Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso

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Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
PUBLIKATION NR. 51

                                              Bundesarbeitsgemeinschaft der
                                                 Senioren-Organisationen e. V.

Ein gutes Leben im Alter – weltweit
Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
Inhalt
    Inhaltsverzeichnis                                                                  2
    Vorwort                                                                             3
    Geschäftsstelle Internationale Altenpolitik: Für ein gutes Leben im Alter – weltweit 4
    Über den Tellerrand blicken: Internationale Seniorenpolitik                         5
    Alter in Kommune und Gesellschaft                                                   8
    Lokale Hilfezentren gegen Armut (Rumänien)                                          8
    Seniorenfreundliche Gemeinden in der Euregio Maas-Rhein
    (Belgien, Niederlande, Deutschland)                                                 9
    Info-Hotline für Ältere (Israel)                                                   10
    Aktionsplan für mehr Altersfreundlichkeit (Kanada)                                 10
    Strategie zum Aufbau demenzfreundlicher Kommunen (USA)                             11
    Autonomie und Selbstbestimmung                                                     12
    Menschenrechte für ältere Frauen in ländlichen Regionen (Südafrika)                12
    Actief Plus – Selbstständigkeit fördern durch Bewegung (Niederlande)               13
    Ganzheitliche Unterstützung zu Hause und am Wohnort (Belgien)                      14
    Nichts über dich, nichts ohne dich – Selbstbestimmung per Gesetz (Irland)          15
    Gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation                                       16
    Postboten gegen die Vereinsamung (Frankreich)                                      16
    Kochen als Zeichen der Solidarität (Kuba)                                          17
    Laufen für mehr Akzeptanz (Japan)                                                  18
    MONALISA – Bürgerteams für ältere Menschen (Frankreich)                            19
    Gesundheit und Pflege                                                              20
    Sich informieren und Kontakte knüpfen per Touchscreen (Finnland, Estland)          20
    PflegeKarten – bessere Koordination der Pflege im Alltag (USA)                     21
    Krankenhäuser als Brückenbauer (Israel)                                            22
    Soziale Sicherung                                                                  23
    Rente neu gedacht – Kwa Wazee (Tansania)                                           23
    Mit Legehühnern Einkommen sichern (Peru)                                           24
    Spar- und Kreditvereinigungen gegen Armut (Haiti)                                  25
    Solidarisches Miteinander der Generationen                                         26
    „Einmal“ – Jung und Alt finden über ein Kulturprojekt zusammen (Malta)             26
    Brotbacken verbindet (Bulgarien, Serbien, Rumänien, Kroatien, Deutschland)         27
    Stimmen aus der Zivilgesellschaft | Fotonachweise                                  28
    BAGSO im internationalen Kontext                                                   30
    Links und weitere Informationen | Impressum                                        31

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Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,

w     as bedeutet ein gutes Leben im
     Alter? Betrachtet man die Frage
                                          Aber es bleibt un-
                                          verzichtbar, über
global, würden die Menschen sie sicher-   den eigenen Tel-
lich sehr unterschiedlich beantworten.    lerrand zu bli-
Denn es ist ein wirklich großer Un-       cken und Not
terschied, ob Menschen in Costa Rica,     und Unterdrü-
Tansania, Rumänien oder in Deutsch-       ckung in der
land alt werden.                          Welt nicht als
                                          unabwendbar hin-
Vor allem im Globalen Süden sind viele    zunehmen. Einen
ältere Menschen in Not und meilenweit     solchen Blick, der Miss-
von dem entfernt, was der menschen-       stände benennt und doch
rechtlichen Vorstellung vom guten Al-     Mut macht, soll dieses Themenheft ver-
tern entspricht. Es mangelt an Nahrung    mitteln. Es zeigt gute Praxisbeispiele
und an medizinischer Versorgung und       rund um den Globus, die zum Nachah-
an Schutz vor Gewalt. Aber es fehlen      men anregen. Es erläutert unterschied-
auch Selbstbestimmung, Autonomie          liche Ausgangspunkte und vermittelt:
und gesellschaftliche Teilhabe.           Hilfe ist möglich. Alle älteren Men-
                                          schen, die in Not oder Unterdrückung
Weltweit arbeiten viele Menschen an       leben, brauchen unsere Solidarität, auch
der Verbesserung der Lebensbedingun-      die im Globalen Süden und in unseren
gen Älterer. Sie tun dies – organisiert   europäischen Nachbarländern.
oder spontan, haupt- oder auch häufig
ehrenamtlich – im Rahmen von Projek-      Lassen Sie uns gemeinsam neue Ideen
ten, Kampagnen oder kommunalen Ak-        entwickeln, für ein gutes Altern, weltweit.
tionsplänen. Der örtliche Lebensraum,     Auch hier gilt es Brücken zu bauen. n
das Dorf, die Kommune sind Dreh-
und Angelpunkte für Veränderungen,
bestenfalls im Miteinander der Gene-      Ihr
rationen. Auch in Deutschland gibt es
Missstände und deshalb dringenden
Verbesserungsbedarf, was die Lebenssi-
tuation älterer Menschen angeht. Auch     Franz Müntefering
hier sind Politik und Zivilgesellschaft   BAGSO-Vorsitzender
gefordert. Die BAGSO unterstützt die-
ses Engagement.

                                                                                        3
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
Geschäftsstelle Internationale Altenpolitik
                        Für ein gutes Leben im Alter – weltweit

                                                                            nen, Erwerbstätigkeit, Gesundheit und
                                                                            Pflege, soziale Sicherung und das Mit-
                                                                            einander der Generationen.

                                                                            Mit Förderung des Bundesministeriums
                                                                            für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
                                                                            gend wurde 2017 bei der BAGSO die Ge-
                                                                            schäftsstelle Internationale Altenpolitik
                                                                            eingerichtet, um Seniorenorganisationen
                                                                            sowie Expertinnen und Experten aus Po-
                                                                            litik und Wissenschaft stärker an den in-
                                                                            ternationalen Prozessen zu beteiligen. Sie
    Fachtagung der Geschäftsstelle Internationale Altenpolitik, Juni 2017   informiert über die aktuellen Entwick-
                                                                            lungen in der internationalen Altenpoli-

                       D     er demografische Wandel ist ein
                             weltweites Phänomen. Die Zahl
                        der über 60-Jährigen wird sich laut An-
                                                                            tik, fördert den Austausch untereinander
                                                                            und bringt als Schnittstelle die Interes-
                                                                            sen der Zivilgesellschaft und der älteren
                        gaben der Vereinten Nationen weltweit               Menschen auf internationaler Ebene ein.
                        bis 2050 mehr als verdoppeln auf 2,1
                        Milliarden. Die Zahl der über 80-Jähri-             Die vorliegende Publikation gibt einen
                        gen wird sich bis dahin sogar verdreifa-            Einblick in die internationale Senioren-
                        chen. Zwei Drittel der älteren Menschen             arbeit und stellt eine Auswahl innovati-
                        leben in Entwicklungs- und Schwellen-               ver Projekte vor. n
                        ländern, im sogenannten Globalen Sü-
                        den, wo die Zahl älterer Menschen be-
                        sonders stark ansteigt. Immer häufiger
                        kommt es vor, dass Ältere ohne familiä-               KONTAKT
                                                                              Bundesarbeitsgemeinschaft der
                        re Anbindung leben und sie demzufolge
                                                                              Senioren-Organisationen e.V.
                        bei Bedarf nicht von Angehörigen ver-
                                                                              (BAGSO)
                        sorgt werden können.
                                                                              Geschäftsstelle
                                                                              Internationale Altenpolitik
                        In vielen Ländern reagieren die Politik               Silke Leicht
                        und die Zivilgesellschaft auf den de-                 Thomas-Mann-Str. 2–4
                        mografischen Wandel und entwickeln                    53111 Bonn
                        Strategien, um sich auf die Bedürfnisse               Tel.: +49 (0)228 / 24999325
                        und Interessen Älterer besser einzustel-              E-Mail: leicht@bagso.de
                        len. Dies betrifft aus Sicht der Vereinten            www.bagso.de
                        Nationen vor allem die Bereiche Woh-
4
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Internationale Seniorenpolitik

                                                                                                                   R
                                                                                                                  STE
                                                                                                                  UR
                                                                                                              W
Silke Leicht, Leiterin der Geschäftsstelle Internationale                                                AR
                                                                                                              A
                                                                                                  BARB
Altenpolitik der BAGSO im Gespräch mit Barbara Wurster,
Leiterin des Referates 314 – Internationale Seniorenpolitik im
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

                                                                                             T
                                                                                            ICH
(BMFSFJ)

