Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...

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Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
Gewaltige
Ungleichheit
WARUM UNSER
WIRTSCHAFTS­S YSTEM
VON STRUKTURELLER
GEWALT GEPRÄGT IST
UND WIE WIR ES
GERECHTER GESTALTEN
KÖNNEN
Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
R
                           ekordgewinne für Konzerne und Milliardär*innen auf
                           der einen, zunehmende Armut auf der anderen S ­ eite.
                           Booster-Impfungen hier, mangelhafter oder gar kein
                    Zugang zu Impfstoffen und Gesundheitsversorgung dort. Die
                    Corona-Pandemie verschärft Ungleichheiten dramatisch, inner-
                                               halb und zwischen Gesellschaften,
                                               und stellt die Weltgemeinschaft vor
                             António Guterres, eine immer größere Zerreißprobe.
                Generalsekretär der Vereinten
           ­Nationen: „Während Milliardäre zu                Diese Entwicklung ist kein Zu-
              Spritztouren ins All aufbrechen,               fall, sondern die Folge struktu-
               ­haben Millionen von Menschen
                                                             reller Macht- und Eigentumsver-
                                               ­Hunger.“
                                                             hältnisse. Die Ursachen der sich
                                                             verschärfenden Ungleichheitskrise
           Quelle: www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/
             welt/2121473-UNO-Generaldebatte-beginnt-mit-
                                                             liegen in unserem Wirtschafts­
                           Biden-Premiere-in-New-York.html   system. Wenn Profite für Konzerne
                                                             und ihre Eigentümer*innen mehr
                    zählen als der Schutz von ­Menschenrechten und des Planeten,
                    wenn aus Kostengründen eine notwendige medizinische Be-
                    handlung verwehrt wird, wenn das Geld nicht reicht, um sich
                    gesund zu ernähren oder Arbeitsbedingungen krank m                 ­ achen,
                    dann erfahren Menschen Gewalt. Davon betroffen sind wir alle,
                    allerdings nicht in gleichem Maße: Menschen, die in A             ­ rmut
                     ­leben, Frauen, Mädchen und Angehörige von Gruppen, die
                    ­rassistisch diskriminiert werden, sind besonders betroffen.

                    Um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen und die g­ lobale
                    Zukunft sozial und ökologisch gerecht zu g­ estalten, brauchen wir
                    ein grundlegend anderes Wirtschaftssystem, eines, in dem wirt-
                    schaftliche Entscheidungen d ­ emokratisch gefällt werden und
                    dessen handlungsleitendes Prinzip nicht der Profit, sondern das
                    Gemeinwohl ist.

Titel:
Würden sich die 10 reichsten Männer der Welt
auf ihr in US-Dollarnoten gestapeltes Vermö-
gen ­setzen, säßen sie 165.173 km hoch im All,
fast auf dem halben Weg zum Mond. Raketen
­bräuchten sie keine mehr.
Oxfam (2021): Inequality Kills Methodology Note
Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
Gewaltige Ungleichheit               3

  Corona verschärft                                                                                            Auch in Deutschland nimmt die
                                                                                                               im Vergleich zu anderen EU-
  Ungleichheiten                                                                                               und OECD-Ländern sehr starke
                                                                                                               ­Konzentration der Vermögen
Während sich das Vermögen der
                                                                                                               weiter zu. Die zehn reichsten
zehn reichsten Männer seit Beginn
                                                                                                                ­Personen haben ihr kumuliertes
der Corona-Pandemie verdoppelt                Das Vermögen der zehn reichsten Männer hat
                                                sich seit Beginn der Pandemie verdoppelt.                     ­Vermögen seit Beginn der Pande-
hat, der Markt für Superjachten
                                                                                                                 mie von ca. 144 Milliarden auf
einen Rekordzuwachs1 verzeich-
                                                              März 2020
                                                                                                               etwa 256 Milliarden US-Dollar ge-
net und einige Milliardäre Aus-
                                                                                                               steigert – ein Anstieg um rund
flüge ins All unternehmen, sind
                                                                                                              78 Prozent. Allein dieser Gewinn
Millionen Menschen in die Armut                                                            November 2021
                                                                                                               entspricht annähernd dem
abgerutscht.2
                                             Quelle: Oxfam (2022): Inequality Kills method­ology note          Gesamt­vermögen der ärmsten
                                                                                                              40 Prozent, also von 33 Millionen
Sowohl der Reichtum von Milliar-
                                                                                                                 Deutschen.7 Währenddessen er-
där*innen als auch die Geschwin-
                                                                                      reicht die Armutsquote in Deutschland mit 16,1 Prozent
digkeit, mit der sie in der Corona-Pandemie ihr Vermögen
                                                                                      einen Höchststand. 13,4 Millionen Menschen leben
mehren, sind in der Geschichte der Menschheit beispiel-
                                                                                      ­hierzulande in Armut. Frauen und Kinder sind über-
los. Seit März 2020 ist das Vermögen der aktuell 2.755
                                                                                      durchschnittlich von Armut betroffen.8
Milliardär*innen um fünf Billionen US-Dollar gestiegen,
von 8,6 auf 13,8 Billionen.3 Sie haben ihr ­Vermögen da-
                                                                                      Voraussichtlich zum ersten Mal seit einer Generation
mit während der Pandemie stärker vermehrt als in den
                                                                                      wird auch die Kluft zwischen wirtschaftlich privilegierten
gesamten vierzehn Jahren zuvor – vierzehn Jahre, die
                                                                                      und einkommensschwachen Ländern größer werden.9
selbst schon einem Goldrausch für Super­reiche glichen.4
                                                                                       Die Verschuldung letzterer ist auf den höchsten Stand
                                                                                      seit mehr als 50 Jahren geklettert10 und es wird für diese
Schon seit 1995 hat das reichste Prozent der Weltbe-
                                                                                      Staaten immer schwieriger, ihre Schulden zurückzuzah-
völkerung fast 20-mal mehr Vermögen angehäuft als
                                                                                       len.11 Mehr als 100 Länder haben im Zuge der Krise die
die ärmsten 50 Prozent der Menschheit zusammen.5
                                                                                      Sozialausgaben gekürzt12 und in mindestens 73 Ländern
Während der Pandemie hat sich diese Kluft zwischen
                                                                                      drohen mit der Rückzahlung der COVID-19-Kredite des
den Reichsten und dem Rest der Menschheit dramatisch
                                                                                      Internationalen Währungsfonds (IWF) weitere Sparmaß-
vergrößert. Während das weltweite Vermögen zwischen
                                                                                       nahmen, wie eine Oxfam-Analyse zeigt.13
2019 und 2021 Schätzungen zufolge nur um ein Prozent
angewachsen ist, konnten die reichsten 0,001 Prozent
                                                                                      Institutionen wie der IWF14, die Weltbank15, Crédit
(das sind rund 55.000 Menschen) ihres um 14 Prozent
                                                                                      Suisse16 und das Weltwirtschaftsforum17 weisen außer-
mehren. An der obersten Spitze, der Welt der Milliar-
                                                                                      dem darauf hin, dass die Pandemie auch die Ungleich-
där*innen, stieg das Vermögen im selben Zeitraum sogar
                                                                                       heit innerhalb von Ländern weiter angefacht hat, dies
um mehr als 50 Prozent.6
                                                                                      gilt insbesondere für einkommensschwache Länder.18
                                                                                       Und die absehbaren Sparmaßnahmen im Zuge der
                                                                                      Verschuldungskrise dürften diese Entwicklung weiter
                                                                                      verschärfen.19

Seit 1995 hat das reichste           Reichstes
                                     prozent
Prozent der Weltbevölkerung
fast 20-mal mehr Vermögen
angehäuft als die ärmsten                                                                                               Ärmste
                                                                                                                        50 Prozent
50 Prozent der Menschheit
zusammen.

