Statistik und Informationsmanagement Monatshefte - Stadt Stuttgart
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Statistik und Informationsmanagement Monatshefte Herausgeberin: Landeshauptstadt Stuttgart Themen Themen 3/2022 1/1998 Wer gastierte während der Beherbergungsverbote geschäftlich in Stuttgart? Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Stuttgart: Wer fühlt sich am stärksten belastet? Die Entwicklung des Motorisierungsgrads in Stuttgart während der Corona-Pandemie: Weshalb 2020 nur ein Ausreißer ist Die Leitung der Abteilung „Wirtschaft und Befragungen“ wurde mit Dr. Till Heinsohn neu besetzt Stuttgart behauptet sich im wirtschaftlichen Städteranking Veröffentlichungen zu den Themen 56. Jahrgang 81. Jahrgang
Themen Seite Statistik und Aktuelle Grafik: Informationsmanagement Monatsheft 3/2022 Die Entwicklung des Motorisierungsgrads in Stuttgart während 81. Jahrgang der Corona-Pandemie: Weshalb 2020 nur ein Ausreißer ist 55 Neues aus dem Statistischen Amt: Die Leitung der Abteilung „Wirtschaft und Befragungen“ wurde mit Dr. Till Heinsohn neu besetzt 56 Kurzbericht: Stuttgart behauptet sich im wirtschaftlichen Städteranking 57 Hauptbeiträge: Wer gastierte während der Beherbergungsverbote geschäftlich in Stuttgart? 62 Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Stuttgart: Wer fühlt sich am stärksten belastet? 68 Veröffentlichungen zu den Themen Rückseite Impressum: Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Herausgeberin: Landeshauptstadt Stuttgart Statistisches Amt, Eberhardstraße 37, 70173 Stuttgart Telefon 0711 216-98587, Telefax 0711 216-98570 E-Mail: poststelle.12@stuttgart.de Internet: www.stuttgart.de/statistik Verantwortlich für den redaktionellen Inhalt: Dr. Matthias Fatke Preis pro Monatsheft: 4 € Hinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Heft bei Personen- bezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern gelegentlich die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichberechtigung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat nur redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.
Aktuelle Grafik Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Die Entwicklung des Motorisierungsgrads in Stuttgart während der Corona-Pandemie: Weshalb 2020 nur ein Ausreißer ist Dr. Markus Niedergesäss Die Dichte an Pkw in einer Stadt lich gab es zu diesem Zeitpunkt noch Rückgang des Motorisierungsgrads, wird ausgedrückt durch den Moto- keine Möglichkeit sich durch eine welcher sich 2021 ins Gegenteil ver- risierungsgrad, welcher sich als Zahl Impfung zu schützen und viele erach- kehrt und über das Niveau des Jah- der Pkw pro 1000 Einwohner*innen teten einen Pkw als notwendig, um si- res 2019 hinaus anwächst. 2020 berechnet. In Stuttgart steigt dieser cher von A nach B zu gelangen. Ende gehen die Zulassungszahlen zurück von 437,8 Ende 2011 auf 440,5 Ende 2021 ist die Pandemie zwar noch vi- (von 11 324 auf 8577) und die Ab- 2021 leicht an. Nachdem der Motori- rulent, mit zunehmendem Impfschutz meldungen wachsen an (von 10 261 sierungsgrad bis Ende 2018 rückläu- wird die Notwendigkeit eines eigenen auf 11 561). 2021 fallen die Zulas- fig war, springt er 2020 deutlich nach Pkw jedoch immer geringer. Dass die sungszahlen dann weiter auf 7845, oben auf 439,4 Pkw und liegt seit- Zahl der unter 30-Jährigen in der Lan- es sinken allerdings auch die Ab- dem wieder oberhalb des Ausgangs- deshauptstadt aufgrund des fehlen- meldungen sehr deutlich auf 1371. niveaus. Der Schluss liegt nahe, dass den Zuzugs an Studierenden 2020 Auch für die älteste Altersklasse sich diese Entwicklung in der 2020 deutlich gesunken und 2021 dann lässt sich dieses Verhalten durch die beginnenden Covid-19-Pandemie konstant geblieben ist, tut ihr Übriges Corona-Pandemie begründen. Wäh- begründet. Insbesondere die im Ver- dazu, dass es zu einem kräftigen aber rend des ersten und zweiten Lock- gleich zum öffentlichen Nahverkehr nur kurzzeitigen Anstieg des Motori- downs waren es die Ältesten, die geringere Gefahr einer Ansteckung sierungsgrads kommt. ihren Bewegungsradius am stärksten könnte dazu geführt haben, dass sich einschränkten. Hierdurch wurde für einige Stuttgarter*innen einen Pkw Mit Ausnahme der ältesten Alters- einige dann auch der eigene Pkw, gekauft beziehungsweise länger ge- klassen, erfahren auch alle anderen zumindest kurzfristig, obsolet. Mit halten haben. einen einmaligen Anstieg des Moto- steigendem Impfschutz wird dann risierungsgrads, wenn auch in einem auch der Bewegungsradius wieder 55 Lohnend ist dabei ein Blick auf die geringeren Maß. Grund für die Ab- ausgeweitet und ein Pkw notwendig. Entwicklung des Motorisierungsgrads schwächung des Effekts ist, dass, im Dass dies vorranging durch eine Re- innerhalb einzelner Altersklassen. Für Gegensatz zur jüngsten Altersklasse, duktion an Abmeldungen geschieht, die Gruppe der unter 30-Jährigen ver- die Notwendigkeit nach einem (wei- dürfte ebenfalls an Corona liegen, läuft der Motorisierungsgrad bis Ende teren) Pkw mit steigendem Alter ab- denn 2021 kommt es zu großen Lie- 2019 nahezu konstant. 2020 springt nimmt, da in der Regel bereits einer ferproblemen von Neufahrzeugen er dann plötzlich von 131,1 auf 166,9 da ist. Die große Ausnahme stellt die und es sind grundsätzlich die über Pkw pro 1000 Einwohner*innen, nur Gruppe der über 60-Jährigen dar. 60-Jährigen, die sich am häufigsten um 2021 wieder auf 134,5 zu sinken Für diese kommt es 2020 zu einem einen Neuwagen leisten. – also leicht oberhalb des Ausgangs- niveaus. Dieses Verhalten findet sich Abbildung: Motorisierungsgrad differenziert nach Altersklassen mit Ausnahme der über 60-Jährigen Anzahl Pkw pro 1000 Einwohner*innen auch in allen anderen Altersklassen, 700 wenngleich mit ansteigendem Alter zunehmend abgeschwächt. Was zu- 50 bis unter 60 Jahren 600 nächst wie ein Datenfehler aussieht, 60 Jahre und älter entpuppt sich bei genauerem Hinse- 500 40 bis unter 50 Jahren hen als gut erklärbarer Corona-Effekt. Insgesamt Besonders offensichtlich wird dies für 400 die jüngste Altersklasse, die 2020 30 bis unter 40 Jahren zum einen deutlich mehr Pkw zulässt 300 (von 6926 auf 7602), während sie gleichzeitig weniger abmeldet (von 200 7179 auf 4574). 2021 gehen dann 18 bis unter 30 Jahren die Zulassungen auf 5921 zurück, 100 während die Abmeldungen auf 9561 deutlich ansteigen. Die Daten deuten 0 darauf hin, dass der kaufbereite Teil 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 31.12. 