Medien- und Demokratiebildung - im Kontext der Medienpädagogik Dr. Guido Bröckling

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Dr. Guido Bröckling | Medien- und Demokratiebildung im Kontext der Medienpädagogik| Netzpolitischer Talk am 11.11.2020

             Dr. Guido Bröckling

             Medien- und Demokratiebildung
             im Kontext der Medienpädagogik
Dr. Guido Bröckling | Medien- und Demokratiebildung im Kontext der Medienpädagogik| Netzpolitischer Talk am 11.11.2020

 MEDIENPÄDAGOGIK = MEDIENKOMPETENZFÖRDERUNG

 • Im Begriff der kommunikativen Kompetenz geht der „demokratietheoretische Anspruch“ auf,
   Erfahrungen und Erkenntnisse adäquat und reflektiert zu bearbeiten, zu bewältigen und dem
   Nächsten gegenüber darzustellen, egal ob in, mit oder ohne Medien

 • „Medienkompetenz ist eine moderne Ausfaltung der kommunikativen Kompetenz“ (Baacke et
   al. 1999, S. 19) und bedeutet, „mit und über Medien das eigene Leben zu gestalten“, als
   wesentliche Voraussetzung einer „souveränen Lebensführung“ (Schorb/Wagner 2013, S. 18).

  politisches Ziel: Gesellschaftliche                          Handlungsfähigkeit und Mündigkeit
Dr. Guido Bröckling | Medien- und Demokratiebildung im Kontext der Medienpädagogik| Netzpolitischer Talk am 11.11.2020

     HANDLUNGSFÄHIGKEIT UND MÜNDIGKEIT

         1. Orientierung und Reflexion
         2. Selbstbestimmtheit und Autonomie
         3. Informations- und Datensouveränität
         4. Kritik- und Urteilsfähigkeit                                                 Voraussetzungen für
         5. Entscheidungsfähigkeit
                                                                                            PARTIZIPATION
         6. Meinungsbildung
         7. Dialogfähigkeit
         8. Artikulationsfähigkeit
         9. Verantwortung
Dr. Guido Bröckling | Medien- und Demokratiebildung im Kontext der Medienpädagogik| Netzpolitischer Talk am 11.11.2020

       (1) ORIENTIERUNG UND REFLEXION

        • Orientierung und Reflexion der eigenen (Welt)Aneignung und Umwelt

        • Auseinandersetzung und Reflexion (gesellschafts)politischer Phänomene in Medien

        • Ausrichtung auf eine zunehmend individualisierte Suche nach Orientierung

        • Sozialisationsfunktion der Medien und medialer Inszenierung kritisch begleiten

        • Transparenz in Bezug auf Strukturen und Verwertungsmechanismen (Gapski 2017)

         Orientierungssuche stärken und Orientierung geben!
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       (2) SELBSTBESTIMMTHEIT UND AUTONOMIE

        • Komplexität der mediatisierten Welt reduzieren, dass die Subjekte ihr Leben mit
             Medien souverän, selbstbestimmt und im eigenen Sinne wert-voll gestalten können

        • als Individuum selbstbestimmt sein und als gesellschaftliche Subjekte Zwänge, die die
             Autonomie be- oder verhindern, erkennen und beseitigen können (Schell 1993)

        • Mündigkeit als lebensbegleitende und lebenslange Aufgabe

         Um von der Unmündigkeit zur Mündigkeit zu gelangen braucht es Aufklärung
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       (3) INFORMATIONS- UND DATENSOUVERÄNITÄT

       • Folgen der globalen Überwachung und Informationsasymmetrien im
            Datenkapitalismus transparent und erfahrbar machen (Gapski 2017)

       • Dilemma erkennen, dass mit der Nutzung digitaler Dienste eine Datenerfassung
            verbunden ist, die nur bedingt Selbstbestimmtheit und Autonomie ermöglicht

       • Problemstellungen, die sich daraus für das soziale Miteinander und die Gesellschaft
            ergeben, zu reflektieren und auf dieser Basis eine eigene Haltung zu entwickeln

             Erkennen des Dilemmas als Form Digitaler                              Mündigkeit?
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       (4) KRITIK- UND URTEILSFÄHIGKEIT