                                                                     Quelle: World Inequality Lab (2021): World ­Inequality Report 2022. https://wir2022.wid.world/
Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
4    gewaltige Ungleichheit

    Zunehmende Armut                                        schaft ist enorm, wird aber ökonomisch und gesell-
                                                            schaftlich kaum anerkannt. Oxfam hat errechnet, dass
Als die Corona-Pandemie begann, lebte fast die Hälfte       diese Arbeit in Wirtschaftsstatistiken mit mindestens
der Menschheit – 3,2 Milliarden Menschen – unterhalb        10,8 Billionen US-Dollar ausgewiesen werden müsste.29
der von der Weltbank definierten erweiterten Armuts-
grenze von 5,50 Dollar pro Tag.20 Heute sind es aufgrund    Durch die wirtschaftlichen Nöte im Zuge der COVID-
der Pandemie weltweit 163 Millionen Menschen zusätz-        19-Pandemie sind zudem etwa zehn Millionen Mädchen
lich.21                                                     zusätzlich von Kinderheirat bedroht.30 Mädchen, die im
                                                            Kindesalter heiraten, sind unmittelbaren und lebens-
 Seit Beginn der Pandemie mussten Menschen in allen         langen Risiken ausgesetzt. Kinderheirat erhöht bei-
 Einkommensgruppen Einbußen hinnehmen, doch die             spielsweise das Risiko einer frühen und ungeplanten
 ärmsten 20 Prozent hatten den stärksten Einkommens­        Schwangerschaft, was wiederum die Gefahr vergrößert,
 rückgang zu verzeichnen. Im Jahr 2021 ist ihr Ein-         dass den jungen Frauen Bildung und Ausbildung ver-
 kommen weiter gesunken, während die Reichsten              wehrt bleiben und sie in Zukunft weniger Chancen
 ihre Einkommensverluste zu einem großen Teil wieder        haben, sich ein eigenes Einkommen zu sichern (vgl.
gutmachen konnten.22 23 Dies liegt vor allem daran,         auch S. 7). All diese und weitere Faktoren erhöhen das
dass sich das Wirtschaftswachstum in den wirtschaft-        Armutsrisiko.
 lich privilegierten Ländern, in denen die meisten der
 reichsten 20 Prozent leben, erholt, während dies in den     Die Pandemie hat darüber hinaus zu einem starken
 Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in          Anstieg geschlechtsspezifischer Gewalt geführt.31
denen der Großteil der ärmsten 20 Prozent leben, nicht      ­Oxfams Schätzungen zufolge werden jährlich mindes-
der Fall ist. Wenn die Regierungen keine Maßnahmen          tens 30.000 Frauen von ihren aktuellen oder ehemali-
zur Ver­ringerung dieser Ungleichheit ergreifen, wird das   gen Lebenspartnern getötet.32 Im April 2020 hatten die
­globale Armutsniveau nicht einmal bis 2030 auf den         Vereinten Nationen prognostiziert, dass geschlechts-
 Stand vor der Corona-Krise sinken.24                       spezifische Gewalt während eines Lockdowns um
                                                            durchschnittlich 20 Prozent zunimmt. Pro drei Monate
                                                             Lockdown bedeutet dies 15 Millionen zusätzliche Fälle
    Frauen sind besonders betroffen                         von Gewalt in Paarbeziehungen.33

Frauen sind am stärksten von den wirtschaftlichen
Auswirkungen der Pandemie betroffen. Die Interna-             Gesundheit in der Krise:
tionale Arbeitsagentur prognostiziert, dass die Be-
                                                              Neue Milliardär*innen hier,
schäftigung von Männern 2021 wieder das Niveau von
2019 erreicht hat, während 13 Millionen Frauen weniger        keine Impfstoffe dort
erwerbstätig sind als vor zwei Jahren. In Lateinamerika
ist die Beschäftigung von Frauen um 9,4 Prozent zu-         Was passiert, wenn Profite mehr zählen als der Schutz
rückgegangen.25 Schätzungen zufolge haben Frauen im         von Menschenrechten und Menschenleben, zeigt sich
Jahr 2020 weltweit mindestens 800 Milliarden US-Dol-        aktuell besonders deutlich beim Thema Gesundheit und
lar an Einkommen verloren.26 So rückt auch das Ziel der     speziell dem Zugang zu COVID-19-Impfstoffen:
Geschlechterparität bei Einkommen, also dass Frauen
genauso viel verdienen wie Männer, in immer weitere         Pfizer/Biontech, Moderna oder Johnson & Johnson
Ferne. Die Pandemie hat die dafür benötigte Zeit um         ­haben ihre Marktmacht ausgenutzt und den profi-
mehr als eine Generation verlängert: von ohnehin schon      tabelsten Verträgen mit wirtschaftlich privilegierten
inakzeptablen 99,5 auf 135,6 Jahre.27 Die unbezahlte         Ländern den Vorzug zu geben. Sie verlangen für eine
Care-Arbeit von Frauen und Mädchen, die schon vor           Impfstoffdosis das bis zu 24-fache des Produktions-
der Pandemie auf 12,5 Milliarden Stunden pro Tag ge-         preises.34 Pro Sekunde machen Pfizer/Biontech und
schätzt wurde28, hat ebenfalls erheblich zugenommen.         Moderna über 1.000 US-Dollar Gewinn.35 Zusätzlich
Der Beitrag dieser unbezahlten Tätigkeiten zur Wirt-         profitieren sie von vertraglich festgeschriebenen Aus-
                                                            gleichszahlungen, wenn z.B. die Bundesregierung von
Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
Gewaltige Ungleichheit                 5

diesen Herstellern gekaufte Impfdo-                                                                Virus geschützt und einem erhöhten
sen an andere Länder spendet – die          Jason Salk, der Entwickler des                         Risiko ausgesetzt. Gleichzeitig macht
Regierungen zahlen somit doppelt für         Polio­impfstoffs gegen Kinder­                        die geringe Impfquote in weiten Teilen
diese Impf­dosen. Das Resultat sind          lähmung in einem Interview auf die                    der Welt das Auftreten impfstoffresis-
einerseits fünf neue Milliardär*innen ,36
                                             Frage, wem dieser Impfstoff gehöre:                   tenter Virusvarianten wahrscheinli-
darunter die Biontech-Gründer*innen         „Ich würde sagen, den Menschen.                        cher, was letztlich eine Gefahr für alle
 Uğur Şahin und Özlem Türeci, anderer-       Es gibt kein Patent. Könnte man die                   Menschen ist.41
seits eine schreiende Ungerechtigkeit       Sonne patentieren?“
bei der Impfstoffverteilung: Mehr als                                                              Über 100 Länder mit niedrigem und
 80 Prozent der Impfstoffe von Pfizer/                                                             mittlerem Pro-Kopf-Einkommen be-
Biontech sind an die G20-Länder ge-          Quelle: www.zeit.de/politik/ausland/2021-02/­         mühen sich seit über einem Jahr bei
gangen, weniger als ein Prozent an           corona-impfstoff-globale-verteilung-pandemie-         der Welthandelsorganisation (WTO)
                                             gerechtigkeit-5vor8
Länder mit niedrigem Einkommen.37                                                                  darum, den Patentschutz für COVID-
Mittlerweile sind über drei Milliarden                                                            19-Impfstoffe und entsprechende Be-
Menschen zweifach geimpft, doch nur 8,9 Prozent                                 handlungen vorübergehend auszusetzen.42 Ein Verzicht
der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen                                 auf die Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums
haben mindestens eine Impfdosis erhalten (Stand                                 (der so genannte TRIPS-Waiver) und der Transfer von
10.01.2022).38 Das Ziel der WHO, bis Ende 2021 in allen                         Impfstofftechnologien über die Weltgesundheitsorga-
Ländern mindestens 40 Prozent der Bevölkerung zu                                nisation (WHO) würden die Bedingungen schaffen, um
impfen, wurde damit weit verfehlt.39 Millionen Menschen                         genügend Impfstoffe für alle herzustellen.43 Dass dies
in einkommensschwachen Ländern, die hätten ge­                                  nicht nur moralisch geboten, sondern auch technisch
rettet werden können, sind deshalb gestorben.40 Und                             möglich ist, zeigt eine aktuelle Studie, die mindestens
­Milliarden Menschen sind weiterhin nicht gegen das                             120 Hersteller in Asien, Afrika und Lateinamerika identi-

Anteil der Personen, die mindestens eine Dosis des COVID-19-Impfstoffs erhalten haben, Stand 10. Januar, 2022