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 der jüngsten Altersklasse 2020 wegen der Corona-Pandemie den Autokauf um ein Jahr vorgezogen hat. Schließ- Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Neues aus dem Statistischen Amt Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Die Leitung der Abteilung „Wirtschaft und Befragungen“ wurde mit Dr. Till Heinsohn neu besetzt Dr. Matthias Fatke Thema: Mitgliederfluktuation in den offiziellen Zeitschrift des Verbands Parlamenten der deutschen Bundes- Deutscher Städtestatistiker (VDSt) – länder. Eine Bestandsaufnahme und engagiert sich Herr Dr. Heinsohn auch Ursachenforschung. Anschließend überregional. Hierzu zählt auch seine setzte er seine wissenschaftliche Mitgliedschaft in der verbandeige- Laufbahn als akademischer Rat a.Z. nen Arbeitsgruppe zur Erstellung von am Lehrstuhl für Politikwissenschaft II Mietspiegeln. der Universität Düsseldorf fort. Die Ergebnisse seiner Forschungen zu Als Abteilungsleiter weitet sich der Foto: Thomas Niedermüller/Landeshauptstadt Stuttgart Wahlverhalten und Partizipation fin- Verantwortungsbereich von Herrn den sich in internationalen Fachzeit- Dr. Heinsohn auf die weiteren Sach- schriften. gebiete Lokale Erhebungen, Wohnen Neuer Leiter der Abteilung Wirtschaft und Umwelt sowie Qualitätsanalyse und Befragungen im Statistischen Im März 2019 trat Herr Dr. Till Hein- aus. Die Abteilung liefert sowohl mit Amt der Landeshauptstadt Stuttgart sohn als Leiter des Sachgebiets Sozial- den Befragungen von Bürgerinnen ist Dr. Till Heinsohn. Damit folgt er und Personalstatistik in den Dienst und Bürgern als auch in den Berei- Herrn Dr. Schmitz-Veltin nach, der seit der Landeshauptstadt Stuttgart ein. chen Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Tou- 2015 die Abteilung mit großem Erfolg Seine zahlreichen Analysen zu kom- rismus, Kultur, Wohnen und Umwelt geleitet hatte. munalstatistischen Fragestellungen empirisch fundierte Grundlagen für zeugen vom nahtlosen Übergang aus wichtige Entscheidungen. Darin äu- Herr Dr. Heinsohn wurde 1983 in der akademischen Wissenschaft in die ßere sich, laut Herrn Dr. Heinsohn, Tübingen geboren. Nach Abitur und angewandte Stadtforschung. Seine die Rolle des Statistischen Amts als Zivildienst absolvierte er das Bache- methodische Expertise führte ihn Kompetenzzentrum und zentraler 56 lor- und Masterstudium der Politik- im Oktober 2020 in das Sachgebiet Dienstleister für Daten, Analysen und Verwaltungswissenschaft an der Wirtschaft und Kultur. Als Leiter des und Wahlen innerhalb der Stadtver- Universität Konstanz. Im Anschluss Sachgebiets, welches unter anderem waltung Stuttgart. Neben der Er- war Herr Dr. Heinsohn als wissen- verantwortlich für die Erstellung des schließung neuer Datenquellen zur schaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl qualifizierten Stuttgarter Mietspiegels Ergänzung der amtlichen Statistik für Vergleichende Politikwissenschaft ist, übernahm Herr Dr. Heinsohn auch sind Herrn Dr. Heinsohn in der neuen an der Universität Konstanz tätig und die stellvertretende Leitung der Abtei- Position auch das konstruktive abtei- wechselte 2011 an den Lehrstuhl für lung Wirtschaft und Befragungen. lungs- und ämterübergreifende Mit- Politische Soziologie an der Univer- einander sowie die Überführung der sität Bern. Im Jahr 2014 veröffent- Als Mitglied in der Zeitschriftenleitung amtlichen Statistik in das digitale Zeit- lichte er seine Dissertation zu dem der Stadtforschung und Statistik – der alter wichtig.
Kurzbericht Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Stuttgart behauptet sich im wirtschaftlichen Städteranking Dr. Werner Münzenmaier1 Die Corona-Pandemie und ihre Be- Abbildung 1: Platz 5 im Bereich Immobilienmarkt gleiterscheinungen haben Städte vor ungeahnte Herausforderungen ge- Mietpreis stellt. Doch trotz allem sind Städte nach wie vor die wichtigsten Wohn- und Lebensräume für viele Menschen und Wirtschaftszentren für viele Be- triebe, Institutionen und Organisati- onen. Schließlich wohnten 2020 in Neu gebaute Vermarktungszeit den 80 größten deutschen Städten Wohnungen 20 10 Mietwohnungen 30 über 26,6 Millionen Menschen und 40 50 damit fast ein Drittel der Bevölke- 70 60 rung. Gleichzeitig arbeiteten dort fast 17,7 Millionen Menschen und damit etwa zwei Fünftel aller Erwerbstäti- gen. Große Städte spielen also für die Schaffung materiellen Wohlstands eine gewichtige Rolle. Dabei stehen Städte in einem EIMX Kaufpreis (Erschwinglichkeitsindex)¹ ständigen Wettbewerb um die Verbesserung oder zumindest Auf- Quelle: IW Consult rechterhaltung ihrer Wirtschafts- und 01 Anteil der Wohnkosten am Nettoeinkommen je Haushalt 57 Innovationskraft, ihrer Attraktivität als Wohn- und Arbeitsort sowie ihrer Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Anziehungskraft in den Bereichen Einzelhandel und Tourismus. Diese umfassende Konkurrenzsituation wird durch die aktuellen Herausforderun- gen der digitalen, technologischen Wie wird das Ranking erstellt? und ökologischen Transformation erheblich verschärft. Deshalb müssen Zur Aufstellung des wirtschafts- Arbeitsmarkt mit 40 Prozent und die Städte mehr denn je ihre eigene orientierten Städterankings zieht die Wirtschaftskraft mit 30 Prozent Situation hinterfragen und sich einem die Unternehmensgruppe IW Con- einfließen. Die resultierenden Werte Vergleich mit anderen Städten und sult Indikatoren aus den vier Be- erlauben, die Städte in eine Rang- Regionen stellen. reichen Immobilienmarkt, Lebens- folge zu sortieren. qualität, Arbeitsmarkt und Wirt- Vor diesem Hintergrund stellt sich schaftskraft heran. Die einzelnen Um ihrer Funktion als Erfolgsmaßstab die Frage, wie Stuttgart im wirt- Indikatoren werden, da sie sich und Handlungshinweis zu genügen, schaftlichen Vergleich abschneidet. auf unterschiedlichen Skalen be- werden für die Indikatoren überwie- In welchen Bereichen kann die Lan- wegen, harmonisiert und dann gend Ergebnisse der amtlichen deshauptstadt punkten? Konnte sie über die Städte hinweg standar- Statistik verwendet, teilweise auch insgesamt die traditionell gute Platzie- disiert. Anschließend werden die Daten von anderen Organisatio- rung verteidigen? Zur Beantwortung Indikatoren in jedem Bereich über nen. Dies betrifft vor allem drei solcher Fragen können Städteran- ein ökonometrisches Modell nach Indikatoren im Segment „Immo- kings herangezogen werden. Eine dem Erklärungsgehalt für die Attrak- bilienmarkt“, die regelmäßig vom der prominentesten Untersuchung tivität beziehungsweise den Erfolg Unternehmen ImmoScout24 be- dieser Art ist ein regelmäßig von der der jeweiligen Stadt gewichtet und reitgestellt werden. In Abhängigkeit Unternehmensberatung IW Consult addiert. Der Gesamtwert errechnet von der Datenverfügbarkeit bezie- in Kooperation mit der Wirtschafts- sich schließlich aus den Summen- hen sich die Indikatoren des Niveau- woche und dem digitalen Marktplatz werten der vier Bereiche, wobei der rankings 2021 auf die Jahre 2019 ImmoScout24 zusammengestelltes, Immobilienmarkt mit 20 Prozent, die und 2020 beziehungsweise das wirtschaftsorientiertes Indikatorenset. Lebensqualität mit 10 Prozent, der 2. Quartal 2021.