                                                                                        LE
                                                                                        K

                                                                                    E
                                                                                  SIL
Frau Wurster, Sie begleiten seit Langem       Wie wird die Umsetzung der
fachlich die Entwicklungen in der in-         Selbstverpflichtungen überprüft?
ternationalen Seniorenpolitik. Was hat        Alle fünf Jahre evaluieren die einzelnen
sich über die Jahre verändert?                Regionen der Welt den Stand der Um-
Die Globalisierung und die weltweit           setzung des MIPAA. Auf einer im Sep-
steigenden Zahlen Älterer haben un-           tember 2017 in Lissabon durchgeführten
mittelbare Konsequenzen auch für              Konferenz wurden diese Selbstverpflich-
ältere Menschen in Deutschland. Na-           tungen von den UNECE-Mitgliedsstaa-
tionale Seniorenpolitik ist daher heut-       ten erneut bekräftigt. Sie definierten
zutage nicht mehr ohne den Blick über         zugleich wesentliche aktuelle Eckpunkte
die Grenzen hinaus denkbar. Ein wich-         für die weitere Umsetzung des Weltal-
tiger voraussichtiger Meilenstein der         tenplans in den kommenden fünf Jah-
internationalen Seniorenpolitik war der       ren. Hierzu zählen z. B. Maßnahmen zur
in Madrid im Jahr 2002 verabschiede-          Erkennung der Potenziale älterer Men-
te Zweite Weltaltenplan der Vereinten         schen ebenso wie Maßnahmen, die ein
Nationen (MIPAA), zu dem die 56 Mit-          längeres Arbeitsleben und die Erhöhung
gliedsstaaten der Wirtschaftskommissi-        der Arbeitsfähigkeit Älterer fördern so-
on der Vereinten Nationen für Europa          wie ein Altern in Würde sicherstellen.
(UNECE) bereits im September 2002
in Berlin auch eine Regionale Um-             Seit einigen Jahren gibt es auf UN-Ebene
setzungsstrategie (RIS) verabschiede-         die Diskussion darüber, wie die Rechte
ten. In den Selbstverpflichtungen des         älterer Menschen weltweit gestärkt wer-
MIPAA wurden erstmalig Fragen des             den können. In vielen Ländern beste-
Alterns mit anderen gesellschaftlichen        hen immer noch Lücken, nicht überall
Fragestellungen verknüpft, z. B. ältere       werden z. B. Ältere effektiv vor Gewalt
Menschen und deren Teilhabe an Ent-           geschützt. Bekommen wir bald eine
wicklungen und Neuerungen wie Tech-           UN-Altenrechtskonvention analog der
nologie oder auch die Bereiche Kultur         UN-Behindertenrechtskonvention?
und Beschäftigungschancen für ältere          Es ist richtig, dass die Diskussion auf
Menschen.                                     internationaler Ebene zur Stärkung der
                                              Rechte älterer Personen in den letzten

                                                                                                          5
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
UNECE-Ministerkonferenz, Lissabon 2017

    Jahren an Dynamik gewonnen hat. In       dung über ein geeignetes Instrument
    der „Offenen Arbeitsgruppe der Ver-      ist demgegenüber aktuell nicht auf der
    einten Nationen zu Fragen des Alterns    Agenda der nächsten Sitzung.
    (OEWG-A)“ werden seit acht Jahren er-
    gänzend zu dem Austausch im Rahmen       Von Seiten der Zivilgesellschaft bringt
    von MIPAA Erfahrungen in zentralen       die BAGSO seit 2016 ihre Positionen
    Themenfeldern, die die Rechte älterer    dort aktiv in die Diskussion ein.
    Personen betreffen, besprochen. Zwar     Ja, das stimmt, Nichtregierungsorga-
    deckt MIPAA alle möglichen Aspek-        nisationen und auch Menschenrechts-
    te des Alterns in Würde, der sozialen    institute haben in der OEWG-A ein
    Sicherheit und der Betreuung ab; al-     Mitspracherecht und nehmen dies sehr
    lerdings ist MIPAA ein politischer Ak-   aktiv wahr. Wir freuen uns darüber,
    tionsplan, kein bindendes Instrument.    dass auch die deutschen Seniorenorga-
    Die in der OEWG-A zusammenarbei-         nisationen über die BAGSO eine Stim-
    tenden Staaten und zivilgesellschaft-    me in New York haben.
    lichen Organisationen prüfen daher,
    in welchen Themenbereichen und auf       Wie können ältere Menschen an den
    welchen Wegen eventuell eine höhe-       internationalen Prozessen teilhaben?
    re Verbindlichkeit zum Schutz älterer    Es ist wichtig, dass Organisationen, die
    Menschen erreicht werden könnte. Im      die Interessen älterer Menschen vertre-
    letzten Jahr waren dies Themen wie       ten, sich zunächst einmal gut über diese
    die Bekämpfung von Altersdiskrimi-       komplexen Prozesse auf UN-Ebene in-
    nierung und Vernachlässigung, Gewalt     formieren können. Nur dann kann man
    und Missbrauch älterer Menschen. In      sich wirksam in solche Prozesse ein-
    diesem Jahr stehen das Recht älterer     schalten. Dazu gehört auch die realisti-
    Personen mit Hilfebedarf auf Langzeit-   sche Einschätzung, was man in welcher
    und Palliativpflege sowie deren Recht    Zeit durch welche Maßnahme bewirken
    auf Autonomie und Selbstbestimmung       kann. Internationale Diskussionspro-
    auf der Tagesordnung. Eine Entschei-     zesse erfordern viel Geduld. Von Seiten
6
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
ÜBER DEN TELLERRAND BLICKEN: INTERNATIONALE SENIORENPOLITIK

des BMFSFJ unterstützen wir die Mit-        Mit deutscher Unterstützung erhielten
wirkung und auch die Vor- und Nachbe-       die Menschenrechtsinstitute in diesem
reitung z. B. für die Diskussionsprozesse   Gremium ebenfalls – seit 2017 – einen ei-
in der OEWG-A. Mit der Geschäftsstelle      genen Status mit Rederecht. Das BMFSFJ
Internationale Altenpolitik der BAGSO       kooperiert eng mit dem Deutschen Ins-
erreichen wir viele Multiplikatorinnen      titut für Menschenrechte, um die Debat-
und Multiplikatoren, die sich für die       ten in der OEWG-A mit Vertretenden
Anliegen älterer Menschen auch auf ei-      aus Wissenschaft und Praxis regelmäßig
ner globalen Ebene starkmachen und          transparent vor- und nachzubereiten.
die gut mit Seniorinnen und Senioren in
Deutschland vernetzt sind.                  Aus Sicht vieler Mitgliedsländer wäre
                                            es vielleicht wünschenswert, wenn
Immer häufiger wird die Agenda 2030         Deutschland als „ältestes“ Land in
erwähnt. Sie umfasst 17 Nachhaltig-         Europa eine Vorreiter-Rolle einnähme.
keitsziele, darunter viele, die ältere      Wie könnte dies konkret aussehen?
Menschen ganz konkret betreffen, z. B.      Wir engagieren uns wie gesagt vor-
die globale Bekämpfung von Armut.           bildlich in den wichtigen UN-Gremien
Die Prozesse zum UN-Weltaltenplan,          (UNECE-WGA und OEWG-A). Dane-
zum Schutz der Rechte Älterer und zur       ben stärken wir die bilaterale Zusam-
Nachhaltigkeit greifen zu großen Teilen     menarbeit insbesondere mit Staaten, die
ineinander. Klar ist, dass niemand mehr     eine ähnliche demografische Entwick-
die Augen vor der demografischen Ent-       lung aufweisen. Dazu gehören Japan,
wicklung, nicht nur bei uns, sondern        Südkorea und China ebenso wie zum
beispielsweise auch in Asien, und von       Beispiel unser direkter Nachbar Frank-
den z. T. dramatischen Herausforde-         reich. Auch mit Israels Ministerium für
rungen in anderen Erdteilen der Welt,       soziale Gleichstellung arbeiten wir im
wie etwa in Afrika, verschließen kann.      Bereich der Seniorenpolitik zusammen.