Keine Daten 0%          10%     20%         30%       40%        50%       60%       70%        80%       90%           100%
                    Keine Daten 0%          10%       20%        30%       40%       50%        60%       70%           80%           90%          100%
                                                                                                         Quelle: ourworldindata.org/coronavirus • CC BY
Gewaltige Ungleichheit - WARUM UNSER WIRTSCHAFTS SYSTEM VON STRUKTURELLER GEWALT GEPRÄGT IST UND WIE WIR ES GERECHTER GESTALTEN KÖNNEN - Oxfam ...
6   Das Ungleichheitsvirus

fiziert, die zur Produktion eines mRNA-                                                        Ein wesentlicher Grund für diese
Impfstoffs in der Lage wären.44               Winnie Byanyima,                                 dramatische Lage: Die meisten ein-
                                              Exekutivdirektorin UNAIDS                        kommensschwachen Länder, die mit
Die Forderung nach Aussetzung des            „Die Vorstellung, dass man eine                   den langfristigen Auswirkungen von
Patentschutzes ist nicht zuletzt des-         lebensrettende Gesundheits­                      Schuldenkrisen, Sparmaßnahmen und
halb gerechtfertigt, weil Steuergelder        technologie wie eine Luxus­                      Strukturanpassungen zu kämpfen
in Milliardenhöhe die Forschung und           handtasche verkaufen kann, ist                   haben, haben schon seit Jahrzehnten
Entwicklung der Impfstoffe finanziert         nicht normal.“                                   zu geringe Mittel für den Aufbau eines
haben, alleine in Deutschland flossen                                                          allen zugänglichen Gesundheitssys-
375 Millionen Euro an Biontech.45 Die                                                          tems und die Gesundheitsversorgung,
Pandemie ist ein globales Phänomen          Quelle: www.nature.com/immersive/d41586-           unter anderem mit Unterstützung von
und die Impfstoffe müssen als öffent-       ­021-03621-0/index.html#section-ooUfKb41pU         Geldern der Entwicklungszusammen-
liches Gut behandelt werden, das für                                                           arbeit, gezwungenermaßen verstärkt
jeden zugänglich ist. Doch die Ausset-                                                         dem profitorientierten privaten Sektor
zung des Patentschutzes wird von einigen Regierungen                         überlassen.48 Mit fatalen Folgen: Länder, die eine solche
wohlhabender Länder, allen voran Deutschland und                             Sparpolitik betrieben haben, weisen höhere COVID-
Großbritannien, seit Monaten blockiert.                                      19-Sterblichkeitsraten auf.49 Und mit einer schwachen
                                                                             Infrastruktur und ohne ausreichend geschultes Perso-
Die Probleme im Gesundheitssektor reichen jedoch                             nal lässt sich eine flächendeckende Impfstoff-Kampa-
viel tiefer: Schon 2017 hatte mindestens die Hälfte der                      gne auch dann nur schwer umsetzen, wenn Impfstoff
Menschheit keinen Zugang zu medizinischer Grundver-                          vorhanden ist. Auch die zunehmende Ungleichheit wirkt
sorgung und jeden Tag rutschen mehr als 270.000 Men-                         tödlich: Der Economist hat Dutzende Studien ausgewer-
schen in die Armut ab, weil sie die Rechnung für den                         tet, die untersucht haben, warum einige Menschen an
Arztbesuch oder ihre medizinische Behandlung nicht                           COVID-19 sterben und andere nicht. Soziale Ungleich-
zahlen können. Weil sie keine adäquate medizinische
                 46
                                                                             heit hat durchweg eine hohe Erklärungskraft.50 Auch
Versorgung erhalten, sterben in Ländern mit niedrigem                        mehrere länderübergreifende Studien finden einen ro-
und mittlerem Einkommen jedes Jahr 5,6 Millionen Men-                        busten empirischen Zusammenhang zwischen Einkom-
schen. Das sind jeden Tag mindestens 15.000 vermeid-                         mensungleichheit und COVID-19-Mortalität.51 52
bare Todesfälle.47 Diese Schätzung stammt aus der Zeit
vor der Pandemie. Sie liegt höher als die Zahl der Men-                      Auch wer von Rassismus betroffen ist, ist stärker ge-
schen, die offiziellen Angaben zufolge täglich durch                         fährdet, an COVID-19 zu sterben. In Brasilien beispiels-
das Corona-Virus sterben.                                                    weise tragen Schwarze Menschen ein um 47 Prozent
                                                                             höheres Risiko53, in den USA ist die Gefahr für Black,
                                                                             Indigenous und People of Color (BIPoC) zwei- bis drei-
                                                                             mal so hoch wie für Weiße.54 Für Deutschland gibt es
                                                                             vergleichbare offizielle Zahlen nicht, da zum Beispiel
                                                                             Krankenhausaufenthalte und Todeszahlen nicht nach
                                                                             Ethnizität aufgeschlüsselt werden. Aber eine neue
                                                                             Studie deutet darauf hin, dass das Risiko für Eingewan-
                                                                             derte und von Rassismus betroffenen Menschen auch
                                                                             hierzulande höher ist.55

                                                                         Dr. Ratnesh Kunwar, Wissenschaftler bei der Forschungs-
                                                                         und Entwicklungsorganisation des Verteidigungsministeriums,
                                                                         geht nach der Visite der COVID-Station durch den Sprüh­-
                                                                         ­bereich für Desinfektionsmittel in Delhi, Indien.
                                                                         © Cheena Kapoor/Oxfam
Gewaltige Ungleichheit     7

  Corona und
  Privatisierungen
  verschärfen
  Bildungsungleichheit

Die Corona-Pandemie hat auch die Bil-
dungskrise massiv verschärft. Vor der
Pandemie lag der Anteil der zehnjährigen
Kinder, die einen einfachen, altersgemä-
ßen Text nicht lesen und verstehen kön-
nen, in einkommensschwachen Ländern
bereits bei über 50 Prozent. Aktuelle Pro-
                                                           Deng, ein Grundschüler in Palabek,
gnosen gehen von einem Anstieg auf bis zu 70 Prozent
                                                           Uganda, lernt allein
aus.56 20 Millionen Mädchen in Ländern mit niedrigem       © Emmanuel Museruka/Oxfam
und mittlerem Einkommen werden Schätzungen zufolge
nie wieder in den Klassenraum zurückkehren, zusätz-
lich zu den 130 Millionen Mädchen, die schon vor der
Pandemie nicht zu Schule gingen.57

                                                             Ein System struktureller
Jahrelange Unterfinanzierung der öffentlichen Bil-
dungssysteme in vielen Ländern hat ungleiche Bil-            wirtschaftlicher Gewalt
dungschancen zwischen Kindern aus ärmeren und
wohlhabenden Haushalten, zwischen marginalisierten         Wenn Profite für Konzerne und ihre Eigentümer*innen
Gruppen und privilegierten Familien verstärkt, die die     systematisch mehr zählen als der Schutz der Men-
beste Bildung für ihre Kinder an teuren Privatschulen      schenrechte und des Planeten, wenn Menschen aus
kaufen können. Gerade in vielen einkommensschwa-           Kostengründen eine notwendige medizinische Be-
chen Ländern hat der Druck, Einsparungen in sozialen       handlung verwehrt wird, wenn sie zu wenig Geld haben,
Sektoren vorzunehmen, dazu geführt, dass öffentliche       um sich gesund zu ernähren oder Arbeitsbedingungen
Bildungssysteme ausgehöhlt wurden und notwendige           krank machen, dann erfahren Menschen Gewalt. Diese
Investitionen in schulische Infrastruktur und Lehrkräfte   strukturelle wirtschaftliche Gewalt ist eine der maß-
ausbleiben. Zwei Drittel dieser Länder haben wegen der     geblichen Ursachen der sich zuspitzenden sozialen Un-
wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie          gleichheit. Strukturelle wirtschaftliche Gewalt entsteht
2021 Kürzungen in ihren Bildungshaushalten vorge-          nicht zufällig, sondern ist integraler Bestandteil der Art
nommen.58 Dies ist umso dramatischer, als weltweit fast    und Weise, wie unser Wirtschaftssystem und unsere
ein Drittel aller Kinder keinerlei Zugang zu Bildungs-     Gesellschaften derzeit funktionieren. Sie gründet in der
angeboten über Radio, TV oder Internet hat. Der Druck      ungleichen Verfügungsmacht über gesellschaftliche
wächst, in vermeintlich kostengünstigere Koopera-          Ressourcen, materialisiert sich in extremen Einkom-
tionen mit gewinnorientierten Privatanbietern einzu-       mens- und Vermögensunterschieden und verfestigt
steigen. Dabei zeigen Erfahrungen aus der Zeit vor der     sich durch politische Entscheidungen, auf die wenige
Pandemie, dass diese gebührenfinanzierten Angebote         sehr wohlhabende Menschen und Konzerne einen
besonders arme und marginalisierte Kinder nicht er-        weitaus größeren Einfluss haben als die große Mehr-
reichen, die Kosten für einkommensschwache Familien        heit. Strukturelle wirtschaftliche Gewalt trifft potenziell
nicht tragbar sind, und die Qualität oft mangelhaft ist.   uns alle, aber in Armut lebende Menschen, Frauen und
Ungleichheiten bei den Bildungschancen sind langfris-      Mädchen sowie von Rassismus betroffene Menschen
tig auch mit ungleichen Erwerbs- und Lebenschancen         besonders stark, insbesondere wenn sie mehrere Dis-
verbunden.                                                 kriminierungserfahrungen machen, die sich gegenseitig
                                                           verstärken.
8    Das Ungleichheitsvirus