Kurzbericht Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Es bildet 71 große Städte (mit jeweils- Abbildung 2: Platz 28 im Bereich Lebensqualität mehr als 100 000 Einwohnerinnen und Einwohnern) in einem Niveauran- Gästeübernachtungen king anhand der Bereiche Wirtschafts- kraft, Arbeitsmarkt, Lebensqualität und Immobilienmarkt ab. Kitaquote 3-U6³ Wanderungssaldo 10 Immobilienmarkt 20 30 40 Für den Immobilienmarkt wurden 50 zunächst die Angebotsmieten und 60 70 die Kaufpreise für Eigentumswoh- nungen (jeweils in Bestandsobjekten) herangezogen, ergänzt um einen „Er- Kitaquote U3² Gemeldete Straftaten schwinglichkeitsindex“, definiert als (geschätzter) Anteil der Wohnkosten je Kaufkraft. Für alle drei Indikatoren gilt: Je höher der Wert, umso höher der Rang der Stadt. Bei allen drei Indi- zes schneidet Stuttgart mit den Plät- Überschuldungsquote¹ Aufklärungsquote zen 2, 3 und 6 sehr weit vorne ab. Quelle: IW Consult 01 Anteil der Menschen in Überschuldung an der über 18-jährigen Bevölkerung Diese Spitzenstellung ist allerdings 02 Anteil der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder unter 3 Jahren an allen Kindern dieser Altersgruppe 03 Anteil der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder von 3 bis unter 6 Jahren an allen Kindern dieser Altersgruppe eine zweischneidige Angelegenheit. Natürlich reflektieren teure Miet- und Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Kaufpreise (13,60 bzw. 5326 Euro/m2) die Wirtschaftskraft der Stadt. Auf weniger wohlhabende Privathaus- Lebensqualität Auffallend ist, dass die Spitzenpositi- 58 halte wirkt das hohe Niveau, absolut onen bei allen Indikatoren von kleine- und einkommensbezogen, jedoch Den mit Abstand schlechtesten Rang ren Großstädten behauptet wurden, eher abstoßend und nachweislich be- aller Bereiche erreichte Stuttgart bei wobei ostdeutsche Städte besonders lastend.2 Dafür, dass dies für Stuttgart der Lebensqualität. Ein wesentlicher stark vertreten waren. So erreichte zutrifft, sprechen sowohl der hohe Faktor hierfür ist der erwähnte, sehr Potsdam die insgesamt besten Werte negative Wanderungssaldo3 als auch ausgeprägte Abwanderungssaldo, im Bereich Lebensqualität. der positive Pendlersaldo, der in Stutt- der im Jahr 2020 mit 9,9 je 1000 gart je Einwohner oder Einwohnerin Einwohner beziehungsweise Ein- Arbeitsmarkt mehr als doppelt so groß ausfällt wie wohnerinnen mehr als zwölf Mal so im Durchschnitt der großen Städte. hoch ausgefallen ist wie im Durch- Der 8. Platz, den Stuttgart beim Be- Stuttgart scheint für viele Menschen schnitt aller 71 Städte (- 0,8 je 1000 reich Arbeitsmarkt erreicht hat, ist also eine höhere Attraktivität als Ar- Einwohner bzw. Einwohnerinnen). durchaus respektabel. Interessan- beitsort denn als Wohnort auszu- Immerhin konnte Stuttgart bei allen terweise hat die baden-württem- strahlen. anderen Indizes des Bereichs Lebens- bergische Landeshauptstadt bei qualität 2020 überdurchschnittlich den einzelnen Indikatoren dieses Bei den beiden anderen Indikatoren des gute Werte erzielen. Dies betrifft vor Segments jeweils schlechter abge- Immobilienbereichs hat Stuttgart nicht allem die Aufklärungsquote, also schnitten und Plätze zwischen 11 besonders gut abgeschnitten – die Ver- den Anteil der aufgeklärten Fälle an und 35 belegt. Es ist also die ge- marktungszeit für Mietwohnungen allen gemeldeten Straftaten (66 %) sunde Mischung der verschiedenen fällt mit 15 Tagen überdurchschnittlich in Verbindung mit einer schon un- Teilbereiche, die Stuttgart die doch lange aus und die Anzahl der fertig terdurchschnittlichen Anzahl von ge- beachtliche Stellung im Arbeitsmarkt- gestellten Wohnungen je Wohnungs- meldeten Straftaten (7753 je 100 000 bereich beschert hat. bestand war 2019 merklich geringer Einwohner bzw. Einwohnerinnen), als im Durchschnitt der großen Städte. die Überschuldungsquote (10 %),4 Hervorzuheben bleibt, dass Stuttgart Der insgesamt 5. Platz Stuttgarts im die Betreuungsquote in Kindertages- bei allen Indikatoren dieses Segments Bereich Immobilienmarkt ist insofern stätten für Kinder sowohl unter drei überdurchschnittliche Werte erzielt überwiegend den hohen Wohnkosten Jahren (38 %) als auch von drei bis hat. Dies betrifft vor allem den be- geschuldet. Dies trifft auch auf den sechs Jahren (93 %) und schließlich reits erwähnten Pendlersaldo, der mit Spitzenreiter München zu, der bei Miet- die tourismusrelevante Anzahl der 25,3 je 100 Einwohner oder Einwoh- preisen, Kaufpreisen und Wohnkosten Gästeübernachtungen je Einwohner nerinnen mehr als doppelt so hoch sowie insgesamt ganz vorne lag. oder Einwohnerin. ausgefallen ist wie im Durchschnitt
Kurzbericht Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 der 71 Städte (12,1 je 100 Einwoh- Abbildung 3: Platz 8 im Bereich Arbeitsmarkt ner bzw. Einwohnerinnen). Ebenso Pendlersaldo hat die Jugendarbeitslosigkeit mit 4,3 Prozent nicht einmal zwei Drittel des Arbeitslosengeld-II-Empfänger Arbeitsplatzversorgung6 großstädtischen Mittelwerts in Höhe von 6,9 Prozent betragen. Schließlich signalisiert der Altersquotient mit 2,5 ein für Stuttgart wirtschaftsfreundli- ches Verhältnis von Personen im er- Abiturquote5 10 Beschäftigungsquote 20 werbsfähigen Alter zu Personen im 60 50 40 30 Älterer1 70 Rentenalter. Bei allen drei Indikatoren konnte Stuttgart Platz 11 behaupten. Auch beim Arbeitslosengeld II hat Stuttgart 2020 mit einem Empfän- geranteil von 4,6 im Vergleich zu 6,9 Altersquotient4 Jugendarbeitslosenquote Prozent an der Gesamtbevölkerung eine Quote von nur zwei Drittel des Durchschnitts größerer Städte erzielt. Beschäftigungsquote Frauen3 Schulabgänger ohne Abschluss2 Quelle: IW Consult Bei den verbleibenden fünf Indikato- 01 Anteil der über 55-jährigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Wohnort) an der 55-bis 65-jährigen Bevölkerung ren des Arbeitsmarktbereichs waren 02 Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss an allen Schulabgängern die Abstände zum Mittelwert grö- 03 04 Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen (Wohnort) an allen erwerbsfähigen Einwohnerinnen Bevölkerung im Alter von 20 bis unter 60 Jahren im Verhältnis zur Bevölkerung im Alter von 60 Jahren und älter ßerer Städte merklich geringer. Dies 05 Anteil der Schulabgänger mit Hochschulberechtigung an allen Schulabgängern betrifft die Beschäftigungsquote von 06 Anteil der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten (Wohnort) an der erwerbsfähigen Bevölkerung Frauen beziehungsweise von älteren Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Menschen (jeweils 58 %), die Abitur- quote (41 %), den Anteil der Schulab- gänger ohne Abschluss (7 %) und die Abbildung 4: Platz 3 im Bereich Wirtschaftskraft 59 Arbeitsplatzversorgung (67 %). Es verwundert nicht, dass bei den BIP je Einwohner arbeitsplatzorientierten Indikatoren industriell geprägte Städte wie Erlan- gen, Wolfsburg und Ingolstadt ganz Gründungsintensität1 Gemeindliche vorne lagen,5 bei den jugendbezoge- Steuerkraft3 10 20 nen Indikatoren Heidelberg, bei den 30 Beschäftigungsquoten von Älteren 40 50 und von Frauen die ostdeutsche Stadt 60 Dresden und bei der Abiturquote die 70 „Beamtenstadt“ Potsdam. Die Spit- zenstellung im gesamten Segment Wissensintensive Gewerbesaldo2 konnte die Wirtschafts- und For- Dienstleistungen schungshochburg Erlangen erobern. Wirtschaftskraft Unter den vier Bereichen des Städ- Gewerbesteuerhebesätze Produktivität (BIP je ET) terankings hat die baden-württem- Quelle: IW Consult bergische Landeshauptstadt bei der Wirtschaftskraft mit Platz 3 ihre beste 1 Anzahl der gegründeten wirtschaftsaktiven Unternehmen je 10 000 Personen im erwerbsfähigen Alter 2 Saldo der Gewerbean- und -abmeldungen Platzierung erreicht. Auch hier fällt 3 Realsteuerkraft plus Anteil an der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer abzüglich Gewerbesteuerumlage Stuttgarts Positionierung bei allen einzelnen Indikatoren schlechter aus, Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt zum Teil sogar deutlich. Immerhin Rang 5 und 6 konnte Stuttgart beim inlandsprodukt je Einwohner be- ortbezogene zu einer wohnortbezo- Bruttoinlandsprodukt je Einwohner ziehungsweise Einwohnerin bedarf genen Größe ins Verhältnis gesetzt beziehungsweise je erwerbstätiger für kleinere regionale Einheiten wie wird. Hier ergibt sich gerade für Person erzielen. Letzteres steht dabei Städte einer interpretatorischen Klar- Stuttgart mit seinem umfangreichen für die Produktivität. Das Brutto- stellung, weil mit ihm eine arbeits- Überschuss an Einpendlerinnen und
Kurzbericht Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Einpendlern und seiner deshalb, rela- als ein Drittel übertreffen. Auch bei eine gewisse Konstanz im Städteran- tiv zur Wirtschaftskraft, geringen Be- den Neugründungen wirtschafts- king ableiten: völkerung strukturbedingt ein hoher aktiver Unternehmen (37 je 10 000 Wert. Er signalisiert insofern eine Einwohner bzw. Einwohnerinnen im Bayrische Dominanz: In allen sechs wirtschaftliche Leistung, die in erheb- erwerbsfähigen Alter) blieb Stuttgart Jahren hat München den 1. Platz lichem Umfang auch von Bewohne- über dem Mittelwert. Demgegenüber erobert. Die beiden anderen baye- rinnen und Bewohnern außerhalb hat sich beim Saldo der Gewerbean- rischen Städte, Erlangen und Ingol- Stuttgarts erwirtschaftet wurde und und -abmeldungen nur ein knapp stadt, haben sich überwiegend auf – beispielsweise über die gezahlten unterdurchschnittlicher Wert von 1,2 den Plätzen 2, 3 und 4 abgewechselt. Löhne und Gehälter – auch diesen je 1000 Einwohner beziehungweise zugutekommt. Einwohnerinnen ergeben. Stuttgart konstant weit vorne: Die Landeshauptstadt ist 2016 mit Rang Ebenfalls bemerkenswert ist der 8. Wie beim Arbeitsmarkt, so konnte 5 gestartet, hat in den nachfolgen- Platz, den Stuttgart bei den Gewerbe- auch bei der Wirtschaftskraft Erlan- den vier Jahren Platz 3 erreicht und steuerhebesätzen (420 %) sowie bei gen die Spitzenposition für sich re- ist 2021 auf der 4. Position gelandet. der gemeindlichen Steuerkraft (1309 klamieren und überdies die höchste Im Vergleich dazu hat sich Frankfurt Euro je Einwohner bzw. Einwohnerin) gemeindliche Steuerkraft verzeich- am Main, abgesehen von 2016, erzielt hat. Eine gute finanzielle Aus- nen. Bei den beiden gesamtwirt- immer etwas schlechter platziert. stattung hat die Stadt also für geringe schaftlichen BIP-Indikatoren lag mit steuerliche Hebesätze genutzt und so Wolfsburg eine weitere industriell Wenig Wechsel an der Spitze: Die deren wirtschaftliche Attraktivität ge- geprägte Stadt ganz vorne, bei den bisher genannten Städte (plus fördert.6 Gewerbesteuerhebesätzen und beim Wolfsburg) haben damit in der Saldo der Gewerbean- und -abmel- Regel die ersten sechs Plätze unter Bei den wissensintensiven Dienst- dungen hat die Chemiestadt Leverku- sich ausgemacht. Aktueller Aufstei- leistungen, wozu vor allem Tele- sen am besten abgeschnitten. Bei den ger in diesen Kreis wirtschaftlich be- kommunikation und Informations- Unternehmensneugründungen und sonders attraktiver Städte ist Ulm, dienstleistungen, Finanz- und Ver- bei den wissensintensiven Dienstleis- das von Platz 9 im Jahr 2016 über sicherungsdienstleistungen, Unter- tungen hatten Dienstleistungszentren Platz 8 in den drei folgenden Jahren 60 nehmens-, Rechts- und Steuerbera- wie Frankfurt am Main und Heidel- auf Rang 7 in 2020 und 2021 hoch- tung, Wirtschaftsprüfung, Forschung berg die Nase vorne. geklettert ist. und Entwicklung, Werbung und Marktforschung, Gesundheitsdienste Die glorreichen Sieben Übergewicht im Süden: Unter diesen und künstlerische Tätigkeiten ge- glorreichen sieben Städten lagen al- hören, konnte Stuttgart mit einem In Abbildung 5 sind die Rangziffern lein sechs im Süden Deutschlands, Anteil von 34,5 Prozent an allen Er- der sieben 2021 am besten bewer- aus dem Norden hat sich nur die werbstätigen den Durchschnitt der teten Städte für die Jahre 2016 bis Automobilstadt Wolfsburg dazwi- großen Städte (25,5 %) um mehr 2021 aufgeführt. Hieraus lässt sich schengeschoben. Abbildung 5: Die sieben bestbewerteten Städte im Städteranking 2016 bis 2021 Platz 0 1 München 2 Erlangen 3 Ingolstadt 4 Stuttgart 5 Frankfurt am Main 6 Wolfsburg 7 Ulm 8 9 10 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Quelle: IW Consult Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Kurzbericht Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Das volle Dutzend mit Schwerge- Wolfsburg mit Bestwerten bei Indi- In diesem Kontext ist Stuttgart eine wicht im Süden katoren des Arbeitsmarkts und der der wirtschaftlich stärksten Städte Wirtschaftskraft, die Städte Erlangen Deutschlands. 