Welche Rolle spielt Deutschland in          Frau Wurster, vielen Dank für das
diesen Prozessen?                           Gespräch.
In der internationalen Seniorenpolitik
nehmen wir eine engagierte Rolle ein.
Zwei Beispiele: Schon 2002 haben wir          KONTAKT
die 56 UNECE-Mitgliedsstaaten nach            Bundesministerium für Familie,
Berlin eingeladen. Das Ergebnis war eine      Senioren, Frauen und Jugend
bis heute wirksame Regionale Imple-           Barbara Wurster
mentierungsstrategie zum Zweiten UN-          Ministerialrätin
                                              Referatsleiterin 314 – Internationale
Weltaltenplan. Wir haben hierzu eine
                                              Seniorenpolitik, Inklusion
Arbeitsgruppe „Altern“ (UNECE-WGA)
                                              Rochusstr. 8–10
in Genf mit aufgebaut, in der wir über
                                              53123 Bonn
viele Jahre wiederholt auch den Vize-
                                              Tel.: +49 (0)228 / 9302439
Vorsitz innehatten. In einem weiteren         E-Mail: barbara.wurster@
UN-Gremium, der OEWG-A, engagie-              bmfsfj.bund.de
ren wir uns ebenso und unterstützen           www.bmfsfj.bund.de
aktiv die offenen inhaltlichen Debatten.
                                                                                         7
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
ALTER IN KOMMUNE UND GESELLSCHAFT

                                 D
        ALTER IN                        ie Lebensbedingungen älterer Menschen rund um den
      KOMMUNE UND                       Globus unterscheiden sich. Ein Blick über den Tellerrand
      GESELLSCHAFT                zeigt das Beispiel Wohnen im Alter: Der Anteil der Menschen
                                 ab 60 Jahren, der allein oder mit Partnerin bzw. Partner zu Hau-
                                se lebt, variiert je nach Land: Laut UN-Angaben (Stand 2017)
                              tun dies in den Niederlanden 93,4 Prozent, in Afghanistan aber
                           nur 2,3 Prozent. Dort leben die meisten Älteren mit ihren Kindern
                     und Enkelkindern zusammen. Auf lokaler und nationaler Ebene werden Stra-
                   tegien erprobt, wie Ältere vor Ort konkret unterstützt werden können. Die
                   Vernetzung der Akteure und die Beteiligung aller Menschen und Institutionen
                   vor Ort nehmen an Bedeutung zu. Dies zeigen die folgenden Beispiele aus
                   verschiedenen Ländern.   

              Lokale Hilfezentren gegen Armut
              (Rumänien)

              D    as Einkommen vieler älterer Men-
                   schen in Rumänien reicht für Le-
              bensmittel, medizinische Versorgung
                                                           bensbedingungen ein. Ihr gehören 137
                                                           Mitgliedsorganisationen an. Für aktuel-
                                                           le Informationen aus den verschiedenen
              und andere alltägliche Dinge des Le-         Hilfezentren und aus dem Dachverband
              bens, wie z. B. einen Friseurbesuch,         hat OMENIA einen eigenen Fernsehka-
              nicht aus. Lokale Hilfezentren bieten in     nal eingerichtet: www.omeniatv.ro. n
              Rumänien kostengünstige Dienstleis-
              tungen und fördern gesellschaftliche
              Teilhabe. Über 1,4 Millionen Menschen
                                                              KONTAKT
              nutzen das Angebot, das auch in entle-
                                                              Federatia Nationala Omenia
              genen Regionen zur Verfügung steht.             Str. Amurgului, nr. 53, sector 5
                                                              051983 Bucuresti
              Die Hilfezentren für Ältere sind in dem         Rumänien
              Dachverband OMENIA zusammenge-                  Tel.: +40 (0)21 / 4231749
              fasst. Die Nichtregierungsorganisation          E-Mail: secretariat@fn-omenia.ro
              vertritt die Interessen der Älteren und         www.fn-omenia.ro; www.omeniatv.ro
              setzt sich für die Verbesserung der Le-

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ALTER IN KOMMUNE UND GESELLSCHAFT

Seniorenfreundliche Gemeinden
in der Euregio Maas-Rhein
(Belgien, Niederlande, Deutschland)

I m September 2016 startete die Stif-
  tung euPrevent das dreijährige Pro-
jekt „Seniorenfreundliche Gemeinden
                                           sessment-Berichts wählt jede Kommune
                                           die für ihre Bedürfnisse passenden, nie-
                                           derschwelligen Aktivitäten aus einem
(euPrevent-SFC)“, an dem 32 Gemein-        „Aktivitäten-Buffet“ aus und setzt sie mit
den und weitere Partner aus der Eure-      Hilfe der Anbieter um. Insgesamt stehen
gio Maas-Rhein (EMR) beteiligt sind.       15 von den Projektpartnern angebotene
Das grenzüberschreitende Projekt be-       Aktivitäten zur Auswahl. Daran schließt
fasst sich mit dem aktiven Altern in       sich eine Evaluationsphase an, auf deren
seniorenfreundlichen Gemeinden und         Basis ein Nachhaltigkeitsplan für jede
legt dabei den Schwerpunkt auf die         Kommune erstellt wird. Dieser Schritt
psychische Gesundheit älterer Men-         gewährleistet die Nachhaltigkeit der
schen mit Fokus auf die Krankheitsbil-     Maßnahmen auf kommunaler Ebene.
der Demenz und Altersdepression. Den
theoretischen Bezugsrahmen bildet das      Das euregionale Projekt „Senioren-
Konzept „Aktiv Altern“ der Weltge-         freundliche Gemeinde (euPrevent-
sundheitsorganisation (WHO).               SFC)“ wird im Rahmen des Interreg
                                           V-A Förderprogramms der Euregio
Ziel des Projektes ist die Schaffung von   Maas-Rhein umgesetzt. n
seniorenfreundlichen Gemeinden, in
denen eine gute generationenübergrei-
fende Versorgung sowie die Umsetzung
                                             KONTAKT
des Inklusionsgedankens eine Selbst-
                                             Stiftung euPrevent EMR
verständlichkeit sind.
                                             Brigitte van der Zanden
                                             Postbus 33
In der ersten Projektphase erfolgt eine
                                             6400 AA Heerlen
Bedarfsanalyse in Form eines Capacity        Niederlande
Assessments in den teilnehmenden Kom-        Tel.: +31 (0)6 / 36062039
munen. Ergänzt wird diese Erhebung           E-Mail: info@euprevent.eu
durch sogenannte „Mystery Guests“, die       www.euprevent.eu/de/
inkognito das bereits bestehende Ange-       senior-friendly-communities/
bot überprüfen. Auf der Basis des As-

                                                                                           9
Ein gutes Leben im Alter - weltweit - Innovative Projekte der Seniorenarbeit rund um den Globus - Bagso
ALTER IN KOMMUNE UND GESELLSCHAFT

              Info-Hotline für Ältere
              (Israel)

              M       it Mitteln des Ministeriums für
                      soziale Gleichstellung wurde
              2008 ein nationales Informationszent-
                                                          Team über ein sehr dezidiertes Wissen
                                                          über die Lebenslagen älterer Menschen
                                                          in Israel und ist daher ein zentraler An-
              rum mit einer telefonischen Info-Hot-       sprechpartner für die politisch Verant-
              line für Seniorinnen und Senioren und       wortlichen. n
              ihre Familienangehörigen eingerich-
              tet. Bis Ende 2015 wurden bereits rund
                                                            KONTAKT
              700.000 Anfragen beantwortet. Die
                                                            Ministry of Social Equality
              Themen reichen von Gesundheit, Woh-
                                                            Bracchi Dalitzki
              nen, Armut und Renten, Vorbereitung           3 Kaplan St, Hakirya
              auf den Ruhestand, Verbraucherschutz,         Jerusalem 9195017
              Kultur bis hin zur Freizeitgestaltung.        Israel
              Bei Bedarf werden weitere Hilfen ver-         E-Mail: bracchid@pmo.gov.il
              mittelt. Das 30-köpfige Team spricht alle     www.gov.il/en/Departments/
              relevanten Sprachen. Aufgrund der gro-        ministry_for_social_equality
              ßen Anzahl von Kontakten verfügt das

              Aktionsplan für mehr Altersfreundlichkeit
              (Kanada)

              I  n der kanadischen Stadt London,
                 Provinz Ontario, wird die Zahl der
              über 65-Jährigen von 64.000 auf vo-
                                                          liche Teilhabe, Inklusion, kommunale
                                                          Versorgung und Gesundheit. n

              raussichtlich 103.000 im Jahre 2036
              steigen. Bereits 2013 gründete die            KONTAKT
              Kommune ein Netzwerk und erarbei-             City of London –
              tete den ersten Aktionsplan für mehr          Agefriendly London Action Plan
              Altersfreundlichkeit. Heute besteht           Michelle Dellamora
                                                            300 Dufferin Avenue
              das Netzwerk aus 245 Einzelmitglie-
                                                            London Ontario, PO Box 5035
              dern und über 40 Organisationen, die
                                                            N6A 4L9
              konkrete Maßnahmen umsetzen. Im
                                                            Kanada
              Juni 2016 wurde der Aktionsplan „Al-
                                                            Tel.: +1 (0)519 / 66124897208
              tersfreundliches London (2017–2020)“          E-Mail: agefriendlylondon@london.ca;
              verabschiedet. Acht Arbeitsgruppen            mdellamo@london.ca
              beschäftigen sich kontinuierlich mit          www.london.ca/residents/Seniors/
              einzelnen Aspekten des Aktionsplans,          Age-Friendly/Pages/default.aspx
              z. B. Mobilität, Wohnen, gesellschaft-
10
ALTER IN KOMMUNE UND GESELLSCHAFT

Strategie zum Aufbau demenzfreundlicher
Kommunen
(USA)