        • Gesellschafts- und Medienkulturkritik fördern (Technik – Kultur – Kommunikation)

        • Fake News, Alternative Fakten und Verschwörungstheorien als Ausdruck einer sowieso –
             bewusst oder unbewusst – manipulativen Wirklichkeitskonstruktion

        • Urheber*innen von Botschaften und deren Intentionen ergründen

        • Urteilsfähigkeit in Bezug auf Informationsqualitäten und Wissensformen

        • Auseinandersetzung mit Werthaltungen und Normen hinter dem Verhalten anderer

         Voraussetzungen für Entscheidungen und                                    Handlungen?
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       (5) ENTSCHEIDUNGSFÄHIGKEIT

         • Partizipation am digitalen Diskurs als andauernde Anforderung: Sich-dazu-Verhalten

         • Standpunkte entwickeln und Haltung zeigen erfordert Entscheidungen zu treffen

         • Entscheidungen treffen zu können erfordert Orientierung und Reflexion

          Grundlage für Meinungsbildung und Verantwortung
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       (6) MEINUNGSBILDUNG

       • klassische Massenmedien und nach journalistischen Standards betriebene
         Nachrichtenportale weiterhin Informationsquelle und Kommunikationskanäle
       • OnlineEnzyklopädien und Bewegtbild als Informationsquelle Jugendlicher

          Demokratische Meinungsbildung durch Social                               Media?
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       (7) DIALOGFÄHIGKEIT
        • „Der Rundfunk wäre der denkbar großartigste Kommunikationsapparat des öffentlichen Lebens,
          ein ungeheures Kanalsystem, das heißt, er wäre es, wenn er es verstünde, nicht nur auszusenden,
          sondern auch zu empfangen, also den Zuhörer nicht nur hören, sondern auch sprechen zu machen
          und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn in Beziehung zu setzen.“ (Bertolt Brecht 1932)

        • Das Umschalten der Bündel in Netze begann mit der Aufzeichnung auf Video- und
          Kassettenrekordern und dem Preis- und Komplexitätsverfall der Technik und ermöglicht dem
          Subjekt Geschichte(n) neu zusammensetzen (Vilém Flusser), Wirklichkeiten neu zu konstruieren

        • Dem Potenzial Meinungsführer*innen, Gatekeeper*innen und Plattformbetreiber entgegen

         Dialog und Partizipation sind keine                     Selbstverständlichkeit im Netz!
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       (7) ARTIKULATIONSFÄHIGKEIT
        • Trugbild social media = participatory media aber Möglichkeiten, eigene Ansichten
          medial zu artikulieren und diese neuen vernetzten Öffentlichkeit(en) zu zeigen
        • Aktive Medianarbeit  Zur Artikulation befähigen
              • Digital Storytelling (Video, Audio, Bild, Text, Social Media)
              • Journalistisches Arbeiten (Gestaltung, Informationskompetenz, …)
              • Informations- und Wissensgenerierung (YouTube, Wiki, …)
              • Kollaboration und Beteiligung (Minecraft)
              • Making, Virtual Reality und Coding

         Gegen-Öffentlichkeiten ermöglichen!
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       (7) VERANTWORTUNG
       •   Positionierung und Haltung  Verantwortungsvollen Handeln in medialen Räumen

       •   Zu protestieren bedeutet immer auch, sich als politischer Mensch zu zeigen, sich politisch zu
           positionieren, Identität herzustellen oder sich von anderen abzugrenzen

       •   Straßenproteste als hybride Phänomene, die sich in Offline- und Online-Praktiken konstituieren

       •   neue Phase von Verunsicherung und Misstrauen gegenüber der medialen Öffentlichkeit erfordert
           neue Rolle für Aktivist*innen im Netz und „Online Mini-Publics“ (Thimm 2017)

        Digitale Protestkultur                  und Aktivismus als teil verantwortungsvoller Teilhabe
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HANDLUNGSFÄHIGKEIT UND MÜNDIGKEIT  PARTIZIPATION
       Teilhabe an digitalen Kommunikationsräumen
           • Sich positionieren: Gruppenmitgliedschaften, Statements, Bilder in Selbstdarstellung
           • Sich einbringen: aktiv werden, Plattformen als Werkzeug, sich in Diskussionen einzubringen
           • Andere aktivieren: weist über das eigene Handeln hinaus und motiviert andere zu Aktivitäten