2021 erreichte die Auch unter den zwölf bestplatzier- und Ingolstadt mit Betriebsstätten baden-württembergische Landes- ten Städten findet man für 2021 mit von Unternehmen mit Weltruf sowie hauptstadt Platz 4 hinter München, Darmstadt, Heilbronn, Regensburg bedeutenden forschungsintensiven Erlangen und Ingolstadt und noch vor und Freiburg im Breisgau noch vier Einrichtungen und Hochschulen, und Frankfurt am Main und Wolfsburg. weitere süddeutsche und mit Ham- schließlich München und Stuttgart Die Ausrichtung auf die Produktion burg (Rang 11) nur eine norddeut- mit einem erfolgreichen Mix von In- hochwertiger Automobile und In- sche Stadt. Unter den Städten im dustrie- und Dienstleistungsunterneh- vestitionsgüter, auf Forschung und westdeutschen Nordrhein-Westfalen men sowie namhaften Institutionen Entwicklung sowie auf wirtschaftsori- haben 2021 Düsseldorf und Münster in Forschung und Entwicklung. Auch entierte Dienstleistungen ist charakte- mit den Plätzen 14 und 15 am bes- die Finanzmetropole Frankfurt gehört ristisch für diese Städte. ten abgeschnitten, unter den Städten zum Reigen wirtschaftsstarker Städte. in den ostdeutschen neuen Ländern Über alle Bereiche hinweg hat Stutt- Potsdam und Dresden auf den Rän- Abschließende Bewertung aus gart besonders hohe Werte erzielt gen 18 und 30. Auch in den Jahren Sicht der Stadt Stuttgart bei der gesamtwirtschaftlichen Wirt- 2016 bis 2020 war eine solche Domi- schaftskraft und Produktivität, der nanz des Südens gegeben. Das von IW Consult entwickelte und zukunftsorientierten Wirtschafts- medial viel beachtete Ranking der 71 struktur, den Kommunalfi nanzen, Bemerkenswert ist weiterhin, dass größten Städte Deutschlands ist im der Jugendarbeitslosigkeit, der 2021 unter den zwölf Spitzenstädten Kern ein wirtschaftsorientierter Maß- Altersstruktur, dem Pendlersaldo, mit München, Stuttgart, Frankfurt stab, der die Einstufung einer Stadt der Aufklärung von Straftaten und und Hamburg vier Metropolen mit nach ihrer wirtschaftlichen Attrak- dem Miet- und Kaufpreisniveau von mehr als 500 000 Einwohnerinnen tivität und Leistungskraft zum Aus- Wohnungen. Der wirtschaftlichen und Einwohner waren. Unter den druck bringen soll. Dementsprechend Attraktivität Stuttgarts sind abträg- sechs Spitzenstädten waren es drei erfahren die Bereiche Arbeitsmarkt lich die umfangreiche Abwanderung Metropolen und damit sogar die (40 %) und Wirtschaftskraft (30 %) aus Stuttgart ins regionale Umland, 61 Hälfte. die höchste Gewichtung. Und die ge- die lange Vermarktungszeit für ringer gewichteten Bereiche Immobi- Mietwohnungen, der geringe Anteil Nicht unerwähnt bleiben soll schließ- lienmarkt (20 %) und Lebensqualität neu gebauter Wohnungen und der lich das Gewicht industriell geprägter (10 %) sind in ihren Inhalten ebenfalls Saldo der Gewerbean- und -abmel- Städte unter den sechs Spitzenreitern. deutlich auf ökonomische Aspekte dungen. Zu nennen sind die Automobilstadt ausgerichtet. 1 Dr. Werner Münzenmaier war Referatsleiter im Finanzministerium und zuvor Referent im Statistischen Landesamt Baden-Württemberg. 2 Die Ergebnisse der Urban Audit-Befragung 2019 zur Lebensqualität in europäischen Städten bestätigen dies in eindrucksvoller Weise. Danach erhielten die Städte, die im Städteranking beim Teilbereich Immobilienmarkt die obersten Ränge belegt haben, bei der Urban Audit-Befragung die geringsten Zustimmungswerte bei der Frage, ob in der betreffenden Stadt eine gute Wohnung zu einem vernünftigen Preis zu finden sei. Es handelt sich hierbei um die Städte München, Freiburg im Breisgau, Frankfurt am Main, Stuttgart, Hamburg, Ingolstadt, Darmstadt und Köln. Vgl. Langemack, Lasse/Schöb, Anke: Stuttgart im europäischen Städtevergleich – Ergebnisse der sechsten europäischen Urban Audit-Befragung. In: Statistik und Informationsmanagement, Heft 4/2021, S. 88-125, insbesondere S. 123. 3 Auffallend ist, dass der Wanderungsverlust der Stadt Stuttgart in den letzten Jahren (2017 bis 2020) überwiegend und in zunehmendem Maße durch Abwanderungen der Altersgruppe 30 bis 45 Jahre bewirkt wurde. Es handelt sich hierbei um Menschen, die entweder in das Arbeits- leben eintreten oder sich verstärkt beruflich neu orientieren beziehungsweise in der Familiengründungsphase stehen oder bereits kleinere Kinder haben. Tatsächlich war der Abwanderungssaldo auch in den Altersgruppen unter 5 Jahre beziehungsweise 5 bis 10 Jahre in den genannten Jah- ren stark negativ. Ebenfalls bemerkenswert ist der traditionell hohe Abwanderungssaldo ins regionale Umfeld von Stuttgart. Vgl. Frisoli, Pasquale/ Mäding, Attina: Einwohnerentwicklung in Stuttgart unter Pandemiebedingungen: Rückgang der Einwohnerzahl nach Jahren des Wachstums im Jahr 2020. In: Statistik und Informationsmanagement, Heft 5/2021, S. 139-158, insbesondere S. 147/148. 4 Vgl. Münzenmaier, Werner: Überschuldung privater Haushalte in Stuttgart und anderen Großstädten: überraschende Entwicklung seit der Corona-Pandemie. In: Statistik und Informationsmanagement, Heft 11-12/2021, S. 295-301. 5 Vgl. Münzenmaier, Werner: Automobilwirtschaft: Garant für herausragende Arbeitnehmerverdienste in Stuttgart. In: Statistik und Informations- management, Heft 9-10/2021, S. 246-248. 6 Zur finanziellen Situation vgl. auch Münzenmaier, Werner: Zur Verschuldung Stuttgarts Ende 2019 – Wie stellt sich die Situation der Landes- hauptstadt vor Beginn der Corona-Krise dar? In: Statistik und Informationsmanagement, Heft 9/2020, S. 236-240.