W      ie können sich Kommunen auf
       die steigende Zahl von Menschen
mit Demenz einstellen und die Bevöl-
kerung sensibilisieren? Eine Strategie,
die auf die Beteiligung aller Bürgerin-
nen und Bürger wie auch Organisatio-
nen und Institutionen setzt, kommt aus
den USA: Die Organisation „ACT on
Alzheimer’s“ hat eine Strategie entwi-
ckelt und erprobt, die Kommunen da-
bei unterstützt, demenzfreundlicher zu
werden. Ein sogenanntes Aktionsteam
– bestehend aus Menschen mit Demenz,
ihren Angehörigen, Bürgerinnen und
Bürgern aus allen Bevölkerungsgrup-
pen sowie aus Institutionen und Verei-
nen – steuert und begleitet den Prozess.   Demenzfreundliche Kommune

Kommunen, die mit dem kostenlo-            Bisher haben über 40 Kom-
sen „Dementia Friendly Communi-            munen mit Förderung des
ties Toolkit” arbeiten, durchlaufen vier   ACT den Prozess durchlau-
Phasen: In den ersten Monaten wer-         fen. Für Interessierte steht
den wichtige Akteure des kommuna-          kostenloses Begleitmaterial
len Lebens über Demenz informiert.         online zur Verfügung. n
Das Aktionsteam gründet sich. In der                                             Aktionsteam
folgenden Phase wird geschaut, wel-
che Angebote bereits vorhanden sind
und wo es noch Lücken gibt. Für diese
                                             KONTAKT
Selbstevaluation steht ein Fragebogen
                                             Metropolitan Area Agency on Aging
zur Verfügung. Im Anschluss diskutiert
                                             ACT Action on Alzheimer’s
das Aktionsteam die Ergebnisse mit al-
                                             Emily Farah-Miller
len Interessierten in der Kommune und
                                             2365 N. McKnight Road,
definiert erste Handlungsfelder. Am          North St. Paul, MN 55109
Ende steht ein Maßnahmenkatalog, der         USA
z. B. die pflegerische Versorgung, sozi-     Tel.: +1 (0)651 / 2452927
ale Dienstleistungen und sonstige Un-        E-Mail: info@ACTonALZ.org
terstützungsformen für Menschen mit          www.ACTonALZ.org
Demenz und ihre Angehörigen umfasst.
                                                                                               11
AUTONOMIE UND SELBSTBESTIMMUNG

      AUTONOMIE UND
     SELBSTBESTIMMUNG
                               E     in selbstbestimmtes Leben zu führen und eigenständig
                                     Entscheidungen treffen zu können, ist für alle älteren Men-
                                schen wichtig – unabhängig davon, ob sie zu Hause leben oder
                               in einer Pflegeeinrichtung, im Globalen Süden oder beispielswei-
                              se in Europa. Wie können sich ältere Menschen vor Fremdbestim-
                            mung, Entmündigung und Eingriffen in ihre Persönlichkeitsrechte
                         schützen? Vor allem ältere Frauen aus allen Gruppen der Bevölkerung,
                   ältere Menschen aus Minderheiten und aus besonders gefährdeten Grup-
                 pen sind betroffen. In vielen Ländern tragen innovative Projekte dazu bei, ein
                 Bewusstsein für die Bedarfslagen älterer Menschen zu schaffen und deren
                 Interessen zu vertreten – von der gesetzlichen Implementierung der Selbstbe-
                 stimmung bis hin zur Autonomieförderung in der Pflege.   

             Menschenrechte für ältere Frauen
             in ländlichen Regionen
             (Südafrika)

             B    is zum heutigen Tag haben Frauen
                  in einigen Regionen im südlichen
             Afrika nicht das Recht, eigenes Land
                                                          ge Sizani Ngubane wurde 2018 von dem
                                                          zivilgesellschaftlichen Ausschuss zum
                                                          Status der Frauen der Vereinten Natio-
             zu erben oder zu besitzen. Auch ältere       nen in New York ausgezeichnet. n
             Frauen müssen einen männlichen Ver-
             treter haben, der unter Umständen der
             eigene Enkelsohn ist. 1994 gründete Si-        KONTAKT
             zani Ngubane in KwaZulu-Natal, Südaf-          Rural Women’s Movement
             rika, die Landfrauen-Bewegung (RWM             Sizani Ngubane
             – Rural Women’s Movement). Die Be-             Tel.: +27 (0)738 / 405151 oder
                                                            +27 (0)721 / 100621
             wegung ist heute ein Aktionsbündnis
                                                            E-Mail: ruralwomensmovement@
             mit rund 500 ländlichen Gemeinden
                                                            gmail.com
             und mehr als 50.000 Mitgliedern, da-
                                                            https://ruralwomensmovementblog.
             runter zu 98 Prozent Mädchen und
                                                            wordpress.com/blog
             Frauen. Sie kämpft gegen Armut und             Youtube: https://www.youtube.com/
             Gewalt gegenüber Frauen und setzt sich         channel/UC43S8d6In9ojdV2dZlgB-
             für Nahrungsmittelsouveränität, den            D4Q/videos
             Zugang zu Bildung und die Sicherung            Twitter: @RWMKZNSA
             der Landrechte ein. Die heute 72-jähri-
12
AUTONOMIE UND SELBSTBESTIMMUNG

Actief Plus – Selbstständigkeit fördern
durch Bewegung
(Niederlande)

D    as Programm Actief Plus ist das
     erste Programm, das vom nie-
derländischen Komitee für Sport und
Bewegung als wirkungsvolle Interven-
tion offiziell anerkannt wurde. Ent-
wickelt von der Offenen Universität
Heerlen, wird es seit 2015 im Verbund
mit neun Gemeinden der niederlän-
dischen Provinz Limburg kostenlos
angeboten. Das niedrigschwellige
Programm dient der Gesundheitsprä-
vention. Es fördert Bewegung und die
soziale Anbindung. Ältere Menschen
                                           Der städtische Beigeordnete Leo Jongen eröffnet im
mit Beeinträchtigungen sollen durch        Januar 2018 das Actief Plus-Programm in Kerkrade.
die Teilnahme befähigt werden, so
lange wie möglich selbstständig zu
Hause leben zu können.                     Der Ansatz hat Erfolg: In der nieder-
                                           ländischen Kleinstadt Kerkrade haben
In der ersten Phase des halbjährigen       sich nach der Eröffnungsveranstaltung
Programms werden ältere Menschen je-       im Januar 2018 bereits rund 100 Perso-
der Gemeinde dazu eingeladen, sich an      nen für die Teilnahme am Programm
der Erfassung ihres Bewegungs- bzw.        angemeldet. In Zukunft soll das Pro-
Kontaktverhaltens zu beteiligen. Die       gramm auch auf Kommunen außer-
interessierten Teilnehmenden füllen        halb der Provinz Limburg ausgeweitet
anschließend einen Fragebogen aus, da-     werden. n
mit der individuelle Bedarf festgestellt
werden kann. Die maßgeschneiderten
schriftlichen Handreichungen, die die
                                             KONTAKT
Teilnehmenden per Post oder online
                                             Open Universiteit Heerlen
erhalten, werden mittels eines Com-
                                             Gezondheidspsychologie
puterprogramms den demografischen
                                             Janet Boekhout
Merkmalen (wie Alter, Geschlecht und         PO-box 2960
Bildungsniveau) und den psychosozia-         6401 DL Heerlen
len Eigenschaften der Teilnehmenden          Niederlande
(wie Vertrauen in die eigenen Fähig-         Tel.: +31 (0)45 / 5762448
keiten) angepasst. Vermittelt werden         E-Mail: janet.boekhout@ou.nl
zudem lokale Sport- und Bewegungsan-         www.ou.nl/actief-plus
gebote sowie individuelles Coaching.
                                                                                                13
AUTONOMIE UND SELBSTBESTIMMUNG

             Ganzheitliche Unterstützung zu Hause
             und am Wohnort
             (Belgien)

                                                         Die Finanzierung der vorgesehenen Hilfs-
                                                         mittel stellt die Deutschsprachige Ge-
                                                         meinschaft Belgiens der Dienststelle zur
                                                         Verfügung. Hintergrund für dieses Vorge-
                                                         hen ist die sechste Staatsreform in Belgien,
                                                         die eine Dezentralisierung der Gesund-
                                                         heitspolitik zugunsten der Teilstaaten und
                                                         mehr Entscheidungsautonomie für Kom-
                                                         munen und Träger vorsieht. Ab 2019 wird
                                                         die Dienststelle ihren Ansatz auch auf die
                                                         Pflegeleistungen ausweiten.