       Teilhabe & Internet
           • Teilhabe im Internet (Partizipationsprozesse in Kommunikationsräumen des Internets)
           • Teilhabe mit Hilfe des Internets (das Internet als Werkzeug)
           • Teilhabe am Internet (Gestaltung der Medientechnologien selbst Gegenstand

       Demokratie erlebbar und erfahrbar machen
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                      „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es wäre nur
                                  deine Schuld, wenn sie so bleibt.“ (Die Ärzte 2003)

                                          Dr. Guido Bröckling | guido.broeckling@jff.de
Dr. Guido Bröckling | Medien- und Demokratiebildung im Kontext der Medienpädagogik| Netzpolitischer Talk am 11.11.2020

Literatur
 Baacke, Dieter/Glotz, Peter/Kubicek, Herbert/Lange, Bernd Peter/Mettler-v. Meibom, Barbara (1999): Medienkompetenz - fünf Statements. In:
 Schell/Stolzenburg/Theunert (Hrsg.). Medienkompetenz: Grundlagen und pädagogisches Handeln. München: KoPäd Verlag, S. 18–24.
 Brecht, Bertolt (1932): Der Rundfunkt als Kommunikationsapparat. Rede über die Funktion des Rundfunks. In: C. Pias; J. Vogl; L. Engell; O. Fahle; B. Neitzel (Hrsg.):
 Kursbuch Medienkultur. DVA. Stuttgart, München 2004, S. 259 – 263.
 Bröckling, Guido (2012): Das handlungsfähige Subjekt zwischen TV-Diskurs & Netz-Dialog. Vilém Flusser und die Frage der sozio- und medienkulturellen Kompetenz.
 München: kopaed 2012.
 Bröckling, Guido (2017): Kommunikologische Gedanken zur Re-Politisierung der Gesellschaft und der Rolle der handlungsorientierten Medienpädagogik im Kontext
 des medienkulturellen Wandels. In: JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (Hrsg.). Medien Pädagogik Gesellschaft. Der politische Mensch in der
 Medienpädagogik. München: Kopaed Verlag, S. 81–93.
 Bröckling, Guido (2018): Orientierung als zentrales Moment kritischer Medienpädagogik. In: merz. medien + erziehung. Zeitschrift für Medienpädagogik, 62. Jg. Nr. 3
 Juni 2018, S. 16-23.
 Brüggen, Niels (2014): Wieviel Partizipation steckt immanent in social media und wie kann Medienpädagogik sie wecken? In: IJAB (2014): Youthpart –
 Jugendbeteiligung in der digitalen Gesellschaft.
 Dang-Anh, Mark (2019): Protest als mediale Praxis: Straßenprotestkommunikation online und offline. In: Sprachreport Jg. 35 Nr.4, S. 36-45.
 Gapski, Harald (2017). Politisch orientierte Medienkompetenzförderung inmitten der digitalen Transformation. In: Gapski, Harald/Oberle, Monika/Staufer, Walter
 (Hrsg.). Medienkompetenz. Herausforderung für Politik, politische Bildung und Medienbildung. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 105–115.
 Schell, Fred (1993). Aktive Medienarbeit mit Jugendlichen. Theorie und Praxis. München: KoPäd Verlag.
 Schorb, Bernd (1994): Zwischen Reformpädagogik und Technozentrik. Über Kinoreformer und die ‚Keilhacker-Schule‘ zu einer handlungsorientierten
 Medienpädagogik. In: Susanne Hiegemann/Wolfgang H. Swoboda (Hrsg.): Handbuch der Medienpädagogik. Theorieansätze - Traditionen - Praxisfelder -
 Forschungsperspektiven. Leske + Budrich, Opladen 1994, S. 149-166.
 Thimm, Caja(2017): Soziale Netzwerke als Arenen politischer Partizipation. Neue Optionen für Demokratie oder aber Datafication, Fragmentierung und
 Radikalisierung? In: Medien Journal 2/2017: Digitale Revolution in der Demokratie.
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