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Karin Engelbrecht und Carmen Söldner Wer gastierte während der Beherbergungs- verbote geschäftlich in Stuttgart? • Während des Beherbergungsverbots kommt der Großteil aller Übernachtungs- gäste aus dem Inland. • Die Aufenthaltsdauer der Reisenden verlängert sich im Beobachtungszeitraum um durchschnittlich einen Tag. • Die Übernachtungszahlen nach Hotelkategorien gehen vor allem im Bereich der Vier-Sterne-Kategorie zurück. Die Übernachtungszahlen in Stuttgart kannten zuletzt nur eine Richtung. So kamen in den Jahren vor der Pandemie durchschnittlich über 180 000 Übernachtungs- gäste pro Monat nach Stuttgart. Mit der COVID-19-Pandemie nahmen die kontinu- ierlichen Übernachtungszuwächse der letzten Jahre im März 2020 ein jähes Ende (Schmitz-Veltin 2021). Bis heute sind die Auswirkungen der Pandemie zu spüren. Am deutlichsten zeigen sich die Übernachtungseinbußen aber während der Be- 62 herbergungsverbote1 zwischen dem 22.03. und 29.05.2020 sowie zwischen dem 2.11.2020 und 12.05.2021 (vgl. Abbildung 1). Wie nicht anders zu erwarten, war die Anzahl der Gästeankünfte in den Monaten, in denen Beherbergungsverbote für touristische Reisen galten, sehr gering. Den niedrigsten Wert verzeichnen wir im April 2020. Lediglich 11 891 Gäste übernachteten in diesem Monat in den Stuttgar- ter Beherbergungsbetrieben2. In den Monaten von November 2020 bis April 2021 kamen im Durchschnitt immerhin rund 22 000 Gäste nach Stuttgart. Abbildung 1: Monatliche Gästeankünfte Anzahl in Stuttgarter Beherbergungsbetrieben 200 000 2020 bis 2021 Beherbergungsverbote 150 000 Gästeankünfte 100 000 50 000 0 Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. 2020 2021 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Insbesondere das zweite Beherbergungsverbot versetzt uns mit einem deutlich län- geren Analysezeitraum in die Lage, Genaueres über die Übernachtungen von Ge- schäftsreisenden in Stuttgart zu erfahren. Denn unter normalen Bedingungen ist eine differenzierte Betrachtung der Geschäftsreisenden nicht möglich. Bei den Übernachtungsgästen während Da touristische Übernachtungen in den Zeiten der Beherbergungsverbote nicht, und der Beherbergungsverbote handelt es private Übernachtungen nur in besonderen Härtefällen, wie z.B. Beerdigungen und sich in erster Linie um Geschäftsrei- sende Verwandtenbesuche an den (Weihnachts-)Feiertagen, zulässig waren, muss es sich bei den Übernachtungsgästen in dieser Zeit folglich in erster Linie um Geschäftsrei- sende gehandelt haben. Erstmals bietet sich für uns dadurch also die Möglichkeit, die Gewohnheiten und Präferenzen dieser Gruppe der Übernachtungsgäste näher zu untersuchen. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass auch Geschäftsreisen während der Beherbergungsverbote nur in Ausnahmefällen durchgeführt wurden und tradi- tionelle Anziehungsmagnete, wie beispielsweise die Stuttgarter Messe, geschlossen blieben. Es ist also auch bei den Geschäftsreisenden davon auszugehen, dass sich deren Zahl und Zusammensetzung von früheren Zeiten unterscheidet. Nichtsdestotrotz nutzen wir in der vorliegenden Analyse die durch die pandemi- schen Gegebenheiten entstandene Situation und richten unser Augenmerk auf die Herkunft, die Aufenthaltsdauer, die räumliche Verteilung sowie die Verteilung nach Hotelkategorien der Gäste, von denen wir aus den dargelegten Gründen anneh- men, dass es sich bei ihnen vorrangig um Geschäftsreisende handeln muss. Als Vergleichszeitraum ziehen wir in der Folge die Spanne zwischen November 2018 und April 2019 heran. Hier mischen sich Touristen und Geschäftsreisende und wir können keine gruppenspezifischen Aussagen treffen. Herkunft der Gäste 63 Der Anteil der Gäste aus dem Inland Werfen wir also zunächst einen Blick auf die Herkunft der Übernachtungsgäste. war während des Lockdowns höher Während des zweiten Beherbergungsverbots kommt mit fast 88 Prozent der weit als im Vergleichszeitraum überwiegende Teil der Gäste aus dem Inland. Im Vergleichszeitraum beträgt der Anteil der inländischen Gäste lediglich 74 Prozent. Unter den in der Pandemie ge- gebenen Bedingungen liegt der Anteil der inländischen Gäste damit höher. Zwei Erklärungen sind hierfür denkbar. Eine sehr naheliegende Erklärung betrifft die wäh- rend des Lockdowns reduzierten Reiseverbindungen. Flüge wurden gestrichen, Zug- fahrpläne ausgedünnt und Quarantäneregelungen für Einreisende aus dem Ausland verschärft. Alle Maßnahmen stellen zusätzliche Hürden für eine Anreise aus dem Ausland dar. Eine andere Erklärung wäre ein traditionell bestehendes Ungleichge- wicht zwischen Reisenden aus touristischen oder geschäftlichen Beweggründen. So ist durchaus denkbar, dass Übernachtungen aus dem Ausland grundsätzlich häufi- ger vor einem touristischen Hintergrund erfolgen. Da dieser während des Beherber- gungsverbotes entfällt, wäre eine entsprechende Anteilsverschiebung zu erwarten. Auch unter der gegebenen Situation ist eine abschließende Antwort darauf nicht möglich. Was hingegen möglich ist, ist eine Ausdifferenzierung der Herkunft der Auslandsgäste nach Kontinenten und ein Vergleich mit dem entsprechenden Zeit- raum vor der Pandemie. Die entsprechende Auswertung findet sich in Tabelle 1. Die hier gewonnenen Einblicke unterstützen die These, wonach insbesondere Reisen aus Übersee unter den Einschränkungen der Pandemie zurückgegangen sind. Besonders wenig Reisende kamen aus Ein Blick auf die Herkunft der 16 315 mutmaßlich geschäftlichen Auslandsgäste, die Übersee Stuttgart während des Untersuchungszeitraums aufgesucht haben, zeigt, dass rund 84 Prozent aus dem europäischen Ausland stammen. Nur rund 16 Prozent kommen aus Übersee, die große Mehrheit davon aus Amerika. Zwei Jahre zuvor sieht das noch anders aus. Mit 259 248 touristischen sowie geschäftlichen Auslandsgästen kommen nicht nur 15 mal so viele Gäste aus dem Ausland nach Stuttgart; der Anteil der Reisenden aus Übersee beträgt im Vergleichszeitraum immerhin auch noch rund 26 Prozent.
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Tabelle 1: Herkunft der Auslands- gäste in Stuttgart nach Kontinenten im Vergleich Beherbergungsverbot: Vergleichszeitraum: Herkunftsland November 2020 % November 2018 % bis April 2021 bis April 2019 Auslandsgäste insgesamt 16 315 259 248 davon Europa zusammen 13 666 83,8 190 435 73,5 Übersee zusammen 2 621 16,1 67 153 25,9 davon Amerika 2 076 12,7 31 086 12,0 davon Asien 408 2,5 31 288 12,1 davon Afrika 111 0,7 2 218 0,9 davon Australien 26 0,2 2 561 1,0 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Eine interessante Beobachtung lässt sich auch mit Blick auf die größten Quellge- biete der Auslandsgäste aus Europa in Abbildung 2 machen. Im Untersuchungszeit- raum verteilt sich das Gros der Geschäftsreisenden auf die Länder Österreich, Polen, Frankreich und die Schweiz. Im Vergleichszeitraum stellt die Schweiz mit großem Abstand das größte Quellgebiet für touristische und geschäftliche Reisende nach Stuttgart dar. Insbesondere ist der Stuttgarter Weihnachtsmarkt im Dezember ein großer Touristenmagnet, bei dem 45 Prozent aller ausländischen Besucher aus der Schweiz stammen. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die meisten Schweize- rinnen und Schweizer aus touristischen Gründen nach Stuttgart reisen. Im Gegen- satz dazu haben während des Beherbergungsverbotes anteilig deutlich mehr Gäste aus Polen, Ungarn und Rumänien in Stuttgart übernachtet als vor der Pandemie. 64 Abbildung 2: Die größten Quellgebiete der Auslandsgäste aus Europa im Vergleich Beherbergungsverbot: November 2020 bis April 2021 Vergleichszeitraum: November 2018 bis April 2019 Österreich 1976 Schweiz 51 052 Polen 1671 Frankreich 16 468 Frankreich 1200 Österreich 15 908 Schweiz 1122 Italien 14 920 Italien 850 Großbritannien 14 651 Niederlande 806 Niederlande 11 690 Ungarn 718 Spanien 6 781 Rumänien 640 Türkei 6 681 Großbritannien 513 Belgien 5 731 Kroatien 271 Polen 5 268 0 1000 2000 3000 0 10 000 20 000 30 000 40 000 50 000 60 000 Anzahl Anzahl Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Aufenthaltsdauer der Gäste Im Folgenden richten wir unser Augenmerk auf den Vergleich der Aufenthaltsdauer. (Geschäfts)-Reisende, die Stuttgart während des zweiten Beherbergungsverbots be- sucht haben, blieben im Vergleich deutlich länger als die touristisch und geschäftlich reisenden Gäste im Vergleichszeitraum vor der Pandemie. Dies zeigt die Darstellung in Tabelle 2.