                                                         Die Dienststelle moderiert außerdem

             D    ie Dienststelle für Selbstbestimmtes
                  Leben der Deutschsprachigen Ge-
             meinschaft Belgiens koordiniert und or-
                                                         Prozesse in den deutschsprachigen
                                                         Gemeinden, um die wohnortnahe Se-
                                                         niorenpolitik und die gesellschaftliche
             ganisiert seit Beginn 2017 Dienstleistun-   Beteiligung älterer Menschen auf kom-
             gen im häuslichen und (teil-)stationären    munaler Ebene voranzutreiben. In dem
             Bereich für Seniorinnen und Senioren in     Interreg-Projekt „Seniorenfreundliche
             Ostbelgien. Etwa 78.000 Menschen leben      Gemeinden“ setzt die Dienststelle ge-
             in dieser zumeist ländlichen Region.        meinsam mit Partnern aus der Euregio
                                                         Maas-Rhein gemeinsame Vorhaben in
             Im Fachbereich Senioren bietet die          den Bereichen Altersdepression und
             Dienststelle eine besondere Form des        Demenz um. n
             Case Managements für ältere Men-
             schen an. Bei Hausbesuchen definieren
             Fachkräfte aus verschiedenen Diszipli-
             nen den gesamten Unterstützungsbe-            KONTAKT
             darf einer Person, z. B. in den Bereichen     Dienststelle für Selbstbestimmtes
                                                           Leben der Deutschsprachigen
             Pflege, Mobilität, Wohnumgebung und
                                                           Gemeinschaft Belgiens
             gesellschaftliche Teilhabe. Daraufhin
                                                           Claire Guffens
             erstellt das Team einen Unterstützungs-
                                                           Vennbahnstr. 4/4
             plan, dessen konkrete Umsetzung (z. B.
                                                           B-4780 St. Vith, Belgien
             die Anschaffung eines Rollators oder          Tel.: +32 (0)80 / 229111
             die Organisation von Hilfeleistungen)         E-Mail: claire.guffens@selbstbestimmt.be
             von einzelnen Case-Managerinnen und           www.selbstbestimmt.be
             -Managern koordiniert wird.

14
AUTONOMIE UND SELBSTBESTIMMUNG

Nichts über dich, nichts ohne dich –
Selbstbestimmung per Gesetz
(Irland)

D    as Recht, für sich selbst Entschei-
     dungen zu treffen, ist ein wichtiges
Menschenrecht. In Irland wurde 2015
                                              organisiert Fortbildungen und sensibi-
                                              lisiert die irische Bevölkerung für den
                                              Schutz der Selbstbestimmung und au-
ein neues Gesetz zur assistierten Ent-        tonomen Entscheidungsfindung. n
scheidungsfindung („ADM – Assisted
Decision-Making Capacity Act“) verab-                               www.SageAdvocacy.ie

schiedet. Weltweit gilt dieses Gesetz als
eines der weitreichendsten Gesetze zum
Schutz der Rechte älterer Menschen
und zur Sicherstellung der Selbstbe-
stimmung und Autonomie. Es sieht vor,
dass prinzipiell jedem Menschen Ent-
scheidungskompetenz        zugesprochen
wird. Daher gilt es, Entscheidungspro-
zesse kompetent und neutral zu beglei-
ten und auch neue verbale und nonver-
bale Kommunikationsformen z. B. für
Menschen mit Demenz-Erkrankungen
zu entwickeln.

Wichtiger Partner in der praktischen
Umsetzung des Gesetzes ist die Organi-
sation SAGE, die aufgrund bekannt ge-
                                                             Nothing about you / without you

wordener Missbrauchsfälle bei Älteren         SAGE –
2014 mit Unterstützung von Third Age          Unterstützung und Interessenvertretung
Ireland aufgebaut wurde und seit 2017
eigenständig arbeitet. Ihr Ziel ist es, die
Rechte und die Würde von verletzlichen          KONTAKT
Erwachsenen, unter ihnen auch die vie-          SAGE –
                                                Support & Advocacy Service
len älteren Menschen, zu fördern, zu
                                                Mervyn Taylor
schützen und zu verteidigen. Ihr Mot-
                                                24–26 Upper Ormond Quay
to: Nichts über dich, nichts ohne dich
                                                Dublin D07 DAV9
(Nothing about you, nothing without
                                                Irland
you). Mit ihren vielen geschulten ehren-        Tel.: +353 (0)1 / 5367330
amtlichen Beraterinnen und Beratern             E-Mail: mervyn.taylor@sageadvocacy.ie
informiert sie über die Möglichkeiten           www.sageadvocacy.ie
der assistierten Entscheidungsfindung,

                                                                                                      15
GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND PARTIZIPATION

                                 I
     GESELLSCHAFTLICHE                n vielen Regionen der Welt erreichen Menschen zum ersten
       TEILHABE UND                   Mal ein höheres Alter als die vorherigen Generationen. Mit
       PARTIZIPATION               Freude und großem Engagement nutzen viele Ältere die Chan-
                                  cen eines längeren Lebens, organisieren Seniorentreffen und
                                 entwickeln neue Angebote. Eine zukünftige Herausforderung
                              wird es sein, wie Einsamkeit im Alter verhindert oder reduziert wer-
                           den kann. Innovative Projekte zeigen, wie Isolation gemindert und ge-
                     sellschaftliche Teilhabe gefördert werden kann.   

               Postboten gegen die Vereinsamung
               (Frankreich)

               F   ür viele Menschen ist der Postbote
                   eine verlässliche und vertraute Per-
               son im Alltag. Die Post in Frankreich
                                                            Bedarf benachrichtigen zu können.
                                                            Mittels eines Online-Formulars kann
                                                            der Besuchsservice beauftragt werden.
               bietet landesweit nun einen zusätzli-        Die Kosten für den Besuchsservice sind
               chen Service an: Der Postbote bringt         gestaffelt und richten sich nach der An-
               nicht nur die Post, sondern kommt auch       zahl der Hausbesuche. n
               ins Haus und steht für ein Gespräch
               oder eine kleine „Alltagsentlastung“ zur
               Verfügung. Die Idee: Die Vereinsamung
                                                              KONTAKT
               von Menschen vor allem in entlegenen
                                                              La Poste France
               Gebieten zu verhindern.
                                                              9 Rue du Colonel Pierre Avia
                                                              75015 PARIS
               Das Angebot richtet sich an über               Frankreich
               60-Jährige sowie Menschen, die nicht           Tel.: +33 (0)1 / 41859791
               erwerbsfähig sind oder zu Hause As-            E-Mail: service.presse@laposte.fr
               sistenz benötigen. Die Postboten sind          www.laposte.fr/particulier/
               geschult, um den Menschen Tipps zu             veiller-sur-mes-parents
               geben und die Gesundheitsämter bei
16
GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND PARTIZIPATION

Kochen als Zeichen der Solidarität –
für und mit älteren Menschen
(Kuba)

I n Kuba hat die Rente in den letzten
  20 Jahren im Durchschnitt stark an
Kaufkraft verloren und reicht heute
noch für etwa eine Woche Grundver-
sorgung aus. Viele alte Menschen sind
daher mangel- oder unterernährt, denn
nicht immer gibt es Familienmitglieder
oder Nachbarinnen und Nachbarn, die
die alten Menschen unterstützen.

In dem Dorf Cueto kocht Imelda C.
einmal in der Woche für sich und
neun andere alte Frauen und Männer
eine warme Mahlzeit. Sie gehört ei-
nem zehnköpfigen Team an, das mit
organisatorischer Unterstützung des
Pfarrers 100 alte Menschen der Ge-
meinde einmal in der Woche versorgt.
Die Mahlzeiten werden über Spenden
finanziert.
                                          Imelda C. in ihrer Küche
So wie der Pfarrer in Cueto bieten in
Kuba vor allem Pfarrgemeinden mit         lichkeit, sich mit anderen auszutau-
Unterstützung von zumeist älteren Eh-     schen und neue Kontakte zu knüpfen. n
renamtlichen einen Mittagstisch, ein
Frühstück oder einen Nachmittagska-
kao mit einem Brötchen an. Organisiert
                                            KONTAKT
wird das Angebot in Kooperation mit
                                            Christel Wasiek-Stiftung
Nichtregierungsorganisationen wie z. B.
                                            Seniorenhilfe weltweit
der Caritas. Für manchen alten Men-         Nestorstr. 18
schen ist der Nachmittagskakao die ers-     10709 Berlin
te Mahlzeit des Tages.                      Tel.: +49 (0)30 / 31015629
                                            E-Mail: post@seniorenhilfe-weltweit.org
Das gemeinsame Essen bietet neben der       www.seniorenhilfe-weltweit.org
Versorgung vor allem eins: die Mög-

                                                                                          17
GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND PARTIZIPATION

               Laufen für mehr Akzeptanz
               (Japan)

                                                             Demenz und ihre Angehörigen, die mit
                                                             dieser Aktion ein Zeichen für mehr
                                                             Sichtbarkeit, Akzeptanz und das Recht
                                                             auf ein selbstbestimmtes Leben setzen.
                                                             Aber auch junge Menschen nehmen teil
                                                             und engagieren sich für eine offene und
                                                             respektvolle Gesellschaft.