    Die Doktrin des Shareholder Values
    ist Kern des Problems                                      Anspruch genommen, allen voran die drei großen Autobauer
                                                               BMW, Daimler und Volkswagen. Es wird erwartet, dass sie
Kern dieses Systems und ein wesentlicher Treiber von           zusammengerechnet Dividenden von gut zehn Milliarden
Ungleichheit ist eine einseitige Ausrichtung auf die           Euro ausschütten. Die Gewinne werden also zum Teil durch
Interessen der – meist ohnehin schon vermögen-                 Staatshilfen und damit unter Mithilfe der Steuerzahler*in-
den – Unternehmens- und Anteilseigner*innen. Die in            nen ermöglicht, um dann jedoch nicht der Allgemeinheit
unserem Wirtschaftssystem angelegte Orientierung am            zugute zu kommen, sondern an die Aktionär*innen aus-
Profit wird durch die Doktrin des Shareholder Value ins        geschüttet zu werden – eine Ungerechtigkeit, die gesell-
Extrem getrieben. Diese erst vor wenigen Jahrzehnten           schaftliche Sprengkraft birgt.
entstandene kurzfristige Sicht auf Aktienbesitz und
Renditeerwartung erzwingt hohe Dividenden und ver-
                                                                 Marktmacht zur Maximierung des
hindert langfristige Investitionen in die Firmen. Im Sinne
der Shareholder-Orientierung nutzen Unternehmen                  Shareholder Values
finanzielle Spielräume daher nicht nur zur Rücklagen-
bildung, sondern auch um überhöhte Dividenden aus-             Je mehr Macht Konzerne besitzen, desto besser können
zuschütten oder Aktien zurückzukaufen, um den Kurs             sie die Orientierung am Shareholder Value gesellschaftlich
hochzuhalten. Auf der Strecke bleiben dabei Investi-           durchsetzen. Laut der Konferenz der Vereinten Nationen
tionen, um Geschäftsaktivitäten so auszurichten, dass          für Handel und Entwicklung (UNCTAD) trägt Marktmacht, die
Menschenrechte und Umwelt geschützt werden.                    Lobbymacht hervorbringt, systematisch zu steigenden
                                                               Einkommensungleichheiten und Machtungleichgewichten
Deutsche Unternehmen bilden hier keine Ausnahme.               in der Weltwirtschaft bei.61 So haben die intensiven Lobby­
Laut einem jüngst erschienenen Oxfam-Bericht stiegen           aktivitäten großer Konzerne zu einer strengen, immer enge-
die Gewinne der DAX-30-Unternehmen zwischen 2009               ren Auslegung des Patentrechts geführt und damit zu einer
und 2020 um 48 Prozent.59 Die Unternehmen verwen-              verstärkten Marktkonzentration.62 Welche fatalen Folgen
deten einen großen Teil ihrer Gewinne dazu, um Aktio-          dies für das Gemeinwohl hat, zeigt sich an der Diskussion
närsinteressen zu bedienen. Ausschüttungen legten in           um die Freigabe von COVID-19-Impfstoffpatenten.
diesem Zeitraum mit 85 Prozent deutlich stärker zu als
die Gewinne.                                                   Die Marktmacht von Konzernen ist damit ein weiterer we-
                                                               sentlicher Treiber von sozialer Ungleichheit. Marktmächtige
 Die Coronapandemie scheint diese Entwicklung weiter           Unternehmen nutzen ihre finanziellen Mittel und ihren Ein-
 anzuheizen. Laut Handelsblatt werden die mittlerweile         fluss, um die Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen, was
 40 DAX-Konzerne 2021 mit einem voraussichtlichen              oftmals zu einer vorteilhaften Gesetzgebung, Unterstüt-
 Nettogewinn von knapp 120 Milliarden Euro mehr als            zung durch Subventionen oder Vorteile bei der öffentlichen
 doppelt so viel verdient haben wie im Vorjahr.60 Davon        Auftragsvergabe führt.
 profitieren vor allem die Aktionär*innen: Mit 45,5 Milliar-
 den Euro dürften die 40 Dax-Konzerne im kommenden             Ein weiteres Beispiel wie Konzerne die Rahmenbedingun-
 Jahr 25 Prozent mehr Dividenden ausschütten als 2021          gen zu ihrem Gunsten beeinflussen ist die Steuerpolitik:
– das wäre ein neuer Rekord. Besonders brisant: Gut ein        In einem jahrzehntelangen Wettlauf um die niedrigsten
 Dutzend der Konzerne hat seit Ausbruch der Corona-            Steuersätze und um Steuerbefreiungen buhlen Staaten um
 Pandemie Kurzarbeitergeld für ihre Beschäftigten in           die Gunst internationaler Großkonzerne. Diese wählen ihren
                                                               Firmensitz oder Niederlassungen nach den günstigsten Be-
                                                               dingungen, insbesondere in Steueroasen. Wirksame Regeln
                                                               gegen Steuervermeidung haben Konzerne durch intensive
                                                               Lobbyarbeit weitestgehend verhindert, ganz im Sinne der
                                                               Profitinteressen ihrer Anteilseigner*innen. Auf diese Weise
                                                               entgehen Regierungen auf der ganzen Welt jedes Jahr mehr
                                                               als 200 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen.63
Das Ungleichheitsvirus       9

Die sozialen und ökologischen Kosten ihrer Aktivitäten                  vielen multinationalen Konzernen noch immer Schlupf-
wälzen Konzerne auf die Gesellschaft ab. Sie missbrauchen               löcher bietet, einkommensschwache Länder kaum
ihre Marktmacht, indem sie die Preise von Produzenten in                zusätzliche Einnahmen erhalten und die Umsetzung
Ländern mit niedrigem Einkommen in einem Maße drücken,                  der steuerlichen Maßnahmen auf bis zu zehn Jahre ge-
dass oftmals Verletzungen von Menschen und Arbeitsrech-                 streckt werden kann.66 Eine höhere Besteuerung von
ten die Folge sind. Mächtige Konzerne können überall auf                Konzernen und sehr großer Vermögen ist die Voraus-
der Welt andere Unternehmen – ob groß oder klein – auf-                 setzung dafür, dass Staaten Ungleichheit und Armut
kaufen oder vom Markt verdrängen. Menschen verlieren                    bekämpfen können, unter anderem indem sie in gute
dabei häufig ihre Arbeit, die Gewinne bleiben oft nicht im              öffentliche Systeme investieren, die allen Bürger*innen
Land und eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung                 einen Zugang zu Bildung, Gesundheit und sozialer Ab-
ist nicht oder nur bedingt möglich.                                     sicherung garantieren. Zur Illustration: Eine einmalige
                                                                        Vermögensabgabe in Höhe von 99 Prozent auf die Ge-
Bedingt durch die Corona-Pandemie droht die Marktkon-                   winne, die die zehn reichsten Milliardäre während der
zentration in den Volkswirtschaften mit hohem Einkommen                 Pandemie gemacht haben, würde 812 Milliarden US-Dol-
stärker zuzunehmen als in den Jahren zwischen 2000 und                  lar einbringen. Die zehn reichsten Menschen besäßen
2015.64 Ein Anstieg der Monopolmacht hat dazu geführt,                  dann noch immer acht Milliarden US-Dollar mehr als vor
dass weniger, größere und immer mächtigere Unternehmen                  der Pandemie.67
eine Reihe von Branchen dominieren und trotz Pandemie
entsprechend hohe Gewinne machen. Darauf deutet auch                    Eine ausreichende öffentliche Finanzierung muss ge-
eine Studie der Prager Karls-Universität hin, nach der multi-           währleisten, dass Bildung, Gesundheitsversorgung und
nationale Konzerne im Coronajahr 2020 außerordentliche                  andere Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht
Gewinne von rund 360 Milliarden Euro verzeichnet haben.65               länger in die Hände privater Anbieter gelegt werden,
US-Konzerne konnten Pandemieprofite in Höhe von rund                    die im Sinne ihrer Geldgeber, wie Private-Equity-Ge-
100 Milliarden Euro verbuchen, deutsche Großunternehmen                 sellschaften, möglichst hohe Gewinne erwirtschaften
gewannen 15, französische Multis 20 Milliarden Euro hinzu.              wollen. Unternehmen, die vom Staat Geld erhalten, zum
                                                                        Beispiel in Form von Kurzarbeitergeld, müssen ver-
                                                                        pflichtet werden, es zurückzahlen, ehe sie Gewinne an
  Die Wirtschaft gerecht gestalten
                                                                        Aktionär*innen ausschütten.