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Tabelle 2: Gästeankünfte in Stuttgarter Beherbergungsbetrieben nach Herkunft (Inland/Ausland) und durchschnittliche Aufenthaltsdauer im Vergleich Gästeankünfte Aufenthaltsdauer Ankünfte Ankünfte Zeitraum % Aufenthaltsdauer % Aufenthaltsdauer insgesamt in Tagen Inland Ausland November 2020 132 277 2,9 115 962 87,7 2,7 16 315 12,3 4,8 bis April 2021 November 2018 1 014 059 1,9 754 811 74,4 1,8 259 248 25,6 2,2 bis April 2019 Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Übernachtungsgäste blieben während Die Aufenthaltsdauer der mutmaßlich geschäftlich reisenden Gäste betrug im Zeit- des Beherbergungsverbots wesentlich raum von November 2020 bis April 2021 durchschnittlich 2,9 Tage. Im gleichen Zeit- länger raum, also zwei Jahre zuvor, blieben die Gäste im Durchschnitt nur 1,9 Tage in der Landeshauptstadt. Dies gilt im Übrigen auch für die vergangenen Jahre (2013-2019). Bleiben Geschäftsreisende also tendenziell länger als Touristen in Stuttgart? Für einen längeren Aufenthalt von Geschäftsreisenden unabhängig von der Pandemie spricht, dass diese sich nur dann auf den Weg nach Stuttgart machen, wenn Anliegen nicht mittels Video- oder Telefonkonferenzen geklärt werden können, sondern einen län- geren Aufenthalt erfordern. Ebenso wahrscheinlich scheint aber auch, dass sich für die gestiegene Verweildauer die im Herbst 2020 eingeführten PCR-Tests, etwaige Absonderungen und ausgedünnte Reiseverbindungen verantwortlich zeichnen. Dies lässt zumindest der Blick auf die Veränderung bei der Aufenthaltsdauer von Aus- landsgästen vermuten. Deren Aufenthaltsdauer liegt im Untersuchungszeitraum bei durchschnittlich 4,8 Tagen. Das ist mehr als doppelt so lange wie im Vergleichszeit- raum zwei Jahre zuvor (2,2 Tage). Aber auch die Übernachtungsgäste aus dem In- 65 land bleiben während des zweiten Beherbergungsverbote im Schnitt deutlich länger in Stuttgart (2,7 Tage) als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie (1,8 Tage). Räumliche Verteilung der Gäste Bezüglich der räumlichen Verteilung der Gäste im Stadtgebiet lassen sich nur ge- ringfügige Unterschiede zwischen den beiden Betrachtungszeiträumen ausmachen. Dies zeigt die Darstellung in Karte 1. Prozentuale Veränderungen von mehr als 1,5 Prozentpunkten verzeichnen die Stadtbezirke Stuttgart-Mitte (-2,7 Prozentpunkte), Zuffenhausen (+2,6 Prozentpunkte), Stuttgart-Ost (+2,4 Prozentpunkte), Möhringen (-1,7 Prozentpunkte) und Plieningen (-1,7 Prozentpunkte). Gerade für die Innen- stadtbezirke liegt eine mögliche Erklärung auf der Hand. Denn während des Lock- downs entfiel insbesondere hier die Anziehung durch normalerweise anzutreffende Unterhaltungsangebote. So manche*r Geschäftsreisende wird sich die Frage gestellt haben, ob eine Unterbringung in der unmittelbaren Nähe des Arbeitsortes unter den gegebenen Umständen eines Lockdowns nicht zielführender ist. Möglicherweise erklärt dies auch den prozentualen Zuwachs von Zuffenhausen. Verteilung der Gäste nach Hotelkategorien Anteilig mehr Reisende übernachteten In diesem Zusammenhang lohnt sich auch einen Blick auf Veränderungen bei der in Betrieben der Drei-Sterne-Kategorie Verteilung der Gäste nach Hotelkategorien in Abbildung 3. Am deutlichsten, und zwar mit 12,7 Prozentpunkten, gehen die Gästeankünfte in Beherbergungsbetrieben der Vier-Sterne-Kategorie zurück. Prozentual mehr Gäste als im Vergleichszeitraum (+9,5 Prozentpunkte) nächtigen hingegen in Betrieben der Drei-Sterne-Kategorie. Auch im Zwei-Sterne-Bereich steigen anteilig mehr Personen ab, dieser Anstieg liegt jedoch nur bei rund fünf Prozent. Die Gründe hierfür sind nicht eindeutig zu identifizieren. Eine Erklärung könnte darin bestehen, dass gerade die Vier-Sterne- Häuser häufiger zu den größeren Hotels gehören und es sich für die Betreiber nicht gelohnt hat, die Betriebe unter geringer Auslastung während der Lockdown-Phase zu betreiben. Da in Stuttgart-Mitte mit acht und in Möhringen mit fünf mit Abstand
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Karte 1: Prozentuale Verteilung der Gästeankünfte in den Stuttgarter Stadtbezirken November 2020 bis April 2021 66 Quelle: Statistisches Amt Stuttgart Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt die meisten Vier-Sterne-Hotels liegen, könnte hier auch der Grund der prozentual geringeren Menge an Übernachtungsgästen liegen. Ebenso denkbar wäre aber auch hier, dass die völlig verwaiste, normalerweise sonst attraktive Innenstadt und im Fall von Möhringen das nahe gelegene Messegelände Auslöser hierfür waren. In langen Lockdownphase von November 2020 bis April 2021 hat sich das Rei- severhalten der Geschäftsreisenden vom Reiseverhalten der ansonsten Reisenden unterschieden. Vergleichsweise kommen weniger Gäste aus dem Ausland, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ist länger und die Wahl der Unterkunft fällt häu- figer auf einen Drei-Sterne-Beherbergungsbetrieb. Ob diese Abweichungen alle auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind oder auch ansonsten bestehen, lässt sich abschließend nicht klären. Klar ist jedoch, dass Stuttgart sowohl für geschäftliche, als auch für touristische Reisen ein wichtiges Ziel ist. Ob die Übernachtungszahlen wieder das durchschnittliche Vorkrisenniveau erreichen, bleibt abzuwarten. Gerade in Bezug auf Geschäftsreisende, ist es durchaus denkbar, dass aufgrund von Mee- tings die weiterhin vermehrt via Video und oder Telefon geführt werden, weniger Reisen stattfinden werden. Die neuesten Zahlen vom März und April 2022 zeigen deutliche Steigerungen im Vergleich zu den beiden letzten Corona-Jahren. Aller- dings liegt die Anzahl der Übernachtungen im April 2022 noch um etwa ein Viertel unter dem Vorkrisenniveau.