                                                             Das Projekt hatte zunächst als kleine
                                                             Bewegung mit 171 Teilnehmenden und
                                                             einer Laufstrecke von 300 km von der
                                                             Stadt Hakodate nach Sapporo auf der
                                                             Insel Hokkaido begonnen. Vier Jahre
                                                             später waren über ganz Japan verteilt
                                                             bereits 8.000 Läuferinnen und Läufer
               Laufen für die RUN-TOMO-Kampagne              dabei, die eine Laufstrecke von insge-
                                                             samt 3.000 km von Hokkaido bis nach
                                                             Kyushu absolvierten. Mit seiner RUN-

               U    nter dem Titel „Lauf für morgen”
                    (RUN TOMO) hat der japanische
               Freundeskreis Demenz 2011 eine na-
                                                             TOMO-Kampagne und dem dafür
                                                             produzierten Kampagnen-Film ist das
                                                             Projekt mittlerweile über Japans Gren-
               tionale Kampagne für mehr Demenz-             zen hinweg bekannt geworden. n
               freundlichkeit ins Leben gerufen. Die
               Aktion ist als Staffellauf organisiert: Vor
               Ort bilden sich kleine Gruppen, beste-
               hend aus Menschen mit Demenz, ihren             KONTAKT
                                                               Dementia Friendship Club Tokyo
               Angehörigen, Freunden, jungen und äl-
                                                               Office
               teren Menschen, die sich für einen Lauf
                                                               Takehito Tokuda
               online eintragen und anmelden. Sie
                                                               N-01 1-2-36
               laufen oder gehen gemeinsam eine kur-
                                                               Kazinocho Koganeicity
               ze oder auch längere Distanz. Am Ziel-          Tokyo
               ort angekommen, werden sie zumeist              Japan
               von einem anderen Team oder einer               ZIP CODE 184-0002
               Einrichtung feierlich empfangen und             E-Mail: info@dfc.or.jp
               übergeben dort eine Schärpe als Staffel-        www.runtomo.org
               Symbol. Die wichtigsten Personen in             www.dfc.or.jp
               den Laufteams sind die Menschen mit

18
GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND PARTIZIPATION

MONALISA –
Bürgerteams für ältere Menschen
(Frankreich)

I  n Frankreich wurde 2013 eine Kam-
   pagne gegen Alterseinsamkeit ins
Leben gerufen und die MONALISA-
Charta verabschiedet. Die Charta rich-
tete sich an Vereine, Institutionen und
Firmen, die sich verpflichten, ihr Vorge-
hen zu koordinieren und die Grundsät-
ze der Charta zu verbreiten. Die Charta
enthält gemeinsame Werte und Ziele,
zu denen sich alle Teilnehmenden ver-
pflichten. Grundgedanke von MONA-
LISA ist deren Umsetzung auf nationa-
ler, regionaler und lokaler Ebene.
                                             Austausch der Bürgerteams im Department Seine-Maritime, Februar 2018
Im MONALISA-Programm unterstüt-
zen selbst organisierte Bürgerteams vor
Ort ältere Menschen in vielfältiger Art         Schwierigkeiten oder sind in die
und Weise. Dafür durchlaufen sie ein            Jahre gekommen. Das MONALISA-
spezielles Fortbildungsprogramm und             Team des Café des Champs will sie
gewinnen ehrenamtliche Unterstütze-             als Orte des geselligen Zusammen-
rinnen und Unterstützer.                        seins für ältere Menschen wieder be-
                                                leben. Seit 2016 konnten drei Cafés
Zwei Beispiele aus dem französischen            (neu) eröffnet werden. n
Department Seine-Maritime:

ff Das    Bürgerteam der Stadt Fécamp
                                               KONTAKT
    trägt in dem benachteiligten Stadt-
                                               MONALISA
    teil Ramponneau mit Besuchsdiens-
                                               Valérie Leveque – Kommunikation
    ten für ältere Menschen dazu bei, die      62 avenue Parmentier
    soziale Isolation zu bekämpfen und         75011 Paris
    das Viertel neu zu beleben. In diesem      Frankreich
    Jahr soll ein Café organisiert werden,     Tel.: +33 (0)6 / 59119356
    in dem die Älteren des Viertels eige-      E-Mail: contact@monalisa-asso.fr
    ne Aktivitäten planen und anbieten.        www.monalisa-asso.fr
                                               Twitter: @MONALISA_asso /
ff Viele ländliche Bistros in der Nähe         # MONALISA
    von Rouen stecken in finanziellen

                                                                                                           19
GESUNDHEIT UND PFLEGE

       GESUNDHEIT
       UND PFLEGE

                         F    ür ein gutes Leben im Alter ist auch eine hochwertige und bezahl-
                              bare ärztliche und pflegerische Versorgung, eine gute Beratung
                      und Begleitung sowie ein unterstützendes Netzwerk aus Angehörigen,
                  Freundinnen und Freunden sowie professionellen Dienstleistern wichtig. Im
                  internationalen Vergleich gibt es jedoch große Unterschiede in der Gesund-
                  heits- und Pflegelandschaft. Stationäre Einrichtungen oder Pflegedienste sind
                  längst keine Selbstverständlichkeit. Insbesondere für die Versorgung in entle-
                  generen Wohnorten werden neue Modelle erprobt, die auch die Möglichkei-
                  ten der Digitalisierung nutzen.   

              Sich informieren und Kontakte knüpfen
              per Touchscreen
              (Finnland und Estland)

              F   ür entlegene und ländliche Gebiete
                  bietet das Projekt VIRTU (Virtual
              Elderly Care Service on the Baltic Is-
                                                          programmmäßigen Sendungen besteht
                                                          die Möglichkeit, Kontakt zu anderen
                                                          Nutzerinnen und Nutzern oder zu Pfle-
              lands) seit 2013 einen innovativen Ser-     gefachkräften aufzunehmen. n
              vice: Über ein einfaches Touchscreen-
              Gerät können die Nutzerinnen und
              Nutzer von VIRTU mit mehreren Perso-
                                                             KONTAKT
              nen gleichzeitig über Video- und Audio-
                                                             Turku Amk – Turku University
              übertragung kommunizieren. Benötigt
                                                             of Applied Sciences Ltd.
              werden lediglich eine Internetverbin-
                                                             Dr. Esko Ovaska, Dr. Harri Jalonen
              dung und Zugangsdaten. Die Teilneh-
                                                             Joukahaisenkatu 3
              menden können an Diskussionen und              20520 Turku
              Fragestunden z. B. zu Gesundheit und           Finnland
              Ernährung, an Bewegungsübungen                 E-Mail: esko.ovaska@turkuamk.fi;
              oder an Singstunden teilnehmen. Das            harri.jalonen@turkuamk.fi
              Programm wird gemeinsam mit den                www.virtuproject.fi
              Teilnehmenden gestaltet. Außerhalb der

20
GESUNDHEIT UND PFLEGE

PflegeKarten – bessere Koordination
der Pflege im Alltag
(USA)

I  n der häuslichen Pflege sind oft un-
   terschiedliche Personen und Organi-
sationen tätig, z. B. der ambulante Pfle-
gedienst, Angehörige, Bekannte und
Reinigungsdienste. Nicht selten ist die
Planung dieser Unterstützungsleistun-
gen eine echte Management-Aufgabe.
Zur besseren Koordination hat die Or-
ganisation „Atlas of Caregiving“ das In-
strument der Atlas-PflegeKarten (Atlas
CareMaps) entwickelt, um die Leistun-
gen und die Einsatzplanung für Betrof-
fene und ihre Angehörigen planbarer zu
machen.
                                            PflegeKarte

                                            sich z. B. im Wochenrhythmus aktuali-
                                            sieren, abspeichern und ausdrucken.

                                            In Workshops reflektieren Multiplika-
                                            torinnen und Multiplikatoren sowie
                                            Pflegebedürftige und ihre Angehörigen
                                            mittels der PflegeKarte ihre Pflege- und
Fortbildung zur Anwendung der PflegeKarte   Versorgungssituation und entwickeln
im Alltag                                   neue Lösungsmöglichkeiten. n

Die PflegeKarte kann mittels eines On-
line-Programms digital oder per Hand
                                              KONTAKT
erstellt werden. Pflegebedürftige und
                                              Atlas of Caregiving
ihre Angehörigen erhalten einen ge-
                                              Rajiv Mehta
nauen Überblick, wer sie wann und wo          142 Azalea Drive
unterstützt. Sie lernen, ihre Bedürfnisse     Mountain View, CA 94041
zu formulieren, um eine angemessene           USA
Unterstützung zu erhalten. Mittels einer      Tel.: +1 (0)650 / 8233274
grafischen Darstellung des Tagesablaufes      E-Mail: rajiv@atlasofcaregiving.com
werden Termine besser darstellbar und         www.atlasofcaregiving.com
Engpässe sichtbar. Die PflegeKarte lässt

                                                                                              21
GESUNDHEIT UND PFLEGE

              Krankenhäuser als Brückenbauer
              (Israel)