Wollen wir die globale Zukunft sozial und ökologisch ge-
                                                                              Darüber hinaus bedarf es internationaler Handels­regeln,
recht gestalten und zu einem guten Leben für alle kommen,
                                                                              die die Menschenrechte stärker gewichten als das
brauchen wir ein gerechteres Wirtschaftssystem, in dem
                                                                              Streben nach maximalem Profit. Nirgendwo zeigt sich
alle ihren fairen Beitrag leisten und das Gemeinwohl mehr
                                                                              die Dringlichkeit hierfür momentan stärker als bei den
zählt als Profitmaximierung um jeden Preis.
                                                                              Impfstoffpatenten: Es ist ein Skandal, dass insbeson-
                                                                              dere die Bundesregierung die exorbitanten Gewinne der
Dafür gilt es, nicht zuletzt um die im-
                                                                                                   Pharmakonzerne über das Wohl der
mensen finanziellen Folgekosten der
                                                                                                   Menschheit stellt und eine Ausset-
Corona-Pandemie zu bewältigen, Kon-
                                                                                                   zung des Patentschutzes ablehnt.
zerne und ihre sehr vermögenden Be-           Joseph E. Stiglitz, Wirtschaftswissen-
sitzer*innen national und international       schaftler und Nobelpreisträger
                                                                                                   Im Zentrum des Wandels aber müs-
durch eine progressive Steuerpolitik         „In der Post-Covid-Welt gibt es nun
                                                                                                   sen die Unternehmen selbst stehen,
stärker in die Verantwortung zu nehmen.       eine Chance: Es geht jetzt nicht um
                                                                                                   denn sie sind es, die ihre wirtschaft-
Dem noch immer grassierenden Wett-           ‚building back better‘, sondern
                                                                                                   liche und politische Macht für die
lauf um die geringsten Steuersätze und        um ‚building back differently‘. Es
                                                                                                   Beibehaltung der geltenden Regeln
der Ära der Steueroasen muss ein Ende         geht um eine andere, bessere Welt.“
                                                                                                   nutzen. Es gilt Rahmenbedingungen
gesetzt werden. Die nun im Rahmen
                                                                                                   zu schaffen, die dazu beitragen,
von G20 und OECD vereinbarte globale
                                                                                                   dass Unternehmen nicht mehr ex-
Mindeststeuer mit einem Steuersatz von        Quelle: www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/
                                              welt/2118789-Stiglitz-Regulierung-ist-Schubs-in-     zessiv die Profitinteressen Einzelner
nur 15 Prozent ist unzureichend, da sie      richtige-Richtung.html
10   gewaltige Ungleichheit

 bedienen, sondern sich auf die Befriedi-
 gung der Bedürfnisse der Allgemeinheit       Prof. Marcel Fratzscher,
 konzentrieren. Eine zukunftsweisende         Präsident des DIW Berlin
 Wirtschaftspolitik darf deshalb nicht       „Viele Unternehmen warten auf klare
 durch Altersvorsorge-Instrumente wie         Signale der Politik, um I­nvestitionen
 die geplante Aktienrente dem kurzfris-       für die ökologische und digitale                     schaftshilfen, die Bevorzugung bei
 tigen Renditestreben von Unternehmen         Transformation zu tätigen.“                          öffentlichen Aufträgen, eine R
                                                                                                                                ­ eform
 weiter Vorschub leisten. Sie muss statt-                                                          der rechtlichen Vorgaben oder
 dessen für eine demokratischere und                                                               steuerliche Vorteile. Zudem sollten
 gerechtere Wirtschaft sorgen. Dies heißt     Quelle: www.zeit.de/wirtschaft/2021-12/2022-­        die Pläne der Europäischen Union
                                              ausblick-neues-jahr
 einerseits, dass Unternehmen den In-                                                              zur Förderung der Sozialwirtschaft68,
 teressen aller betroffenen Stakeholder                                                            wie etwa eine bessere Finanzierung,
– wie Belegschaft, Produzent*innen und Kund*innen,                        von Deutschland unterstützt und mit weitergehenden Vor­
 aber auch betroffener lokaler Gemeinschaften – ge-                       schlägen verbessert werden. Damit gemeinwohlorientierte
 recht werden. Und es heißt andererseits, dass sie die                     Unternehmen am Markt bestehen können, muss die Politik
 für die sozial-ökologische Transformation notwendi-                     die Macht übermächtiger Konzerne begrenzen. Wichtige
 gen Investitionen in umweltfreundliche Technologien                      Märkte dürfen nicht von einigen wenigen Konzernen
 und menschenrechtliche Sorgfalt tätigen. Dafür muss                      kon­trolliert werden, so dass am Gemeinwohl orientierte
 Entscheidungsmacht innerhalb eines Unternehmens                          Mit­bewerber an den Rand gedrängt werden. Stattdessen
 so organisiert werden, dass tatsächlich alle wesent-                     ­müssen Marktstrukturen, in denen sehr wenige Unter-
 liche Stakeholder-Gruppen mitbestimmen. Zudem gilt                        nehmen dominieren, beseitigt und aggressivem Fusions­
 es, sozial und ökologisch nachhaltig zu wirtschaften                     streben sowie Geschäftsmodellen, die der Logik „Profite
 und Gewinne gerecht zu verteilen. Die an Zulieferer und                  um jeden Preis“ folgen, ein Riegel vorgeschoben werden.
 Produzent*innen gezahlten Preise müssen sich danach
 richten, was eine sozial und ökologisch gerechte Pro-                     Diese Veränderungen sind möglich. Dafür müssen wir weg
 duktion kostet.                                                          vom Mythos der Alternativlosigkeit. Das vorherrschende
                                                                          Wirtschaftsparadigma sowie die daraus resultierende
 Gleichzeitig brauchen kleinere gemeinwohlorientierte                    ­extreme Ungleichheit und Armut sind das Ergebnis politi-
 Unternehmen mehr Unterstützung, die an Prinzipien der                    scher Entscheidungen – und damit veränderbar.
 Nachhaltigkeit und Inklusion ausgerichtet sind und da-
 mit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Armut
 und Ungleichheit leisten. Möglichkeiten sind etwa Wirt-

Tshiela Therese, Mitarbeiterin im
St. Joseph Hospital, Kinshasa,
­Demo­kratische Republik Kongo
© Anastasie Langu/Oxfam
Gewaltige Ungleichheit   11