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Abbildung 3: Anteil an Übernachtungs- gästen in den verschiedenen Hotel- 5,0 November 2020 bis April 2021 kategorien in Stuttgart in Prozent Fünf Sterne 5,8 November 2018 bis April 2019 26,0 Vier Sterne 38,7 41,6 Drei Sterne 32,1 22,6 Zwei Sterne 17,4 1,5 Ein Stern 5,0 0 10 20 30 40 50 % Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Berechnungen Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Autorinnen: Karin Engelbrecht Carmen Söldner Telefon: (0711) 216-98573 Telefon: (0711) 216-81860 E-Mail: karin.engelbrecht@stuttgart.de E-Mail: carmen.söldner@stuttgart.de 67 1 Vom 22.03. bis 29.05.2020 (Teilöffnung für Ferienwohnungen und Campingplätze am 18.05.2020) und vom 02.11.2020 bis 12.05.2021 sind Beherbergungen nur zu geschäftlichen, dienstlichen oder in besonderen Härtefällen zu privaten Zwecken erlaubt. 2 Die dargestellten Angaben aus der amtlichen Beherbergungsstatistik beziehen sich auf Einrichtungen für die vorübergehende Beherbergung (unter 2 Monaten) von Gästen. Hierbei werden Beherbergungsstätten mit zehn und mehr Betten sowie Campingplätze mit zehn und mehr Stell- plätzen erfasst. Kleinbetriebe mit weniger Betten beziehungsweise Stellplätzen sind in den Angaben entsprechend nicht enthalten. Ebenso fehlen Angaben zu Ferienwohnungen und privat vermieteten Zimmern (z.B. über Airbnb). Literaturverzeichnis: Dr. Schmitz-Veltin, Ansgar (2021): Gästeübernachtungen in Stuttgart: Corona-Pandemie beschert der Stadt niedrigste Übernachtungszahlen seit über 20 Jahren. In: Statistik und Informationsmanagement, Jg. 80, Monatsheft 7/2021, S. 195.
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Dr. Till Heinsohn Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Stuttgart: Wer fühlt sich am stärksten belastet? • Jung, weiblich, nicht deutsch, gesundheitlich beeinträchtigt und in Mehrper- sonenhaushalten mit kleinen Kindern – hier ist die Belastung am höchsten. • Belastungsempfindungen schwächen sich mit Entspannung der pandemischen Lage ab. • Für Bildung, Einkommen, ÖPNV-Nutzung, Zufriedenheit mit der Wohnung und für weitere Merkmale lassen sich in den Daten keine Effekte nachweisen. Die Covid-19-Pandemie stellt die gesamte Gesellschaft vor immense Herausforde- rungen. Denn jeder Mensch ist in irgendeiner Form von der Infektionsgefahr und den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie betroffen. Verständlicherweise bringt diese Ausnahmesituation große Belastungen mit sich. Doch wer ist besonders belastet und wer fühlt sich eher weniger betroffen? Die Stuttgart-Umfrage (ehemals: 68 Bürgerumfrage) des Statistischen Amts ermöglicht Antworten auf diese Fragen. Die Stuttgart-Umfrage als wichtige Seit über 25 Jahren befragt die Landeshauptstadt Stuttgart unter Federführung des Informationsquelle Statistischen Amts ihre Bürgerinnen und Bürgern. Auf Grundlage des Einwohner- melderegisters werden alle zwei Jahre volljährige Einwohnerinnen und Einwohner per Zufall ausgewählt und zu unterschiedlichen Themen befragt. Aus der gezoge- nen Stichprobe entsteht ein näherungsweise repräsentatives Bild der volljährigen Stuttgarter Gesamtbevölkerung. Neben einem Grundmodul, dass sich über die Jahre gleicht, kann in der Befragung mittels variierender Zusatzmodule auf aktuelle Er- eignisse eingegangen werden. In der jüngsten Stuttgart-Umfrage wurde so unter anderem Bezug auf die anhaltende Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschnitte genommen. Die Befragten sollten Auskunft darüber geben, wie stark sie die aktuelle Situation rund um die Corona-Krise belastet. Frage: „Die anhaltende Corona-Pandemie geht mit vielfältigen Einschnitten einher. Wie stark belastet Sie die aktuelle Situation rund um die Corona-Krise persönlich?“ Abbildung 1 stellt die Verteilung der Antworten auf die Belastungsabfrage als An- teilswerte dar. Mehr als die Hälfte der befragten Personen (53,7%) fühlen sich stark (37,7%) oder sehr stark (16%) durch die aktuelle Situation rund um die Corona- Krise belastet. Rund 45 Prozent geben im April und Mai 2021 an, überhaupt nicht (3,4%) oder nur weniger stark (41,3%) belastet zu sein. Belastungsunterschiede auf Stadtbezirks- Die Betrachtung der Belastungsanzeige auf Stadtbezirksebene in Abbildung 2, ebene welche aufgrund einer räumlich geschichteten Stichprobe möglich ist, zeigt signi- fikante Mittelwertunterschiede zwischen den Stadtbezirken Birkach, Botnang und Plieningen auf der einen – und den Stadtbezirken Zuffenhausen und Mühlhausen auf der anderen Seite. Die Bewohnerinnen und Bewohner in den von Grün umge- benen, in Teilen dörflichen und auch von Ein- und Zweifamilienhäusern geprägten Stadtbezirken Birkach, Botnang und Plieningen weisen im Mittel deutlich niedrigere Belastungswerte als die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadtbezirke Zuffen-
Hauptbeiträge Statistik und Informationsmanagement, Monatsheft 3/2022 Abbildung 1: Verteilung der Belastungs- % frage 50 40 41,3 37,7 30 20 16,0 10 1,6 0 3,4 Überhaupt nicht Weniger stark Stark Sehr stark Keine Angabe N=3942 Beobachtungen (gewichtet) Quelle: Stuttgart-Umfrage 2021 Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt Abbildung 2: Belastungsmittelwerte 3.0 nach Stadtbezirken Stark 2.8 2.6 2.4 2.2 Weniger stark 2.0 M hau n lh n n GP ue n lle h h Zu a e Bo ach ni g Un eg gen h m O aih im rk n Ba M im nn r *G N t lim t öh st FG ord rf d Ca nste at ei Os Fe inge itt n e üh se se Si rbac uc Pl nan rtü oc rtü ge Sü e am ei do ffe ng PI V he he st W M au nb rk te erl St rkh D n be in NƂ r m ü t Bi W 69 ie M W d /KVVGNYGTVGOKV-QPƂFGP\KPVGTXCNN Quelle: Stuttgart-Umfrage 2021 Landeshauptstadt Stuttgart, Statistisches Amt hausen und Mühlhausen auf. Diese wiederum sind in Bezug auf ihre Bevölkerung wesentlich durchmischter und auch jünger. Der urbanere Charakter von Zuffenhau- sen und Mühlhausen macht sich zum einen in der (Hochhaus-)Bebauung und zum anderen in der verhältnismäßig geringen Wohnfläche je Einwohnerin und Einwoh- ner bemerkbar. Ausgewählte Merkmale auf dem Die vorangestellte Betrachtung der Belastungsmittelwerte auf Stadtbezirksebene Prüfstand kann erste Hinweise auf mögliche Erklärungen liefern. Die Überprüfung von Erklä- rungen auf Individualdatenebene, wie sie die Stuttgart-Umfrage ermöglicht, stellt vertiefende Erkenntnisse über die von der Pandemie – nach eigener Wahrnehmung – besonders belasteten Personen in Aussicht. Einem explorativen Ansatz folgend wird mittels logistischer Regression in der Folge überprüft, inwieweit soziodemografische Merkmale, sozioökonomische Merkmale, physische und psychische Gesundheit, Arbeiten und Wohnen oder Haushalt und Kinder im Zusammenhang damit stehen, ob sich eine befragte Person von der aktuellen Situation rund um die Corona-Krise belastet fühlt.
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