsg.), Wohnungsfragen ohne Ende? – Res-
   der Ungleichheit. Wie sich die Gesellschaft ihrer        sourcen für eine soziale Wohnraumversorgung (S.
   Zukunft beraubt. Weinheim: Beltz Juventa.                83–95). Bielefeld: transcript.
Butterwegge, Ch. (2020). Die zerrissene Republik.       Krüger, S. (2017). Soziale Ungleichheit. Private Ver-
   Wirtschaftliche, soziale und politische Ungleich-        mögensbildung, sozialstaatliche Umverteilung und
   heit in Deutschland (2. Aufl.). Weinheim: Beltz          Klassenstruktur. Hamburg: VSA.
   Juventa.

rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
22                                                                                                                   Ch. Butterwegge

     Krüger, S. (2020). Grundeigentum, Bodenrente und        Spannagel, D. (2013). Reichtum in Deutschland. Em-
        die Ressourcen der Erde. Die Relativierung der           pirische Analysen. Wiesbaden: Springer VS.
        Knappheit und Umrisse eines linken Green New         Steinmeier, F. W. (1992). Bürger ohne Obdach – Zwi-
        Deal. Hamburg: VSA.                                      schen Pflicht zur Unterkunft und Recht auf Wohn-
     Lebuhn, H., Holm, A., Junker, S. & Neitzel, K.              raum. Tradition und Perspektiven staatlicher In-
        (2017). Wohnverhältnisse in Deutschland – eine           tervention zur Verhinderung und Beseitigung von
        Analyse der sozialen Lage in 77 Großstädten. Be-         Obdachlosigkeit. Bielefeld: VSH – Verlag Soziale
        richt aus dem Forschungsprojekt „Sozialer Wohn-          Hilfe.
        versorgungsbedarf“. Düsseldorf: Hans-Böckler-        Vogel, H. J. (2019). Mehr Gerechtigkeit!, Wir brauchen
        Stiftung.                                                eine neue Bodenordnung – nur dann wird auch
     Lohauß, P. (2019). Zur sozialen Polarisierung der           Wohnen wieder bezahlbar (2. Aufl.). Freiburg i.
        Wohnungsmärkte in Deutschland im Kontext                 Br.: Herder.
        europäischen und globalen Wirtschaftswachs-
        tums. In A. Hentschel & P. Lohauß (Hrsg.),
        Wohnungsmärkte und Wohnungspolitik. Beiträ-
        ge zur Kritik des Immobiliensektors (S. 265–317).
        Marburg: Metropolis.
     Metzger, Ph. P. (2020). Die Finanzialisierung der
        deutschen Ökonomie am Beispiel des Wohnungs-
        marktes. Münster: Westfälisches Dampfboot.
     Mittelbach, H. (2013). Lohn- und Kapitaleinkommen
        in Deutschland 1990 bis 2010. Zur Kritik neo-
        klassischer und neoliberaler Modelle. Köln: Papy-

                                                                                       Photo: ZDF/Kramers
        Rossa.
     Pennekamp, J. (2021, 25. Jan.). Die Reichsten wer-
        den noch reicher. Frankfurter Allgemeine Zei-
        tung.                                                  Prof. Dr. Christoph Butterwegge
     Rügemer, W. (2020). Die Kapitalisten des 21. Jahrhun-     Universität zu Köln
        derts. Gemeinverständlicher Abriss zum Aufstieg        Humanwissenschaftliche Fakultät
        der neuen Finanzakteure (2. Aufl.). Köln: Papy-        Department Erziehungs- und Sozial-
        Rossa.                                                 wissenschaften
     Schröder, C., Bartels, C., Göbler, K., Grabka, M. M.      – Politikwissenschaft –
        & König, J. (2020). MillionärInnen unter dem           Gronewaldstraße 2
        Mikroskop: Datenlücke bei sehr hohen Ver-              D-50931 Köln
        mögen geschlossen – Konzentration höher als            butterwegge-politikwissenschaft
        bisher ausgewiesen. DIW Wochenbericht, 29,             @uni-koeln.de
        511–521

                                                                                                            rausch, 10. Jahrgang, 4-2021
Sie können auch lesen