  Oxfams Forderungen                                              Konsequent in öffentliche
                                                                  Daseinsvorsorge investieren:
  an die Bundesregierung
                                                                  Mehreinnahmen durch eine gerechte Steuerpolitik müssen
Jetzt ist die Zeit für eine Politik der sozial-ökologischen       in gute öffentliche Bildungs-, Gesundheits- und soziale
Transformation, mit Regeln, die die Interessen der großen         Sicherungssysteme fließen, die allen Menschen zugänglich
Mehrheit in den Vordergrund stellen, die gleichberechtigte        sind. Die Einbindung profitorientierter Anbieter in diesen
Teilhabe von Frauen, Black, Indigenous und People of Colour       Feldern, die vor allem im Interesse der daran beteiligten Un-
(BIPoC) und anderen historisch marginalisierten Gruppen           ternehmen liegt, sollte gestoppt und rückgängig gemacht
schaffen und zu einer gerechten Verteilung von sozial und         werden, gerade auch in der Entwicklungszusammenarbeit.
nachhaltig erwirtschafteten Gewinnen führen. Wir benö-            Stattdessen muss mehr für Systeme in den Partnerländern
tigen eine sozial und ökologisch gerechte Wirtschaft, die         getan werden, insbesondere durch die Unterstützung von
sich nicht mehr maßgeblich am Profit, sondern am Gemein-          Initiativen wie der Global Partnership for Education, die
wohl orientiert.                                                  Schaffung eines Globalen Fonds für soziale Sicherung oder
                                                                  die Unterstützung durch Budgethilfe.
Die Mitglieder der neuen Bundesregierung, des Deut-

                                                                  2.
schen Bundestages und der Parteien sollten sich daher in
Deutschland, Europa und weltweit für die folgende Gerech-                   Impfgerechtigkeit: Covid-19-Impfstoffe als
tigkeitsagenda einsetzen:                                                   ­globales öffentliches Gut allen Menschen welt-
                                                                             weit kostenfrei zugänglich machen

1.
          Steuergerechtigkeit: Konzerne und sehr                  Patentschutz für Covid-19-Impfstoffe aussetzen:
          Vermögende stärker in die Verantwortung
                                                                  Geistige Eigentumsrechte wie Patente für Covid-19-Impf-
          nehmen und in soziale Grunddienste investieren
                                                                  stoffe, Medikamente und andere in der Pandemie relevante
                                                                  medizinische Mittel müssen für die Dauer der Pandemie
Die Vermögenssteuer wieder einführen,
                                                                  ausgesetzt werden. Der entsprechende Vorschlag zum
eine Vermögensabgabe prüfen:
                                                                  sogenannten TRIPS-Waiver wurde von den Regierungen
Wie von Institutionen wie dem IWF69 und Vermögenden               Indiens und Südafrikas bereits im Oktober 2020 bei der WTO
selbst70 angeregt, sollten sehr hohe Vermögen wieder              eingebracht und von mehr als 100 Ländern unterstützt. Die
stärker besteuert werden, so auch in Deutschland. Die Ver-        neue Bundesregierung muss die bisherige Blockadehaltung
mögenssteuer sollte daher für sehr hohe Vermögen wieder           aufgeben, den Kurs korrigieren und dem Waiver zustimmen.
eingeführt und eine Abgabe auf Vermögen über einer Million
Euro geprüft werden.                                              Wissens- und Technologietransfer einfordern:

                                                                  Die Bundesregierung muss sich für einen Wissens- und
Den Steuerwettlauf nach unten beenden,
                                                                  Technologietransfer durch die Pharmaunternehmen ein-
Steueroasen schließen:
                                                                  setzen, der den Um- und Ausbau von existierenden Produk-
Die Bundesregierung sollte sich für Nachbesserungen bei           tionsstätten ermöglicht und somit eine Verbesserung der
der Einführung der Globalen Mindeststeuer für Konzerne            Versorgung mit Impfstoffen schafft. Deutsche Impfstoff-
einsetzen, wie etwa einem höheren Mindeststeuersatz in            hersteller sollten ihr Wissen dem WHO Transfer-Hub in Süd-
Höhe von 20 bis 25 Prozent und mehr Rechte für einkom-            afrika zu Verfügung stellen.
mensschwache Länder, in ihrem Land tätige Konzerne zu
besteuern. In der EU braucht es eine effektive Liste, die alle,   Kapazitätsaufbau in einkommensschwächeren
insbesondere auch europäische Steueroasen erfasst und             Ländern unterstützen:
wirksame Sanktionen nach sich zieht.
                                                                  Die Bundesregierung muss den Aufbau von Produktionska-
                                                                  pazitäten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkom-
                                                                  men fördern, um so nicht nur langfristig die Versorgung mit
                                                                  Covid-19 Impfstoffen zu sichern, sondern auch für zukünf-
12   gewaltige Ungleichheit

tige Pandemien vorzusorgen. Ebenso muss der Ausbau
der globalen und regionalen Infrastruktur zur Ausliefe-
rung und Verteilung von Impfstoffen und medizinischen
Mitteln finanziell gefördert werden.

3.
           Gerechtes Wirtschaften: Unternehmen

                                                           4.
           demokratisieren und gemeinwohlorientiert
           ausrichten                                                 Konzernmacht brechen: Marktkonzentration
                                                                      abschaffen, durchlässige Marktstrukturen
Unternehmen an das Gemeinwohl binden:                                 fördern

Die Geschäftsführung jedes Unternehmens sollte ver-
                                                           Ein effektives, gemeinwohlorientiertes
pflichtet werden, die Unternehmensziele und Erfolgs-
                                                           Kartellrecht schaffen:
und Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators)
innerhalb der planetaren Grenzen und unter Beachtung       Um eine gerechte Verteilung von Gewinnen innerhalb der
der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht festzulegen       Lieferkette sicherzustellen, sollte das Kartellrecht nicht nur
und umzusetzen, zum Beispiel durch die Vorgabe, dass       an der Konsument*innenwohlfahrt, sondern auch am Ge-
das Geschäftsmodell kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel       meinwohl ausgerichtet werden. In der Fusions- und Miss-
ist. Zur Durchsetzung sollte es behördliche Sanktions-     brauchskontrolle gilt es, auch die Wirkungen auf Löhne, Be-
mechanismen und eine zivil­rechtliche Haftung der Ge-      schäftigung, Lieferanten und Produzenten zu untersuchen.
schäftsführung geben. Die neue Bundesregierung muss
die entsprechenden Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene           Monopolisierung von Märkten
entschieden vorantreiben.                                  verhindern

                                                           Auf hochkonzentrierten Märkten mit weniger als fünf Ak-
Sozial-ökologische Investitionen sicherstellen
                                                           teuren sollten strukturelle Faktoren stärker berücksichtigt
und Ausschüttungen begrenzen:
                                                           werden. Die Beweislast sollte umgekehrt werden und die
 Unternehmen sollten zur Umsetzung ihrer ökologi-          fusionierenden Unternehmen nachweisen müssen, dass die
 schen und menschenrechtlichen Pflichten konkrete          Fusion keinen Schaden verursacht. Megafusionen sollten
 Strategien veröffentlichen müssen, in denen sie die       verboten werden.
 entsprechenden Investitionsbedarfe benennen. Die-
 se Investitionen müssen vor Gewinnausschüttungen,         Der Schwellenwert für die Vermutung einer Marktbeherr-
-rückstellungen oder Aktienrückkäufen geleistet wer-       schung sollte von derzeit 40 Prozent auf 20 Prozent abge-
 den. Ausschüttungen sollten verboten werden, wenn         senkt werden. Bei der Bewertung der Marktstellung eines
 sie höher als der Jahresüberschuss sind oder ein Unter-   Unternehmens ist auch zu berücksichtigen, ob Gewinne
 nehmen staatliche Hilfen, wie zum Beispiel Kurzarbeit,    durch die Externalisierung von ökologischen und sozialen
 in Anspruch genommen hat.                                 Kosten erzielt werden.