                                                              Beratungsteams bestehen aus einer So-
                                                              zialarbeiterin bzw. einem Sozialarbeiter
                                                              und einer größeren Zahl von älteren
                                                              Ehrenamtlichen, die ihre beruflichen
                                                              und persönlichen Erfahrungen ein-
                                                              bringen und speziell für die Beratungs-
                                                              tätigkeit ausgebildet wurden. Häufig
                                                              werden die Ehrenamtlichen auch auf
                                                              andere Bedarfslagen aufmerksam und
                                                              erfahren von besonders schwierigen
                                                              Lebenssituationen. Dies ist umso wich-
                                                              tiger, als dass 96 % der Älteren zu Hau-
                                                              se leben und nur wenige in stationären
                                                              Einrichtungen. Das Krankenhaus kann
                                                              auf diese Weise als Ort genutzt werden,
                                                              um Kontakt zur älteren Bevölkerung zu
                                                              bekommen, persönliche Problemlagen
                                                              zu erkennen und zu beheben. In der
                                                              Regel arbeiten die Beratungsteams mit
                                                              kommunalen Hilfs- und Beratungsstel-
                                                              len zusammen.
              Eine der 12 Yehidat-Segula-Projektkoordinato-
              rinnen (l.) mit zwei Ehrenamtlichen im Sheba-   Das Projekt wirkt sich zudem spürbar
              Hospital in Ramat Gan, dem mit 1.700 Betten
              größten Krankenhaus in Israel
                                                              positiv auf das Arbeitsklima im Kran-
                                                              kenhaus aus. n

              I  n zwölf von insgesamt rund 30 is-
                 raelischen Krankenhäusern zur
              Akutversorgung wird ein spezielles
                                                                KONTAKT
                                                                Ministry of Social Equality
              Beratungsprogramm für ältere Patien-
                                                                Frau Bracchi Dalitzki
              tinnen und Patienten und ihre Famili-             3 Kaplan St, Hakirya
              en angeboten. In dem Projekt „Yehidat             Jerusalem 9195017
              Segula“ (Schutz-Einheiten) werden sie             Israel
              dabei unterstützt, ihre Ansprüche ge-             E-Mail: bracchid@pmo.gov.il
              genüber den Krankenkassen und an-                 www.gov.il/en/Departments/
              deren relevanten Stellen im Gesund-               ministry_for_social_equality
              heitssystem geltend zu machen. Die

22
SOZIALE SICHERUNG

                                                                              SOZIALE
                                                                            SICHERUNG
    T   rotz der Einführung von nicht beitragsfinanzierten Sozialrenten
        in vielen Ländern des Globalen Südens leben viele Ältere in Ar-
    mut oder ohne jegliche soziale Absicherung. Die Versorgung, Betreuung
    und Pflege erfolgt vielerorts über die Familien. Dieses System bricht jedoch
    aufgrund des gesellschaftlichen Wandels zunehmend auseinander. Wie kann
    dennoch die Versorgung sichergestellt werden? Viele neue Lösungen entste-
    hen vor Ort dadurch, dass Ältere das Zepter selbst in die Hand nehmen.   

Rente neu gedacht – Kwa Wazee
(Tansania)

I n Tansania existiert kein flächen-
  deckendes System der Altersversor-
gung. Armut und die Auswirkungen
von HIV/AIDS prägen das Leben der
meisten der zwei Millionen alten Men-
schen. Durch fehlende staatliche Für-
sorge sind besonders die Großmütter
die letzte Hoffnung für ihre verwaisten
oder zurückgelassenen Enkelkinder.
                                           heit, Lebensmittelhygiene und Selbst-
Das Projekt Kwa Wazee („Für die Al-        verteidigung. Das Projekt findet im
ten“) in Tansania unterstützt seit über    Kooperationsverbund zwischen Kwa
zehn Jahren ältere Frauen und die in       Wazee Tansania, Kwa Wazee Schweiz
ihren Haushalten lebenden (Enkel-)         und HelpAge Deutschland statt. n
Kinder u.a. mit kleinen monatlichen
Renten und hat sich im Laufe der Zeit
zu einem angesehenen „Lernlabor“
                                              KONTAKT
rund um die neu zusammengesetzten
                                              HelpAge Deutschland e.V.
Familienstrukturen, ihre Potenziale           Kerstin Zippel
und Bedarfe entwickelt. Darüber hi-          Arndtstr. 19
naus fördert das Projekt die Bildung          49080 Osnabrück
von Gesprächs- und Spargruppen zur            Tel.: +49 (0)541 / 58054057
gegenseitigen psychosozialen und fi-          E-Mail: zippel@helpage.de
nanziellen Unterstützung in Notlagen          www.helpage.de
und ermöglicht Trainings zu Gesund-

                                                                                                 23
SOZIALE SICHERUNG

              Mit Legehühnern Einkommen sichern
              (Peru)

                                                              Drei Schwestern in der ländlichen Region Temuco

              Ein Seniorentreffen in Huarraco/Peru wird mit
              einem gemeinsamen „Refrigerio“, einem Imbiss,
              beendet.

              I  n Huarraco, im Hochland der Anden,
                 leben viele ältere Menschen, die dem
              indigenen Volk der Aymara-Indios an-
              gehören. Mit Unterstützung der Caritas          wieder gestiegen. Für alle ist sichtbar,
              und der Stiftung Seniorenhilfe weltweit         dass sie etwas Sinnvolles für sich und
              hat der Seniorenverein des Dorfes 2016          für die Dorfgemeinschaft tun. n
              ein Projekt ins Leben gerufen, das durch
              den Verkauf von Hühnereiern neue Per-
              spektiven schafft. 30 Mitglieder haben je
                                                                KONTAKT
              sechs Legehühner erhalten, die sie ver-
                                                                Christel Wasiek-Stiftung
              sorgen. Durch den Verkauf eines Teils
                                                                Seniorenhilfe weltweit
              der Eier haben sie ein kleines Einkom-            Nestorstr. 18
              men. Mit den Eiern können sie sich und            10709 Berlin
              ihre Enkelkinder etwas besser ernähren.           Tel.: +49 (0)30 / 31015629
              Über eine kleine Abgabe wird der ört-             E-Mail: post@seniorenhilfe-
              liche Verein finanziert. Seit Beginn des          weltweit.org
              Projektes ist das Ansehen der alten Ay-           www.seniorenhilfe-weltweit.org
              mara-Indios in der Familie und im Dorf

24
SOZIALE SICHERUNG

Spar- und Kreditvereinigungen
gegen Armut
(Haiti)

U     m die ökonomische Situation von
      alten Menschen und Menschen
mit Behinderung auf Haiti zu ver-
                                            formalen Finanzdienstleistungen ha-
                                            ben. Das Konzept ist als erster Schritt
                                            gedacht, um den Teufelskreis von Be-
bessern, wurden dörfliche Spar- und         hinderung, Alter und Armut in länd-
Kreditvereinigungen aufgebaut. Dort         lichen Siedlungen zu durchbrechen. Es
kommen Menschen zusammen, die ge-           richtet sich an Betroffene des Hurrikans
meinsam sparen und kleine Darlehen          „Matthew“ mit dem Ziel, auf zukünfti-
aus diesen Ersparnissen nehmen. So          ge Naturkatastrophen besser vorbereitet
wird es auch für arme Menschen mög-         zu sein.
lich, sich ein Sicherheitsnetz aufzubau-
en. Der Zweck ist die Bereitstellung ein-   Das Projekt wird im Kooperationsver-
facher Spar- und Kreditmöglichkeiten        bund zwischen der Christoffel-Blin-
für Menschen, die isoliert oder in gro-     denmission (CBM) Deutschland und
ßer Armut leben und dementsprechend         HelpAge Deutschland durchgeführt. n
keinen einfachen Zugang zu offiziellen

                                              KONTAKT
                                              HelpAge Deutschland e.V.
                                              Kerstin Zippel
                                              Arndtstr. 19
                                              49080 Osnabrück
                                              Tel.: +49 (0)541 / 58054057
                                              E-Mail: zippel@helpage.de
                                              www.helpage.de

                                                                                               25
SOLIDARISCHES MITEINANDER DER GENERATIONEN

      SOLIDARISCHES
     MITEINANDER DER
      GENERATIONEN
                             D      ie Familie und die Beziehung zu anderen Generationen ha-
                                    ben in vielen Kulturen einen hohen Stellenwert. Dort, wo
                           traditionelle Versorgungsstrukturen wegbrechen, entstehen neue
                        Ideen für gegenseitige Hilfen und Unterstützung. In den vergangenen
                  Jahren wurden viele Programme entwickelt, um das Miteinander der Genera-
                  tionen zu stärken und Neues auszuprobieren.   