Vielfältige Interessensrepräsentation in                   Übermächtige Konzerne notfalls
Leitungsgremien sicherstellen:                             entflechten:

Unternehmen sollten verpflichtet werden, sowohl öf-        Es muss eine rechtliche Grundlage dafür geschaffen wer-
fentliche als auch Interessen wichtiger Stakeholder-       den, übermächtige Konzerne als ultima ratio zu entflechten
gruppen, wie Belegschaft, Lieferanten, lokale Gemein-      und ihre marktübergreifende Macht durch eine Trennung
schaften und Produzenten in den Lieferketten, wirksam      von Geschäftsbereichen zu beschränken. Das Bundes-
in die Bestimmung des Unternehmensinteresses und in        kartellamt kann bei Einführung eines solchen Instruments
die Unternehmensführung einzubringen. Die Vertretung       Monopole oder Konzerne mit überragender Marktstellung
von Arbeitnehmer*innen sollte konsequent gestärkt          untersuchen, eine Veräußerung von Konzernteilen oder
werden.                                                    Sachvermögen in Deutschland prüfen und gegebenenfalls
                                                           eine Entflechtung veranlassen.
Gewaltige Ungleichheit            13

Yehya (72) aus dem Libanon hat mehr als 40
Jahre lang im Baugewerbe gearbeitet. Nach dem
wirtschaftlichen Zusammenbruch und der Ver-
schlechterung der Lage im Bausektor begann er
als Taxifahrer zu arbeiten. Sein Verdienst reicht
kaum aus, um die Miete für das Auto und sein
Haus zu bezahlen. Er protestiert gegen die Zu-
stände im Libanon, wo die Wirtschaftskrise zu
einer Hyperinflation und einem starken Wertver-
lust der Lira geführt hat.
© Pablo Tosco/Oxfam

QUELLEN
1   Spiegel (2021): Markt für Super-         7   Oxfam-Berechnung auf Basis der          11 United Nations Conference on            15 Carolina Sánchez Páramo, u.a. (2021):
    jachten erzielt Rekordzuwächse.              Forbes-Milliardär*innen-Listen und         Trade and Development (2021):              Covid-19 leaves a legacy of rising
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    fuer-superyachten-verzeichnet-­              com/billionaires/ und                      https://unctad.org/news/recovery-          developmenttalk/covid-19-leaves-
    rekordzuwachs-a-37897411-33c9-               https://www.credit-suisse.com/             resilience-­hanging-together-or-           legacy-rising-­poverty-and-widening-
    4546-8fea-3be22cfb8560                       about-us/en/­reports-research/             swinging-separately                        inequality
                                                 global-wealth-­report.html
2   Carolina Sánchez Páramo, u.a. (2021):                                                12 Center on International Cooperation     16 Crédit Suisse (2021): The Global
    Covid-19 leaves a legacy of rising       8   Der Paritätische Gesamtverband             (2021): From Rhetoric to Action:           Wealth Report 2021. https://www.
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    inequality                                   Schwerpunkte/Armutsbericht/doc/             publications/rhetoric-action-­         17 World Economic Forum (2021): World
                                                 broschuere_­armutsbericht-2021_             delivering-equality-inclusion             Economic Forum’s Global Risks
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    inequality-kills-methodology             9   N. Yonzan, C. Lakner, D.G. Mahler          Fire: How IMF demands for austerity        Report_2021.pdf
                                                 (2021): Is COVID-19 increasing global      will drive up inequality worldwide.
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5   World Inequality Lab (2021):                 data/covid-19-increasing-global-­          imf-demands-for-austerity-will-            bility of Public Finances. https://
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                                             10 World Bank (2021): 2021 Year in          14 IMF (2021): Fiscal Monitor, October        october-2021, p.2.
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                                                Pandemic.https://www.worldbank.             of public finances.                     19 N. Tamale (2021): Adding Fuel to
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                                                year-2021-in-review-the-­inequality-        Publications/FM/­Issues/2021/10/13/        will drive up inequality worldwide.
                                                pandemic                                    fiscal-­monitor-october-2021               https://policy-practice.oxfam.org/
                                                                                                                                       resources/adding-fuel-to-fire-how-
                                                                                                                                       imf-demands-for-austerity-will-
                                                                                                                                       drive-up-inequality-worl-621210/
14   gewaltige Ungleichheit