              „Einmal“ – Jung und Alt finden über ein
              Kulturprojekt zusammen
              (Malta)

              I m Rahmen ihrer Rolle als Kultur-
                hauptstadt Europas setzt die Stadt
              Valletta auf Malta 2018 einen besonde-
                                                        Ein extra Service: Das Angebot ist für
                                                        die Teilnehmenden kostenlos – die An-
                                                        fahrt wird organisiert. n
              ren Akzent: An verschiedenen Orten
              wird auf den maltesischen Inseln das
              Mehrgenerationen-Projekt „Einmal“
                                                           KONTAKT
              („Darba Waħda“) für über 60-Jährige
                                                           Valletta 2018 Foundation
              und Kinder im Alter zwischen 9 und
                                                           The Exchange Buildings
              12 Jahren angeboten. In zehn aufeinan-
                                                           Republic Street
              derfolgenden Wochen wird gemeinsam
                                                           Valletta VLT 1117
              gespielt, gebastelt oder beispielsweise      Malta
              ein Theaterstück einstudiert. Kunst und      Tel.: +356 (0)21242018
              Kreativität stehen im Mittelpunkt des        E-Mail: darbawahda@
              Projektes. Das Projekt findet in Koope-      valletta2018.org
              ration mit teilnehmenden Kommunal-           www.valletta2018.org/cultural-
              verwaltungen statt und wurde bereits         programme/darba-wahda/
              mehrere Jahre erfolgreich umgesetzt.
26
SOLIDARISCHES MITEINANDER DER GENERATIONEN

Brotbacken verbindet
(Bulgarien, Serbien, Rumänien, Kroatien, Deutschland)

I  m Zentrum des Projektes „Tastes of
   Danube: Bread Connects“ steht die
Förderung der Bewusstseinsbildung für
die gemeinsamen kulturellen Wurzeln
im Donauraum und in Europa sowie
die Stärkung der Donaugemeinschaft
durch die Beschäftigung mit dem The-
ma „Brot“. Durch verschiedene Akti-
vitäten sollen Bürgerinnen und Bürger
aller Altersgruppen, Ethnien und sozi-
alen Lagen eingeladen werden, Brot als
                                          Brotback-Aktion in Ruse, Bulgarien
gemeinsames immaterielles Kulturerbe
zu erleben, das sich in vielen Facetten
des Lokalen wiederfindet. Es soll durch   dem 2008 gegründeten Netzwerk über
gemeinsames Tun auf lokaler und trans-    100 zivilgesellschaftliche Organisati-
nationaler Ebene erfahrbar gemacht        onen, Schulen und Universitäten an.
werden, welche Möglichkeiten das Kul-     Vorwiegend ältere Menschen sind in-
turerbe Brot im Hinblick auf den Dialog   volviert. Der Schwerpunkt liegt auf dem
zwischen den Generationen und Kultu-      Austausch der Generationen und Be-
ren, den sozialen Zusammenhalt sowie      gegnungen im Kontext der Projekte. n
die wirtschaftliche Entwicklung im Do-
nauraum und in Europa bietet.

Der internationale Verein „Danube-          KONTAKT
Networkers for Europe e.V. (DANET)“         Institut für virtuelles und reales
arbeitet in den 14 Ländern der Donau-       Lernen in der Erwachsenenbildung
region in den Bereichen Politik, Qua-       an der Universität Ulm (ILEU e.V.)
                                            Danube-Networkers for Europe
lifizierung von Verantwortlichen und
                                            (DANET) e.V.
Multiplikatorinnen und Multiplikato-
                                            Carmen Stadelhofer
ren im Donauraum und setzt transna-
                                            Schweinmarkt 6
tionale Projekte um.
                                            89073 Ulm
                                            Tel.: +49 (0)731 / 37995166
Zu den Zielen des Bildungsnetzwerks         Mobil +49 (0)171 / 1904099
zählt die Entwicklung und Implemen-         E-Mail: carmen.stadelhofer@uni-ulm.de
tierung europäischer Politik im Bereich     www.danube-networkers.eu
gesellschaftliche Entwicklung, Parti-       www.bread-connects.tastes-of-
zipation, Lernen, Bildung und Dialog        danube.eu
der Generationen. Mittlerweile gehören
                                                                                        27
Stimmen aus der Zivilgesellschaft
                    Ein gutes Leben im Alter – weltweit.
                    Akteure aus der internationalen Seniorenarbeit
                    und Seniorenpolitik kommentieren die aktuellen
                    Entwicklungen und Perspektiven.

                                                                          „Der demografische
                                                                      Wandel ist ein weltweites
                                                               Phänomen. Damit ‚alt sein‘ nicht gleich-
                                                              bedeutend mit ‚in Not sein‘ ist, appellieren
                                                          wir an die Politik, eine UN-Altenrechtskonvention
                                                          zu verabschieden. In Zeiten der Globalisierung ist
                                                           es unabdingbar, über den Tellerrand der eigenen
                                                          Landesgrenzen zu schauen und älteren Menschen
                                                          weltweit eine Perspektive zu geben. Wir möchten
                                                          Brücken bauen zwischen den Kontinenten als Teil
                                                                      der globalen Solidarität.“
                                                                          LUTZ HETHEY
                                                                      Geschäftsführer HelpAge
                                                                         Deutschland e.V.

                        „Die Menschenrechte
                  älterer Menschen, speziell älterer
              Frauen, müssen vor dem Hintergrund der
            global wachsenden Lebenserwartung sowie
           sich verändernder sozialer, ökonomischer und
        technischer Lebensumstände genauer auf ihre mög-
      liche Verletzung hin analysiert und geschützt werden.
     Ein internationales UN-Menschenrechtsabkommen mit
     Beschwerdemechanismus wird auch in reichen Staaten
     ein zeitnahes Monitoring, eine fortlaufend partizipative
         und proaktive Durchsetzung der Rechte und mehr
                       Rechtsschutz bewirken.“
                       MARION BÖKER
              Präsidium Deutscher Frauenring e.V.;
                Beratung für Menschenrechte &
                      Genderfragen Berlin
28
„Es muss in Zukunft darum
            gehen, das Bewusstsein für die
         Situation älterer Menschen weltweit
       zu schärfen, ihre Würde noch stärker als
   bisher anzuerkennen und ihre Rechte global zu
   sichern. Dazu kann eine UN-Konvention für die
  Rechte Erwachsener – analog den Konventionen
  für die Rechte von Behinderten oder von Frauen
               und Kindern – beitragen.“
            DR. HEIDRUN MOLLENKOPF
           Vize-Präsidentin AGE Platform
          Europe, BAGSO-Vorstandsmitglied

                                                                       „Ein Drittes Lebensalter wie
                                                                    im Westen gibt es für die meisten
                                                                 Menschen im Süden nicht. ‚Ruhestand‘
                                                               ist dort das Privileg einer Minderheit. Um
                                                           wirksam die Lage alter Menschen verbessern zu
                                                          helfen, muss sich die soziale Altenarbeit von einer
                                                         ‚Hilfe für alte Menschen‘ zur struktur-bezogenen Ar-
                                                          beit ‚mit alten Menschen‘ ausweiten. Wenn Alters-
                                                           armut zum Massenphänomen wird, reicht soziale
                                                                       Altenhilfe allein nicht aus.“
                                                                           JÖRG SIEBERT
                                                                     Eine-Welt-Arbeit im Dritten
                                                                    Lebensalter (ewa3/Misereor)
                    „Ein gutes Leben
                im Alter hat zwei Seiten,
             eine objektive, aber auch eine
        subjektive. Zur objektiven Seite gehören
      Einkommen, Ernährung, Wohnen, Zugang zu
  medizinischer Versorgung und soziale Partizipation.                                  Bildnachweis:
                                                                                       S. 1, 3, 4, 22: BAGSO; S. 5: Barbara
   Die subjektive Seite betrifft mehr das individuelle                                 Wurster (oben); Silke Leicht, BAGSO/
                                                                                       Michael Claushallmann (unten); S.
Wohlbefinden, das von der Qualität der Beziehungen zur                                 6: Instituto da Segurança Social und
                                                                                       Fundação INATEL; S. 9: euPrevent; S.
Familie und Nachbarschaft, der Pflege von Freundschaf-                                 11: ACT on Alzheimer’s, Minnesota,
ten, der Anerkennung und Wertschätzung durch andere                                    USA; S. 13: Gemeinde Kerkrade; S. 14:
                                                                                       Syda Productions; S. 15: SAGE; S. 16:
Menschen, den Möglichkeiten aktiver Freizeitgestaltung                                 La Poste, France; S. 17, 24, 29 (Port-
                                                                                       rät C. Wasiek): Christel Wasiek; S. 18:
 und der generellen psycho-sozialen Situation abhängt.                                 Dementia Friendship Club Tokyo Of-
                                                                                       fice; S. 19: MONALISA; S. 21: Atlas of
           Beide Seiten bedingen einander.“                                            Caregiving (Pflegekarte); S. 21: Santa
                                                                                       Barbara Foundation (Fortbildung); S.
                                                                                       23, 25: HelpAge Deutschland e.V.; S.
                 CHRISTEL WASIEK                                                       27: Emilya Velikova; S. 28 (Porträt L.
                                                                                       Hethey): Konrad Stöhr; S. 28 (Porträt
         Vorsitzende Christel Wasiek-Stiftung                                          M. Böker): Marion Böker; S. 29 (Porträt
                Seniorenhilfe weltweit                                                 J. Siebert): Jörg Siebert; S. 29 (Porträt
                                                                                       Dr. H. Mollenkopf): Michael Fuchs; S.
                                                                                       30: Beck

                                                                                                                          29
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