20 Die Weltbank definiert drei Armuts-      28 UN Women (2021): Global gender           38 Our World in Data (Stand 10.01.2022):     48 WHO (2020): Global Spending on
   grenzen: 1,95 Dollar für extreme            response tracker: Monitoring how            https://ourworldindata.org/                  Health: Weathering the Storm.
   Armut, 3,20 Dollar und 5,50 Dollar.         women’s needs are being met by              covid-vaccinations                           https://apps.who.int/nha/­database/
   Oxfam verwendet hauptsächlich               pandemic responses. Women Count                                                          DocumentationCentre/Get-
   die Grenze von 5,50 Dollar, weil wir        blog. https://data.unwomen.org/          39 DAZ online (2021): WHO-Impfziel              File/58717341/en
   davon überzeugt sind, dass diese das        resources/women-have-been-hit-              verfehlt. https://www.deutsche-
   genaueste Bild von Armut vermittelt.        hard-pandemic-how-government-­              apotheker-zeitung.de/news/­               49 D. Sherpa (2020): Estimating impact of
   Eine ausschließliche Konzentration          response-measuring                          artikel/2021/12/28/who-impfziel-             austerity policies in COVID-19 fatality
   auf extreme Armut ist nicht hilfreich,                                                  verfehlt                                     rates: Examining the dynamics of eco-
   da sie Milliarden von Menschen, die      29 P. Espinoza Revollo (2020).                                                              nomic policy and case fatality rates
   tagtäglich mit Armut konfrontiert           Time to Care: Methodology                40 The Economist. (2021): The pandem-           (CFR) of COVID-19 in OECD countries.
   und die nur einen Schritt vom Elend         note. Oxfam. https://dx.doi.                ic’s true death toll. Stand 1. Dezember      https://doi.org/10.1101/2020.04.03.2
   entfernt sind, übersieht. Mehr zu           org/10.21201/2020.5419                      2021. https://www.economist.com/             0047530
   diesem Thema: D.A. Vázquez Pimentel,                                                    graphic-detail/­coronavirus-excess-
   I. Macías Aymar, and M. Lawson (2018):   30 UNICEF (2021): COVID-19: A threat           deaths-estimates                          50 The Economist (2021): Why have
   Reward Work, Not Wealth. Oxfam.             to progress against child marriage.                                                      some places suffered more covid-19
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   to-end-the-inequalitycrisis-we-             against-child-marriage/                     render current COVID vaccines                economics/2021/07/31/why-have-
   must-build-an-economy-fo-620396/                                                        ineffective in a year or less. Press         some-places-suffered-more-covid-
                                            31 Oxfam (2021): The Ignored Pandemic:         release. https://www.oxfam.org/en/           19-deaths-than-others
21 Carolina Sánchez Páramo, u.a. (2021):       The Dual Crises of Gender-Based             press-releases/two-thirds-epidemi-
   Covid-19 leaves a legacy of rising          Violence and COVID-19.                      ologists-warn-mutations-could-ren-        51 McGill University (2020): Trust and
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   developmenttalk/covid-19-leaves-            the-dual-crises-of-gender-based-­        42 Oxfam (2021): Pharmaceutical compa-          ca/newsroom/channels/news/
   legacy-rising-­poverty-and-widening-        violence-and-covid-19-621309/               nies and rich nations delivering just        trust-and-income-inequality-­fueling-
   inequality                                                                              one in seven of the doses promised           spread-Covid-19-325184
                                            32 Oxfam (2022): Inequality Kills method-      for developing countries. https://
22 N. Yonzan, C. Lakner, D.G. Mahler           ology note. https://www.oxfam.de/           www.oxfam.org/en/press-­releases/         52 J. Davies (2021): Economic Inequality
   (2021): Is COVID-19 increasing global       inequality-kills-methodology                pharmaceutical-­companies-and-               and COVID-19 Death Rates in the
   inequality? World Bank Blogs.                                                           rich-nations-delivering-just-one-            First Wave, a Cross-Country Analysis.
   https://blogs.worldbank.org/­            33 UNFPA (2020): Impact of the COVID-19        seven-doses-promised                         CESifo Working Paper No. 8957.
   opendata/covid-19-increasing-               pandemic on family planning and                                                          https://www.cesifo.org/en/pub-
   global-­inequality                          ending gender-based violence,            43 A. Maitland and A. Marriott. (2021).         likationen/2021/working-paper/
                                               female genital mutilation and child         The Great Vaccine Robbery. People’s          economic-inequality-and-covid-19-
23 World Bank (2021): 2021 Year in             marriage. Interim Technical Note 7.         Vaccine Alliance. https://reliefweb.         death-rates-first-wave-cross
   Review in 11 Charts: The Inequality         https://www.unfpa.org/resources/            int/sites/reliefweb.int/files/resourc-
   Pandemic. https://www.worldbank.            impact-covid-19-pandemic-­family-           es/The%20Great%20Vaccine%20               53 OECD (2021): Health at a Glance 2021.
   org/en/news/feature/2021/12/20/             planning-and-ending-gender-based-           Robbery%20Policy%20Brief%20final.            https://doi.org/10.1787/ae3016b9-
   year-2021-in-review-the-­inequality-        violence-female-genital                     pdf                                          en
   pandemic
                                            34 A. Maitland and A. Marriott. (2021).     44 A. Alsalhani, A. Prabhala (2021):         54 Centers for Disease Control and
24 Schätzungen der Weltbank, World             The Great Vaccine Robbery.                  Pharmaceutical manufacturers across          Prevention (2021): Risk for COVID-19
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   perity. https://www.worldbank.org/          https://webassets.oxfamamerica.             technical requirements and quality           by Race/Ethnicity. https://www.
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                                                                                                                                        hospitalization-death-by-race-­
25 International Labour Organization        35 Oxfam (2021): Pfizer, BioNTech and       45 Bundesregierung (2020): Impfstoff-           ethnicity.html
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   newsroom/news/WCMS_813449/                  org/en/press-releases/pfizer-­                                                           mit Covid-19.
   lang--en/index.htm                          biontech-and-moderna-making-             46 World Bank, WHO (2017): Half the             https://mediendienst-integration.
                                               1000-profit-every-second-while-             world lacks access to essen-                 de/fileadmin/Dateien/Expertise_Ras-
26 Oxfam (2021): COVID-19 cost women           worlds-poorest                              tial health services, 100 million            sismus_Uebersterb­lichkeit_Covid_19_
   globally over $800 billion in lost                                                      still pushed into extreme poverty            Will_Supik_­Pluemecke_FINAL.pdf
   income in one year. Press release.       36 Ebd.                                        because of health expenses. Press
   https://www.oxfam.org/en/press-­                                                        release. https://www.who.int/news/        56 UNESCO, UNICEF, World Bank (2021):
   releases/Covid-19-cost-women-            37 WHO (2021): WHO Director-­General’s         item/13-12-2017-world-bank-and-              The State of the Global Education-­
   globally-over-800-billion-lost-in-          opening remarks at the Special              who-half-the-world-lacks-access-             Crisis: A Path to Recovery. https://
   come-one-year                               ­Session of the World Health Assem-         to-essential-health-services-100-            www.worldbank.org/en/topic/
                                                bly - 29 November 2021. https://www.       million-still-pushed-into-extreme-           education/publication/the-state-of-
27 World Economic Forum (2021):                 who.int/director-general/speeches/         poverty-because-of-health-expenses           the-global-education-crisis-a-path-
   Global Gender Gap Report 2021.               detail/who-director-general-s-open-                                                     to-recovery
   https://www.weforum.org/reports/             ing-remarks-at-the-special-session-     47 Oxfam (2022): Inequality Kills method-
   ab6795a1-960c-42b2-b3d5-587ec-               of-the-world-health-assembly---29-         ology note. https://www.oxfam.de/         57 Malala Fund (2021),
   cda6023                                      november-2021                              inequality-kills-methodology                 https://covid.malala.org/
58 UNESCO, World Bank (2021):               67 Oxfam (2022): Inequality Kills metho-                                                            Cover:
   Education Finance Watch 2021.               dology note. https://www.oxfam.de/                               Illustration: Ole Kaleschke für Oxfam
   https://www.worldbank.org/                  inequality-kills-methodology.                         Foto Sternenhimmel [M]: Jake Weirick, unsplash
   en/­topic/education/publication/­           Hohe Vermögensabgaben sind bereits                                          Foto Erde: NASA, unsplash
   education-finance-watch-2021                in der Vergangenheit zur Bewältigung
                                               außergewöhnlicher Herausforderun-
59 Finanzwende Recherche, Oxfam                gen genutzt worden. Die französische
   (2021): Gewinne auf Kosten der              Regierung hat beispielsweise nach
   Allgemeinheit. https://www.oxfam.           dem Zweiten Weltkrieg übermäßi-
   de/system/files/documents/dax30-­           ges Kriegsvermögen mit einem Satz
   bericht_final.pdf                           von 100 Prozent besteuert. Auch
                                               anderswo in Europa und in Japan
60 Handelsblatt (2021): Rekord bei             wurden einmalige Vermögenssteuern
   Dividenden: Dax-Konzerne wer-               erhoben. In den USA schlug Präsident
   den soviel ausschütten wie noch             Franklin D. Roosevelt während des
   nie. https://www.handelsblatt.              Krieges eine einhundertprozentige
   com/unternehmen/management/                 Steuer auf exzessive Einkommen vor;
   dax-40-rekord-bei-dividenden-               vereinbart wurde ein Spitzensteuer-
   dax-­konzerne-werden-so-                    satz von 94 Prozent. Siehe auch:
   viel-ausschuetten-wie-noch-                 https://taxfoundation.org/historical-
   nie/27878520.html                           income-tax-rates-brackets/

61 UNCTAD (2017): Trade and Develop-        68 European Commission (2021):
   ment Report. https://unctad.org/            Commission presents Action Plan
   system/files/official-document/             to boost the social economy and
   tdr2017overview_en.pdf                      create jobs. https://ec.europa.
                                               eu/social/main.jsp?langId=en&-
62 Ebd., S. 15                                 catId=89&newsId=10117&furth-
                                               erNews=yes#navItem-1
63 T. Tørsløv, L. Wier, and G. Zucman
   (2021): Close to 40% of multinational    69 K. Georgieva. (2020): Reduce
   profits are shifted to tax havens each      Inequality to Create ­Opportunity.
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64 U. Akcigit, et al. (2021): Rising           to-create-­opportunity/?utm_medi-
   Corporate Market Power: Emerging            um=email&utm_source=govdelivery
   Policy Issues. IMF Staff Discus-
   sion Notes. https://www.imf.org/         70 Siehe die entsprechenden
   en/­Publications/Staff-Discus-              Forderungen unter
   sion-Notes/Issues/2021/03/10/­              https://www.taxmenow.eu/ und
   Rising-Corporate-Market-Power-              https://millionairesforhumanity.org/
   Emerging-Policy-Issues-48619

65 Der Spiegel (2021): Konzerne streichen
   Milliarden Corona-Gewinne ein.                                                      Impressum
   https://www.spiegel.de/wirtschaft/
   corona-pandemie-­konzerne-                                                          Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und
   streichen-milliardengewinne-ein-                                                    ­Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen
   a-1f8d4e23-e3b5-419d-9b89-                                                           mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu
   e8813982be1c                                                                         über­winden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund
                                                                                        21 Oxfam-­Organisationen gemeinsam mit
66 Oxfam (2021): OECD tax deal is a mock-                                               4.100 Partner*innen in mehr als 90 Ländern.
   ery of fairness. https://www.oxfam.
   org/en/press-releases/oecd-tax-                                                     Herausgeber: Oxfam Deutschland e. V.,
   deal-mockery-fairness-oxfam                                                         Januar 2022

                                                                                       V.i.S.d.P.: Marion Lieser, Oxfam Deutschland e. V.,
                                                                                       Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin,
                                                                                       Tel.: +49 (0)30 45 30 69 0, E-Mail: info@oxfam.de

                                                                                       Leitende Autoren: Manuel Schmitt
                                                                                       und Tobias Hauschild
                                                                                       Redaktion: Steffen Küssner, Sandra Dworack,
                                                                                       Nikolai Link, Lukas Warning, Julia Thrul,
                                                                                       Marita Wiggerthale, Pia Schwertner
                                                                                       Konzeption und Umsetzung: Pia Schwertner
                                                                                       Gestaltung: Ole Kaleschke | olekaleschke.de

                                                                                       Deutsche Zusammenfassung und Ergänzung
                                                                                       des ­Kampagnenreports Inequality Kills.
                                                                                       Vollständiger Text unter www.oxfam.de/inequality-kills
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